In dieser Masterarbeit soll das Modell der Teilzeitführungskraft von Müttern und Vätern als Antwort an die gestiegenen Anforderungen durch Digitalisierung und Bevölkerungsentwicklung untersucht werden. Im Fokus steht dabei die Sicht der berufstätigen Eltern aus der Generation Y. Es soll die Frage geklärt werden, ob und unter welchen Bedingungen Teilzeit in Führung als ein erfolgreiches Zukunftsmodell für die Vereinbarkeit von Familie und Karriere betrachtet werden kann. Dabei will die Verfasserin der Masterarbeit erforschen, welches Teilzeitführungsmodell für Generation Y-Eltern mehr oder weniger geeignet ist. Es soll darüber hinaus untersucht werden, welche Rahmenbedingungen Unternehmen schaffen müssen, um Eltern der Generation Y als Teilzeitführungskräfte zu gewinnen. Die Generation Y wurde bislang im Zusammenhang mit Teilzeitführungsmodellen noch nicht wissenschaftlich betrachtet. Diese Lücke soll mit Hilfe dieser Masterarbeit geschlossen werden. Am Ende dieser Arbeit sollen konkrete Handlungsempfehlungen für Politik und Unternehmen abgeleitet werden, um mittels dieser Empfehlungen Führung in Teilzeit zu einem erfolgreichen Beschäftigungsmodell für Eltern der Generation Y weiterzuentwickeln.
Die demografische Entwicklung der meisten Industrieländer sieht einen Geburtenrückgang oder mindestens eine Stagnation der Geburtenzahl voraus. Fachkräftemangel in Industrie und Handwerk sind heute schon ein begrenzender Wirtschaftsfaktor für viele Unternehmen. Der Kampf um junge, qualifizierte Fachkräfte („War for Talents“) zwingt Firmen zum Umdenken, um für bisher weniger nachgefragte Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Mütter, attraktiver zu werden. „An keinem Arbeitsplatz können wir auf engagierte, gut ausgebildete Mütter und Väter verzichten“, betonte Dr. Horst Neumann, Personalvorstand Volkswagen AG bereits im Jahr 2009. Mit der Beschäftigung von Müttern stellte sich noch stärker die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Daraus folgt die Notwendigkeit neuer Modelle zur Flexibilisierung von Arbeit für Eltern. Zusätzlich müssen die Unternehmen zunehmend um Arbeitskräfte aus der sogenannten Generation Y werben, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon mehr ein Hygienefaktor ist, als ein Feld, das erst noch entwickelt werden muss.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Ausgangslage
1.2. Zielsetzung
1.3. Vorgehensweise
1.4. Aufbau der Arbeit
A. THEORETISCHER TEIL
2. Grundlagen von Teilzeit und Führung
2.1. Teilzeit
2.1.1. Definition von Teilzeit
2.1.2. Teilzeitmodelle
2.1.3. Kritik an Teilzeitarbeit
2.2. Führung
2.2.1. Begriffsklärung
2.2.2. Führungsstile
2.3. Teilzeitführung
2.3.1. Begriffsklärung
2.3.2. Statistische Betrachtungen
2.3.3. Teilzeitführungsmodelle
2.3.3.1. Vollzeitnah
2.3.3.2. Stellvertretermodell
2.3.3.3. Normale Teilzeit
2.3.3.4. Job-Pairing
2.3.4. Chancen durch Teilzeitführung
2.3.4.1. Chancen für Führungskräfte
2.3.4.2. Chancen für Unternehmen
2.3.5. Kritische Betrachtung von Teilzeitführung
2.3.5.1. Risiken für Führungskräfte
2.3.5.2. Risiken für Unternehmen
3. Gründe für die Flexibilisierung von Arbeit
3.1. Fachkräftemangel
3.2. Arbeit
3.3. Digitalisierung und Flexibilisierung
4. Generation Y
4.1. Begriffsklärung
4.2. Arbeitsmoral der Generation Y
4.3. Gesundheitsbewusstsein der Generation Y
4.4. Moderne Elternschaft und Vereinbarkeit
4.4.1. Klassische Rollenbilder werden abgelöst
4.4.2. Trend zur Partnerschaftlichkeit
B. EMPIRISCHER TEIL
5. Konzeption und Methode
5.1. Hypothesen
5.2. Forschungsdesign, Stichprobe, Untersuchungszeitraum
5.3. Durchführung der Interviews
5.4. Auswertungsverfahren
6. Auswertung
6.1. Führungskraft in Teilzeit in drei Worten
6.2. Arbeitsorganisation
6.2.1. Arbeitsorganisation und Arbeitsverdichtung
6.2.2. Änderung der Arbeitsaufgaben
6.2.3. Homeoffice
6.2.4. Erreichbarkeit außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit
6.2.5. Verhalten der Mitarbeiter bei Abwesenheit der Teilzeitführungskraft
6.2.6. Zusammenarbeit mit einem Stellvertreter
6.3. Kommunikation der Teilzeit an das eigene Umfeld
6.4. Feedback der eigenen Mitarbeiter
6.5. Feedback durch den Vorgesetzten
6.6. Veränderung des Führungsstils durch den Wechsel zu Teilzeit
6.7. Vor- und Nachteile durch Führung in Teilzeit
6.7.1. Vorteile
6.7.2. Nachteile
6.8. Beispiel für eine Herausforderung durch die Teilzeitarbeit
6.9. Teilzeitführungsmodelle und Job-Pairing im Besonderen
6.10. Unterstützung in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
6.10.1. Unterstützung durch das Umfeld
6.10.1.1. Lebenspartner
6.10.1.2. Verwandte
6.10.1.3. Freunde
6.10.1.4. Babysitter
6.10.1.5. Haushaltshilfe
6.10.1.6. Kollegen und Mitarbeiter
6.10.1.7. Kindertagesstätte / Tagespflege / Hort
6.10.2. Unterstützung durch den Arbeitgeber
6.11. Unternehmen der Führungskräfte
6.11.1. Stellenausschreibungen in Vollzeit/Teilzeit
6.11.2. Umgang mit Teilzeitführungsmodellen
6.11.3. Eigener Beitrag zu Teilzeitführungsmodellen im Unternehmen
6.12. Argumente um Unternehmen von Führung in Teilzeit zu überzeugen
6.13. Wünsche der Befragten
6.13.1. Wünsche an das eigene Unternehmen
6.13.2. Wünsche an die Politik
6.13.2.1. Betreuung
6.13.2.2. Rente
6.13.2.3. Steuern
6.13.2.4. Väter
6.13.2.5. Flexible Arbeitsmodelle
6.13.2.6. Sonstige Forderungen
6.14. Weitere relevante Aussagen der Befragten
6.14.1. Vereinbarkeit
6.14.2. Wochenarbeitszeit und Verteilung
6.14.3. New Work
6.14.4. Männer in Teilzeit
6.14.5. Elterngeld Plus
7. Zusammenfassung und Fazit
7.1. Zusammenfassung der gesamten Arbeit
7.2. Handlungsempfehlungen
7.2.1. Für Politik
7.2.2. Für Unternehmen
7.3. Diskussion
7.4. Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die durch ihre fachliche und persönliche Unterstützung zum Gelingen dieser Masterarbeit beigetragen haben.
Ich danke meinen Interviewpartnern, die sich meinen Fragen gestellt und diese Arbeit in dieser Form möglich gemacht haben.
Besonderer Dank gilt allen finanziellen Unterstützern, vor allem Ina Eichhoff.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Familien profitieren finanziell von zwei Teilzeitverdienern im Gegensatz zu einem Hauptverdiener (mit Zuverdiener)
Abbildung 2: Anteil der Teilzeitführungskräfte an allen Führungskräften in Europa
Abbildung 3: Einflussgrößen auf die Relevanz von Teilzeitführungskonzepten
Abbildung 4: Eignung flexibler Modelle für Führungskräfte
Abbildung 5: Familienpolitische Agenda der Bevölkerung
Abbildung 6: Dauerhafte Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei Müttern
Abbildung 7: Beschreibung von Führung in Teilzeit in drei Worten mit quantitativer Gewichtung
1. Einleitung
In diesem Kapitel werden die Ausgangslage hinsichtlich der Relevanz von Teilzeitführungsmodellen und die Motivation der Autorin beschrieben. Darauf folgen die Darstellung der Zielsetzung der Arbeit sowie die Beschreibung der methodischen Vorgehensweise.
1.1. Ausgangslage
Die demografische Entwicklung der meisten Industrieländer sieht einen Geburtenrückgang oder mindestens eine Stagnation der Geburtenzahl voraus. Fachkräftemangel in Industrie und Handwerk sind heute schon ein begrenzender Wirtschaftsfaktor für viele Unternehmen. Der Kampf um junge, qualifizierte Fachkräfte („War for Talents“) zwingt Firmen zum Umdenken, um für bisher weniger nachgefragte Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Mütter, attraktiver zu werden. „An keinem Arbeitsplatz können wir auf engagierte, gut ausgebildete Mütter und Väter verzichten“, betonte Dr. Horst Neumann, Personalvorstand Volkswagen AG bereits im Jahr 2009. Mit der Beschäftigung von Müttern stellte sich noch stärker die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Daraus folgt die Notwendigkeit neuer Modelle zur Flexibilisierung von Arbeit für Eltern.
Zusätzlich müssen die Unternehmen zunehmend um Arbeitskräfte aus der sogenannten Generation Y werben, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon mehr ein Hygienefaktor ist, als ein Feld, das erst noch entwickelt werden muss. Wer den „War for Talents“ nachhaltig gewinnen will, steht auch vor der Herausforderung die Nachwuchsführungskräfte der Generation Y gezielt anzusprechen und eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die weder Mütter noch Väter schlechter stellt und stattdessen vielleicht sogar als eine nachgefragte Fachkraft hervorhebt.
Auch Eltern aus der Generation Y wollen zunehmend Führungsaufgaben übernehmen, sich aber auch um ihre Familien kümmern können. Teilzeitführungskräfte sind mit 5 % noch sehr selten, stellen aber unter den genannten Umständen ein großes Wachstumspotenzial dar.[1]
Zu Führung allgemein gibt es eine Reihe von Forschungsansätzen. Dabei wird nach traditionellen und neueren Führungskonzepten unterschieden. Zunehmend stellen sich Forscher die Frage nach einer demografie- und diversitygerechten Führung, die den aktuellen Trends von Bevölkerungsentwicklung und Digitalisierung der Arbeitswelt Rechnung trägt. Teilzeitmodelle selbst werden verstärkt zum Forschungsgegenstand.
Als berufstätige Zweifach-Mutter kommt die Verfasserin seit einigen Jahren selbst in Kontakt mit Fragen zur Vereinbarkeit von Familie und Karriere. Im Konzern, in dem sie seit sieben Jahren angestellt ist, gibt es einige Flexibilisierungsmodelle. Dennoch stößt sie auf Widerstände und Hürden bei dem Wunsch zur Arbeitszeitreduzierung und -flexibilisierung. Kinder werden in ihrem Unternehmen als Karrierehindernis angesehen.
1.2. Zielsetzung
In dieser Masterarbeit soll das Modell der Teilzeitführungskraft von Müttern und Vätern als Antwort an die gestiegenen Anforderungen durch Digitalisierung und Bevölkerungsentwicklung untersucht werden. Im Fokus steht dabei die Sicht der berufstätigen Eltern aus der Generation Y.
Es soll die Frage geklärt werden, ob und unter welchen Bedingungen Teilzeit in Führung als ein erfolgreiches Zukunftsmodell für die Vereinbarkeit von Familie und Karriere betrachtet werden kann. Dabei will die Verfasserin der Masterarbeit erforschen, welches Teilzeitführungsmodell für Generation Y-Eltern mehr oder weniger geeignet ist.
Es soll darüber hinaus untersucht werden, welche Rahmenbedingungen Unternehmen schaffen müssen, um Eltern der Generation Y als Teilzeitführungskräfte zu gewinnen.
Die Generation Y wurde bislang im Zusammenhang mit Teilzeitführungsmodellen noch nicht wissenschaftlich betrachtet. Diese Lücke soll mit Hilfe dieser Masterarbeit geschlossen werden. Am Ende dieser Arbeit sollen konkrete Handlungsempfehlungen für Politik und Unternehmen abgeleitet werden, um mittels dieser Empfehlungen Führung in Teilzeit zu einem erfolgreichen Beschäftigungsmodell für Eltern der Generation Y weiterzuentwickeln.
1.3. Vorgehensweise
Auf Grundlage einer Literaturrecherche wird ein Interviewleitfaden entwickelt. Um die theoretischen Aspekte durch praxisnahe Meinungen zu untermauern, werden zehn Teilzeitführungskräfte bis zum Alter von 38 Jahren mit Kindern qualitativ in Telefon-Interviews befragt. Die Interviews werden narrativ und leitfadengestützt durchgeführt und auf Grundlage der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
1.4. Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil. Im theoretischen Teil werden in drei Hauptkapiteln die Grundlagen der Forschung und die Ausgangslage dargestellt. Der empirische Teil beginnt in Kapitel 5 mit der Beschreibung des Forschungsdesigns und stellt die Hypothesen vor. Anschließend erfolgt im Kapitel 6 die Auswertung, in der die zentralen Aussagen der Interviewteilnehmer präsentiert werden. Im 7. und letzten Kapitel fasst die Autorin im Rahmen einer Synthese von Theorie und Empirie die zentralen Erkenntnisse als konkrete Handlungsempfehlungen für Politik und Unternehmen zusammen. Die zuvor aufgestellten Hypothesen werden bestätigt oder widerlegt. Abschließend reflektiert die Verfasserin die Ergebnisse und gibt ihre persönliche Einschätzung hinsichtlich weiterführender Forschung ab.
A. THEORETISCHER TEIL
Der theoretische Teil dieser Arbeit handelt von den Grundlagen zu Teilzeitarbeit und Führung. Außerdem werden die Rahmenbedingungen durch die sich verändernde Gesellschaft beleuchtet. Dabei wird sowohl auf die Digitalisierung und Flexibilisierung von Arbeit eingegangen, als auch die dieser Arbeit zugrundeliegenden Altersgruppe, der Generation Y und deren Bezug zur Arbeit, Gesundheit und Elternschaft.
2. Grundlagen von Teilzeit und Führung
Dieses Kapitel setzt sich mit den Begriffen Teilzeit und Führung auseinander und legt die wichtigsten wissenschaftlichen Grundlagen dar. Am Ende des Kapitels werden Teilzeitführungsmodelle erläutert, die dann im empirischen Teil B in ihrer Anwendung relevant sind.
2.1. Teilzeit
Im ersten Abschnitt des Kapitels werden die rechtlichen Grundlagen von Teilzeitarbeit beleuchtet und die verschiedenen Teilzeitmodelle beschrieben. Im Anschluss wird Teilzeitarbeit kritisch betrachtet.
2.1.1. Definition von Teilzeit
Laut Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) § 2 ist jeder Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, „dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.“[2] Dabei spielt es keine Rolle, ob die Teilzeitarbeit als Haupt- oder Nebentätigkeit oder als Übergang in den Ruhestand ausgeführt wird.[3] Es ist darüber hinaus ein Rechtsanspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, also auf Teilzeit in § 8 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) gesetzlich verankert. Dieser kann geltend gemacht werden, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht, im Unternehmen mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt sind und keine betrieblichen Gründe gegen die Verringerung der Arbeitszeit sprechen.[4]
Im Zukunftsreport Familie 2030, der von der Prognos AG im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erstellt wurde, wird Teilzeitarbeit anhand einer genauen Stundenzahl definiert. So wird eine Wochenarbeitszeit von 15 bis 32 Stunden als Teilzeit klassifiziert. Zwischen 32 und 36 Stunden gelten als vollzeitnah, weniger als 15 Stunden pro Woche als geringfügig beschäftigt.[5]
Teilzeitarbeit ist demzufolge kein eindeutiger Begriff, sondern relativ und willkürlich definiert. Auch dieser Arbeit liegt eine eigene Definition zugrunde, die sich allerdings am TzBfG orientiert und alle Arbeitsverhältnisse als Teilzeit abgrenzt, die weniger als 36 Stunden Wochenarbeitszeit aufweisen bzw. für die spezielle Nebenabreden zur Arbeitszeitreduzierung zu einem vergleichbaren Vollzeitvertrag getroffen wurden.
Mückenberger bewertete bereits im Jahr 1985 die Unterscheidung von Voll- und Teilzeit als rückständig und veraltet.[6] Die Grenzen verschwinden zunehmend, da sich immer mehr Arbeitnehmer eine Verringerung ihrer Arbeitszeit vorstellen können. In der Beschäftigten-befragung der IG Metall 2017 wünschten sich bereits 83 % der Befragten eine zeitweise Verkürzung ihrer Arbeitszeit. Daher hob die IG Metall das Thema auf die Agenda und fordert seit Anfang 2018 eine 28-Stunden-Woche mit einem Rückkehrrecht zur Vollzeit.[7] Dies wurde zum Zeitpunkt der Beendigung dieser Arbeit bereits erfolgreich umgesetzt.
Teilzeitarbeit ist überwiegend von Frauen dominiert. So arbeitete 2013 fast jede zweite Frau in Teilzeit, hingegen nur ein Zehntel der Männer. Ursächlich für diesen Unterschied sind die Gründe für die Teilzeitarbeit selbst. Frauen gaben persönliche und familiäre Verpflichtungen an (34 %), was von nur 4 % der Männer ein Grund für Teilzeitarbeit war. Bei Männern hingegen ist die Aus- und Weiterbildung der häufigste Grund für die Reduzierung der Arbeitszeit (39 %). Darüber hinaus ist Teilzeit bei Frauen eher bei niedrigeren Bildungsabschlüssen verbreitet, was bei Männern nicht so ausgeprägt beobachtet werden konnte. Es arbeiten sogar relativ viele männliche Akademiker in Teilzeit.[8]
Dem Gesetz gemäß gibt es eine Pflicht Arbeitsstellen auch in Teilzeit auszuschreiben. Dies ist in § 7 TzBfG geregelt: „Der Arbeitgeber hat einen Arbeitsplatz, den er öffentlich oder innerhalb des Betriebes ausschreibt, auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür eignet.“[9]
Dem kamen die Jobportale großer Unternehmen 2016 noch nicht in ausreichendem Maße nach. Es wurden weiterhin überwiegend Vollzeitstellen ausgeschrieben. Im Vergleich vollzog sich bei der Deutschen Bahn bereits ein Umdenken. Dort wird der überwiegende Teil der Stellen sowohl Vollzeit als auch Teilzeit ausgeschrieben.[10]
2.1.2. Teilzeitmodelle
Teilzeitmodelle sind so vielfältig wie die Gründe für die Reduktion der Wochenarbeitszeit selbst. So arbeiten manche Arbeitnehmer in Teilzeit, um zwei Tätigkeiten parallel auszuüben, von denen keine als Vollzeitstelle verfügbar war. Andere reduzieren ihre tägliche Arbeitszeit um die fehlenden Betreuungszeiten von Kita oder Schule abzufangen. Wiederum andere gehen einer 4-Tage-Woche nach, um sich an dem freien Tag einer anderen (selbstständigen) Tätigkeit, der Familie oder Hobbies zu widmen, oder um Pendelzeiten einzusparen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales stellt auf seiner Website sieben Teilzeitmodelle vor, die zur verbesserten Work-Life-Balance bei gleichzeitiger Steigerung der Motivation der Arbeitnehmer beitragen sollen. Diese Modelle werden flexibel eingesetzt und angepasst, um die von den zum Teil wechselnden Anforderungen des Arbeitnehmers gerecht zu werden.[11]
Das Job-Pairing soll an dieser Stelle im besonderen Maße hervorgehoben werden, da dies neben der Verbindung mit längeren Homeoffice-Zeiten ein vergleichsweise neues Teilzeitmodell darstellt und auch im Abschnitt 2.3.3.4 erneut aufgegriffen wird. Bei diesem Modell teilen sich zwei Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz, wofür es einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung nach § 13 Abs. 1 TzBfG bedarf.[12]
Teilzeitmodelle können auch in Abhängigkeit des jeweiligen Partners betrachtet und bewertet werden. So wünschen sich beispielsweise 28 % der Eltern, dass beide Elternteile in Teilzeit beschäftigt sind. Allerdings realisieren dies lediglich 4 % der Familien nach der ersten Elternzeit.[13] Untermauert wird dieser Wunsch einer partnerschaftlichen Verteilung der Wochenarbeitszeit, bei gleichzeitigem Verlangen nach mehr Zeit für die Familie, durch die positive Einkommensentwicklung eines solchen Modells. So erzielen Paare mit Kind(ern), die beide zwischen 28 und 36 Stunden pro Woche arbeiten ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 4.154 €. Die klassische Kombination aus einem Hauptverdiener und einem Teilzeitbeschäftigten bis 28 Stunden erwirtschaftet 4.398 € und ein Alleinverdiener nur 3.393 € pro Monat netto (siehe Abbildung 1: Familien profitieren finanziell von zwei Teilzeitverdienern im Gegensatz zu einem Hauptverdiener (mit Zuverdiener) ). Ausgehend von einem hohen Maß an Zufriedenheit, das aus der gemeinschaftlichen Reduktion der Arbeitszeit resultiert, können die 250 € Einkommensunterschied von vielen Eltern aus Sicht der Verfasserin gut verkraftet werden. Zusätzlich können durch die verringerten Wochenarbeitsstunden in der Regel auch Kosten bei der Kinderbetreuung eingespart werden. Da Einkommenszuwächse aus steuerlichen Gründen ab einem bestimmten Einkommensniveau weniger attraktiv sind, gilt es hier auch, den abnehmenden Grenznutzen einer höheren Wochenarbeitszeit zu betrachten.[14]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Familien profitieren finanziell von zwei Teilzeitverdienern im Gegensatz zu einem Hauptverdiener (mit Zuverdiener)[15]
Die Erwerbstätigkeit der Mutter spielt auch beim Armutsrisiko der Kinder eine entscheidende Rolle. Ist sie durchgängig in Vollzeit oder in Teilzeit bzw. geringfügig erwerbstätig, sind jeweils 3 % der Kinder temporär von Armutslagen betroffen. Ist die Mutter gar nicht erwerbstätig, erhöht sich diese Zahl auf knapp 30 %. Das Risiko in einer dauerhaften Armutslage aufzuwachsen ist am geringsten, wenn beide Partner erwerbstätig sind. Dabei wird nicht zwischen Teil- oder Vollzeit unterschieden.[16]
Sowohl das von der Bundesregierung im Juli 2015 eingeführte „Elterngeld Plus“, als auch die Partnerschaftsmonate sind Spezialfälle eines partnerschaftlichen Teilzeitmodells. Bei letzterem gehen im Anschluss an die reguläre Elternzeit von einem Jahr beide Partner für vier Monate jeweils 25 bis 30 Stunden arbeiten und teilen sich in dieser Zeit die Sorgearbeit. Dafür erhalten sie zusätzlich zu ihrem Gehalt einen Zuschuss. Vor allem Väter schätzen den Partnerschaftsbonus, für den sich fast die Hälfte aller entscheiden, die „Elterngeld Plus“ beantragen.[17]
2.1.3. Kritik an Teilzeitarbeit
Kritische Betrachtungen von Teilzeitarbeit und den damit zusammenhängenden Teilzeitmodellen knüpfen an der bekannten Teilzeitfalle an, welche auch als Karriereknick bezeichnet wird.
Ein solcher macht sich vor allem nach der Rückkehr aus einer Elternzeit bemerkbar. Betroffene klagten in einer Befragung über weniger interessante Aufgabengebiete, eingeschränkte Aufstiegschancen oder den Ausschluss aus Förderprogrammen, für die sie sich vor der Elternzeit noch qualifiziert hatten. Der Karriereknick war für die Arbeitnehmer auch dann noch spürbar, wenn sie bereits vor der Elternzeit wichtige Weichen für die Karriere gestellt hatten.[18]
„Schon bei einer schwach reduzierten vertraglichen Arbeitszeit zeigen sich erhebliche Karrierenachteile für in Teilzeit arbeitende Mitarbeiter“, findet eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum Thema „Karriere in Teilzeit“ heraus. Dies träfe vor allem auf Frauen zu, so die Studie weiter, da sie von Teilzeitangeboten Gebrauch machen würden, um sich um die Familie kümmern zu können. Dies sei aber weniger eine bewusste Entscheidung gegen eine Karriere. In Teilzeit arbeitende Männer hingegen träfen genau diese Entscheidung bewusst gegen eine weitere Karriere, um beispielweise mehr Zeit für den Aufbau eines zweiten Standbeins zu haben oder sich mehr um ihre Hobbies zu kümmern.[19] Das Zurückstellen der eigenen Karriere kann für die Frau langfristig in hohen Kosten resultieren.[20] Darüber sollten sich beide Partner im Klaren sein, auch wenn diese einvernehmliche Vereinbarung für den Moment den maximalen Nutzen bringt.
Solange in Teilzeit arbeitende Frauen lediglich in Konkurrenz zu in Vollzeit arbeitenden Männern stehen, werden Arbeitgeber bei Frauen weiterhin mit einem geringeren Fokus auf die Karriere rechnen und ziehen daher Männer bei Beförderungen und für Führungspositionen vor.[21] Auf diese Weise wird aus der Teilzeitfalle eine Teilzeitspirale. In Teilzeit verdienen Arbeitnehmer deutlich weniger. Daher wird dieser Karriere in einer Partnerschaft erneut langfristig weniger Beachtung geschenkt. Sogar, wenn die Frau eine bessere Position innehat, kommt es nicht in gleichem Maße zu einer Priorisierung der weiblichen Karriere wie dies bei Männern der Fall ist. Das haushaltsökonomische Modell der Nutzenmaximierung fehlt bei atypischen Paaren.[22]
Bei den meisten Frauen bedeutet eine Reduzierung der Arbeitszeit, meist ausgelöst durch die Geburt eines Kindes, eine dauerhafte Teilzeitarbeit. Bei den 30- bis 54-jährigen Frauen bleibt die Rate der Vollzeitberufstätigen bei 42 % konstant. Hingegen arbeiten im gleichen Alter über 80 % der Männer Vollzeit.[23] Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass fast 30 % der erwerbstätigen Mütter mehr Stunden arbeiten möchten, als sie es derzeit tun.[24] Hier gilt es verstärkt die Gründe für Teilzeitarbeit zu betrachten. Voraussetzung für eine höhere Wochenstundenanzahl von Müttern sind zum Beispiel ausreichend Betreuungsplätze oder auch ein gutes Arbeitsklima für Eltern. Um die Wochenarbeitsstunden von Müttern zu erhöhen, bedarf es einer partnerschaftlichen Auseinandersetzung der beiden Karrieren. Teilen sich beide Elternteile die familiären Aufgaben zu gleichen Teilen, bewerten 62 % ihre Vereinbarkeit von Familie und Beruf als gut, Eltern mit ungleichen familiären Aufgabenanteilen nur zu 43 %.[25] Die Einstellung der Väter hat einen wesentlichen Einfluss auf die Berufstätigkeit der Mutter. Ist die Bereitschaft der Väter vorhanden, die Mutter durch Übernahme von Sorgearbeit zu unterstützen, sind Mütter häufiger (Vollzeit) berufstätig.[26] Teilzeitarbeit sollte daher nicht als primär weibliches Phänomen betrachtet werden, sondern ganzheitlich innerhalb einer Partnerschaft.
Es wird auch kritisch betrachtet, dass der Druck auf das gesamte Arbeitsteam steigt, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit reduziert und nicht entsprechend vertreten wird. So werden Teilzeitmodelle ad absurdum geführt, da eine ursprünglich geplante Entlastung nun zu einer Be- oder Überlastung anderer Mitarbeiter führt.[27]
2.2. Führung
In diesem Kapitel wird der Führungsbegriff erläutert. Außerdem werden die drei Verhaltenstheorien kurz beschrieben, bevor die sieben Führungsstile das Kapitel abschließen.
2.2.1. Begriffsklärung
Führung ist zunächst einmal „jede zielbezogene Einflussnahme“. Demzufolge ist das Führen von Personal die zielbezogene Einflussnahme auf Arbeitnehmer zum Zwecke der Erhöhung der Arbeitsleistung und der Verwirklichung von Unternehmenszielen.[28] Hierzu muss eine Führungskraft die konkreten Arbeitsaufgaben des Mitarbeiters benennen können und mit Hilfe von Personalentwicklungsmaßnahmen eine effektive Förderung sicherstellen.[29]
Führungskompetenzen lassen sich nicht durch Weiterbildungen allein erlangen und mit Zertifikaten bescheinigen. Für den Erfolg einer Führungskraft sind bestimmte Merkmale wie Intelligenz, soziale Fähigkeiten und Offenheit notwendig.[30] Um die Informationsasymmetrie durch schwer nachweisbare Führungskompetenzen zu überwinden, werden Führungspositionen in der Regel intern besetzt. So können potenzielle Kandidaten über einen längeren Zeitraum beobachtet und deren Eignung bewertet werden.[31]
Der Führung liegen drei Verhaltenstheorien zugrunde, mit deren Hilfe der Zusammenhang vom Verhalten der Führungskräfte und deren Führungserfolg erklärt werden soll. Bei einer Aufgabenorientierung wird der Geführte als Mensch außen vorgelassen und nur dessen Aufgabenerfüllung in den Vordergrund gestellt. Bei der mitarbeiterorientierten Führung hingegen werden die persönlichen Bedürfnisse des Mitarbeiters betrachtet und die Führungskraft trägt die Sorge um denjenigen.[32] Eine Führungskraft, die sich auch um die Gesundheit des Mitarbeiters kümmert, fördert die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, da gesunde Mitarbeiter erfolgreicher sind.[33] Die dritte Dimension ist die Partizipationsorientierung, bei der die Mitarbeiter aktiv an der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingung mitwirken.[34]
2.2.2. Führungsstile
Im Führungsstil-Ansatz von Tannenbaum und Schmidt werden sieben Führungsstile nach dem Grad der Partizipation durch die Mitarbeiter unterschieden: klassisch und althergebracht ist der autoritäre Führungsstil, bei dem eine Äußerung der Meinung des Mitarbeiters unerwünscht ist, sowie der patriarchalische Führungsstil, bei welchem der Vorgesetzte die Willensbildung allein überwacht. Er gibt keine Verantwortung an seine Mitarbeiter ab, die er eher wie unmündige Kinder sieht. Der informierende Führungsstil versucht die Akzeptanz der Mitarbeiter über die von der Führungskraft getroffene Entscheidung zu erreichen. Darüber hinaus werden im beratenden Führungsstil die Meinungen der Mitarbeiter vor der Entscheidungsfindung gehört und eventuell einbezogen. Der kooperative Führungsstil geht noch einen Schritt weiter und bezieht die Mitarbeiter aktiv bei der Entscheidungsfindung ein, um auf diese Weise deren Eigeninitiative für die Umsetzung der gemeinsam getroffenen Entscheidungen zu erhöhen. Werden die Entscheidungen prinzipiell von den Mitarbeitern gefällt, deren Ziele und Handlungsspielraum die Führungskraft vorab festgelegt hat, handelt es sich um den delegativen Führungsstil. Sofern die Führungskraft die Entscheidungen gänzlich an ihre Mitarbeiter überträgt und sich diese selbst organisieren und kontrollieren, spricht man vom teilautonomen Führungsstil.[35]
Darüber hinaus wird in unserer zunehmend von Wissensarbeitern dominierten Gesellschaft die Führung durch Kultur immer wichtiger. Eine Führungskraft wird zum Vorbild und Inspirationsquelle, um ihre Mitarbeiter für Ziele und Projekte zu begeistern. Sie führt durch Überzeugung und mit Empathie und setzt auf die Selbstorganisation der Mitarbeiter durch Förderung der von innen kommenden Motivation (intrinsisch). Das Team wird zu einem sich selbst organisierenden System, welches die Ziele selbstständig diskutiert und gegebenenfalls anpasst.[36]
Abschließend soll das Konzept der ganzheitlichen Führung erwähnt werden. Hier wird der Mitarbeiter mit seinem persönlichen Kontext von Interessen und Fähigkeiten im Zusammenhang mit der Führungskraft betrachtet, die gleichfalls einen persönlichen Kontext mitbringt und zur Selbstreflexion aufgerufen ist. Neue Führungskonzepte sind für jedes Unternehmen verschieden, können allerdings sowohl für die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter einen enormen Gewinn bringen. Eine effiziente Selbstorganisation führt zu einer höheren Wertschätzung, die wiederum das Zugehörigkeitsgefühl und die Motivation der Mitarbeiter steigert.[37]
2.3. Teilzeitführung
Im nachfolgenden Kapitel wird zunächst der Begriff der Teilzeitführung definiert, bevor einige statistische Betrachtungen vorgenommen werden. Anschließend werden die vier Teilzeitmodelle kurz vorgestellt. Abschließend werden die Chancen und Risiken von Teilzeitführung jeweils für Führungskräfte und Unternehmen beleuchtet.
2.3.1. Begriffsklärung
Der Begriff der Teilzeitführung wird durch die jeweiligen Definitionen der Teilbegriffe Teilzeit und Führung aus den vorangegangenen Kapiteln abgegrenzt. Demzufolge versteht man unter Teilzeitführung jede zielbezogene Einflussnahme einer Führungskraft, die weniger als eine vergleichbare, vollzeitarbeitende Führungskraft pro Woche arbeitet.
2.3.2. Statistische Betrachtungen
Der Anteil an Führungskräften in Deutschland, die in Teilzeit arbeiten, beträgt 5 %. Ein Vorgesetzter ist in Deutschland mehrheitlich Vollzeitkraft, wobei sich dies auf 38 Wochenstunden bezieht.[38] Da nur 16 % der Unternehmen Teilzeitführung anbieten und von diesem Angebot lediglich 63 % Gebrauch machen, verteilen sich die ca. 170.000 teilzeitarbeitenden weiblichen und ca. 34.000 teilzeitarbeitenden männlichen Führungskräfte auf nur wenige Unternehmen.[39] Derzeit arbeiten in Deutschland 30 % der Beschäftigten in Teilzeit.[40] Das geringe Angebot an Teilzeitstellen für Führungskräfte trifft vor allem Frauen, die aufgrund der zunehmenden Doppelrolle von Karriere und Familie Probleme bei der Vereinbarkeit bekommen.[41] Höhere Chancen auf eine Führungsposition in Teilzeit haben Frauen vor allem in weiblich dominierten Branchen. Hingegen sind es wesentlich weniger im Baugewerbe, in Verkehrsbetrieben oder dem verarbeitenden Gewerbe sowie in Unternehmen bis zu 199 Beschäftigten.[42] Im europäischen Vergleich liegt Deutschland beim Anteil der Teilzeitführungskräfte an allen Führungskräften im Mittelfeld. In Island und Malta arbeiten mit knapp über 20 % die meisten Führungskräfte in Teilzeit (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Anteil der Teilzeitführungskräfte an allen Führungskräften in Europa[43]
Außerdem gibt es in Europa eine eindeutige Korrelation der Häufigkeit von Teilzeitbeschäftigten und dem Anteil an Teilzeitführungskräften. Je verbreiteter Teilzeitarbeit in einem Land ist, desto mehr Führungskräfte gibt es in Teilzeit. Spitzenreiter sind die Niederlande, in denen 60 % der Erwerbstätigen in Teilzeit arbeiten und davon 9 % als Führungskraft.[44]
In einer empirischen Studie wurde herausgefunden, dass Führungskräfte tatsächlich nur 12 % ihrer Arbeitszeit für Führungsaufgaben verwenden, da sie neben ihren Personalaufgaben auch inhaltliche Themen und Projekte verantworten. Daher wird argumentiert, dass Führung in Teilzeit die Regel und nicht die Ausnahme darstellt.[45]
2.3.3. Teilzeitführungsmodelle
Grundsätzlich leiten sich Teilzeitführungsmodelle von Teilzeitmodellen ab. Sie lassen sich nach den drei Dimensionen Dauer, Lage über den Tag und die Verteilung in einem bestimmten Zeitraum definieren. Sie sollten passgenau zu den Anforderungen der Stelle und der persönlichen sowie beruflichen Situation der Teilzeitführungskraft gestaltet werden.[46]
Dies beinhaltet die Einigung auf ein bestimmtes Arbeitszeitbudget kombiniert mit Büro- bzw. Homeoffice-Zeiten.[47]
Das Bundesministerium für Arbeit empfiehlt Führungskräften nicht alle Teilzeitmodelle gleichermaßen. Zum Beispiel befürwortet es die „Teilzeit Classic vario“, bei der flexibel an zwei bis fünf Tagen pro Woche gearbeitet wird, das Job-Sharing und die „Teilzeit invest“, bei der Vollzeit Überstunden gesammelt werden, die anschließend bei Fortzahlung des Lohnes über eine längere Freistellung abgebaut werden. Letzteres wird in dieser Arbeit keine Rolle spielen, da Eltern von diesem Modell kaum im Alltag profitieren werden. Das Ministerium empfiehlt Führungskräften allerdings nicht die „Teilzeit Home“, bei der an bestimmten Tagen zusätzlich im Homeoffice gearbeitet wird.[48]
Für die vorliegende Arbeit wurden vier Teilzeitführungsmodelle identifiziert:
2.3.3.1. Vollzeitnah
Bei diesem Teilzeitführungsmodell werden die Wochenarbeitsstunden auf 75 % bis 90 % reduziert. Es ist das am häufigsten anzutreffende Führungsmodell bei Teilzeitkräften.[49] Für Unternehmen bietet dieses Modell große Vorteile, da die Führungskraft weiterhin beinahe Vollzeit erreichbar ist, aber Kosten in Form von Gehalt einsparen kann. Für die Führungskraft birgt die vollzeitnahe Beschäftigung die Gefahr der Arbeitsverdichtung. Das heißt, sie muss die gleichen Aufgaben in weniger Zeit schaffen, da für die fehlenden Stunden keine Stelle geschaffen wird bzw. Aufgaben nicht an eine andere Führungskraft abgegeben werden.
2.3.3.2. Stellvertretermodell
Beim Stellvertretermodell werden die Abwesenheiten der Führungskraft in Teilzeit durch einen Stellvertreter oder eine qualifizierte Assistenz kompensiert. Bei diesem Modell arbeiten die Führungskräfte bis zu 32 Stunden pro Woche. Für Unternehmen und den Mitarbeiter hat das Modell den Vorteil, dass eine Überlastung durch Arbeitsverdichtung nicht zu befürchten ist. Außerdem kann das Modell als Instrument zur Personalentwicklung genutzt werden, da weniger erfahrene Mitarbeiter gezielt (Führungs-)Aufgaben vertreten und so wertvolle Erfahrungen sammeln können.[50]
2.3.3.3. Normale Teilzeit
Die normale Teilzeit wird an dieser Stelle ebenfalls aufgeführt, da sie von einer Teilzeitstelle ohne Führungsverantwortung auf eine Führungskraft in Teilzeit übertragen werden kann. Bei diesem Modell wird die Wochenarbeitszeit auf mindestens 32 Stunden reduziert, wobei in der Regel keine Aufgaben vertreten werden.
2.3.3.4. Job-Pairing
Bei diesem in den 1980er-Jahren aus den USA importierten Teilzeitführungsmodell teilen sich in der Regel zwei Führungskräfte eine Stelle zu etwa gleichen Teilen. Dabei teilen sie sich sowohl die Verantwortung, inhaltliche Aufgaben als auch Führungsaufgaben gleichberechtigt.[51] Die Wochenarbeitszeit beträgt bei beiden Führungskräften 20 bis 25 Stunden, welche auch durch eine gleichzeitige Präsenz gekennzeichnet ist, um Abstimmung und eine Themenübergabe zu gewährleisten.[52] Für das Unternehmen bietet das Modell den Vorteil, dass wertvolles Wissen nicht bei nur einer Person angehäuft und bei längerer Krankheit oder einem Weggang aus dem Unternehmen abhandenkommt.[53] Außerdem ist immer mindestens eine Person des Jobpaares verfügbar und zeichnungsberechtigt.[54] Darüber hinaus können sich beide die Aufgaben untereinander optimal, auf ihre jeweiligen Fähigkeiten und persönlichen Präferenzen abgestimmt, aufteilen und so von einer höheren Motivation und verbesserten Qualität profitieren.[55]
Ein Job-Pairing setzt eine hohe Eigenverantwortung und Partnerschaftlichkeit bei beiden Führungskräften voraus. Einzelkämpfer und auf Konkurrenz bedachte Mitarbeiter sind nicht geeignet.[56] Das Finden eines geeigneten Partners für die gemeinsame Stelle allein kann schon zu einer Herausforderung werden.[57] Darüber hinaus können größere Probleme bei der Neubesetzung einer Job-Pairing-Stelle auftreten.[58]
2.3.4. Chancen durch Teilzeitführung
Die Chancen durch Teilzeitführung ergeben sich aus ihren internen und externen Treibern (siehe Abbildung 3). Besonders für diese Arbeit hervorzuheben sind die Nachwuchssicherung und die demografischen Entwicklungen, die im Kapitel 3 näher beleuchtet werden. Auch der Kultur- und Wertewandel wird im Abschnitt 4 zur Generation Y tiefergehend betrachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Einflussgrößen auf die Relevanz von Teilzeitführungskonzepten[59]
2.3.4.1. Chancen für Führungskräfte
Das US Magazin „Forbes“ kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass in Teilzeit arbeitende Männer glücklicher im Job sind, da sie so mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können.[60] Durch die Verringerung der Arbeitszeit kommt es zu mehr Erholungs- und Entlastungsphasen, die wiederum die Fehlzeiten reduzieren und langfristig die Arbeitsfähigkeit bewahren.[61] Teilzeitführung erhöht die Chance der Führungskraft auf eine ganzheitliche und partnerschaftliche Karriere, die Beruf und Familie vereinbart und nicht in Konkurrenz zueinander stehen lässt. Außerdem machen Teilzeitführungsmodelle den Erwerb von Qualifikationen sowie Aus- und Weiterbildung möglich.[62]
2.3.4.2. Chancen für Unternehmen
Teilzeitführung bietet eine Reihe von Chancen für Unternehmen. So können zum Teil teuer ausgebildete Führungskräfte an das Unternehmen gebunden und deren Wissen erhalten werden.[63] Dies bewirkt eine Verringerung der Fluktuation und der Kosten für die Rekrutierung. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels können Unternehmen bei der Gewinnung von Fachkräften auf einen größeren Pool potenzieller Kandidaten zurückgreifen, als bei der ausschließlichen Suche nach Vollzeitführungskräften.[64] Vom Angebot von Führungspositionen in Teilzeit würden vor allem Frauen profitieren, denen bisher eine Führungsposition in Vollzeit aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen verwehrt war, aber auch die Akzeptanz für in Teilzeit arbeitende Männer würde im Unternehmen gesteigert. Daraus ergäbe sich eine harmonischere Verteilung von Führungspositionen unter den Geschlechtern bei gleichzeitiger Erhöhung der Frauenquote.[65] Betriebswirtschaftliche Vorteile ergeben sich aus dem effizienteren Personaleinsatz und der damit verbundenen Reduzierung der Personalkosten.[66] So werden zum Beispiel bestimmte Aufgaben von der „teureren“ Führungskraft zu einem „günstigeren“ Kollegen delegiert. Auch verringern sich der privat bedingte Absentismus („Krankfeiern“) und die krankheitsbedingten Fehltage durch Überlastung, da die Mitarbeiter mehr Zeit für ihr Privatleben haben und insgesamt weniger arbeiten.[67]
Darüber hinaus steigt die Produktivität von Führungskräften in Teilzeit bedingt durch Arbeitsverdichtung, eine fokussierte Arbeitsweise und eine Erhöhung der Motivation und Zufriedenheit, da Teilzeitführungskräfte in der Regel freiwillig ihre Arbeitszeit reduzieren und sich so positive Auswirkungen für ihr Privatleben ergeben. Eine derart motivierte und zufriedene Führungskraft agiert als Multiplikator und überträgt die positive Grundhaltung an andere Mitarbeiter.[68] Mit Teilzeitführungskräften steigt die Eigenverantwortung der Teammitglieder. Sie betreiben weniger Mikromanagement und fördern die Übertragung von Verantwortung (Empowerment) auf ihre Mitarbeiter, das wiederum zu einer Effizienzsteigerung führt.[69]
Teilzeitführung bietet Chancen für die Unternehmenskultur. Das Modell erfordert eine Kultur, die Ergebnisse statt Anwesenheit honoriert und setzt gegenseitiges Vertrauen auf allen betrieblichen Ebenen voraus.[70] Führungskräfte in Teilzeit sind darüber hinaus eventuell empathischer und verständnisvoller, wenn es um die privaten Bedürfnisse von Kollegen und Mitarbeiter geht, da sie deren Situation besser nachvollziehen können.[71]
2.3.5. Kritische Betrachtung von Teilzeitführung
Abbildung 4 zeigt die Auswertung einer Befragung, bei der die Eignung flexibler Arbeitsmodelle für Führungskräfte bewertet wurde. Die meisten der befragten Führungskräfte sind der Führung in Teilzeit noch wenig aufgeschlossen. Sie bewerteten die Teilzeit als Möglichkeit des flexiblen Arbeitens mit 31 % als eher bzw. sehr ungeeignet. 40 % der befragten Führungskräfte halten es für sehr bzw. eher geeignet. Besser bewertet wurden flexible Arbeitszeiten (85 % sehr/eher geeignet), Homeoffice (55 % sehr/eher geeignet), Elternzeit (54 % sehr/eher geeignet).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Eignung flexibler Modelle für Führungskräfte[72]
Im nachfolgenden Abschnitt soll daher das Modell der Teilzeitführung kritisch betrachtet werden.
2.3.5.1. Risiken für Führungskräfte
Führungskräfte in Teilzeit bemängeln die fehlende Rücksichtnahme über die reduzierte Arbeitszeit sowie die Missstimmung in der Abteilung, die durch die notwendige Umverteilung der Arbeit entsteht.[73] Wird die Arbeitslast nicht an die herabgesetzte Arbeitszeit angepasst, führt dies zu einer Arbeitsverdichtung oder einer regelmäßigen Überschreitung der Arbeitszeit und damit zu Unzufriedenheit und Überlastung der Führungskraft.[74]
Führungskräfte in Teilzeit stehen in Konkurrenz zu vollzeitarbeitenden Führungskräften. Sie können in weniger Zeit folglich geringeren Output leisten und damit weniger Leistungssignale aussenden. Dies müssen sie bei einer anstehenden Beförderung durch einen entsprechenden Kompetenzvorsprung ausgleichen.[75] Erschwerend kommt hinzu, dass bereits in Vollzeitbeschäftigungen zwischen Männern und Frauen keine Chancengleichheit bei der Besetzung von Stellen besteht. Daher liegt der Verdacht nahe, dass Teilzeitführungskräfte, die überwiegend weiblich sind, besonders stark mit mehrheitlich männlichen, vollzeitarbeitenden Führungskräften konkurrieren.[76]
2.3.5.2. Risiken für Unternehmen
Als Gegenargument von Führung in Teilzeit wird die Nicht-Delegierbarkeit von Führungsaufgaben genannt. So könnten Mitarbeitergespräche, Entscheidungen über die Arbeitsorganisation wie Arbeitszeiten, das Treffen von Zielvereinbarungen, Gehalts-verhandlungen oder die Repräsentation der Abteilung nicht an einen anderen Mitarbeiter übertragen werden.[77] Darüber hinaus werden der mangelnde Informationsfluss und das Informationsdefizit durch längere Abwesenheiten der Führungskraft kritisiert. Dies führe unter anderem zu einem höheren Abstimmungsaufwand und einem größeren wirtschaftlichen Risiko durch Verzögerungen und Uneinheitlichkeit in der Führung.[78]
Für Unternehmen birgt die Konkurrenz zwischen Teil- und Vollzeitführungskräften das Problem, dass es sich bei einer Stellenbesetzung eventuell zwischen einer besser geeigneten Teilzeitkraft und einer weniger geeigneten Vollzeitkraft, die dafür über ein größeres zeitliches Pensum verfügt, entscheiden muss.[79]
Ein Risiko bietet ebenso das häufige Verschweigen der Teilzeit, da dies den Kulturwandel innerhalb des Unternehmens hin zu einer höheren Akzeptanz von Teilzeitmodellen verhindert.[80]
3. Gründe für die Flexibilisierung von Arbeit
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der fortschreitenden Flexibilisierung von Arbeit durch Digitalisierung muss bei den Unternehmen ein Umdenken stattfinden. Heute müssen sich Unternehmen neben der Mitarbeiterbindung und -motivation auch dem Unternehmensimage und der Vielfalt der Belegschaft widmen, um so deren Potenziale zu erschließen.[81] Unternehmen sehen sich gezwungen flexible Arbeitsformen anzubieten, um weiter für qualifizierte Nachwuchskräfte interessant zu sein. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Generation Y haben die Macht, Unternehmen zu genau diesem Umdenken und zur Einführung von beispielsweise Teilzeitführung zu bewegen.[82] Gleichzeitig werden die Grundpfeiler guter Unternehmensführung in Frage gestellt. Mitarbeiter wollen in ihrer Arbeit einen Sinn erkennen und nicht mit materiellen Anreizen und Furcht vor Sanktionen zu Anwesenheit gezwungen und anschließend überwacht werden. Stattdessen sehen sie sich heute als zentrale Quelle der Wertschöpfung und wollen auch so wahrgenommen werden.[83] Im nachfolgenden Kapitel soll der Fachkräftemangel, die Flexibilisierung von Arbeit sowie die Digitalisierung verstärkt betrachtet werden.
3.1. Fachkräftemangel
Derzeit haben 70 % der Unternehmen große Probleme ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nennt die
„Fachkräftesicherung angesichts der stetig wachsenden Nachfrage nach Fachkräften und des demografischen Wandels ein Schlüsselthema der deutschen Wirtschaft und eine der größten Herausforderungen für Deutschland insgesamt“[84]
Wer junge, qualifizierte Arbeitnehmer sucht, rekrutiert aus einem immer kleiner werdenden Pool. Die Alterskohorte der 30-Jährigen entspricht nur noch 71 % der Jahrgangsstärke der heute 50-Jährigen. Bei den 20-Jährigen sind es lediglich 59 %. Verstärkend kommt hinzu, dass die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten „Babyboomer“ in 10 Jahren nach und nach in Rente gehen.[85] Der „War for talents“ ist daher auch ein Kampf um Familien und junge Eltern. Aufgrund dessen sollten Unternehmen die Themen Vereinbarkeit und Flexibilisierung nicht als Schlagworte des 21. Jahrhunderts abtun, sondern realistische und kreative Lösungen für die Herausforderungen von morgen finden.
3.2. Arbeit
Die Arbeitsgesellschaft von heute zeichnet sich dadurch aus, dass sie zu einer der wichtigsten Quellen der Sinnstiftung des Lebens eines Menschen geworden ist. Arbeit ist heute deutlich stärker intrinsisch motiviert.[86] Von intrinsischer Motivation spricht man, wenn ein Mensch einen eigenen inneren Antrieb für eine Tätigkeit entwickelt und nicht durch äußere Anreize oder gar Zwänge beeinflusst wird.[87]
Neben der Sinnstiftung werden auch vertrauensvolle Beziehungen zu Kollegen immer wichtiger sowie eine Kultur, die sich durch Fairness und Gerechtigkeit auszeichnet und die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zulässt.[88] Wissensarbeiter haben eine eigene Vorstellung ihrer modernen Arbeitswelt. Eine angemessene Bezahlung ist lediglich ein Hygienefaktor. Vielmehr erwarten sie ausreichend Spielräume und Möglichkeiten ihr Wissen zu erweitern und selbstständig zu arbeiten. Verändert haben sich auch die Erwartungen an die Mitarbeiter selbst. Waren es im Zeitalter der Industrialisierung noch Fleiß, Ehrgeiz, Wettbewerbsorientierung und Durchsetzungskraft, steht dem heute ein neues Ethos gegenüber:
„Vertrauen und gegenseitiges Wohlwollen sind nicht nur für das Funktionieren der Märkte, sondern auch für jeden Aspekt der sozialen Kooperation unverzichtbar“.[89]
Die Anforderungen an die Geschwindigkeit der Erledigung von Arbeitsaufgaben steigen fortwährend.[90] Agile Teams mit atypischen Arbeitsverhältnissen, in denen flexibler und schneller gearbeitet werden kann, lösen klassische vertragliche Arrangements ab.[91]
Darüber hinaus existieren heute genaue Studien und Erkenntnisse, unter welchen Bedingungen Arbeit besonders produktiv und kreativ ist. Ein 8-Stunden-Tag mit voller Aufmerksamkeit für eine Sache gehört der Vergangenheit an. Vielmehr führt ein regelmäßiger, auch räumlicher Wechsel zwischen fokussierter Arbeit und Inspirationsphasen sowie körperlicher Bewegung zu einer Aktivierung des Gehirns. Für Wissensarbeiter ist die Kommunikation mit den Kollegen und die Möglichkeit zum Wissensaustausch ein wesentlicher Grund, Anwesenheit im Büro beispielsweise dem Homeoffice vorzuziehen. Demnach sollte das Arbeitsumfeld so gestaltet werden, dass Kommunikation gefördert wird.[92]
3.3. Digitalisierung und Flexibilisierung
Unter Digitalisierung wird der „Wandel der privaten und der Arbeitswelt durch den vermehrten Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien“ subsummiert.[93] Durch moderne Kommunikationsmittel und Digitalisierung kann Arbeit heute zunehmend flexibler, sowohl zeitlich als auch geografisch unabhängig erledigt werden. Daher öffnen sich Unternehmen vertrauensvoll hin zu einer ergebnisorientierten Arbeitskultur anstelle einer Präsenzpflicht mit Zeiterfassung.[94]
Mobile Erreichbarkeit und Internetzugang an fast jedem Ort der westlichen Welt machen Homeoffice oder Arbeiten an sogenannten „Third places“ zu einer attraktiven Möglichkeit ortsflexiblen Arbeitens. Es ermöglicht eine Zeitersparnis von 4,4 Stunden pro Woche, die mit einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf einhergeht. Und obwohl die Unternehmen von der erhöhten Produktivität im Homeoffice überzeugt sind, wird es längst nicht jedem Mitarbeiter, der danach fragt, gestattet.[95]
Die Möglichkeit flexibel im Homeoffice zu arbeiten, stellt für Eltern ein besonders großes Potenzial zur Verbesserung ihres Alltags dar. Ein Drittel der Eltern mit minderjährigen Kindern könnte aufgrund ihrer Tätigkeit zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten.[96] Davon wollen dies aber nur 30 % tun. Tatsächlich arbeiten lediglich 6 % regelmäßig von zu Hause. Dabei leistet dieses Instrument einen großen Beitrag zur Vereinbarkeit. 85 % der Eltern, die im Homeoffice arbeiten, gaben an, dass ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gut gelingt. Dies fanden nur 30 % von den Eltern, die nicht mobil arbeiten können. Die 4,4 Stunden eingesparte Zeit für das Pendeln zwischen Wohnung, Arbeit, Kita oder Schule nutzen 80 % der Eltern als Familienzeit und 75 % für Aufgaben, die im Haushalt anfallen.[97]
4. Generation Y
Im vorletzten Abschnitt der theoretischen Abhandlungen wird der Teil der Bevölkerung vorgestellt, der Gegenstand dieser empirischen Untersuchung ist. Die Generation Y wird in Bezug auf ihre Arbeitsmoral, ihr Gesundheitsbewusstsein und ihre Haltung zu Vereinbarkeit und Elternschaft beschrieben.
4.1. Begriffsklärung
Unter Generation Y werden in der Regel alle Jahrgänge von 1980 bis 1999 zusammengefasst. Eine Generation, die die Entwicklung des Internets von Anfang an miterlebte und in einer stabilen und sicheren Umgebung aufwachsen konnte, im Unterschied zu vorherigen Generationen, die mit dem kalten Krieg, dem Mauerbau oder mit klassischen Rollenbildern und ohne Gleichberechtigung der Geschlechter aufgewachsen sind. Sie grenzen sich von den „Baby Boomern“ (1946-1964) und der Generation X (1965-1979) ab, die zurzeit das wirtschaftliche Geschehen bestimmen. Diese Generationen sitzen in Vorständen und kaufen 80 % aller deutschen Neuwagen.[98] Sie haben ihr Studium oft noch ohne die Nutzung eines Computers durchlaufen und haben eher Probleme, mit der sich ständig ändernden Arbeitswelt zurechtzukommen.[99] An die Generation Y schließt sich die sogenannte Generation Z an. Sie sind nach 1995 geboren und mit digitalen Medien und Angeboten groß geworden. Sie kommunizieren seit frühester Kindheit über Kontinente hinweg.[100]
Dennoch blieb auch die Generation Y nicht vor politischen und wirtschaftlichen Krisen verschont. Die Ereignisse vom 11. September 2001 haben die „Ypsiloner“ nachhaltig geprägt und so fasst Würzburger eine ganze Generation folgendermaßen zusammen:
„Für eure Generation scheint klar: Was einmal als sicher und unverrückbar galt, kann plötzlich an Bedeutung verlieren, ein Risiko oder sogar eine Gefahr darstellen. Ihr habt euch darauf eingestellt und euer Lebenskonzept angepasst. […] Mit dem Wissen, dass schon morgen alles anders sein könnte, rechnet ihr nicht mehr damit, heute Medizin zu studieren und morgen als Oberarzt in Rente zu gehen. Und auf Rente hofft so und so kaum noch jemand von euch. Ihr habt gelernt, dass ihr gut, flexibel und anpassungsfähig sein müsst, wenn ihr im gegenwärtigen System nicht zurückbleiben möchtet.“[101]
Andere sehen in der Generation Y eine Abkehr des Individualismus hin zu einer Identifizierung mit der Gemeinschaft. Werkzeuge und Autos werden geteilt, Kleider getauscht und gemeinschaftliche Gärten angelegt.
„Sich in der Gemeinschaft selbst wiederzufinden und nach Identitäten zu suchen, die über das eigene Ich hinausgehen, wird zu einem zentralen Trend in Gesellschaft und Wirtschaft.“[102]
Außerdem sind die Faktoren Zeit und Umweltbewusstsein im Verhältnis zu materiellem Wohlstand für eine ganze Generation wichtiger geworden. Auch diese Entwicklung hält immer noch an.[103]
4.2. Arbeitsmoral der Generation Y
Nicht selten wird die Arbeitsmoral der Generation Y kritisiert und sogar als wenig leistungsbereit und faul beschrieben.[104] Aber dies sei eine Fehlinterpretation. Vielmehr müsse die Leistungsbereitschaft neu definiert werden. Mitglieder der Generation Y wollen nicht nach ihrer Anwesenheit, sondern nach Ergebnissen bewertet und bezahlt werden. Eine ergebnisorientierte Arbeitszeitkultur, die der anwesenheitsorientierten Präsenzkultur gegenübersteht, verlangt ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Vertrauen.[105] Außerdem streben die Ypsiloner nach Gestaltungspielräumen, Möglichkeiten zu Weiterbildung, maximaler Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf und einem angemessenen Einkommen, nach „Glück statt Geld, Freizeit statt Karriere, Privatleben statt Macht“.[106] Arbeit soll der Familie oder Gesundheit auf keinen Fall untergeordnet werden wie es bei früheren Generationen der Fall ist.[107] Überstunden auf Kosten der Freizeit kommen nicht mehr gut an.[108]
Kerstin Bund, selbst Ypsilonerin, beschreibt in ihrem Buch, dass es für die Generation Y nicht mehr auf die Trennung von Arbeit und Freizeit ankomme. Stattdessen will diese Generation bereits bei der Arbeit Spaß haben und dafür nicht auf den Feierabend warten müssen.[109] Die Arbeitsmoral der Generation Y hat auch Auswirkungen auf andere Altersgruppen. Die sogenannten „lebensphasenorientierten Arbeitszeitmodelle“ werden immer populärer und zeugen von einem Kultur- und Wertewandel in Deutschland.[110]
4.3. Gesundheitsbewusstsein der Generation Y
Angehörige der Generation Y ruhen sich nicht auf ihrem wohlverdienten Ruhestand aus. Womöglich ahnen sie, dass es eine sichere, gesetzliche Rente für sie nicht mehr geben wird. „Arbeiten bis man stirbt“ nennen es manche von ihnen. Aufgrund dieser Einstellung leben Ypsiloner nachhaltiger und haushalten mit ihrer Energie und Gesundheit. Bei ihnen geht es bei Gesundheit nicht allein um die Abwesenheit von Krankheit, sondern darum möglichst lange körperlich fit zu sein und sich ganzheitlich, also auch psychisch wohlzufühlen.[111] Sie sind sich darüber bewusst, dass gehäuft auftretende psychische Störungen ein Ergebnis einer Arbeitswelt im Ungleichgewicht ist. Für sie gilt es „Wege aufzuzeigen, wie sie vermieden, frühzeitig erkannt und überwunden werden kann. Gesundheit ist ein biopsychosoziales Potenzial, das seine Energie aus intrinsischer Motivation, sinnvoller Tätigkeit und sozialer Verbundenheit speist.“[112]
4.4. Moderne Elternschaft und Vereinbarkeit
Die Bezeichnung „Vereinbarkeit“ stellt Familie und Karriere in ein sich ausschließendes Verhältnis.[113] Die Generation Y sieht dies jedoch ganz anders: sie wollen die Familienplanung und das Karrierestreben nicht nacheinander verfolgen, sondern gleichzeitig. Sie fordern daher flexible Arbeitszeitmodelle, zu denen auch Teilzeitführungsmodelle zählen, sowie ausreichend hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen, die ein erfülltes Familienleben ermöglichen.[114]
Dies bestätigt Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability. Sie fand zusätzlich heraus, dass die junge Generation ihren beruflichen Aufstieg nicht mehr in einem bestimmten Alter sieht und anstrebt, sondern entzerrt in jedem Alter. Bei einer Befragung von 4.000 Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 34 Jahren des Unternehmensnetzwerks „Erfolgsfaktor Familie“ sei für 97 % der Befragten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für ein gutes Leben entscheidend. Dies solle auch von Arbeitgebern unterstützt werden. 77 % könnten sich bei flexiblen Arbeitsbedingungen vorstellen, Kinder zu bekommen. 58 % finden die mobilen Möglichkeiten zu arbeiten wichtig und knapp 50 % einen Betriebskindergarten.[115]
Die Familie ist für fast 80 % der Bevölkerung der wichtigste Lebensbereich. Für Eltern mit minderjährigen Kindern sagen dies 93 %. Dieser Wert ist von 2006 zu 2016 noch einmal um 2 % gestiegen.[116]
Die familienpolitischen Schwerpunkte in Bezug auf die Arbeitswelt dieser Eltern liegen auf der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (74 %), der Steuerentlastung von Familien (72 %) und der partnerschaftlichen Berufstätigkeit (61 %) (siehe Abbildung 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Familienpolitische Agenda der Bevölkerung[117]
[...]
[1] Lask 2017, 305f.
[2] TzBfG
[3] Kramer und Peter 2012, 95f
[4] TzBfG
[5] Institut für Demoskopie Allensbach 2016, S. 25
[6] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 5
[7] IG Metall 2018
[8] Demografie-Portal des BUndes und der Länder
[9] TzBfG
[10] Preedy 2017, S. 61
[11] Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2015
[12] Kramer und Peter 2012, S. 96
[13] Institut für Demoskopie Allensbach 2015, 50f.
[14] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 10
[15] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017, S. 48
[16] Bertelsmann Stiftung 2018, S. 15
[17] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017, S. 65
[18] Gül et al. 2016, S. 155
[19] Mahlstedt 2017, S. 30
[20] Cornelissen et al. 2011, S. 13
[21] Cornelissen et al. 2011, 11f.
[22] Cornelissen et al. 2011, S. 14
[23] Institut für Demoskopie Allensbach 2015, S. 10
[24] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017, S. 67
[25] Institut für Demoskopie Allensbach 2015, S. 59
[26] Institut für Demoskopie Allensbach 2015, S. 48
[27] Bessing et al. 2017, S. 90
[28] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 5
[29] Lask und Kriechbaum 2017, S. 324
[30] Franken 2016, S. 30
[31] Stettes 2017, S. 145
[32] Franken 2016, 31f
[33] Badura 2017, S. 22
[34] Franken 2016, 31f
[35] Franken 2016, 32f
[36] Badura 2017, S. 106
[37] Kolat und Schirmacher 2017, 50f.
[38] Lask und Kriechbaum, 305f.
[39] Vedder und Vedder, S. 72
[40] Stuth und Hipp, S. 34
[41] Fauth-Herkner und Wiebrock, S. 102
[42] Lask und Kriechbaum, 305f.
[43] Stuth und Hipp 2017, S. 35
[44] Lask und Kriechbaum, 305f.
[45] Lask und Kriechbaum, S. 304
[46] Karlshaus und Kaehler 2017, 6f
[47] Ladwig und Domsch 2017, S. 118
[48] Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2015
[49] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 7
[50] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 8
[51] Karlshaus und Kaehler 2017, 7f
[52] Ladwig und Domsch 2017, S. 119
[53] Stuth und Hipp 2017, S. 32
[54] Ladwig und Domsch 2017, S. 120
[55] Karlshaus und Kaehler 2017, 7f
[56] Ladwig und Domsch 2017, S. 120
[57] Stettes 2017, S. 143
[58] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 7f
[59] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 9
[60] Würzburger 2016, S. 15
[61] Gut, S. 14
[62] Fauth-Herkner und Wiebrock 2017, S. 113
[63] Fauth-Herkner und Wiebrock 2017, S. 113
[64] Karlshaus und Kaehler 2017, 18f
[65] Stuth und Hipp 2017, S. 32
[66] Lask und Kriechbaum 2017, S. 306
[67] Karlshaus und Kaehler 2017, 13f
[68] Karlshaus und Kaehler 2017, 12f
[69] Bessing et al. 2017, S. 95
[70] Köster 2017, S. 130
[71] Karlshaus und Kaehler 2017, 12f
[72] Bessing et al. 2017, S. 88
[73] Bessing et al. 2017, S. 90
[74] Ladwig und Domsch 2017, S. 117
[75] Stettes 2017, 146f.
[76] Vedder und Vedder 2017, S. 75
[77] Vedder und Vedder 2017, S. 79
[78] Gut, S. 14
[79] Stettes 2017, 146f.
[80] Bessing et al. 2017, S. 93
[81] Franken 2016, S. 20
[82] Ladwig und Domsch 2017, S. 116
[83] Badura 2017, 5f.
[84] Ewinger et al. 2016, S. 16
[85] Institut für Demoskopie Allensbach 2016, 10f.
[86] Badura 2017, S. 5
[87] Badura 2017, S. 43
[88] Badura 2017, S. 27
[89] Badura 2017, S. 10
[90] Klaffke und Reinheimer 2016, S. 144
[91] Klaffke 2016, S. 11
[92] Klaffke 2016, S. 7
[93] Franken 2016, S. 4
[94] Franken 2016, 12ff
[95] Kolat und Schirmacher 2017, S. 49
[96] Institut für Demoskopie Allensbach 2016, S. 38
[97] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017, 91f.
[98] Würzburger 2016, S. 4
[99] Würzburger 2016, S. 31
[100] Würzburger 2016, S. 28
[101] Würzburger 2016, S. 8
[102] Ewinger et al. 2016, S. 11
[103] Würzburger 2016, S. 3
[104] Ewinger et al. 2016, 14f.
[105] Lask und Kriechbaum 2017, S. 307
[106] Ewinger et al. 2016, 14f.
[107] Würzburger 2016, 13f.
[108] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 10
[109] Würzburger 2016, S. 11
[110] Karlshaus und Kaehler 2017, S. 11
[111] Würzburger 2016, S. 12
[112] Badura 2017, S. 5
[113] Lask und Kriechbaum 2017, 5f.
[114] Würzburger 2016, S. 18
[115] Ewinger et al. 2016, S. 18
[116] Institut für Demoskopie Allensbach 2016, S. 7
[117] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2017, 107f.
- Quote paper
- Diana Leib (Author), 2018, Teilzeitführungsmodelle. Handlungsempfehlungen für Unternehmen für ein erfolgreiches Beschäftigungsmodell der Eltern aus der Generation Y, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444537
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