Die Kirchen genießen in Deutschland in großer Menge durch die Verfassung, Staatskirchenverträge und Gesetze gesicherte Privilegien. Allein der Status der Körperschaft öffentlichen Rechts (KdöR) verleiht den beiden großen Kirchen in Deutschland (und noch anderen kleineren Religionsgemeinschaften) zahlreiche erhebliche Vorteile gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppierungen, wie beispielsweise das Recht, Steuern zu erheben, eine eigene kirchliche Disziplinargewalt, staatlich finanzierte Theologische Fakultäten und das Privileg, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an Schulen stattfinden lassen zu können.
Ein besonders gewichtiges Sonderrecht ist das eigene kirchliche Arbeitsrecht. Mit etwa 1,3 Mio. Angestellten sind die beiden großen Kirchen in Deutschland nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber. Bei der Rechtmäßigkeit des Kirchenarbeitsrechts beruft sich die Kirche auf Art. 137 Abs. 3 Satz 1 GG: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“ Trotz des eigentlich klaren Gebots, die kirchlichen Angelegenheiten müssten „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ geregelt werden, verstößt das kirchliche Arbeitsrecht gegen verschiedene Antidiskriminierungsgebote und schränkt die Grundrechte ihrer Angestellten zum Teil erheblich ein.
Kritik begegnet der Kirche vor allem von juristischer und gewerkschaftlicher Seite, aber auch aus anderen Seiten der Gesellschaft wie von Sozialethikern und selbst aus der Theologie. So nennt beispielsweise der an der Bonner Universität tätige Professor für Systematische Theologie mit Schwerpunkt im sozialethischen Bereich, Kreß, das kirchliche Arbeitsrecht „hochgradig reformbedürftig“.
Neu entfacht wurde die Diskussion aufgrund des jüngsten Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11.09.2018 zum Fall eines Chefarztes eines caritativen Krankenhauses, dem aufgrund seiner Wiederverheiratung gekündigt wurde. Wie die unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen – insbesondere die juristische und sozialethische – zu einer derartigen Entscheidung des kirchlichen Arbeitgebers aussehen und inwiefern kirchliche Privilegien im Arbeitsrecht in einem säkularen Staat des 21. Jahrhunderts vertretbar sind, soll diese Proseminararbeit klären.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Privilegien der Kirche im Arbeitsrecht
3. Der „Chefarzt-Fall“
3.1. Standpunkt der Deutschen Bischofskonferenz
3.2. Standpunkt der Evangelischen Kirche Deutschland
3.3. Juristische Sichtweise
3.4. Standpunkt der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
3.5. Sozialethische Sicht
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
5.1. Sekundärliteratur
5.2. Internet
- Arbeit zitieren
- Michael Ehret (Autor:in), 2018, Die Probleme des kirchlichen Arbeitsrechts. Der "Chefarzt-Fall", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450149
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