Die Arbeit befasst sich mit dem Konzept "Smart Home" und wie die Nachfrage der Bürger durch ihre Partizipation an der Gestaltung des Projektes ermittelt werden kann. Dabei wird erklärt, was ein "Smart Home" ist und wie das Wissen, das für viele Menschen neu ist, möglichst einfach vermittelt werden kann. Es wird auch untersucht, welche Methoden der Partizipation am sinnvollsten erscheinen. Die Arbeit bezieht sich auf ein spezifisches Projekt, das im ersten Kapitel vorgestellt wird. Im letzten Kapitel wird diese Arbeit vom Autor kritisch reflektiert.
Inhalt
I. Abkürzungsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Smart City Oldenburg
1.2 Der Mensch in der Smart City Oldenburg
1.3 Reallabor: Fliegerhorst
1.4 Ziel und Gang der Arbeit
2. Smart Home
2.1 The Computer for the 21st Century
2.2 Definition: Smart Home
2.2.1 Internet der Dinge
2.2.2 Definition
2.3 Technischer Background: Smart Home
2.4 Anwendungsbereiche
2.4.1 Hausautomatisierung und bezogene Produkte
2.4.2 Energiemanagement
2.4.3 Gesundheit und Ambient Assisted Living (AAL)
2.4.4 Sicherheit
2.4.5 Komfort
2.5 Probleme, Herausforderungen und Limitierungen
2.5.1 Technologiebezogen
2.5.2 Bewohnerbezogen: Komplexität, Sicherheit und Geld
3. Partizipation der Bürger
3.1 Funktionen und Notwendigkeit
3.2 Formen der Partizipation
3.3 Partizipationsverfahren
3.3.1 Präsenzbeteiligung
3.3.2 E-Partizipation
3.4 Hürden und Probleme
4. Innovation vermitteln
4.1 Definition
4.2 Der Innovations-Entscheidungs-Prozess
4.3 Einordnung des EnaQ-Partizipationsverfahrens
4.4 Know-how-knowledge bei Innovationen vermitteln
5. Handlungsempfehlung
6. Kritik und Hinweise
III. Quellenverzeichnis
IV. Anhang
I. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Karte Oldenburg Fliegerhorst Maßstab 1:5000 Quelle: (“Google Maps: Fliegerhorst,” 2018)
Abbildung 2: Fliegerhorst Oldenburg Quelle (OpenStreetMap)
Abbildung 3: "Stabsgebäude von Norden gesehen" Quelle: (Machleidth GmbH et al., 2016, p. 90)
Abbildung 4: "verschiedene Typen der Unterkunftsgebäude" Quelle:(Machleidth GmbH et al., 2016, p. 90)
Abbildung 5: "Tower vom Vorfeld gesehen" Quelle: (Machleidth GmbH et al., 2016, p. 91)
Abbildung 6: Virtual Reality vs. Ubiquitous Computing, in cartoons. Quelle: (Weiser, 1996)
Abbildung 7: Eigene Abbildung in Anlehnung an "General smart home management model" (Risteska Stojkoska and Trivodaliev, 2017)
Abbildung 8“ Struktur des Endenergieverbrauchs in Deutschland nach Sektor im Jahr 2016“ Statista Quelle: (AGEB, 2017)
Abbildung 9 Eigene Abbildung „Bevölkerung Deutschlands“ basierend auf "koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung () Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung" Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
Abbildung 10: Eigene Abbildung in Anlehnung an "Abb. 7 -Motive für Nutzung von und Interesse an Smart-Home-Angeboten" Quelle: (Vgl. Dr. Wagner et al., 2018, p. 14)
Abbildung 11: "Absatz von intelligenten Lautsprechern weltweit bis Q1 2018" Quelle: (Strategy Analytics, 2018)
Abbildung 12: Eigene Abbildung in Anlehnung an "Stufenmodell der Partizipation" Quelle: (Schweizer-Ries, 2011, p. 17)
Abbildung 13: Eigene Abbildung in Anlehnung an "Der Innovations-Entscheidungs-Prozess" Quelle: (Karnowski and Kümpel, 2016, p. 100)
Abbildung 14: Eigene Abbildung: Einflussnahme der Partizipationsverfahren des EnaQ Fliegerhorst (In Anlehnung an Abbildung 13)
Abbildung 15 Eigene Abbildung: Bekanntheit des Begriffs Smart Home in Anlehnung an "Digitale Begriffe - Bekanntheit in Deutschland 2016" Quelle: (“Digitale Begriffe - Bekanntheit in Deutschland 2016 | Umfrage,” 2016)
Abbildung 16: Eigene Abbildung "Inhalte der Handlungsempfehlung"
1. Einleitung
In dieser Bachelorthesis geht es um die Partizipation der Bürger bei der Realisierung von Smart Homes auf dem Fliegerhorstgelände in Oldenburg. Die Smart Homes auf dem Fliegerhorst stellen ein kleineres Teilprojekt in einem weitaus größeren Smart City Projekt dar. In den folgenden Unterpunkten dieses Kapitels wird dieses Teilprojekt im Gesamtprojekt eingeordnet (um einen Kontextrahmen zu schaffen), sowie das Ziel und die methodische Vorgehensweise dieser Arbeit erklärt.
1.1 Smart City Oldenburg
Der Begriff „Smart“ wird nicht nur mit dem Begriff „Phone“ kombiniert. Durch die stetige Weiterentwicklung des Forschungsstandes im Bereich der Informationstechnologie werden immer mehr Objekte der Offline-Welt mit der Online-Welt vernetzt. So werden z.B. auch Kühlschränke, Tische und Glühbirnen „Smart“. In diesem Zuge fällt auch der Term „Smart City“. In Oldenburg gibt es schon seit 2015 öffentliche Ambitionen eine sogenannte Smart City zu realisieren. Im Jahr 2017 wurde dann vom Informatikinstitut OFFIS Oldenburg in Zusammenarbeit mit einem Konsortium aus 21 Spezialisten ein umfangreiches Strategiepapier entworfen, in dem konkrete Ideen und Vorschläge für die Schaffung der Smart City in Oldenburg aufgelistet sind. Durch die intelligente Vernetzung von Bereichen wie z.B. Umwelt, Energie und Verkehr soll eine Steigerung der Lebensqualität erreicht werden (Vgl. “Millionenförderung für modernes Wohnquartier - Stadt Oldenburg,” 07.06.2018). Dem Strategiepapier zufolge sollen in einer Smart City, abgesehen von der sektorübergreifenden Datensicherheit, neun Schwerpunkte eine zentrale Rolle spielen: Smart Mobility, Smart Health, Smart Crisis Management, Smart Energy, Smart Water, Smart Production, und Smart Home (Vgl. Damm et al., 2017). Da für diese Arbeit die zeitlichen Kapazitäten nicht ausreichen, um alle Schwerpunkte thematisch abzudecken liegt der Fokus der Arbeit, für den oben genannten Zusammenhang, auf dem Segment „Smart Home“.
1.2 Der Mensch in der Smart City Oldenburg
Ein weiterer Aspekt der Arbeit ist die Partizipation der Bevölkerung. Da der Mensch die Smart City, nachdem sie realisiert wurde, bewohnen soll, ist es von essentieller Bedeutung, dass dieser Mensch die Smart City auch akzeptiert und nachfragt. Um sicherzustellen, dass die Bürger Oldenburgs hinter der Vision der Smart City stehen und sie aktiv teilen, soll es ermöglicht werden, dass sie sich an den, für sie relevanten, Prozessen beteiligen (Vgl. Damm et al., 2017). Als Teil der Smart City wird für den Sektor „Smart Home“ die Partizipation der Bürger in dieser Arbeit beleuchtet. Die Einwohner Oldenburgs sollen nicht nur bei möglichen Ideen für eine Smart City ihren Beitrag leisten, sondern auch bei konkreten Planungen. Einen Standort für die erste physische Realisierung gibt es hierfür schon: Der Fliegerhorst Oldenburg.
1.3 Reallabor: Fliegerhorst
Für den Anfang, der physischen Realisierung der Smart City, wurde das Gelände des Fliegerhorsts in Oldenburg ausgesucht. Der Flugplatz Fliegerhorst wurde 1933 für zivile Zwecke eröffnet. 1934 wurde er jedoch schon weiter ausgebaut und erste Soldaten bezogen den Standort im Jahr 1936. Bis 2006 wurde der Platz dann als Militärgelände genutzt (Vgl. “Fliegerhorst als Militärgelände,” 2018). Das Gelände hat eine Gesamtfläche von 308 Hektar, wovon rund 192 Hektar auf dem Gebiet der Stadt Oldenburg liegen (Vgl. “Fliegerhorst Oldenburg- VERKAUFT,” 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Karte Oldenburg Fliegerhorst (© OpenStreetMap-Mitwirkende, openstreetmap.org)
Die Abbildung 1 lässt erkennen, wo sich das Fliegerhorst Gelände befindet. Bei dem Oldenburg auf der Karte handelt es sich um Oldenburg in Niedersachsen.
2011 wurden zwei Wohngebäude des Fliegerhorsts von der Stadt Oldenburg gekauft und als Flüchtlingsunterkünfte genutzt. Zur gleichen Zeit wurden dem Bund auch 76 Hektar (für einen Solarpark) und im Jahr 2014 dann ca. 109 Hektar des Areals abgekauft (Vgl. “Millionenförderung für modernes Wohnquartier - Stadt Oldenburg,” 2018). Letzteres steht der Stadt Oldenburg somit für weitere Projekte zur Verfügung.
Abbildung 2 zeigt diesen Bereich in einer roten Eingrenzung. Die blauen Rechtecke stellen jedoch das Solarfeld dar und gehören nicht dazu.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Fliegerhorst Oldenburg Maßstab 1:1000 Quelle: (Machleidth GmbH et al., 2016, p. 24)
Hier soll ein neuer Stadtteil entstehen, beginnend mit einem Reallabor. Folgendes Zitat fasst die Definition eines Reallabors sehr gut zusammenfassen: „Reallabore sollen ein Instrumentarium bieten, um gesellschaftliche Probleme zusammen mit Wissenschaft und mit Partnern wie Kommunen, Verbänden und wirtschaftlichen Akteuren gemeinsam vor Ort zu bearbeiten. Durch eine wissenschaftliche Begleitung lassen sich so gesellschaftliche Transformationsprozesse wie z.B. die Sanierung von Stadtteilen, die Einführung nachhaltiger Mobilitäts- oder Energiesysteme besser verstehen und
gestalten.“ (Schäpke, 2017, p. 3)
So sollen, mit dem transdisziplinären Prozessverständnis der Akteure, ein Ko-Design des Forschungsprozesses und die Ko-Kreation von Wissen erfolgen. Mit dieser „Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis“ können, durch interdependente Faktoren, komplexe gesellschaftliche Strukturen transparent gemacht und besser verstanden werden. Reallabore können überall Anwendungen finden: Branchen, Wertschöpfungsketten, Regionen, Städte usw. Im Rahmen dieser Arbeit findet das geplante Reallabor in einem Stadtquartier Anwendung, wo die lokale Smart City untersucht und weiterentwickelt werden soll. Interessant ist auch, dass Reallabore nicht nur der Forschung dienen, sondern auch Impulse zu Veränderungen von aktuellen Prozessen und Zuständen geben (Vgl. Schäpke, 2017, pp. 3–7). So soll auch mit dem Reallabor auf dem Fliegerhorst, neben seiner weiter oben erläuterten Forschungsfunktion, der Impuls für die Realisierung einer Smart City in anderen Teilen Oldenburgs gegeben werden. Geplant sind etwa 110 Wohneinheiten für das Reallabor (Vgl. “Projekt Fliegerhorst – Energetisches Nachbarschaftsquartier,” 2018). Weitergehend wurde schon ein genauerer Bereich auf dem Gelände eingegrenzt und ein Bebauungsplan genehmigt. Diesen Plan (N777D) kann der Leser bei Interesse im Internet zum Download finden. Laut dem Masterplan für den Fliegerhorst Oldenburg sollen sowohl neue Gebäude errichtet werden, als auch bestehende Gebäude ausgebaut und saniert werden. Dabei soll der aktuelle Charakter der Gebäude gewahrt werden (Vgl. Machleidth GmbH et al., 2016, pp. 84–85). Für einen Eindruck über diese Bestandsgebäude dienen die nachfolgenden Abbildungen 3 bis 5.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: "Stabsgebäude von Norden gesehen" Quelle: (Machleidth GmbH et al., 2016, p. 90)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: "verschiedene Typen der Unterkunftsgebäude" Quelle:(Machleidth GmbH et al., 2016, p. 90)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: "Tower vom Vorfeld gesehen" Quelle: (Machleidth GmbH et al., 2016, p. 91)
Das übergeordnete Ziel dieses geplanten Reallabors ist, dass das Quartier klimaneutral ist. Energie ist somit ein zentrales Thema. Die Sektoren Strom, Wärme und Elektromobilität sollen miteinander verknüpft werden und die Konsumenten der Energie (Einwohner) sollen auch gleichzeitig zu Produzenten werden um die Klimaneutralität zu erreichen.(Vgl. “EnaQ - OFFIS,” 2018) Durch den Fokus auf dieses Ziel hat das Quartier, das entstehen soll, den Titel „Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst“ erhalten. Kurz: EnaQ Fliegerhorst.
1.4 Ziel und Gang der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit orientiert sich jedoch nicht am Zweck des EnaQ, sondern an eines ihrer Mittel: Das Smart Home. Am Ende soll das Forschungsteam des EnaQ durch eine, in dieser Arbeit formulierten, Handlungsempfehlung unterstütz werden. Sie beschreibt, wie man beim Thema „Smart Home“ die Bevölkerung optimal partizipieren lassen kann, um somit eine möglichst genaue Nachfrage zu ermitteln. Diese Handlungsempfehlung setzt sich aus den grundlegenden Erkenntnissen von drei Fragestellungen zusammen. Erstens: Was ist ein „Smart Home“ und welche Veränderungen bietet es den Bewohnern? Dadurch soll geklärt werden, was der Bevölkerung vermittelt werden soll. Zweitens: Welche Möglichkeiten der Partizipation der Bürger gibt es? So sollen die Kanäle und Möglichkeiten, über die die Partizipation erfolgen kann, ersichtlich werden. Und drittens: Welche Methoden der Innovationsvermittlung an den Nutzer gibt es? Diese Fragestellung ist wichtig, da es sich bei den Smart Home Elementen um neue Erfindungen handelt. Diese müssen die Bürger möglichst gut verstehen um ihren Beitrag optimal leisten zu können. Es ist also interessant, welche Methoden hierbei am besten funktionieren sollten. Die Beantwortung dieser drei Fragestellungen soll durch Literaturrecherche erfolgen um eine fundierte Handlungsempfehlung zu ermöglichen. Gegebenenfalls kann die Handlungsempfehlung, die in Kapitel 5 dieser Arbeit steht, auch analog auf andere Bereiche (als Smart Home) der Smart City Oldenburg übertragen werden. In Kapitel 4 soll die Innovationsvermittlung und in Kapitel 3 die Partizipation der Bevölkerung beleuchtet werden. Beginnend soll aber in Kapitel 2 das Thema Smart Home bearbeitet werden.
2. Smart Home
Eine Einleitung in das Kapitel erfolgt über eine kurze Historie des Smart Homes und die Betrachtung des, für das Thema prägenden, Aufsatzes von Mark Weiser. Daraufhin werden eine aktuelle Definition und die Anwendungsbereiche des Smart Home ermittelt. Relevant sind auch die Limitierungen und Hürden, die ein Smart Home mit sich bringen könnten. Wichtig ist zu wissen, dass die Themen in diesem Kapitel alle nur oberflächlich angeschnitten werden und dem Leser eine generelle Vorstellung über das Smart Home liefern sollen.
2.1 The Computer for the 21st Century
Im August 1939 wurde im Popular Mechanics Magazine ein sehr bekannter Artikel über die Möglichkeiten, die sich dadurch in einem Haus ergeben, dass der Mensch die Fähigkeit errungen hat Strom zu erzeugen und zu kontrollieren. Der Titel des Artikels lautet „The ELECTRIC HOME of the FUTURE“ und wurde von George H. Bucher, dem Präsidenten der Westinghouse Electric & Manufacturing Company, geschrieben. Bei dem Unternehmen handelt es sich um eine innovationsorientierte Firma, die unter anderem Nikolai Tesla beschäftigt hat und dazu beigetragen hat den Wechselstrom gegen Direktstrom durchzusetzen (Vgl. “Westinghouse: Heritage,” 2013). In diesem Artikel beschreibt George Bucher wie die Häuser in Zukunft das Leben der Menschen durch die Möglichkeiten der Elektrotechnik aufwerten und erleichtern werden. Zum Beispiel wird eine Methode des Kochens erklärt, mit der man durch Hochfrequenzradiowellen einen Schinken in 45 Minuten kocht anstatt in 6 Stunden mit einem Dampfofen. Heute kennen wir diese Technik als Mikrowelle und sie ist für gewöhnlich (wie in dem Artikel angekündigt) in jeder Küche vorhanden. Es werden die Vorteile von Spülmaschinen und elektrische Türöffner beschrieben, mit denen man, mithilfe von Radiowellen, Türen aus der Distanz öffnen und mit dem Besucher sprechen kann. Er wagte nicht zu vermuten welche Möglichkeiten der Kommunikation der Fernseher, der sich auch in jedem elektrischen Haushalt der Zukunft befinden würde, bereitstellen wird. Auch Lichter, deren Farbe man nach Stimmung beliebig umstellen kann, wurden von George H. Bucher angekündigt (Vgl. Bucher, 1939, pp. 161–166). Viele von den Dingen, die er beschrieben hat sind für uns größtenteils alltägliche Gegenstände des Haushalts geworden. Jüngere Generationen kennen zum Beispiel keinen Haushalt ohne Fernseher mehr. Eine solche, wenn nicht sogar gravierendere, Entwicklung im Haus könnte uns die Erfindung des Computers bescheren. Hierzu veröffentlichte Mark Weiser etwa ein halbes Jahrhundert später einen ähnlich, wie der von Bucher, gestrickten Aufsatz mit dem Titel „The Computer for the 21st Century“. Bei dem Autor handelt es sich um einen visionären Informatiker, der 1996 der Chief Technologie Officer (CTO) des weltweit bekannten Palo Alto Research Center (kurz: PARC) von dem Unternehmen Xerox wurde. Mark Weiser starb schon im Alter von 46 Jahren 1999 in Folge eines Leberversagens. Bis zu seinem Tod inspirierte er aber mit seinen Ideen viele Computerunternehmen (Vgl. Markoff, 1999). So auch mit dem Aufsatz, den er im September 1991 im Scientific American veröffentlichte. War es für Bucher die Elektrizität, die neue Funktionen und Erfindungen im Haus ermöglichten, so sind es für Weiser die Computer. Durch immer günstiger, kleiner und leistungsstärker werdende Computer soll es möglich sein, die Gegenstände unseres Alltags mit ihnen auszustatten und zu vernetzen. Die Computer sollen dabei für den Menschen unsichtbar werden. Weiser zieht den Vergleich zur Kunst des Schreibens, das die wohl älteste Informationstechnologie der Menschen sein soll. Die Informationen wurden durch die Schrift vom Gedächtnis des Menschen unabhängig gemacht und wurden über Jahrhunderte hinweg erhalten. Heutzutage findet man die Schrift überall: in Büchern, Zeitschriften, Webseiten, Straßenschildern, Graffiti und so weiter. Dabei nimmt der Mensch die Schrift an sich nicht wahr, sondern die Botschaft, die sie trägt. Sie ist also allgegenwärtig, wird nicht aktiv wahrgenommen und ihre Informationen sind nur durch das bloße Hinsehen sofort abrufbar. Folgendes Zitat aus Mark Weisers Aufsatz erlangte große Bekanntheit:
„The most profound technologies are those that disappear. They weave themselves into the fabric of everyday life until they are indistinguishable from it.“
(Weiser, 1991, p. 94)
Demzufolge hat sich die Schrift so sehr in unseren Alltag verwoben, dass sie nicht mehr wegzudenken ist. Gleichzeitig ist sie auch verschwunden, da wir sie nicht mehr aktiv wahrnehmen. Das gleiche soll nun auch mit den Computern passieren. Sie sollen überall sein, aber auch gleichzeitig nicht mehr von dem Menschen als Computer wahrgenommen werden. In diesem Fall ist es etwas Psychologisches: Der Fokus des Menschen liegt beim Lesen nicht auf das Lesen selbst, sondern auf den Informationen, die beim Lesen gewonnen werden. Der Fokus soll nicht auf das Bedienen der Computer liegen, sondern auf den Aufgaben dahinter. Deshalb stuft Weiser den Personal Computer (PC), als verkehrten Ansatz ein. Folglich beschreibt er in seinem Aufsatz zum Beispiel Pads, die sie zu der Zeit im PARC schon nutzten und die wir heutzutage als Tabletcomputer kennen. In seiner Vision kann man mit dem Pad in einem Raum arbeiten, es in diesem Raum liegen lassen, und im nächsten ein anderes Pad aufgreifen und die Arbeit dort fortführen. Der „Computer“ ist somit losgekoppelt von dem Gerät. Man kann die Pads dann als die „Personifizierung“ der virtuellen Welt (Embodied Virtuality), die überall vorhanden ist, sehen. Die Mitarbeiter des PARC führen hierfür den Begriff „Ubiquitous Computing“ (englisch: Ubiqutious = deutsch: allgegenwärtig). Anders als bei der virtuellen Realität, in der man versucht die reale Welt im Computer zu implementieren und dort einzutauchen, wird beim Ubiqutious Computing versucht, durch die Implementierung von möglichst vielen Computern in die reale Welt, diese um die virtuelle Welt zu erweitern und zu verbessern. Abbildung 6 visualisiert diesen Unterschied.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Virtual Reality vs. Ubiquitous Computing, in cartoons. Quelle: (Weiser, 1996)
Durch diese Implementierung bekommen die Objekte, die mit den Computern ausgestattet werden, neue und erweiterte Funktionen, die Weiser auch in seinen Aufsatz beispielhaft aufführt. Dort beschreibt er abschließend den Alltag der Protagonistin Sal, die in unserer Zukunft lebt, einer Welt, in der Ubiquitous Computing angekommen ist:
Fast liebevoll wird sie von ihrem Wecker geweckt, der sie nach Kaffee fragt. Sie antwortet mit „JA“ und in der Küche wird automatisch Kaffee zubereitet. Sie blickt aus dem Fenster und dann auf das Fenster, das ihr zum Beispiel Informationen darüber gibt, wann ihre Kinder wach geworden sind und ob sie noch zuhause sind. Die Kinder wiederrum hören auf sich leise zu verhalten, da sie benachrichtigt werden, dass ihre Mutter nun wach ist. Beim Frühstück bekommt sie eine E-Mail von dem Hersteller ihres Garagentores. Sie hatte das Handbuch für das Tor verlegt und angefragt, ob sie ihr ein neues zuschicken können. Die wiederrum haben sie darauf hingewiesen, dass in die Bedienungsanleitung ein Chip eingebaut worden ist und sie sich auch von selbst finden kann: Sie tippt den Code in den Toröffner ein und findet die Anleitung, die angefangen hat zu piepen in der Garage…
Weiser führt Sals Alltag noch weiter: Auf dem Weg zur Arbeit, wo ihr Auto sie darauf hinweist, dass sie den Stau umfahren kann, im Büro, wo automatisch erkannt und dokumentiert wird, wer bei welchen Meetings teilnimmt und so weiter (Vgl. Weiser, 1991). Für einen kurzen Einblick in die Möglichkeiten, die Weiser damals gesehen hat und heute real sein können, soll das hier aber reichen. Es scheint, als wäre nach der Elektrifizierung unseres Haushaltes, die nächste Stufe in der Evolution das Ubiquitous Computing angesiedelt, das unsere Heime mit innovativen neuen Produkten und Erweiterungen von bereits bekannten Produkten bereichern könnte. Man könnte dies als die Entwicklung von dem „Home“ zum „Smart Home“ sehen. Was heutzutage aber genau als „Smart Home“ gesehen wird und wie die Computertechnologie in den Produkten eingesetzt wird, wird im Folgenden beschrieben.
2.2 Definition: Smart Home
Home kann aus dem englischen unter anderem mit Haus übersetzt werden. Laut dem Duden ist das Haus, unter anderem, ein Gebäude, das den Menschen zum Wohnen dient. Smart kann mit intelligent übersetzt werden. Es stellt sich die Frage, was in diesem Fall mit „intelligent“ gemeint ist und wird nachfolgend beantwortet.
2.2.1 Internet der Dinge
Hassan Rajaei und Farbod Mirzaei bezeichnen in Ihrem Paper „IoT, Smart Homes, And ZigBee Simulation“ das Smart Home als einen Anwendungsbereich des Internet der Dinge (Englisch: Internet of Things, kurz: IoT) (Vgl. Rajaei and Mirzaei, 2018). Der Begriff IoT wurde zum ersten Mal im Jahr 1999 von Kevin Ashton in einer Präsentation, über den Einsatz von Radio Frequency Identification (RFID) Chips in der Produktion von Procter & Gamble, genutzt (Vgl. Ashton, 2009). Seitdem hat der Begriff sich durchgesetzt und hat sich grade im vergangenen Jahrzehnt stark verbreitet. Es gibt viele ähnliche, aber dennoch unterschiedliche, Definitionen zum IoT. Eine klare und aussagekräftige Definition liefern S. Macadam et al.:
“An open and comprehensive network of intelligent objects that have the capacity to auto-organize, share information, data and resources, reacting and acting in face of situations and changes in the environment” (Madakam et al., 2015, p. 165)
Es handelt sich bei den Objekten in einem Smart Home soweit also um intelligente, vernetzte Objekte, die sich selbst organisieren, Informationen, Daten und Ressourcen teilen und den Umständen entsprechend agieren und reagieren können. Hierbei wird jedoch nicht deutlich, welche entscheidende Rolle die Datenerhebung beim IoT spielt. Betrachtet man die Funktionsweise der Intelligenz dieser Objekte, wird deutlich, dass das Sammeln von Informationen hierfür ein fundamentaler Prozess ist. Rajaei und Mirzaei unterteilen diese Funktionsweise in drei Phasen: Collection Phase (1), Transmission Phase (2) und Process, Management und Utilization Phase (3). Bei der Collection Phase werden die erforderlichen Daten, von den Objekten selbst, sensorisch gesammelt. Da das Objekt vernetzt ist, kann es in der zweiten Phase die Daten über das Netzwerk bereitstellen. In Phase drei werden die Daten dann von dem Objekt selbst oder von anderen Akteuren aus dem Netzwerk ausgewertet. Basierend auf diese Auswertungen agieren bzw. reagieren dann das Objekt und auch andere Objekte im Netzwerk (konkrete Beispiele hierzu werden im Kapitel 2.4 genannt). Ohne die erhobenen Daten ist der Prozess des IoT nicht möglich. (Vgl. Rajaei and Mirzaei, 2018)
2.2.2 Definition
Gelenkt von ihrem Fokus auf die Erhebung der Daten definieren Rajaei und Mirzaei ein Smart Home als ein Heim oder ein Gebäude indem zahlreiche Sensoren zu einem Netzwerk zusammengeschlossen sind und durch die Erhebung von Daten mittels dieser Sensoren intelligente Handlungen ermöglichen um die Betriebskosten des Haushaltes zu senken und den Lebenskomfort zu erhöhen (Vgl. Rajaei and Mirzaei, 2018). Eine andere Definition eines Smart Homes liefert das Intertek Research & Testing Centre:
“A dwelling incorporating a communications network that connects
the key electrical appliances and services, and allows them to be
remotely controlled, monitored or accessed.” (“Smart Home: A Definition,” 2003)
Der Fokus des Forschungsinstituts liegt hierbei darauf die elektrischen Gegenstände im Haus aus der Ferne (sowohl im Haus als auch außerhalb des Hauses) überwachen und fernsteuern zu können (Vgl. “Smart Home: A Definition,” 2003). In dem Kapitel 2.4, in dem die Anwendungsbereiche des Smart Home dargestellt werden, wird die Relevanz der Fernbedienungsfunktion für die Definition deutlich. Rajaei und Mirzaei decken diesen Aspekt in ihrer Definition jedoch nicht ab. Im gleichen Zug vernachlässigt die Definition des Forschungsinstituts die zentrale Bedeutung der Datenerhebung. Folglich wäre es sinnvoll eine Definition zu formulieren, die sich aus den beiden genannten Definitionen zusammensetzt, und möglichst alle wichtigen Aspekte des Smart Home hervorhebt:
Ein Smart Home ist ein Haus, in dem, durch den Einsatz von Technologie, die Objekte vernetzt sind und die Möglichkeit bekommen sensorisch spezifische Daten zu erheben und bereitzustellen, um basierend auf der Auswertung dieser Daten erweiterte Dienstleistungen anbieten und automatisiert funktionieren zu können und somit die laufenden Kosten im Haus zu senken und den Lebenskomfort zu steigern. Über diese Intelligenz hinaus wird den Bewohnern die Möglichkeit gegeben, auf diese Daten zuzugreifen, die Objekte zu überwachen und sie gegebenenfalls im Haus und von außerhalb des Hauses fernzusteuern.
Durch die Literatur lässt sich nicht ermitteln zu welchem Grad ein Haus diese Anforderungen erfüllen muss, um als Smart Home bezeichnet werden zu können. Zurückgreifend auf die Vision von Mark Weiser, wird es dazu kommen, dass alle Objekte, und damit auch die im Haus, durch entsprechender Technologie erweitert werden (Ubiquitous Computing). Welche Objekte, und dann auch Bereiche des Haushaltes, es mit dem aktuellen Stand der Technik sind, wird in Kapitel 2.4 Anwendungsbereiche beschrieben. Bevor in dieser Arbeit jedoch die Anwendungsbereiche dargelegt werden, wird die Funktionsweise des Smart Home detaillierter dargestellt. Das ist sinnvoll, da so verständlich wird, wie die Objekte in den Anwendungsbereichen tatsächlich funktionieren. Auch im darauffolgenden Kapitel (2.5 Herausforderungen) ist diese Kenntnis relevant.
2.3 Technischer Background: Smart Home
Die Abbildung 7 zeigt, wie die Smart Home Anwendungen mit dem aktuellen Stand der Technik in der Regel funktionieren. Mit dem Fortschritt der Technologie kann sich die Funktionsweise der Smart Home Anwendungen in Zukunft noch ändern. Ihre aktuelle Funktionsweise wird anhand der Abbildung 7 möglichst einfach und verständlich beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Eigene Abbildung in Anlehnung an "General smart home management model" (Risteska Stojkoska and Trivodaliev, 2017)
Die Smart Objects sind die Objekte im Haushalt, die durch Technologie erweitert wurden und damit die Möglichkeit haben Daten zu sammeln (Sensing) und sich selbst zu steuern oder steuern zu lassen (Controlling). Die gesammelten Daten werden in der Regel an die Hubs weiter gegeben. Der Hub ist ein Gerät das die Daten für die Smart Objects möglichst selbst verarbeitet und dann, basierend auf diesen Daten, Anweisungen an die Objekte schickt. So trägt der Hub die Rechenleistung der Verarbeitungen der Daten für die Smart Objects (Edge Computing). Er fungiert auch als Schnittstelle zwischen dem Menschen und den Smart Objects und den verschiedenen Smart Objects untereinander im Netzwerk, da diese mit dem aktuellen Stand der Technik in der Regel nicht selbst untereinander kommunizieren können (Communication). Der Hub kommuniziert die Daten, verarbeitet oder unverarbeitet, mit der Cloud. Die Daten kommen in unterschiedlichen Strukturen und Formaten in der Cloud an und häufig in sehr großen Mengen (BIG DATA). In der Cloud, bei der es sich um Server handelt, werden diese Daten dann mit mehr Rechenleistung und Kapazitäten, als der Hub sie hat, verarbeitet (BIG DATA Processing). Die Cloud bietet Drittanbietern (Third Party) die Möglichkeit wieder auf die Daten zuzugreifen (Communication) und sie für Anwendungen (Application) für den Endverbraucher zu nutzen. Über die Cloud können die Anwendungen dann wiederrum auf den Hub und dadurch auch auf die Smart Objects zugreifen (Vgl. Risteska Stojkoska and Trivodaliev, 2017, pp. 1457–1462). Nach diesem Konzept können aus allen möglichen Bereichen im Haushalt Gegenstände mit Technologien erweitert werden. Einen guten Überblick hierzu liefert das Institut für Innovation und Technik.
2.4 Anwendungsbereiche
2.4.1 Hausautomatisierung und bezogene Produkte
Sie unterteilen das Smart Home mit seinen Objekten hier in zwei Bereiche: Die Hausautomatisierung und die Einbindung von Produkten, die die Bewohner beziehen.
Die Hausautomatisierung besteht aus mehreren Teilsystemen, bei denen es sich um Bestandteile des Hauses selbst handelt, die durch den Einsatz von IoT-Technologie vernetzt werden. Diese sind die Heizungsanlage, die Beleuchtung, das Sicherheitssystem (Haustür, Überwachungskameras, Sprinkleranlage, Alarmanlage…), Strom-, Gas- und Wasserzähler, Fenster, Türen und Rollläden (Belüftung und Licht) sowie die Sanitäranlagen. Produkte, die die Bewohner beziehen und vernetzt werden können, sind Haushaltsgeräte (Kühlschrank, Waschmaschine, Trockner, Staubsauger…), Konsumelektronik (PC, TV, Kamera…), Kommunikationsgeräte (Handy und Haustelefon, Fax…) und Hobbyprodukte (Aquarium, Laufband…) (Vgl. Strese et al., 2010, pp. 8–11). Durch das Vernetzen der unzähligen Smart Home Objekte untereinander und mit dem Internet können unbegrenzt viele neue automatische Abläufe und Funktionen installiert werden. Zum Beispiel hat der Elektronik-Versandhändler Conrad eine Plattform (www.conradconnect.de) bereitgestellt, auf der man Kombinationen und Installationen mit einem Netzwerk von angemeldeten Nutzern teilen kann. Beispielsweise hat ein Nutzer ein Konzept vorgestellt, bei der basierend auf Wetterdaten aus dem Internet, die Farbe der Beleuchtung zuhause eingestellt wird. Bei Regen leuchtet die Glühbirne dann blau auf (Vgl. “Dashboard • Conrad Connect,” 2018). Übergeordnet kann man all diese Anwendungen jedoch in vier Bereiche unterteilen, auf die sie Einfluss haben: Energiemanagement, Gesundheit und Ambient Assisted Living (AAL), Sicherheit und Komfort (Vgl. Strese et al., 2010, p. 13). Diese Anwendungsbereiche werden nachfolgend kurz näher beleuchtet. Dabei liegt der Fokus auf dem Nutzen, der für die Bewohner des Smart Home realisiert werden kann, da dies auch die Information ist, die mit den zukünftigen Fliegerhorst-Einwohnern kommuniziert werden muss, damit sie den Sinn dieser Neuerungen wahrnehmen können.
2.4.2 Energiemanagement
Wie die Grafik in Abbildung 8 zeigt, machen die Haushalte etwa 26% des Endenergieverbrauchs in Deutschland aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8“ Struktur des Endenergieverbrauchs in Deutschland nach Sektor im Jahr 2016“ Statista Quelle: (AGEB, 2017)
Besonders mit der globalen Erwärmung im Hintergrund ergibt es dementsprechend Sinn, möglichst in allen Haushalten alle Optimierungspotentiale in dem Bereich auszuschöpfen. Durch den Einsatz von IoT können diese Potentiale ausgeschöpft werden und damit, durch die Optimierung des Verbrauches, die Energiekosten (Strom und Heizung) gesenkt werden. So kann, durch das Erkennen von Abwesenheit der Personen in einem Raum, das Licht automatisch abgeschaltet werden. Oder der Hub kann die nichtgenutzten Geräte nachts ausschalten, sodass sie keine weitere Energie im Standby Modus verzehren (Vgl. Alaa et al., 2017, p. 55). Die Heizkosten können beispielsweise gesenkt werden, indem das Haus erkennt, ob sich Personen im Haus befinden. Ist niemand im Haus, fährt das vernetzte Thermostat, basierend auf dieser Information, die Temperatur im Haus herunter. Nähern sich die Bewohner dem Haus, fährt das Thermostat die Temperatur wieder auf die von den Bewohnern präferierte Wärme herauf (Vgl. Schiller, 2018). Sind beispielsweise die Fenster auch vernetzt, kann die Information, dass die Fenster zum Lüften geöffnet wurden, weiter gegeben werden und das Thermostat fährt die Heizaktivitäten im Smart Home herunter, um Wärme nicht unnötig nach außen abzugeben (Vgl. Rockmann, 2017). Nicht nur der Verbrauch, sondern die Kosten des Stroms selbst können optimiert werden. So können, über die eigenen vier Wände hinaus, Smart Homes auch zusammenarbeiten, um das Energiemanagement zu optimieren: Im sogenannten Smart Grid (intelligentes Stromnetz), können die Smart Homes untereinander kommunizieren. Die Energie wird dann nur geliefert, wenn sie auch benötigt wird. Unter anderem kann dann der Bedarf zeitlich abgestimmt werden. So können zum Beispiel mehrere Smart Homes nachts ihr elektrisches Auto aufladen und sich dabei automatisch so abstimmen, dass es nicht gleichzeitig passiert. Das führt dazu, dass die Gesamtbelastung im Stromnetz geringer ist und keine teure Generierung von Spitzenlastenstrom benötigt wird (Vgl. Mah, 2014, pp. 6–8). Weitere Kosten, die durch die Optimierung des Energieverbrauchs gespart werden können, sind die ökologischen Kosten. So kann, laut der Ergebnisse von unterschiedlichen Studien, zwischen 4% und 27% der CO2 Entstehung durch die Energieproduktion, allein durch die Realisierung eines Smart Grids, reduziert werden (Vgl. Mah, 2014, pp. 24–25). Nicht nur das Wohlergehen unseres Planeten, sondern auch das der Menschen wird durch Smart Homes beeinflusst.
2.4.3 Gesundheit und Ambient Assisted Living (AAL)
Haben sich die Smart Homes erst mal etabliert, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Bereich Gesundheit und AAL die wichtigsten und tiefgreifendsten Veränderungen für die Bewohner mit sich bringt. Durch den gesicherten Wohlstand und die stetig fortschreitenden Entwicklungen der Medizin, werden die Menschen immer älter. Abbildung 9 lässt erkennen, dass die Bevölkerung in Deutschland, basierend auf den Schätzungen des statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015, in den kommenden Jahrzehnten stark altern wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9 Eigene Abbildung „Bevölkerung Deutschlands“ basierend auf "koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (…) Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung" Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
Demnach wird der Anteil der 20-64-Jährigen in Deutschland bis 2060 von 61 auf 51 Prozent zurück gehen und der Anteil der der 65-Jährigen und älteren wird von 20 auf 33 Prozent steigen. Bei einer stärkeren Zuwanderung weichen die Werte ein wenig ab, haben jedoch den identischen Trend in etwa der gleichen Größenordnung (Vgl. Pötzsch and Dr. Rößger, 2015, pp. 19–22). In dieser alternden Gesellschaft haben wir aktuell schon einen Mangel an Pflegekräften. Rechnerisch kommen auf 100 offene Stellen nur 21 Bewerber. Unterschiedliche Institutionen (Bertelsmann Stiftung, Deutsche Institut für Wirtschaft…) kommen auf Schätzungen von 500.000 fehlenden Vollzeitpflegern im Jahr 2030 und besonders bei den Altenpflegern gibt es überall in Deutschland nicht genügend Personal (Vgl. Groll, 2018). Diese fatale Situation könnte durch das AAL entschärft werden. AAL umfasst alle informationstechnischen Systeme und die dazugehörigen Dienstleistungen, die das Leben von gehandicapten und alten Menschen zuhause erleichtern und vielleicht auch erst ermöglichen sollen (Vgl. Theusig, 2012). Zum einen gehört die Hausautomatisierung, die in dieser Arbeit bereits beschrieben wurde, dazu. Beispielsweise übernimmt das Haus Aufgaben wie das Lüften oder Heizen automatisiert, sodass die körperlich eingeschränkten Menschen, diese Aufgaben nicht mehr selbst erledigen oder von Pflegepersonal erledigen lassen müssen. Zum anderen gehören aber auch intelligente Überwachungs- und Assistenzsysteme dazu. Durch Drucksensoren, die überall im Haus angebracht sind, wird zum Beispiel nachverfolgt, wo die Person sich derzeit aufhält. Die Sensoren in der Matratze können so empfindlich eingestellt sein, dass diese den Herzrhythmus des Bewohners messen kann, wenn dieser im Bett liegt und dienen als gutes Beispiel für die Überwachung der Gesundheit des Bewohners. Bei Bedarf schlägt das System im Haus auch Alarm und kann Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. So kann das Smart Home zum Beispiel durch Sensoren unter dem Teppich herausfinden, dass der Bewohner gestürzt ist und über das Internet, die für Notfälle zuständige Zentrale kontaktieren. Durch Kamera- und Videosysteme können Ärzte, Pflegepersonal und Angehörige auch direkt mit den Bewohnern des Smart Homes Kontakt aufnehmen und dadurch Wege und Zeit sparen, wenn es nicht notwendig ist vor Ort zu sein. Ein weiteres Beispiel ist die Dosierung der Medikamente, die im Smart Home automatisch erfolgen kann. Sollten diese Medikamente nicht eingenommen werden, weil der Bewohner sie nicht aus dem vorgesehenen Fach entnommen hat, kann wieder Kontakt zu einer, für solche Fälle zuständigen, Zentrale aufgebaut werden (Vgl. Wendel, 2018). Dies sind nur wenige Beispiele. Jedoch wird deutlich, wie die Pflegekräfte entscheidend entlastet werden und auch entscheidende Vorteile für die Gesundheit der Menschen ermöglicht werden können. Ist es für die Pflegebedürftigen notwendig, so kann man es als zusätzlichen Komfort bezeichnen, wenn nicht-Pflegebedürftige den Arztbesuch von Zuhause aus vornehmen können. Grade bei den gesunden Angehörigen wird ein Gefühl von Sicherheit geweckt, wenn sie wissen, dass die pflegebedürftige Person aus ihrer Familie auch in ihrer Abwesenheit rund um die Uhr sicher ist, da bei Abweichungen und Notfällen sofort für Hilfe gesorgt wird. Um Sicherheit geht es auch im folgenden Anwendungsbereich der Smart Homes.
2.4.4 Sicherheit
Zwei Formen der Sicherheit können differenziert werden: die physische Sicherheit und die Haus-Sicherheit. Physische Sicherheit soll den Menschen davor bewahren physischen Schaden zu erleiden. Die Haus-Sicherheit befasst sich mit dem Einbruchschutz (Vgl. (Ted) Luor et al., 2015). Wie in den anderen drei Anwendungsbereichen gibt es auch bei der Sicherheit des Hauses unzählig viele Möglichkeiten, wie zusätzlicher oder optimierter Nutzen durch den Einsatz von IoT-Technologie gestiftet werden kann. Bei der Haus-Sicherheit können zum Beispiel die Kameras vernetzt sein. Ist der Bewohner nicht zu Hause, und das System des Hauses stellt durch Sensoren fest, dass ein Fenster gewaltsam geöffnet wurde, bekommt der Bewohner eine Mitteilung auf sein Smart Phone, dass vermutlich grade ein Einbrecher im Haus ist. Mit seinem Smart Phone kann er dann das Bild, das die Kameras im Smart Home aufzeichnen, sehen und reagieren. Er könnte beispielsweise, durch vernetzte Lautsprecher im Haus, den Einbrecher darauf hinweisen, dass er grade von den Kameras erfasst worden ist und die Polizei alarmiert ist, und ihn so gegebenenfalls in die Flucht schlagen (Vgl. Nebe, 2016). Eine von vielen Möglichkeiten mehr physische Sicherheit zu schaffen, ergibt sich durch das Erweitern des Herdes durch IoT-Technologie. Der Herd stellt die häufigste Brandursache im Haushalt dar. Vernetzt der Bewohner den Herd im Smart Home kann eine höhere Sicherheit gegen Brandfälle erzielt werden. Wird die Herdplatte beispielsweise von Kindern beim Spielen aufgedreht, können Sensoren erkennen, dass sich Hitze entwickelt, ohne dass eine Person bei dem Herd steht. Schlägt das System dann Alarm und niemand reagiert, wird der Herd automatisch abgestellt, da das System davon ausgeht, dass die Hitze ungewollt zustande kommt und Brände können verhindert werden. Insbesondere wenn Kinder alleine zuhause sind, kann ein solches System sie vor körperlichen Schaden bewahren (Vgl. “Schutz vor Küchenbrand,” 2016). Das erhöhte Gefühl von Sicherheit führt dazu, dass sich Smart Home Bewohner wohler fühlen. Um das Wohlfühlen der Bewohner geht es im folgenden Anwendungsbereich.
2.4.5 Komfort
Komfort kann man als Bequemlichkeit durch äußere Gegebenheiten definieren (Vgl. “Komfort - Wortbedeutung.info,” 2018). In diesem Fall sind die äußeren Gegebenheiten die Smart Home Einrichtungen. Obwohl es scheint, als wären die sinnvollsten Benefits für die Bewohner in den anderen drei Anwendungsbereichen der Smart Homes untergebracht, zeigt die Abbildung 10, dass am häufigsten der erhöhte Komfort als Motiv zum Nutzen von Smart Home Angeboten ausgesucht wurde. Es wurden 2000 Bürger Deutschlands zu diesem Thema befragt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Eigene Abbildung in Anlehnung an "Abb. 7 -Motive für Nutzung von und Interesse an Smart-Home-Angeboten" Quelle: (Vgl. Dr. Wagner et al., 2018, p. 14)
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- Citar trabajo
- Anónimo,, 2018, Das EnaQ Fliegerhorst Oldenburg. Welche "Smart Home"-Angebote können realisiert werden und wie kann die Nachfrage durch die Partizipation der Bürger ermittelt werden?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/445645
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