Am Beispiel der polnischen Veränderungen des Zivilrechtes kann man wohl am Deutlichsten nachzeichnen, wo die Gewichtungen der Abänderungen lagen. Die sozialistische Zivilrechtsreform von 1964 schuf für Polen zum ersten Mal einen einheitlichen Zivilrechtsraum. Zumindest formal hatten zuvor bis zu diesem Zeitpunkt vier Rechtstraditionen auf polnischem Nachkriegsboden Geltung.
Im Süden galt die lange Tradition des Österreichischen BGB von 1811, im preußischen Norden wirkte die Tradition des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900 aus dem Deutschen Reich nach, während der Ostteil des Landes russischer Gesetzgebung unterlag. Der auf dem Wiener Kongress von 1815 aus der Taufe gehobene „freie“ Teil „Kongresspolens“ unterlag weitgehend der Tradition des Code Napoléon.
Erst 1964 sollten diese teils sehr gegensätzlichen Rechtsrelikte in ein einheitliches Zivilgesetzbuch überführt werden. Zwar handelte es sich formal um ein abgeschlossenes Zivilgesetzbuch, welches nur das Familienrecht ausklammerte, in Artikel 1 § 1 jedoch erhielt der Ministerrat in Funktion als politisches Gremium die Befugnis, jederzeit Sonderregelungen zu erlassen. Dies führte zu der faktischen Auftrennung zwischen gewöhnlichem Zivilrecht und Wirtschaftsrecht mit eigenen Rechtskörpern.
Hierzu passte auch die Einrichtung von Wirtschaftsgerichten, die als Arbitrage-Gerichte bezeichnet wurden. Diese waren weit weniger als unabhängige Wirtschaftsgerichte, vielmehr waren sie verlängerte Arme der politischen Verwaltung des Machtstaates und eher eine Schlichtungsstelle, in deren Arbeit der politisch-ideologische Anspruch bedeutender war, als eine Entscheidung auf wirtschaftlich-objektiver Rechtsbasis.
Inhaltsverzeichnis
I. Themenüberblick
II. Die Veränderung der „sozialistischen“ Zivilrechtsord-nung zum marktwirtschaftskonformen, „postsozialistischen“ Privatrecht
III. Ablauf, rechtliche Formen und Ergebnisse der Privati-sierungen in Osteuropa
IV. Literaturhinweise
I. Themenüberblick
1.) Die Veränderung der „sozialistischen“ Zivilrechtsordnung zum marktwirtschaftskonformen, „postsozialistischen“ Privatrecht
Der Aufsatz beschreibt die typischen Merkmale und Institutionen der „sozialistischen“ Zivilrechtsordnung, insbesondere ihrer Eigentumsverfassung. Darüber hinaus gibt er vor diesem Hintergrund einen Überblick über typische Neuerungen bzw. Veränderungen auf dem Weg zu einem marktwirtschaftskonformen, „postsozialistischen“ Zivilrecht.
2.) Ablauf, rechtliche Formen und Ergebnisse der Privatisierungen in Osteuropa
Es wird die grundsätzliche Bedeutung und Problematik der Privatisierung für Osteuropa in Bezug auf die Transformation von Staats- und Wirtschaftsordnungen beleuchtet. Dabei werden Ablauf, rechtliche Formen und Ergebnisse der Privatisierungen dargestellt, um hernach den Erfolg zu bewerten.
II. Die Veränderung der „sozialistischen“ Zivilrechtsordnung zum marktwirtschaftskonformen, „postsozialistischen“ Privatrecht
Am Beispiel der polnischen Veränderungen des Zivilrechtes kann man wohl am Deutlichsten nachzeichnen, wo die Gewichtungen der Abänderungen lagen. Die sozialistische Zivilrechtsreform von 1964 schuf für Polen zum ersten Mal einen einheitlichen Zivilrechtsraum. Zumindest formal hatten zuvor bis zu diesem Zeitpunkt vier Rechtstraditionen auf polnischem Nachkriegsboden Geltung.
Im Süden galt die lange Tradition des Österreichischen BGB von 1811, im preußischen Norden wirkte die Tradition des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900 aus dem Deutschen Reich nach, während der Ostteil des Landes russischer Gesetzgebung unterlag. Der auf dem Wiener Kongress von 1815 aus der Taufe gehobene „freie“ Teil „Kongresspolens“ unterlag weitgehend der Tradition des Code Napoléon.
Erst 1964 sollten diese teils sehr gegensätzlichen Rechtsrelikte in ein einheitliches Zivilgesetzbuch überführt werden. Zwar handelte es sich formal um ein abgeschlossenes Zivilgesetzbuch, welches nur das Familienrecht ausklammerte, in Artikel 1 § 1 jedoch erhielt der Ministerrat in Funktion als politisches Gremium die Befugnis, jederzeit Sonderregelungen zu erlassen. Dies führte zu der faktischen Auftrennung zwischen gewöhnlichem Zivilrecht und Wirtschaftsrecht mit eigenen Rechtskörpern.
Hierzu passte auch die Einrichtung von Wirtschaftsgerichten, die als Arbitrage-Gerichte bezeichnet wurden. Diese waren weit weniger als unabhängige Wirtschaftsgerichte, vielmehr waren sie verlängerte Arme der politischen Verwaltung des Machtstaates und eher eine Schlichtungsstelle, in deren Arbeit der politisch-ideologische Anspruch bedeutender war, als eine Entscheidung auf wirtschaftlich-objektiver Rechtsbasis.
Auch im Allgemeinen war das Zivilrecht stark von politisch-ideologischer Seite verwässert. Dies geschah vorwiegend durch die Installation von Einbruchsstellen Öffentlichen Rechtes in das Zivilrecht und den massiven Einsatz von Generalklauseln. Die Einbruchsstellen setzten beispielsweise Mechanismen und Verfahrensregeln in Kraft, die – und sei es nur durch bürokratisches Übermaß – die Handlungsspielräume privater Akteure beengten. Der Umgang mit den Generalklauseln gerade im Zivilrecht war noch perfider, da sie dazu führten, dass der Staat im Grunde bei jedem Rechtsgeschäft zwischen Privaten als „Dritte Partei“ beteiligt war, zumindest aber mit unberechenbar wachenden Auge jedes Rechtsgeschäft beäugte. Generalklauseln, die sich der Staat zunutze machte, waren beispielsweise, dass ein Rechtsgeschäft 1) nicht den Regeln und Grundsätzen des sozialistischen Zusammenlebens widersprechen dürfe. Darüber hinaus durfte daraus 2) kein Schaden für die sozialistische Volkswirtschaft entstehen, 3) musste das Rechtsgeschäft den gegenwärtigen Verfassungsauslegungen der politischen Führung konform gehen, und 4) musste die allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung des sozialistischen Systems beachtet werden. Formulierung und Auslegung dieser Generalklauseln machte jegliche Willkür möglich und Rechtsgeschäfte, beziehungsweise ihren Ausgang unkalkulierbar.
Der wohl gravierendste Eingriff in die Grundlagen des Privatrechtes lag in den Eigentums-Verständnis des sozialistischen Zivilrechtes. Im Gegensatz zum Eigentums-Begriff des liberalen marktwirtschaftlichen Privatrechtes kannten die sozialistischen Systeme verschiedene Arten von Eigentum, die auch einer hierarchischen Vorzugsbewertung unterlagen: zunächst und zuoberst war das „gesamtgesellschaftliche Volkseigentum“ zu nennen, dessen Idee war, dass dieses vorwiegend aus wirtschaftlichen Großeinheiten wie Werften, Konglomeraten, Verkehrsbetrieben, u.ä. bestehende Eigentum der gesamten Gesellschaft gehörte und – als ihrer organisierten Form – damit Staatseigentum war.
Als eine Stufe darunter ist das „genossenschaftliche Eigentum“ zu sehen: Hierbei legten Besitzer von Eigentum dieses in einer Genossenschaft zusammen, um es gemeinsam zu bewirtschaften. Ein Beispiel wäre die landwirtschaftliche Ordnung in der DDR zu nennen, bei der Bauern ihren Grund und Boden in „Landwirtschaftlichen Produktions-Genossenschaften“ [LPG] einbrachten. In Polen war in der Landwirtschaft hingegen Grund und Boden weitestgehend in Privathand verblieben, und so kannte das sozialistische Zivilrecht auch diesen Typ von Eigentum als unterste Hierarchie-Ebene. In der DDR dagegen waren eher kleine Handwerksbetriebe oder kleine Einzelhandelsgeschäfte in Privathand geblieben. Besonders in Zeiten, in denen gute Konjunktur die staatswirtschaftlichen Systeme stützte, sorgte die politische Ebene – auch durch die erwähnten Einbruchsstellen des Öffentlichen Rechtes in das Zivilrecht – für existenzbedrohende Gängelung von Privateigentümern. Lief das System jedoch schlecht, benötigte man die wirtschaftlichen Ressourcen der Privateigentümer um die Staatswirtschaft am laufen zu halten. Somit wird erneut die Willkür des sozialistischen Staates gegenüber dem Zivilrecht deutlich.
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