Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der Terminologie des Fachgebiets „Gefahrenpotentiale der Grünen Gentechnik“ im Deutschen und Französischen.
Ziel der Arbeit ist es dem Leser einen Überblick über das Sachgebiet zu geben, sowie ein zweisprachiges Glossar zu erstellen, in dem die jeweiligen Fachtermini mit Definition und gegebenenfalls Anmerkungen zu Besonderheiten enthalten sind. Zielgruppe sind zum Beispiel Übersetzer, Dolmetscher oder all diejenigen, die sich in kurzer Zeit in das Sachgebiet einarbeiten müssen.
Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: Im Kapitel „Methodische Grundlagen“ wird die Vorgehensweise bei einer terminologischen Untersuchung dargelegt. Die „Einführung in das Sachgebiet“ vermittelt einen Überblick über mögliche Gefahren der Grünen Gentechnik. Das letzte Kapitel enthält die zu den Fachtermini gehörenden Begriffspläne, die alphabetischen Register in Deutsch und Französisch sowie das Glossar.
INHALTSVERZEICHNIS
A. EINLEITUNG
1 Rechtschreibung
2 Gegenstand, Ziel und Aufbau der Arbeit
3 Eingrenzung des untersuchten Gebietes
4 Hinweise für den Benutzer
B. METHODISCHE GRUNDLAGEN
1 Die Terminologie
2 Methodik terminologischer Arbeit
2.1 Grundbegriffe der Terminologie
2.1.1 Terminus
2.1.2 Begriff
2.1.3 Merkmal
2.1.4 Benennung
2.1.5 Definition
2.1.6 Kontext
2.2 Begriffssysteme
2.2.1 Die verschiedenen Beziehungsarten
2.2.3 Die Begriffspläne
2.2.4 Die Notation
2.2.5 Das Glossar
C. EINFÜHRUNG IN DAS SACHGEBIET: GEFAHRENPOTENTIALE DER GRÜNEN GENTECHNIK
1 Gentechnologie, GVO, Grüne Gentechnik
1.1 Die Grüne Gentechnik
1.2 Pro und Kontra Grüne Gentechnik
1.3 Biotechnologie und Gentechnologie
1.4 Ziele und Anwendungen der Grünen Gentechnik
1.4.1 Gentechnisch veränderte Pflanzen in der Landwirtschaft
1.4.2 GVO bei der Nahrungsmittelproduktion
1.4.2.1 Gentechnisch veränderte Mikroorganismen
1.4.3 Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit
1.4.3.1 Freisetzungsanträge der EU-Länder
2 Risikoaspekte
2.1 Ökologische Risikoaspekte, Freisetzungen
2.1.1 Auswilderung und Auskreuzung
2.1.2 Resistenzen
2.1.2.1 Herbizidresistenz
2.1.2.2 Insektenresistenz
2.1.2.2.1 Bt-Toxine
2.1.2.3 Resistenz gegen Krankheitserreger
2.1.2.3.1 Virusresistenz
2.1.2.4 Stresstoleranz
2.1.3 Horizontaler Gentransfer
2.2 Gesundheitliche Risikoaspekte durch den Verzehr gentechnisch veränderter
Lebensmittel
2.2.1 Substanzielleäquivalenz und unerwünschte genetische Veränderungen
2.2.1.1 Toxische Inhaltsstoffe
2.2.1.2 Allergien
2.2.2 Antibiotikaresistenzen
2.3 Vorsorgeprinzip
3 Politische und rechtliche Aspekte der Grünen Gentechnik
3.1 Patentierung von Saatgut und Welthunger
3.2 Gesetzliche Bestimmungen in der EU
3.2.1 Gesetzliche Bestimmungen in Deutschland und Frankreich
D. LEXIKOGRAFISCH-TERMINOLOGISCHER TEIL
1 Das Begriffssystem
1.1 Erläuterungen zum Glossar
1.2 Die enthaltenen Begriffsbeziehungen
1.2.1 Hierarchische Beziehungen
1.2.2 Nicht-hierarchische Beziehungen
1.3 Die Darstellung der Begriffsbeziehungen durch grafische Elemente
1.4 Erläuterungen zu den Begriffsplänen
1.5 Die Begriffspläne
2 Alphabetisches Register Deutsch
3 Alphabetisches Register Französisch
4 Glossar
E. ANHANG
1 Literaturverzeichnis
1.1 Sprachwissenschaftliche und terminologische Fachliteratur
1.2 Deutsche Fachliteratur zum Sachgebiet
1.3 Französische Fachliteratur zum Sachgebiet
1.4 Gewährspersonen
2 Abbildungsverzeichnis
3 Interessante Links zum Thema
Danksagung
An dieser Stelle sei allen ganz herzlich gedankt, die zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen haben.
Ich danke insbesondere meinen beiden Korrektoren, Frau Andrea Wurm und Herrn Prof. Dr. Alberto Gil. Frau Wurm danke ich ganz besonders für ihre engagierte Betreuung, dafür, dass ich mich so oft mit vielen Fragen an sie wenden konnte. Herrn Gil danke ich ganz besonders für die lange und so wichtige Beratung bei der Themensuche. Für die Hilfe bei der Arbeit mit Trados MultiTerm ’95 bedanke ich mich ebenfalls ganz besonders bei Herrn Freigang.
Mein Dank gilt des Weiteren Herrn Wilhelm Bode, Leiter der Abteilung Natur und Mensch des Ministeriums für Umwelt in Saarbrücken, sowie seinem Kollegen Dr. Wilhelm Irsch, Leiter des Referates D/5 Rechtsangelegenheiten der Abteilung, Artenschutz, Tierschutz, Fischereiwesen für ihre wertvolle Hilfe. Ein großes Dankeschön gilt auch Michel Somville, Fraktionsmitarbeiter der Grünen im Bereich "Genetic engineering" des Europäischen Parlaments, für die sehr ausführlichen Antworten auf meine Fragen sowie Frau Hiltrud Breyer, Mitglied des Europäischen Parlaments, die mich an ihn verwies. Arnaud Apoteker, Autor unter anderem von „Du poisson dans les fraises“ und Mitarbeiter von Greenpeace in Paris, sowie Ulrich Sukopp, Matthias Otto und Dr. Beatrix Tappeser, Mitarbeiter des Bundesamtes für Naturschutz in Bonn, danke ich ebenfalls für ihre Hilfe. Auch erwähnen möchte ich Henning Strodthoff, Biologe und Gentechnikexperte bei Greenpeace Hamburg sowie Holger Kleser, Anästhesist der Universitätsklinik Homburg.
Ich danke allen Aktiven der Greenpeace-Gruppe Saar, ganz besonders Kirstin Bettscheider, dank der ich dieses Thema gefunden habe, und die immer bemüht war, mir die Teilnahme an Fortbildungsseminaren zum Thema Gentechnik zu ermöglichen. Auch erwähnen möchte ich Kerstin Fleischer und Lisanne Holzbach. Ich danke Dominik Heckmann, Tobias Kirchner und Sabine Corbisez für ihre computertechnische Unterstützung. Diesen, sowie Nadja Schirmer, Melanie Hauser, Christian Lemier, Sinéad Higgins, Benedetta Picker, Can Kayale, den „Hüttigs und Pignolets Juniors“ -ganz besonders Philipp, Jessica und Vanessa- danke ich dafür, dass sie immer wieder versucht haben (natürlich vergebens☺), mich von meiner Arbeit abzuhalten. Für das Korrekturlesen dieser Arbeit bedanke ich mich bei meinem Vater, Melanie Hauser, Sabine Corbisez, Nora Kalmar und Christian Lemier.
Nicht zuletzt gilt mein größter Dank meinen Eltern, ohne deren Unterstützung und Verständnis ich mich nicht in dieser Weise meinem Studium hätte widmen können.
Wie diese Arbeit entstand
Dieses Thema zu finden, war wirklich eine schwere Geburt. Wochenlang zögerte ich, ob ich mich nun für eine Übersetzungskritik von Roberto Benignis La vita è bella, oder etwa einer Terminologiearbeit zu Themen wie Elektrosmog, Kunststoffrecycling, Arbeitsmarkt, Stahlherstellung oder doch für eine sprachliche Analyse von elektronischen Markplätzen oder Handzetteln von Umweltschutzorganisationen entscheiden sollte. Alle diese Themen interessierten mich, doch in letzter Minute entschied ich mich für ein ganz anderes Thema. Das habe ich keine Minute bereut, denn ich kann mir auch nach Beendigung dieser Arbeit kein spannenderes Thema vorstellen! Das Thema ist brandaktuell. Im Zeitraum der Anfertigung der Diplomarbeit haben sich auf politischer Ebene viele Veränderungen ergeben. Im April trat beispielsweise die neue Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Produkte in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt fand in Stuttgart die Demonstration gegen Gentechnik in der Landwirtschaft und in Lebensmitteln statt.
Ein Treffen mit Herrn Wilhelm Bode und seinem Kollegen Dr. Wilhelm Irsch vom Ministerium für Umwelt in Saarbrücken gab mir die Gelegenheit, Experten viele wichtige Fragen zu stellen. Durch die Teilnahme an zum Teil mehrtägigen Seminaren zum Thema Gentechnik bekam ich wichtige Hintergrundinformationen.
Manchmal führte ich doch sehr erheiternde Gespräche über das, was alles durch die Gentechnik entstehen könnte. Ein Beispiel: Ich hatte in der Literatur gelesen, dass man versucht, Baumwolle so gentechnisch zu verändern, dass der Farbstoff gleich mit hergestellt wird. Ich stellte mir also ein Feld vor, auf dem rote Baumwolle wächst. Dies fand ich so erstaunlich, dass ich Freunden davon erzählte. Einer kam auf die Idee, dass man doch auch Schafe mit rotem Fell züchten könnte. Ein anderer meinte: „Warum nur rote Schafe? Die Pullover könnten auch direkt am Schaf wachsen!“. Die Idee wurde „weitergesponnen“ und zeigt mir, dass Gentechnik Anlass für „wilde“ Zukunftsvisionen sein kann. Ich denke zwar nicht, dass Pullover eines Tages an Schafen gezüchtet werden, aber man hat bereits versucht, ein Fischgen in Erdbeeren, ein Rattengen in Salat oder ein menschliches Gen in Karotten einzubauen.1 Von daher ist die Idee mit dem Pullover vielleicht doch gar nicht so abwegig?
Saarbrücken, im Juli 2004
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1 „Fisch mit Eigenschaften der Tomate“ Abb.2 „Gentomate“
A. EINLEITUNG
1 Rechtschreibung
Die Diplomarbeit ist nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung geschrieben. Definitionen, die aus Quellen stammen, welche in der alten Rechtschreibung verfasst sind, wurden der neuen Rechtschreibung angepasst.
2 Gegenstand, Ziel und Aufbau der Arbeit
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der Terminologie des Fachgebiets „Gefahrenpotentiale der Grünen Gentechnik“ im Deutschen und Französischen.
Ziel der Arbeit ist es dem Leser einen Überblick über das Sachgebiet zu geben, sowie ein zweisprachiges Glossar zu erstellen, in dem die jeweiligen Fachtermini mit Definition und gegebenenfalls Anmerkungen zu Besonderheiten enthalten sind. Zielgruppe sind zum Beispiel Übersetzer, Dolmetscher oder all diejenigen, die sich in kurzer Zeit in das Sachgebiet einarbeiten müssen.
Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: Im Kapitel „Methodische Grundlagen“ wird die Vorgehensweise bei einer terminologischen Untersuchung dargelegt. Die „Einführung in das Sachgebiet“ vermittelt einen Überblick über mögliche Gefahren der Grünen Gentechnik. Das letzte Kapitel enthält die zu den Fachtermini gehörenden Begriffspläne, die alphabetischen Register in Deutsch und Französisch sowie das Glossar.
3 Eingrenzung des untersuchten Gebietes
Das Hauptaugenmerk sollte bei dieser Arbeit auf die einzelnen Prozesse, auf Umweltaspekte und auf mögliche Gefahren für den Menschen gerichtet sein. Daher wurden politische und rechtliche Aspekte sowie Details genetischer Prozesse nicht behandelt. Der Übersicht halber wurde aber trotzdem in der Einführung in das Sachgebiet kurz auf einige dieser Aspekte eingegangen. Eine ausführliche Untersuchung der politischen und rechtlichen Lage in den einzelnen deutschsprachigen oder frankophonen Ländern hätte den Rahmen dieser Diplomarbeit gesprengt, daher wurde nur kurz die Gesetzgebung auf europäischer Ebene behandelt und beispielhaft wurden Deutschland und Frankreich aufgeführt. Politische und rechtliche Aspekte im Bereich der Grünen Gentechnik bieten meines Erachtens eine gute Grundlage für eine weitere Diplomarbeit.
Da es zu den möglichen Gefahren durch das Austreten gentechnisch veränderter Organismen oder Teile derer aus Produktionsanlagen so gut wie kein Fachvokabular gibt, und auch nur wenige Autoren das Thema überhaupt ansprechen, wurde dieser Aspekt ebenfalls nicht behandelt. Grüne Gentechnik bezeichnet die Anwendung gentechnischer Verfahren in der Pflanzenzüchtung und die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelproduktion. Damit ist meines Erachtens nicht klargestellt, ob der Verzehr der hergestellten Pflanzen mit im zu behandelnden Bereich eingeschlossen ist. Da Mensch oder Tier (und der Mensch dann das Tier oder sein Fleisch, seine Milch, seine Eier) aber auf diese Weise hergestellte Pflanzen verzehren, und mögliche gesundheitliche Auswirkungen durch den Verzehr dieser Pflanzen in der Literatur immer Bestandteil des Themengebietes sind, bestand nach Ansicht der Verfasserin kein Zweifel daran, dass der gesundheitliche Aspekt mit in diese Arbeit einbezogen werden muss. Nicht behandelt wurden dagegen die Einzelheiten der möglichen gentechnischen Veränderungen zur Erzeugung von „besseren“ oder besser zu verarbeitenden Lebensmitteln, da es nicht möglich gewesen wäre, alle Aspekte zu untersuchen (veränderte Stärkezusammensetzung bei Kartoffeln, verzögerte Fruchtreife bei Melonen und Tomaten, erhöhte Produktion von Eiweißstoffen, Ölen, Vitaminen usw. usf.).
4 Hinweise für den Benutzer
In der gesamten Arbeit, sind Wörter, welche einen Eintrag im Glossar darstellen, mit Ausnahme von Grüne Gentechnik, GVO, gentechnisch veränderten Organismen und OGM fett und kursiv gedruckt (dies gilt allerdings nicht für Überschriften und Kürzel). Sie können über das alphabetische Register aufgefunden werden. Genaue Informationen zum Glossar dieser Arbeit, sind unter Punkt D. 1.1 aufgeführt.
Die untersuchten Begriffe beziehen sich auf Deutschland und Frankreich. Eine getrennte Untersuchung möglicher Unterschiede zwischen den Fachtermini in Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern sowie Frankreich und anderen frankophonen Ländern wurde nicht durchgeführt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass es zumindest auf EU-Ebene keine großen begrifflichen Unterschiede geben wird, da die meisten Bereiche der Grünen Gentechnik auf irgendeine Art von einer EURegelung oder EU-Gesetzgebung aufgegriffen werden.
Der Übersicht halber sind alle Literaturangaben in Form eines Kürzels angegeben. Die vollständigen Angaben sind im Literaturverzeichnis zu finden. Die Kürzel entsprechen nicht immer dem Namen des Autors. Sie sind im Literaturverzeichnis in alphabetischer Reihenfolge angegeben. Handelt es sich um eine Internetseite, kann man dies durch die Kleinschreibung des Kürzels erkennen. Es sollte also nicht verwundern, wenn „bildungsserver“ oder „verbraucherministerium“ klein geschrieben werden. Eine Ausnahme bilden Akronyme wie ISAAA2003, JRC oder AFSSA. Bei Verweisen aus Internet-Quellenangaben kann auf eine weiterführende Seite verwiesen sein, indem nach dem Kürzel der anzuklickende Hyperlink aufgeführt ist (Beispiel: transgen, Sicherheit). Bezieht die Verfasserin sich auf die Aussage einer Gewährsperson, ist der Nachname dieser Person angegeben sowie das Datum des Gesprächs oder des Schriftverkehrs. Dem Literaturverzeichnis (siehe Gewährspersonen) können die genauen Angaben über die Person entnommen werden.
Bei Rechtschreibfehlern in Zitaten sind diese mit [sic] gekennzeichnet. „Zum Beispiel“ in abgekürzter Form (z.B.) wurde nicht mit [sic] gekennzeichnet. Stammt das Zitat (beispielsweise in Form einer Quellenangabe) aus einem Glossar, wurden Pfeile vor Wörtern, welche auf andere Einträge in der jeweiligen Literatur verweisen, nicht beibehalten. Eventuelle Kleinschreibung am Anfang eines vollständigen Satzes (wie sie manchmal in Glossaren zu finden ist) wurde in Großschreibung abgeändert. Abgekürzte Wörter wurden ausgeschrieben. Auslassungen wurden durch drei in eckigen Klammern stehende Punkte kenntlich gemacht, und eventuell hinzugefügte (nicht sinnverfälschende Wörter oder Zusatzinformationen) wurden in eckige Klammern gefasst. All dies gilt ebenfalls für die Kontexte und Definitionen der Einträge.
B. METHODISCHE GRUNDLAGEN
Dieses Kapitel soll einen kurzen Überblick über die Grundlagen der Terminologielehre geben.
1 Die Terminologie
Kommunikation auf Ebene der Fachsprache gewinnt zunehmend an Bedeutung, da es in Wissenschaft und Technik teils rasante Entwicklungen gibt. Von daher kommt auch der Terminologie eine immer größere Bedeutung zu, da sie Fachwörter erfasst und deren genaue Bedeutung klärt, wodurch die nötige einheitliche Grundlage für Fachleute und Übersetzer geschaffen wird. DIN ist das Deutsche Institut für Normung e.V. (http://www.normung.din.de oder http://www.din.de). DIN-Normen gibt es, weil Normung ermöglicht, Begriffe zu klären, mit dem Ziel, Klarheit darüber zu schaffen, worüber man genau spricht. In der Norm DIN 2342 „Begriffe der Terminologielehre - Grundbegriffe“ wird Terminologie definiert als
„die Wissenschaft von den Begriffen und ihren Benennungen im Bereich der Fachsprachen.“2
Mit dem steigenden Schwierigkeitsgrad von Texten, steigen auch die Anforderungen an Übersetzer, welche die Fachtexte in eine andere Sprache übersetzen. Da fachsprachliche Wörterbücher mit den Entwicklungen nicht mehr Schritt halten können, müssen sich Übersetzer vor dem „eigentlichen Übersetzen“ oft erst die Terminologie des Fachgebiets in beiden Sprachen aneignen. Die Terminologielehre ist eng verbunden mit den Wissenschaften der Lexikologie, der Lexikografie und der Semantik. Ein bedeutender Unterschied ist, dass die Terminologie lediglich den aktuellen Wortschatz eines bestimmten Fachbereichs analysiert, nicht jedoch auf den Wortschatz eingeht, der zuvor einmal verwendet wurde. Fachsprache wäre ohne Gemeinsprache nicht denkbar. Die Beeinflussung der Gemeinsprache durch die Fachsprache steigt ständig, weshalb Bereiche in den Blickpunkt des Durchschnittsbürgers gerückt werden (beispielsweise durch die Massenmedien), mit denen er früher kaum konfrontiert war. Die Gentechnik ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Der Aspekt der Verständlichkeit von Fachsprache rückt immer weiter in den Vordergrund.3
Im Folgenden soll ein Überblick über die theoretischen Grundlagen der Terminologielehre nach Arnzt/Picht/Mayer unter Berücksichtigung der entsprechenden Normen gegeben werden.
2.1 Grundbegriffe der Terminologie
2.1.1 Terminus
In DIN 2342 Teil 1 wird Terminus wie folgt definiert:
„Terminus (auch: Fachwort): Das zusammengehörige Paar aus einem Begriff und seiner Benennung als Element einer Terminologie.“4
2.1.2 Begriff
Wüster versteht den Begriff als ein Denkelement.5 In der DIN-Norm 2342 wird ein Begriff definiert als
„Denkeinheit, die aus einer Menge von Gegenständen unter Ermittlung der diesen Gegenständen gemeinsamen Eigenschaften mittels Abstraktion gebildet wird.“6
Gegenstände können dabei materieller Art sein. In diesem Fall ist es leicht, die Eigenschaften zu definieren. Gegenstände können aber auch immateriell sein, was das Verfahren der Begriffsbildung erschwert. Das gilt auch dann, wenn materielle
Gegenstände zunächst beschrieben, die gewünschten Eigenschaften festgelegt werden und der Gegenstand erst im Anschluss hergestellt wird. Die Schaffung von neuen Pflanzenarten durch gentechnische Veränderung ist ein gutes Beispiel hierfür.7 Daher ist Gegenstand in DIN 2342 wie folgt definiert:
„Beliebiger Ausschnitt aus der wahrnehmbaren oder vorstellbaren Welt.“8 Laut DIN 3242 macht
„Die Gesamtheit aller Merkmale eines Begriffs“9
den Begriffsinhalt aus. Anders formuliert: Der Begriffsinhalt entspricht allen Merkmalen zusammen genommen, die den Objekten gemein sind, welche mit einem Begriff bezeichnet werden. Der Begriff „Frau“ beispielsweise besteht aus den Merkmalen, „Mensch“, „weiblich“ usw. Alle Merkmale zusammen machen den Begriffsinhalt von „Frau“ aus. Der Begriffsinhalt wird also festgestellt, indem alle Merkmale des Begriffs gesammelt werden. Wichtig ist zu verstehen, dass Begriffe lange Zeit fortbestehen können, sich der Begriffsinhalt aber ändern kann.10
Begriffsumfang wird definiert als „Gesamtheit der einem Begriff auf derselben Hierarchiestufe untergeordneten Begriffe“11,
also alle Objekte zusammen genommen, welche mit dem Begriff bezeichnet werden sollen. Ein Beispiel: Der Begriffsumfang von „Fahrzeug“ besteht aus den Unterbegriffen Wasserfahrzeug, Luftfahrzeug und Landfahrzeug. Der Begriffsumfang wird also umso kleiner, je größer der Begriffsinhalt wird, da dem Begriffsumfang weniger Gegenstände zugeordnet werden können. Unter Begriffsumfang versteht man auch die Gesamtheit der Gegenstände, welche unter einen Begriff fallen. In diesem Fall spricht man von Klasse. Damit gemeint sind, um beim Fahrzeugbeispiel zu bleiben, nicht die Art oder das Baujahr des Fahrzeugs, sondern die Gesamtheit aller Fahrzeuge.12
2.1.3 Merkmal
Merkmal wird auch als Begriffsmerkmal, Begriffselement oder Wissenselement bezeichnet.13 Es wird in DIN 2342 Teil 1 wie folgt definiert:
„Im Sinne der Terminologiearbeit: Durch Abstraktion gewonnene Denkeinheit, die eine Eigenschaft von Gegenständen wiedergibt, welche zur Begriffsbildung und -abgrenzung dient.“14
In DIN 2330 liest man dazu Folgendes:
„Sowohl zur Begriffsbestimmung als auch für das Erstellen von Begriffsbeziehungen sind die Merkmale von Begriffen von grundlegender Bedeutung. Merkmale geben diejenigen Eigenschaften von Gegenständen wieder, welche zur Begriffsbildung und - abgrenzung dienen. Sie sind durch Abstraktion gewonnene Denkeinheiten und damit auch selbst Begriffe.“15
2.1.4 Benennung
Benennung ist in der DIN-Norm 2342 definiert als „Aus einem Wort oder mehreren Wörtern bestehende Bezeichnung“.16
Benennung ist also das Wort oder die Wortgruppe, die den Inhalt, welcher dem Begriff zugeordnet ist, versprachlicht. Dabei ist „die gedankliche Vorstellung, die wir mit der Benennung verbinden, eine Abstraktion, d.h. eine Verallgemeinerung, die auf den Erfahrungen beruht, die wir in der uns umgebenden Welt gesammelt haben.“17
2.1.5 Definition
Bei einer terminologischen Untersuchung müssen Begriffe mit sprachlichen Mitteln eingegrenzt und beschrieben werden. Die Definition bildet dafür die Grundlage. Sie ermöglicht die Zuordnung einer Benennung zu einem Begriff.
Es gibt viele verschiedene Definitionsarten.18 Grundlegend sind die Inhaltsdefinition, die Umfangsdefinition und die Bestandsdefinition. Die wichtigste Unterscheidung bei der Inhaltsdefinition ist die zwischen einem Oberbegriff, der bereits definiert ist, und den einschränkenden Merkmalen, welche den Begriff kennzeichnen. Arzt/Picht/Mayer führen als Beispiel die Glühlampe an: Ein materieller lichtaussendender Gegenstand (als Oberbegriff), bei dem feste Stoffe durch Stromwärme so hoch erhitzt werden, dass sie Licht aussenden (als einschränkende Merkmale). Die genannten einschränkenden Merkmale sind dabei nur einige der bekannten Merkmale zu diesem Begriff. Zu einer Umfangsdefinition gehören alle Unterbegriffe auf der gleichen Unterteilungsstufe. So definieren „Benennung“, „Ideogramme“, „Nummern“ und „Notationen“ den Umfang von „Bezeichnung“. Bei einer Bestandsdefinition werden alle individuellen Gegenstände genannt. Auch hierzu ein Beispiel: Die Planeten des Sonnensystems sind Merkur, Venus, Erde, … Eine solche Definition ist natürlich nur bei einer begrenzten Gegenstandszahl möglich19 und für eine Terminologiearbeit weniger geeignet als die Inhaltsdefinition.
2.1.6 Kontext
Der Kontext wird in DIN 2342 Teil 1 wie folgt definiert:
„Im Sinne der Terminologiearbeit: Sprachliche oder außersprachliche Umgebung, in der eine Benennung oder eine Fachwendung auftreten kann.“20
2.2 Begriffssysteme
Um die Beziehungen zwischen den einzelnen Begriffen eines Fachgebietes darzustellen, nutzt man Begriffssysteme. Das Auseinandersetzen mit den Begriffen und deren Benennungen ermöglicht ein tiefergehendes Verständnis des Fachs. Begriffssystem wird in DIN 2331 wie folgt definiert:
„Ein ,Begriffssystem’ ist eine Menge von Begriffen, zwischen denen Beziehungen bestehen oder hergestellt worden sind und die derart ein zusammenhängendes Ganzes darstellen.“21
Merkmalarten bestimmen als Einteilungskriterien, welche Begriffe nebeneinander und welche übereinander angeordnet werden. Die Merkmale können beispielsweise nach Beschaffenheit (Form, Abmessung, Farbe etc.) oder Relation (Herkunft, Gebrauch, Bewertung etc.) eingeteilt werden.22 Sind die Merkmale zweier Begriffe gleich, handelt es sich um Synonyme. Synonymie kann nur festgestellt oder verworfen werden, wenn der einzelne Begriff und seine Benennung im Zusammenhang mit den anderen Begriffen verstanden wird. Begriffe dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern unter Berücksichtigung ihrer Merkmale und der Definition. Einsprachige Begriffssysteme dienen vor allem der Klärung begrifflicher Strukturen eines Fachgebietes, zweisprachige Systeme dienen der Gegenüberstellung der Terminologie eines Fachbereichs in verschiedenen Sprachen, wobei zum Vergleich zunächst zwei einsprachige Systeme erstellt werden müssen. Die Gegenüberstellung von Terminologie in verschiedenen Sprachen ist auch unerlässlich für die Erarbeitung von Wörterbüchern.23 Sollen die beiden Systeme dann zusammengeführt werden, muss begriffliche Übereinstimmung, d.h. Äquivalenz vorliegen. Die folgende Abbildung verdeutlicht die verschiedenen Fälle von Äquivalenz.24
Vollständige begriffliche Äquivalenz liegt vor, wenn zwei Termini in sämtlichen Begriffsmerkmalen übereinstimmen.
Überschneidung gibt es, wenn die inhaltliche Übereinstimmung der Begriffe A und B so groß ist, dass die beiden Termini einander zugeordnet werden können.
Von Inklusion spricht man, wenn Begriff A Begriff B enthält und darüber hinaus noch mindestens ein weiteres Merkmal.
Keine begriffliche Äquivalenz liegt bei den so genannten „falschen Freunden“ vor, d.h. wenn aus einer weitgehenden Benennungsähnlichkeit zu Unrecht auf eine entsprechende Ähnlichkeit der Begriffe geschlossen wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3 Abbildungsausschnitt: Äquivalenz
Beim Zusammenfügen zweier einsprachiger Systeme kann es terminologische Lücken geben. Dabei unterscheidet man Benennungslücken und Begriffslücken. Eine Benennungslücke liegt vor, wenn ein Begriff in einer der beiden Sprachen nicht oder noch nicht bekannt ist, die beiden Begriffssysteme ansonsten aber die gleiche Struktur aufweisen. In einem solchen Fall bietet sich eine Lehnübersetzung an. Begriffslücken erweisen sich als problematischer. Sie liegen vor, wenn die „fachliche Realität in beiden Sprachen unterschiedlich strukturiert wird, so dass es zu einer Überschneidung der beiden Systeme kommt.“25
In einem Begriffssystem müssen die Unterteilungskriterien eindeutig sein. Das System muss verständlich, der Zielgruppe angepasst und übersichtlich sein (weshalb ein Zerlegen in Teilsysteme sinnvoll sein kann), und es muss so aufgebaut werden, dass eventuelle Veränderungen leicht vorgenommen werden, ohne dass eine völlige Umstrukturierung vonnöten ist.26
2.2.1 Die verschiedenen Beziehungsarten
Nachdem die Begriffe definiert wurden, können sie grafisch in einem so genannten Begriffsplan (oder in mehreren Begriffsplänen) dargestellt werden (siehe B. 2.2.3). Begriffssysteme können nach hierarchischen oder nichthierarchischen Beziehungen aufgebaut sein. Komplexe Systeme können auch gemischt sein, also aus einer Kombination beider Beziehungsarten bestehen. Bei hierarchischen Begriffsbeziehungen gibt es die wichtige Unterscheidung zwischen Abstraktions- und Bestandsbeziehungen. Erstere werden auch als logische oder genetische Beziehungen bezeichnet, letztere auch als partitive oder Ganzes-Teil-Beziehung. Die Abstraktionsbeziehung besteht „zwischen einem Oberbegriff und seinem Unterbegriff bzw. seinen Unterbegriffen auf der gleichen Stufe.“27 Den Unterbegriffen können wiederum weitere Begriffe untergeordnet sein. Die folgenden Beispiele verdeutlichen die Beziehungsart:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten28
Zwischen Ober- und Unterbegriff besteht eine vertikale Beziehung. Man spricht hier von Abstraktionsleiter. Diese Leiter kann nicht nur „von oben herabgestiegen“ werden (Kraftfahrzeug, Kraftwagen, Personenkraftwagen bzw. [ökologische Folgen] der Grünen Gentechnik, [Schädigung von] Nichtzielorganismen, Bodenmikroflora) sondern auch „von unten hinaufgestiegen“ werden (Personenkraftwagen, Kraftwagen, Kraftfahrzeug bzw. Bodenmikroflora, [Schädigung von] Nichtzielorganismen, [ökologische Folgen] der Grünen Gentechnik). Betrachtet man die Begriffe auf einer Ebene, spricht man von Abstraktionsreihe (Kraftwagen - Kraftrad oder Personenkraftwagen - Lastkraftwagen). Die Beispiele stellen monohierarchische Systeme dar, da jede Ebene nach einem Gesichtspunkt unterteilt ist. Werden unterschiedliche Gesichtspunkte zur Unterteilung verwendet, handelt es sich um ein polyhierarchisches System. Die zweite der beiden folgenden Abbildungen unterscheidet sich von der ersten dadurch, dass die Unterteilungsgesichtspunkte im System explizit aufgeführt werden. Anwendung, Material und Funktion sind in diesem Falle Scheinklassen oder Pseudoklassen, da sie die Einteilung verdeutlichen, nicht jedoch als Begriffe untersucht werden.29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein Beispiel aus dem Begriffssystem dieser Arbeit wäre die Unterteilung der Gefahrenpotentiale der Grünen Gentechnik in (die Scheinklassen) ö kologische Folgen und gesundheitliche Folgen.
Bei Bestandsbeziehungen wird der Oberbegriff Verbandsbegriff genannt, der untergeordnete Begriff Teilbegriff. Die Begriffe stehen zueinander in einer Ganzes- Teil-Beziehung. Daher ist Bestandsbeziehung in DIN 2342 wie folgt definiert:
„Hierarchische Begriffsbeziehung, bei welcher der übergeordnete Begriff sich auf einen Gegenstand als Ganzes bezieht und die untergeordneten Begriffe sich auf die Teile dieses Gegenstandes beziehen.“30
Die Beziehungen werden, wie das folgende Abbildungsbeispiel zeigt, durch eckige Linien kenntlich gemacht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei den entstehenden Beziehungen spricht man von Bestandsleitern und Bestandsreihen.31
Bei nichthierarchischen Begriffsbeziehungen liegt keine Hierarchie zwischen den Begriffen vor. Es wird unterschieden zwischen sequentiellen und pragmatischen Beziehungen. Zu den sequentiellen Beziehungen, bei denen die Begriffe einander voroder nachgeordnet sind gehören insbesondere folgende:32
- chronologische Beziehung (zeitliches Vor- und Nacheinander)
- Kausalbeziehung (Ursache - Wirkung)
- genetische Beziehung (Produzent - Produkt)
- Herstellungsbeziehung (Material - Produkt)
- Transmissionsbeziehung (Sender - Empfänger)
- Instrumentelle Beziehung (Werkzeug - Anwendung des Werkzeugs)
- Funktionelle Beziehung (Argument - Funktion)
Fasst man die einzelnen Phasen oder Handlungen einer chronologischen Beziehung als die „Teile“ des Oberbegriffs auf, so kann eine Ähnlichkeit zur Bestandsbeziehung festgestellt werden.33
Die pragmatische Beziehung ist nach Angaben von Arnzt/Picht/Mayer „eine weniger enge, auf thematischer Nähe beruhende Beziehung zwischen Begriffen“.34 Sie führen folgendes Beispiel an: Zwischen Auflösung der Ehe und den Begriffen Urteil, Scheidung, Zerrüttung besteht eine pragmatische Beziehung.35
2.2.3 Die Begriffspläne
Begriffspläne dienen der grafischen Darstellung von Begriffssystemen. Sind die Begriffe definiert und die Beziehung festgelegt, kann das Begriffssystem grafisch dargestellt werden. Der Begriff wird dabei durch einen Punkt oder durch ein Feld markiert. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die einzelnen Begriffe miteinander in einem Begriffsplan in Beziehung zu setzen. Die Ausgestaltung der Begriffspläne hängt vom Zweck ab (weshalb und für wen wird das System erarbeitet?), vom untersuchten Fachgebiet und von den Gesichtspunkten, nach denen das System unterteilt werden soll.36
2.2.4 Die Notation
Neben der grafischen Darstellung, sind meist noch Klassifikationszeichen (Notationen) notwendig.37 Jedem terminologischen Eintrag (siehe B. 2.2.4) im System wird ein Notationszeichen zugewiesen, welches aus Ziffern oder Buchstaben oder Kombinationen beider besteht. Sie verdeutlichen den Zusammenhang zwischen den Begriffen. Die einfachste Form der Notation ist die Angabe von Ordnungszahlen. Notationen können auch ohne grafische Darstellung erscheinen. Das System ist allerdings anschaulicher, wenn die Begriffe sowohl durch ihre Benennung als auch durch die zugehörige Notation repräsentiert werden.38 In der Notation bedeutet ein Punkt eine logische Beziehung, ein Querstrich eine Bestandsbeziehung.39
2.2.5 Das Glossar
Die Fachtermini eines bestimmten Bereiches werden in einer Terminologiearbeit zueinander in Beziehung gesetzt. In einem Glossar wird ausführlich auf sie eingegangen, in einem alphabetischen Register werden sie in Kurzform aufgelistet, in Begriffsplänen werden sie grafisch dargestellt.
Der Terminologische Bestand, d.h. die Gesamtheit der terminologischen Einträge, kann in einer Terminologiedatenbank verwaltet werden. MultiTerm von Trados beispielsweise ist ein Programm, mit Hilfe dessen die terminologischen Einträge verwaltet werden können. Ein (ein- oder mehrsprachiger) terminologischer Eintrag kann mit einem Eintrag in einem (ein- bzw. mehrsprachigen) Wörterbuch verglichen werden. Die einzelnen terminologischen Informationen im Glossar werden Terminologische Daten oder Datenelemente genannt. Damit gemeint sind die Benennung (zum Beispiel deutsch Allergene und französisch allerg è nes), die grammatische Information (Genus, Wortart, Flektion), die Definition, der Kontext und die Quellen (siehe auch D, Lexikografisch-terminologischer Teil). All diese Informationen lassen sich unterschiedlichen Ebenen zuordnen und müssen in Datenkategorien geordnet werden. Jedes Datenelement ist Bestandteil einer Datenkategorie.40 Schmitz definiert eine terminologische Datenkategorie „als eine Klasse von terminologischen Datenelementen gleichen Typs […].“41
Das Glossar ist meist nach der Notation geordnet, welche sich aus dem Begriffssystem ergibt. Unter ihr stehen die oben genannten Datenelemente und eventuell Anmerkungen, beispielsweise zum Gebrauch der Benennungen. An erster Stelle steht in jeder Sprache die Vorzugsbenennung, das ist in den meisten Fällen die Benennung, welche am häufigsten in der Fachliteratur verwendet wird. Auf die Vorzugsbenennung folgen eventuell Synonyme und zu jeder Benennung eine Definition. Das gilt natürlich für beide Sprachen. Wenn nötig, kann zusätzlich ein Kontext angegeben werden, in dem die Benennung vorkommt.
C. EINFÜHRUNG IN DAS SACHGEBIET: GEFAHRENPOTENTIALE DER GRÜNEN GENTECHNIK
1 Gentechnologie, GVO, Grüne Gentechnik
Grundlage für die Gentechnologie (Gentechnik) war 1944 die Entdeckung von Avery und Mitarbeitern, dass die Substanz DNA (= Desoxyribonukleinsäure) für die Übertragung vererbbarer Eigenschaften verantwortlich ist. James Watson und Francis Crick entdeckten im Jahre 1953 die Doppelhelix als molekulare Struktur der Gene. Danach entwickelte sich die Molekulargenetik in einem rasanten Tempo weiter.42 Im Jahr 198343 gelang es zum ersten Mal ein Gen aus einem Mikroorganismus auf eine höhere Pflanze zu übertragen, und zwar auf den Tabak. Die erste transgene Pflanze war entstanden. Aber erst als es 1986 gelang, eine Virusresistenz bei der Tabakpflanze zu erzeugen,44 konnte aus dieser Methode ein wirtschaftlicher Nutzen gezogen werden.
Die Gentechnik umfasst prinzipiell alle molekular- und zellbiologischen Methoden zur Analyse und Manipulation der Erbinformation von Organismen. Im Gegensatz zur Biotechnologie wird die Erbinformation isoliert und in vitro gezielt verändert. Häufig werden Elemente genetischer Information aus dem Erbgut verschiedener Organismen neu kombiniert. Genetische Information wird aus einem Geberorganismus (Donor) auf einen Zielorganismus übertragen, um diesem eine bestimmte Eigenschaft zu verleihen. Die Übertragung der Erbinformation besteht hauptsächlich aus den folgenden Schritten: Nachdem die gewünschten Gene im Geberorganismus identifiziert wurden, müssen sie isoliert werden (Abb.4). Um einen gewünschten Abschnitt der DNA zu erhalten, werden entweder Restriktionsenzyme verwendet, welche die DNA in definierte Fragmente zerschneiden, oder es wird mit der so genannten Polymerasekettenreaktion (PCR) eine hohe Kopienzahl bestimmter Fragmente erzeugt (Abb.5). Als Vektor dienen zum Beispiel Plasmide (ringförmige DNA-Moleküle aus Bakterien). Ein Vektor ist ein Träger für Gene, die von ihm auf einen Wirtsorganismus (den Zielorganismus) übertragen werden. Fremde DNA wird somit in das Genom (die Gesamtheit aller genetischen Informationen eines Organismus) anderer Zellen eingeschleust (Abb.6).
Abb.4 Erbgut gewinnen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.5 Fragmente erzeugen oder Abschnitte kopieren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.6 Fragmente klonieren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
So entsteht ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO), d.h. ein Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert wurde, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt.45 In ihn wurden fremde Gene künstlich eingefügt. Ein Beispiel: gentechnisch veränderter Mais, in dessen Genom ein Gen aus Bakterien eingefügt wurde, welches der Pflanze eine Resistenz gegen den Maiszünsler verleiht. Der Maiszünsler gehört zu den Schmetterlingen und befällt vor allem Mais, aber auch andere Nutz- und Wildpflanzenarten.
„Der Begriff gentechnisch veränderter Organismus ist in verschiedenen europäischen und nationalen Gesetzen definiert. Jeder Umgang mit GVOs - sei es in geschlossenen Systemen oder im Freiland - setzt eine Genehmigung oder zumindest eine Anmeldung bei einer öffentlichen Behörde voraus.“46
1.1 Die Grüne Gentechnik
Grüne Gentechnik bezeichnet die Anwendung gentechnischer Verfahren in der Pflanzenzüchtung, die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft47 und in der Nahrungsmittelproduktion. Sie unterscheidet sich von der Roten Gentechnik und der Grauen Gentechnik. Die Rote Gentechnik bezeichnet die Anwendung der Gentechnik in der Medizin: bei Diagnostik, Gentherapie und auch bei Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln. Manchmal verwendet man noch den Begriff Graue Gentechnik. Sie bezeichnet die Herstellung von Enzymen oder Feinchemikalien für industrielle Zwecke mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen.48 Diese Technik steckt allerdings noch in den Kinderschuhen.
Die Begriffe Grüne, Rote und Graue Gentechnik sind keine fest definierten Begriffe, sie sind aber im öffentlichen Sprachgebrauch mittlerweile ziemlich fest etabliert.
1.2 Pro und Kontra Grüne Gentechnik
Nur wenige leugnen mögliche Gefahren, die im Zusammenhang mit der Grünen Gentechnik stehen, gänzlich. Es ist jedoch strittig, wie akut die Risiken wirklich sind. Darüber werden oft heftige Debatten geführt. In der folgenden Arbeit bemüht sich die Verfasserin um größtmögliche Objektivität. Es ist jedoch schon von der Themenstellung dieser Arbeit her zu erkennen, dass vor allem auf die Position der Gegner der Grünen Gentechnik eingegangen wird, d.h. auf die Gefahrenpotentiale der Grünen Gentechnik.
Während die Rote Gentechnik bei der europäischen Bevölkerung weitgehend akzeptiert wird,49 ist die Grüne Gentechnik stark umstritten. Das betrifft ganz besonders das Risikopotential der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen in die Umwelt, denn gentechnisch veränderte Organismen vermehren sich (was für Chemikalien zum Beispiel nicht zutrifft), und wenn sie einmal in die Umwelt freigesetzt sind, können sie nicht zurückgeholt werden. Das Unbehagen gegenüber der Gentechnik entstand nicht im Bereich Pharmazie und Medizin, sondern in den Bereichen, wo sie verzichtbar erscheint. Biobauer, Ökologen, Umweltwissenschaftler und Umweltschützer stehen großen Saatgut-Firmen, Gentechnikern und Molekularbiologen bei dieser großen Streitfrage gegenüber. Erstere bezeichnen gentechnisch veränderte Lebensmittel abwertend als „Gen-Food“ (in Frankreich spricht man von „la bouffe Frankenstein“). Es ist interessant zu wissen, dass ein Großteil der europäischen Bevölkerung Gentechnik in Lebensmitteln ablehnt.50
1.3 Biotechnologie und Gentechnologie
Gentechnik (Gentechnologie) wird oft fälschlicherweise mit Biotechnologie gleichgesetzt. Sie stellt aber lediglich ein Teilgebiet der modernen Biotechnologie dar. „Die Biotechnologie ist die integrierte Anwendung des Wissens aus Biologie, Chemie und Verfahrenstechnik mit dem Ziel, Mikroorganismen, Pflanzen- oder Tierzellen sowie deren Bestandteile (z.B. Enzyme) bei technischen Verfahren und industriellen Produktionsprozessen einzusetzen. Die Biotechnik setzt die Erkenntnisse der Biotechnologie in Verfahren um.“51
Bei der Biotechnologie handelt es sich um Verfahren, die mit technischen (also nicht natürlichen) Mitteln in biologische Abläufe eingreifen. Im Grunde können alle Prozesse zur Herstellung von Produkten durch lebende Organismen oder isolierte Enzyme als biotechnologische Verfahren bezeichnet werden. Die Züchtung von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen ist ebenfalls Teil der Biotechnologie. Auch im Rahmen biotechnischer Prozesse kann DNA verändert werden, allerdings nicht gezielt (im Gegensatz zur Gentechnologie), sondern zufällig. Bei der „klassischen“ Biotechnologie werden verwandte Arten gekreuzt, bei der Gentechnologie werden artfremde Gene eingefügt, also Artgrenzen überschritten. Gentechnikbefürworter sprechen gerne von „Biotechnologie“ bei Verfahren, die genau genommen eher gentechnische Verfahren sind. Gentechnikgegner werfen ihnen vor, dass sie den Begriff nutzen, um bei der Öffentlichkeit einen positiven Eindruck entstehen zu lassen, da viele mit Biotechnologie etwas Natürliches assoziieren.52 Biotechnologie wurde von Menschen bereits vor über 5000 Jahren betrieben.53 Ohne die biologischen Abläufe genau zu kennen, verwendete man bereits damals Mikroorganismen zur Herstellung von Bier und einem weinähnlichen Getränk. Später lernte man, mit Hilfe von Hefen Sauerteig herzustellen und Milchsäurebakterien zu verwenden, um Milch in Käse oder Joghurt umzuwandeln und dadurch haltbarer zu machen. Aber erst im 19. Jahrhundert erkannten Wissenschaftler mit Hilfe der Mikroskopie und der Biochemie, dass Mikroorganismen für eine Vielzahl von Stoffumwandlungen verantwortlich sind, die der Mensch seit Jahrtausenden nutzt.
1.4 Ziele und Anwendungen der Grünen Gentechnik
1.4.1 Gentechnisch veränderte Pflanzen in der Landwirtschaft
Schon seit etwa 10.000 Jahren liest der Mensch Kulturpflanzen aus Wildpflanzen aus. Seit etwa 100 Jahren züchtet er Pflanzen durch klassische Kreuzung auf Grundlage der Mendelschen Vererbungsregeln. Die Zuchtziele sind im Grunde gleich geblieben: Ertragssteigerung, Ertragssicherung, Qualitäts- und Verarbeitungseigenschaften. Die Gentechnik ergänzt die klassische Züchtung, da sie nicht mehr auf die Kreuzung nahe verwandter Arten begrenzt ist, sondern einzelne Gene direkt überträgt. Diese Gene können auch aus artfremden Organismen (zum Beispiel Bakterien) stammen.54 Im Moment steht die Entwicklung pflanzlicher Resistenzen dabei an oberster Stelle. Durch den Transfer eines Gens (meist aus Bakterien oder Pilzen) sollen Pflanzen widerstandsfähig gemacht werden; zum Beispiel gegen Fraßschädlinge, gegen Herbizide oder auch gegen Krankheiten.
1.4.2 GVO bei der Nahrungsmittelproduktion
Das nächste Ziel ist die Veränderung der Inhaltsstoffe von Pflanzen, um sie einfacher zum Endprodukt verarbeiten zu können, um den gesundheitlichen Wert für den Menschen zu steigern55, oder um Krankheiten vorzubeugen. Das erste gentechnisch veränderte Lebensmittel, welches zugelassen wurde, war die „Flavr-Savr®-Tomate“ oder „Antimatschtomate“56. Sie wurde 1994 von dem kalifornischen Unternehmen Calgene in den Handel gebracht.57 Bei der Tomate wurde ein Gen, welches für den Abbau der Zellwände mitzuständig ist, „abgeschaltet“, sodass die Tomate langsamer reift und daher länger konserviert werden kann. Somit brauchen die Früchte nicht mehr grün geerntet werden und eignen sich besser für den Transport.58 Bedenken bestehen hauptsächlich wegen des zusätzlich eingefügten Markergens (siehe C. 2.2.2) und weil der Verbraucher nicht mehr erkennen kann, wie alt die Tomate tatsächlich ist, denn man geht davon aus, dass der sichtbare Alterungsprozess zwar aufgehalten wird, die Alterung der Nährstoffe und Vitamine jedoch fortschreitet.59
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Abb.7 „Flavr-Savr®-Tomate“
1.4.2.1 Gentechnisch veränderte Mikroorganismen
Schon seit sehr langer Zeit verwendet man Mikroorganismen (Hefen, Bakterien und Schimmelpilze) in der Nahrungsmittelherstellung. Man bediente sich (und tut dies immer noch) der Fermentation, um Wein, Essig, Brot oder Bier herzustellen. Seit etwa 150 Jahren nutzt man so genannte Starterkulturen bei der Herstellung von Wurst- und Milchprodukten. Die Anwendung gentechnischer Methoden gibt es in diesem Bereich erst seit einigen Jahren. Mikroorganismen werden genutzt, um Zusatzstoffe, Aromen, Vitamine und Hilfsstoffe herzustellen. „In den meisten Fällen wird durch das Einfügen effektiver Ableseeigenschaften und den mehrfachen Einbau eines Gens in das Genom der Bakterien- oder Schimmelpilzzelle der Ausstoß und somit die Ausbeute eines gewünschten Inhaltsstoffes gesteigert.“60 Man nennt dieses Verfahren auch „Multi-copy“-Konzept. Nach Angaben der Organisation der Erzeuger mikrobieller Enzyme gab es 2001 etwa 30 Enzympräparate aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GVM). Besonders häufig wird das gentechnisch erzeugte Chymosin genutzt. In den USA wurden 2001 bereits 80 Prozent des Käses mit dieser Wirksubstanz hergestellt. Die ursprünglich aus der Zitrone gewonnene Zitronensäure, von der jährlich 300 000 Tonnen aus Fermentationen mit einem Schimmelpilz hergestellt werden und die als Säurungsmittel und Antioxidans (Antioxidationsmittel) in alkoholischen Erfrischungsgetränken, Süßigkeiten, Konfitüren, Desserts, Fetten, Ölen usw. eingesetzt wird, wird zunehmend mit Hilfe von GVM erzeugt. Mikroorganismen werden also in der Nahrungsmittelherstellung eingesetzt. „Komplexe Vorgänge führen bei den fermentierten Lebensmitteln dazu, dass unter dem Einfluss des mikrobiellen Stoffwechsels verderbliche, ungenießbare oder im Nährwert reduzierte Rohwaren pflanzlichen oder tierischen Ursprungs in veredelte, meist haltbare und gesundheitlich unbedenkliche Produkte umgewandelt werden.“61 Ohne Starterkulturen könnte die Milchwirtschaft Produkte wie Dickmilch, Käse oder Joghurt nicht in so großen Mengen und mit den gewünschten sensorischen Eigenschaften erzeugen. Sie sorgen für einen sicheren Ablauf der Fermentation, verbessern die Lebensmittelhygiene, indem natürliche Giftstoffe abgebaut und Lebensmittelvergiftungen verhindert werden, und sie erhöhen die technologische Effizienz.62
1.4.3 Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit
Waren es 1996 weltweit noch 1,7 Millionen Hektar auf denen transgene (gentechnisch veränderte) Pflanzen angebaut wurden, so sind es heute bereits 67,7 Millionen Hektar.
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Abb.8 Weltweit: Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen 1996-2003 in Mio. Hektar
An oberster Stelle von den 18 Ländern, welche die Grüne Gentechnik nutzen, stehen die USA, gefolgt von Argentinien, Kanada und China. In Brasilien wurden bis 2003 gentechnisch veränderte Sojapflanzen illegal angebaut. Nun steht das Land an fünfter Stelle. In China und Südafrika werden inzwischen dreimal so viele transgene Pflanzen angebaut wie noch 1996. Insgesamt bauen 7 Millionen Landwirte gentechnisch veränderte Pflanzen an.63
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Abb.9 Länder, in denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden
Den Löwenanteil der gentechnisch veränderten Pflanzen machen Soja, Mais, Baumwolle und Raps aus. An der folgenden Abbildung ist die Entwicklung des Soja-, Mais-, Baumwoll- und Rapsanbaus (in dieser Reihenfolge von oben nach unten) in Millionen Hektar im Zeitraum von 1996 bis 2003 zu erkennen.
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Abb.10 Entwicklung von den vier am häufigsten angebauten gentechnisch verändertem Pflanzen weltweit
Auf Ebene der europäischen Union sind nur einige transgene Pflanzen zugelassen. Von den 67,7 Millionen Hektar Anbaufläche mit transgenen Pflanzen baute Deutschland auf 800 Hektar transgenen Mais an. Die einzige Pflanze, die in Frankreich in etwas größerem Maße angebaut wird, ist ebenfalls Mais. Jedoch sind die Flächen, auf denen transgene Pflanzen in Frankreich angebaut werden, insgesamt gering, nämlich weniger als 100 Hektar. Zum Vergleich: In Frankreich wird auf etwa zwei Millionen Hektar Ackerland Mais angebaut.64
1.4.3.1 Freisetzungsanträge der EU-Länder
Stellt ein Land einen Freisetzungsantrag für einen GVO, bedeutet dies nicht automatisch, dass der GVO auch zugelassen wird. Interessant ist, dass Frankreich 2003 die meisten Freisetzungsanträge von allen EU-Ländern (vor der Erweiterung) gestellt hat (obwohl seine derzeitige Anbaufläche für transgene Pflanze weitaus geringer ist als beispielsweise die Deutschlands oder gar Spaniens) und Österreich die wenigsten.65 Es folgt ein Überblick über alle gentechnisch veränderte Pflanzen oder Organismen, für die Anträge in den EU-Ländern (Länder vor der Erweiterung) gestellt wurden.
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Abb.11 Alle Anträge, die von den EU-Ländern 2003 gestellt wurden.
2 Risikoaspekte
Wenn es um gentechnisch veränderte Lebensmittel geht, stehen die folgenden Fragen im Mittelpunkt: Können gentechnisch hergestellte Produkte negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben? Und: Können gentechnisch hergestellte Produkte negative Auswirkungen auf die Umwelt haben? Im Folgenden soll auf diese Fragestellungen näher eingegangen werden.
2.1 Ökologische Risikoaspekte, Freisetzungen
„Bei der Entwicklung gentechnisch veränderter Pflanzen kann man - wie übrigens bei der klassischen Züchtung auch - im Voraus nicht ausschließen, dass Pflanzen mit unerwünschten und nicht erwarteten Eigenschaften entstehen.“66 Kommt es zur Freisetzung oder Inverkehrbringung einer transgenen Pflanze in die Umwelt, so besteht die Möglichkeit, dass sie ihre Eigenschaften an andere Pflanzen weitergibt. Man spricht dann von genetischer Verunreinigung, welche schwer vorhersagbare ökologische Folgen mit sich bringen könne, falls die neue erworbene Eigenschaft vorteilhaft für die Pflanze ist und zu einer Ausbreitung führt.
Freisetzung bezieht sich auf Freilandexperimente. Die Größe des Anbaugebietes ist dabei begrenzt und der Zeitraum des Versuchs auf drei bis fünf Jahre beschränkt. Inverkehrbringung transgener Organismen beinhaltet eine kommerzielle Nutzung, also eine Nutzung der Pflanzen auf einer größeren Anbaufläche und ohne eine zeitliche Begrenzung.
2.1.1 Auswilderung und Auskreuzung
Die Hauptpunkte der Streitkontroverse zwischen Gentechnikbefürwortern und Gentechnikgegnern betreffen die Folgen einer Verbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Umwelt. Eine mögliche Gefahr besteht darin, dass die transgene Kulturpflanze auswildert, d.h., dass sie nicht mehr allein auf dem Acker wächst, sondern sich unkontrolliert in der Natur ausbreitet (Auswilderung oder Verwilderung). Tiere können zum Beispiel die Früchte der Pflanze verschleppen. Die Samen der Früchte wachsen an einem anderen Ort zu neuen Pflanzen heran. Besitzt die transgene Pflanze einen Konkurrenzvorteil gegenüber den Pflanzen, die in dem jeweiligen Ökosystem wachsen, hat sie eine erhöhte Fitness. Ein Weg der Verwilderung ist die Auskreuzung oder das Auskreuzen des Transgens Das neu eingebaute Gen (Transgen) der Pflanze kann auf konventionell gezüchtete Pflanzen (also nicht gentechnisch veränderte Kulturpflanzen) oder verwandte Wildpflanzen übertragen werden. Dies geschieht meist durch Bestäubung, also Übertragung von Pollen, aber nur dann, wenn ein Partner in der Nähe ist, mit dem sich die Pflanze kreuzen kann. Dies ist natürlich von Region zu Region unterschiedlich. Wird transgener Mais in Europa angebaut, kann es zu keiner Auskreuzung in verwandten Wildarten kommen, da es wilden Mais in Europa nicht gibt. Wird dieser Mais allerdings in Mexiko angebaut, wo verwandte Wildarten der Kulturpflanze vorkommen, ist ein Auskreuzen möglich. Das Problem kann in Europa jedoch auch bestehen, wenn in der Region, in der transgener Mais angebaut wird, konventioneller Mais (Kulturpflanzen) angebaut wird, also Mais, der nicht gentechnisch verändert wurde. Das Problem der Koexistenz, d.h. das Nebeneinander des Anbaus von gentechnikfreien und gentechnisch veränderten Feldfrüchten, betrifft besonders den ökologischen Landbau, der Gentechnik ablehnt und den Verbrauchern Gentechnikfreiheit für alle Produkte garantieren möchte. Die Freisetzungsdiskussion bezieht sich in Deutschland besonders auf Raps, da Raps in Deutschland verwandte Wildpflanzen hat, und mit ihm bisher die meisten Freisetzungsversuche durchgeführt wurden.67
Kommt es zu einer Auskreuzung, hängt die Ausbreitung des Transgens davon ab, ob die transgenen Pflanzen einen Konkurrenzvorteil gegenüber den anderen Pflanzen im Ökosystem haben. „Ein solcher Selektionsvorteil wäre dann gegeben, wenn sich die transgenen Pflanzen aufgrund der neu erworbenen Eigenschaft gegen die Konkurrenz der Wildpflanzen durchsetzen und dauerhaft im Ökosystem etablieren würden.“68 Ein veranschaulichendes Beispiel: Pflanzen wird ein Gen für bessere Schädlingsresistenz übertragen. Diese Pflanzen kreuzen aus und können sich gegenüber anderen Pflanzen durchsetzen, da Fraßinsekten (Schädlinge) nicht die Pflanzen mit der neuen Eigenschaft, sondern andere befallen. Die Pflanzen, welche das Transgen besitzen, verfügen über eine erhöhte ö kologische Fitness und können durch Selektionsdruck zu Unkräutern werden, die Gentechnikgegner auch Superunkräuter nennen. Ihre Beseitigung erweist sich als besonders schwierig.
Die meisten heutigen Kulturpflanzen sind aufgrund ihrer langen Züchtungsgeschichte nicht mehr in der Lage, ohne den Schutz des Menschen außerhalb des Ackers zu überleben. Die Gefahr des Auskreuzens ist jedoch durchaus akut. Eine Kulturpflanze besitzt das Transgen. Kreuzt sich diese Pflanze mit einer verwandten Wildart, spricht man - wie bereits erwähnt - von Auskreuzen oder Auskreuzung. Betrachtet man diesen Vorgang aus der gegenseitigen Perspektive, spricht man auch von Introgression, d.h. das Gen kreuzt in die Pflanze „ein“. Die Vorgänge an sich sind jedoch identisch.69
Das Bundesumweltamt schreibt daher für Freisetzungsversuche Sicherheitsabstände zu anderen Pflanzen der gleichen Art vor. „Mit solchen Maßnahmen“, meinen Wöhrmann, Tomiuk und Sentker, „wird sicherlich das Entweichen genetischer Information eingedämmt, doch nicht vermieden. Ist die wenn auch noch so kleine Chance für eine Ausbreitung gegeben, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieses Ereignis stattfinden wird.“70 Das Eindringen eines GVO in ein Ökosystem kann mit dem Eindringen von anderen Arten in neue Lebensräume verglichen werden. Ein Beispiel ist das mit unserem Springkraut verwandte Springkraut Impatiens parviflora, welches irgendwann einmal aus Asien „einwanderte“ (Es erstaunt durch seinen Verbreitungsmechanismus. Berührt man die reife Frucht mit der Hand, platzt sie auf und verbreitet so ihre Samen). Um 1830 wurde man zum ersten Mal in Genf darauf aufmerksam. Erst 50 Jahre später wurde sein Eindringen in Waldgebiete beschrieben. Danach wuchs die Zahl der Pflanzen explosionsartig an.71 Umweltschützer befürchten, dass mit GVO das Gleiche geschehen könnte, und dass diese eine Gefahr für die Biodiversität darstellen könnten. Es ist schwierig, solche Ereignisse vorauszusagen, da man nicht wissen kann, welche Einflussfaktoren eine Rolle spielen oder spielen werden. Freilandexperimente werden in Zeiträumen von drei oder vier Jahren durchgeführt. Kritiker bemängeln jedoch, dass sie keine aussagekräftigen Rückschlüsse auf ökologische Zeiträume zulassen, da zwischen der Einführung einer Pflanzenart und deren selbstständiger Ausbreitung ein viel längerer Zeitraum liegen kann.
2.1.2 Resistenzen
In der traditionellen Pflanzenzucht wird bis heute der Samen der Erntefrüchte, welche den höchsten Ertrag eingebracht haben, als Saatgut für das kommende Jahr verwendet. Zu dieser einfachen Auswahlmethode kamen in den letzten hundert Jahren neue Techniken hinzu. So wird beispielsweise seit mehreren Jahren die Anzahl der Mutationen in Pflanzen durch UV-Strahlung, erbgutverändernde Chemikalien oder radioaktive Bestrahlung erhöht. Man erhält dadurch eine größere Anzahl an Mutationen, als dies unter natürlichen Bedingungen der Fall wäre, und somit mehr Pflanzen mit verschiedenen Eigenschaften, von denen man die für den Anbau interessanten auswählt. In letzter Zeit wird die Gentechnik verstärkt zur Züchtung gewünschter Pflanzenarten eingesetzt.72 Mit ihrer Hilfe werden die Gene für die gewünschten Eigenschaften direkt übertragen. Die meisten der derzeit angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen besitzen bestimmte Resistenzen, durch die der Ertrag gesteigert werden soll. Kommerziell angebaut wurden gentechnisch veränderte Pflanzen bereits 1997 weltweit auf fast 13 Millionen Hektar. Von diesen Pflanzen wiesen 99 Prozent Resistenzeigenschaften auf.
[...]
1 vgl. Gefährlicher Irrweg S.4 (Originalquelle zitiert in M.Takaichi und K. Oeda (2000). Transgenic carrots with enhanced resistance against two major pathogens, Erysipharaclei and Alternaria dauci. Plant Science 153(2):135-144)
2 Baxmann-Krafft/Herzog, S.114
3 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.4f
4 DIN 2342 Teil 1, S.3
5 vgl. Wüster, S.7
6 Baxmann-Krafft/Herzog, S.111
7 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.46
8 Baxmann-Krafft/Herzog, S.111
9 Baxmann-Krafft/Herzog, S.111
10 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.54
11 Baxmann-Krafft/Herzog, S.112
12 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.49
13 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.53
14 DIN 2342 Teil 1, S.1
15 DIN 2330, S.3f
16 Baxmann-Krafft/Herzog, S.112
17 Arnzt, S.78
18 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.59
19 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S. 62ff
20 DIN 2342 Teil 1, S.4
21 DIN 2331, S.2
22 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.54f
23 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.72f
24 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.148
25 Arnzt/Picht/Mayer, S.168
26 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.74f
27 Arnzt/Picht/Mayer, S.77
28 Die Benennungen in diesem Beispiel sind oder enthalten Scheinklassen (siehe folgender Text). Sie wurden der Verständlichkeit halber an dieser Stelle mit aufgenommen. Das Beispiel ist lediglich ein Ausschnitt und daher sind die einzelnen Ebenen auch nicht vollständig dargestellt.
29 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.75ff
30 Baxmann-Krafft/Herzog, S.112
31 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.90f
32 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.76 und Baxmann-Krafft/Herzog, S.75
33 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.95
34 Arnzt/Picht/Mayer, S.76
35 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.75ff
36 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.73
37 vgl Arnzt/Picht/Mayer, S.74
38 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.86f
39 vgl. Wüster, S.12
40 vgl. Arnzt/Picht/Mayer, S.230ff
41 Schmitz, S.83
42 vgl. spektum
43 Schon vorher ahnte man, wozu die Wissenschaft in der Lage sein würde und welche Gefahren die (damals noch unbenannte) Grüne Gentechnik bergen könnte. So schrieb Burger in einem Artikel aus der Zeitschrift „natur“ 1982: „In der Pflanzenzucht werden mit Hilfe der Gentechnologie Pflanzen entstehen können, die nicht mehr mit Stickstoff gedüngt werden müssen, da ihnen Bakterien-Gene eingepflanzt wurden, die den Luftstickstoff chemisch binden können. Pflanzen werden resistenter gegen Schädlingsbefall oder Umweltgifte sein und höheren Ertrag bringen. Diese Superpflanzen könnten bei zu überstürzter weltweiter Einführung zum Aussterben lokaler Formen führen, die noch unerkannte positive Eigenschaften besitzen und somit ein genetisches Reservoir darstellen.“, S.55
44 vgl. biologie hamburg und Regenass-Klotz, S.102
45 vgl. transgen, Lexikon
46 transgen, Lexikon
47 vgl. bn-muenchen
48 vgl. transgen, Lexikon: Grüne Gentechnik
49 vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft, S.7
50 vgl. transgen, Zulassung; EU: Praxis Zulassung; Das Ende des Moratoriums; Zulassung auf wissenschaftlicher Basis
51 umweltdatenbank
52 vgl. Katalyse Institut, S.50
53 vgl. Katalyse Institut, S.49
54 vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft, S.8
55 vgl. Katalyse Institut, S.173
56 Tomaten sind übrigens das weltweit meistgekaufte Gemüse (vgl. Spangenberg, S.230)
57 Diese Tomaten sind bisher (Stand: Juni 1999) in den USA, Kanada, Japan und Mexiko zugelassen. In Europa wurde bisher kein Zulassungsantrag gestellt. Produkte aus ähnlich hergestellten Tomaten sind aber seit 1995 in Großbritannien im Handel (vgl. Katalyse Institut S. 100ff).
58 vgl. Briand-Bouthiaux, S.55 und bn-muenchen und Regenass-Klotz, S.109ff
59 vgl. Katalyse Institut, S.103
60 Katalyse Institut, S.174
61 Deutsche Forschungsgemeinschaft, S.16
62 vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft, S.15ff und Katalyse Institut, S.174
63 vgl. ISAAA2003, S.7ff und transgenAnw
64 vgl. certi’ferme
65 vgl. JRC
66 Deutsche Forschungsgemeinschaft, S.18
67 vgl. Wöhrmann, S.111
68 Deutsche Forschungsgemeinschaft, S.19
69 Strodthoff (20.03.2004)
70 Wöhrmann, S.109
71 vgl. Wöhrmann, S.147
72 vgl. Katalyse Institut, S.193ff
- Quote paper
- Silke Hüttig (Author), 2004, Gefahrenpotentiale der Grünen Gentechnik - Eine terminologische Untersuchung Deutsch/Französisch, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44508
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