Togo wurde 1884 durch einen Protektoratsvertrag zum deutschen Schutzgebiet erklärt. Die Landesgrenzen wurden in den darauffolgenden Jahren bis 1899 willkürlich, ungeachtet der verschiedenen Ethnien und deren unterschiedlichsten Sprachen, durch militärische Eroberungen, Schutzverträge mit einheimischen Stammesführern und Vereinbarungen zwischen dem Deutschen Reich und den angrenzenden Kolonialmächten Großbritannien bzw. Frankreich festgelegt. Im Deutschen Reich galt Deutsch-Togo als Musterkolonie.
Die vorliegende Ausarbeitung beschränkt sich auf die in der damaligen Zeit so gelobte Bildungspolitik. Hierbei soll allerdings nicht geklärt werden, ob das Bildungswesen im Sinne des Kolonialherrn mustergültig war, sondern welchen Zweck die gewollten Fortschritte erfüllten und welche Auswirkungen sie letztendlich auf die Einheimischen gehabt haben. Versuchten die Kolonialisten tatsächlich ein „niedriger entwickeltes“ Volk zu einer nachhaltigen Entwicklung zu verhelfen? Oder galten sämtliche Maßnahmen einzig dem Vorteil des Deutschen Reiches, einer Optimierung der Ausbeutung? Konnten die Togolesen profitieren oder war es nur Leid, welches sie ertragen mussten?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bildungspolitik
2.1. Der Bau von Schulen
2.2. Die Lehrinhalte der Schulen
2.3. Die Sprachenfrage
2.4. Auswirkungen
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Togo wurde 1884 durch einen Protektoratsvertrag zum deutschen Schutzgebiet erklärt. Die Landesgrenzen wurden in den darauffolgenden Jahren bis 1899 willkürlich, ungeachtet der verschiedenen Ethnien und deren unterschiedlichsten Sprachen, durch militärische Eroberungen, Schutzverträge mit einheimischen Stammesführern und Vereinbarungen zwischen dem Deutschen Reich und den angrenzenden Kolonialmächten Großbritannien bzw. Frankreich festgelegt.
Im Deutschen Reich galt Deutsch-Togo als Musterkolonie. Eine allgemeingültige Definition dieses Begriffs gibt es jedoch nicht. Ralph Erbar formulierte folgende Kriterien: Es dürften nur wenige, vergleichsweise kleinere antikoloniale Aufstände gegeben haben, es müsste im besonderen Maße eine Infrastruktur aufgebaut worden sein, die indigene Bevölkerung müsste sich kulturell weiterentwickelt haben (u.a. erkennbar durch das Tragen von Kleidungsstücken nach europäischem Vorbild, dem Bau und der Nutzung von Toiletten), die Kolonie müsste wirtschaftlich rentabel bzw. zumindest autark gewesen sein und es müssten sowohl Fortschritte im Gesundheits-, als auch im Bildungswesen zu verzeichnen sein.
Die vorliegende Ausarbeitung beschränkt sich auf das letztgenannte Kriterium. Hierbei soll allerdings nicht geklärt werden, ob das Bildungswesen im Sinne des Kolonialherrn mustergültig war, sondern welchen Zweck die gewollten Fortschritte erfüllten und welche Auswirkungen sie letztendlich auf die Einheimischen gehabt haben. Versuchten die Kolonialisten tatsächlich ein „niedriger entwickeltes“ Volk zu einer nachhaltigen Entwicklung zu verhelfen? Oder galten sämtliche Maßnahmen einzig dem Vorteil des Deutschen Reiches, einer Optimierung der Ausbeutung ?
2. Bildungspolitik
2.1. Der Bau von Schulen
Bereits vor Gründung der deutschen Kolonie Togo, entstand 1856 eine erste deutsche Missionsschule an der Küste des späteren Schutzgebietes. Am Ende der deutschen Herrschaft in Togo, nur wenige Wochen nach Beginn des ersten Weltkrieges, sollte die Zahl der Missionsschulen auf 362 angestiegen sein. Diese scheinbar beeindruckende Statistik muss jedoch zum Teil relativiert werden. Um mehr staatliche Fördergelder zu erhalten wurden auch kleinste Schulformen, wie beispielsweise ein nur dreistündiger Unterricht in der Woche „unter einem Schattenbaum“[1], mit in die Statistik aufgenommen. Im Durchschnitt besuchten daher auch nur etwa 38 Schüler eine Missionsschule. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Schülerzahl pro Schule im deutschen Mutterland lag dagegen bei circa 170 Schülern.
Zudem kommt, dass bis auf zwei Schulen alle im Süden Togos lagen. Das liegt vor allem daran, dass zunächst die Eroberung des nördlich gelegenen Hinterlands länger andauerte, und es dann für die Kolonialmacht schwerer zu erschließen war – beispielsweise war zwar eine Eisenbahnstrecke in den Norden geplant, wurde aber nicht mehr errichtet. Etwa die Hälfte der Bevölkerung war damit quasi abgetrennt von dem Bildungsangebot. Die Folge ist eine extrem divergente Schulbesuchsquote. Während im Norden kaum jemand eine Schule besuchen konnte, gingen im Süden fast zwei von zehn Kindern im Schulalter, ohne dass es eine Pflicht dazu gegeben hätte, in eine Schule.
Neben dem Engagement der Missionsgesellschaften, die in allen deutschen Kolonien die meisten Schulen unterhielten, gab es in Togo zum Ende der deutschen Herrschaft drei Regierungsschulen, eine Fortbildungs-, eine Ackerbau- und eine – 1912 wieder geschlossene – Handwerkerschule. Diese sehr geringe Zahl resultierte vor allem aus der „äußerste[n] Sparsamkeit“[2] der Kolonialregierung im Hinblick auf eine möglichst ausgeglichene Bilanz der „Musterkolonie“. So blieben oft „dringend erforderliche“[3] Investitionen – nicht nur beim Bau und der Unterhaltung von Schulen – aus oder wurden verschoben. Eine Auslagerung des Großteils des Bildungswesens an die Missionsgesellschaften versprach eine kostengünstige, anfangs gar kostenfreie Alternative. Dies hatte jedoch Auswirkungen auf die Lehrinhalte der Schulen, die zunächst in ihrer überwiegenden Mehrheit von den Missionen konzipiert wurden.
2.2. Die Lehrinhalte der Schulen
Natürlich war das vorrangige Ziel der Missionsgesellschaften die Missionierung der „Eingeborenen“. Diese erfolgte nicht nur im dafür direkt vorgesehenen Religionsunterricht, sondern durchdrang auch die Inhalte der weltlichen Fächer. Daneben boten sie humanitäre Hilfeleistungen, wie die medizinische Betreuung der indigenen Bevölkerung und die Lehre grundlegender hygienischer Standards, an und vermittelten das Lesen und Schreiben. Bis zu den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts kamen, auch auf Druck der Kolonialadministration, Fächer wie Geschichte, Erdkunde, Rechnen und Singen dazu. Die „intellektuelle Bildung“ blieb dabei allerdings „überaus fragmentarisch“[4] und lag weit unter dem Niveau im kaiserlichen Deutschland. Selbst die fünf gehobenen Missionsschulen im Jahr 1911 „lagen noch unter dem Niveau einer deutschen achtklassigen Volksschule“[5], die vor allem von Kindern der Arbeiterklasse und des Kleinbürgertums besucht wurde. Man wollte weder die Masse der Bevölkerung grundlegend bilden, noch eine „qualifizierte Ausbildung für eine afrikanische Elite“[6] ermöglichen. Ansonsten, so wurde befürchtet, könnten sich die Togolesen durch ihr angehäuftes Wissen der kolonialen Herrschaft entziehen und sich auflehnen. Mädchenschulen wurden somit nicht staatlich gefördert, ein Studium an einer deutschen Universität wurde den Afrikanern allesamt verweigert und eine zweijährige Weiterbildung an der 1911 gegründeten Fortbildungsschule war nur für wenige, besonders gute Schüler gedacht, die für eine Anstellung bei der Kolonialregierung ausgebildet werden sollten. Daneben gab es nur noch die spezifische Ausbildung in der Handwerks- bzw. Ackerbauschule.
Das eigentliche Ziel war – abgesehen von der Missionierung – die Erziehung zu einem treuen, untergebenen Staatsdiener. Beispielhaft dafür steht der folgende Auszug aus dem Lehrplan für die Gesamtheit der Missionsschulen aus dem Jahr 1906: „Alle Eingeborenen sind Untertanen des deutschen Kaisers. Sie müssen auch der […] in Togo eingesetzten Regierung […] treu und gehorsam sein.“[7]
Auf den gehobenen Schulen sollten die „Eingeborenen“ zu Hilfsarbeitern für die untersten Aufgaben der Kolonialverwaltung ausgebildet werden. Dabei wurden sie – anders als in den Elementarschulen – mehrheitlich von „voll ausgebildete[n] deutschen[n] Volksschullehrer[n][8] unterrichtet. Diese erzogen die Schüler wie im Kaiserreich üblich, was in der Regel bedeutete, dass dies ohne Rücksicht auf deren soziologischen oder kulturellen Hintergrund geschah, denn die Majorität der Missionare war sich einig, dass man die Afrikaner kulturell entwurzeln und zu einem „anderen“ Menschen verwandeln sollte, da deren Kultur eine „längst überholte […] Stufe der Menschheitsgeschichte“[9] darstelle.
[...]
[1] Mehnert, Die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika, S. 197.
[2] Erbar, „Platz an der Sonne“?, S. 288.
[3] Ebd., S. 199.
[4] Sebald, Die deutsche Kolonie Togo, S. 157.
[5] Mehnert, Die deutsche koloniale Herrschaft in Afrika, S. 194.
[6] Sebald, Die deutsche Kolonie Togo, S. 153.
[7] Zitiert nach Mehnert, Die deutsche koloniale Herrschaft in Afrika, S. 202.
[8] Mehnert, Die deutsche koloniale Herrschaft in Afrika, S. 196.
[9] Norris, Die Umerziehung, S. 88.
- Arbeit zitieren
- Michael Ehret (Autor:in), 2018, Die Bildungspolitik in der deutschen "Musterkolonie" Togo. Nachhaltige Entwicklung oder Optimierung der Ausbeutung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450150
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