Ziel der Arbeit ist es, Erfolgsfaktoren sowie Handlungsempfehlungen für ein professionelles Krisenmanagement abzuleiten und zugleich auf den Sport zu adaptieren, da aufgrund der hohen medialen Aufmerksamkeit und der daraus folgenden erhöhten Wahrnehmung der Öffentlichkeit die Kommunikation im Sport branchenbedingt häufig Krisenkommunikation ist.
Durch inkorrekte, zu langsame oder überstürzte Krisenkommunikation kommt es jährlich zu schwerwiegenden ökonomischen Schäden und einem Reputationsverlust für Unternehmen und Sportorganisationen. Ein professionelles Krisenmanagement wird für Sportler und Sportorganisationen in der heutigen Zeit daher immer wichtiger.
Diese Masterarbeit beschäftigt sich mit diesem Aufgabenfeld und analysiert den Krisenfall der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland. Hierzu wird das Kommunikationsverhalten der beteiligten Personen des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft und des Deutschen Fußballbundes aufgezeigt und bewertet. Zunächst werden die notwendigen theoretischen Grundlagen von Krisenmanagement, der Rolle der Medien im Krisenfall sowie die speziellen Rahmenbedingungen im Sport erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Krisen – Begriffe und Phasen
2.1 Krisenbegriff und Abgrenzung
2.2 Arten von Krisen und Ursachen
2.3 Erscheinungsformen von Krisen
2.3.1 Die überraschende Krise
2.3.2 Die wellenförmige Krise
2.3.3 Die schleichende Krise
2.4 Krisenphasen
3 Krisenmanagement und Krisenkommunikation
3.1 Sechs Faktoren der Krisenkommunikation
3.2 Ziele und Aufgaben der Krisenkommunikation
3.3 Krisenkommunikationsanalyse
3.3.1 Arena-Analyse
3.3.2 Stakeholder-Analyse
3.3.3 Issues Management
3.4 Krisenkommunikationsstrategien
3.4.1 Defensive Krisenkommunikation
3.4.2 Offensive Krisenkommunikation
3.5 Krisenkommunikationstaktik
3.5.1 Klassische Krisenkommunikationsinstrumente
3.5.2 Innovative Krisenkommunikationsinstrumente
3.5.3 Organisation der Kommunikation
3.6 Krisenkommunikationskontrolle
4 Rolle der Medien
4.1 Definition und Funktionen von Medien
4.2 Skandalisierung in den Medien
5 Krisenkommunikation im Sport
5.1 Rahmenbedingungen im Sport
5.2 Public Relations im Sport
5.3 Korruption im Sport
6 Krisenkommunikation am Beispiel der WM Vergabe 2006 an Deutschland
6.1 Analyse
6.1.1 Involvierte Personen und Verbände
6.1.2 Chronologie der Krise
6.1.3 Krisenphasen des WM Skandals 2006
6.2 Kommunikationsverhalten
6.2.1 Kommunikation von Wolfgang Niersbach
6.2.2 Kommunikation von Franz Beckenbauer
6.2.3 Kommunikation von Theo Zwanziger
6.2.4 Kommunikation des DFB
6.3 Auswertung des Kommunikationsverhaltens
6.3.1 Bewertung von Wolfgang Niersbach
6.3.2 Bewertung von Franz Beckenbauer
6.3.3 Bewertung von Theo Zwanziger
6.3.4 Bewertung des DFB
7 Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen
Literaturverzeichnis XI
Bibliografische Angaben
Willaredt, Daniel:
Krisenkommunikation im Sport
Crisis Communication in Sports
73 Seiten, Hochschule Mittweida, University of Applied Sciences, Institut für Technologie- und Wissenstransfer, Masterarbeit, 2016
Abstract
Durch inkorrekte, zu langsame oder überstürzte Krisenkommunikation kommt es jährlich zu schwerwiegenden ökonomischen Schäden und einem Reputationsverlust für Unternehmen und Sportorganisationen. Ein professionelles Krisenmanagement wird für Sportler und Sportorganisationen in der heutigen Zeit daher immer wichtiger. Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit diesem Aufgabenfeld und analysiert den Krisenfall der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland. Hierzu wird das Kommunikationsverhalten der beteiligten Personen des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft und des Deutschen Fußballbundes aufgezeigt und bewertet. Zunächst werden die notwendigen theoretischen Grundlagen von Krisenmanagement, der Rolle der Medien im Krisenfall sowie die speziellen Rahmenbedingungen im Sport erläutert. Ziel der Arbeit ist es, Erfolgsfaktoren sowie Handlungsempfehlungen für ein professionelles Krisenmanagement abzuleiten und zugleich auf den Sport zu adaptieren, da aufgrund der hohen medialen Aufmerksamkeit und der daraus folgenden erhöhten Wahrnehmung der Öffentlichkeit die Kommunikation im Sport branchenbedingt häufig Krisenkommunikation ist
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Erscheinungsformen von Krisen
Abbildung 2: Modell der vier Krisenphasen
Abbildung 3: Basiskriterien eines erfolgreichen Krisenmanagements
Abbildung 4: Kommunikationskonzeption
Abbildung 5: Verzahnung von Krisenmanagement und Krisenkommunikation
Abbildung 6: Sechs Faktoren der Krisenkommunikation
Abbildung 7: Kernbotschaften der Krisenkommunikation
Abbildung 8: Vierstufiger Prozess des Issues Managements
Abbildung 9: Lasswell-Formel
Abbildung 10: Krisenkommunikationsinstrumente
Abbildung 11: Funktionen der Massenmedien
Abbildung 12: Verzerrung der Realität durch die Medien
Abbildung 13: Stakeholder im Sport
Abbildung 14: Kontobewegungen der WM Vergabe 2006
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Krisenbereiche und Krisenthemen
Tabelle 2: Anforderungen an PR
Tabelle 3: Kommunikationsinstrumente der Pressearbeit
Tabelle 4: Einflussfaktoren auf die Medienberichterstattung
Tabelle 5: Skandal, Mediatisierter Skandal, Medienskandal
Tabelle 6: Mitglieder des Organisationskomitees
Tabelle 7: Zusammenfassung der Bewertung des Kommunikationsverhaltens.
Tabelle 8: Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen für ein professionelles Krisenmanagement im Sport.
Vorwort
Die Kommunikation in der Krise stellt einen besonderen Bereich der Kommunikation dar, welcher selbst von erfahrenen Medienprofis häufig unterschätzt wird. Das kommunikative Fehlverhalten von Sportlern, Politikern oder Funktionären in hohen Positionen kann wöchentlich in den Medien beobachtet werden.
Durch mein hohes Interesse am Sport verfolgte ich aufmerksam die Entwicklung des Skandals um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland, welche ich, wie viele andere Millionen Menschen in Deutschland, als Fan erlebte und als Sommermärchen in Erinnerung habe. Daher war es mir ein besonderes Anliegen das zerstörte Sommermärchen , wie es der Spiegel am 16. Oktober 2015 betitelte, zu untersuchen und Wege zu finden, wie der Skandal kommunikativ hätte besser gelöst werden können.
Gerne möchte ich noch die Möglichkeit nutzen, um mich bei meiner Familie und meinen Freunden zu bedanken, die mich während meines gesamten Studiums begleitet und unterstützt haben.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Krah für die Betreuung meiner Arbeit sowie Herrn Henrik Freund, welcher mich während dieser Zeit unterstützte.
1 Einleitung
Krisen sind Begleiterscheinungen des alltäglichen Lebens und treten meist unerwartet auf. Ob Lebensmittelskandale, terroristische Anschläge, die Flüchtlingskrise, Korruptions- oder Dopingfälle im Sport, niemand kann zu hundertprozentiger Sicherheit ausschließen, nicht irgendwann an einer Krise beteiligt zu sein. Die Trefferzahl von fast 21 Millionen Treffern bei Google über das Thema Krise bestätigt die Wichtigkeit dieses Themas. Ein professionelles Krisenmanagement wird für Unternehmen in der heutigen Zeit deshalb immer bedeutsamer, trotzdem sind sie meist unzureichend auf Krisen vorbereitet. Durch inkorrekte, zu langsame oder überstürzte Krisenkommunikation kommt es jährlich zu schwerwiegenden ökonomischen Schäden und einem Reputationsverlust für viele Unternehmen, was zur Bedrohung der Existenz führen kann (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 7). Die richtige Vorbereitung sowie eine gezielte und aufklärende Krisenkommunikation sind daher das A und O, um eine Krise bestmöglich zu überstehen oder eindämmen zu können, da eine negative Berichterstattung um das Fünffache stärker wirkt als entlastende Sachinhalte. Oftmals scheitern die Unternehmen nicht bei der Bewältigung der Krise selbst, sondern an ihrer fehlerhaften Kommunikation (vgl. Garth 2008, 40).
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Krisenkommunikation im Sport. Hierzu werden zunächst in Kapitel zwei die theoretischen Grundlagen von Krisen, Krisenarten und deren Phasen erklärt. In Kapitel drei wird der Prozess des Krisenmanagements sowie speziell der Krisenkommunikation anhand von Analysemodellen, strategischen Vorgehensweisen, taktischen operativen Handlungsmöglichkeiten und Kontrollmethoden dargestellt. Nach der Aufarbeitung der Grundlagen wird in Kapitel vier auf die Rolle der Medien, deren Funktionen sowie den Skandalisierungsprozess in den Medien eingegangen, da dieser erheblichen Einfluss auf den Verlauf von Krisen nimmt. Vor allem Krisen, welche durch die Medien aufgedeckt und eine Empörung in der Öffentlichkeit hervorrufen, bringen oftmals existenzbedrohende Folgen mit sich. Durch die erhöhte mediale Aufmerksamkeit sowie die hohe Wahrnehmung des Sports in der Öffentlichkeit ist die Kommunikation im Sport branchenbedingt häufig Krisenkommunikation (vgl. Kaiser 2012, 514). Daher wird in Kapitel fünf speziell auf die Rahmenbedingungen im Sport eingegangen. Kapitel sechs dient dazu, einen realen Krisenfall zu untersuchen. Hierzu wurde die Vergabe der Weltmeisterschaft (WM) 2006 nach Deutschland ausgewählt, welche sehr hohes Interesse in den Medien und der Öffentlichkeit erweckte. Der Skandal wurde aufgrund von investigativem Journalismus des Nachrichtenmagazins Spiegel enthüllt, wodurch die wohl größte Krise des Deutschen Fußballbundes (DFB) seit dessen Gründung 1900 ausgelöst wurde. Zunächst folgen in der Analyse eine Aufarbeitung des Skandals und eine Darstellung der beteiligten Personen des damaligen Organisationskomitees (OK) sowie des DFB. Anschließend wird das Kommunikationsverhalten der Beteiligten dargestellt und bewertet. Als Ergebnis der Arbeit werden in Kapitel sieben Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen für ein professionelles Krisenmanagement abgeleitet und zugleich auf den Sport adaptiert.
2 Krisen – Begriffe und Phasen
2.1 Krisenbegriff und Abgrenzung
Der Begriff Krise stammt vom griechischen Wort krísis ab, welches gleichbedeutend einer Entscheidung oder eines entscheidenden Wendepunkts einer gefährlichen Entwicklung ist. Weitere Bedeutungen sind eine schwierige Lage, gefährliche Situationen oder das allgemeine Gefährdetsein. Ob eine Krise immer ein Wendepunkt ist, kann erst nach Beendigung der Krise festgestellt werden. Ein Risiko ist jedoch mit jeder Krise verbunden, unabhängig ob sie frühzeitig erkannt wird oder unvorhersehbar eintritt (vgl. Töpfer 2008, 357). Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch hingegen sieht in seiner Definition einer Krise nicht nur Negatives sondern auch eine Chance: „Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“ (Frisch z.n. Immerschitt 2015, 1). Da es in der heutigen Gesellschaft sowie Wirtschaft zu immer schnelleren Veränderungen kommt, sind Krisen meist nicht weit entfernt. In Bereichen, in welchen Menschen mit verschiedenen Ansichten aufeinander treffen, wird es immer wieder zu Krisen kommen (vgl. Immerschitt 2015, 1). Höbel/Hofmann leiten eine allgemeingültige Definition des Krisenbegriffs ab: „Für den Bereich des Wirtschafslebens definieren wir Krisen als Ereignisse oder Störungen, die nachhaltigen negativen Einfluss auf die Rentabilität oder die Reputation des Unternehmens haben (können) und zur Schadensminderung aktives Krisenmanagement benötigen“ (Höbel/Hofmann 2014, 12). Professionelles Krisenmanagement ist folglich für die Vermeidung, Bewältigung und Nachbearbeitung von Krisen unentbehrlich. Nach Immerschitt ist die Aufgabe des Krisenmanagements „alle jene Prozesse in der Unternehmung zu vermeiden (Krisenprävention) oder zu bewältigen, die Erschütterungen auslösen können bzw. ausgelöst haben“ (Immerschitt 2015, 1). Die Krisenkommunikation ist hierbei der primäre Bestandteil des operativen Krisenmanagements (vgl. Höbel/Hofmann 2014. 12). Krisenmanagement sowie speziell Krisenkommunikation werden in Kapitel drei dieser Arbeit ausführlich erklärt.
Als verwandte Begriffe oder auch Krisenauslöser, welche oftmals mit einer Krise in Verbindung gebracht werden, zählen das Gerücht, der Konflikt, die Affäre, der Skandal, die Katastrophe und das Risiko. Die mediale Berichterstattung entscheidet hierbei über den Grad der Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Die verschiedenen Ereignisse können jeweils wieder andere Ereignisse auslösen und sind daher als Teile von Ereignisnetzen zu sehen (vgl. Konken 2002, 16).
- Gerücht
Ein Gerücht basiert auf angenommenen Tatsachen, welche durch Personen verbreitet werden, jedoch ohne den genauen Wahrheitsgehalt oder die Faktenlage zu kennen. Die Fakten können auch verfälscht oder zugespitzt worden sein. Wenn ein Gerücht bestätigt wird, so entsteht daraus eine Tatsache. Gerüchte sind oftmals erste Anzeichen von drohenden Krisen (vgl. Konken 2002, 18).
- Konflikt
Ein Konflikt steht für Auseinandersetzungen, welche von Parteien mit unterschiedlichen Interessen geführt werden. Generations-, Geschlechter- oder Klassenkonflikte sind hierfür zutreffende Beispiele. In Organisationen können dies auch Spannungssituationen sein, welche durch unvereinbare Ziele der jeweiligen Akteure entstehen können (vgl. Konken 2002, 19).
- Affäre
Eine Affäre ist der Vorreiter eines Skandals und kann zu Krisen führen. Bei einer Affäre sind immer Menschen primär beteiligt. Als Affäre werden unangenehme sowie aufsehenerregende Vorfälle bezeichnet (vgl. Konken 2002, 22).
- Skandal
Skandale entstehen aufgrund menschlicher Fehler, welche nicht den moralischen Auffassungen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe (Nationalität, Religionsgemeinschaft) entsprechen. Meist sind die Ursachen für Skandale das Nichteinhalten von Normen oder Regeln und Gesetzen, welche dem Zusammenleben von Menschen dienen. Die Medien greifen diese Verfehlungen schnell und häufig auf, woraufhin Empörung in der Öffentlichkeit entsteht (vgl. Konken 2002, 22).
- Katastrophe
Mit einer Katastrophe werden ausschließlich negative Assoziationen verbunden. Der Begriff steht synonym für ein schweres Unglück oder einen entscheidenden Wendepunkt, welcher schlimme Folgen mit sich bringt. Eine Katastrophe ist mit dem negativsten Ereignis gleichzusetzen. Meist gehen mit ihr Todesfälle sowie enorme Sachschäden einher. Katastrophen wie Flugzeugabstürze, Naturkatastrophen oder terroristische Anschläge können unerwartet eintreten und Krisen auslösen, da nach Eintritt der Katastrophe die Ursachen sowie Verantwortliche untersucht werden müssen (vgl. Konken 2002, 23).
- Risiko
Ein ebenfalls naheliegender Begriff ist das Risiko. Ein Risiko ist eine Situation, welche eventuell eintritt und ein Schaden nicht auszuschließen ist. Dieses Risikopotenzial muss im Vorfeld kommuniziert werden. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Krisenkommunikation, sondern um Risikokommunikation. Risikokommunikation ist die „Bezeichnung für einen öffentlichen Prozess, in dem unterschiedliche Wahrnehmungen von (technologischen) Risiken ausgetauscht werden. Oftmals handelt es sich um einen Konflikt, in dem sich Befürworter und Betroffene einer Entscheidung gegenüberstehen“ (Kohring 2013, 304). Der Bau einer Pipeline für Gefahrengüter eines Chemiekonzerns ist ein Beispiel, bei welchem eine professionelle Risikokommunikation unabdingbar ist. Risikokommunikation ist allerdings nicht nur auf die technische Ebene zu reduzieren, sondern findet auch auf anderen Ebenen wie politischen oder wirtschaftlichen Entscheidungen Relevanz. „Bei einer Krise ist die Gefahr bereits eingetreten“ (Merten 2014, 155). Risikokommunikation ist kein Bestandteil dieser Arbeit und ist nicht mit präventiver Krisenkommunikation gleichzusetzen.
2.2 Arten von Krisen und Ursachen
Immerschitt kategorisiert Krisenbereiche in sechs unterschiedliche Arten und zeigt deren mögliche Ursachen auf, welche in folgender Tabelle dargestellt werden (vgl. Immerschitt 2015, 3). Krisen haben demnach endogene (innerhalb des Einflussbereiches eines Unternehmens liegend) sowie exogene (außerhalb des Unternehmens liegend) Ursachen, welche das Unternehmen nicht beeinflussen kann. Krisen entstehen meist nicht aufgrund einer Ursache, sondern entstehen aus dem Zusammenspiel diverser Faktoren (Multikausalität) (vgl. Roselieb 2016a, 3).
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Krisenbereiche und Krisenthemen
(eigene Darstellung in Anlehnung an Immerschtitt 2015, 3).
Die Aussage „Krisen haben unterschiedliche Gesichter“ (Reineke 1997, 13) wird mit der Vielzahl an unterschiedlichen Krisenarten demnach verdeutlicht. Vor ein paar Jahren standen Umweltkrisen, speziell nach dem Super-GAU des Atomkraftwerks in Fukushima, im Fokus. Aktuell treten terroristisch geprägte Krisen, wie die Anschläge in Paris während des Fußballländerspiels Frankreich gegen Deutschland oder die Flüchtlingskrise, in den Mittelpunkt.
In Krisenzeiten wächst der zeitliche Druck. Die Zahl der Vermutungen über Geschehenes steigt an und die Ungewissheit nimmt zu. In vielen Fällen geht die Kontrolle über die Situation verloren, was die Entscheidungsfinder in Stresssituationen führt. Des Weiteren ist der Handlungsspielraum eingeschränkt. Da keine Krise der anderen gleicht ist jede Krise einzigartig und kann nicht nach einem festen Schema kontrolliert werden (vgl. Reineke 1997, 18).
2.3 Erscheinungsformen von Krisen
Im folgenden Kapitel werden die drei relevantesten Arten von Krisen näher dargestellt. Im Wesentlichen werden zwei Unterscheidungskriterien von Krisen betrachtet. Diese sind zum einen das öffentliche Interesse, welches die Krise erzeugt, zum anderen der zeitliche Verlauf (vgl. BMI 2008, 10).
2.3.1 Die überraschende Krise
Wie der Name dieser Erscheinungsform verrät, trifft diese Krise überraschend und unvorhersehbar ein. Den beteiligten Parteien bleibt keine Zeit für präventive Maßnahmen. Bei überraschenden Krisen, vor allem wenn es sich um Skandale handelt, steigt das Interesse der Medien und der Öffentlichkeit an (vgl. BMI 2008, 9). Bekannte überraschende Krisen sind das Verschwinden der Boeing des Fluges MH370 der Malaysia Airline im Jahr 2014 oder die Anschläge von Paris, während des Fußballländerspieles Frankreich gegen Deutschland, im Jahr 2015.
2.3.2 Die wellenförmige Krise
Bei dieser Erscheinungsform sind starke Schwankungen im medialen und öffentlichen Interesse vorhanden. Solange häufig über ein Thema berichtet wird wie beispielhaft über schlechte Bedingungen bei der Bodenhaltung von Hühnern geht die Nachfrage nach diesem Produkt zurück und führt zu ökonomischen Einbußen sowie Reputationsverlust in der Hühnerindustrie. Reduziert sich jedoch die Berichterstattung über dieses Thema werden auch wieder vermehrt Lebensmittel minderer Qualität gekauft. Folglich ist diese Krise wellenförmig, da sie häufiger in den Medien steht, das mediale Interesse aber immer wieder nachlässt (vgl. BMI 2008, 9).
2.3.3 Die schleichende Krise
Oftmals ist eine Unternehmenskrise „die Zuspitzung eines bestehenden Problems. Sie ist in der Regel kein plötzlich und isoliert auftretendes Ereignis (…)“ (Strätling 2007, 34). Auch Steinke sieht die Gefahr einer schleichenden Krise im Normalfall nicht bei „im Kern gesunden Unternehmen. Oft liegen über Jahre etablierte fehlerhafte Prozesse, ein schleichender Kundenverlust oder verkrustete Management-Strukturen vor (…)“ (Steinke 2014, 46). Hierfür gibt es einen Schwellenwert. Wenn dieser übertroffen wird kann das Problem nicht mehr geheim gehalten werden. Das Bekanntwerden des Problems ist häufig nicht absehbar und wirkt oftmals überraschend für die Unternehmen. Aufgrund der längeren Entstehungsphase der Krise ist im Gegensatz zur überraschenden Krise ein Krisenpräventionspotenzial vorhanden. Durch professionelle Krisenprävention können schon im Vorfeld einer potenziellen Krise Vorbereitungen getroffen (vgl. BMI 2008, 9). Abbildung eins visualisiert die Verläufe der drei beschrieben Krisenformen.
Abbildung 1: Erscheinungsformen von Krisen (BMI 2008, 10).
2.4 Krisenphasen
Krisen durchlaufen normalerweise vier Phasen. Diese vier Phasen werden durch farbliche Markierungen unterschieden. Der Beginn der Krise findet im Normalfall in der grünen Phase statt. Nach Ansicht des Autors erweckt die Farbe Grün allerdings den Anschein, dass in dieser Phase noch keine Krisenpotenziale oder Gefahren vorhanden sind, weshalb sie in dieser Arbeit als grau dargestellt wird. In der gelben Phase entwickelt sie sich weiter, die rote Phase, welche mit einer alarmierenden Signalfarbe dargestellt wird, steht für den Höhepunkt der Krise. In der darauffolgenden blauen Phase klingt sie wieder ab. Abbildung zwei gibt einen Überblick in die von Puttenat unterteilten Phasen.
Abbildung 2: Modell der vier Krisenphasen (eigene Darstellung in Anlehnung an Puttenat 2009, 35).
- Potenzielle Krisenphase
In dieser Phase werden Krisenpotenziale von Unternehmen häufig noch nicht wahrgenommen. Die Notwendigkeit von Interventionen oder Krisenpräventionsmaßnahmen wird von Unternehmen oft nicht erkannt. Der Zeitdruck ist noch gering. Jedoch sind die Unternehmen in den seltensten Fällen bereit Ressourcen und Arbeitsaufwand in präventive Krisenmaßnahmen zu investieren, ohne offensichtliche Anzeichen, dass eine Krise bevorsteht (vgl. Steinke 2014, 45). Richtigerweise soll durch eine Analyse herausgefunden werden in welchen Bereichen generell Krisenpotenziale lauern. Außerdem wird überlegt welche Präventivmaßnahmen notwendig sind, um die Wahrscheinlichkeit des Eintretens möglicher Schadensereignisse zu reduzieren oder ausschließen zu können. Diese Maßnahmen können kurz-, mittel- oder langfristig angelegt sein (vgl. BMI 2008, 15). Maßnahmen wie Frühwarnsysteme sind essentiell und dürfen in einem organisierten Krisenmanagement nicht fehlen. Hierzu zählt unter anderem die Arena-Analyse. Die Analysemethoden werden ausführlich in Kapitel 3.3 dargestellt. Das Erstellen eines Krisenhandbuchs und regelmäßige Schulungen für die Mitarbeiter sind weitere wichtige Instrumente der Krisenprävention. Auf die Instrumente der Krisenkommunikation wird in Kapitel 3.5 näher eingegangen.
- Latente Krisenphase
Hinweise für die eventuell bevorstehende Krise können aufgrund der Frühwarnsysteme erbracht werden. Als Beispiel ist hier das Durchdringen von internen Informationen an die Öffentlichkeit zu nennen. Die „üblichen Problemlösungsmechanismen scheinen zunächst zu greifen, in der öffentlichen Wahrnehmung und in den meisten operativen Bereichen der Firma ist die Krise noch nicht angekommen. Probleme sind gegebenenfalls nur der Unternehmensleitung bekannt“ (Puttenat 2009, 35). Aufgrund der Erkenntnis einer bevorstehenden Krise können rechtzeitig Maßnahmen eingeleitet werden, welche im Ernstfall, folglich der akuten Krisenphase, direkt genutzt werden können. Der Zeitdruck nimmt in diesem Stadium ebenfalls zu (vgl. Steinke 2014, 45). Bei überraschenden Krisen wie terroristischen Anschlägen wird die gelbe Phase übersprungen und es folgt direkt die rote Phase.
- Akute Krisenphase
Die Krise ist ausgebrochen. Folglich haben interne Kommunikationsmaßnahmen wie Frühwarnsysteme nicht funktioniert. In dieser Phase bleibt häufig wenig Zeit zu reagieren und fordert daher die Management- und Kommunikationsqualitäten des Unternehmens auf hohem Niveau, um einen bleibenden Imageschaden vermeiden zu können (vgl. Immerschitt 2015, 35), auch wenn noch nicht ausreichend Informationen über die Situationen vorhanden sind (vgl. BMI 2008, 20). Die Optionen der Handlungsmöglichkeiten reduzieren sich, der Bedarf der richtigen internen sowie externen Kommunikation steigt. Diese Phase der Krise wird stark von externen Faktoren wie Medienberichterstattungen geprägt, welche Druck auf das Unternehmen auswirken (vgl. Steinke 2014, 45). Die Anfangsphase ist besonders bedeutend, da hier die Grundlage für die weitere Kommunikation gelegt wird. „Die Einbeziehung und zeitige Benachrichtigung anderer Organisationen, Medien, der Bevölkerung sowie die Information der eigenen Organisation“ (BMI 2008, 20) sind hierbei die primären Handlungen. Um die Glaubwürdigkeit der Kommunikation zu erhöhen bedarf es einer „ehrlichen Darstellung, einer klaren Problemanalyse, die Erläuterung der ursächlichen Einzelfaktoren und ein offenes Geständnis von Fehlern und Fehleinschätzungen“ (BMI 2008, 20).
- Nach-Krisenphase
Nach der Krise ist vor der Krise. Nach der Krise ist es für die Zukunft bedeutsam die vergangene Krise zu analysieren. Zusätzlich zur Analyse ist die „Durchführung einer Evaluation, die Erarbeitung von Strategien zur Vermeidung weiterer Krisen und Bewältigungsmöglichkeiten für eventuelle zukünftige Krisen, ein umfassender Ausbau und eine Förderung/Weiterentwicklung der bestehenden Netzwerke“ (BMI 2008, 21) wichtig. Zwar gleicht keine Krise genau der anderen, jedoch kann hierbei aus eventuell begangenen Fehlern, aber auch aus richtigen Entscheidungen, gelernt werden. Hierbei sollte wie Max Frisch schon sagte, die Krise als Chance gesehen werden.
3 Krisenmanagement und Krisenkommunikation
Ein erfolgreiches Krisenmanagement bedarf einer guten Planung und Strukturierung. Als Krisenmanagement werden die geplanten Maßnahmen in Form von präventivem, aktivem und reaktivem Handeln verstanden. Das Ziel ist das Bewältigen der Krise durch das Beseitigen der Ursachen. Hierfür liegen nach Immerschitt vier Basiskriterien zugrunde (vgl. Immerschitt 2015, 2):
Abbildung 3: Basiskriterien eines erfolgreichen Krisenmanagements (eigene Darstellung in Anlehnung an Immerschitt 2015, 2).
Trotz der unterschiedlichen Begriffsbezeichnungen orientiert sich der Prozess des Krisenmanagements am Prozess der Kommunikationskonzeption von Analyse, Strategie, Taktik und Kontrolle. Wobei nach Immerschitt das Kriterium des aktiven Handelns nach Sicht des Autors nicht genügend hervorgehoben wird. Der operativen Umsetzung sollte im dritten Schritt der Krisenkommunikation, der Taktik, mehr Bedeutung zugesprochen werden. Die Analyse dient der Ermittlung der Ausgangssituation der Krise, welche beispielhaft anhand einer Arena-Analyse untersucht wird. Die strategische Leitidee und die Bestimmung der Kommunikationsziele (ökonomisch, psychographisch, operativ, programmatisch) sind die Grundlagen für die Planung der operativen Maßnahmen der Taktik, welcher der Umsetzung, Realisation, Intervention und Implementierung dienen. Die Kontrolle oder auch Evaluation besteht aus der Konzeptkontrolle (vor der Realisation), der Prozesskontrolle (während der Realisation) und der Ergebniskontrolle (nach der Realisation) (vgl. Kreyher 2011, 1ff).
Abbildung 4: Kommunikationskonzeption (eigene Darstellung in Anlehnung an Kreyher 2015, 31).
Krisenkommunikation ist ein sehr wichtiger Bestandteil des Krisenmanagements und fällt unter den Aufgabenbereich der Unternehmensführung, welche schon im alltäglichen Arbeitsalltag häufig von kommunikativen Aufgaben geprägt ist (vgl. Zerfaß/Piwinger 2014, 2). Die Notwendigkeit von Krisenkommunikation weißt unterschiedliche Ursachen auf, welche in Kapitel 2.2 ausführlich dargestellt wurden. Zur Krisenkommunikation gehören alle kommunikativen Maßnahmen, welche vor, während und nach einer Krise durchgeführt werden und zur Verhinderung von Reputationsschäden, Imageverlusten, Vertrauenseinbußen oder Ähnlichem führen. Die Herausforderungen an eine gute Krisenkommunikation sind das Arbeiten unter enormen Zeitdruck, oftmals mit einem Mangel an Informationen sowie dem Bewältigen von Drucksituationen, welche durch Schuldzuweisen der Öffentlichkeit entstehen (vgl. BMI 2008, 14). Krisenkommunikation muss ebenfalls „(…) einfühlsam sein, also Einfühlungsvermögen vor allem für die Situation und die Schäden bei den Betroffenen vermitteln“ (Töpfer 2008, 365), um Schadensbegrenzung zu betreiben, sodass die Dauer der Krise verkürzt wird. Folgende Abbildung stellt die Aufgaben von Krisenmanagement und Krisenkommunikation dar.
Abbildung in dieser leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Verzahnung von Krisenmanagement und Krisenkommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Töpfer 2008, 366).
3.1 Sechs Faktoren der Krisenkommunikation
Höbel/Hofmann definieren sechs Faktoren, welche entscheidend für eine erfolgreiche Krisenkommunikation sind. Sie sind „eng miteinander verwoben und müssen sowohl in Prävention als auch für die Intervention in der Summe betrachtet und beachtet werden“ (Höbel/Hofmann 2014, 44).
Abbildung 6: Sechs Faktoren der Krisenkommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Höbel/Hofmann 2014, 44).
- Zeitfaktor
Der starke Zeitdruck in Krisen spielt in der Krisenkommunikation eine essentielle Rolle. Von den Unternehmen wird umgehend eine Stellungnahme erwartet. Durch den technischen Fortschritt ist es TV-Übertragungswägen in kürzester Zeit möglich vor Ort zu sein. Durch die Entwicklung der neuen Medien können sich Nachrichten, unabhängig von der Qualität des Wahrheitsgehalts, schnell verbreiten. Deshalb ist es notwendig, bereits in den ersten Stunden nach Ausbruch der Krise richtige Schritte einzuleiten. Denn begangene kommunikative Fehler sind nur sehr schwierig zu revidieren und meist mit hohem finanziellen Aufwand verbunden. Laut Albert Einstein ist es sogar schwieriger eine vorgefasste Meinung zu ändern, als ein Atom zu teilen (vgl. Einstein z.n. Konken 2002, 78). Hierbei gilt schnell zu handeln anstatt lange abzuwarten. Es sollte spätestens nach 30 Minuten eine erste Stellungnahme erfolgt sein, selbst wenn noch nicht viele Details bekannt sind. Zunächst genügen nach Höbel/Hofmann Aussagen wie (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 45):
- Es ist bekannt, dass etwas geschehen ist.
- Die notwendigen Schritte wurden unternommen.
- Es ist der Unternehmensführung bekannt, was unternommen werden muss.
- Mehr ist aktuell nicht bekannt, sobald es Neuigkeiten gibt wird weiter aktiv informiert.
Diese Aussagen erscheinen möglicherweise als nicht sehr informativ, jedoch „vermitteln sie die klare Botschaft, dass wir aktiv, betroffen, kompetent, servicebereit und offen sind“ (Höbel/Hofmann 2014, 45). Hierbei ist es wichtig, dass die Verantwortlichen der Krisenkommunikation die notwendige Bemächtigung haben, solche Aussagen ohne langwierige Rücksprachen zu kommunizieren (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 45).
- Personalfaktor
Unabhängig der Kompetenz der Mitarbeiter im alltäglichen Geschäft weicht die Arbeitsaufgabe in Krisenfällen ab. „Die Ausnahmesituation erfordert Auswahl, Anleitung, praktisches Training, Entscheidungshilfe und immer wieder kritische Prüfung. Zu den wichtigsten Vorbereitungen gehört eine Personalmatrix, in der die Rollen vorab verteilt werden“ (Höbel/Hofmann 2014, 45). Hierbei gilt es drei unterschiedliche Rollen zu verteilen. Eine davon ist ein Kommunikator, in den meisten Fällen der Leiter der Unternehmenskommunikation, welcher eng mit der Geschäftsleitung zusammenarbeitet und die Notwendigkeit der erforderlichen Kommunikationsmaßnahmen mit ihr bespricht. Als zweite Rolle ist der sogenannte Anchorman, der Chef vom Dienst, zu nennen. Er ist für die Umsetzung der Kommunikation in den diversen Kanälen zuständig und dient als Schnittstelle zu allen anderen kommunikativen Instanzen wie den Kundenbetreuern, dem Qualitätsmanagement oder dem Marketing. Bei Personalmangel kann diese Rolle an externe Unternehmen abgegeben werden. Die dritte, sowie für die Öffentlichkeit wichtigste Rolle, ist die des Unternehmenssprechers (one voice). Inhaltlich unterschiedliche Aussagen müssen in der Krise vermieden werden, weshalb eine Person als fester Unternehmenssprecher fungieren soll (vgl. Prinz 2014, 231). Diese soll von einer kompetenten sowie sympathisch wirkenden Person besetzt und firmenintern vergeben werden, da sonst der Verdacht aufkommen kann, dass das Unternehmen Verantwortung abschieben möchte. TV- und Medientraining sind für die Personen mit Sprecherrolle definitiv notwendig (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 45f). „Da 55 Prozent des Auftritts von der Körpersprache bestimmt werden (…), 38 Prozent der Wirkung auf die Stimme entfallen (…) und nur sieben Prozent auf den reinen Inhalt, muss schon im Vorfeld sehr sorgfältig überlegt sein, wer in schwerer Zeit dieses Gesicht des Unternehmens ist“ (Höbel/Hofmann 2014, 46).
- Vertrauensfaktor
Meistens entsteht durch Krisen ein Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in Bezug auf das Unternehmen. Das Image sowie die Position im Markt werden bedroht (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 47). „Kunden und Medien reagieren auf Störungen anspruchsvoll, hochemotional, oft überkritisch, ungerecht und aggressiv. Oberste Aufgabe der Krisenkommunikation ist es, Vertrauen zu schaffen, zu bewahren oder wiederherzustellen“ (Höbel/Hofmann 2014, 47). Um das Vertrauen in der Öffentlichkeit zu erhöhen, bedarf es Kommunikationsmaßnahmen wie PR (vgl. Jarren/Röttger 2015, 34), auf welche in Kapitel 3.5 weiter eingegangen wird.
- Komplexitätsfaktor
Unterschiedliche sowie gegensätzliche Interessen der Stakeholder können in Krisenzeiten zu Problemen werden, welche schwer durchschaubar sind. Es empfiehlt sich schon in nicht Krisenzeiten optimale Voraussetzungen wie Fairnessabkommen oder Verhaltensregeln in Krisenzeiten mit den jeweiligen Anspruchsgruppen zu schaffen. In Krisenzeiten ist es wichtig, interne Kommunikationsprobleme zwischen unterschiedlichen Abteilungen zu vermeiden. Oftmals stehen sich die PR- und die juristische Abteilung gegenüber, da für die PR-Abteilung Transparenz ein essentieller Punkt der Kommunikation ist. Juristen agieren meist zurückhaltender, um möglichst wenig Angriffsfläche bieten zu können. Für ein erfolgreiches Krisenmanagement ist eine integrative Kommunikation der verschiedenen Abteilungen zwingend notwendig (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 49). Ebenfalls muss ein Bewusstsein bei den Mitarbeitern geschaffen werden, dass sie alle das Unternehmen in der Öffentlichkeit repräsentieren (vgl. Suchy 2013, 235).
- Kostenfaktor
Die meisten Marketingmaßnahmen sind mit erheblichen Kosten verbunden. In präventive Krisenmaßnahmen wird bisher kaum Geld investiert, sondern erst wenn der Krisenfall eintritt. Daher wird viel mehr Geld in den Markenaufbau als in den Markenschutz investiert. Dies ist auch die Folge davon, dass der Wert für präventive Krisenkommunikation im Gegensatz zu Verkaufsförderung nicht messbar ist. In vielen Unternehmen herrscht noch die Meinung vor, nicht in Krisenprävention zu investieren, da sie vielleicht niemals eintreten. Dass materielles Vermögen versichert wird, ist bei allen Unternehmen unumstritten. Die Versicherung für immaterielle Werte wie den Markenschutz allerdings noch nicht. Krisenprävention stellt eine Art von Schutz für Image und Reputation dar (vgl. Höbel/Hofmann 2014, 50).
- Know-How-Faktor
Die Aufgaben in Krisenzeiten unterscheiden sich nicht nur in der Führungsebene zu den alltäglichen Aufgaben. Folglich „müssen Risiken sorgfältig analysiert, spezifische Krisenprozesse definiert und festgeschrieben sowie Krisen-Tools intern und extern etabliert werden. Das gesammelte Know-How wird in einem Krisenhandbuch zusammengefasst. Die Vorbereitung erfolgt in Schritten mental, organisatorisch, personell, technisch, strategisch und inhaltlich-taktisch“ (Höbel/Hofmann 2014, 50). Für die richtige Vorbereitung auf Krisen müssen die Beteiligten geschult werden, was durch professionelles Krisentraining möglich ist (vgl. Immerschitt 2015, 27).
3.2 Ziele und Aufgaben der Krisenkommunikation
Krisen sind „Ereignisse oder Störungen, die nachhaltigen negativen Einfluss auf die Rentabilität oder die Reputation des Unternehmens haben (können) und zur Schadensminderung aktives Krisenmanagement benötigen“ (Höbel/Hofmann 2014, 12).
Die Ziele der Krisenkommunikation sind die „Festigung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit sowie eine unverzügliche, transparente, sachgerechte und wahrheitsgetreue (Medien-) Berichterstattung und Information der Bevölkerung über Ursachen, Auswirkungen und Folgen einer Krise, um dadurch ein effektives Bewältigen der Krise zu ermöglichen und eine Eskalation der Krise, gegebenenfalls sogar zu einer Medienkrise, zu vermeiden“ (BMI 2008, 14). Im Fokus steht das Abwenden von negativen Folgen. Proaktivität bei der Vermittlung von Informationen dient ebenfalls zur Verbesserung des Vertrauens gegenüber Presse, Medien und der Öffentlichkeit (vgl. BMI 2008, 14). Weitere wichtige Aspekte sind die Kommunikation mit den Stakeholdern sowie ein professionelles Monitoring von Problemfeldern, welches dem Issues Management zugeordnet wird. Zusammengefasst müssen folgende Kernbotschaften nach Höbel/Hofmann vermittelt werden, auch wenn die aktuelle Lage hoffnungslos aussieht, da eine Schadensbegrenzung in allen Fällen möglich ist (Höbel/Hofmann 2014, 21):
Abbildung 7: Kernbotschaften der Krisenkommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Höbel/Hofmann 2014, 21).
3.3 Krisenkommunikationsanalyse
Um professionelle Krisenkommunikationsstrategien entwickeln zu können ist der Einsatz von Analysemethoden notwendig. Die Ergebnisse der Analysen sind wichtige Bewertungsgrundlagen, um latente und akute Krisengefahren zu identifizieren und Strategien abzuleiten. Aktualität der Daten ist ein essentieller Aspekt der Krisenbekämpfung, welche als Bewertungs- und Entscheidungsgrundlage für die Planung der Krisenkommunikationskonzeption von Nöten ist. Folgende Fragen stellen nach Konken eine Auswahl dar, auf welche die Analysen einen Überblick erarbeiten (vgl. Konken 2002, 58):
- In welchem Stadium ist die Krise?
- Wie ist das Image bei den Anspruchsgruppen?
- Was sind die Stärken und Schwächen des Unternehmens?
- Ist das Unternehmen fähig die Krise zu bewältigen oder wird externe Hilfe benötigt?
- Wer sind die wichtigsten Stakeholder des Unternehmens?
Was ist passiert, welche Symptome treten auf, welche Schäden sind entstanden und was muss sofort getan werden sind ebenfalls relevante Fragestellungen, welche es in der Krisenanalyse zu beantworten gilt (vgl. Konken 2002, 57f). Analysemethoden sind beispielhaft die Arena-Analyse, welche die Analyse der Issues sowie Stakeholder und eine politische Umweltanalyse integriert. Zum besseren Verständnis werden nachfolgend diese Analysemethoden vorgestellt.
3.3.1 Arena-Analyse
Die Arena-Analyse ist eine Analysemethode, welche die Ausgangssituation mit ihrer Umfeldkonstellation sowie der Kontextfaktoren analysiert. Aus dieser Ist-Situation ergeben sich die Handlungsoptionen, welche als Assessment bezeichnet werden. Hierbei werden Probleme definiert und interpretiert. Des Weiteren werden Ursachen untersucht und Verantwortliche ausgemacht, woraus Lösungsansätze erstellt werden. Bei dieser Methode werden die Umsetzbarkeit und Vermittelbarkeit untersucht sowie welche Möglichkeiten und Grenzen der Handlungsoptionen sich ergeben. Aus dem Ergebnis der Analyse werden mögliche Ziele prognostiziert. In der Arena-Analyse ist die Stakeholder-Analyse, das Issues Management, welches in der Krisenkommunikation besonders relevant ist sowie eine politische Umfeldanalyse, welche politische, soziale, ökonomische, rechtliche, technologische und mediale Rahmenbedingungen prüft, impliziert (vgl. Kreyher 2011, 1).
3.3.2 Stakeholder-Analyse
Stakeholder oder auch Anspruchsgruppen sind Beteiligte, Betroffene, Verbündete, Gegner oder Multiplikatoren (vgl. Kreyher 2011, 1). Steinke definiert sie folgendermaßen: „Als Stakeholder werden in der Öffentlichkeitsarbeit all jene Gruppen oder Einzelpersonen verstanden, die ein berechtigtes Interesse an Ihrem Unternehmen und Ihren Geschäftsverläufen haben, darunter Mitarbeiter, Anteilseigner, Geldgeber, Kunden, Lieferanten oder der Staat und die Politik“ (Steinke 2014, 30). Die Identifikation der Stakeholder, die Analyse ihrer Verhaltensweisen sowie Issues Management sind notwendig für eine professionelle Situationsanalyse (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2015, 21).
3.3.3 Issues Management
Issues sind Themen, welche von bedeutendem öffentlichem Interesse für die Unternehmen sind. Nach Ingenhoff/Röttger lassen sich folgende Merkmale den Issues zuschreiben (vgl. Ingenhoff/Röttger 2008, 328f):
- Wahrnehmung und Kommunikation eines potenziellen Anliegens,
- Aufweisen eines Konfliktcharakters mit Chancen und/oder Risikopotenzial,
- öffentliches Interesse,
- potenzielles beziehungsweise aktuelles Betreffen der organisationalen Handlungsspielräume.
„Issues Management lässt sich definieren als ein systematisches Verfahren, das durch koordiniertes Zusammenwirken von strategischen Planungs- und Kommunikationsfunktionen interne und externe Sachverhalte, die eine Begrenzung strategischer Handlungsspielräume erwarten lassen oder ein Reputationsrisiko darstellen, frühzeitig lokalisiert, analysiert, priorisiert und aktiv durch Maßnahmen zu beeinflussen versucht sowie diese hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluiert“ (Ingenhoff/Röttger 2008, 326). Vereinfacht dargestellt bedeutet Issues Management das Beachten von für das Unternehmen wichtige Themen wie beispielsweise aus Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft, vor allem wenn es um die Kommunikation mit den Stakeholdern geht (vgl. Puttenat 2007, 155). Folglich können Issues intern sowie extern sein. Ein professionelles Issues Management ist inzwischen essentiell, da in Krisenzeiten häufig kommunikative Überforderung aufgrund von „(…) nicht vorhandenen oder nicht funktionierenden strategischen Frühaufklärungssystemen in der Unternehmenskommunikation“ (Röttger/Preusse 2008, 159) entsteht.
Issues Management wird nach Steinke in einen dreistufigen Prozess unterteilt. Dieser besteht aus: Themen identifizieren (Scanning und Monitoring), Themen bewerten sowie Maßnahmen ergreifen (vgl. Steinke 2014, 26). Der Prozess der Kontrolle wird bei Steinke vernachlässigt, welcher aber nicht ignoriert werden sollte. Denn nach der Krise ist vor der Krise. Hierbei ist es notwendig, die vergangene Krise zu evaluieren um für zukünftige Krisen aus begangenen Fehlern zu lernen. Ebenfalls können positive Aspekte verbessert oder weiterentwickelt werden. Folgende Abbildung veranschaulicht den Transfer des Prozesses der Kommunikationskonzeption auf den Prozess des Issues Managements, welcher von einem dreistufigen auf einen vierstufigen Prozess erweitert wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Vierstufiger Prozess des Issues Managements (eigene Darstellung in Anlehnung an Steinke 2014, 26; Kreyher 2015, 31).
- Themen identifizieren (Analyse)
Welche Themen sind für das Unternehmen relevant, was sind die aktuellen Trends, welches sind zukunftsträchtige Branchen und welche nicht sind potenzielle Fragestellungen. Hierzu müssen die Medien gescannt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Identifikation der sogenannten Meinungsmacher in den Medien. Welche Personen sind für die jeweilige Branche bedeutsam? Die Identifikation der Issues gehört zur Krisenprävention und soll unbedingt vor Krisenausbruch geschehen. Steinke unterscheidet in fünf relevante Issues, welche für die Meinungsmacher bekannt sein sollten (vgl. Steinke 2014, 26f):
[...]
- Citation du texte
- Daniel Willaredt (Auteur), 2016, Krisenkommunikation im Sport, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/452072
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