Die Probleme von mutliethnischen Föderationen sind sehr unterschiedlicher Natur aber immer stehen sie vor der Herausfoderung die verschiedenen Gruppierungen im Staat zufrieden zu stellen und Sezessionsbewegeungen entgegen zu wirken. Eine Lösung für die Spannungen, die gerade in multiethnischen Staaten entstehen, bietet dieses System aber nicht. Diese Hauptseminarsarbeit beschäftigt sich mit der Kanadischen Föderation, ihrer Entstehung, den Problemen und Perspektiven für die Zukunft.
1) Kanada wurde weltweit als dritter föderaler Staat, hinter den USA und der Schweiz, 1867 gegründet. Der Weg hin zum kanadischen Föderalismus, so wie wir ihn heute kennen, führt über viele Kompromisse und gescheiterte Versuche, eine multiethnische Nation in einem Staat zu einen. Föderalismus ist eine Staatsform, in der gerade multiethnische Krisen und Probleme auf demokratische Art und Weise organisiert und gemeistert werden können; eine Lösung für die Spannungen, die gerade in multiethnischen Staaten entstehen, bietet dieses System aber nicht. Man muss sich die Frage stellen, ob multiethnische Föderationen nur eine Station sind auf dem Weg hin zu einzelnen souveränen Staaten, ein Auseinanderfallen solcher heterogenen Föderationen also vorprogrammiert ist.
Auch Kanada hat mit einigen Problemen zu kämpfen, die Anlass geben könnten, den Fortbestand der kanadischen Föderation immer wieder in Frage zu stellen.
Im Nachfolgenden soll die Entstehung der kanadischen Föderation mit den derzeitigen Institutionen beschrieben werden und die Probleme, mit denen sich die kanadische Regierung in Bezug auf die Föderation auseinandersetzen muss, diskutiert werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Gegensätzen der französischen und englischen Sprachgemeinschaften und damit verbunden den Sezessionsbestrebungen der Québecer, den Ungleichheiten der Provinzen untereinander und auf dem Einfluss, den die USA als Wirtschaftsmacht und kultureller Trendsetter in der Welt auf den Nachbarn Kanada haben. Weiterhin soll ein Ausblick gegeben werden auf die Zukunft Kanadas als föderaler Staat und versucht werden zu analysieren, welche Faktoren für einen Fortbestand der kanadischen Föderation sprechen.
2.1) Die Zusammensetzung der Kanadischen Bevölkerung gleicht, im Gegensatz zum „Melting Pot“ der Amerikaner, eher einem Mosaik, in dem sich vier Hauptgruppen ausmachen lassen. Chronologisch gesehen bezüglich ihrer Einwanderung nach Nordamerika sind dies zum einen die Ureinwohner , dann die so genannten „Gründernationen“ der Anglo- und Frankokanadier; des weiteren die erst später eingewanderten europäischen Minderheiten sowie die „sichtbaren Minderheiten“ aus Ländern der Dritten Welt und Asien, die zum Grossteil erst in den 70er Jahren nach Kanada gekommen sind.
Über viele Jahrtausende hinweg hatten die Ureinwohner (Indianer, Eskimos) den amerikanischen Kontinent mit ihrer Vielfalt an Kulturen alleine bewohnt. In der heutigen Zeit jedoch sind sie durch die Massen von Einwanderern nur noch auf eine kleine ethnische Minderheit reduziert worden und in eine extreme politische, ökonomische, soziale und kulturelle Randlage gedrängt worden.
Eine Sonderrolle spielen die so genannten Métis, die auch zu den Ureinwohnern Kanadas gezählt werden[1].
Die sowohl zahlenmäßig als auch politisch und kulturell dominanten Gruppen sind die Anglo- und Frankokanadier, die sich aufgrund der Kolonialisierung des heutigen Kanadas auch als „Gründernationen“ bezeichnen. Noch zu Beginn des 20ten Jahrhunderts stellten sie fast 90 Prozent der Bevölkerung Kanadas, seither geht ihr Anteil an der Bevölkerung aber stetig zurück. Der Grossteil der Kanadier kommt heutzutage aus Mischehen, nur ein gutes Drittel der Kanadier stammt noch aus rein britischen oder französischen Familien.
Die dritte große Gruppe in der Kanadischen Gesellschaft, die europäischen Minderheiten, kamen in zwei großen Schüben ins Land. Einmal an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, um bei der Besiedlung des Westens zu helfen und dann kurz nach dem zweiten Weltkrieg, als man wegen der wachsenden Nachkriegswirtschaft Einwanderer benötigte.
Die „sichtbaren Minderheiten“ haben sich erst seit den 70er Jahren zu einem zahlenmäßig gewichtigen Teil des kanadischen Mosaiks entwickelt. Mit dem Inkrafttreten des neuen Einwanderungsgesetzes 1967, das auf einem so genannten „farbenblinden“ Punktesystem beruht und das die Einwanderungserlaubnis an individuelle Qualifikation bindet, kamen vermehrt auch Migranten aus Asien und der Dritten Welt nach Kanada.
2.2) Mit der Entdeckung des amerikanischen Kontinents kamen die „Gründernationen“ in die Gegend des heutigen Kanadas und besiedelten das Land. Es kam immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft zwischen den Kolonialmächten. 1759 schließlich musste Frankreich bei der Schlacht auf den Plains of Abraham kapitulieren, woraufhin „New France“ der britischen Krone unterstellt wurde. Die Bevölkerung dieser Kolonie entlang des Sankt-Lorenz-Stroms war mehrheitlich katholisch, sprach Französisch und bildete eine kulturell und ethnisch recht homogene Gruppe. Daher fiel es den Briten auch schwer, die französisch-stämmigen Siedler zu assimilieren. Von Seiten der Britischen Krone wurden mehrere Versuche unternommen, die verschiedenen politischen Interessen der beiden Volksgruppen in einem Staat zu einen. So wurde 1774 der „Québec Act“ erlassen, der Menschen französischer Herkunft das Recht zusprach, an der Kolonialverwaltung teilzuhaben. Bedingt durch den Unabhängigkeitskrieg in den heutigen USA, wanderten viele Siedler, die loyal zur britischen Krone standen, in die nördlicheren Provinzen ab. Der britische Bevölkerungsanteil wurde dadurch zahlenmäßig überlegen und es war schwer, die im „Québec Act“ versprochenen Rechte, zum Beispiel auf Beibehaltung des römisch –katholischen Glaubens, des französischen Rechtssystems, der französischen Sprache und die Sicherung des bis zur Niederlage besiedelten Gebiets, einzulösen. Daher kam es 1791 zum „Constitutional Act“, der die Provinz in Upper- (englischer Herkunft) und Lower- (französischer Herkunft) Canada, mit jeweils eigenen Verwaltungen teilte. Trotz der regionalen Trennung blieben die beiden Volksgruppen weiterhin im Streit. Die englischen Krone unternahm einen weiteren Versuch, die Kolonie zu befrieden: Lord Durham, ein radikaler Whig[2], wurde als Governor General nach Kanada gesandt, um die Situation zu analysieren. Er legte seiner Regierung in Großbritannien einen Bericht über die Lage in der Kolonie vor. Seine Vorschläge führten schließlich 1841 zum „Act of Union“, der die Rechte der englisch-stämmigen Kanadier stärkte und den Frankokanadiern vorschrieb, sich an die britische Kultur anzupassen. Französisch wurde zum ersten Mal als offizielle Sprache verboten, das britische Rechtssystem des Common Law wurde in Lower-Canada, wo vorher nach französischem Vorbild Gericht gehalten worden war, eingeführt und es gab nur noch ein gemeinsames Parlament für beide Provinzen. Zu jener Zeit also begannen die frankophonen Kanadier ihre Existenz als benachteiligte Minderheit. Immer wieder kam es zu starken Protesten ob der Ungleichheit was Mitgestaltungsrechte und Sprachpolitik anbelangte, woraufhin Großbritannien 1848 Französisch doch wieder als offizielle Sprache anerkennen musste.
Als offizielles Gründungsjahr der Kanadischen Föderation gilt 1867, als sich im „British North America Act“ die drei Provinzen New Brunswick, Nova Scotia und Kanada (heute Ontario und Québec) unter der Bundeshauptstadt Ottawa zu einer Föderation zusammen taten. Die Schaffung dieses Staatenbundes war ein weiterer Versuch, das Zusammenleben von Britisch-Stämmigen und Französisch-Stämmigen Kanadiern zu gestalten und wurde von der Kolonialmacht Großbritannien initiiert.
Bei der Gestaltung des föderativen Systems wirke das Beispiel der USA eher abschreckend auf die „Gründerväter“ der Föderation. Sie wollten keine souveränen Gliedstaaten, sondern eine starke Zentralregierung in Ottawa, mit schwächeren Provinzregierungen.
„ Let it be a warning to ourselves that we do not split on the same rock which they had done. The fatal error which they had committed- and it was perhaps unavoidable from the state of the colonies at the time of the revolution- was in making each state a disticnt sovereignity, and giving to each a disticnt sovereign power, exept in those instances where they were specially reserved by the constitution and conferres upon the general government. The true principles of a confederation lay in giving to the general government all the priciples and powers of sovereignity and that the subordinate or individual state should have no powers but those expressly bestowed on them. We should thus have a porwerful Central Government – a powerful Central Legislature, and a powerful decentralized system of minor legislatures for local purpose.”[3]
Diese Machtverteilung ist auch explizit im North America Act festgeschrieben. So liegt die Residualvollmacht bei der Zentralregierung und Bundesrecht hat immer Vorrang vor Provinzrecht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig sich vor Augen zu führen, dass schon durch diese Verfassung den Sezessionsbewegungen einzelner Provinzen vorgebeugt wurde, da den Provinzregierungen die Macht darüber in der Verfassung nicht ausdrücklich zugestanden wird, sie somit also nicht existiert.
Nach und nach schlossen sich auch die anderen kanadischen Provinzen der Föderation an.[4] 1870 kam Manintoba dazu, ein Jahr darauf British Columbia (nach der Zusicherung des Baues einer transkontinentalen Eisenbahnlinie durch die Regierung der Föderation). Durch den Ausgleich eines großen Haushaltsdefizits und das Versprechen, den Schiffsverkehr zum Festland aufrecht zu erhalten, ließ sich auch Prince Edward Island locken und trat 1872 der jungen Föderation bei. Erst 1905 kamen noch Alberta und Saskatchewan im Westen dazu, schließlich 1949 auch noch Neufundland mit Teilen der Insel Labrador.
Die insgesamt zehn Provinzen verfügen alle über ein eigenes Parlament und eigene Verfassungen, während der gesamte Norden jenseits des 60. Breitengrades von Anfang an der Zentralregierung unterstellt war. Es handelt sich hierbei um die North-West Territories und das Yukon Territory. 1999 wurden die North-West Territories in 2 Gebiete eingeteilt: die östliche Arktis unter dem Namen Nunavut, was in der Sprache der Inuit „Unser Land“ bedeutet, und die noch namenlose westliche Arktis. In einem 8-Jahresplan soll Nunavut eine Entwicklung durchlaufen, an deren Ende der Provinzstatuts und die Selbstverwaltung der Ureinwohner Kanadas steht.
2.3) Die enorme Größe Kanadas von fast 10 Millionen km² und die Ausdehnung bis in die unwirtliche Arktis erklären die räumlichen und wirtschaftlichen Disparitäten im Land. Das Durchschnittseinkommen und die Arbeitslosenzahlen variieren stark im Provinz-Vergleich; aus diesem Grund fühlen sich einige Provinzen innerhalb der Föderation benachteiligt. Seit 1957 gibt es daher auch eine in der Verfassung verankerte Vereinbarung über Transferzahlungen, bei denen reichere Provinzen wie Alberta, British Columbia und Ontario im Sinne eines Länderfinanzausgleichs die strukturschwächeren Provinzen unterstützen. Außerdem subventioniert die Zentralregierung die benachteiligten Regionen, wenn es zum Beispiel um die hohen Transportkosten zu dem maritimen Provinzen geht. Programme im Bereich der medizinischen Versorgung und Altersvorsorge werden von der Zentralregierung initiiert und finanziert um eine gleichmäßige soziale Sicherung zu gewährleisten.
Für die Atlantikregionen besteht generell eine hohe Abhängigkeit von den Zahlungen der Zentralregierung. Der Finanzausgleich innerhalb der Föderation ist für die wirtschaftliche Lage in diesen Provinzen sehr wichtig. Im prosperierenden Westen, den so genannten Prärieprovinzen, hingegen besteht größere Unabhängigkeit vom Zentrum, was vielleicht auch von der geographischen Abgeschiedenheit her rührt. Protestparteien haben im Westen eine starke Tradition, zumal sich diese Provinzen vom Zentrum vernachlässigt und ausgebeutet fühlen. Sie sind von der Infrastruktur her unterentwickelt, stellen aber wichtige Rohstofflieferanten für die Industrie in den Zentrumsprovinzen dar.
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[1] Nachkommen aus früheren Verbindungen und Ehen von Europäern und Ureinwohnern; mit einer besonderen Identität als Métis und einem spezifischen Rechtsstatus; überwiegend in den Prärieprovinzen Westkanadas ansässig
[2] Aus den Whigs entstand nach 1832 die Liberale Partei Großbritanniens.
[3] John A. MacDonnald, erster Premierminister Kanadas
[4] Ein Diagramm der aktuellen Föderation befindet sich im Anhang, Figur 1.
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