1 Einleitung
Nicht erst seit Bekanntgabe der für das deutsche Bildungswesen ernüch-ternden Resultate der PISA-Studie beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Optimierung schulischer Lehr-Lern-Arrangements. Die seit PISA verstärkt dis-kutierten Ansätze zur Verbesserung unseres Schulwesens versuchen dabei meist eine umfassende Umformung der derzeitigen Schulformen, z. B. zu Ganztagsschulen. Ansatzpunkte für Innovationen existieren jedoch auch innerhalb der bestehenden Schulformen, z. B. durch neuartige Unterrichtskonzeptionen (Stichwort ‚selbstorganisiertes Lernen’) oder gar im Rahmen bestehender Unterrichtsformen, z. B. durch eine gezielte Verbesserung der – in vielen Fällen durchaus verbesserungswürdigen – Kommunikation von Schülern und Lehrern.
Diese Hausarbeit ist die Ausarbeitung eines Referats, das im Rahmen des Seminars „Lehren, Lernen und Kommunizieren“ gehalten wurde, welches sich mit der Kommunikation im Unterricht beschäftigte. Das Seminar betrachtete intensiv die unterschiedlichen Lehr-Lern-Formen, beleuchtete diese unter dem Aspekt des kommunikativen Geschehens und fragte nach Auswirkungen unterschiedlicher Lehr-Arrangements auf das Kommunikationsverhalten von Lehrern und Schülern. In diesem Kontext wurde – neben klassischen Lehrformen wie dem Lehrervortrag oder neuen Lehrkonzepten wie dem selbstorganisierten Lernen – das Neurolinguistische Programmieren (NLP), das sich explizit der Optimierung von Kommunikationsprozessen verschrieben hat, auf seine Einsatzfähigkeit im schulischen Bereich hin untersucht.
Soll im Rahmen dieser Arbeit die Frage beantwortet werden, wie der Einsatz von NLP im Rahmen der schulischen Kommunikation aussehen kann, muss zunächst geklärt werden, was unter Kommunikation verstanden werden soll und auf welcher wissenschaftlichen Grundlage eine Beschäftigung mit Kommunikation aufsetzen kann. Hierzu werden zunächst kurz der dieser Arbeit zugrunde gelegte Kommunikationsbegriff erläutert und die vorrangig der allgemeinen Semantik und der Linguistik entstammenden wissenschaftlichen Erkenntnisse skizziert, auf denen das Kommunikationskonzept des NLP basiert (Kapitel 2).
Darauf aufbauend werden drei grundlegende NLP-Konzepte erläutert (Kapitel 3). Die Kenntnis des Informationsselektionsmodells, der Idee der Repräsentationssysteme und des Konzepts ‚Rapport’ ist Voraussetzung für jeglichen Einsatz von NLP und liefert bereits erste konkrete Ansatzpunkte zur Verbesserung der Kommunikation im Unterricht.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wissenschaftliche Grundlagen
2.1. Begriffsklärung
2.2. Allgemeine Semantik
2.3. Oberflächen- und Tiefenstruktur der Sprache
3. Grundlegende Konzepte des NLP und ihr Einsatz in der schulischen Kommunikation
3.1. Informationsselektionsmodell
3.2. Repräsentationssysteme
3.3. Rapport
4. NLP-Methoden zur Unterstützung lernförderlicher Kommunikation
4.1. Lernförderliche Kommunikation in der Vermittlung von Inhalten
4.2. Lernförderliche Kommunikation in Interaktion mit dem Schüler
5. Kritische Würdigung
6. Literatur
7. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Sinnlich konkrete Wahrnehmung
Abb. 2: Besonderheiten dominanter RS in der Informationsverarbeitung
Abb. 3: Sinnesspezifische Wörter
Abb. 4: Augenbewegungsmuster
Abb. 5: Körpersprachliche Indikatoren
Abb. 6: Lernstile in Abhängigkeit vom dominanten RS
1 Einleitung
Nicht erst seit Bekanntgabe der für das deutsche Bildungswesen ernüchternden Resultate der PISA-Studie beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Optimierung schulischer Lehr-Lern-Arrangements. Die seit PISA verstärkt diskutierten Ansätze zur Verbesserung unseres Schulwesens versuchen dabei meist eine umfassende Umformung der derzeitigen Schulformen, z.B. zu Ganztagsschulen. Ansatzpunkte für Innovationen existieren jedoch auch innerhalb der bestehenden Schulformen, z.B. durch neuartige Unterrichtskonzeptionen (Stichwort ‚selbstorganisiertes Lernen’) oder gar im Rahmen bestehender Unterrichtsformen, z.B. durch eine gezielte Verbesserung der – in vielen Fällen durchaus verbesserungswürdigen – Kommunikation von Schülern und Lehrern.
Diese Hausarbeit ist die Ausarbeitung eines Referats, das im Rahmen des Seminars „Lehren, Lernen und Kommunizieren“ gehalten wurde, welches sich mit der Kommunikation im Unterricht beschäftigte. Das Seminar betrachtete intensiv die unterschiedlichen Lehr-Lern-Formen, beleuchtete diese unter dem Aspekt des kommunikativen Geschehens und fragte nach Auswirkungen unterschiedlicher Lehr-Arrangements auf das Kommunikationsverhalten von Lehrern und Schülern. In diesem Kontext wurde – neben klassischen Lehrformen wie dem Lehrervortrag oder neuen Lehrkonzepten wie dem selbstorganisierten Lernen – das Neurolinguistische Programmieren (NLP), das sich explizit der Optimierung von Kommunikationsprozessen verschrieben hat, auf seine Einsatzfähigkeit im schulischen Bereich hin untersucht.
Soll im Rahmen dieser Arbeit die Frage beantwortet werden, wie der Einsatz von NLP im Rahmen der schulischen Kommunikation aussehen kann, muss zunächst geklärt werden, was unter Kommunikation verstanden werden soll und auf welcher wissenschaftlichen Grundlage eine Beschäftigung mit Kommunikation aufsetzen kann. Hierzu werden zunächst kurz der dieser Arbeit zugrunde gelegte Kommunikationsbegriff erläutert und die vorrangig der allgemeinen Semantik und der Linguistik entstammenden wissenschaftlichen Erkenntnisse skizziert, auf denen das Kommunikationskonzept des NLP basiert (Kapitel 2).
Darauf aufbauend werden drei grundlegende NLP-Konzepte erläutert (Kapitel 3). Die Kenntnis des Informationsselektionsmodells, der Idee der Repräsentationssysteme und des Konzepts ‚Rapport’ ist Voraussetzung für jeglichen Einsatz von NLP und liefert bereits erste konkrete Ansatzpunkte zur Verbesserung der Kommunikation im Unterricht.
In Kapitel 4 werden NLP-Methoden vorgestellt, die helfen, eine lernförderliche Kommunikation zu ermöglichen. Dabei wird nach dem Adressaten der Lehrer-Kommunikation unterschieden in
a) lernförderliche Kommunikation in der Vermittlung von Inhalten mit dem Adressatenkreis ‚Klasse’ (Kapitel 4.1) und
b) lernförderliche Kommunikation in der Interaktion zwischen Lehrer und einzelnen Schülern, in der ein direktes, individuelles Eingehen auf die Persönlichkeit des jeweiligen Schülers möglich ist (Kapitel 4.2).
In Kapitel 5 werden die referierten Ergebnisse einer kritischen Würdigung unterzogen und Möglichkeiten sowie Grenzen des Einsatzes von NLP in der schulischen Kommunikation abschließend beurteilt.
2 Wissenschaftliche Grundlagen
2.1 Begriffsklärung
Kommunikation besteht nach Watzlawick immer aus zwei Aspekten: dem Inhalts- und dem Beziehungsaspekt, d.h. was möchte der Sender der Nachricht mitteilen, und wie möchte er sie vom Empfänger verstanden wissen[1] (vgl. Watzlawick 1996, S. 53).[2] Darüber hinaus stellt sich die Frage, in welchen Formen Kommunikation stattfinden kann, denn bedeutsame Inhalte werden nur zu einem geringen Teil über Sprache vermittelt. Mehr als 90% der Botschaften eines Lehrers werden über para-linguale Phänomene (Modulation, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, usw.) und nonverbale Kanäle übermittelt (vgl. Schmid-Oumard/Nahler 1993, S. 14f.). Kommunikation wird daher im Folgenden als Phänomen verstanden, das neben der Vermittlung von Sachinhalten gleichzeitig die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern bestimmt und gestaltet, sowie verbale, para-linguale und nonverbale Anteile enthält.
2.2 Allgemeine Semantik
Menschen wirken nicht direkt auf die Welt ein. Sie abstrahieren und erstellen sich ein gedankliches Modell dieser Welt, das ihr Verhalten bestimmt (vgl. Bandler/Grinder 1992, S. 27). Es umfasst „die im Verlauf der persönlichen und beruflichen Lebensgeschichte erworbenen Wahrnehmungs- und Denkgewohnheiten, Einstellungen, Überzeugungen und Handlungsmuster“ und beeinflusst damit die zukünftigen Erfahrungen, die ein Mensch machen wird (Schmid-Oumard/Nahler 1993, S. 21). Dieses Grundverständnis des NLP entstammt dem von Korzybski begründeten Wissenschaftszweig der allgemeinen Semantik. Das Modell, das sich ein Mensch von der Realität macht – von Korzybski als ‚Landkarte’ bezeichnet – entspricht nicht exakt dem Gebiet, das sie abbildet, muss jedoch die gleiche Struktur wie das Gebiet haben, wenn sie von Nutzen sein soll (vgl. Korzybski 1949, S. 58).
Auch unsere Sprache kann als ‚Landkarte’ verstanden werden, denn ein Wort ist nicht das Objekt, das es repräsentiert (vgl. Korzybski 1949, S. 58). Mit Hilfe der Sprache können wir unsere Erfahrungen zusammenfassen und anderen zugänglich machen. Dies ist einerseits die Voraussetzung für jeglichen Fortschritt, führt allerdings andererseits zu Problemen, wenn die Struktur von ‚Landkarte’ und Gebiet nicht übereinstimmt. Um die durch Strukturunterschiede entstehenden Missverständnisse und daraus resultierenden Probleme zu umgehen, sollten Menschen im Gebrauch der Sprache und dem Unterschied zwischen Sprache und Realität ausgebildet werden (vgl. Dilts 2001, S. 21). Korzybski hält daher das Gedankengut der allgemeinen Semantik vor allem im Bildungswesen für unentbehrlich (vgl. Korzybski 1949, S. xi).
2.3 Oberflächen- und Tiefenstruktur der Sprache
Neben der allgemeinen Semantik basiert das Kommunikationsmodell des NLP auf der Annahme, dass eine Oberflächen- und eine Tiefenstruktur der Sprache existieren. Will ein Mensch eine Erfahrung, also einen Teil seiner ‚Landkarte’ kommunizieren, bildet er zunächst eine vollständige Repräsentation dieser Erfahrung, die Tiefenstruktur. Beginnt er, diese Erfahrung zu verbalisieren, trifft er – meist unbewusst – eine Reihe von Entscheidungen bzgl. der Form, in der er die Erfahrung kommuniziert (z.B. Satzbau, Wortstellung etc.), d.h. er transformiert die Tiefenstruktur. Das Endergebnis der Transformation ist die Aussage über die Erfahrung, die Oberflächenstruktur der Erfahrung (vgl. Bandler/Grinder 1992, S. 58). Im Rahmen dieser Transformation werden die in der vollständigen Repräsentation der Tiefenstruktur vorhandenen Informationen reduziert. Der Empfänger der Botschaft erhält somit eine unvollständige Repräsentation der Erfahrung, die der Sender ihm mitteilen möchte. Dies führt regelmäßig zu Missverständnissen zwischen Kommunikationspartnern. Chomskys Transformationsgrammatik stellt mit den Regeln, die den Ablauf der Transformationen und somit den Prozess der Informationsreduktion beschreiben, das Handwerkszeug zur Verfügung, die ‚verloren gegangenen’ Informationen wieder zu gewinnen.[3]
Explizites Ziel der NLP-Gründer Bandler und Grinder war es, „... die Einsichten der Transformationsgrammatik jenen zugänglich und anwendbar zu machen, die mit komplexen menschlichen Verhalten arbeiten“ (Bandler/Grinder 1992, S. 22). Sie wollten durch die Bereitstellung einer pragmatischen Methodik zur Analyse von Kommunikationsprozessen die Interaktionen zwischen Menschen verbessern helfen. Hiervon kann ein Lehrer, als mit seinen Schülern ständig in Kommunikationsbeziehungen stehend, sicherlich ebenso profitieren wie die ursprüngliche Zielgruppe der Psychologen und Therapeuten.
3 Grundlegende Konzepte des NLP und ihr Einsatz in der schulischen Kommunikation
3.1 Informationsselektionsmodell
Alle Informationen, die einem Menschen über seine Umwelt zur Verfügung stehen, erhält er über seine Sinnesorgane, denn “... unsere Augen, Ohren, Nase, Mund und Haut ... sind unsere einzigen Berührungspunkte mit der Welt“ (O’Connor/Seymour 1998, S. 55). Aus diesen sensorischen Wahrnehmungen und den Wahrnehmungsprozessen, denen sie unterliegen, entwickelt jeder Einzelne sein individuelles Modell der Welt (vgl. Cleveland 1992, S. 27). In jeder Sekunde nehmen unsere fünf Sinne zwei Millionen Informationseinheiten auf, nur sieben +/- zwei Informationen können jedoch vom Menschen pro Augenblick bewusst verarbeiten werden (vgl. James/Shephard 2002, S. 29). „Die Welt ist so unermeßlich reich, daß wir sie vereinfachen müssen, um ihr Bedeutung zu verleihen“ (O’Connor/Seymour 1998, S. 27). Wodurch wird jedoch gesteuert, welche Informationen ins Bewusstsein gelangen?
[...]
[1] Über den Beziehungsaspekt drückt der Sender aus, wie er die Beziehung zwischen sich und dem Empfänger der Nachricht sieht.
[2] Schulz von Thun geht in seinem weithin bekannten Kommunikationsmodell darüber hinaus (neben Inhalt und Beziehung) noch von Appell und Selbstoffenbarung und somit von vier Perspektiven aus, die in jeder Nachricht enthalten sind (vgl. Schulz von Thun 1997, S. 13f.). Diese umfassendere Betrachtungsweise ist m.E. jedoch in der Praxis nur schwer handhabbar, daher wird dem Ansatz Watzlawicks hier der Vorzug gegeben.
[3] Vgl. zur Beschreibung der Transformationsarten z.B. Bechert/Clément/Thümmel/Wagner 1980, S. 130ff. Eine ‚handhabbarere’ Version dieser Regeln, das Meta-Modell der Sprache, haben Bandler und Grinder entwickelt, vgl. Bandler/Grinder 1992, S. 72ff.
- Quote paper
- Anja Schmitt (Author), 2003, NLP in der schulischen Kommunikation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45151
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.