Das Grundproblem von Sozialsystemen ist der Zielkonflikt zwischen Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit. Die Konstitutionenökonomik sucht einen Weg zur Vereinbarung dieser Ziele, indem sie den Fokus von der Ergebnisgerechtigkeit auf Regelgerechtigkeit lenkt. Die Grundüberlegung ist, dass faire und im Konsens vereinbarte Regeln gerechte Ergebnisse hervorbringen. Die Frage ist folglich, welche Regeln auf diesem Wege in eine Verfassung Eingang finden würden.
Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Überlegungen der Konstitutionenökonomik zur Begründung von Gestaltungsprinzipien. Dabei konzentriert sie sich dabei auf die Forschung des Nobelpreisträgers James M. Buchanan.
Zuerst erfolgt eine Einführung in die Thematik der Public Choice- Theorie und der Konstitutionenökonomik. Das zentrale Kapitel 3 befasst sich schließlich mit dem Werk Zur Begründung von Regeln von Brennan und Buchanan, wobei die Argumentation der Autoren für Anwendbarkeit der homo-oeconomicus-Modells auf den politischen Bereich im Blickfeld der Betrachtung liegt. Im darauffolgenden Kapitel 4 erfolgt in kritischer Würdigung ein Vergleich des konstitutionellen Ansatzes nach Buchanan mit einer neueren Sichtweise der Neuen Politischen Ökonomie, die durch die Psychoanalyse erweitert wurde. Ferner wird der Frage nachgegangen, inwiefern Buchanans Theorie das Verfassungsproblem tatsächlich lösen kann und ob seine Forderungen umgesetzt werden können. Die Arbeit schließt mit einer letzten Würdigung des Verdienstes von Buchanan und einem Zitat des Bundespräsidenten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Einstieg: Public Choice und Konstitutionenökonomik
2.1. Die Public Choice Theorie .
2.2. Buchanans Ansatz als historischer Meilenstein
2.3. Grundzüge der Politischen Konstitutionellen Ökonomie nach Buchanan
3. Individuelles Verhalten im Rahmen der konstitutionellen Analyse
3.1. Symmetrische Verhaltensannahmen
3.2. Differentielle Interessen
3.3. Quasi-Risikoaversion
3.4. Das Gresham’sche Gesetz in der Politik
3.5. Politisches Rent-Seeking
4. Kritische Würdigung
4.1. Ergänzung um psychologische Aspekte
4.2. Buchanans Theorie als Lösung des Verfassungsproblems?
5. Schlusswort
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Grundproblem von Sozialsystemen ist der Zielkonflikt zwischen Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit. Die Konstitutionenökonomik sucht einen Weg zur Vereinbarung dieser Ziele, indem sie den Fokus von der Ergebnisgerechtigkeit auf Regelgerechtigkeit lenkt. Die Grundüberlegung ist, dass faire und im Konsens vereinbarte Regeln gerechte Ergebnisse hervorbringen. Die Frage ist folglich, welche Regeln auf diesem Wege in eine Verfassung Eingang finden würden.
Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Überlegungen der Konstitutionen-ökonomik zur Begründung von Gestaltungsprinzipien. Dabei konzentriert sie sich dabei auf die Forschung des Nobelpreisträgers James M. Buchanan.
Zuerst erfolgt eine Einführung in die Thematik der Public Choice - Theorie und der Konstitutionenökonomik. Das zentrale Kapitel 3 befasst sich schließlich mit dem Werk Zur Begründung von Regeln von Brennan und Buchanan, wobei die Argumentation der Autoren für Anwendbarkeit der homo-oeconomicus- Modells auf den politischen Bereich im Blickfeld der Betrachtung liegt. Im darauffolgenden Kapitel 4 erfolgt in kritischer Würdigung ein Vergleich des konstitutionellen Ansatzes nach Buchanan mit einer neueren Sichtweise der Neuen Politischen Ökonomie, die durch die Psychoanalyse erweitert wurde. Ferner wird der Frage nachgegangen, inwiefern Buchanans Theorie das Verfassungsproblem tatsächlich lösen kann und ob seine Forderungen umgesetzt werden können. Die Arbeit schließt mit einer letzten Würdigung des Verdienstes von Buchanan und einem Zitat des Bundespräsidenten.
2. Einstieg: Public Choice und Konstitutionenökonomik
2.1. Die Public Choice Theorie
Die Public Choice Theorie ist eine ökonomische Theorie der Politik und wird als die „Theorie der öffentlichen Wahlhandlung“[1] verstanden. Nach Guy Kirsch ist die Neue Politische Ökonomie nur eine von vielen Theorien der Politik, die auf neue Art über Altes rede und somit Neues sage[2]. Als eine solche neue Sichtweise auf die Welt der Politik wurde dieses Forschungs-gebiet erst nach dem Zweiten Weltkrieg wichtig: Die Entwicklungen in den USA gehen auf die 50er und 60 Jahre des letzten Jahrhunderts zurück, in Europa und Japan erregte sie beginnend mit den 70er Jahren Aufmerksam-keit. Sie ist aus der Kritik an der damaligen ökonomischen Wohlfahrts-theorie entstanden, die Marktversagen attestierte und auf die Notwendigkeit korrigierender staatlicher Eingriffe schloss. Dabei wurde Ökonomen die Rolle von sachverständigen Politikberatern zugedacht. Das Verdienst der Public Choice Theorie liegt darin, dass sie auf die Asymmetrie in der Logik dieses Arguments aufmerksam machte: Während der reale Marktprozess am theoretischen Modell des vollkommenen Wettbewerbs gemessen wurde, wurde bei der Empfehlung staatlichen Eingriffs in die Wirtschaft ein ideales Funktionieren unterstellt und die Realität nicht weiter thematisiert. Die Analyse der Institutionen Markt und Politik sollte auf derselben Ebene stattfinden, d. h. entweder sollten sie beide als theoretische Modelle oder aber beide im realen Erscheinungsbild gegenüber gestellt werden. Insofern müssten für diese Untersuchungen dieselben Annahmen zugrunde gelegt werden. Die Analyse des Politikbereichs zeigt, dass die realen politischen Prozesse ebenfalls nicht mängelfrei sind. Deshalb wird die Public Choice Theorie auch als „Theorie des Staatsversagens“ bzw. als „Theorie des Politikversagens“ bezeichnet.
Die Aufmerksamkeit wurde insbesondere auf die Ausnutzung des politischen Entscheidungsmechanismus für Umverteilungszwecke gelenkt, was den Bogen zum in der Einleitung erwähnten Problem der Verteilungs-gerechtigkeit zieht: Durch Rent-Seeking-Aktivitäten kann der politische Prozess als Mittel zur Bereicherung durch Umverteilung ausgenutzt werden.
Buchanan definiert die Public Choice Theorie folgendermaßen: Sie ist das „nicht-markliche Gegenstück zur ökonomischen Theorie des Marktes“[3]. Analog zur Vorgehensweise der Wirtschaftstheorie versucht sie das Verhalten einzelner Akteure im politischen Bereich zum beobachtbaren Gesamtergebnis in Beziehung zu setzen und somit die komplexen institutionellen Interaktionen zu erklären. Dabei wendet diese Analyse die Instrumente und Methoden der Wirtschaftstheorie auf den Staatssektor, auf die Politik und die öffentliche Wirtschaft an[4]. Vorreiter der Ausweitung der wirtschaftstheoretischen Analyse auf das Phänomen der Politik sind die Nobelpreisträger Arrow, Becker, Coase und Buchanan; Aber auch Nachbar-disziplinen nutzten wirtschaftstheoretische Denkmodelle, wie etwa bei Rawls Theorie der Gerechtigkeit, Nozicks Staatsphilosophie und Colemans Gesellschaftstheorie[5].
Die Neue Politische Ökonomie unterstellt nutzenmaximierendes Verhalten nicht nur von Haushalten und Unternehmern, sondern auch von Politikern und politischen Parteien. Somit verzichtet sie im Gegensatz zur Politischen Ökonomie der Klassik und der Wohlfahrtsökonomie des vorigen Jahrhunderts auf die Annahme der Existenz von wohlwollenden Politikern und unparteiischen Beobachtern. Ausgehend vom Rational Choice im Kontext der Privatwirtschaft untersucht der Public Choice Entscheidungen Kollektiv in den Bereichen der Politik aber auch der Privatwirtschaft. Dabei ist die Neue Politische Ökonomie von zwei Charakteristika gekennzeichnet: Vom individualistischen Ansatz und von der Rationalitätsannahme. Die Argumentation für diese homo-oeconomicus -Annahme wird in Kapitel 3 genauer erörtert.
Im Laufe der Entwicklung der Neuen Politischen Ökonomie haben sich drei Forschungsrichtungen herausgebildet: Die logische Analyse, die empirische Erforschung, sowie die normative Begründung kollektiver Entscheidungen. Die beiden ersten untersuchen als positive Zweig der Public Choice reale Abläufe politischer und bürokratischer Prozesse unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf wirtschaftliche Zusammenhänge, der normative Zweig entwirft die Idee einer Verfassung eines Staates auf der Basis rationaler Nutzenmaximierung seitens der beteiligten Individuen.
Mit der Zeit wurde die Forschung immer theoretischer und mathematischer; Einen guten und umfassenden Überblick über die breitgefächerten Felder des Public Choice gibt das neuste Buch von Dennis Müller[6].
Zu Beginn war in der Public Choice Society der Virginia Schule die ökonomische Analyse der Politik mit dem Forschungsprojekt der Constitutional Economics bzw. der Constitutional Political Economy gepaart[7]. Diese zwei Forschungsprogramme können als horizontale und vertikale Ausweitung der herkömmlichen ökonomischen Analyse betrachtet werden: Die Public Choice Theorie verbreitert den Untersuchungsbereich, auf den der ökonomische Ansatz Anwendung findet, auf den nicht-marktlichen, insbesondere politischen Bereich und ist somit eine horizontale Erweiterung, denn es werden zuvor ausgesparte Entscheidungsbereiche untersucht. Die Konstitutionenökonomik dagegen befasst sich mit einer umfassenderen systematischen Berücksichtigung unterschiedlicher Entscheidungsebenen und gilt daher als vertikale Ausweitung. Im Folgenden wird der Fokus auf dieses Forschungsgebiet der Konstitutionellen Politischen Ökonomie gelegt.
2.2. Buchanans Ansatz als historischer Meilenstein
Zum besseren Verständnis der Ergebnisse von James M. Buchanan folgt eine kurze Einführung in die Anfänge seiner Forschungsarbeit. Bereits zu Beginn des Studiums an der University of Chicago wurde er nachhaltig von Frank Knight geprägt, auf den Buchanans Wandlung von einem Anhänger freiheitlich-sozialistischer Vorstellungen zu einem Verfechter markt-wirtschaftlicher Ideen zurückzuführen ist. Ein weiterer entscheidender Einfluss ist die Dissertation Finanztheoretische Untersuchungen des schwedischen Ökonomen Knut Wicksell[8], die Gedanken beinhaltete, die seiner eigenen Vorstellung sehr nahe kamen sowie bestätigten, den damals vorherrschenden Ideen jedoch wiedersprachen. Er übersetzte Wicksells Werk ins Englische und baute davon inspiriert seine Forschung auf jenes Werk auf. Folgende Gedanken stammen von Wicksell[9]:
- Das letztendliche Kriterium für die Effizienz von staatlichen Eingriffen könne nur im prozeduralen Kriterium der Einstimmigkeit bei kollektiven Entscheidungen liegen.
- Reformen der Wirtschaftspolitik müssten bei den Regeln ansetzten, unter denen politische Entscheidungsträger handeln, nicht aber bei den Entscheidungen selbst.
- Das Postulat, Ökonomen müssten weg von der Argumentation, als würden sie hypothetische wohlwollende Diktatoren in ihren Entscheidungen beraten.
Während einer Studienreise in Italien beschäftigte sich Buchanan mit der italienischen Finanzwissenschaft, die sich durch ihre Theorie des Staates mit der Wicksell’schen Perspektive gut verbinden ließ. Darauf folgte ab 1956 seine Professur an der University of Virginia und somit die entscheidende Virginia-Epoche seines akademischen Wirkens. In Zusammenarbeit mit Warren Nutter versuchte er, die klassischen Anliegen der Ökonomie wiederzubeleben, da sich in ihrer Meinung nach die moderne Ökonomie zu ihren Ungunsten von den Ursprüngen und von einer umfassenden Moralphilosophie entfernt hätte und durch die technishce Stilisierung ihre eigentlichen substanziellen Probleme aus den Augen verliere. Durch eine Neuorientierung sollte die Ökonomik wieder gesellschaftliche Aufgaben übernehmen und den Bürgern eine intellektuelle Hilfestellung bei der Lösung politischer Probleme bieten.[10] 1962 veröffentlichte er zusammen mit Gordon Tullock The Calculus of Consent, den ersten grundlegenden Beitrag zum Forschungs-programm der Konstitutionenökonomik, der eine Überführung der Erklärung politischer Prozesse in eine Aufklärung derer postuliert.[11] Darin wird aufgezeigt, dass die Forderung der Einstimmigkeit in der Praxis nicht umzusetzen sei; durch Modifikationen sollte dies soweit zu verändern, dass diese nun umsetzbar werde. Die von Buchanan repräsentierte Public Choice Richtung der Ökonomie wird auch als Virginia Schule der Politischen Ökonomie bezeichnet. Für die Entwicklung der kontrakttheoretischen und konstitutionellen Grundlagen der ökonomischen und politischen Beschlussfassung erhielt er 1986 den Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften.
[...]
[1] siehe Buchanan (1990), S. 23
[2] vgl. Kirsch (1997), S. 2
[3] siehe Vanberg (1990), S. 14
[4] vgl. Buchanan (1990), S. 25 f.
[5] vgl. Kirsch (1997), S. 2
[6] vgl. hierzu Müller (2003)
[7] vgl. Vanberg (1990), S. 15
[8] vgl. dazu Wicksell (1896)
[9] vgl. Vanberg (1990), S. 10 und ferner Wicksell (1896) selbst
[10] vgl. Pies (1997), S. 1
[11] vgl. Pies (1997), S. 2
- Citar trabajo
- Beate Piedo (Autor), 2005, Zur Begründung von Gestaltungsprinzipien - Konstitutionenökonomische Überlegungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45573
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