Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Therapiemöglichkeiten des Schwimmens bei Kindern mit ADHS.
Zunächst werden Merkmale und Prävalenz der chronischen Erkrankung aufgezeigt. Anschließend folgen Überlegungen, aus welchen Gründen Schwimmen besonders geeignet für eine bewegungsorientierte Entwicklungsförderung ist und es werden praktische Inhalte einer solchen skizziert.
Eine Studie zur Bewegungsförderung durch Schwimmen bei Kindern mit ADHS und deren Ergebnisse werden dargestellt.
Zuletzt folgt eine Diskussion der Wirkung vom Schwimmen für ADHS- Betroffene und ein Fazit für weitere Arbeitsschritte
Zusammenfassung
ADHS ist gekennzeichnet durch Hyperaktivität, Impulsivität und Konzentrationsstörungen.
In Deutschland sind rund 5 % der drei bis 17-jährigen betroffen. Ursachen können genetische Dispositionen, Neurotransmitterdysfunktionen, Anomalien im Gehirn oder Erziehungsmethoden sein. Aufgrund den Besonderheiten des Wassers wird auch Schwimmen als Therapieform bei Kindern mit ADHS eingesetzt. Es wird vermutet, dass Kinder ein intensiveres Körpergefühl wahrnehmen und durch den Wasserwiderstand die unkoordinierten Bewegungen ausgelebt werden. Eine Bewegungsförderung mit den Inhalten Wasserbegegnung, Wassererschließung und Problemlösestrategien im Wasser wird vorgeschlagen. Koentker und Sojo – Sojo führten im Jahr 2003 eine dreimonatige Bewegungsintervention im Schwimmen mit sechs Kindern mit ADHS durch. Die Ergebnisse sind, dass sie sich in ihren motorischen Leistungen nicht verbessern. Jedoch lässt sich unmittelbar nach der Intervention eine Reduktion von einigen symptomspezifischen Verhaltensauffälligkeiten betrachten, die sich aber weiterhin meist im klinisch auffälligen bzw. Grenzbereich befinden.
Demnach kann versucht werden bei schwimmbegeisterten Kindern mit ADHS diese Therapieform als zusätzliche Maßnahme einzusetzen. Es ist eine Überlegung dabei gleichzeitig die Medikation zu reduzieren. Eine Bewegungsförderung ist kein Ersatz für verhaltenstherapeutische und familienorientierte Arbeit.
Schlüsselwörter ADHS, Bewegungsförderung, Reduktion Verhaltenssymptomatik , ergänzende Therapieform, Sporttherapie
Einleitung
Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit den Therapiemöglichkeiten des Schwimmens bei Kindern mit ADHS. Zunächst werden Merkmale und Prävalenz der chronischen Erkrankung aufgezeigt. Anschließend folgen Überlegungen, aus welchen Gründen Schwimmen besonders geeignet für eine bewegungsorientierte Entwicklungsförderung ist und es werden praktische Inhalte einer solchen skizziert. Eine Studie zur Bewegungsförderung durch Schwimmen bei Kindern mit ADHS und die Ergebnisse werden dargestellt. Zuletzt folgt eine Diskussion der Wirkung vom Schwimmen für ADHS Betroffene und ein Fazit für weitere Arbeitsschritte
ADHS – allgemeiner Stand
Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) ist gekennzeichnet durch eine Störung der Aufmerksamkeit und eine extreme motorische Getriebenheit (Speer, 2009). Betroffene zeigen meist eine mangelnde Ausdauer an einer Sache zu bleiben und wechseln oft Tätigkeiten, bevor eine abgeschlossen ist. Kinder wirken oft rastlos, haben Probleme stillzusitzen und sind impulsiv (Schneider, Niebling, 2008). Die Ursachen sind nicht weites gehend geklärt. Mögliche Ursachen können genetische Dispositionen sein, aber auch Neurotransmitterdysfunktionen, wie eine Fehlleitung von Dopamin, Anomalien im Gehirn oder
Erziehungsmethoden. Therapieformen sind verhaltenstherapeutische, familienorientierte und/oder medikamentöse Ansätze.
Nach der KIGGS Welle 2 (2009-2012) wurde bei 5,0% der drei bis 17-Jährigen in Deutschland ADHS diagnostiziert (Schlack et al., 2014). Jungen sind mit 8,0% deutlich öfters betroffen als Mädchen mit 1,7%. Bei rund einem Drittel persistiert die Störung bis ins Erwachsenenalter hinein (Schneider, 2008).
Wasser als Therapiemedium
Das Sich-Bewegen im Wasser vollzieht sich grundsätzlich anders als an Land. Die Beschaffenheit des Wassers eröffnet ganz eigene und neue, vielfältige Bewegungsmöglichkeiten (Lange, Volck, 1998). Die Handlungsmöglichkeiten und Sinnorientierungen verändern sich, was vielmehr die Möglichkeit eröffnet therapeutisch zu arbeiten, indem ein stärkeres Körpergefühl wahrgenommen wird. Durch die Bewegung an sich stellt das Individuum eine elementare Verbindung zum Medium Wasser her, setzt sich mit dem Element intensiv auseinander und gewinnt somit ein Wasserbewegungsgefühl (Lange, Volck, 1998). Das heißt es wird eine Verbindung zum und Erschließung des Wassers hergestellt. Außerdem ist eine Entlastung der Muskulatur, Gelenke und Wirbelsäule gegeben, was zu einer Entspannung der Hals- und Rückenmuskulatur beiträgt (Cherek, 1984).
Entwicklungsförderung bei ADHS-Kindern durch Schwimmen
Der Wasserwiderstand ermöglicht den Kindern ihre Bewegungen auszuleben und dabei federt er diese auch ab. Bei unterschiedlich schnellen Bewegungen ändert sich auch der Wasserwiderstand. Dadurch erfahren die Kinder ihre Bewegungen abzubremsen, aber merken auch, dass sie sich trotzdem vorwärts bewegen (Cherek, 1996). Hierdurch erhalten sie eine Belohnung für die Regulierung ihres Aktionsdranges und lernen sich mehr auf ihre Bewegungen zu konzentrieren. Die Betroffenen müssen sich im Wasser koordiniert bewegen, um ökonomisch vorwärts zu kommen. Das Kind erkennt, dass es sich seine Kräfte einteilen muss, um länger im Wasser verweilen zu können. Dieser Transfer in das Handeln an Land wäre eine hohe und bedeutsame Zielsetzung.
Der unterschiedliche Druck verbessert die Tiefensensibilität und Schwimmen im warmen Wasser indiziert eine Muskeltonusentspannung (Cherek, 1996). Die intensiven vestibulären Reize führen zu einer motorischen Beruhigung. Besonders beim Wasserspringen helfen die Regeln dabei, dass die unkontrollierte Impulsivität überwunden wird (Cherek, 1996).
Durch die vielfältigen Bewegungshandlungen erfahren die Kinder Selbstwirksamkeit und eine positive Verstärkung ihrer Handlungen, was bei den Betroffenen im alltäglichen Umgang meist negativ belastet ist. So werden sie z.B. für ihre enorme körperliche Aktivität getadelt.
Letztendlich fördert das intensivere wahrgenommene Körpergefühl auch eine bewusstere Auseinandersetzung mit den eigenen Bewegungen und zeigt Regulationsmöglichkeiten auf, um sich erfolgreich bewegen zu können.
Strukturierung des Schwimmunterrichts
Der Schwimmunterricht sollte klar strukturiert sein und Regelverstöße konsequent geahndet werden, da das Wasser lebensgefährliche Gefahren mit sich bringt. Eine wichtige Lektion für ADHS-Betroffene, um ein Handeln im Wasser zu ermöglichen. Oberstes Ziel ist es ein Wasserbewegungsgefühl bei den Kindern zu schaffen. Intensive Bewegungsphasen gehen mit kurzen Phasen der Erklärung und der Entspannung einher. Wichtig ist, dass die Kinder vielfältige Bewegungen erfahren und auch Schwimmtechniken in ihrer Grobform erlernen. Außerdem werden zunächst Bewegungsaufgaben alleine gelöst, um dann in Partnerarrangements agieren zu können. Jede Stunde wird mit einem kurzen freien Spiel eröffnet in denen die Kinder mit unterschiedlichen Materialien experimentieren können. Anschließend folgt ein Bewegungsspiel in der Gruppe, danach erhalten die Kinder eine individuelle Bewegungsaufgabe, welche auch präsentiert werden kann, abschließend erfolgt eine Aufgabe in der Gruppe. Die Stunde endet mit einer Entspannungsphase wie einer Bewegungsgeschichte.
Inhalte und Stufen des Bewegungslernens (orientiert an Lange, Volck, 1999)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die Mattenbrücke als Herausforderung und
Bewegungsverlangsamung, um erfolgreich zu sein Bewegungserfahrungen
Studie (Koentker, Sojo-Sojo, 2005)
Koentker und Sojo-Sojo führten im Jahr 2003 eine Pilot-Studie mit sechs Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren durch.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufnahmekriterien waren die Diagnose ADHS nach DSM-IV und eine medikamentöse Behandlung. Es handelte sich um einen Prä-Post Test. Erhebungsinstrumente vor und nach der Intervention waren der AST (allgemeiner sportmotorische Test für Kinder, 6-11 Jahre), der HAKI (Haltungstest für Kinder, 6-11 Jahre), die CBCL / 4-18 (Child-Behavior-Checklist), welche von den Eltern der Betroffenen ausgefüllt wurde, DSM-IV Fragebögen für Eltern und Lehrer, welche ADHS-Merkmale erfassten und der CPT (Continuous Performace Test), welcher die Aufmerksamkeit der Kinder erfasste.
Abb. 2: Das Sammeln von Tauchringen ermöglicht vielfalte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Studie sollte zeigen, dass bewegungsorientierte Interventionen geeignet sind, um den Betroffenen zu einem verbesserten Energiemanagement zu verhelfen und hierdurch die störungsspezifischen Symptomatiken Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität und Hyperaktivität zu reduzieren. Außerdem wurde durch Einbeziehung der Familie und Schule ein Übertragungseffekt in den Alltag der Kinder erhofft. Des Weiteren wurde eine Verbesserung der Motorik erwartet und der Aufbau positiver sozialer Interaktionen. Zuletzt sollte herausgefunden werden, ob es durch eine solche Intervention möglich wäre, den Konsum von Medikamenten wie Ritalin zu verringern oder gar auszusetzen.
Die Bewegungsintervention des Schwimmens fand im Zeitraum Ende April bis Ende Juni zweimal wöchentlich statt. Inhalte waren das Training der Fitness auf spielerische Weise, qualitatives Bewegungsverhalten, Gruppenspiele zur Kommunikation und Kooperation, Training zur Informationsverarbeitung und Handlungsplanung, freies Spiel und Gruppenaufgaben.
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- Arbeit zitieren
- Torben Tesche (Autor:in), 2018, ADHS und Schwimmen. Wirksamkeit einer Bewegungsförderung im Wasser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/446044
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