Die „legitimationstheoretische Grundfigur des Kontraktualismus“ beruht auf der Idee, dass die Betroffenen Staat und Recht ihrerseits in einem Vertrag zustimmen. Herrschaft wird rechtfertigungsbedürftig und ist legitim, wenn sie die Interessen der Individuen widerspiegelt. Die Gesellschaftsvertragstheorien Hobbes und Rousseaus verfolgen ein solches Programm der Herrschaftslegitimation, indem sie den Konfliktcharakter des menschlichen Naturzustands beschreiben, hieraus die Notwendigkeit eines Gesellschaftsvertrages herleiten und schließlich die Grundfrage beantworten, wer „mit wem welchen Vertrag unter welchen Bedingungen auf welche Veranlassung hin zu welchem Zweck“ schließt. Die vorliegende Arbeit wird zunächst die Gesellschaftsvertragstheorien von Thomas Hobbes und Jean-Jacques Rousseau vergleichend darstellen. Anschließend wird die Bedeutung der Autorisierung/Ermächtigung des Souveräns durch die vertragsschließenden Parteien bei Hobbes erläutert und in Bezug zu einer entsprechenden Analogie bei Rousseau gesetzt. Der letzte Teil der Arbeit befasst sich mit der Gesetzgebung in beiden denkpolitischen Systemen.
Aufgabenstellung
Der alleinige Weg zur Errichtung einer solchen allgemeinen Gewalt, die in der Lage ist, die Menschen vor Angriffen Fremder und vor gegenseitigen Übergriffen zu schützen und ihnen dadurch eine solche Sicherheit zu verschaffen, dass sie sich durch eigenen Fleiß und von den Früchten ihrer Erde ernähren und zufrieden leben können, liegt in der Übertragung ihrer gesamten Macht und Stärke auf einen Menschen oder eine Versammlung von Menschen, die ihre Einzelwillen durch Stimmenmehrheit auf einen Willen reduzieren können. (Thomas Hobbes, Leviathan, dt. Übers. Frankfurt am Main 1984, S.134)
Es ist eine wirkliche Einheit aller in ein und derselben Person, die durch Vertrag eines jeden mit jedem zustande kam, als hätte jeder zu jedem gesagt: Ich autorisiere diesen Menschen oder diese Versammlung von Menschen und übertrage ihnen mein Recht, mich zu regieren, unter der Bedingung, dass du ihnen ebenso dein Recht überträgst und alle ihre Handlungen autorisierst.“ (Thomas Hobbes, a.a.O.)
Wie findet man eine Gesellschaftsform, die mit der ganzen gemeinsamen Kraft die Person und das Vermögen jedes Gesellschaftsmitglieds verteidigt und schützt und kraft deren jeder einzelne, obgleich er sich mit allen vereint, gleichwohl nur sich selbst gehorcht und frei bliebt wie zuvor? Das ist die Hauptfrage, deren Lösung der Gesellschaftsvertrag gibt (Jean Jacques Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, 1762, dt. Übers. in: N. Hoerster, Hrsg., Klassische Texte zur Staatsphilosophie, München 1987, S. 196).
Alle diese Klauseln lassen sich, wenn man sie richtig auffasst, auf eine einzige zurückführen, nämlich das gänzliche Aufgehen jedes Gesellschaftsmitglieds mit allen seinen Rechten in der Gesamtheit (...).“ (Rousseau, a.a.O.)
Scheidet man aus dem Gesellschaftsvertrag alles aus, was nicht zu seinem Wesen gehört, so wird man sich überzeugen, dass er sich in folgende Worte zusammenfassen lässt: Jeder von uns stellt gemeinschaftlich seine Person und seine ganze Kraft unter die oberste Leitung des allgemeinen Willens, und wir nehmen jedes Mitglied als untrennbaren Teil des Ganzen auf.“ (Rousseau, a.a.O., S.197).
Frage1: Erläutern Sie, wie nach Hobbes und nach Rousseau jeweils der Gesellschaftsvertrag zustande kommt und welche Elemente er enthält. Wodurch unterscheiden sich die beiden Vertragskonstruktionen voneinander?
Frage 2: Warum ist es für Hobbes wichtig, dass der Souverän (der Staat) durch die vertragschließenden Parteien „autorisiert“ wird? Gibt es zu dieser Ermächtigung/Autorisierung eine Analogie bei Rousseau?
Frage 3: Welchen Anforderungen muss nach Hobbes und nach Rousseau jeweils ein vom Gesetzgeber erlassenes Gesetz genügen? Begründen Sie kurz, warum diese Anforderungen jeweils notwendig sind.
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser eseprobe nicht enthalten
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