Der Handel über das Internet ist heutzutage keine Neuigkeit: was Gestern eine exotische Einkaufsmöglichkeit darstellte, gehört gegenwärtig zur alltäglichen Normalität. Die meisten Unternehmen bieten eine Einkaufsmöglichkeit über ihren Webseiten an, wenn nicht, dann wenigstens für werbende Ziele, präsentieren umfangreich ihre Produkte. Zum Teil wird es den Vertriebshändler in Vertriebsnetzen gestattet oder auferlegt, über das Internet zu verkaufen, auch wenn häufig ein Verbot des Herstellers, der sich die Internetverkäufe für sich selbst vorbehält, dagegen steht.
Die Möglichkeit mittels Internet europaweit zu verkaufen, bringt mit sich die Anwendung der traditionellen kartellrechtlichen primären oder sekundären Normen des EGV- Vertrages vorbehaltlich nationalen Vorschriften, die diesen nicht entgegenstehen. Spezielle kartellrechtliche Regeln bezüglich des Internets gibt es aber kaum: die E-Commerce Richtlinie sorgt für die Rechtssicherheit im Internet-Handel und ermöglicht den Unternehmen, den elektronischen Geschäftsverkehr umfangreich zu nutzen, befasst sich aber mit Fragen des Kartellrechts nicht. Ebensowenig setzt sich die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) Nr. 2790/19991 mit das Medium Internet auseinander. Nur die diesbezüglichen Leitlinien der Kommission, beschäftigen sich mit Werbung und Verkauf im Internet2.
Die neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz- Vertrieb Nr. 1400/20023 erwähnt auch lediglich in ihren 15. und 18. Erwägungsgründen die Möglichkeit und das Recht des Händlers ein Vertrieb im Internet zu entfalten, aber in ihrem Inhalt wird das Thema nicht weiter erläutert.
Die folgende Arbeit erhebt den Anspruch, eine Beleuchtung der kartellrechtlichen Probleme beim Vertrieb über das Internet in Vertikalverhältnissen die unter der Vertikal-GVO und der Kfz- GVO fallen, zu bringen. Dabei ist ein kurzer Überblick über den Inhalt dieser neuen Gruppenfreistellungsverordnungen, damit die weiteren Überlegungen verständlich werden, nicht überflüssig.
Inhalt
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
II. Überblick über die neuen Gruppenfreistellungsverordnungen
A. Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen im Kraftfahrzeugsektor
B. Grundzüge der Vertikal-GVO- „Schirm-GVO“ für andere vertikale Vereinbarungen
a. Allgemeines
b. Vergleich zur Kfz-GVO
III. Internetvertrieb in Vertriebssystemen und -Verträgen der Vertikal-GVO
A. Internetrelevante Aspekten im Alleinvertrieb
a. Unmögliche Online- Markt-Abgrenzung
b. Internetwerbung als zulässige passive Umgehung des Exklusivvertrags
c. Erforderliche Bewertung des Internetvertriebs als eigene Verkaufsform
B. Internetbezogene Regelungen für selektive Vertriebsvereinbarungen
a. Wettbewerbliche Zulässigkeit der selektiven Systemen
b. Unzulässigkeit der Einschränkungen bzw. Verbots des Internetvertriebs in selektiven Systemen
c. Möglichkeit des Internetverbots in selektiven Systemen durch objektive Rechtfertigung ?
d. Verbleibende Möglichkeiten einer Beschränkung zur Aufrechterhaltung des Vertriebssystems
C. Franchising im Internet
a. Grundlagen des Franchising
b. Übertragbarkeit der traditionellen Beschränkungen
b. Erosion des Franchising durch Internet- hervorgerufenen Konflikte
IV. Automobilvertrieb im Internet
A. Verhinderung der Vertriebsform Internet durch die GVO 1475/95
B. Werbung und Veräußerung von Kfz via Internet unter der neuen Kfz-GVO
a. Alternative zwischen Veräußerung und Werbung
b. Eröffnung paralleler Vertriebsstrukturen
c. Einfluss auf der Preisgestaltung
V. Schlusswort
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I. Einleitung
Der Handel über das Internet ist heutzutage keine Neuigkeit: was Gestern eine exotische Einkaufsmöglichkeit darstellte, gehört gegenwärtig zur alltäglichen Normalität. Die meisten Unternehmen bieten eine Einkaufsmöglichkeit über ihren Webseiten an, wenn nicht, dann wenigstens für werbende Ziele, präsentieren umfangreich ihre Produkte. Zum Teil wird es den Vertriebshändler in Vertriebsnetzen gestattet oder auferlegt, über das Internet zu verkaufen, auch wenn häufig ein Verbot des Herstellers, der sich die Internetverkäufe für sich selbst vorbehält, dagegen steht. Die Möglichkeit mittels Internet europaweit zu verkaufen, bringt mit sich die Anwendung der traditionellen kartellrechtlichen primären oder sekundären Normen des EGV- Vertrages vorbehaltlich nationalen Vorschriften, die diesen nicht entgegenstehen. Spezielle kartellrechtliche Regeln bezüglich des Internets gibt es aber kaum: die E-Commerce Richtlinie sorgt für die Rechtssicherheit im Internet-Handel und ermöglicht den Unternehmen, den elektronischen Geschäftsverkehr umfangreich zu nutzen, befasst sich aber mit Fragen des Kartellrechts nicht. Ebensowenig setzt sich die neue Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) Nr. 2790/19991mit das Medium Internet auseinander. Nur die diesbezüglichen Leitlinien der Kommission, beschäftigen sich mit Werbung und Verkauf im Internet2. Die neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz- Vertrieb Nr.
1400/20023 erwähnt auch lediglich in ihren 15. und 18.
Erwägungsgründen die Möglichkeit und das Recht des Händlers ein Vertrieb im Internet zu entfalten, aber in ihrem Inhalt wird das Thema nicht weiter erläutert.
Die folgende Arbeit erhebt den Anspruch, eine Beleuchtung der kartellrechtlichen Probleme beim Vertrieb über das Internet in Vertikalverhältnissen die unter der Vertikal-GVO und der Kfz- GVO fallen, zu bringen. Dabei ist ein kurzer Überblick über den Inhalt dieser neuen Gruppenfreistellungsverordnungen, damit die weiteren Überlegungen verständlich werden, nicht überflüssig:
II. Überblick über die neuen Gruppenfreistellungsverordnungen
Nach Art 81 Abs 1 EGV sind spürbare Wettbewerbsbeschränkungen, die geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel spürbar zu beeinträchtigen, verboten. Gegen dieses Verbot verstoßende Vereinbarungen sind nichtig4 es sei denn die Kommission eine bestimmte konkrete Vereinbarung oder bestimmte Gruppen von Vereinbarungen vom Verbot freistellt. Dies wird entweder durch Alleinfreistellungen oder Gruppenfreistellungen realisiert. Am 22.12.1999 hat die Europäische Kommission die Verordnung Nr. 2790/99 über die Anwendung von Artikel 81 Abs. 3 EGV auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen erlassen5. Die Vertikal-GVO hat die Gruppenfreistellungsverordnungen für Alleinvertriebs-, Alleinbezugs- und Franchisevereinbarungen im Hinblick auf alle in Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO erwähnten vertikalen Vereinbarungen ersetzt. In ihren Anwendungsbereich ist der Kfz- Vertrieb nicht einbezogen6. Dafür hat die Kommission die neue Gruppenfreistellungsverordnung über den Kfz-Vertrieb GVO 1400/20027erlassen.
A. Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen im Kraftfahrzeugsektor
Mit den GVOs im Kfz-Sektor war die ursprüngliche Intention der8 Wettbewerbskommission Mitte der 80er Jahre ein erhöhtes Sicherheitsniveau zu schaffen indem sie die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Händlern/Werkstätten intensivieren und schädliche Auswüchse des Wettbewerbs ausschalten. Im Hintergrund spielten allerdings auch industriepolitische Gedanken eine Rolle. So wollte man die europäischen Autoproduzenten vor Markteintritten aus dem fernen Osten schützen. Die davon abhängenden Arbeitsplätze, viele davon in strukturell schwachen Gebieten, sollten vor der Ausdünnung bewahrt und eine Stärkung der europäischen Industrien auf dem Heimatmarkt erreicht werden. 1985 wurde daher die erste Version einer Gruppenfreistellungsverordnung erlassen, die 1995 zwar kleinere Korrekturen erfuhr, aber im Wesentlichen bis ins Jahr 2000 unverändert galt. Dann wurde in einem Evaluierungsbericht der Kommission offen gelegt, dass die Maßnahmen der GVO zwar recht gut gegriffen hatten, aber in Wirklichkeit weit über das Ziel hinausgeschossen sind. Mit der 1475/95 GVO verfügten die Automobilhersteller über zahlreiche Sonderrechte in Vertrieb und Service. So konnten sie sich z.B. aussuchen, welcher Händler wo und zu welchem Preis ihre Fahrzeuge verkauft. In der Praxis wurde ein Wettbewerb auf Ebene der Ersatzteilversorgung, beim Verkauf von Neufahrzeugen und im Kundendienst durch geschickte Ausnutzung der GVO durch die Hersteller bei der Vertragsgestaltung fast ausgeschalten. Hinzu kamen die großen Preisunterschiede von Neuwagen bis über 40% des Endpreises in den verschiedenen Märkten der EU, die den Herstellern oft noch mehr Anlass gaben, ihre Privilegien missbräuchlich auszunützen. Außerdem wurde die Abhängigkeit der Händler und Werkstätten durch schlechte konjunkturelle Lagen, stagnierende Absätze auf dem Neuwagensektor und die engen Verträge mit den Herstellern immer stärker so dass der Wettbewerb in diesem Sektor in vielen Aspekten immer problematischer wurde. Aus diesem Handlungsbedarf wurde die neue Kfz-GVO erlassen, die die jetzt außer Kraft getretene GVO 1475/95 über Vertriebs und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge ersetzt. Die neue Kfz-GVO erleichtert dagegen wesentlich die Position der Vertragshändler gegenüber den Herstellern. Die zwei möglichen Vertriebssystemen9sind jetzt nicht nur zum Vorteil des Herstellers gedacht: wenn der Hersteller sich für einen exklusiven Vertrieb entscheidet, kann er dem Händler ein bestimmtes „Marktverantwortungsgebiet“ zuweisen, innerhalb dessen dieser aktiv um Kunden werben darf. Dagegen darf der Hersteller allerdings nicht verbieten, dass der Händler auch an Dritte, die dem Vertriebssystem nicht angehören, weiterverkauft. Dieses Verbot wird nur möglich, wenn der Hersteller sich für einen selektiven Vertrieb entschieden hat. Dabei muss er aber erlauben, dass der Vertragshändler im gesamten Gebiet der EU aktiv um Kunden wirbt und/oder weitere Niederlassungen gründet10. Die Position des Vertragshändlers wird insbesondere noch darin gelockert, dass ihm die Möglichkeit eröffnet wird, mehrere Marken zu vertreiben, ohne dafür gezwungen zu sein ein separates Management, speziellen Verkaufspersonal oder separate Geschäftsräume einzusetzen, wie es unter dem alten Regime der Fall war. Weiterhin entfällt die Verpflichtung des Vertragshändlers selbst Reparaturwerkstätten zu unterhalten:
Verkauf und Wartungsdienstleistungen können unterverträglich weitergegeben werden. Dabei kann der Hersteller zwei getrennte Systeme für den Verkauf und den Kundendienst aufbauen.
B. Grundzüge der Vertikal-GVO- „Schirm-GVO“ für andere vertikale Vereinbarungen
a. Allgemeines
Eine weitere Liberalisierung wird durch die neue Vertikal- GVO erzielt. Die Vertikal-GVO erfasst im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen alle (Kauf-) Verträge über Waren und jetzt auch Dienstleistungen auf allen Wirtschaftsstufen. Sie findet Anwendung nur wenn der Marktanteil des Lieferanten nicht über 30% steht11. Die vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen jetzt nicht mehr grundsätzlich einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für Marktanteile bis zu 30%, sondern nur noch einer Missbrauchskontrolle12. Es werden nicht mehr freigestellte Wettbewerbsbeschränkungen definiert, sondern es werden nur Kernbeschränkungen (früher die sog. „schwarze Klauseln“) gelistet, welche eine Freistellung allgemein ausschließen. Alles Andere ist freigestellt13.
b. Vergleich zur Kfz-GVO
Im Gegensatz zur neuen GVO für den Kfz-Sektor ist es nach der GVO für vertikale Vereinbarungen weiterhin möglich, den Alleinvertrieb mit dem selektiven Vertrieb zu kombinieren. Sofern der Hersteller seine Produkte über ein selektives Vertriebssystem vertreibt, ist es ihm nicht mehr erlaubt, dem Vertragshändler irgendwelche Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher aufzuerlegen: „Selektiver Vertrieb kann mit Alleinvertrieb verknüpft werden, sofern der aktive und der passive Verkauf nirgendwo eingeschränkt werden“14. Der Hersteller darf dem Vertragshändler Werbung über die grenze seines Vertragsgebietes hinaus nicht mehr verbieten. Dabei ist heftig umstritten, ob es dem Hersteller erlaubt ist, den Vertragshändler in der Nutzung des Internets zu beschränken. Nach einer Auffassung müssten solche Beschränkungen des Internet-Vertriebs zulässig sein15, da der reine Versandhandel im selektiven Vertrieb allerdings wirksam ausgeschlossen werden dürfte. Jedoch heißt es in der Aussicht der Kommission, dass im selektiven Vertriebssystem der Internet-Vertrieb nicht beschränkt werden darf16. Was der Hersteller nur verbieten darf, ist das Betreiben von Geschäfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus.
Weiterhin besteht ein wichtiger Unterschied zur Kfz-GVO und zwar was die Mehrmarkenbetrieb angeht: während die Kfz- GVO den Mehrmarkenbetrieb weitgehend freigibt, ist es dem Hersteller nach der Vertikal-GVO weiterhin erlaubt, dem Händler den Vertrieb anderer Marken zu verbieten. Zwar ist es bestimmt, dass Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems nicht verpflichtet werden dürfen, bestimmte Marken konkurrierender Lieferanten nicht zu verkaufen17, aber aus der Leitlinien zur Vertikal-GVO ergibt sich ausdrücklich, dass dieses Verbot sich nur gegen Klauseln richtet, in denen der Hersteller den Vertragshändler verbietet, Produkte von bestimmten Anbietern zu vertreiben, es ist nur verboten, das Konkurrenzverbot auf bestimmte konkurrierende Marken zu beschränken18.
Durch die zwei GVOs wird nach herrschender Meinung eine Liberalisierung erzielt, wodurch eine verbesserte
Berücksichtigung des Marktmachtaspektes realisiert werden soll. Ob diese auch den Online Handel erfasst wird in Folgenden geprüft:
III. Internetvertrieb in Vertriebssystemen und -Verträgen der Vertikal-GVO
Vertikale Verträge entstehen wenn sich die Vertragspartner auf unterschiedlichen Produktions- oder Handelsstufen befinden und der Vertrag in irgendeiner Form die Austauschbeziehung zwischen ihnen oder zu Partnern auf einer weiten Stufe regelt. Bei vertikalen Verträgen befindet sich der Vertragspartner in einer direkt folgenden oder einer späteren Stufe der Vertriebskette. Dagegen sind als „horizontale“ Verträge bezeichnet, Vereinbarungen in denen die Partner derselben Produktionsstufe angehören19. Vertriebsverträge enthalten regelmäßig Restriktionen zu Lasten der Parteien, oft deren die sich in der unteren Stufe befinden.
Grob zu erwähnen ist hier erstens den Alleinvertrieb, bei dem sich der Hersteller sich verpflichtet einen einzigen Händler in bestimmten Gebieten lediglich und ausschließlich zu beliefern. Die Folge dieses Systems ist, dass in der Regel der Hersteller von seinen exklusiven Händlern besondere Absatzförderungsleistungen verlangt. Dem Vertragshändler ist aber untersagt, außerhalb des Vertragsgebietes für Kunden zu werben. Solche Vereinbarungen sind weitgehend wettbewerbsbeschränkend i.S.d Art 81 I EGV, sind aber freigestellt nach Art. 81. III EGV. Sinn der Freistellung solcher Vereinbarungen besteht hauptsächlich darin, dass sie den sog. „Interbrand-Wettbewerb“ gegenüber den Produkten anderer Hersteller verstärken20. Eine zweite Möglichkeit einen Vertriebsnetz zu gestalten ist das selektive System in Rahmen dessen der Hersteller den Absatz seiner Waren auf nach qualitativen21 oder quantitativen Kriterien ausgewählte Händler beschränkt22. Schließlich vertreibt der Franchisenehmer beim Franchisevertrag Waren/Dienstleistungen des Herstellers/Händlers unter Beachtung besonderer Regeln über die einheitliche Benutzung der Marke bzw. Geschäftsbezeichnung und Geschäftsmethoden des Franchisegebers, die auf einen einheitlichen Unternehmensauftritt gegenüber dem Kunden zielgerichtet sind.
A. Internetrelevante Aspekten im Alleinvertrieb
a. Unmögliche Online- Markt-Abgrenzung
Laut Art 3 II Vertikal-GVO gilt die Freistellung von Alleinbelieferungsverpflichtungen nur dann „wenn der Anteil des Käufers am relevanten Markt 30% nicht überschreitet“. Im Fall des Vertriebes über das Internet ist die Abgrenzung des relevanten Marktes besonders schwierig zu realisieren. Wenn der „klassische“ sachlich und räumlich relevante Markt sich nach der Austauschbarkeit23 auf dem Nachfragemarkt des Händlers richtet, ist es auf dem ersten Blick fast unmöglich einen Internetmarkt als gesonderten sachlichen Markt abzugrenzen, da das Internet eigentlich nur ein anderer Verkaufs“kanal“ für denselben Markt darstellt und logischerweise tendiert man, den Markt als global abzugrenzen. Dies ist nicht unrichtig wenn man denkt, dass die Kriterien die zu der Abgrenzung so eines Marktes zur Verfügung stehen mindestens relativ sind: Man könnte auf dem Misstrauen des Verbrauchers in die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit regionaler ausländischer Anbieter die noch keine globale Präsenz haben, bstellen oder sich nach der Sprachbarriere, hohe Versandkosten richten24. Diese können aber keine zuverlässige Kriterien darstellen, wenn man annimmt das, einerseits das „Misstrauen“ kein vernünftiges Kriterium darstellt, nur wenn man denkt , dass dies kein inhärentes Kriterium des Online-Handels darstellt, sondern typisch für alle Kaufverhältnissen ist.
[...]
1Verordnung (EGV) Nr. 2790/1999, ABl. 1999 Nr. L 336/21, auch „Schirm-GVO“ genannt, in Folgenden „Vertikal-GVO“
2Leitlinien der Kommission für vertikale Beschränkungen, ABl. 2000 Nr. C 291/1, Tz 51 ff, Leitlinien über vertikale Beschränkungen , ABl. 1999 Nr. C 279/12, Tz. 42
3Verordnung (EGV) Nr. 1400/2002 der Kommission vom 31.7.2002 über die Anwendung von Art. 81 III des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor, ABl. EGV Nr. L 203, abgedruckt in EuZW 2002, 563, (in Folgenden Kfz-GVO)
4nach Art. 15 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission die Parteien derartiger Vereinbarungen mit einem Bußgeld belegen.
5Im Folgenden „Vertikal-GVO“
6es wurde analysiert ob Kfz- Vertriebssystemen der Vertikal-GVO unterstellt sein könnte, da in der neuen Kfz- GVO anders als in der jetzt abgelaufenen GVO 1475/95- Art. 12- keine ausdrückliche Untersagung in diesem Sinne enthält, so dass man annehmen dürfte, ein Kfz-Vertriebssystem als Franchise-System auszugestalten um somit Nachteilen aus der Sicht der Kfz-Hersteller, die sich aus der Kfz-GVO ergeben, zu entgehen. Zwei Gründe stehen dagegen: erstens bestimmt die Vertikal-GVO -Art.2 Abs 5 ausdrücklich, dass sie nicht anwendbar ist auf vertikale Vereinbarungen, die unter den Anwendungsbereich einer anderen GVO fallen- hier die Kfz-GVO, zweitens stellt die Kfz-GVO in ihren 2. Erwägungsgrund fest, dass sie strengere aber für den Automobilvertrieb erforderliche Regelungen enthält, also auf der Vertikal-GVO kann kein Kfz-Vertriebssystem aufgebaut werden. So auch Creutzig, „vertrieb und Betreuung neuer Kfz im 21. Jh.- Fragen und Antworten zur Kfz-GVO“, BB 2002, 2133 ff.
7Im Folgenden „Kfz-GVO“
8abgedruckt in EuZW 2002, 563
9Exklusiver Vertrieb oder selektiver Vertrieb Mischsystem dazwischen ist nicht mehr möglich. Exklusiver Vertrieb bedeutet die Aufteilung eines Marktes in überschneidungsfreie Vertragsgebiete bzw. spezifische Kundengruppen, die jeweils nur ein Händler bearbeitet. Der Händler darf aktive Verkaufstätigkeiten nur innerhalb seines Vertragsgebiets durchführen und erhält dafür einen gewissen Gebietsschutz. Er darf außerhalb seines Gebietes oder seiner zugewiesenen Kundengruppe nur passive Verkäufe tätigen, also dort nicht aktiv um Kundschaft werben. Andere Händler dürfen in seinem Vertragsgebiet nicht aktiv agieren, und der Hersteller darf die Vertragsgebiete nicht verändern oder weiter aufteilen. Durch ein selektives Vertriebssystem, dürfen die Hersteller ihre Händler weiterhin anhand von qualitativen oder quantitativen Kriterien auswählen. Vgl. Ensthaler, GVO-Entwurf der EU-Kommission zur Neuordnung des Kfz-Vertriebs - erste Anmerkungen, BB 2002, 313-317
10Vertiefend Ensthaler, WuW 2002, 1042 ff. , und siehe auch unten Punkt III.B
11Überschreitet der Marktanteil 30% so ist eine Einzelfreistellung erforderlich.
12Art. 6 und 7 Vertikal-GVO, ähnlich wie dem deutschen GWB 30%
13diese Regelungsweise wurde übrigens auch für die neue Kfz-GVO übernommen
14Leitlinien zur GVO 2790/99, ABl. EGV Nr. L 291 vom 13.10.2000, 1, Rdn. 53
15vgl. Bauer/de Bronett, „Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen“, RWS-Skript, 311, Rdn. 250 ff.
16Leitlinien zur Vertikal-GVO , Rdn. 53
17Art. 5 c) Vertikal-GVO
18Vgl. dazu Bayreuther, EWS 2000, 106 ff.
19Umfangreich Kirchhoff, in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 1999, 278 ff, Kallfas, Vertikale Verträge in der Wettbewerbspolitik der EU, WuW 1999, 225 ff
20früher GVO Nr. 1983/83, ABl. EGV 1983 Nr. L 173, 1, jetzt von der Vertikal-GVO regiert
21 qualitative Kriterien betreffen z.B. die Beratungskompetenz, Geschäftsausstattung, Kundendienst und ähnliches. Eine quantitative Begrenzung liegt vor, wenn in bestimmten Gebieten nur eine begrenzte Anzahl von Händlern beliefert wird, wobei ggf. auch pro Region eine Quote festgelegt wird, die von der Nachfrage nach den Vertragswaren in diesem Gebiet abhängt. Vgl umfassend Kirchhoff, in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 1999, 303 ff. , Schulze in Stumpf/Jaletzke/Schulze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl. 1997, 177 ff.
22eine besondere „Unterart“ des selektiven Vertriebs ist der Absatz im Rahmen von Kfz-Vertriebssystemen, die aufgrund ihren Besonderheiten und der Ökonomie der vorliegenden Arbeit, separat behandelt wird.
23In den relevanten Markt sind alle Produkte einzubeziehen, die aus der Sicht des Verbrauchers als vergleichbar und gegeneinander austauschbar sind- der sog. „Bedarfsmarktkonzept“ - wobei die Preislage nur eine sekundäre Bedeutung hat.. Vgl. Emmerich, Kartellrecht, 2002, 133 ff., Schwintowski, Wettbewerbsrecht, 115 ff.
24Ende/Klein, Grundzüge des Fernabsatzes und Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Beck 2001, 75
- Arbeit zitieren
- Andrea Carstoiu (Autor:in), 2004, Die neuen Gruppenfreistellungsverordnungen – GVO Nr. 2790/1999 für vertikale Vereinbarungen bzw GVO 1400/2002 für den Kfz-Sektor auf dem Prüfstand des Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45610
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