Die vorliegende Arbeit beabsichtigt, die beiden Künstlerpersönlichkeiten Franz Marc und Wassily Kandinsky auf ihre Deutung der Begriffe „Form“ und „Farbe“ zu untersuchen und miteinander zu vergleichen. Die Erschließung dessen erfolgt in erster Linie über schriftliche Primärquellen, die im Falle Kandinskys in Form von Essays und seinen beiden Werken „Über das Geistige in der Kunst“ (1912) sowie „Punkt und Linie zu Fläche“ (1926) vorliegen. Im Falle Marcs sind es vor allem Briefe, Schriften und Aufzeichnungen aus dem persönlichen Nachlass, was auf seinen frühen Tode 1916 bei der Schlacht von Verdun zurückzuführen ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Darstellung der Zielsetzung der Hausarbeit/Einschränkung
2. Vergleich Marc – Kandinsky
2.1 Kurzbiographie Franz Marc (1880-1916)
2.2 Kurzbiographie Wassily Kandinsky (1866-1944)
2.3 Formbegriff und –definition
2.4 Farbenlehre
2.5 Spezialfälle
2.5.1 Korrespondenzen zwischen Musik und bildender Kunst,
2.5.2 Verhältnis Kandinsky-Schönberg
2.5.3 Das Tier im Schaffen Marcs
2.6 Kunstpädagogische Methodenansätze
2.6.1 Kandinsky pädagogische Ausrichtung am Bauhaus
3 Synthese
3.1 Zusammenfassung und Bewertung
4 Quellen
4.1 Literaturverzeichnis
4.2 Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Darstellung der Zielsetzung der Hausarbeit/Einschränkung
Die vorliegende erziehungswissenschaftliche Hausarbeit beabsichtigt, die beiden Künstlerpersönlichkeiten Franz Marc und Wassily Kandinsky auf ihre Deutung der Begriffe „Form“ und „Farbe“ zu untersuchen und miteinander zu vergleichen. Die Erschließung dessen erfolgt in erster Linie über schriftliche Primärquellen, die im Falle Kandinskys in Form von Essays und seinen beiden Werken „Über das Geistige in der Kunst“ (1912) sowie „Punkt und Linie zu Fläche“ (1926) vorliegen. Im Falle Marcs sind es vor allem Briefe, Schriften und Aufzeichnungen aus dem persönlichen Nachlass, was auf seinen frühen Tode 1916 bei der Schlacht von Verdun zurückzuführen ist. Dieser Ansatz ist gewählt worden, da nicht die Kunstwerke als solches den thematischen Schwerpunkt dieser Hausarbeit stellen, sondern die Fragestellung, inwieweit sich die kunsttheoretischen Äußerungen Marcs und Kandinskys unterscheiden. Ein weiterer Gesichtspunkt sind die Auswirkungen auf die Ausbildung heranwachsender Künstler. Kandinsky ist auf Grund seiner intensiven Tätigkeit als Kunstpädagoge, vor allem in seinen russischen Jahren 1915-1922 sowie anschließend in seiner Tätigkeit als „Meister“ am Bauhaus in Dessau/Weimar der Zeit von 1922-1933, dafür eine wahre „Fundgrube“. Einerseits sind zahlreiche Künstler wie Max Bill , Jean Leppien und Suzanne Markos-Ney durch seine Schulung gegangen, andererseits ist die Frage, wie Kunst und seine Elemente wie Form und Farbe pädagogisch gelehrt werden sollte, eine der Mittelpunkte in Kandinskys Schriften gewesen. Diese Frage in Bezug auf Marc zu beantworten, ist schwierig, da Marc in seinem kurzen Leben nicht als „hauptberuflicher“ Kunstpädagoge gewirkt hat. Trotzdem hat Marc wie Kandinsky sich kunsttheoretischen Fragen gewidmet und seine Verbundenheit mit Marc als Mitbegründer der Redaktion „Der blaue Reiter“ rechtfertigt, beide Künstler in einer Arbeit verbindend zu untersuchen.
Der Vielschichtigkeit der beiden Personen wird dadurch Rechnung getragen, dass zwei Spezialphänomene, „Das Tier im Schaffen Marcs“ sowie „Korrespondenzen zwischen Musik und Malerei/Verhältnis Kandinsky-Schönberg“, gesondert voneinander dargestellt werden.
Auf Grund des begrenzten Umfanges dieser Hausarbeit verzichtet der Verfasser auf eine detaillierte Darstellung des „Blauen Reiter“-Komplexes im Kontext der oben beschriebenen Fragestellung, da der „Blaue Reiter“ allein als kunsthistorisches Ereignis Thema einer einzelnen Arbeit sein könnte. Form wird zudem als „Großform“ untersucht, somit fällt eine genaue Untersuchung der von Kandinsky bevorzugten geometrischen Einzelformen wie Linie, Gerade, Punkt etc ebenfalls aus „Platzgründen“ weg.
2. Vergleich Marc – Kandinsky
2.1 Kurzbiographie Franz Marc (1880-1916)
Franz Marc wird am 8. Februar 1880 in München geboren.[1] Sein Vater, Wilhelm Marc, entstammt einer oberbayerischen römisch-katholisch erzogenen Beamtenfamilie und wird erst nach abgeschlossenem Jurastudium Maler. Seine Mutter Sophie Maurice stammt aus dem Elsass und wächst nach dem frühen Tode ihrer Mutter streng calvinistisch in der Schweiz auf. Franz Marc wird 1894 konfirmiert, somit im Sinne seiner Mutter protestantisch erzogen, zu der er ein enges Verhältnis besitzt. Seinen frühen Wunsch, Pfarrer zu werden, verfolgt er auf Anraten seines ehemaligen Konfirmantenlehrers und –pfarrers, Otto Schlier, nicht und schreibt sich am 28. Oktober 1899 an der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München ein. Nach Ableistung seiner militärischen Dienstzeit entschließt sich Marc, Maler zu werden, wie er es Pfarrer Schlier am 21. Juni 1900 Juni in einem Brief schreibt: „...Obwohl ich nämlich mein Leben lang immer schon Künstler war, bin ich doch auch infolge Erziehung und Umgebung und eigener Veranlagung halbwegs Geistlicher und halbwegs Philologe gewesen. Ich hätte wohl als Künstler nie die rechte Ruhe und Sicherheit, wäre ich nicht jenen beiden Idealen zu ihrer Zeit nachgegangen. Jetzt aber weiß ich gewiss, das ich das Richtige für meine Natur gefunden habe..“.[2]
Er schreibt sich an der Münchener Akademie ein und wird Schüler von Gabriel Hackl und Wilhelm von Diez. Nach Reisen nach Venedig (1901), Paris und der Bretagne (1903) fällt er die Entscheidung, nicht mehr zur Akademie zu gehen (29. September 1903 in einem Brief an seinen Bruder[3] ) und bezieht 1904 ein eigenes Atelier in der Kaulbachstraße 68 in München. Dort lernt er die Malerin und Kopistin Annette Simon, geb. von Eckardt, kennen, welche jedoch bereits zwei kleine Töchter hat, was für Marc eine große Belastung darstellt; Ende 1906 trennt er sich von ihr. Um Marie Schnür, einer Freundin, zu ermöglichen, ihr uneheliches Kind zu sich zu nehmen, heiratet Marc diese. Die Verbindung wird 1909 geschieden. Finanzielle Belastungen führen dazu, dass Marc ab 1907 Privatschüler annimmt und, wie er es formuliert, „Amateurvorträge“ hält.[4] Seinen künstlerischen „Durchbruch“ erfährt Marc 1909, die beiden Kunsthändler Brakl und Thannhauser kaufen erste Arbeiten von Marc und veranlassen zudem Ausstellungen. 1910 lernt er den Maler August Macke kennen und besucht im September die 2. Ausstellung der Neuen Künstlervereinigung München; 1911 gründet er mit Kandinsky die „Redaktion: Der Blaue Reiter“, was zur epochalen Ausstellung „Der Blaue Reiter“ in der Galerei Thannhauser im folgenden Dezember 1911/Janaur 1912 führt. 1913 wird Marc nahegelegt, sich als „Moderner“ an der Ausschreibung für den Lehrposten für Abendakt an der Stuttgarter Akademie zu bewerben. Jedoch lehnt es er ab, sich zu bewerben. Bei Kriegsausbruch 1914 meldet sich Marc sofort als Freiwilliger und seine Briefe aus dem Felde geben Zeugnis von hoher künstlerischer Aktivität und Energie. Am 4. März 1916 schreibt er den letzten Brief an seine Frau Maria, am gleichen Tag fällt er bei der Schlacht um Verdun.
2.2 Kurzbiographie Wassily Kandinsky (1866-1944)
Wassily Kandinsky wird am 4. Dezember 1866 in Moskau als Sohn des aus Ostsibirien stammenden Teehändlers Wassily Kandinsky sen. und der Moskauerin Lydia Ticheeva geboren. Bereits 1871 siedelt die Familie der Gesundheit des Vaters willen nach Odessa um, im gleichen Jahr wird die von Konflikten geprägte Ehe der Eltern geschieden.[5] Früh beginnt Kandinsky sich für die Zeichnerei sowie die Malerei zu interessieren, der Vater lässt seinem Sohn Zeichenunterricht geben. 1879 kauft sich Kandinsky vom Ersparten einen Ölmalfarbkasten, ein Ereignis, welches prägenden Charakter für sein späteres Leben gewinnt: „...Für langsam zusammengespartes Geld habe ich mir als dreizehn- bis vierzehnjähriger Junge einen Malkasten mit Ölfarben gekauft. Die damalige Empfindung – besser gesagt: das Erlebnis der aus der Tube kommenden Farbe habe ich heute noch. Ein Druck der Finger und jauchzend, feierlich, nachdenklich,...mit empfindlicher Unbeständigkeit des Gleichgewichtes kamen eins nach dem andern diese sonderbaren Wesen, die man Farbe nennt – an und für sich lebendig...und unendliche Reihen von neuen Welten zu schaffen“[6] Trotz des großen Interesses, welches er der Kunst gegenüberbringt, beginnt er 1886 zielstrebig ein Studium der Nationalökonomie und der Rechtswissenschaft an der Universität Moskau. Nach Absolvierung des juristischen Staatsexamens sowie der Hochzeit mit seiner Kusine Anja Tschimiakin 1892, promoviert er ein Jahr später mit dem Dissertationsthema Über die Gesetzmäßigkeit der Arbeitslöhne. Die Ernennung zum Attaché der Juristischen Fakultät der Universität Moskau im gleichen Jahr sowie seine ab 1895 beginnende Tätigkeit als künstlerischer Leiter in der Druckerei Kuschwerew in Moskau stellen Stationen seiner zunächst wissenschaftlichen Laufbahn dar. Der Besuch der 1896 in Moskau gastierenden Ausstellung französischer Impressionisten beeindruckt ihn jedoch so tief, dass er eine Dozentur in Dorpat ausschlägt und nach München übersiedelt, um sich voll und ganz der neuen Laufbahn als Maler zu widmen.
Im München der Jahrhundertwende trifft er bei seinen Studien an der privaten Kunstschule von Anton Azbè sowie an der Münchener Akademie bei Franz von Stuck auf Mitstudenten wie Marianne von Werefkin, Alexej Jawelensky sowie Paul Klee. Nach Gründung der Künstlergruppe „Phalanx“ 1901, welche vor allem Ausstellungen impressionistischer, neoimpressionistischer sowie Jugendstil-Malerei durchführt,[7] und Trennung von seiner Frau folgen Jahre intensiven Reisens sowie Arbeit an dem Manuskript „Über das Geistige in der Kunst“.1908 bezieht er zusammen mit Gabriele Münter in München eine Wohnung. Seine Bekanntschaft mit Franz Marc und August Macke 1910 führen zur künstlerischen Zusammenarbeit; 1911 gründet er zusammen mit Franz Marc die „Redaktion ‚Der blaue Reiter’“, welche zwei Ausstellungen (1911 und 1912) veranstaltet und 1912 den Almanach „Der blaue Reiter“ herausgibt. Dieser enthält neben Arbeiten grundlegende Äußerungen zur Kunst von Künstlern selbst sowie eine breite Skala an Volks- und Kinderkunst, Ethnographischem, naiver Malerei (Rousseau), sogar musiktheoretische Abhandlungen inklusive Musikbeilagen (von Schönberg, Berg, Webern). Der gemeinsame Nenner der Künstler des „Blauen Reiters“ ist die Wendung gegen das akademische Bild und hemmende Traditionen, welche von der Gruppe selber im Impressionismus gesehen wird. Die Ende 1911 nun veröffentlichte Schrift „Über das Geistige in der Kunst“ erscheint im darauffolgenden Jahr in 2. und 3. Auflage und das öffentliche Interesse an Kandinsky wächst, so dass zahlreiche Ausstellungen in Deutschland sowie im Ausland folgen. 1915 siedelt Kandinsky nach Russland über und trennt sich 1916 von Gabriele Münter; nach seiner Heirat 1917 mit Nina von Andreewsky übernimmt er zahlreiche Lehraufträge sowie Professuren, u.a. 1918 an den Höheren Staatlichen Künstlerisch-Technischen Werkstätten und 1920 an der Universität Moskau. Das von ihm 1920 gegründete Institut für Künstlerische Kultur (INCHUK) verlässt er ein Jahr später. 1922 kehrt er nach Deutschland zurück, um an dem von Walter Gropius geführten „Staatlichen Bauhaus“ in Weimar eine Professur zu übernehmen. Kandinsky tritt hier für eine umfangreiche handwerkliche Schulung seiner Studentenschaft in die Gestaltungslehre ein und setzt sich ausgiebig mit kunstpädagogischen Fragestellungen auseinander, die 1926 in ein weiteres Hauptwerk, „Punkt und Linie zu Fläche“ mündet. Das Ziel seiner Arbeit am Bauhaus sieht er in der Vermittlung einer Einheit der Gebiete Kunst (Architektur, Malerei, Plastik), Wissenschaft (Mathematik, Physik, Chemie, Physiologie) und Industrie, welche in eine allumfasssende „synthethische“ Methode münden soll.[8] Nach Auflösung des Bauhauses in Weimar 1924 erfolgt die Neuorganisation des Bauhauses in Dessau in den Jahren 1925-1926. Ein Höhepunkt seiner Tätigkeit am Bauhaus ist die Bühnenbildinszenierung von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ am Theater in Dessau im Jahre 1928. Die immer stärker werdende nationalsozialistische Bewegung führt zur vorläufigen Schließung des Bauhauses 1932, die versuchte Weiterführung in Berlin erfährt ihr Ende ein Jahr später. Kandinsky nimmt dieses zum Anlass, nach Frankreich umzusiedeln und lässt sich 1933 in Neuilly-sur-Seine bei Paris nieder. Die letzten 11 Jahre seines Lebens verbringt er nun in Frankreich. Nachdem 1937 seine Werke in Deutschland als „entartet“ beschlagnahmt werden, entledigt er sich 1939 seiner 1928 erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit und wird französischer Staatsbürger. 1944 stirbt er am 13. Dezember in Neuilly-sur-Seine.
2.3 Formbegriff und – definition
Beim Versuch, sich des theoretischen Formbegriffes beider Künstler zu nähern, stößt man zunächst auf eine Schwierigkeit. Während sich Kandinsky in seinem 78-jährigen Leben häufig der Verschriftlichung seiner Gedanken zur Kunst widmet, regiert bei Franz Marc der „Aphorismus“ – wie Klaus Lankheit in seiner Einführung zur Edition der Marc-schen Schriften bemerkt.[9] Marc, der sich zur Berufung als Maler bekennt, den Schriftsteller oder Gelehrten in sich aber vollständig negiert[10], äußert sich nur selten theoretisch über seine Art zu malen. Trotz der scheinbar „geringen“ Quantität lassen Einzelaussagen Marcs seinen Standpunkt klar nachvollziehen.
[...]
[1] Daten in: Städtische Galerie im Lenbachhaus: Franz Marc 1880-1916, München 1980: Prestel-Verlag, S. 13-47.
[2] Ebenda, S. 15.
[3] Ebenda, S.19.
[4] Ebenda, S. 23.
[5] Daten in: Riedl, Peter Anselm: Wassily Kandinsky, Hamburg 1983: Rowohlt Taschenbuch Verlag, S. 141-143.
[6] Hahl-Koch, J. & Roethel, Hans K: Kandinsky. Die Gesammelten Schriften, Band I, Bern 1980: Benteli-Verlag, S. 40.
[7] Riedl, Peter Anselm: Wassily Kandinsky, 1983, S. 20.
[8] Kandinsky, W.: Die Grundelemente der Form in: Bill, Max (Hrsg.): Kandinsky. Essays über Kunst und Künstler, Zürich 1955: Benteli-Verlag Bern, S. 71.
[9] Lankheit, Klaus (Hrsg.): Franz Marc. Schriften, Köln 1967: DuMont, S. 7.
[10] Brief an seine Frau Maria, 20. Februar 1915: „...bedenke, dass ich nicht Schriftsteller oder Gelehrter, sondern Maler bin“ in: Meißner, Günter (Hrsg.): Franz Marc. Briefe, Schriften und Aufzeichnungen, 1989: Kiepenheuer, S. 130.
- Citation du texte
- Dr. Raphael Thöne (Auteur), 2002, Der Form- und Farbgedanke Marcs und Kandinskys, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45725
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