Diese Arbeit behandelt die Entdeckung der Homosexualität in Prousts "Sodome et Gomorrhe".
«Première apparition des hommes-femmes, descendants de ceux des habitants de Sodome qui furent épargnés par le feu du ciel.» Mit diesem Ausspruch eröffnet Marcel Proust (1871-1922) den vierten Band "Sodome et Gomorrhe" seines siebenbändigen Lebenswerks "À la recherche du temps perdu" (1913-1927). In diesem Band wird der Erzähler Marcel Zeuge, wie die Figur Baron de Charlus in einem scheinbar unbeobachteten Moment die Maske fallen lässt und seine Homosexualität unwissentlich dem Protagonisten Marcel offenbart. Der Autor Marcel Proust lässt seine Figuren nach den drei vorangegangenen Bänden die zuvor nur angedeutete Homosexualität schließlich ausleben.
Proust hatte großes Interesse an dem Tabu-Thema der Homosexualität, hat sich jedoch selbst nie offen dazu bekannt, da die Sodomie - ein Begriff, der damals die homosexuelle Veranlagung benannte - in der Gesellschaft mehr als nur verpönt war. Obwohl das Verbot der Homosexualität aus dem ‚Code Pénal‘ verbannt worden war und erst unter Maréchal Pétain im Vichy-Regime wieder aufgenommen wurde, konnten die Homosexuellen ihre Neigung dennoch nicht völlig offen und zwanglos ausleben. Es gab in diesem Zusammenhang mehrere Fälle, die aufgrund homosexuellen Verhaltens internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten. Zum Beispiel die Harden-Eulenburg-Affäre (1907/08) oder auch die Verurteilung Oscar Wildes zu zwei Jahren Zwangsarbeit und Zuchthaus, welches er als gebrochener Mann verlassen hatte. Wildes Schicksal ging Proust sehr nahe und aufgrund dieser Ereignisse kann man annehmen, dass Proust nicht sehr erpicht darauf war seine eigene Homosexualität öffentlich bekannt zu geben.
Die damalige Zeit und ihre Moralvorstellungen waren gegen ihn. Sein großes Werk entstand nämlich in der Epoche des fin de siècle und der décadence, einer Periode, die durch Pessimismus, Schicksalsdenken und Nostalgie gekennzeichnet war. Der kulturelle Verfall wurde zum künstlerischen Objekt dieser Zeit, welche von Weltschmerz, Melancholie und Faszination für und zugleich Erschaudern vor dem Tod und der Vergänglichkeit geprägt war. Der Grund für diese Stimmung im damaligen Frankreich war neben der sinkenden Geburtenrate der Gedanke, dass das französische Volk alt und dem Untergang geweiht sei. Dieser Gedanke wurde ausgelöst durch die Schmach der Niederlage Frankreichs von 1870/71 gegenüber Bismarck-Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die neue Romanform
- Einordnung des Textkorpus in die gesamte Romanserie
- Entdeckung der Homosexualität der Figur Baron de Charlus
- Erläuterungen zum Titel Sodome et Gomorrhe
- Die Analogie zwischen Hummel-Orchidee und Charlus-Jupien
- Der wahre M. de Charlus
- Die Begegnung von Charlus und Jupien
- Die Vereinigung von Charlus und Jupien
- Abhandlung über Homosexualität
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Marcel Prousts Darstellung der Homosexualität des Barons de Charlus in "Sodome et Gomorrhe", insbesondere im Kontext des Gesamtwerks "À la recherche du temps perdu". Die Analyse beleuchtet die literarischen Mittel, die Proust einsetzt, um dieses Tabuthema zu behandeln, und setzt dies in Beziehung zu den gesellschaftlichen und moralischen Normen des Fin de Siècle.
- Prousts neuartige Romanform und Erzähltechnik
- Die Darstellung von Homosexualität im Kontext des gesellschaftlichen Tabus
- Die symbolische Bedeutung der Analogie zwischen Hummel-Orchidee und der Beziehung Charlus-Jupien
- Die Ambivalenz und Komplexität der Figur des Barons de Charlus
- Prousts Auseinandersetzung mit der eigenen Zeit und deren Moralvorstellungen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt den Kontext der Entdeckung der Homosexualität des Barons de Charlus in "Sodome et Gomorrhe", dem vierten Band von Prousts "À la recherche du temps perdu". Sie betont Prousts Interesse an diesem Tabuthema und die gesellschaftlichen Widerstände, denen homosexuelle Personen im damaligen Frankreich ausgesetzt waren. Die Einleitung skizziert außerdem den historischen und kulturellen Hintergrund des Fin de Siècle und seine Bedeutung für Prousts Werk. Besonderes Augenmerk liegt auf der Beschreibung der gesellschaftlichen Moralvorstellungen und der ambivalenten Position Prousts selbst in Bezug auf das Thema.
Die neue Romanform: Dieses Kapitel analysiert Prousts innovative Romanform in "À la recherche du temps perdu". Es beschreibt die Verschmelzung verschiedener narrativer Schemata – Bildungsroman, Gesellschaftsroman, psychologischer Roman – und die zentrale Rolle der Ich-Erzählung mit der Einführung einer intermediären Zeitebene zwischen Erzähler und Protagonist. Die Analyse hebt die paradoxen Elemente hervor: Tradition und Moderne, allwissender und perspektivisch beschränkter Erzähler. Der Fokus liegt auf der Beschreibung der komplexen Erzählstruktur und der neuartigen epischen Konstruktionsweise, die durch "Klar-sichtigkeit und Blindheit, durch Wissen und Nicht-Wissen" gekennzeichnet ist.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Homosexualität des Barons de Charlus in Marcel Prousts "Sodome et Gomorrhe"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Marcel Prousts Darstellung der Homosexualität des Barons de Charlus in "Sodome et Gomorrhe", insbesondere im Kontext des Gesamtwerks "À la recherche du temps perdu". Sie beleuchtet die literarischen Mittel, die Proust einsetzt, um dieses Tabuthema zu behandeln, und setzt dies in Beziehung zu den gesellschaftlichen und moralischen Normen des Fin de Siècle.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Analyse umfasst Prousts neuartige Romanform und Erzähltechnik, die Darstellung von Homosexualität im Kontext des gesellschaftlichen Tabus, die symbolische Bedeutung der Analogie zwischen Hummel-Orchidee und der Beziehung Charlus-Jupien, die Ambivalenz und Komplexität der Figur des Barons de Charlus und Prousts Auseinandersetzung mit der eigenen Zeit und deren Moralvorstellungen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu: Einleitung (Einführung in das Thema und den Kontext), Die neue Romanform (Analyse von Prousts innovativer Romanform in "À la recherche du temps perdu"), Einordnung des Textkorpus in die gesamte Romanserie (Kontextualisierung innerhalb des Gesamtwerks), Entdeckung der Homosexualität der Figur Baron de Charlus (detaillierte Analyse der Darstellung der Homosexualität, inklusive Erläuterungen zum Titel, Analogie Hummel-Orchidee/Charlus-Jupien, Begegnung und Vereinigung von Charlus und Jupien und einer Abhandlung über Homosexualität), und Resümee (Zusammenfassung der Ergebnisse).
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Marcel Prousts Darstellung der Homosexualität des Barons de Charlus umfassend zu analysieren und im Kontext seiner Zeit und seines Gesamtwerks zu interpretieren. Sie untersucht die literarischen Mittel und die gesellschaftlichen Implikationen dieser Darstellung.
Welche Schlüsselbegriffe sind wichtig für das Verständnis der Arbeit?
Schlüsselbegriffe sind: "Sodome et Gomorrhe", "À la recherche du temps perdu", Baron de Charlus, Homosexualität, Fin de Siècle, Romanform, Erzähltechnik, Symbolismus, gesellschaftliche Moralvorstellungen.
Wie ist die Romanform in dieser Analyse dargestellt?
Die Analyse untersucht Prousts innovative Romanform, die eine Verschmelzung verschiedener narrativer Schemata (Bildungsroman, Gesellschaftsroman, psychologischer Roman) darstellt. Die Ich-Erzählung mit einer intermediären Zeitebene zwischen Erzähler und Protagonist wird hervorgehoben, sowie die paradoxen Elemente von Tradition und Moderne und die komplexe Erzählstruktur.
Welche Rolle spielt die Analogie zwischen Hummel-Orchidee und der Beziehung Charlus-Jupien?
Die Analogie zwischen Hummel-Orchidee und der Beziehung Charlus-Jupien wird als ein zentrales Symbol interpretiert, das die Komplexität und Ambivalenz der homosexuellen Beziehung im Kontext der gesellschaftlichen Moralvorstellungen des Fin de Siècle verdeutlicht.
- Citar trabajo
- Ellina Rhein (Autor), 2017, Marcels Entdeckung der Homosexualität des Barons de Charlus in "Sodome et Gomorrhe", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/453102