Industrie 4.0 – dieser Begriff steht für eine zunehmende Automatisierung unserer Wirtschaft, die Digitalisierung von Informationen sowie eine intelligente Vernetzung. Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt jedoch bislang ein Konzept, mit dem sie individuelle Industrie 4.0-Potenziale erkennen und nutzen können.
Welche Auswirkungen hat Industrie 4.0 auf das Management Reporting in KMU der Maschinenbauindustrie? Dennis König hat für seine Publikation mit Experten aus den Bereichen Controlling, Management Reporting und Wirtschaftsinformatik gesprochen.
Zentrale Reporting Competence Center machen die Berichtserstellung schneller und effizienter. Das ist auch für KMU interessant. Doch König hat festgestellt, dass vor allem in den Bereichen Echtzeitsteuerung und Digitalisierung des Geschäftsmodells oft dringender Handlungsbedarf besteht. Er gibt deshalb eine Einführung in das Management Reporting von morgen.
Aus dem Inhalt:
- Cyber-Physical-Systems;
- Cyber-Physische Systeme;
- Berichtserstellung;
- Unternehmenssteuerung;
- Big Data
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
1.3 Methodische Vorgehensweise
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen zu Industrie 4.0 und Management Reporting
2.1 Grundlagen von Industrie
2.2 Grundlagen zu Management Reporting
3 Auswirkungen von Industrie 4.0 auf das Management Reporting in KMU der Maschinenbauindustrie
3.1 Definition und Begriff von produzierenden KMU der Maschinenbauindustrie
3.2 Auswirkungen auf das Management Reporting
4 Empirischer Teil
4.1 Beschreibung der Vorgehensweise und Methodik
4.2 Beschreibung der Forschungsergebnisse
5 Conclusio
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Echtzeit als wesentliches Merkmal von Industrie 4.0
Abbildung 2: Prozesskette Informationsversorgung
Abbildung 3: Abgrenzung nach Adressaten und Nutzerkreis
Abbildung 4: Führungs-, Leistungs- und Unterstützungsprozesse im Unternehmen
Abbildung 5: Controllingsystem
Abbildung 6: Controlling Hauptprozesse der International Group of Controlling (IGC)
Abbildung 7: Das Reportinghaus
Abbildung 8: Die Reportingpyramide
Abbildung 9: Mit Berichtserstellung befasste Organisationseinheiten
Abbildung 10: Schichtenmodell
Abbildung 11: Relevanz von Berichtsarten im Kontext von Industrie
Abbildung 12: Wertschöpfungskette des Reportings
Abbildung 13: Rollenbilder im Reportingprozess
Abbildung 14: Rollenbilder im Controlling und die Auswirkung auf die Kommentierung
Abbildung 15: Hypothetisches Modell der Untersuchungsfelder
Abbildung 16: Bestimmung der Leitfragen
Abbildung 17: Inhaltsanalytisches Ablaufmodell
Abbildung 18: Hinweise zur Interviewtranskription..
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Mittelstandsdefinition des EKAM
Tabelle 2: Die Interviewpartner
Tabelle 3: Kategoriensystem
Tabelle 4: Kodierleitfaden
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
Die vorliegende Masterarbeit gibt einen Überblick über die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf das Management Reporting in KMU der Maschinenbauindustrie. Die Grundlage der Auswirkungen ist eine zunehmende Automatisierung, die Digitalisierung der Informationen sowie eine intelligente Vernetzung von Produkten, Maschinen und Prozessen in der Maschinenbauindustrie. Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt bislang ein Konzept, mit dem sie ihre individuellen Industrie 4.0-Potentiale erkennen und nutzen können. Die Forschungsfrage in dieser Arbeit lautet: „Welche Auswirkungen hat Industrie 4.0 auf das Management Reporting als Steuerungsinstrument in KMU der Maschinenbauindustrie im deutschsprachigen Raum?“ Zielsetzung der Arbeit ist die Untersuchung bzw. die Beantwortung der Forschungsfrage. Als Methode der Untersuchung wurde eine Literaturrecherche und eine qualitative Befragung mit leitfadengestützten Experteninterviews gewählt. Es wurden acht Experteninterviews durchgeführt. Die Experten stammen aus den Bereichen Controlling, Management Reporting und Wirtschaftsinformatik. Die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit sind Auswirkungen auf das Management Reporting durch eine datengetriebene Unternehmenssteuerung, Inhaltliche Auswirkungen auf das Management Reporting durch Entwicklungen im Bereich Big Data sowie organisatorische Auswirkungen auf die Rollenbilder und Aufgaben des Controllers von morgen.
1 Einleitung
"We're rapidly entering a world where everything can be monitored and measured. But the big problem is going to be the ability of humans to use, analyse and make sense of the data.“
(Erik Brynjolfsson, economist and director of the MIT's Center for Digital Business)
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
Der strukturelle Wandel hin zu Industrie 4.0 stellt Unternehmen in der Industrie vor neue Herausforderungen. Durch Industrie 4.0 werden gesamte Informationen, wie Texte, Zahlen, Videos oder Sensordaten eines Unternehmens in einen Binärcode transformiert (Shapiro/Varian: 2010: S. 3). Diese Informationen werden mit Hilfe von IuK-Technologien aufgenommen, gespeichert und können schnell über das Internet ausgetauscht werden. Unternehmen wie Amazon oder eBay haben die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Gestaltung ihres Geschäftsmodells umgesetzt und sind heute erfolgreich am Markt tätig. Traditionsunternehmen wie Neckermann haben die Chance der Digitalisierung spät erkannt und wurden vom Markt verdrängt. Wo der Handel und die Medien die Potentiale der Digitalisierung ausgeschöpft haben, steht die Fertigungsindustrie am Anfang (Kagermann et al. 2014: S. 17). Gegenwärtig diskutiert man unter dem Begriff Industrie 4.0, welche Möglichkeiten die Digitalisierung für die industrielle Produktion bietet und wie man Potentiale ausschöpfen kann (Bauernhansl 2014: S. 15 f.). Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt bislang ein Konzept, mit dem sie ihre individuellen Industrie-4.0-Potentiale erkennen und nutzen können (Seiter et al. 2015: S. 466).
Industrie 4.0 umfasst eine intelligente Vernetzung von Produkten und Prozessen entlang der Wertschöpfungskette auf Basis von cyber-physischen Systemen. Primärziele sind die Senkung der Produktionskosten durch Prozessoptimierungen sowie die Erschließung von Umsatzpotentialen durch den gesteigerten Kundennutzen. Cyber-physische Systeme (CPS) bezeichnen die Integration eingebetteter Informationstechnologien in Gegenstände, Materialien, Geräte und Logistik-, Koordinations- bzw. Managementprozesse. Es werden Steuerungssysteme, Maschinen, Werkstücke und Produkte werksintern sowie werks- und firmenübergreifend miteinander vernetzt, die permanent Informationen untereinander austauschen. Damit ermöglichen sie ein Ausmaß an Flexibilität und Effizienz, das zuvor noch nie erreicht wurde. Durch den permanenten Informationsfluss können mit Sensoren bestückte Maschinen und Steuerungssysteme vollautomatisch zwischen unterschiedlichen Aufgabentypen wechseln, Warenströme koordinieren sowie relevante Entscheidungen in Echtzeit treffen (Roßmeißl/Gleich: 2014: S. 141 ff.). Der dadurch entstehende Anstieg der Komplexität erfordert neue Formen des Controllings, um die neuen Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können (Mertens 2015: S. 454).
Laut Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) zu Industrie 4.0 wird sich für den Controller von morgen eine grundlegende Veränderung im Bereich Unternehmenssteuerung ergeben. Eine Echtzeitsteuerung tritt anstelle der klassischen nachträglichen Steuerungsmaßnahmen und ihre Bedeutung nimmt rasant zu. Bei einer Echtzeitsteuerung wird durch den Einsatz von Sensorik ein virtuelles Echtzeitbild der Unternehmensabläufe erzeugt. Dadurch können Daten in dem Moment erfasst und verarbeitet werden, in dem sie anfallen. Datenaufnahme, Datenanalyse und Bereitstellung der Ergebnisse erfolgen ohne Zeitverzögerung (BITKOM 2014: S. 22). Die Echtzeitinformationen können so in klassischen Monatsberichten ergänzt werden. Die schnelleren und flexibleren Reaktionsmöglichkeiten können für Unternehmen oft einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bedeuten (Brynjolfsson/McAfee 2012: S. 62 f.).
Das Controlling ändert sich durch eine von Industrie 4.0 geänderte Produktions- bzw. Wertschöpfungskette (Supply Chain). Es muss durch die steigende Produkt- und Prozessvariabilität flexibler gestaltet werden. Diese Anpassung ermöglicht Controllern Analysen schneller zu erstellen sowie Handlungsempfehlungen für das Management abzuleiten. Dadurch rücken mehr flexibilisierte Planungs- und Steuerungsansätze in den Vordergrund (Mertens: 2015: S. 454). Diese flexibilisierte Steuerung erfordert neue Berichtsarten im Management Reporting (Gronau 2012: S. 21). Für diese flexibilisierte Steuerung ist es von Bedeutung, im Management Reporting adäquat abgebildet zu sein. Die Mehrdimensionalität der Unternehmensziele muss sich im Reporting als das zentrale Steuerungsinstrument wiederfinden (Klein/Gräf 2014: S. 15).
Eine Studie des Managementberatungsunternehmen Horváth & Partners zeigt die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Management Reporting. Jedes zehnte Unternehmen überträgt seine Berichte auf mobile Endgeräte. Ein Viertel der Unternehmen verfügt über zentrale Reporting Competence Center, die anhand neuer Technologien die Berichtserstellung schneller und effizienter machen. (Horváth & Partners 2014: S. 15ff.).
Mittelständische KMU stehen heute komplexen Herausforderungen gegenüber. Zu deren Bewältigung kann Industrie 4.0 einen Beitrag leisten (BMWi 2015: S. 41). Anhand der Deloitte-Studie Industrie 4.0 im Mittelstand in Kooperation mit dem EKAM weisen 41 % der Unternehmen keine digitale Vernetzung mit der Produktion auf (Meyer/Reker 2016: S. 18). Dazu fehlt es 70 % der Unternehmen an einer konkreten Umsetzungsstrategie von Industrie 4.0. Im Bereich der Echtzeitsteuerung und Digitalisierung des Geschäftsmodells besteht in mittelständischen KMU dringender Handlungsbedarf (BMWi 2015: S. 76). Laut der Deloitte-Studie entsteht durch die Vernetzung der Produktion im Mittelstand für die Bereiche Controlling und Data Analytics ein hohes Anwendungs- und Nutzungspotential (Meyer/Reker 2016: S. 19 ff.).
Daraus folgend hat Industrie 4.0 einen bedeutenden Einfluss auf das Controlling sowie das Management Reporting auch in KMU der Maschinenbauindustrie. Das Herausarbeiten der Auswirkungen und Veränderungen für das Management Reporting von morgen ist Aufgabe vorliegender Arbeit.
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, welche Auswirkungen und Veränderungen sich durch Industrie 4.0 auf das Management Reporting als Steuerungsinstrument in KMU der Maschinenbauindustrie ergeben. Schwerpunkte der Untersuchung bilden eine theoretische und empirische Analyse der Auswirkungen auf das Management Reporting bezüglich Digitalisierung. Infolge dessen liegt die Zielsetzung auf der Herausarbeitung der Auswirkungen auf das Management Reporting in KMU der Maschinenbauindustrie. Diese Masterthesis beschäftigt sich daher mit der folgenden Forschungsfrage:
Welche Auswirkungen hat Industrie 4.0 auf das Management Reporting als Steuerungsinstrument in KMU der Maschinenbauindustrie im deutschsprachigen Raum?
1.3 Methodische Vorgehensweise
Auf Basis einer Literaturrecherche werden im Theorieteil die wesentlichen Begriffe definiert, erklärt und abgegrenzt. Es werden Aufgabe und Funktion des Management Reportings und von Industrie 4.0 im produzierenden Gewerbe erklärt. Die Ergebnisse werden dann mit einem leitfadengestützten Experteninterview dahingehend verdichtet, dass die Auswirkung auf das Management Reporting in produzierenden KMU bezüglich Digitalisierung veranschaulicht und konkretisiert werden können. Im empirischen Teil der Arbeit wird als Forschungsmethode das Experteninterview gewählt, um Informationen über die inhaltlichen und technischen Auswirkungen in KMU der Maschinenbauindustrie zu erhalten.
Das Experteninterview ist eine qualitative Befragungsmethode aus dem Bereich der empirischen Sozialforschung. Experteninterviews werden mit dem Ziel durchgeführt, qualitative Informationen, wie Fakten, Wissen, Meinungen, Einstellungen oder Bewertungen über einen bestimmten Untersuchungsgegenstand zu gewinnen (Gläser 2009: S. 116 ff.). In dieser Art von Erhebung wird relevantes Wissen anhand offener Fragen im Rahmen eines Interviews von Befragten erhoben. Die Erhebungsdurchführung wird bewusst offen gestaltet, um die Befragten nicht durch einen standardisierten Fragebogen in ihren Antwortmöglichkeiten einzuschränken (Graf et al. 2009: S. 26 f.). Die Befragten werden auch als Experten bezeichnet. Experten sind Personen, die in Relation zum Forschungsinteresse über ein besonderes Wissen verfügen, das für die Beantwortung der Forschungsfrage als relevant erachtet wird. Bei der Interviewdurchführung wird ein Leitfaden verwendet, der die Vergleichbarkeit der frei beantworteten Fragestellungen steigern soll. Das Experteninterview eignet sich in der Sozialforschung besonders gut für die Untersuchung von Erfolgsfaktoren und Auswirkungen in einem Gebiet, dessen Forschungsstand noch nicht weit fortgeschritten und/oder nur unzureichend strukturiert ist.
Im Gegensatz zu Feldstudien haben Experteninterviews den Vorteil, die notwendigen Informationen in kürzerer Zeit zu generieren. Auch ist durch eine Befragung der Informationsverlust geringer. Ein weiterer Vorteil ist, dass im Interview nachgefragt und nicht Verstandenes seitens des Interviewers sowie auch seitens des Befragten aufklären werden kann. Ein Nachteil des Experteninterviews ist, dass der Erfolg des Interviews vom Forscher abhängt und dass Antworten durch falsches Fragen beeinflusst werden können. Die Gefahr von sozial erwünschten Antworten ist somit groß (Gläser 2009, S. 111 ff.).
Da der Forschungsstand zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf das Management Reporting insbesondere in mittelständischen Unternehmen nur begrenzt fortgeschritten ist und die empirische Untersuchung dieser Masterthesis das Ziel verfolgt, qualitative Informationen des Untersuchungsgegenstandes zu gewinnen, wurde die Durchführung von Experteninterviews als Datenerhebungsmethode ausgewählt. Als Experten werden controllingverantwortliche Mitarbeiter in produzierenden KMU sowie controllingverantwortliche Professoren an Hochschulen herangezogen, die einen unmittelbaren Anteil an der Gestaltung bzw. Mitwirkung am Controlling bzw. am Management Reporting haben und dadurch über fundiertes Fachwissen verfügen. Die anschließende Auswertung der Experteninterviews erfolgt über die Auswertungsmethode der qualitativen Inhaltsanalyse (Gläser 2009: S. 197 ff.).
1.4 Aufbau der Arbeit
Kapitel 1 der Arbeit beinhaltet die Einleitung der Masterthesis. Auf die Darstellung der Ausgangsituation folgen die Zielsetzung der Arbeit und die Forschungsfrage. Anschließend erfolgt die Beschreibung der methodischen Vorgehensweise und die Vorstellung des Aufbaus der Arbeit.
In Kapitel 2 werden die theoretischen Grundlagen für das Management Reporting ausgearbeitet. Dabei wird ein einheitliches und praxisbezogenes Begriffs-, Ziel- und Konzeptverständnis des Begriffs Management Reporting herausgearbeitet und Management Reporting mit auf die produzierende Industrie im deutschsprachigen Raum gerichtetem Fokus untersucht.
Darauf aufbauend folgt in Kapitel 3 zuerst ein Überblick und eine Definition über KMU der Maschinenbauindustrie sowie die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf das Management Reporting. Danach erfolgt eine detaillierte Analyse der Auswirkungen von Industrie 4.0 auf das Management Reporting. Die Untersuchung umfasst inhaltliche und organisatorische Auswirkungen sowie die Auswirkung auf die Steuerung.
Der empirische Teil der Masterthesis in Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Durchführung der Experteninterviews. Zuerst wird die wissenschaftliche Vorgehensweise beschrieben und danach folgt die Auswertung und Darstellung der Forschungsergebnisse.
Kapitel 5 fasst die Ergebnisse des theoretischen und des empirischen Teils der Arbeit zusammen. Aus den Ergebnissen werden Erfolgsfaktoren für produzierende KMU zusammengestellt. Danach werden die Limitationen der Untersuchung und ein Ausblick beschrieben. Am Schluss werden Hinweise auf weiterführende Arbeiten und Themengebiete gegeben.
2 Grundlagen zu Industrie 4.0 und Management Reporting
2.1 Grundlagen von Industrie 4.0
2.1.1 Definition und Abgrenzung von Industrie 4.0
Der Begriff Industrie 4.0 ist eine Wortschöpfung, deren Ursprung auf den gleichnamigen Arbeitskreis eines Forschungsprojekts der Forschungsunion zurückgeht, der im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung gefördert wurde. Häufig wird in diesem Zusammenhang von einer industriellen Revolution gesprochen, die gerade beginne, und genauer betrachtet sei dies die vierte industrielle Revolution nach jenen durch die Computer- und Kommunikationstechnik, die Elektrifizierung sowie Erfindung der Dampfmaschine bewirkten industriellen Revolutionen (BMBF 2012: S. 11).
Die intelligente Fertigung stellt die Keimzelle der unter Industrie 4.0 bevorstehenden Veränderungen dar. Die weiter voranschreitende Computerisierung der Produktionstechnik geht über in die Virtualisierung der Fertigung. Maschinen und ganze Fabriken werden mittels digitaler Werkzeuge am Computer entworfen und sind damit vollständig digital beschrieben. Die durchgängige Vernetzung ermöglich zudem jederzeitigen Zugriff und Auskunft über jede einzelne Komponente eines komplexen Fertigungsprozesses (Geisberger 2012: S. 54). Die Kommunikationstechnik wird durch den stetigen Ausbau der Mobilfunk- und Nahbereichsfunknetze, wie bspw. WLAN, immer flexibler einsetzbar.
Die aktuelle industrielle Revolution ist dabei im Wesentlichen durch die folgenden Punkte charakterisiert:
- Digitalisierung
- Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen
- Automatisierung der Produktion
- Mobile Kommunikationstechniken
- Vernetzung von Menschen, Gütern und Maschinen im Internet der Dinge und Dienste
- Dezentralisierung von Arbeit und Produktion
Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wurden Studien und die bereits weiter oben genannten Handlungsempfehlungen im Rahmen der Hightech-Strategie vorgelegt, die aktuell das öffentliche Verständnis von Industrie 4.0 prägen. Dabei ist die Bezeichnung Industrie 4.0, wie bereits eingangs erwähnt, eine rein deutschsprachige Wortschöpfung, die sich nur zögerlich über die Landesgrenzen hinaus verbreitet. Dies liegt darin begründet, dass Deutschland als Weltmarktführer im Bereich des Anlagen- und Maschinenbaus eine gewisse Leitfunktion zugesprochen wird und der Begriff in den Medien weite Verbreitung gefunden hat. Zunehmend wird Industrie 4.0 auch als Marketingbegriff in der Produktwerbung eingesetzt während er parallel in einer stetig steigenden Anzahl von Studien und Fachartikeln sukzessive in der seiner Bedeutung klarer definiert wird. Neben der häufigen Nennung in den Massenmedien greifen gerade die Fach- und Regierungspublikationen den Begriff der Industrie 4.0 als thematische Klammer auf. In den wissenschaftlichen Einrichtungen, wie den Fraunhofer-Instituten und den Hochschulen (vorwiegend in der Produktionsforschung und Logistik), wird der Begriff ebenso verwendet und diskutiert. Damit erscheint eine künftige starke Verbreitung und Akzeptanz des Begriffs Industrie 4.0 und die Einordnung in eine Theorie der Logistik durchaus realistisch (BMBF 2012: S. 10).
Kern von Industrie 4.0 ist die Smart Factory (intelligente Fabrik). Keimzelle der Smart Factory ist die Fertigung, die durch die zunehmende Computerisierung in den vergangenen Jahren intelligent und Bestandteil vernetzter Infrastrukturen geworden ist. Diese sogenannten cyber-physikalischen Systeme (CPS), die eine globale Vernetzung der intelligenten Fabriken ermöglichen und die Konzepte der digitalen Fabrik laufen zusammen mit dem Ansatz der Smart Factory und stellen damit die eigentliche Neuerung der industriellen Revolution im Blickpunkt der Produktionstechnik dar (Bauer et al. 2014: S. 24). CPS verbinden die virtuelle Welt (cyber) mit der realen Welt (physisch). Cyber-physische Systeme bilden in der Produktion intelligente Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel, die autonom Informationen austauschen, Tätigkeiten auslösen und sich gegenseitig selbstständig steuern. Sie schaffen intelligent vernetzte Fabriken und Wertschöpfungsketten, die eine flexiblere, effizientere und kundenindividuellere Produktion ermöglichen. Die Vernetzung aller Elemente der Automatisierungstechnik (Aktorik, Sensorik, Steuerungs- und Peripheriegeräte) über Netzwerktechnologien ermöglichen diese intelligente Produktion. Sensoren können jederzeit an jede Stelle ihre Meldungen geben, Aktoren können direkt adressiert und mit Steuerungsbefehlen beschickt werden. Maschinen können damit aus der Ferne konfiguriert und kurzfristig für den jeweiligen Anwendungszweck eingerichtet werden, ohne dass es hierzu eines manuellen Eingriffs direkt an der Maschine bedarf (Bracht et al. 2011: S. 11).
Während der Begriff vierte industrielle Revolution eine globale, also bereichsübergreifende Beschreibung vornimmt, reduziert der Begriff Industrie 4.0 den Fokus auf die Fertigungstechnik. Die aus dem Wandel in der Fertigungstechnik induzierten Veränderungen werden dann in den Teilkonzepten mit dem Zusatz Smart beschrieben. Dabei ist die Darstellung uneinheitlich. Häufig wird bei der Begriffsverwendung von Industrie 4.0 auf die Definition der Plattform Industrie 4.0 Bezug genommen. Diese sieht den Begriff Industrie 4.0 als Synonym für die vierte industrielle Revolution, bleibt in der Ausführung dann aber auf die Fertigungstechnik und die Organisation der Wertschöpfung fokussiert. Danach stellt Industrie 4.0 einen konzeptionellen Ansatz zur Organisation und Steuerung der Wertschöpfungskette zur Realisierung von individuellen Kundenwünschen dar. Diese Organisation erfolgt durch die Vernetzung von „Menschen, Objekten und Systemen“ (Plattform Industrie 4.0, 2013). Dabei bleiben Betrachtungen der gesellschaftlichen und politischen Aspekte zunächst außen vor. Gleichwohl erfordert die vierte industrielle Revolution auch Veränderungen in der Gesellschaft, bspw. im Bildungswesen. Da die revolutionären Veränderungen aber ihren Ursprung in der Produktion haben, verwundert diese Fokussierung zunächst nicht. Anzunehmen ist, dass sich die ebenfalls davon berührten Bereiche wie die Technik-, Sozial- sowie die Arbeitswissenschaften dieser Thematik ebenfalls annehmen werden, um Lösungen für die insgesamt auftretenden Herausforderungen zu entwickeln. Es ist also nicht auszuschließen, dass sich im Verlaufe dieses Prozesses noch neue Begriffe bilden und ggfs. neben die bereits bekannten Bezeichnungen treten werden (Spath et al. 2013: S. 6.).
Im Rahmen vorliegender Arbeit beschreibt daher der Begriff der industriellen Revolution die globalen, bereichsübergreifenden Veränderungen, während sich der Begriff Industrie 4.0 auf die Beschreibung der Veränderungen in der industriellen Wertschöpfung konzentriert. Unter dem Begriff Industrie 4.0 wird daher die zunehmende Computerisierung und Digitalisierung der industriellen Wertschöpfung verstanden, in der cyber-physikalische Systeme die Basis der intelligenten Produktion beschreiben. Wesentliches Kennzeichen von Industrie 4.0 ist die Aufhebung starrer und zentral deterministisch geplanter Produktionsabläufe zugunsten selbstorganisierter Prozesse. Eine industrielle Fertigung nach der Definition der Industrie 4.0 ist vollständig digital abgebildet und dabei vertikal und horizontal vollständig integriert.
2.1.2 Wesentliche Merkmale bei der Umsetzung von Industrie 4.0
Die Umsetzung von Industrie 4.0 hat Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette. Die intelligente Vernetzung führt zu einer verstärkten Integration aller beteiligten Akteure. Diese Vision der Produktion der Zukunft lässt sich anhand von drei wesentlichen Merkmalen näher beschreiben. Diese verbindet ein gemeinsames Merkmal: Der Steuerungsprozess kann in Echtzeit erfolgen (Kagermann et al. 2013: S. 6).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Echtzeit als wesentliches Merkmal von Industrie 4.0 (Quelle: Eigene Darstellung)
Das erste Merkmal ist die horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke. Sie bezeichnet eine Vernetzung aller Prozessschritte in der Wertschöpfungskette. In der Produktion werden beispielsweise Eingangslogistik, Fertigung, Ausgangslogistik und Vertrieb sowie nachgelagerte Dienstleistungen zu einer durchgängigen Lösung verbunden. Diese Verknüpfung macht aber nicht vor den Unternehmensgrenzen halt, sondern bezieht auch Zulieferer, Kunden und andere externe Partner mit ein. Die Wertschöpfungskette transformiert sich zu einem Wertschöpfungsnetzwerk. Dieses besteht aus vielen autonom agierenden Teilnehmern. In einer vollständig umgesetzten Industrie 4.0 sind verschiedene Betriebe, Lieferanten, externe Partner, Kunden und sogar die Stromversorgung einbezogen. Die Verarbeitung von Material-, Energie- und Informationsflüssen kann einheitlich erfolgen. Flexibilität und Ressourceneffizienz werden sich durch die umfassende Vernetzung erheblich zu verbessern. Jedoch stehen diesen hoffnungsvollen Verheißungen noch viele Fragen gegenüber. Die fehlende Standardisierung hinsichtlich der unternehmensübergreifenden Vernetzung oder der Schutz des Wissens bzw. des Eigentums in solchen Szenarien sind Herausforderungen, die bei der Umsetzung bewältigt werden müssen (Kagermann et al. 2013: S. 26 f.).
Zweites Merkmal ist die Durchgängigkeit des Engineerings über die gesamte Wertschöpfungskette. Angestrebt wird eine vollständige Digitalisierung und somit virtuelle Abbildung der realen Welt. Damit könnte über neue Möglichkeiten der Modellierung die zunehmende Komplexität beherrscht werden. Ein durchgehendes digitales System-Engineering wird es Kunden künftig ermöglichen, ihr gewünschtes Produkt aus einzelnen Komponenten und Funktionen selbst zu kombinieren, anstatt auf das vom Hersteller festgelegte Produktportfolio zurückgreifen zu müssen. Ausgehend von den Kundenanforderungen über die Produktarchitektur bis hin zur Herstellung soll der gesamte Wertschöpfungsprozess abgebildet werden. Die Vision besteht in der Produktion individuellen Produkten in der Stückzahl. Der Kunde entwirft sein Produkt quasi selbst. Zentrale Voraussetzung hierfür ist es, Möglichkeiten zur Modellierung zu schaffen, um die zunehmende Komplexität der technischen Systeme beherrschbar zu gestalten. Zudem gilt es, alle an der Fertigung beteiligten Mitarbeiter für eine ganzheitliche Betrachtungsweise zu qualifizieren (Kagermann et al. 2013: S. 35 f.).
Das dritte Merkmal sind vertikale Integration und vernetzte Produktionssysteme. Die verschiedenen Hierarchieebenen im Unternehmen und speziell in der Produktion sollen durch integrierte IT-Systeme vernetzt werden. Es sollen beispielsweise Aktor-, Sensor-, Steuerungs-, Produktionsleit-, Herstellungs- und die Unternehmensplanungsebene zu einer durchgängigen Lösung verknüpft werden. Dadurch wird eine flexiblere und dynamischere Planung und Steuerung der Produktion angestrebt. In der Smart Factory (intelligente Fabrik) sind die Produktionsstrukturen nicht mehr statisch vorgegeben. Stattdessen soll eine fallspezifische Anpassung der Objekte und Abläufe möglich sein. Die einzelnen Komponenten der intelligenten Fabrik tauschen stetig Informationen aus. Dieser Austausch erfolgt in Echtzeit, automatisch und über Hierarchiegrenzen hinweg. Es gilt, eine durchgängige und sichere Infrastruktur zu schaffen. Die Entwicklung modularer Produktionssysteme ist Voraussetzung für die flexible Verwendung der Maschinen. Nicht zuletzt müssen die Betreiber der Maschinen entsprechend qualifiziert werden (Kagermann et al. 2013: S. 35 f.).
Alle drei beschriebenen Merkmale umfassend ist das Charakteristikum der Echtzeit. Die Teilnehmer der horizontal integrierten Wertschöpfungsnetzwerke synchronisieren ihre Daten ständig. So können Produktionsprozesse jederzeit über das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk aktualisiert und nach verschiedenen Kriterien wie Kosten, Verfügbarkeit und Ressourcenverbrauch optimiert werden. Benötigte Daten, wie beispielsweise Kundenanforderungen und daraus abgeleitete Konstruktionsdaten, fließen direkt in die Produktionsvorgänge ein. Die stetige Transparenz ermöglicht es, Entwurfsentscheidungen im Engineering bereits zu einem frühen Zeitpunkt abzusichern. Auch die vertikal vernetzten betriebswirtschaftlichen Prozesse gleichen sich ständig ab und schaffen ein aktuelles Echtzeitabbild der Abläufe in der Fabrik. Für die Produktion bedeutet dies, flexibler auf Störungen reagieren zu können (Kagermann et al. 2013: S. 20).
2.1.3 Industrie 4.0 und Controlling
Aufgrund der von Industrie 4.0 geänderten Produktions- bzw. Wertschöpfungskette ändert sich auch das Controlling, dass durch die steigende Produkt- und Prozessvariabilität flexibler zu gestalten ist. Diese Anpassung ermöglicht es Controllingmitarbeitern, Analysen schneller zu erstellen sowie Handlungsempfehlungen für das Management abzuleiten. Dadurch rücken flexibilisierte Planungs- und Steuerungsansätze stärker in den Vordergrund (Mertens 2015: S. 454). Diese flexibilisierte Steuerung erfordert neue Berichtsarten im Management Reporting (Gronau 2012: S. 21). Für diese flexibilisierte Steuerung ist es daher entscheidend, im Management Reporting adäquat abgebildet zu sein. Die Mehrdimensionalität der Unternehmensziele muss sich im Reporting als das zentrale Steuerungsinstrument wiederfinden (Klein/Gräf 2014: S. 15).
2.2 Grundlagen zu Management Reporting
2.2.1 Informationsmanagement im Unternehmen
Information ist ein Wirtschaftsgut und ein Wettbewerbsfaktor, der über Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen in zunehmend dynamischen Märkten entscheidet. Dazu ist Information ein Produktionsfaktor. Neben den klassischen volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden avanciert Information als vierter Produktionsfaktor zum Kernobjekt unternehmerischen Handelns. Information stellt eine Basisressource unternehmerischen Handelns dar. Durch den Charakter als Basisressource des Handelns stellt Information individuelles Wissen dar, das für die Vorbereitung und Durchführung von Handlungen benötigt wird (Taschner 2013: S. 6 f.). Wissen wird nur zur Information, wenn es einem bestimmten Zweck, wie Vorbereitung und Durchführung von Handlungen, dient (Riempp 2004: S. 58). Die Begriffe Wissen und Information sind in dieser Betrachtung nicht deckungsgleich: Wissen steht für die allgemeine Einsicht des Individuums in die Weltzusammenhänge. Wenn das Wissen in einem für das Individuum bedeutungsvollen Kontext zur Vorbereitung bzw. Durchführung einer konkreten Handlung einsetzbar ist, wird daraus Information. Information stellt zweckorientiertes Wissen dar und ist somit die Teilmenge an Wissen, die ein Subjekt für eine bestimmte Handlung benötigt. Information ist dadurch subjektiv, zweckorientiert und situativ (Taschner 2013: S. 7). Das beschriebene Verständnis von Zweckorientierung ist in Unternehmen typisch und liegt auch dem betriebswirtschaftlichen Konzept der Zweckrationalität zu Grunde (Chwolka 2002: Sp. 723).
Die Deckung der Informationsbedarfe von Aufgaben und Entscheidungsproblemen im Unternehmen ist Angelegenheit des Informationsmanagements. Dieses umfasst alle Führungsaufgaben im Unternehmen, die die organisatorischen, personellen und technischen Voraussetzungen im Unternehmen schaffen und sichern, um eine effektive und effiziente Nutzung der Ressource Information im Unternehmen sicherzustellen. Informationsmanagement ist dabei gekennzeichnet durch die Wahrnehmung typischer Führungsaufgaben (Planen, Organisieren, Treffen von Entscheidungen) bezogen auf die Ressource Information. Die Ressource Information wird somit auf jeden Aufgabenträger und an dessen individuelles Informationsbedürfnis angepasst. Daraus ergibt sich die Aufgabe der Informationsaufbereitung. Je arbeitsteiliger die unternehmerischen Prozesse ablaufen, desto wichtiger wird eine zeitlich und räumlich abgestimmte Verteilung der richtigen Information an die jeweiligen Bedarfsträger. Für die Bewältigung dieser Aufgaben ist die spezialisierte Unternehmensfunktion Controlling verantwortlich (Wall 2006: S. 32).
2.2.2 Definition und Abgrenzung von Management Reporting
Informationsentstehung und Informationsverwendung fallen in Unternehmen zeitlich und organisatorisch auseinander. Zwischen Informationsentstehung und -verwendung sind demzufolge Informationsbereitstellungs- und -übermittlungsvorgänge notwendig (Horváth 2008: S. 17 f.). Die Informationsübermittlung nimmt eine zentrale Rolle im Informationsversorgungsprozess der Unternehmen ein (Taschner 2013: S. 33 ff.). Das zentrale Koordinations- und Kommunikationsinstrument des Controllings im Informationsprozess ist das Berichtswesen, auch als Management Reporting bzw. Reporting bezeichnet. Zur Erläuterung dieses Sachverhalts in der Informationsversorgung sind weiterhin die Begriffe betriebliches Berichtswesen und Berichtswesen gebräuchlich (Horváth 2008: S. 17 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Prozesskette Informationsversorgung (Quelle: Eigene Darstellung)
Zur ersten Abgrenzung des Begriffs wird von der Prozesskette der Informationsversorgung ausgegangen (Abbildung 2). Nach Blohm umfasst das betriebliche Berichtswesen „alle Einrichtungen, Mittel und Maßnahmen eines Unternehmens (…) zur Erarbeitung, Weiterleitung, Verarbeitung und Speicherung von Informationen über den Betrieb und seine Umwelt“ (Blohm 1974: Sp. 1924). Nach dieser Definition werden dem Berichtswesen alle Phasen des Informationsversorgungssystems inklusive aller Einrichtungen, Mittel und Maßnahmen zugeordnet. Göpfert fokussiert das betriebliche Berichtswesen auf „die Erzeugung und die Übermittlung von aussagekräftigen Informationen in Gestalt formalisierter Berichte für Führungskräfte und unternehmensexterner Empfänger“. Sie schließt die aktive Rolle des Informationsnutzers bei der Generierung von „benutzeraktiven“ Berichten als Teil des Berichtswesens mit ein (Göpfert 2006: S. 694). Dagegen sieht Koch die Informationserzeugung nicht als Teilaufgabe des Berichtswesens an, sondern stellt als wesentliche Phase neben der Informationsbereitstellung und -übermittlung die Informationsnutzung in den Vordergrund. Er begründet dies damit, dass die Informations- und Steuerungsfunktion des Berichtswesens nur durch Analyse der Informationsnutzungsphase beim Empfänger herausgearbeitet werden kann. Koch fasst nicht das gesamte Gebiet des Rechnungswesens als Informationserzeugung unter dem Begriff des Berichtswesens zusammen. Nach seiner Definition ist die Schnittstelle der Informationsaufbereitung und -übermittlung zur Informationsnutzung die zentrale Koordinationsaufgabe des Berichtswesens (Koch 1994: S. 53 ff.).
Um Management Reporting hinreichend zu definieren, sind zwei weitere Fokussierungsschritte erforderlich. Erstens können Berichte verschiedene unternehmensexterne und -interne Nutzer haben. Alle Stakeholder wollen (und sollen) Informationen über das Unternehmen erhalten, um im Rahmen ihrer Kompetenzen entscheiden zu können. Management Reporting ist somit der auf den Informationsnutzer Manager gerichtete Teil des Berichtswesens. Ein Manager ist eine Person, die organisatorische Ziele durch den Einsatz der angemessenen Ressourcen erkennt und umsetzt. Zweitens verfolgt Management Reporting konkrete Berichtszwecke. Managementberichte haben die grundlegende Funktion der Unterstützung der Steuerung. Managementberichte erfüllen dabei wesentliche Koordinationsaufgaben zwischen dem Informationsversorgungssystem und dem Planungs- und Kontrollsystem und weiteren Führungsteilsystemen (Gleich/Horváth/Michel 2008: S. 19). Steuerung wird betriebswirtschaftlich als Verhaltensbeeinflussung von Personen und Prozesses definiert. Die Steuerung im Sinne von Durchsetzung der Führung ist zwischen Planung und Kontrolle anzusiedeln (Koch 1994: S. 14).
In der zweiten Abgrenzung des Begriffs Management Reporting wird von dem Adressaten- bzw. Nutzerkreis der Information ausgegangen. Diese Abgrenzung wird grundlegend in unternehmensexterne oder unternehmensinterne Adressaten von Information unterteilt. Die internen Adressaten unterteilen sich weiter in Nutzer mit Führungsaufgaben und Nutzer, die Ausführungsaufgaben wahrnehmen (Taschner 2013: S. 36).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Abgrenzung nach Adressaten und Nutzerkreis (Quelle: Eigene Darstellung)
Zusammenfassend wird der Begriff Management Reporting definiert als der Teil des betrieblichen Berichtswesens, der die Aufgabe hat, das Management für Steuerungszwecke im Rahmen des Planungs- und Kontrollprozesses mit Informationen in Gestalt von Berichten zu versorgen (Gleich/Horváth/Michel 2008: S. 20; Kammer 2007: S. 70).
2.2.3 Management Reporting als Teil des Controllings
Controlling weist eine Führungs- und Querschnittsfunktion im Unternehmen auf. Die Führungsfunktion beinhaltet die Koordination der Planung, Steuerung und Kontrolle des Handelns einer Unternehmung. Als Führungsfunktionen zählen die Geschäftsführung, das Controlling, das Risikomanagement und die Organisation. Eine Querschnittsfunktion ist nicht auf einen spezifischen Bereich oder eine Abteilung begrenzt, sondern betrifft alle Unternehmensfunktionen. Als Querschnittsfunktion greift das Controlling in alle Kernfunktionen, wie Beschaffung, Produktion und Vertrieb, sowie in alle Unterstützungsfunktionen, wie Verwaltung, IT, Personal, Qualitätsmanagement oder Kommunikation, ein (Gaitanides 2012: S. 65 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Führungs-, Leistungs- und Unterstützungsprozesse im Unternehmen (Quelle: Eigene Darstellung)
Controlling ist ein funktionsübergreifendes Steuerungskonzept mit der Aufgabe der ergebniszielorientierten Koordination von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung (Horvath 2016: S. 96). Hierunter ist die Abstimmung von Informationsverwendung und Informationsbeschaffung im Rahmen der Führung im Hinblick auf das Ergebnisziel zu verstehen (Müller 1974: S. 683-693). Planung und Kontrolle gehören zu den zentralen Führungsfunktionen wie auch die Informationsversorgung der Führung eine ebenso eigenständige Aufgabe ist. Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung werden im Controlling ergebniszielorientiert aufeinander abgestimmt (Horvath 2016: S. 96). Im Management Reporting wiederum werden die Aufgaben der Informationsversorgung sowie der Planung und Kontrolle im Controlling aufeinander abgestimmt (Horvath 2008: S. 20).
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Abbildung 5: Controllingsystem (Quelle: Eigene Darstellung)
Das Controllingprozessmodell der International Group of Controlling (IGC) beschreibt den Geschäftsprozess des Controllings. Es umfasst zehn Controllinghauptprozesse (Abbildung 6) Jeder Controllinghauptprozess ist durch eine eigene Zielfestlegung, Planung und Steuerung in die Führungsprozesse des Unternehmens integriert (IGC 2012: S. 15 ff.).
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Abbildung 6: Controlling Hauptprozesse der International Group of Controlling (IGC) (Quelle: Eigene Darstellung)
Die Definition des Management-Reportingprozesses anhand der IGC lautet: „Das Management Reporting liefert zeitnah empfängerbezogen entscheidungsrelevante Informationen für die Steuerung des Unternehmens im Sinne von Zielbezug/-erreichungsgrad. Finanzielle und nichtfinanzielle Informationen werden in den Dimensionen Ist, Ist Vorjahr, Plan und Forecast in Form von regelmäßigen Standard sowie Ad-hoc-Berichten zur Verfügung gestellt. Basierend auf Abweichungsanalysen und Zielerreichungsprognosen werden konkrete Vorschläge zur Gegensteuerung mit dem Management erarbeitet. Gegenstände sind u. a. GuV, Managementerfolgsrechnung, Bilanz, Cashflow, Umsatz, Kosten, Ergebnis, Investitionen, Projekte, Mengen, Kapazitäten und Mitarbeiter, bezogen auf die Management-Einheit im Unternehmen“ (IGC 2012: S. 42 ff.).
2.2.4 Ziele des Management Reportings
Ziel des Management Reportings ist es zum einen, alle für die Planung und Kontrolle benötigen, zweckbezogenen Informationen mit dem notwendigen Genauigkeits- und Verdichtungsgrad am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen. Folgernd daraus ist als Hauptzweck des Management Reportings die Steuerung bzw. die Unterstützung der Unterstützung der Steuerung festgelegt (Horvath 2016: S. 225).
Informationen, die die Grundlage für Planungs- und Steuerungszecke bilden, haben Steuerungsrelevanz. Die Informationen sind vergangenheits- und zukunftsbezogen. Hiernach werden Unternehmenspläne exemplarisch über das Produktprogramm auf Basis erwarteter Absatzmengen, Kosten und Erlösen erstellt. Dazu werden Maßnahmen zur Steuerung des Unternehmens festgelegt und abgestufte Absatzziele und -pläne erstellt. Die Steuerung dient zur Plandurchsetzung und Verhaltensbeeinflussung der Berichtsempfänger des Management Reportings. Durch Setzung von Unter- und Obergrenzen in den Umsatzzielen und -plänen werden Handlungsrahmen festgelegt. Hierdurch werden Manager und leitende Angestellter motiviert, ihre Entscheidungen an den Zielen des Unternehmens und der Geschäftsführung auszurichten (Friedl 2013: S. 4).
Die für Kontrollzwecke erstellte Berichtsinformationen haben Steuerungsrelevanz und unterstützen die Verhaltenssteuerung. Die Kontrolle stellt mit der Planung und der Steuerung innerhalb des Steuerungszyklus eine wechselseitige Beziehung her. Es werden Planvorgaben (z. B. Umsatzgrößen) mit realisierten Größen verglichen und mögliche Ursachen für Abweichungen herausgearbeitet. Die Verhaltenswirkung von Kontrollinformationen wirkt auf den direkten Nutzer der Information sowie auch auf verantwortliche Beteiligte im vorgelagerten Informationsprozess des Unternehmens und erhöht die Qualität der zweckbezogenen Information (Taschner 2012: S. 58).
2.2.5 Konzeptansatz des Management Reportings
Es gibt mehrere Reportingkonzepte, um ein konsequentes Management Reporting zu verwirklichen. Für die vorliegende Arbeit bietet sich das Konzept des Reportinghauses nach Horváth an, da es die Elemente eines Reportings versinnbildlicht, wie sie idealtypisch sein sollten (Abbildung 7). Es zeigt an, dass betriebswirtschaftliche Elemente das Konzept wirkungsvoll gestalten können. Die Technik bildet dabei das Fundament. Die fachlichen bzw. betriebswirtschaftlichen Konzepte beeinflussen das Reporting. Daher ist Ausgangspunkt dieses Konzepts das Dach des Reportinghauses. Es überwölbt die Strategie und die Steuerungslogik des Unternehmens. Die Steuerungslogik definiert alle erforderlichen Parameter der Unternehmenssteuerung und bildet den Rahmen zur Gestaltung des Reportings. Dadurch wird die Erstellung und Abstimmung der Berichte durch einen Mindeststandard für Inhalte und Verantwortlichkeiten leichter und wirtschaftlicher. Die vier Säulen des Hauses beinhalten die Berichtsobjekte, Berichtsinhalte, Visualisierung und Präsentation sowie Prozesse und Organisationen. Die Umsetzung des Reportingkonzepts erfordert eine angemessene IT-Unterstützung und Standards für die Datenlieferung, -bearbeitung und -bereitstellung sowie zur Erstellung, Kommentierung und Verteilung der Berichte (Klein/Gräf 2014: S. 30 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Das Reportinghaus (Quelle: Eigene Darstellung)
2.2.5.1 Steuerungs logik als Ausgangsbasis
Die Umsetzung und Darstellung strategischer Maßnahmen erfordert ein Instrumentarium, das eine effektive Implementierung unterstützt und die Zielerreichung für das Management fortwährend transparent gestaltet. Daher sind diese Inhalte und Prozesse an einer klar definierten Steuerungslogik auszurichten, um ein effizientes Management Reporting zu ermöglichen (Klein/Gräf 2014: S. 31). Die Steuerungslogik beinhaltet die Ausrichtung des Unternehmens und dessen Teilbereiche auf eine oder mehrere wirtschaftliche Zielgrößen bzw. Spitzenkennzahlen. Sie leiten sich aus der Strategie des Unternehmens zur operativen Steuerung ab. Hierbei werden die Unternehmensziele, Maßnahmen und die für die Unternehmenssteuerung notwendigen finanziellen und nicht-finanziellen KPI-Treiberbäume definiert und operationalisiert. Eine integrierte Steuerungslogik ist eine Grundvoraussetzung, um die benötigten Zahlen und Auswertungen zu erhalten, die dabei unterstützen, den Erfolg des Unternehmens langfristig zu sichern (Kroll/Kittelberger 2014: S. 192).
Der Kern der Steuerungslogik bildet ein individuell erarbeitetes Kennzahlensystem des Unternehmens. Im Mittelpunkt steht das Geschäftsmodell, das erklärt, wie das Unternehmen Ressourcen einsetzt, um daraus einen hohen Nutzen für seine Kunden zu schaffen und Gewinne zu erwirtschaften. Zur Darstellung der Ermittlung unternehmensspezifischer KPIs und Kennzahlen für die Steuerung und für das Management Reporting werden im Folgenden die Auswahl der Spitzenkennzahl, die finanziellen Steuerungsgrößen, geschäftsmodellspezifische Wertreiber und KPIs sowie externe Kennzahlen für Benchmarking und Früherkennung erläutert (Klein/Gräf 2014: S. 33 f.).
2.2.5.1.1 Auswahl der Spitzenkennzahl
Die Spitzenkennzahl wird auf Basis von Einflussfaktoren wie Marktsituation, Kapitalstruktur, Produktionsfaktoren oder Strategie bestimmt. Die Marktsituation im deutschen Maschinenbau fordert eine Transparenz der Kapitalstruktur für Investoren. Die Kennzahl lässt sich aus den Daten des Rechnungswesens (Gewinn und Verslustrechnung sowie Bilanz) berechnen. Aus den genannten Gründen wird als Spitzenkennzahl der Economic Value Added (EVA) erläutert (Taschner 2013: S. 112).
Der EVA wurde von der Beratungsgesellschaft Stern Stewart & Co. entwickelt und wird seit einigen Jahren zur Steuerung mittelständischer Unternehmen angewendet. Dazu dient der auf dem Residualgewinnansatz basierende EVA der Performance Messung, weshalb er sich als Leistungsindikator und Anreizsystem für Bereichsverantwortliche eignet. Zur Berechnung des EVA werden folgende Komponenten benötigt:
- die Gewinngröße operatives Ergebnis vor Finanzierungskosten und nach Steuern (Net Operating Profit After Taxes − NOPAT)
- der betriebsnotwendige Kapitaleinsatz (Economic Book Value − EBV)
- der gewichtete Kostensatz für Eigen- und Fremdkapital (Weighted Average Cost of Capital − WACC) (Klein 2015: S. 32 f.).
2.2.5.1.2 Finanzielle Steuerungsgrößen
Nach Auswahl und Definition der Spitzenkennzahl wird das finanzielle Steuerungsmodell aufgebaut. Dies erfolgt durch die rechnerische Konkretisierung der Spitzenkennzahl entlang greifbarer Strukturen wie der Gewinn und Verlustrechnung oder der Deckungsbeitragsrechnung (Klein/Gräf 2014: S. 33). Die finanziellen Steuerungsgrößen in der Maschinenbauindustrie basieren auf der Umsatz und Ertragsentwicklung sowie der Vermögenslage des Unternehmens. Die wichtigsten Steuerungsgrößen sind der EBIT, der ROCE, der Umsatz, der operative Free Cashflow und die Eigenkapitalquote (ElringKlinger AG 2016: S. 56 ff.).
2.2.5.1.3 Geschäftsmodellspezifische Werttreiber und KPIs
Die geschäftsmodellspezifischen Wertreiber stellen die durch das Management auf allen Organisationsebenen beeinflussbaren Faktoren für das Unternehmensergebnis dar. Im Gegenzug zu den finanziellen Steuerungsgrößen, die innerhalb einer Branche unternehmensübergreifend gleich sind, werden diese aus den Unterschieden in den Geschäftsmodellen individuell ermittelt. Die Wertreiber werden in Branchen- und Geschäftsmodellspezifika sowie Funktions- und Prozessspezifika unterschieden. Zu den Branchen- und Geschäftsmodellspezifika zählen die Werttreiber. Zu den Funktions- und Prozessspezifika zählen die Kernbereiche Produktion, Logistik und Vertrieb (Klein/Gräf 2014: S. 33 f.).
Die Ermittlung der geschäftsmodellspezifischen Wertreiber und KPIs ist der zentrale Schritt, um das Geschäftsmodell in der Steuerungslogik abbilden zu können, und sie werden für jedes Unternehmen individuell und klar definiert. Beispielsweise wird definiert, welches Kundensegment über welche Kanäle mit welchem Ertragsmodell zu welchen Kosten bedient werden soll, um daraus die passenden Stellhebel abzuleiten. Für jeden Wertreiber werden die richtigen Kennzahlen definiert, die anschließend mit den finanziellen Steuerungsgrößen in Verbindung zu bringen sind. Dadurch wird sichergestellt, dass jede Kennzahl über Steuerungsrelevanz verfügt und zum Unternehmenserfolg beiträgt (Kroll/Kittelberger 2014: S. 192 f.).
2.2.5.1.4 Externe Kennzahlen für Benchmarking und Früherkennung
Zum Abschluss werden externe Indikatoren hinzugefügt. Sie ermöglichen eine genauere Beurteilung der eigenen Leistung und dienen als Frühwarnindikatoren bzw. schwache Signale für kommende Veränderungen. Chancen und Risken werden somit früher erkannt. Die Kennzahlen stammen aus der Umweltanalyse im strategischen Managementprozess des Unternehmens (Klein/Gräf 2014: S. 34).
2.2.5.2 Berichtsempfänger und -objekte
2.2.5.2.1 Ableitung der Reportingobjekte
Reportingobjekte sind die zentralen Steuerungsobjekte des Management Reportings, die sich aus der Steuerungslogik ableiten. In der Steuerungslogik werden hierfür mehrdimensionale Ziele definiert (z. B. finanzielle Ziele, Markt, Kunden, Prozess, Qualität) (Gleich et al. 2008: S. 49).
2.2.5.2.2 Die Reportingobjekte
Die Reportingobjekte in der Unternehmung werden hierarchisch strukturiert. Die Gliederung ergibt ein Gesamtmodell, in dem Daten aus allen Unternehmensbereichen zusammengefasst werden. Das Modell weist eine pyramidale Struktur auf, an deren Spitze der Konzern bzw. die Unternehmensgruppe steht und die sich dann in verschiedene Unternehmensdimensionen bis zur Grundfläche gliedert (Abbildung 8).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Die Reportingpyramide (Quelle: Eigene Darstellung)
Reportingobjekt: Gruppe/Konzern/Gesamtunternehmen
Die höchste Aggregationsebene im Management Reporting ist die des Objekts „Konzern/Gruppe/Gesamtunternehmen“. Ansprechpartner auf dieser Ebene ist die oberste Managementebene, bestehend aus Vorständen, Topmanagement, Aufsichtsräten, Gesellschaftern oder der Geschäftsführung. Die zentrale, vordergründliche Zielsetzung auf dieser Ebene ist die Konsolidierung der Teilbereiche einer Unternehmung oder eines Konzerns (Bea/Schweitzer 2009: S. 398).
Auf dieser Ebene ist der Aggregationsgrad der Informationen hoch. Es stehen wertorientierte Größen wie der Economic Value Added (EVA) oder der Cash Value Added (CVA) im Blickpunkt. Ein Eingriff in die strategische oder operative Geschäftsführung erfolgt nicht (Kammer 2005: S. 23 f.).
Reportingobjekt: Regionen/Produkte/Länder/Märkte/Kunden
Die Reportingobjekte „Regionen/Produkte/Länder/Märkte/Kunden“ zielen auf markt- und kundenorientierte Betrachtungsweisen innerhalb des Management Reportings. Liegt z. B. die strategische Ausrichtung einer Unternehmung in der Internationalisierung, so wird die Unternehmenssteuerung nach regionalen Standpunkten durchgeführt und daraus folgend das Objekt Region als primäres Steuerungsobjekt im Berichtswesen integriert. Eine Diversifikationsstrategie dagegen nimmt Produkte und Kunden in das Zentrum des strategischen Handelns. Die primären Steuerungsobjekte sind hierbei entsprechend die Produkte, Produktgruppen bzw. Kunden und Kundengruppen (Eli 2014: S. 13 f.). Bei mittelständischen Unternehmen in der Maschinenbauindustrie ist die hierarchische Verankerung von Reportingobjekten noch nicht ausgereift. Doch aufgrund der zunehmenden Komplexität der Organisationen und ihrer Umwelt ist eine solche Verankerung empfehlenswert und sinnvoll (Gleich et al. 2008: S. 54).
Reportingobjekt: Funktionen/Abteilungen
Neben den marktorientierten Reportingobjekten existieren die prozessual auf den Leistungsprozess ausgerichteten Objekte, etwa Abteilungen oder Funktionsbereiche, die nach ihrem Verantwortungsbereich abgegrenzte werden. Die Gliederung in Funktionsbereiche erfolgt auf der zweiten oder dritten Hierarchieebene unterhalb der Unternehmensführung. Kleine und mittelständische Unternehmen werden z. B. in die Bereiche Forschung & Entwicklung (F&E), Produktion, Marketing & Vertrieb oder Verwaltung unterteilt (Bühner 2004: S. 132 f.). Abteilungen und Funktionsbereiche werden als Cost oder Service Center geführt (Bühner 2004: S. 132 f.). Die Berichtsempfänger sind Abteilungs- und Fachbereichsleiter sowie auch Mitglieder der Geschäftsführung (Gleich et al. 2008: S. 55 f.).
Reportingobjekt: Prozesse/Value Chain
Das Reportingobjekt fokussiert die Aktivitäten eines Unternehmens entlang der Wertschöpfungskette (Value Chain). Dabei liegt eine ganzheitliche Strategie dahinter, wobei die Ausrichtung des Unternehmens auf Kunden und Märkte ebenso die Fokussierung auf Prozesse für eine nachhaltige Ergebnissicherung und Ergebnissteigerung sorgt (Hammer/Champy 2006: S. 52 f.).
Ein Prozess definiert sich als ein auf die Erbringung eines Leistungsoutputs ausgerichtete Kette von Aktivitäten. Es werden zwei Arten unterschieden: Prozesse innerhalb einer Funktion und funktionsübergreifende Prozesse. Der Schwerpunkt funktionsübergreifender Prozessketten liegt auf den gesamten Geschäftsprozessen des Unternehmens. Ebenso kann die Prozessorientierung als Steuerungskonzept auf unterschiedliche Managementebenen ausgerichtet sein. Im Rahmen eine Balanced Scorecard ist z. B. die Prozessorientierung als vierte Managementperspektive integriert. In Managementkonzepten, wie dem Total-Quality-Management, dem EFQM-Modell oder dem Supply-Chain-Management, ist eine Prozessorientierung integriert (Fink 2013: S. 37 f.).
2.2.5.3 Berichts inhalte
Die 2. Säule im Reportinghaus beschreibt die Kriterien für die richtigen Inhalte der Berichte unter Beachtung der Steuerungslogik. In Relation zur betrachteten Steuerungsebene werden für jede Empfängergruppe die Kennzahlen zur Messung der Unternehmensleistung ausgewählt und vorbereitet. Basis für die Auswahl sind die im Rahmen des Kennzahlenmodells definierten Steuerungskennzahlen sowie die entsprechenden Berichtsobjekte (Gräf/Klein 2014: S. 36).
Die Aufgabe des Management Reportings besteht darin, die richtigen Filter zur Auswahl der relevanten Kennzahlen und deren Priorisierung zu identifizieren. Daher stellt die richtige Ausgewogenheit zwischen möglichst vollständiger Abbildung der wesentlichen Unternehmensspezifika und der steuerungsoptimalen Informationsmenge bei der Selektion der Berichtsinhalte einen Erfolgsfaktor dar. Um die Berichtsinhalte zu erhalten, werden Merkmale wie Informationsgegenstände, Informationsarten, Informationsstruktur, Informationsbezug, Informationsverdichtung und Informationsherkunft zur Darstellung ermittelt (Weber et al. 2005: S. 23).
Die Informationsstruktur umfasst die Strukturierung der Informationen, die der Nutzer die relevanten Informationen zueinander in Bezug bringen kann. Dazu wird die redundante Darstellung von Daten kontrolliert und verhindert. Ziel ist es, Störungen durch Wiederholung im Kommunikationsprozess abzuwehren. Zur Berücksichtigung und Sicherstellung der Steuerung über alle relevanten Unternehmensebenen hinweg wird das Managementreportingkonzept durchgängig und konsistent strukturiert. Dazu wird das Konzept in einer pyramidalen Struktur abgebildet. Hier finden sich dann die relevanten Berichtsinhalte in den Unternehmensebenen wieder (siehe Kapitel 2.2.5.2.2).
Die in einem Bericht erfassten Sachverhalte werden als Informationsgegenstände bezeichnet. Dazu zählen z. B. Unternehmenseinheiten oder Umweltausschnitte (Weber/Schaier/Strangfeld 2005: S. 23). Informationsgegenstände beschreiben vergangene oder zukünftige Sachverhalte, Personen oder materielle bzw. immaterielle Güter der Realität, die im Bericht dargestellt werden (Koch 1994: S. 61). Informationsgegenstände treffen Aussagen über innerbetriebliche oder außerbetriebliche Objekte und Bereiche, z. B. Märkte, Produkte, Kunden, Wettbewerber, Unternehmensbereiche, die gesamte Unternehmung (Taschner 2012: S. 47).
Unter Informationsbezug wird der Vergleich von Aussage- bzw. Informationsarten sowie der Vergleich mit der jeweiligen Herkunft verstanden. Vergleichsinformationen werden den Aussagen hinzugefügt, um den Aussagegehalt der Informationen zu erhöhen. Vergleichsinformationen stammen aus vergangenen, aktuellen oder zukünftigen Perioden, anderen Bereichen, Unternehmungen bzw. Branchen. Bezugsgrößen der faktischen Information sind Prognose-, Plan- und Vergangenheitswerte (Ist/Ist, Ist/Soll, Ist/Wird- und Soll/Wird-Vergleiche). Dazu werden konjunktive Informationen, z. B. Szenarioanalysen, sowie externe Informationen, z. B. Marktwachstum, als Bezugsgrößen eingesetzt (Küppers 2013: S. 237).
Die Informationsverdichtung bezeichnet eine rationale Wissenszusammenfassung mit dem Ziel, den für eine Problemlösung relevanten Informationsbedarf herauszufiltern, damit den einzelnen Ebenen der Unternehmenshierarchie die jeweils relevanten Informationen in konzentrierter und klassifizierter Form zur Verfügung gestellt werden können. In welcher Art und in welchem Grad verdichtet wird, hängt von den Informationsempfängern sowie dem Informationsziel ab. Für höhere Hierarchieebenen, wie z. B. das Management, sind stärker verdichtete Berichte, wie z. B. ein Management-Cockpit, notwendig (Küppers 2013: S. 238 f.).
Bezogen auf das Management Reporting sind die entsprechenden Berichte bislang zu stark auf finanzielle Ergebnisse ausgerichtet. So nehmen Controller und Manager nur finanzielle Informationen (GuV, Umsätze und Kosten) im Management Reporting wahr. Der Blick allein auf das Ergebnis ist für eine Steuerung jedoch nicht ausreichend. Es werden über das Ergebnis hinausreichende finanzielle Informationen wie z. B. Working Capital, Liquidität, Wachstum und Wertsteigerung bei einem Drittel der in der KPI Studie untersuchten. Dazu werden steuerungsrelevante Einflussgrößen aus den Funktionen (z.B. Vertrieb oder Produktion) nicht berücksichtigt (Horváth & Partners 2013: S. 9).
2.2.5.4 Visualisierung und Präsentation
In der 3. Säule des Reportinghauses wird die Kommunikation der Berichtsinhalte durch Visualisierungs- und Präsentationstechnik beschrieben. Die Wahl des Layouts bietet zum einen ein ansprechendes Layout und zum anderen stellt es sicher, dass der Empfänger die richtigen Schlüsse zieht. Hierbei ist zu beachten, dass die Aufbereitung von Kennzahlen den wahrgenommenen Inhalt beeinflusst. Daher hat sich die formale Gestaltung der Inhalte am Empfänger und nicht an den technischen Möglichkeiten zu orientieren (Gräf/Klein 2014: S. 37).
Formale Inhalte
Nachdem die Inhalte eindeutig abgestimmt sind, wird die Frage geklärt, wie diese Inhalte dargestellt werden. Durch die formalen Merkmale wird die Effizienz (Verhältnis Mittelinstanz zu erzieltem Output) und die Effektivität des Management Reportings (Beitrag zur Zielerreichung) beeinflusst. Demnach fällt der Schwerpunkt der Erstellung der Berichte auf die optimale Gestaltung und darauf, wie berichtet wird. Die zentralen formalen Merkmale im Management Reporting sind die Darstellungsform und die Art der Erstellung. Wesentliche Darstellungsformen sind verbale, tabellarische und graphische Elemente in Berichten. Für die allgemeine Darstellung ist das Layout des Berichts der bedeutendste Aspekt (Taschner 2012: S. 50 f.).
Verbale Darstellungsformen werden für qualitative Sachverhalte verwendet, da sie flexibel einsetzbar sind. Die Inhalte werden klar formuliert, um Verständnisschwierigkeiten zu beseitigen und dem Berichtsempfänger Interpretationen zu erleichtern. Im Management Reporting werden Textinformationen als Unterstützung von Tabellen und Graphiken verwendet. Die Einsatzgebiete von Textinformationen sind (Bissantz et al. 2010: S. 450).
Tabellen enthalten einen Zahlen- und einen Textteil. Sie ermöglichen die strukturierte Wiedergabe einer großen Datenmenge in übersichtlicher und vergleichender Form. Datenreihen sind geeignete Materialien für die Darstellung in Tabellenform (Taschner 2012: S. 149).
In graphischen Formen werden die Inhalte und Informationen schneller aufgenommen und jene übersteigen die Aussagekraft von Tabellen. Die Aufnahme und Verarbeitung von Bildern erfordert eine geringe Anstrengung. Eine graphische Aussage im Management Reporting ist in ihrer Basis immer ein Vergleich. Den graphischen Informationsvergleich unterscheidet Zelazny in fünf Aussage- bzw. Vergleichsarten: Strukturvergleich, Rangfolgenvergleich, Zeitreihenvergleich, Häufigkeitsvergleich und Korrelationsvergleich (Zelazny 2015: S. 43).
2.2.5.5 Prozesse und Organisation
Die 4. Säule beschäftigt sich mit der Gestaltung der Berichtsprozesse und deren Organisation. Nach der Studie von Horváth & Partners schätzen 30 % der befragten Unternehmen die für das Reporting eingesetzten Mitarbeiterressourcen als zu hoch ein. Daher ist es das Ziel der in der 4. Säule implementierten Aufgabenbereiche, die Effizienz im Berichtswesen durch Optimierung der Prozesse und der Organisation zu steigern (Gräf/Klein 2014: S. 39).
2.2.5.5.1 Zeitliche Merkmale
Die zeitliche Komponente ist ein kritischer Erfolgsfaktor des Management Reportings. Sie unterteilt sich in die Merkmale Berichtszeitraum, Berichtstermin, Rechtzeitigkeit und Dauer des Reportingprozesses (Taschner 2012: S. 49). Der Berichtszeitraum umfasst das zeitliche Periode, die sich auf die Berichtsinformation bezieht. Im Management Reporting werden Wochen-, Monats-, Quartals- und Jahresberichte erstellt. Die Berichtstermine geben schließlich an, ob Berichte regelmäßig oder unregelmäßig erscheinen und wie lange nach Ablauf der beachteten Periode der Bericht vorliegt (Küpper 2013: S. 239). Je eiliger ein Reportingprozess durchlaufen wird, desto weniger Zeit liegt zwischen der Erstellung des Informationsbedarfs und der Befriedigung durch zur Verfügung gestellte Berichtsinformationen. Die Dauer des Reportingprozesses ist von der Komplexität, den Inhalten, der nötigen Genauigkeit, der Berichtsform und den Quellsystemen der Information abhängig. Um das Tempo des Prozesses zu erhöhen, sind alle genannten Anforderungen der gesamten Gestaltungsdimensionen auf Reduzierungspotentiale hin zu untersuchen (Taschner 2012: S. 50).
2.2.5.5.2 Personale Merkmale
In personaler Hinsicht gehören zu den Berichten im Management Reporting ein Ersteller (Sender) und ein Nutzer (Adressat). Beide können sich aus jeweils einer einzelnen Person oder mehreren Personen zusammensetzen (Küpper 2013: S. 239).
Zunächst ist zu klären, wer Ersteller der Berichtsinformationen ist. Das Management Reporting ist fester Aufgabenbestandteil der Funktionsbereiche betrieb¬liches Rechnungswesens, z. B. Controlling oder Finanzbuchhaltung, sowie von Unterstützungsfunktionen, wie z. B. IT-Abteilung, Qualitätsmanagement oder interne Revision.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Mit Berichtserstellung befasste Organisationseinheiten (Quelle: Eigene Darstellung)
Anschließend ist zu klären, wer Nutzer der Informationen und damit Adressat ist. Im Management Reporting schränkt sich die Informationsversorgung auf die unternehmensinternen Zielgruppen mit Führungsaufgaben ein. Führungsaufgaben bezeichnen Aufgaben, die eine zielbezogene Einflussnahme auf das Verhalten anderer Menschen beabsichtigen (Rosenstiel 2006: S. 355). Führungsaufgaben üben Teamleiter, Abteilungsleiter, Bereichsleiter und Vorstandsmitglieder aus. Sie zählen zum Nutzerkreis des Management Reportings (Hoffmann 2002: S. 157).
2.2.5.6 Technologie und IT-Systeme
Aus den Inhalten der Steuerungslogik, den einzelnen Säulen des Reportinghauses und den Informationsprozessen leitet sich ein Technologiebaustein ab, der die operativen und analytischen Informationssysteme in eine Data-Warehouse- bzw. Business-Intelligence-Architektur integriert. Dafür dient ein logischer, zentraler Datenspeicher (Data Warehouse − DWH), der als Lieferant für Business-Intelligence-Werkzeuge, z. B. die Benutzung eines multidimensionalen Datensilos zur analy¬tischen Datenauswertung, bzw. Anwendungsformen dient. Diese Architektur wird als Hub and Spoke DWH bezeichnet (vgl. Abbildung 10).
Eine Aggregation der Informationen ist z. B. in Richtung der Anwendergruppen, der Hierarchieebenen, der Produkte oder der Unternehmensfunktionen möglich. Daher ist im Zusammenhang mit der Auswahl und Zuordnung von Werkzeugen und Produkten eine Verbindung der Wertschöpfungskette mit dem Entscheidungsprozess sinnvoll (Abbildung 15).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Schichtenmodell (Quelle: Eigene Darstellung)
Abbildung 10 sind zwei Herausforderungen zu entnehmen: Die Daten müssen zunächst von der Entstehung zum Entscheidungsträger befördert werden, um sie anschließend in Entscheidungssituationen nutzen und auswerten zu können.
[...]
- Citar trabajo
- Dennis König (Autor), 2019, Industrie 4.0 im Management Reporting von KMU. Steuerungsinstrumente in kleinen und mittleren Unternehmen der Maschinenbauindustrie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455175
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