Diese Studie über die Bedeutung von sozialem Netzwerk und formellen und informellen Beziehungen im Betreuten Wohnen soll anhand einer Stichprobe mögliche Zusammenhänge zwischen informellen und formellen Beziehungen und andere Determinannten anzeigen. Bei dieser Studie wird auch die Verknüpfung von sozialem Netzwerk, sozialen Beziehungen und sozialer Unterstützung dokumentiert.
Zunächst wird in einem Umriss der theoretische Hintergrund von sozialen Netzwerken und den damit verbundenen sozialen Beziehungen erarbeitet. Weiter legt diese Studie die Besonderheit des Betreuten Wohnens und seine soziologischen Aspekte da. Es soll deutlich gemacht werden, wie sich das soziale Netzwerk der Bewohner durch den Einzug in das Betreute Wohnen verändert. Mögliche Auswirkungen werden dargestellt. Merkmale des sozialen Netzwerkes und seine Leistungen werden aufgeführt und die daraus resultierenden formellen und informellen Beziehungen deutlich gemacht. Mit dem sozialen Netzwerk und den sozialen Beziehungen ist die soziale Unterstützung verbunden. Dazu werden die Formen dieser Unterstützung und ihre Wirkungsweise dargestellt. Erhaltene und geleistete Unterstützung werden analysiert. Weiter wird die Durchfühung der Befragung erläutert, wobei objektive und subjektive Daten erarbeitet werden. In der Studie werden die Ergebnisse der Befragung ausgewertet und interpretiert. Trotz der eingeschränkten Generalität wird die Studie Erkenntnisse geben, die bei weiteren Arbeiten von Wichtigkeit sein können.
Gliederung
1. Alter und Betreutes Wohnen
1.1 Das soziale Netzwerk
1.2 Gründe für den Einzug in das Betreute Wohnen
1.3 Die Konzeption der Studie
2. Betreutes Wohnen
2.1 Die Bedeutung des objektiven Kontextes
2.1.1 Anforderungen an Räumlichkeiten und Wohnumfeld
2.1.2 Dienstleistungen im Betreuten Wohnen
2.1.3 Die Rolle des Personals
2.2 Die sozialökologischen Aspekte des Betreuten Wohnens
2.2.1 Interaktionsmöglichkeiten
2.2.2 Gruppenbildung und institutionelle Kontrolle
3. Das soziale Netzwerk
3.1 Merkmale sozialer Netzwerke
3.2 Netzwerkgröße
3.3 Leistungen des sozialen Netzwerkes
4. Formelle und informelle soziale Beziehungen
4.1 Informelle Beziehungen
4.2 Formelle Beziehungen
5. Soziale Unterstützung
5.1 Formen sozialer Unterstützung
5.2 Wirkungsweisen formeller und informeller Unterstützung
5.3 Zusammenhang von geleisteter und erhaltener Unterstützung
6. Theoretischer Hintergrund zur Erklärung von sozialen Netzwerken sowie formellen und informellen Beziehungen
6.1 Disengagement- und Aktivitätstheorie
6.2 Ressourcentheorie und Kompetenzmodell
6.3 Austauschtheorie
6.4 Confidant-Beziehung
6.5 Hierarchisch-kompensatorisches Netzwerkmodell und Funktionale Spezifität
7. Methodische Grundlagen der Studie
7.1 Fragestellung
7.2 Daten
7.3 Kodierverfahren
7.3.1 Offenes Kodieren
7.3.2 Axiales Kodieren
7.3.3 Selektives Kodieren
8. Auswertung
8.1 Die objektive Befragung
8.2 Die subjektive Befragung
8.2.1 Fragestellungen und Hypothesen
8.2.2 Kriterien des Fragebogens
8.2.2.1 Fragenkomplex nach B. Mayer
8.2.2.2 Aktivitätsressourcen
8.2.3 Ergebnisse
8.2.3.1 Fragen zur Person und Wohnsituation
8.2.3.2 Fragen zur Gesundheit
8.2.3.3 Das soziale Netzwerk im Betreuten Wohnen
8.2.3.4 Hilfeerwartungen und Hilfsdienste
8.2.3.5 Aktivitäten
8.2.4 Zusammenhänge bei formellen und informellen Beziehungen
8.2.4.1 Zufriedenheit und formelle und informelle Beziehungen
8.2.4.2 Qualität formeller und informeller Beziehungen
8.2.4.3 Zusammenhänge zum sozialen Netzwerk
8.2.4.4 Weitere Auswertungen
9. Interpretation
9.1 Formelle und informelle Beziehungen unter dem Aspekt der emotionalen Einsamkeit
9.2 Soziale Beziehungen: Kontakte und wichtige Personen
9.3 Unterstützung als informelle und formelle Beziehung
9.4 Befunde zum sozialen Netzwerk außerhalb und innerhalb des Betreuten Wohnens
9.5 Befunde zu den theoretischen Grundlagen
9.6 Formelle und informelle Beziehungen
10. Vergleich und Zusammenfassung
10.1 Vergleich
10.2 Zusammenfassung
10.3. Resümee
Literaturverzeichnis
Anhang
Fragebogen 1
Fragebogen 2
Bilddokumentation
Das soziale Netzwerk im Betreuten Wohnen. – Eine empirische Studie formeller und informeller Beziehungen.
1. Alter und Betreutes Wohnen
Der Mensch erfährt heute im Alter einen Wandel in der Gestaltung seiner Lebenslage, der sich von seiner bisherigen sozialen Situation stark unterscheidet. Wurde bisher die Versorgung von unterstützungsbedürftigen alten Menschen noch im hohem Maße durch die Familienangehörigen erbracht, so ziehen es die Betroffenen immer öfter vor, an Stelle der Hilfe von Verwandten Dienstleistungen von Institutionen – Altenheime, Einrichtungen des Betreuten Wohnens, Pflegeheime und ambulante Pflegedienste - in Anspruch zu nehmen. Diese Erscheinung, außerfamiliäre Hilfe zu suchen, wird durch mehrere Entwicklungen unterstützt:
- Die „Tochtergeneration“ ist zunehmend berufstätig und kann Betreuung nur eingeschränkt übernehmen.
- Die ältere Generation möchte von den Angehörigen unabhängig sein und weiterhin selbstbestimmt leben.
- Viele ältere Menschen leben schon länger in Einpersonenhaushalten und haben deshalb keine engen Bindungen zu Verwandten oder besitzen keine mehr (vgl. Brandenburg H. & Schmitt E., 1996).
Aus diesen Gründen werden formelle Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen, die im Allgemeinen durch institutionelle Dienste erbracht werden.
Dabei stellt die Form des Betreuten Wohnens zusehends eine attraktive Form der Unterstützung für die Senioren dar: Zum einen erhält der alte Mensch eine dem Bedarf angepasste funktionale Unterstützung, während andererseits die altersgerecht gestalteten Wohnungen die Möglichkeit zum selbstständigen Wohnen bieten (vgl. Heeg & Seiler, 2001). Autonomie bedeutet auch, die emotionalen Bedürfnisse den eigenen Entscheidungen entsprechend befriedigen zu können und den Kontakt mit anderen Personen zufrieden stellend aufrechterhalten zu können. Das Ausmaß der Selbstständigkeit die der alte Mensch in Wohnformen des Betreuten Wohnens erfährt, beeinflusst sein soziales Netzwerk. Der in der bisherigen Biografie bestehende Personenkreis wird ergänzt durch den institutionellen Personenkreis und die neuen Mitbewohner der Einrichtung. Hilfen werden dabei in Anspruch genommen, wo es nötig ist und die Autonomie bleibt erhalten, wo es möglich ist.
1.1 Das soziale Netzwerk
Ziel der Studie ist es, das soziale Netzwerk mit seinen formellen und informellen Beziehungen im Betreuten Wohnen offen zu legen. Dabei geht die Studie davon aus, dass ein in dieser Hinsicht optimales Netzwerk zum subjektiven, seelischen Wohlbefinden beiträgt. Dannenbeck ergänzt dazu:
Soziale Isolation im Alter hängt natürlich nicht nur von Größe und Dichte der sozialen Netze ab, auf die man sich jeweils stützen kann. Neben den Sozialbeziehungen wirken sich eine Reihe von altersspezifischen Risiken und auftretenden Belastungen auf das Einsamkeitsempfinden aus. Denn ebenso wie angenommen werden kann, dass der Umfang und die Qualität der sozialen Beziehungen vom Einfluss auf das Einsamkeitsempfinden und subjektive Wohlbefinden abhängig ist, kann umgekehrt vermutet werden, dass sich mit dem Eintritt spezifischer Stressfaktoren und gesundheitlich bedingter Einschränkungen Zuschnitt und Qualität des sozialen Netzes verändern.“ (1995, S. 131)
Es sind also verschiedene Faktoren für das subjektive Wohlbefinden wichtig. Wie wir sehen werden, spielt der Faktor Mobilität eine wichtige Rolle bei Art und Umfang der informellen und formellen Beziehungen. (Kapitel 8.2.3.2).
Ein wichtiger Indikator des sozialen Netzwerkes ist die Größe und Qualität der sozialen Beziehungen. Dabei kann von der Annahme ausgegangen werden, dass qualitativ gute soziale Beziehungen zur Zufriedenheit des Individuums beitragen. Dannenbeck äußert sich dazu: „Offensichtlich kann die Beschränkung auf einige wenige Bezugspersonen, zu denen möglicherweise sehr intensive Beziehungen aufrechterhalten werden, nicht das Defizit ausgleichen, das aus einem insgesamt eher kleinen sozialen Netz resultiert.“ (1995, S. 138)
Dannenbeck (a.a.O.) sieht dies unter dem Gesichtspunkt, dass durch ein großes Netzwerk mehr Möglichkeiten zur Hilfeleistung bestehen als dies durch kleine Netzwerke der Fall ist. Diese Annahme wird in dieser Studie nochmals aufgegriffen. (Kapitel 8.2.3.3)
Im Betreuten Wohnen finden sich verschiedene Formen von sozialen Beziehungen die sich ergänzen und das Wohlbefinden unterstützen oder hemmen können. Es sind dies
- die Kontakte aus dem informellen Netzwerk, welches vor dem Einzug ins Betreute Wohnen bestand,
- die formellen Kontakte zu den Mitarbeitern des Betreuten Wohnens und
- neu entstehende Kontakte zu den anderen Mietern.
Untersucht wurde, wie sich altes und neues Netzwerk ergänzen und sich auf die Zufriedenheit und das Wohlbefinden auswirken.
1.2 Gründe für den Einzug ins Betreute Wohnen
Immer mehr Senioren ziehen das Betreute Wohnen einer Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim vor. Sie möchten ein Höchstmaß an Unabhängigkeit und Eigenständigkeit aufrecht erhalten, aber dort wo Hilfe nötig ist, wollen sie auf die Hilfeleistung des Betreuten Wohnens zurück greifen können.
Der Bewahrung von Eigenständigkeit trotz nötiger Hilfeleistungen liegt eine Veränderung der Beziehung zwischen Eltern und Kindern zu Grunde. Die Eltern möchten nicht mehr von ihren Kindern abhängig sein und die Kinder können wegen der zusätzlichen Berufstätigkeit, der räumlichen Entfernung oder aus anderen Gründen ihre Eltern nicht mehr unterstützen. „Im Kontext der Familienbildung setzt sich an Stelle eines normativen, an vorgegebenen Verhaltensmustern mehr oder weniger verbindlich orientierten Handlungstypus zunehmend ein rationales, an individuellem Nutzen und der Vermeidung von Lebensrisiken orientiertes Entscheidungsverhalten durch.“ (Diewald, 1991, S. 56)
Kinder fühlen sich so nicht mehr verpflichtet, ihre alten Eltern zu pflegen und sehen dies als öffentliche Aufgabe an. „Dabei wird postuliert, dass Kinderlose und verwaiste Eltern im Vergleich zu unterstützten Eltern ihre Hilfebereiche stärker auf verschiedene Helfer aufteilen, mehr Unterstützung an andere leisten, eine geringere emotionale Nähe zu ihren Helfern erleben und sich insgesamt schlechter sozial eingebunden fühlen.“ (Lang F., 1994, S. 13)
Faßmann stellt den familialen Strukturwandel als Ursache für nachlassendes Hilfepotenzial dar. Er führt auf:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Weiterhin „wird der Aufbau und die Pflege informeller Beziehungen zunehmend zu einer Angelegenheit freier Entscheidungen und zu einer individuell zu erbringenden Leistung innerhalb von Austauschprozessen.“ (Diewald, 1991, S. 56)
So entspricht dem Trend zum Betreuten Wohnen einmal die demografische Entwicklung zu immer mehr älteren und betreuungsbedürftigen Menschen und weniger jungen Menschen, die ihre pflegebedürftigen Verwandten versorgen wollen oder können.
Wenn es zum Umzug in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens kommt, sind noch andere Gründe von Bedeutung, in erster Linie die Gesundheit. Bei epidemiologischen Erhebungen wurden folgende Ergebnisse gefunden
- 27 % haben 3-4 körperliche Beeinträchtigungen
- 22,6 % klagen über 5-6 körperliche Beeinträchtigungen und
- 27% haben mehr als 7 körperliche Beeinträchtigungen (vgl. Welz, 1994)
Bei der Studie der Verfasserin waren sieben von zehn der Befragten chronisch krank und drei Personen (30 %) litten unter zwei bis drei körperlichen Beeinträchtigungen. Über Einschränkungen bei der Beweglichkeit klagten sieben Personen (70%).
Ein weiterer Grund für den Umzug in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens sind die räumlichen Gegebenheiten der alten Wohnung. Ausstattung (Sanitäranlage), Lage (in einem oberen Stockwerk ohne Aufzug) und Größe der Wohnung können Gründe für den Umzug in eine andere Wohnung sein.
Umfragen (vgl. Landeshauptstadt München 1991) ergaben, dass Treppe, Sanitäranlagen und Heizung vor allem Gründe für den Umzug waren.
Saup (2000) konnte feststellen, dass die Erledigung des Hausputzes 31,2 Prozent der Bewohner des Betreuten Wohnens Schwierigkeiten bereitete, d.h. die Wohnungen waren zu groß, sodass der Pflegeaufwand nicht mehr bewältigt werden konnte.
Lind schreibt dazu:
Diese Daten und Fakten verdeutlichen den Sachverhalt, dass die Wohnung, die oft über Jahrzehnte genutzt wurde, mit zunehmenden Alter eine immer größer werdende Bürde und Belastung werden kann. Es reicht in vielen Fällen bereits aus, dass die Wohnung in einem oberen Stockwerk gelegen ist oder dass sie nach Auszug der Kinder und Tod des Gatten einfach zu groß und vielleicht dann auch zu teuer geworden ist. Die Wohnung kann somit zu einer Belastung (environmental demand) werden, indem sie nicht mehr oder nur noch unter größten Mühen für den alten Menschen zu bewältigen ist. (2002, ohne Seitenangabe)
Grund für den Einzug in das Betreute Wohnen ist auch das Wohnen allein in einer möglicherweise zu großen Wohnung. Der alte Mensch wünscht sich den Kontakt und die Unterstützung im Betreuten Wohnen mit neuen Nachbarn und dem Personal für die hauswirtschaftliche Versorgung sowie die Pflege bei physischen und psychischen Einschränkungen. Die Mobilität der Kinder und deren Wegzug vom Elternhaus veranlasst häufig den überlebenden Elternteil zu einem Umzug in die Nähe der Kinder. Saup (2000) hat festgestellt, dass 38,2 Prozent der Bewohner einer betreuten Wohnanlage in Augsburg und Umgebung als Grund des Umzuges die Nähe zu den Kindern angaben. Für die Bewohner des Betreuten Wohnens dürfte auch ausschlaggebend sein, dass sie in dieser Einrichtung die Möglichkeit haben, noch relativ rüstig einzuziehen, mit der Sicherheit der Pflege und Hilfeleistungen bei entsprechenden Bedarf. „Der Vorteil dieser Lösung gegenüber der Betreuung im Heim ist die größere Eigenständigkeit. Man hat auch als pflegebedürftiger Mensch den Status als Mieter und kann die Betreuung flexibel den eigenen Bedürfnissen anpassen.“ (Weeber R. & Hörmle G., 1998, S. 57)
1.3 Die Konzeption der Studie
Diese Studie über die Bedeutung von sozialem Netzwerk und formellen und informellen Beziehungen im Betreuten Wohnen soll anhand einer Stichprobe mögliche Zusammenhänge zwischen informellen und formellen Beziehungen und andere Determinanten wie demografischen Daten, Zufriedenheit mit Wohnung, finanzieller Situation, emotionaler und sozialer Einsamkeit, der Gesundheit, Mobilität, Aktivitäten und weitere anzeigen. Bei dieser Studie wird auch die Verknüpfung von sozialem Netzwerk, sozialen Beziehungen und sozialer Unterstützung dokumentiert. Dabei ist bewusst, dass die Studie mit dieser geringen Zahl von Interviewten keine generellen Aussagen machen kann; sie will aber auf mögliche Zusammenhänge aufmerksam machen und Hinweise für eine groß angelegte, repräsentative Umfrage geben.
Dieser Aspekt sollte immer deutlich sein. In der Studie wird aber darauf verzichtet, auf die eingeschränkte Generalität im Text hinzuweisen. Trotzdem wird es Erkenntnisse geben, die bei weiteren Studien von Wichtigkeit sein können. Die hier gemachten Erfahrungen sind auch geeignet weiterführende Konzepte zu unterstützen.
Zunächst wird in einem Umriss der theoretische Hintergrund von sozialen Netzwerken und den damit verbundenen sozialen Beziehungen erarbeitet. Erläutert werden das hierarchisch-kompensatorische Netzwerkmodell von sozialen Netzwerken und sozialen Beziehungen, die Confidant-Beziehung, die Austauschtheorie und die Disengagement- und Aktivitätstheorie. Zur methodischen Bearbeitung wurde die Grounded Theory herangezogen. (Kapitel 7)
Diese Studie legt weiter die Besonderheit des Betreuten Wohnens und seine soziologischen Aspekte dar (Kapitel 2). Es soll deutlich gemacht werden, wie sich das soziale Netzwerk der Bewohner durch den Einzug in das Betreute Wohnen verändert. Mögliche Auswirkungen werden dargestellt.
Einführend werden die Merkmale des sozialen Netzwerkes (Kapitel 3) und seine Leistungen aufgeführt und die daraus resultierenden formellen und informellen Beziehungen (Kapitel 4) deutlich gemacht. Der Unterschied zwischen beiden wird erläutert.
Mit dem sozialen Netzwerk und den sozialen Beziehungen ist die soziale Unterstützung (Kapitel 5) verbunden. Dazu werden die Formen dieser Unterstützung und ihre Wirkungsweise dargestellt. Erhaltene und geleistete Unterstützung werden analysiert.
Einen theoretischen Hindergrund vermitteln die Kapitel 6 und 7.
Weiter wird die Durchführung der Befragung erläutert, wobei objektive und subjektive Daten aufgearbeitet werden. Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse der Befragung ausgewertet (Kapitel 8) und interpretiert (Kapitel 9). Im abschließenden Kapitel (10) werden in einem Vergleich mit der Augsburger Längsschnittstudie (Saup, 2001) weitere Erkenntnisse gewonnen und wesentlich Teile zusammengefasst.
Um langatmige Formulierungen wie „Bewohnerinnen und Bewohner“ oder rechtschriftlich zweifelhafte „BewohnerInnen“ zu vermeiden, habe ich mich entschlossen, die maskuline Form für beide Geschlechter zu verwenden.
2. Betreutes Wohnen
Das Betreute Wohnen ist eine Form der Altenhilfe, die zwischen der selbstständigen Versorgung in einer eigenen Wohnung innerhalb eines Siedlungsgebietes und der institutionellen Vollversorgung in einem Pflegeheim anzusiedeln ist.
Das Ziel des Betreuten Wohnens ist eine möglichst lange Unabhängigkeit von Hilfeleistungen. Es wird nur das in Anspruch genommen, was unbedingt nötig ist. So entsteht eine spezifische Wohn-Umwelt – semi-privat und semi-institutionell – mit abgeschlossenen Wohnungen, aber auch mit koordinierten Angeboten und Infrastruktur. (vgl. Ströhlein, 2003 b)
Menschen, die in das Betreute Wohnen einziehen wollen, sind in der Regel noch rüstig oder benötigen nur einen geringen Pflegeaufwand. Sie erwarten ein auf sie zugeschnittenes Serviceangebot und entsprechende Räumlichkeiten. Wichtig ist auch die Beteiligung am Geschehen in der Einrichtung des Betreuten Wohnens, um Eigenständigkeit und soziale Kompetenz zu fördern und zu erhalten.
Die Bedeutung des objektiven Kontextes zeigt sich in Anforderungen an Räumlichkeiten und Wohnumfeld, Dienstleistungen und an die Rolle des Personals. Die sozialökologischen Aspekte des Betreuten Wohnens finden sich in den Interaktionsmöglichkeiten, der Gruppenbildung und der institutionellen Kontrolle. Die sozialen Beziehungen innerhalb des Betreuten Wohnens haben eine andere Qualität als die in einem Pflegeheim oder in der privaten Wohnung. In dieser werden Entscheidungen selber gefällt oder aber mit den informellen Unterstützungspersonen (Ehepartner, Kinder Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn) abgesprochen. Im Pflegeheim dagegen werden oft Entscheidungen über den Kopf der Betreuten hinweg getroffen. Im Betreuten Wohnen treffen informelle und formelle Anforderungen aufeinander. Die Bewohner wollen eigenständig bleiben wo, es geht. Die Institution des Betreuten Institution des Betreuten Wohnens übt aber ein gewisses Maß an institutioneller Kontrolle aus, mit der die Bewohner umgehen müssen.
Ein Problem des Betreuten Wohnens liegt auch darin, zu welchem Preis Dienstleistungen und Wohnungen zur Verfügung gestellt werden, und den finanziellen Vorstellungen der Mieter. Erhöhte Forderungen für Dienst- und Betreuungsleistungen können zu Unzufriedenheit führen.
Weiterhin gilt für das Betreute Wohnen als soziale Dienstleistung, dass sie kein eindimensionales Service- und Leistungsangebot darstellt, sondern sich aus einer Vielzahl von Teilleistungen zusammensetzt, die unterschiedlichste Inhalte und Qualitäten beschreiben. Hauswirtschaftliche Dienste, gelegentliche Besorgungen und Hilfen, eine oft breite Palette von Beratungsangeboten bis hin zur psychosozialen Beratung bei persönlichen Krisen sowie variierende soziokulturelle Angebote einschließlich ‚sozialanimatorischer Aktivitäten kennzeichnen all das, was gewöhnlich unter dem Begriff des Betreuten Wohnens subsumiert wird. Beim Betreuten Wohnen handelt es sich also um ein umfassendes Leistungsangebot, das aus einer Reihe von Teilleistungen besteht, deren Gesamtqualität das Ergebnis einer Vielzahl von Einzelqualitäten ist. (Schott J.& Zill G., 1995, S. 6)
Die Forderung nach Partizipation im Betreuten Wohnen stellt für die Beteiligten eine ungewohnte Aufgabe dar. Zumindest ist es schwierig, in der Situation der Abhängigkeit, die ja sicher besteht, die wirtschaftlichen Notwendigkeiten und die Anforderungen aus dem sozialen Aufgabenbereichen im Einklang zu bringen. Hierbei muss ein Kontext gefunden werden, der sowohl betriebswirtschaftlichen, als auch humanistischen Anforderungen genügt.
In der untersuchten Einrichtung des Betreuten Wohnens besteht die Möglichkeit in Gesprächsrunden Wünsche und Kritik zu äußern, die auch zur Entscheidungsfindung beitragen können. Dabei dürfte es neben der Diskussion um pflegerische, materielle und technische Anforderungen besondere Schwierigkeiten bereiten, die immateriellen Teilleistungen (wie z.B. emotionale Zuwendung) zu artikulieren, zu bewerten und zu realisieren.
2.1 Die Bedeutung des objektiven Kontextes
Die Wohnungen und das Umfeld sollen bestimmte Anforderungen erfüllen, um den Bedürfnissen gerecht zu werden.
2.1.1 Anforderungen an Räumlichkeiten und Wohnumfeld
Lind (2002) konnte bei seinen Literatur-Recherchen feststellen, dass die abgeschlossene Wohnung im Gegensatz zu der Zimmerbelegung in Pflegeheimen gewünscht wurde. Die Wohnungen sollten getrennte Wohn- und Schlafbereiche haben (vgl. Fennell, 1986, Schweikart et al., 1995 zitiert nach Lind, 2002) sowie über eine eigene Küche und ein Bad verfügen. Die Wohnung soll barrierefrei und an ein Notrufsystem angeschlossen sein.
Folgt man der „Checkliste zur Beschreibung von Betreuten Wohnanlagen Version 1/2003 (vgl. Heeg S. & Seiler, M., 2001; Kremer-Preiß 2001; Ströhlein G. 2003a) so beeinflussen bauliche Vorgaben das Wohlbefinden der Bewohner. Die Checkliste erfasst die Wohnanlage als Ganzes und stellt einen Zusammenhang zwischen den baulichen Gegebenheiten und der Erleichterung und Unterstützung der Bewohner bei der Nutzung her. So wird nach privaten Freibereichen gefragt, deren Vorhandensein Privatheit, Territorialität und Identität ermöglichen. Privatheit und die Möglichkeit der Kontrolle über ein Territorium fördern das Wohlbefinden des Menschen und unterstützen die Herausbildung einer stabilen Identität.
Die Gestaltung des Hauses, der Wohnungen, Flure, Treppenhäuser und Eingangsbereiche können die Bildung einer Gemeinschaft fördern. Die gestaltete Umwelt regt an oder bietet Vertrauen und damit Sicherheit. Die Ausstattung der Wohnung sollte Umfragen zufolge eine ausreichend große Küche, barrierefreies Wohnen, ebenerdigen Zugang oder Fahrstuhl, altengerechte Sanitäranlagen, Gegensprechanlage und bestimmte Serviceangebote besitzen (vgl. Wilderer, 1989; Koch et al., 2000).
Lind legt dar: „Die Ausstattung der Altenwohnung soll nach den Vorstellungen der Senioren den Bedürfnissen nach leichter Nutzung, Komfort und Sicherheit gerecht werden. Hiermit antizipieren die Senioren eine zunehmende Einbuße an körperlicher Leistungsfähigkeit mit dem steigenden Lebensalter“. (2002, ohne Seitenangabe)
Von großer Bedeutung ist das Vorhandensein von Gemeinschaftsräumen wie Speisezimmer, Gymnastikraum, Bibliothek. Sie sind ein wichtiger Bestandteil für die Kommunikation, fördern auch das Gemeinschaftsgefühl und informelle Beziehungen.
Wichtig für die Bewohner ist der problemlose Übergang zur außerhäusigen Umwelt: Der bequeme Gang zum Friseur und der sichere Weg zur Bank sind wichtig für das Gefühl der Unabhängigkeit. Die Möglichkeit ein Konzert zu besuchen oder einer anderen Freizeitbeschäftigung außerhalb des Hauses nach zu gehen, bedeutet für den alten Menschen Kommunikation und Unterhaltung. Diese werden in der Regel durch ein Angebot im Betreuten Wohnen ergänzt, sodass auch hier der Kontakt mit anderen Menschen möglich ist, wenn Behinderungen und Einschränkungen außerhäusigen Aufenthalt schwer machen.
Durch diese Vorgaben können die Bewohner ihr soziales Netzwerk pflegen und ergänzen.
2.1.2 Dienstleistungen im Betreuten Wohnen
Dienstleistungen sind ein wesentlicher Teil des Angebotes einer Einrichtung des Betreuten Wohnens. Es wird zwischen Grund- und Wahlleistungen unterschieden. Sie umfassen den hauswirtschaftlichen Bereich mit dem Reinigungsdienst und der Essenszubereitung, sowie den Pflegedienst für die Betreuung der hilfebedürftigen Senioren. Eine besondere Stellung nimmt die Betreuung z.B. bei der Freizeitgestaltung ein, die in manchen Einrichtungen des Betreuten Wohnens von ehrenamtlich Tätigen durchgeführt wird. Die Beratung der Bewohner in unterschiedlichsten Situationen zählt zu den weiteren Aufgaben.
Die untersuchte Einrichtung stellt ihre Leistungen an Hand der Preisliste dar: Die Aufgaben der Einrichtung für das soziale Netzwerk und die sozialen Beziehungen liegt darin, dass sie Pflegeleistungen, Leistungen der Hauswirtschaft, Leistungen des Technischen Dienstes, Leistungen der Küche und Allgemeine Dienste zur Verfügung stellt. Diese Leistungen müssen extra bezahlt werden. Das Freizeitangebot ist im Grundpreis inbegriffen.
Die Dienstleistungen sind zunächst ein Pool, aus dem Bewohner das für sie Nötige oder Bevorzugte heraussuchen können. In welchem Ausmaß die Dienstleistungen erbracht werden, zeigt die Tabelle.
Tabelle 1
Dienstleistungen im Betreuten Wohnen
Grund- und Wahlleistungen (n=589)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: LBS, 1997 zitiert nach Lind (2002, ohne Seitenangabe)
Zunächst sind in dem zu entrichtenden Entgelt die Grundleistungen enthalten, die auch bei Nichtinanspruchnahme der Leistungen bezahlt werden müssen. Die Angebote der Grundleistungen können von Einrichtung zu Einrichtung variieren.
Alle Dienstleistungsbereiche zeichnen sich durch die Kontaktmöglichkeiten der Bewohner aus. Hier können Beziehungen geknüpft werden die das soziale Netzwerk und die informellen sozialen Beziehungen - Kinder, Verwandte, Freunde und Bekannte - durch formelle Beziehungen ergänzen. Litwak schreibt dazu: „As already indicated, much of the empirical evidence has suggested that large-scale formal organizations actually operate best when they work in close conjunction with primary groups.” (1985,S.9)
2.1.3 Die Rolle des Personals im Betreuten Wohnen
Die Mieter im Betreuten Wohnen bringen bei ihrem Einzug ein soziales Netzwerk bestehend aus Kindern, Verwandten, Freunden und Bekannten mit. Zu diesem bestehenden Netzwerk kommt beim Einzug ins Betreute Wohnen ergänzend das Personal als formelles Netzwerk hinzu. Dieses ist in der Regel für die Versorgung Hilfebedürftiger zuständig – in der Pflege, der hauswirtschaftliche Betreuung und Freizeitgestaltung. Das Personal erbringt zunächst die instrumentellen Hilfeleistungen wie Hilfe beim Waschen und Anziehen oder die Organisation von Veranstaltungen. Durch den häufigen Kontakt mit dem Bewohner kann sich aber auch eine Beziehung ähnlich der informellen Beziehungen zu Verwandten, Freunden und Bekannten ergeben. Inwieweit emotionale Unterstützung geleistet wird und damit evtl. die soziale Beziehung ähnlich der Eltern-Kind-Beziehung hergestellt wird, ist eine interessante Frage, die in einer differenzierter angelegten Studie hinterfragt werden könnte. Diese Studie gibt über die Verknüpfung zwischen formellen und informellen Netzwerk Ansatzpunkte (Siehe Kapitel 8).
Die Rolle des Personals kann so zwischen der objektiven Hilfeleistung und der subjektiven Einbindung in das soziale Netzwerk der informellen Beziehungen hin und her pendeln. Es ist plausibel, dass nicht jedes Mitglied des Personals zu den Bewohnern eine informelle Beziehung aufbauen kann oder will.
2.2 Die sozialökologischen Aspekte des Betreuten Wohnens
Wie schon oben deutlich gemacht wurde, erweitert sich das soziale Netzwerk im Betreuten Wohnen um die Gruppe des Personals und der neuen Nachbarn. In welcher Art neue Kontakte geknüpft und aufrecht erhalten werden, hängt zum Einen von der Persönlichkeit aber auch von der Gesundheit der Heimbewohner ab. „Primäre Beziehungen, so wurde wiederholt festgestellt, sind für die Entwicklung und Wandlung unseres Denkens und Handelns, für die Erhaltung von Identität und Motivation, für psychische Stabilität und Lebenszufriedenheit von zentraler Bedeutung.“ (Badura, 1981, S. 20-21)
2.2.1 Interaktionsmöglichkeiten
Mit ein Grund in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens zu ziehen, sind die Kontaktmöglichkeiten mit neuen Nachbarn und das Angebot an Freizeitveranstaltungen.
In der untersuchten Einrichtung spannt sich der Bogen der Freizeitbeschäftigungen von Gymnastik über Kartenspiel und Erzählcafé bis zur Kleinkunstbühne, sogar Computer stehen zur Verfügung.
Die Bewohner werden am Info-Brett über die Veranstaltungen informiert oder die Betreuerin unterrichtet über die Aktivitäten; natürlich „spricht sich auch manches herum“.
Neben den Veranstaltungen bieten sich informelle Treffs (auf dem Gang, im Foyer, im Speisesaal, beim Kirchgang, im Garten) an.
Die Möglichkeit der Selbstbestimmung bei Kontaktaufnahme mit anderen Menschen ist wichtig für das Wohlbefinden der Senioren. So schreibt Schulz:
Hier sei nur darauf hingewiesen, dass vor allem auch die Autonomie der Alten in der Verwaltung und Gestaltung ihres Lebensraumes, die räumlichen Voraussetzungen für gemeinsame Interaktion und die Möglichkeit zur selbstständigen Organisation des Zusammenlebens eine wichtige Rolle spielen. (1979, S. 10)
Das bedeutet, dass nicht nur das Vorhandensein von Interaktionsmöglichkeiten wichtig ist, sondern auch die Bereitschaft der Bewohner dieses Angebot anzunehmen. Fehlt die Bereitschaft, so kann das unterschiedliche Gründe haben:
- Physische Beeinträchtigungen wie Immobilität
- Psychische Beeinträchtigungen (Depressionen, Trauerarbeit)
- Soziale Beeinträchtigungen (Abneigung gegen andere)
- Erfahrungen auf Grund der Biografie
Die Bedeutung von Interaktionen im sozialen Netzwerk der Bewohner macht Schulz deutlich:
Demnach wäre das Bedürfnis nach sozialer Interaktion vor allem ein quantitatives. Solange nur ein bestimmtes Ausmaß an Interaktionen erhalten bleibt, wäre es für das Wohlbefinden des Einzelnen gleichgültig, ob sich diese auf wenige intensive oder auf eine größere Anzahl unverbindlicherer Beziehung verteilen. (1979, S. 51)
Es kann also festgestellt werden, dass in Einrichtungen der Altenhilfe ein differenziertes Angebot an Interaktionsmöglichkeiten vorhanden sein sollte, um zum Wohlbefinden beizutragen.
2.2.2 Gruppenbildung und institutionelle Kontrolle
Neben den individuellen Interaktionsmöglichkeiten im Betreuten Wohnen nehmen die formellen und informellen Gruppenbildungen eine wichtige Position ein. Die Bewohner sind Teilnehmer individuumsbezogener und gruppenbezogener Netzwerke (vgl. Jansen, 2003). In der vorliegenden Studie konnte bei einigen Bewohnern die Einbindung in soziale Gruppen festgestellt werden. Diese bietet ihnen weitere Möglichkeiten des Kontaktes mit anderen Menschen und trägt zum Wohlbefinden bei. In dieser Studie wurden Gruppenkontakte erfasst aber nicht näher spezifiziert da hier das individuumsbezogene Netzwerk schwerpunktmäßig untersucht wurde. Es muss aber deutlich gemacht werden, dass durch die Teilnahme an Gruppen aber auch durch die Institution „Betreutes Wohnen“ ein gewisses Maß an institutioneller Kontrolle ausgeübt werden kann, die Einfluss auf die Interaktionen nimmt.
3. Das soziale Netzwerk
So wie Interaktionsmöglichkeiten und Gruppenbildungen die Kontakte von Bewohnern fördern, so ist auch das sich daraus ergebende soziale Netzwerk von Ausschlag gebender Bedeutung für das Wohlbefinden der Menschen. Hollstein (2002) sieht einen Zusammenhang zwischen Netzwerkgröße, Gesundheitszustand, Mortalität und allgemeiner Zufriedenheit
Unter sozialem Netzwerk verstehen sich zunächst die Beziehungen die eine Person mit anderen Personen pflegt. Die Struktur des Netzwerkes macht die Dichte bzw. Häufigkeit und Intensität der Kontakte deutlich. Minnemann (1994) unterscheidet dabei zwischen totalen und partiellen Netzwerken. Dieser Arbeit liegt das partielle egozentrierte Netzwerk der Befragten zu Grunde. Es wird aber zusätzlich zwischen dem informellen und dem formellen Netzwerk der Bewohner unterschieden (vgl. Fooken, 1999). Beide wurden bereits näher erläutert
Die Bedeutung von informellen Netzwerken versucht Lang deutlich zu machen:
Die vorliegende Studie geht von der Annahme aus, dass die subjektive soziale Einbindung eines alten Menschen in engem Zusammenhang mit der Qualität (und nicht Quantität) des informellen Netzwerkes steht. Wer Hilfe erhält, die als nützlich erlebt wird und die erwünscht ist, wird mit seinen Hilfebeziehungen vermutlich zufrieden sein und sich weniger einsam fühlen. Subjektive soziale Einbindung wird somit als Maß für die Güte und Angemessenheit informeller Hilfenetzwerke alter Menschen aufgefasst. Dabei wird angenommen, dass der alte Mensch durch die Gestaltung seiner informellen Hilfenetzwerke seine soziale Einbindung beeinflussen kann. Andererseits kann die subjektive soziale Einbindung aber auch als ein Bindeglied aufgefasst werden, das die Auswirkungen informeller Hilfe und sozialer Unterstützung auf die seelische Gesundheit und das psychische Wohlbefinden vermittelt. (1994, S. 67)
Weiter schreibt er: „Informelle Hilfenetzwerke werden nur insoweit als positiv erlebt, wie sie den individuellen Bedürfnissen und Wünschen gerecht werden, und hierbei spielt eine zentrale Rolle, auf welche Weise die individuellen Hilfebeziehungen gestaltet werden.“ (a.a.O., S. 68)
Die Verbindung von sozialen Netzwerken mit Hilfebeziehungen macht die Bedeutung von Kontakten deutlich. Fehlen Beziehungen, die funktional wichtig für die Bewohner sind, so werden die Funktionen auf unterschiedliche Personen verteilt (vgl. Lang & Tesch-Römer, 1993).
Es ist bekannt, dass mit zunehmenden Alter die Netzwerkgröße (vgl. Wagner et al.,1999) abnimmt. Ansonsten stellt Nestmann fest:
Alle bisherigen retrospektiven und Längsschnittstudien deuten ansonsten darauf hin, dass die strukturellen Charakteristika wie Größe, Dichte und Zusammensetzung des Netzwerks alter Menschen vor allem vom sozialen Lebensstil einer Person abhängen, der über den gesamten Lebenszyklus hinweg entwickelt und aufrechterhalten wurde. Personen mit großen sozialen Netzwerken und einer starken Netzwerkorientierung haben auch im höheren Alter noch ausgeprägtere soziale Beziehungssysteme als Personen mit lebensgeschichtlich geringer entwickelter Netzwerkorientierung und kleineren Netzwerken – allerdings nur dann, wenn die ökologischen, ökonomischen und sozialen Umweltbedingungen, die Lebensräume und die Settings die Aufrechterhaltung und Pflege von sozialen Beziehungen fördern und erlauben. (1999. S. 104)
Über die Qualität von Netzwerken schreibt Nestmann (a.a.O. S. 106): „dass bei zwar mit dem Alter kleiner werdenden Netzwerken die Anzahl der sehr nahen und vertrauten Beziehungen zwischen der Gruppe der alten und der Gruppe der sehr alten Untersuchten nicht überzufällig differiert.“
Da die Netzwerkgröße mit dem Alter abnimmt, die Zahl der subjektiv als sehr eng definierten Vertrauten aber bleibt, ist die relative Bedeutung dieser Personen, die als so nahe stehend betrachtet werden, dass man sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen kann, bei den sehr alten Menschen noch größer. Die soziale Welt dieser Personen scheint also durch sehr enge und dichte Kontakte mit Menschen geprägt, die emotional eine große Bedeutung haben. Die Möglichkeit, dieses wichtige soziale Netz aufrecht zu erhalten und zu pflegen, können mitunter durch Einschränkungen in der Mobilität, chronischen Erkrankungen, aber auch durch die weite Entfernung zu den Kontaktpersonen erschwert werden.
Durch den Einzug in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens werden mitunter persönliche Kontakte abgeschnitten oder auch durch andere Kontaktformen ersetzt. Im Lebenslauf vollzieht sich ein Wandel in der Zusammensetzung des Netzwerkes des alten Menschen insofern als gleichaltrige Freunde, Geschwister und Nachbarn sterben und Beziehungen zu Freunden und anderen Verwandten an Bedeutung verlieren. So entsteht ein kleiner werdendes Netzwerk bei dem nur die wichtigsten Kontakte erhalten werden. In dieser Studie konnte dazu festgestellt werden, dass die engsten, lang bestehenden Beziehungen zu Kindern und nahen Verwandten durch die Umsiedlung in die Einrichtung des Betreuten Wohnens mit neuen Kontakten ergänzt werden und diese auch teilweise zu engen Beziehungen führten.
Wie schon in anderen Untersuchungen festgestellt (vgl. Nestmann 1999, Diehl 1988) haben alte Menschen eine hohe Zufriedenheit mit sozialen Beziehungen: „Verglichen mit anderen Altersgruppen sind ältere Menschen generell zufriedener mit ihren sozialen Beziehungen, auch wenn sie über kleinere Netzwerke und weniger häufige Kontakte verfügen.“ (Nestmann, 1999, S.104)
Wie sich Netzwerke im Alter verändern können beschreibt Nestmann wie folgt:
Denn würden nur Morbidität und Mortalität die Netzwerkstrukturen bestimmen, dann wäre sowohl ein Schwund der engen und vertrauten wie der entfernten Netzwerkmitglieder zu erwarten. So wird der soziale Kontakt aber nur zu den weniger nahen Menschen verringert. Einen weiteren Beleg für die aktive Rolle der alten und sehr alten Menschen in diesem Prozess sehen sie darin, dass auch die Untersuchten ohne Kernfamilienangehörige einen inneren Netzwerkzirkel der ihnen sehr nahe stehenden Vertrauten füllen können (a.a.O., S. 106).
Die meisten Studien ergaben, dass die Mehrzahl der alten Menschen zumindest eine Vertrauensperson besitzt. (vgl. Minnemann, 1994)
Die unterschiedliche Bedeutung von familialen und außerfamilialen Kontakten findet sich in den unterschiedlichen Unterstützungsleistungen. So werden für instrumentelle Hilfeleistungen zunächst die familialen Kreise herangezogen während die außerfamilialen Beziehungen der Geselligkeit dienen (vgl. Nestmann, 1999)
3.1 Merkmale sozialer Netzwerke
Zur Analyse eines sozialen Netzwerkes ist es sinnvoll, neben der Methode nach der Grounded Theory (Kapitel 7) Merkmalsbeschreibungen auf Grund der Netzwerkanalyse nach Jansen (2003) heranzuziehen.
Soziale Netzwerke weisen demnach Merkmale auf, die sich in vier Gruppen bei Individuen und drei Gruppen bei Kollektiven gliedern lassen. Bei Individuen lassen sich absolute, rationale, komparative und kontextuelle Merkmale aufführen.
Unter absoluten Merkmalen von Netzwerken werden Daten verstanden, die unabhängig von ihren Beziehungen im Netzwerk oder in übergeordneten Kontexten betrachtet werden können. Dies sind z.B. Alter und Geschlecht. „Diese Eigenschaften sind konstant in verschiedenen Kontexten.“ (Jansen, 2003, S. 53)
Rationale Merkmale stellen Beziehungen zwischen verschiedenen Elementen dar. In dieser Studie können dies z. B. die Beziehung zwischen Mutter und Tochter sein oder aber auch die Hilfebeziehungen zwischen Pflegeperson und Bewohnern.
Komparative Merkmale „beruhen auf einem Vergleich der Merkmalsausprägung des betrachteten Elements mit einem analogen Merkmal des Kollektivs.“ (a.a.O., S. 54).
Für die Einrichtung des Betreuten Wohnens kann z. B. die Hilfebedürftigkeit der Bewohner mit der Hilfeleistung der Einrichtung verglichen werden.
Kontextuelle Merkmale bedingen die Mitgliedschaft in einem Kollektiv. „Ein kontextuelles Merkmal beruht darauf, dass man ein Element aus dem Kollektiv dadurch beschreibt, welche Eigenschaften das Kollektiv, also der Kontext, aufweist“ (a.a.O., S. 55).
Als Beispiel kann das Angebot von Veranstaltungen durch die Einrichtung des Betreuten Wohnens und die Annahme dieses Angebotes durch die Bewohner gelten.
Merkmale des Netzwerkes von Kollektiven bilden die analytischen, strukturellen und globalen Merkmale. Auch hier können die Merkmalsgruppen für das Betreute Wohnen eingesetzt werden.
Analytische Merkmale haben die absoluten Merkmale der Kollektivmitglieder zur Grundlage. Die einzelnen absoluten Merkmale der Mitglieder werden zu kollektiven Merkmalen zusammengeführt. Dies kann z.B. das Durchschnittsalter sein. Aber auch der Anteil von männlichen und weiblichen Mitgliedern kann ein Netzwerk beschreiben.
Strukturelle Merkmale „sind solche Merkmale eines Kollektivs, die sich aus den relationalen Eigenschaften der Kollektivelemente errechnen lassen. Sie sind deshalb genauso ‚analytisch’ wie die analytischen Merkmale.“(a.a.O.; S. 57)
Ein strukturelles Merkmal im Betreuten Wohnen können die Hilfsbeziehungen in der Einrichtung sein.
Globale Merkmale werden nicht auf die Merkmale der Mitglieder zurückgeführt. Für das Betreute Wohnen bedeutet dies die Existenz der Einrichtung mit z.B. ihrer Größe und ihren Richtlinien.
Im Folgenden sollen über die Darstellung der Netzwerkgröße weitere Einsichten zum sozialen Netzwerk erfolgen. Zunächst wird der Einfluss der Netzwerkgröße auf das Wohlbefinden beschrieben. Es folgt eine Gegenüberstellung von großem und kleinem Netzwerk.
3.2 Netzwerkgröße
Inwieweit soziale Netzwerke sich auf das Wohlfinden der Teilnehmer auswirken, kann aus ihren Merkmalen ersichtlich werden.
Die Qualität eines sozialen Netzwerkes ist bestimmend für die Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Bewohner. Dabei spielt die Netzwerkgröße eine unterschiedliche Rolle. „Das persönliche Netzwerk einer Person setzt sich aus ihren verschiedenen Beziehungen zu Familienangehörigen, Freunden, Nachbarn, Bekannten, professionellen Helfern zusammen.“ (Minnemann, 1994, S. 25)
Die Größe des sozialen Netzwerkes soll bei einer Erhebung per Definition genau festgelegt werden. Bei dieser Studie wurde der Umfang des Netzwerkes hinsichtlich des Merkmals „Enge“ der einzelnen Personen bestimmt, d.h. es wurden Personen notiert, die zu dem Befragten in sehr enger, enger und weniger enger Beziehung stehen.
Natürlich kann angenommen werden, dass ein großes Netzwerk die Bewohner zufrieden stellen kann, aber es kann auch festgestellt werden, dass ein kleines Netzwerk mit intensiven Kontakten ebenfalls seinen Zweck erfüllt. Ein Mensch braucht ein großes Netzwerk um zufrieden zu sein, während der andere ein kleines mit engeren Kontakten bevorzugt. Dannenbeck aber schreibt: „Offensichtlich kann die Beschränkung auf einige wenige Bezugspersonen, zu denen möglicherweise sehr intensive Beziehungen aufrechterhalten werden, nicht das Defizit ausgleichen, das aus einem insgesamt eher kleinen sozialen Netz resultiert.“ (1995, S. 138)
Es kann angenommen werden, dass im Alter durch die abnehmende Netzwerkgröße eine Anpassung an die gegebenen Umstände erfolgt. (vgl. Wagner et al., 1999, Künemund H. und Hollstein B., 2000)
Nestmann (1999) verbindet mit dem sozialen Netzwerk Unterstützungsleistungen, die dem alten Menschen zur Verfügung stehen und Stresssituationen bewältigen helfen.
Die Netzwerkgröße allein stellt nur ein Unterstützungspotenzial dar. Inwieweit tatsächlich Unterstützung bei Bedarf geleistet wird hängt von der Qualität der sozialen Beziehungen und weiteren Rahmenbedingungen (geografische Nähe; zeitliche Verfügbarkeit; etc.) ab. Die Qualität der einzelnen Beziehungen wird vorrangig durch die Häufigkeit der Interaktionen, die subjektiv erlebte Bedeutsamkeit der Beziehungen, ihre Dauer, die Inhalte der Beziehungen und die Art und Weise der ausgetauschten Unterstützung bestimmt. (Brandenburg H. & Schmitt E.; 1996, S. 139)
3.3 Leistungen des sozialen Netzwerkes
Der Mensch ist in ein Netzwerk menschlicher Beziehungen eingebunden. Wie er dieses gestaltet und ausbaut liegt nicht zuletzt in den individuell zur Verfügung stehenden physischen, psychischen, materiellen und sozialen Ressourcen auf der einen Seite und dem von außen kommenden informellen und formellen Angeboten auf der anderen Seite. Im Betreuten Wohnen wird den Bewohnern durch Freizeitangebote sowie durch die Gestaltung des Tagesablaufes die Möglichkeit gegeben, Kontakte zu knüpfen und nach Möglichkeit den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Im Betreuten Wohnen kann so eine Vielzahl von formellen Beziehungen - das sind die Kontakte mit dem Personal (Pflegepersonal, Personal des hauswirtschaftlichen Dienstes, Hausmeister, LeiterIn, ehrenamtlich Tätige) - geknüpft werden. Durch diese Personen sollen den Bewohnern Unterhaltung und Kontakte, aber auch Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens geboten werden, soweit dies erwünscht ist. Inwiefern dieses Angebot angenommen wird, liegt im Ermessen jedes Einzelnen. Unterschieden werden muss aber, dass Hilfeleistungen wie z.B. Körperpflege bei entsprechenden Behinderungen in Anspruch genommen werden müssen, Leistungen zur Freizeitgestaltung aber nicht zwingend. Hier entscheiden individuelle Orientierungen die Zusammensetzung des sozialen Netzwerkes.
Nestmann (1999) beschreibt es mit seinen Unterstützungsleistungen als eine Ressource zur Bewältigung von Stresssituationen. Er unterscheidet zwischen den Hilfeleistungen von Ehepartnern und Verwandten (Hilfen im Alltag) und den Hilfen durch Geselligkeit und Gemeinschaft.
Soziale Unterstützungsleistungen und Hilfe im Netzwerk sind insbesondere auf Belastungssituationen und Krisenphasen zugeschnitten. Soziale Unterstützung hat die Funktion, ein Problem zu kompensieren, einen damit verbundenen und ins Wanken geratenen psychischen und physischen Gleichgewichtszustand und das Wohlbefinden aufrechtzuerhalten und wieder herzustellen. Gemeinsamkeit und Geselligkeit hingegen erhalten ebenfalls das Wohlbefinden. (a.a.O., S. 116-117)
Nestmann macht aber auch den Unterschied zwischen familialen Unterstützungsleistungen und außerfamilialen Leistungen deutlich. Er schreibt, „dass außerfamiliale Bereiche offenbar andere Einflüsse nehmen und zur Pflege anderer Beziehungsformen dienen als familiale Bindungen“. (a.a.O., S. 108)
4. Formelle und informelle soziale Beziehungen
Soziale Beziehungen werden oft mit dem Netzwerkbegriff verknüpft. Für Diewald (1991) sind die Verbindungen zwischen den einzelnen Netzwerkteilnehmern die informellen sozialen Beziehungen.
Auch soziale Beziehungen ‚hat Mann und hat Frau im Alter nicht einfach so oder hat sie nicht’, sondern diese entwickeln sich über das gesamte Leben. Die persönlichen Haltungen zu sozialen Beziehungen und Bindungen im Alter, die Bereitschaft, Kontakte zu suchen und diese auch zu pflegen, sozialer Lebensstil im Alter sind nicht nur durch überindividuelle soziale Gegebenheiten, die das Leben prägen sondern auch durch soziale Biografien bestimmt (Nestmann, 1999, S. 100).
Im Lebensverlauf begleiten den Menschen andere Menschen, zu denen er Kontakt hat und diese auch pflegt. Aus dieser Vergangenheitserfahrung heraus bildet sich sein Netzwerk heraus und wird auch mit neuen Netzwerksgliedern erweitert oder neugestaltet. Dies geschieht unter anderem durch Umzug in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens.
Zur Integration in die Gesellschaft und in das soziale Netzwerk einer Person ist die Qualität der sozialen Beziehung von ausschlaggebender Bedeutung. Von der Art der sozialen Beziehungen hängt es ab, ob der Mensch materielle, emotionale und soziale Unterstützung erhalten kann und in welchem Ausmaß dies geschieht. Die Art der sozialen Beziehungen kann sich im Lebenszyklus verändern. So verändert sich die Beziehung zu den Kindern z.B. vom Hilfe Gebenden zum Hilfe Empfangenden. Die Kontakte zu Berufskollegen reißen oft mit dem Eintritt ins Rentenalter ab und der Einzug in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens kann die Beziehungen zu ehemaligen Nachbarn und Freunden unterbrechen oder weniger wichtig erscheinen lassen.
Mit dem Einzug in das Betreute Wohnen erschließen sich dem Menschen neue Beziehungen, das soziale Netzwerk nimmt eine neue Struktur an. Zu den bisherigen kommen die Kontakte zu neuen Nachbarn, Pflegepersonal, Ehrenamtlichen, hauswirtschaftlichen Kräften und dem Personal der Verwaltung.
Die Beziehungen zu den einzelnen Netzwerkmitgliedern sind von unterschiedlicher Bedeutung. Eine Differenzierung nach Rolle, Häufigkeit der Beziehung, Dauer der Beziehung, Entfernung, Hilfeleistungen (materiell, sozial, und emotional) kann einen Aufschluss über ihre Qualität liefern. Doch nicht die Menge und Enge der Beziehungen ist dafür ausschlaggebend, sondern der besondere Kontakt zu einer Person, zu der eine Vertrauensbeziehung besteht Badura schreibt in diesem Zusammenhang von einem Confidanten:
Die Qualität dieser spezifischen Beziehung zu einer Person, der man volles Vertrauen schenkt, auf deren Verständnis man stets rechnen und an die man sich jederzeit auch mit persönlichen Problemen wenden kann, scheint demnach ein besonderer Schutzfaktor zu sein... . (1981, S. 23)
Der Wegfall des „Confidanten“ kann auch durch mehr, aber weniger enge Beziehungen nicht ersetzt werden.
Mit den sozialen Beziehungen werden Formen der Hilfeleistungen verknüpft. Im Betreuten Wohnen kann dabei zwischen informellen und formellen Hilfeleistungen unterschieden werden. Welchen Stellenwert die Bewohner den einzelnen Beziehungen zumessen, bemisst sich nach der Erfüllung von emotionalen Bedürfnissen. Lang macht deutlich:
Die Strategie der Selektion beschreibt hierbei, nach welchen Kriterien informelle Hilfebeziehungen ausgewählt werden. Entsprechend dem Konzept der sozioemotionalen Selektivität wird erwartet, dass alte Menschen bevorzugt mit solchen Personen interagieren, von denen emotionale Gratifikationen zu erwarten sind. (1994, S.71)
In der familiären Situation wird sich im Allgemeinen ein größeres Maß an Emotionen finden als im nachbarschaftlichen Verhältnis. Diese Bindungen, welche durch ein hohes Maß an emotionalen Elementen geprägt sind, kann man als primäre Bindungen bezeichnen.
Die sozialen Beziehungen hängen aber auch von der Situation und vom Gesundheitszustand ab. Dieser kann die Beziehungen der älteren Menschen in erheblichen Maße beeinträchtigen. An erster Stelle steht die Bewegungseinschränkung im fortgeschrittenen Alter. Durch die fehlende Mobilität werden Kontakte nicht mehr aufrechterhalten bzw. in andere Kontaktformen überführt. Badura schreibt über die Bedeutung von primären Beziehungen: „Primäre Beziehungen, so wurde wiederholt festgestellt, sind für die Entwicklung und Wandlung unseres Denkens und Handelns, für die Erhaltung von Identität und Motivation, für psychische Stabilität und Lebenszufriedenheit von zentraler Bedeutung.“ (1981, S. 20)
Der ältere Mensch muss sich aber zunehmend mit Veränderungen in seinen sozialen Beziehungen und dem dadurch geknüpften sozialen Netzwerk auseinander setzen. Ursachen können unter anderem Todesfälle im Bekanntenkreis, der Wegzug der Kinder in weit entfernte Orte oder der Umzug in eine Einrichtung des Betreuten Wohnens sein.
Die sozialen Beziehungen, über die Menschen verfügen, gewinnen im Alter in mehrerlei Hinsicht spezifische Bedeutungen, die sich qualitativ von denjenigen in jüngeren Jahren unterscheiden. Sie sollten zum einen über ihre Hilfe- und Unterstützungsfunktion der Bewältigung individueller und teilweise (aber keineswegs ausschließlich) altersbedingter Belastungen dienen (materielle Komponente) und zum anderen ihrer Qualität nach geeignet sein, zum Erhalt des subjektiven Wohlbefindens beitragen zu können (emotionale Komponente). (Dannenbeck C., 1995, S.127)
Die Kompensation von verkleinertem Netzwerk und gesundheitlichen Einschränkungen wird von den verbliebenen informellen und formellen Netzwerken erbracht.
4.1 Informelle Beziehungen
Informelle Beziehungen umreißen das Spektrum von mehr oder weniger intensiven Kontakten zu Personen des täglichen Lebens, die von keiner Institution gestellt werden. Intensive Kontakte können sowohl durch Tiefe, als auch durch Häufigkeit geprägt sein.
Klassifikation informeller Beziehungen.
Zu den Teilnehmern an informellen Beziehungen gehören Ehepartner, Kinder, Verwandte, Nachbarn, Freunde und Bekannte. Die Art der Beziehung, gemessen an Häufigkeit, Intensität, Entfernung und Unterstützungsleistung, macht deutlich, inwieweit der alte Mensch in seine Umgebung integriert ist und ein Höchstmaß an Zufriedenheit erreichen kann. Bei der Klassifikation der sozialen Beziehungen kann ein Gefälle in ihrer „Enge“ gesehen werden. Durchbrochen wird dies bei Beziehungen, in denen etwa durch Tod oder das Fehlen von Kindern auf Personen zurückgegriffen wird, die traditionell nicht zum engsten Kreis gehören. Solche Kontakte können aber auch zu einer Confidant-Beziehung (vgl. Hollstein B., 2002) führen, die emotionale Unterstützung und Zufriedenheit bietet.
Wie schon oben kurz erwähnt, beeinflussen situative, gesundheitliche und persönliche Faktoren das Ausmaß und die Qualität von sozialen Beziehungen. Diese Ressourcen bestimmen die Nähe und Intensität der Kontakte.
Die Situation beeinflusst die Art der Beziehung. Der Kontakt in einer Gruppe, deren Mitglieder sich schon lange kennen ist intensiver und vorherschaubarer als in einer Gruppe, die neu zusammengestellt wurde und deren Mitglieder sich noch nicht kennen. Die Situation entscheidet auch, ob eine Beziehung offen oder zurückhaltend geführt wird. Die Stellung innerhalb des Netzwerkes, mit den entsprechenden Situationstypen (Mutter-Kind-Beziehung oder Kaffeekränzchen ), hilft dem alten Menschen sich zu orientieren und seine Stellung in den Netzwerken immer wieder neu zu definieren. Hollstein schreibt:
Soziale Beziehungen im weitesten Sinne begleiten den Menschen von Geburt an. Über sie erlernt er die Sprache, sie fördern die kognitive und emotionale Entwicklung. Soziale Beziehungen sind sinnstiftend in einem ganz umfassenden Sinne. Sie wirken verhaltensstrukturierend, stellen Normenmodelle bereit, mit anderen Worten: sie orientieren. (2001, S. 19)
Gesundheitliche Ressourcen nehmen Einfluss auf den Umfang der sozialen Beziehungen. Hörbehinderte alte Menschen neigen dazu ihre Kontakte zu reduzieren, besonders in lauten Situationen mit einem hohen Geräuschpegel oder vielen durcheinander redenden Menschen. Depressionen hindern den alten Menschen daran, Kontakt zu anderen zu suchen, weil mit ihnen häufig das Bedürfnis nach Zurückgezogenheit verbunden ist. Besonders Immobilität beeinträchtigt die Beziehungen von älteren Menschen. So zeigt die Studie, dass die wichtigsten Beziehungen täglich stattfinden oder mit Personen innerhalb von 20 km Entfernung erfolgen. Weiter entfernte Beziehungen kommen seltener vor.
Persönlichkeitsfaktoren wie Offenheit und Frohsinn auf der einen Seite und Zurückgezogenheit auf der anderen Seite nehmen Einfluss auf die sozialen Beziehungen. Im Grunde treffen dabei zwei gegensätzliche Charaktere aufeinander und es bedeutet viel Aufwand, die Beziehung zu pflegen. Deshalb besteht hier wohl auch eher die Gefahr, dass sie einschlafen oder abgebrochen werden.
Unter Einfluss der Ressourcen bilden die alten Menschen ein Netz sozialer Beziehungen, so dass sie ihre Beziehungen nach der emotionalen Nähe gestalten, wobei sich Veränderungen innerhalb der Lebensspanne ergeben. (vgl. Lang, 1994)
Die informellen Beziehungen haben ihre Bedeutung in der Inanspruchnahme von Hilfeleistungen und emotionaler Nähe, meist gebunden an nähere Verwandte. Hier gilt eine Hierarchie vom Ehepartner über die Kinder und Freunde hin zu Bekannten und Nachbarn
Dieses Konzept der hierarchischen Ordnung von Unterstützungsgelegenheiten entspricht dem „principle of substitution“ von Shanas (1979): Hiernach leistet im Alter an erster Stelle der Ehepartner Hilfe und Unterstützung. Ist der Ehepartner nicht vorhanden, übernehmen die Kinder und Schwiegerkinder diese Aufgabe. Gibt es auch keine Kinder, so springen andere Familienmitglieder (z.B. Geschwister) oder Freunde ein. (Klein und Salaske, 1994, S. 643, vgl. Künemund H. und Hollstein B., 2000)
4.2 formelle Beziehungen
Soziale Netzwerke und formelle Beziehungen sind im Betreuten Wohnen eng mit Hilfeleistungen verbunden, die von nicht verwandten Personen erbracht werden. Zu diesem Netzwerk gehören das von der Einrichtung gestellte Personal – Pflegepersonal, Therapeuten, Hauswirtschaftliche Hilfskräfte, Personal der Verwaltung – aber auch professionelle Kräfte außerhalb der Einrichtung. Formelle Beziehungen über das Pflegepersonal werden dann in Anspruch genommen, wenn zur Bewältigung des Tagesablaufes nicht auf Personen des informellen Netzes zurückgegriffen werden kann oder der Betroffene nicht darauf zurückgreifen möchte.
Natürlich hängt die Art der formellen Beziehung von der Persönlichkeit beider – Hilfsbedürftigem und Hilfeleistendem - ab. Sie gibt an, welche Qualität die Beziehung hat. Sie kann vertrauensvoll, in gewissem Umfang emotional sein, aber auch nur die Versorgung in den Vordergrund stellen. In dieser Arbeit wird auch ein Augenmerk auf die Art gelegt, dass in der eigentlich formellen Beziehung emotionale Komponenten gepflegt werden. Formelle und informelle Beziehungen wirken, wie bereits dargestellt, auf verschiedene Weise.
Die Bedeutung formeller Beziehungen
Formelle Beziehungen im Betreuten Wohnen werden in der gesichteten Literatur praktisch nicht erwähnt. Ihre Darstellung soll deshalb hier versucht werden. Zunächst kann eine Gegenüberstellung zu informellen Beziehungen hilfreich sein.
Informelle Beziehungen sind, wie vorher erklärt, personengebunden und hierarchisch gegliedert. Auf dieser Ebene werden in der Regel emotionale Verbindungen geknüpft. Anders bei den formellen Beziehungen. Charakteristisch für diese Beziehungen ist, dass sie vertraglich geregelte Unterstützungsleistungen zur Verfügung stellen, wobei emotionale Unterstützung im Leistungsumfang implizit vorausgesetzt wird.
Formelle Beziehungen sollen in definierten Bereichen den betreuten Personen Hilfe leisten, um den Alltag besser bewältigen zu können. Es handelt sich dabei in der Regel um gesundheitliche Einschränkungen. Die Personen der formellen Beziehungen leisten die Unterstützung aus einer finanziellen und vertraglichen Verpflichtung heraus, nicht aus der Verpflichtung auf Grund von normativen Erwartungen. In der untersuchten Einrichtung „Haus St. Michael“ steht für formelle Beziehungen zunächst das Pflegepersonal zur Verfügung. Dieses erbringt Pflegeleistungen und Leistungen bei der Freizeitgestaltung. Die Beziehung beruht auf einen Vertrag, der die Durchführung der Hilfeleistungen regelt, soziale und emotionale Unterstützung werden im Vertrag nicht vorgesehen.
Die formellen Beziehungen können als Ergänzung zu den informellen Beziehungen betrachtet werden und erweitern so das soziale Netzwerk der Bewohner. Insbesondere in den Pflegeleistungen finden die Pflegebedürftigen Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen. Die formellen Beziehungen stellen eine Ressource dar, die bei Bedarf aktiviert werden kann. Selbstverständlich wird nicht ausgeschlossen, dass sich in dieser Beziehung auch informelle Elemente entwickeln können.
5. Soziale Unterstützung
Die für den alten Menschen so wichtigen Unterstützungsleistungen im sozialen Netzwerk reichen von gelegentlicher Hilfe bis hin zu regelmäßiger Hilfe bei der Bewältigung des Alltags. Nestmann bestimmt die soziale Unterstützung wie folgt:
Alltägliche Hilfe und Unterstützung älterer Menschen bezieht sich zum einen auf die Bewältigung des Alltags und hier insbesondere auf praktische und handfeste Unterstützung im Haushalt (Einkaufen, Kochen, Putzen, Aufräumen), auf Transport- und Mobilitätshilfen (Führen, Begleiten Fahren), auf versorgende und pflegende Leistungen (An- und Auskleiden, Körperpflege) aber auch auf langjährige intensive Pflege (Füttern, Waschen, Verbinden und Medikamente verabreichen). Zum anderen ist soziale Unterstützung bei alten Menschen die Hilfe bei der Bearbeitung von Problemen und Krisen im Alter (bei Partnerverlust, bei Krankheit, Umzug in ein Heim). (1999, S. 109)
Weiter macht er deutlich, dass 80 - 90% aller benötigten Hilfeleistungen von Familienmitgliedern erbracht werden. Ergänzend zur zitierten Begriffsklärung werden als Hilfeleistungen „jene Verhaltensweisen bezeichnet, deren Ziel es ist, das Wohlergehen anderer Menschen zu fördern, gleichwohl kann hilfreiches Verhalten sehr wohl dem Empfänger zugute kommen, ohne dass bei Hilfeleistenden ausschließlich altruistische Motive vorherrschen!“ (Minnemann, 1994, S. 31)
Unter welchem Aspekt Hilfeleistungen erbracht werden, dürfte bei den Familienangehörigen sicher aus dem bisherigen gemeinsamen Lebensweg sichtbar werden. Nicht nur altruistische Gründe werden Anlass für die Hilfeleistung sein, sondern auch die gesellschaftliche Norm und sicher auch die finanzielle Unterstützung der Hilfeleistenden durch die Hilfeempfänger. Diewald sieht im Reziprozitätsprinzip, für eine Leistung wird eine Gegenleistung erwartet, eine „vielleicht wesentliche Vorraussetzung für das Funktionieren von Unterstützungsbeziehungen“. (1991, S. 117)
Reziprozität bezieht sich bei Ehegatten und Verwandten jedoch nicht auf kurzfristige Austauschleistungen, sondern kann auf den gesamten Lebenslauf bezogen werden. Klassisches Beispiel sind hier die Unterstützungsleistungen der Eltern gegenüber ihren Kindern in jungen Jahren, die durch Leistungen der Kinder gegenüber ihren Eltern in deren Alter aufgewogen werden.
Wesentlich an diesen Unterscheidungen (Formen der Reziprozität, Anm. d. Verf.) ist, dass das Reziprozitätsprinzip nicht nur auf einzelne Transaktionen bezogen, sondern auch im Kontext einer gesamten Beziehungsgeschichte und darüber hinaus im Rahmen eines ganzen Systems von Beziehungen betrachtet werden kann. (a .a. O., S. 118)
5.1 Formen sozialer Unterstützung
Die Bewohner des Betreuten Wohnens bringen ihr bisheriges Netzwerk beim Einzug mit und erweitern dieses durch die Kontakte mit den Mitbewohnern und dem Personal der Einrichtung. Dabei kommt es zu Verschiebungen an Hilfeleistungen zwischen altem und neuem Netzwerk. Eine Fragestellung dieser Studie ist, inwiefern
- instrumentelle,
- kognitive,
- soziale und
- emotionale Unterstützung
auf das neue soziale Netzwerk übertragen werden. „Die instrumentelle Unterstützung bezeichnet alle Hilfestellungen bei der Lösung bestimmter Aufgaben, sie beschreibt materielle Unterstützungen, insgesamt ein instrumentelles Mitwirken anderer Personen bei der Erreichung eines sachlichen Zieles“ (Olbrich 1988, S.251)
Die instrumentelle Unterstützung beinhaltet dabei die Serviceleistungen des Hauses wie Pflege, Hauswirtschaft, technischer Dienst, Küche und allgemeine Dienste. In welchem Umfang erachten nun Bewohner Kontakte des formellen Beziehungskreises als wichtig für ihre sozialen Beziehungen. Instrumentelle Unterstützung wird auch durch das bisherige informelle Netzwerk von Ehepartner, Kindern, Freunden und Bekannten, sowie Nachbarn erbracht. Eine Frage ist, inwiefern instrumentelle Hilfeleistungen mit emotionalen, kognitiven und sozialen Hilfen gekoppelt sind.
Kognitive Unterstützung (z.B. Rat bei der Lebensführung, Beratung in finanziellen Angelegenheiten) und ihre Inanspruchnahme ist eine Frage des Vertrauens. Nicht von jedem wird gerne ein Rat angenommen. Kognitive Unterstützung kann mit sozialer und emotionaler Unterstützung verbunden werden.
Emotionale Unterstützung hat bei den Netzwerkmitgliedern unterschiedliche Bedeutung. Die emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kindern hat eine stärkere Bedeutung als die Beziehung von kinderlosen alten Menschen zu Freunden, Verwandten, Bekannten und formellen Hilfeleistenden. „Für kinderlose alte Menschen ist eine große emotionale Nähe zu Helfern dagegen weniger selbstverständlich und vielleicht sogar ausschlaggebend dafür, wie zuverlässig die Hilfebeziehung erlebt wird.“ (Lang, 1994, S. 72)
5.2 Wirkungsweisen informeller und formeller Unterstützung
Der Umfang und die Qualität sozialer Unterstützung und sozialer Beziehungen haben eine große Bedeutung für die Lebensqualität des alten Menschen.
Soziale Kontakte und soziale Unterstützung zu erhalten und zu geben sind in diesem Sinne Ressourcen, auf die sowohl bei der Bewältigung alltäglicher Problemsituationen als auch bei der Verarbeitung von Belastungssituationen zurückgegriffen werden kann. Die Stressforschung, besonders die Lebensereignisforschung, hat gezeigt, dass belastende Lebensumstände in ihren Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit unterschiedlich sind, je nach der sozialen Einbettung des Individuums. Soziale Unterstützung vermag die Auswirkungen von Belastungen vermindern. (Minnemann, 1994, S. 32)
Minnemann (1994) macht weiter deutlich, dass soziale Unterstützung erst dann notwendig wird, wenn Probleme oder Belastungen das Individuum treffen. Daneben müssen aber auch die Beziehungen, die um ihrer selbst willen eingegangen werden, berücksichtigt werden. Beide, die Unterstützung bei Hilfebedarf und bei Formen der Geselligkeit fördern das Wohlbefinden des alten Menschen. Auf Rook (1984) zurückgreifend, stellt Nestmann fünf Thesen für die positiven Wirkungen von Geselligkeit im sozialen Netzwerk dar:
Geselligkeit schafft einen Kontext für gemeinsame Erfahrungen und ‚kleine Abenteuer’ ...
Geselligkeit kann helfen, alltägliche Sorgen zu überspielen ...
Geselligkeit kann auch durch die Ablenkung der Aufmerksamkeit von Selbstkritik und kritischer Selbstreflexion zu psychosozialem Wohlbefinden beitragen ...
Geselligkeit fördert (wie auch emotionale und wertschätzende Unterstützung) Selbstwert und Selbstbewusstsein. (1999, S. 117 f.)
„Nach Karen Rook (1984) erweisen sich Gemeinschaft und Geselligkeit auch deshalb als vorteilhaft, weil ‚Kosten’, die z.B. bei sozialer Unterstützung entstehen können, nicht anfallen.“ (a.a.O., S. 119)
Auch Nestmann (1999) betont, dass der Wunsch nach Geselligkeit nicht bei jedem gleich ist und, wie schon oben erwähnt ein kleines Netzwerk durchaus befriedigend erlebt werden kann. Dennoch ist bei einem großen Netzwerk die Wahrscheinlichkeit größer, bei Hilfebedarf auch Hilfe zu erhalten. Dennoch – nicht die Netzwerkgröße ist ausschlaggebend, sondern die Qualität des Netzwerkes ermöglicht dem Menschen neben personenbezogenen und situationsbezogenen Faktoren eine befriedigende Einbindung.
Soziales Netzwerk, soziale Beziehungen und soziale Unterstützung können im Zusammenhang gesehen werden.
Dabei werden bei der Untersuchung informeller sozialer Beziehungen Netzwerkkonzepte meistens mit Konzepten zur Erfassung sozialer Unterstützung kombiniert, mit denen die Leistungen, also die funktionalen und inhaltlichen Aspekte der Beziehungen, wie die allgemeine Zufriedenheit mit Beziehungen oder materielle, praktische oder emotionale Unterstützungsformen, erfasst werden. (Hollstein, 2002, S.16)
[...]
- Citation du texte
- Gisela Kleinwechter (Auteur), 2005, Das soziale Netzwerk im Betreuten Wohnen - eine empirische Studie formeller und informeller Beziehungen., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45378
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