Das Skript gibt Überblick über mehrere Teilbereiche der Allgemeinen Störungslehre, darunter:
1 Psychische Gesundheit
2 Psychosoziale Krisen
3 Definitionen psychischer Störungen
4 Klassifikation psychischer Störungen
5 Diagnostik
6 Depression und andere Affektive Störungen
7 Suizidalität und Suizid
8 Angststörungen
9 Zwangsstörungen
10 Somatoforme Störungen und psychosomatische Erkrankungen
11 Essstörungen
12 Posttraumatische Störungen
13 Persönlichkeitsstörungen
Skript Allgemeine Störungslehre
Psychische Gesundheit
Psychosoziale Krisen
Definitionen psychischer Störungen
Klassifikation psychischer Störungen
Diagnostik
Depression und andere Affektive Störungen
Suizidalität & Suizid
Angststörungen
Somatoforme Störungen und psychosomatische Erkrankungen
Essstörungen
Posttraumatische Störungen
Persönlichkeitsstörungen
Psychische Gesundheit
- Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO 1946):
Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.
(subjektive Dimension)
- Definition nach Freud:
Kriterien für Genesung sind Leistungs- und Genussfähigkeit und die Fähigkeit zu lieben.
- Referenz-Norm (Baumann & Perrez, 1998):
Das Verständnis von Normalität kann sich auf unterschiedliche Normen beziehen.
Statistische Normen ( Durchschnittswerte) definieren die Normalität nur begrenzt (z.B. Karies).
- (als allgemein-gültig postulierte und philosophisch-weltanschaulich begründete „Zustände der Vollkommenheit“) treffen nur auf wenige zu, bspw. wären nach der Definition der WHO viele „krank“.
Soziale Normen werden von Sozialsystemen entwickelt um das Verhalten ihrer Mitglieder zu steuern und zu kontrollieren. In Bezug auf psych. Störungen bedeutet Therapie dann Anpassung an die geltenden (Mittelstands-)Normen.
Subjektive Norm ist der häufigste Grund für die Konsultation eines Therapeuten. Nicht Abweichung von anderen, sondern Abweichung von einem Zustand, den die Person vorher innehatte. Therapie die dann als Wiederherstellung dieses Zustandes.
Funktionale Normen bewerten ob Zustände/Verhaltensweisen und ihre Auswirkungen und Folgen förderlich oder schädlich hinsichtlich bestimmter Ziele sind.
- 3 Hauptkomponenten seelischer Gesundheit (Becker, 1995):
1 Seelisch-körperliches Wohlbefinden (Sinnerfülltheit, Selbstvergessenheit, Beschwerdefreiheit)
3 selbst- und fremdbezogene Wertschätzung (Selbstwertgefühl u. Liebesfähigkeit)
- implizite Gesundheitsvorstellung, Abwandlung vom DSM-IV (Leising et al., 2009):
- sei selbstständig und unabhängig
- sei auf realistische Weise von dir selbst überzeugt
- ertrage Unsicherheit und Unvollkommenheit
- halte dich an Konventionen
- habe dich selbst unter Kontrolle
- komme mit anderen Menschen zurecht
- suche nach dem Guten im Menschen
- lass dich emotional auf andere Menschen ein und gehe anständig mit ihnen um
- genieße soziale Beziehungen und Aktivitäten
- habe Vertrauen in andere Menschen
Psychologische Bedingungen psychischer Gesundheit
Aktive/positive Definition psy. Gesundheit könnte aus den Übersetzungen der OPD-Achsen erfolgen. Wichtig wäre dabei zu betonen, dass evtl. Abweichungen vom Ideal nicht das Vorliegen von psych. Störung bedeuten, sondern allenfalls Vulnerabilitäten darstellen.
„gesunde“ Konfliktbewältigung: motivationale Themen können integriert gelebt werden; bspw. Abhängigkeit-Individuation, Unterwerfung-Kontrolle, Versorgung-Autarkie, Selbstwert, ödipaler Konflikt. „ Ein psychisch integriertes Motiv drängt sich nicht auf. Passt der Schuh, vergisst man den Fuß.“
„gesunde“ psychische Struktur: definiert durch 0-Stufen der Skalen Psychischer Kompetenzen, 0-Stufen der STIPO-Items oder durch Items des „guten“ Strukturniveaus in OPD und auch durch hohes Maß an erlebter Konsistenz, Mentalisierungsfähigkeit, und Selbstkongruenz.
„gesunde“ Beziehungsgestaltung: gesunde Konfliktbewältigung und Struktur bilden die Basis, Empathie, Harmonie. Ausschlaggeben sind potenzielle Variabilität und Flexibilität.
„gesunde“ Kognitionen: auf inhaltlicher Ebene Abwesenheit von irrationalen Überzeugungen (ich muss kompetent und leistungsfähig sein um mich selbst für wertvoll zu halten) bzw. das Vorhandensein ihrer Gegenteile, auf formaler Ebene nicht das Überwiegen von automatischen Gedanken mit logischen Fehlern. Aversive Ereignisse können auf variable, spezifische und kontrollierbare Faktoren zurückgeführt werden (gesunder Attributionsstil). Hohes Maß an Achtsamkeit und Akzeptanz gegenüber negativen Emotionen.
Fazit: Psychische Gesundheit ist als Ideal beschrieben. Wahrscheinlich erfüllt niemand diese Kriterien in voller Ausprägung, da der Mensch beschränkt ist. Abweichungen nicht gleich Störungen, sondern machen Entstehung von Krankheiten wahrscheinlicher (Vulnerabilität).
Psychosoziale Krisen
- Definition nach Stein (2009):
- Konfrontation mit belastenden Ereignissen oder neuen Lebenssituationen, die wesentliche Lebensziele in Frage stellen
- Gewohnte Problembewältigungsstrategien versagen
- Situation wird dadurch schnell bedrohlich und führt zu einer massiven Störung des psychosozialen Gleichgewichts
- Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls
- Vorgang ist zeitlich begrenzt (einige Wochen bis Monate), es wird versucht rasch ein schnelles Gleichgewicht herzustellen
- Je nachdem welche Bewältigungsschritte überwiegen- entweder Weiterentwicklung und Reifung oder Entstehung spezifischer Gefährdungen und Fehlentwicklungen
- Symptome:
- Erhöhte Anspannung und Nervosität
- Unsicherheit und Angst
- Irritation, Aggression, Autoaggression
- Depressivität
- Verwirrtheit
- Zunehmendes inadäquates Verhalten
- Depersonalisations- und Derealisationserscheinungen
- Wahn-, Beziehungs- und Verfolgungsideen
- Halluzinationen
Diagnostische Abgrenzung zu psychischen Störungen wie Akute Belastungsreaktion oder Anpassungsstörung ist schwierig. Mensch in der Krise bewegt sich an einer nicht festzulegenden Grenze. Vielfältige Faktoren bestimmen, auf welcher Seite der Grenze er sich befindet.
- Krisen-begünstigende Faktoren
- Auslösesituation: Schwere und Art des Ereignisses. Verlustkrisen und Lebensveränderungskrisen.
- Subjektive Bedeutung des Ereignisses
- Krisenanfälligkeit: frühere, unbewältigte Krisen sind Risiko, vor allem wenn aktuelle Krise ähnliche Thematik beinhaltet
- Soziales Umfeld
- Persönlichkeit: Merkmale und Fähigkeiten
- Abwehr und Coping: unbewusste und bewusste Bewältigungsprozesse
- Ressourcen: z.B. gutes soziales Netz, finanzielle Möglichkeiten, günstig Persönlichkeitseigenschaften und Verfügbarkeit des Copingstrategien.
Definitionen psychischer Störungen
Definitionen des deutschen Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (2008), unterteilt in Psychische Störung, Krankheitswertigkeit, Behandlungsbedürftigkeit. Letzteres wenig schlüssig, das nicht Vorhandensein einer geeigneten Therapiemethode ändert nichts an der Behandlungsbedürftigkeit. Laut deren Definition ist Störung nur behandlungsbedürftig wenn sie Krankheitswert besitzt- Begriffe Störung und Krankheit unklar, implizieren dass es psych. Störungen ohne Krankheitswertigkeit gebe, die dann Varianten menschlichen Daseins wären.
- Epidemiologie psychischer Störungen: Begriffe
Epidemiologie = Lehre von der Verbreitung von Krankheiten in einer Population.
Deskriptive Epidemiologie: Erfassung der Häufigkeitsverteilung von Krankheiten und Krankheitsfolgen
Analytische Epidemiologie: Faktoren, welche die oben genannte Häufigkeitsverteilung beeinflussen
- : Anteil an einer bestimmten Krankheit Erkrankter in einer Population zu einem bestimmten Zeitpunkt (Anzahl der Kranken/Anzahl gesamt, dieses Verhältnis entspricht der Wahrscheinlichkeit krank zu sein)
- : Anteil der an einem bestimmten Stichtag und in einer definierten Zeit davor oder danach Erkrankten in einer Population (Anzahl Kranker während Periode/Anzahl gesamt pro Periode)
- : Anteil der Personen, die in einem bestimmten Zeitraum neu erkranken
- Allgemeine Aussagen abgeleitet durch epidemiologische Studien (Markgraf, 2009)
- Psychische Störungen sind weltweit sehr häufig. Lebenszeitprävalenz liegt zwischen einem Drittel und der Hälfte aller Erwachsenen. Häufigsten Formen sind Depressionen, Angststörungen und Substanzabhängigkeitsstörungen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
- Ca. 50-60% der Betroffenen Komorbidität
- Störungen beginnen früh und verlaufen oft chronisch. Ersten drei Lebensjahrzente als Risikoperiode für die Entstehung psychischer Leiden.
Innerhalb eines Jahrs leiden 38,2k% (164,8 Millionen) der EU-Bevölkerung an einer oder mehreren Störungen. Uneinheitlich geklärt ist die Frage ob Störungen in den letzten Jahrzenten zugenommen haben.
- Belastungen im Zusammenhang mit psychischen Störungen (Wittchen & Jacobi, 2005)
- Beeinträchtigung der sozialen Rollen (schulisch/berufliche Leistung, Elternschaft, soziale Kontakte, Partnerschaften).
- Störungen in den ersten zwei Lebensjahrzenten sind mit verminderter sozialer, kognitiver und behavioraler Entwicklung verbunden
- Komorbidität verschlimmert den Grad der sozialen Beeinträchtigung und erhöht Risiko für Suizid, Hospitalisierung, Arbeitslosigkeit und Isolation.
- Kosten psychischer Störungen (Markgraf, 2009)
- Psychische Störungen gehören zu den größten Kostenverursachern im Gesundheitswesen
- Bis 2020 wird laut WHO die Depression weltweit die zweitwichtigste Ursache von Krankheitsbelastungen darstellen. In den Industriestaaten ist die Bedeutung von psych. Störungen fast doppelt so groß wie im Gesamtdurchschnitt der Welt.
- Größte Kostenfaktoren sind stationäre Behandlungskosten und Arbeitsausfallkosten
- Statt früh, ambulant und kostengünstig werden Störungen spät, stationär und teuer behandelt.
- Feststellungen zur Behandlung (Wittchen & Jacobi, 2005)
- Nur einer von vier Betroffenen in Europa erhält zumindest eine minimale Intervention. In Deutschland bleiben zwei Drittel unbehandelt.
- Wenn eine Störung erkannt wird, wird am häufigsten mit Psychopharmaka behandelt
- Psychotherapie wird nur selten als alleinige Behandlung angeboten.
- Unterbehandlung besonders häufig bei Kindern und jungen Erwachsenen, sowie bei Angststörungen und Substanzstörungen zu beobachten.
Laut BKK hat sich die Zahl der psych. Erkrankungen unter Arbeitnehmern seit 1990 verdreifacht: 10% aller Arbeitsunfähigkeitstage sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Die Nichtbehandlung führt zu einer erhöhten Chronifizierung und zu den oben genannten volkswirtschaftlichen Schäden.
Klassifikation psychischer Störungen
- Wichtigsten Klassifikationssysteme für psychische Störungen
International Classification of Diseases: ICD-10 (Herausgeber WHO)
Diagnostische und Statistische Manual of Mental Disorders: DSM-IV (Herausgeber: APA)
- Gemeinsame Prinzipien von ICD-10 und DSM-IV
- Deskriptiv: Beschreibung der Störungen
- Operational: geben genaue Kriterien vor anhand derer eine Diagnose gestellt werden sollte
- Polythetisch: ein Mindestmaß an Kriterien muss für Diagnose erfüllt sein
- Atheoretisch: verzichten auf theoretische Hintergrundannahmen
- Nicht ätiologisch: verzichten auf Aussagen über die Entstehung der Störungen
- ICD-10
Umfasst alle Störungs- und Krankheitsgebiete in 21 Kapiteln. Kapitel V (F-Codierungen) behandelt alle psychischen Störungen. Statt von „Krankheit“ oder „Erkrankung“ wird von „Störung“ gesprochen.
ICD-10 Kapitel:
- F0 organische einschl. symptomatischer psychischer Störungen (Demenz, Delir usw.)
- F1 psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (durch Alkohol, Cannabinoide, Opioide usw.)
- F2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
- F3 affektive Störungen (bipolare, manische, depressive Episoden usw.)
- F4 neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen (phobische, Zwangs-, Anpassungs-, dissoziative Störungen usw.)
- F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren (Essstörungen, nichtorganische sexuelle Störungen usw.)
- F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (Störungen der Impulskontrolle, Kleptomanie, Störungen der Geschlechtsidentität, Sexualpräferenz usw.)
- F7 Intelligenzminderung
- F8 Entwicklungsstörungen (des Sprechens, der Sprache, frühkindlicher Autismus usw.)
- F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (hyperkinetische Störungen, Störungen des Sozialverhaltens usw.)
- DSM-IV/-5
Erfasst nur psych. Störungen
Multiaxiale Beurteilung im DSM-IV
- Achse I: Klinische Störungen; Andere klinisch relevante Probleme (umfasst alle psych. Störungen außer Persönlichkeitsstörungen)
- Achse II: Persönlichkeitsstörungen; Geistige Behinderung (aufgeteilt in Gruppen A, B und C; paranoid/schizoid, antisozial/Borderline/histrionisch/narzisstisch, selbstunsicher/dependent/zwanghaft )
- Achse III: Medizinische Krankheitsfaktoren (Infektionen; Parasiten, Nervensystem usw.)
- Achse IV: Psychosoziale oder umgebungsbedingte Probleme
- Achse V: Globales Funktionsniveau GAF (Beeinträchtigung des Patienten wird auf einer Skala von 1 bis 100 eingeschätzt; psychische, soziale und berufliche Funktionsbereiche werden beurteilt)
Beispiel für multiaxiale Beurteilung gemäß DSM-IV
Achse I: Major Depression, einzelne Episode; Alkoholmissbrauch
Achse II: Dependente Persönlichkeitsstörung
Achse III: keine
Achse IV: drohender Arbeitsplatzverlust
Achse V: GAF=35 (zurzeit)
Diagnostik
- Phasen/Komponenten klinischer Diagnostik
1. Beziehungsaufbau und allgemeiner Eindruck
2. Klassifikatorische, kategoriale Diagnose/Differentialdiagnose
3. Abklärung möglicher organischer Ursachen und Komplikationen
4. Verfahrensspezifische Diagnostik (z.B. dominante unbewusste Konflikte, Strukturniveau; funktionale Verhaltensanalyse, dysfunktionale Kognitionen etc.)
1. Beziehungsaufbau und allgemeiner Eindruck
Gestaltet sich unterschiedlich (manche Fragebogen, manche klären Finanzen usw.). Diagnostische Situation als eine Art Mini-Therapie, um zu überprüfen ob der Patient mit der vom Therapeuten favorisierten Behandlungstechnik umgehen kann. Andere Konzepte wie das motivational interviewing versuchen gezielt, den Patienten für den therapeutischen Prozess zu motivieren.
2. Störungsdiagnostik - Klassifikationen und Dimensionen
Genutzte Instrumente...
Interviews
- Strukturierte Interviews: erfassen mittels vorformulierter Fragen systematisch alle Störungsbilder. SKID-I und SKID-II (das Strukturierte Klinische Interview) ermöglichen eine schnelle, valide und reliable Diagnosestellung nach DSM-IV. SKID-I erfasst alle Störungsbilder außer Persönlichkeitsstörungen, SKID-II Persönlichkeitsstörungen. Das Maß an Komorbidität wird ebenso erfasst. DIPS (Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen) nach ICD-10. Obwohl die Interviews nach festen Regeln ablaufen, hat der Diagnostiker Entscheidungsspielräume.
- Standardisierte Interviews: z.B. CIDI (Composite International Diagnostic Inteview). Alle Schritte der Datenerhebung und Auswertung sind vollständig festgelegt, keine Entscheidungsspielräume.
- Differentialdiagnose: Gesamtheit aller Diagnosen die als Erklärung für ein oder mehrerer Symptome möglich sind. Positive Diagnose (wird gestellt wenn die Symptome und/oder Befunde spezifisch für die Diagnose sind) oder Ausschlussdiagnose (häufiger, alle in Frage kommenden Diagnosen werden ausgeschlossen). Im Idealfall endet Vorgang wenn nur noch eine Diagnose in Frage kommt.
Klinische Fragebögen und Tests
- zu jeder Störung lässt sich mittlerweile ein Fragebogen finden, z.B. BDI (Beck-Depressions-Inventar) oder AKV (Fragebogen zur körperbezogenen Ängsten, Kognitionen und Vermeidung).
- Es gibt auch Fragebögen, die sich nicht nur auf eine Störung beziehen. Zum Beispiel:
- SCL-90-R: Symptom-Checkliste erfasst subjektive Beeinträchtigungen durch körperliche und psychische Symptome. 90 Items die zu 9 Skalen (Somatisierung, Depressivität, Ängstlichkeit, Feindseligkeit, psychotisches Erleben) zusammengefasst werden. BSI als Kurzform.
- PHQ: Gesundheitsfragebogen für Patienten. Erfasst depressive Störungen, Angststörungen, Somatoforme Störungen, Essstörungen, Alkoholabhängigkeit und ihre Schweregrade.
- ISR: ICD-10-Symptom-Rating mit 29 Items die 6 Skalen zugeordnet sind. Depressives Syndrom, Angstsyndrom, Zwangssyndrom, somatoformes Syndrom, Essstörungssyndrom.
- ADP-IV: erfasst Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV mit 94 Items und liefert kategoriale und dimensionale Werte.
- Andere Fragebögen erfassen unterschiedliche Aspekte, die klinisch relevant sind, wie z.B.:
- IIP: Inventar zur Erfassung interpersoneller Probleme, Selbsteinschätzung.
- INTREX: zur Einschätzung des eigenen interpersonellen Verhaltens gegenüber der wichtigsten Bezugsperson sowie des Umgangs mit sich selbst.
- ECR: Experiences in Close relationships- revised. Erfasst Bindungsstrategien aufs zwei Dimensionen, bindungsbezogene Angst (z.B. vor Verlassenwerden) und bindungsbezogene Vermeidung.
- EER: Fragebogen zu Emotionserleben und Emotionsregulation. Erfasst Basis-Emotionen aber auch Gefühle wie Leblosigkeit, Einsamkeit usw.
- IPO- 16: Kurzform des Inventory of Personality Organisation.
- PATH: Beschreibung der Probleme und Ziele von Patienten mit Einschätzungen der Patienten zu ihrem Leiden unter diesen Problemen.
- SF- 36: Short Form Health Survey, erfasst die Lebenszufriedenheit in 8 Dimensionen, die sich in körperliche und psychische Gesundheit einteilen lassen.
Verfahrensspezifische Fokussierung
Unbefriedigende Situation. Fokussierung auf Teil-Dimensionen von psych. Störungen führt zu systematischen Teil-Theorien, also systematisch verengten Störungsbildern. Ein verfahrensübergreifender Konsens existiert jedoch nicht.
Depression und andere Affektive Störungen
Der Begriff der Affektiven Störungen ist unglücklich gewählt da 1) Jede psychische Erkrankung mit der Veränderung des Affektsystems einhergeht, 2) der Affektbegriff bezieht sich hier eher auf Stimmungen, 3) eine ganze Reihe anderer Symptome müssen gegeben sein um die Diagnose einer AS zu stellen.
Klassifikation der Affektiven Störungen
Darunter fallen… Depression, Manie, Zyklothymie (andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung), Dysthymie (chronische Verstimmung)
- Ebenen der Begriffsverwendung „Depression“
- Symptom-Ebene: zur Beschreibung von Einzelsymptomen wie z.B. Niedergeschlagenheit
- Syndrom-Ebene: zur Beschreibung eines zusammenhängenden Merkmalskomplexes
- Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen
- Polarität & Phase (Qualität der Gefühle, mit denen die affektive Erkrankung einhergeht & Erkrankungsverlauf)
- Manisch-monopolar: übermäßig positive euphorische Gefühle
- Depressiv-monopolar: dysphorische negative Gefühle
- Manisch depressiv-bipolar: beides
- Monophasisch: einmalige depressive oder manische Episode
- Polyphasisch: rezidivierende depressive Störung, bipolare affektive Störung
- Einteilung der Affektiven Störungen im ICD-10
- F30 Manische Episode
- F31 Bipolare affektive Störung
- F32 Depressive Episode
- F33 Rezidivierende depressive Störung
- F34 Anhaltende affektive Störungen
- F34.0 Zyklothymia (andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung)
- F34.1 Dysthymia (chronische Verstimmung)
- Einteilung nach DSM-IV
- 296.0 Manische Episode
- 296.5x Bipolar I Störung
- 296.89 Bipolar II Störung
- 296.2 Major Depression, einzelne Episode
- 296.3 Major Depression, rezidivierend
- 301.13 Zyklothyme Störung
- 300.4 Dysthyme Störung
Depressive Episode F32
- Hauptsymptome (ICD-10)
- Gedrückte Stimmung
- Interessenverlust
- Freudlosigkeit
- Antriebsverminderung
- Erhöhte Ermüdbarkeit
- Zusatzsymptome (ICD-10)
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
- Suizidgedanken, Suizidhandlungen
- Schlafstörungen
- Verminderter Appetit
ICD-10: Für eine Diagnose müssen die Symptome mind. 2 Wochen anhalten, außergewöhnlich schwer sein oder sehr schnell auftreten.
DSM-IV: Das Vorliegen depressiver Verstimmung oder Interessenverlust sowie zusätzlich mind. 4 weitere Symptome
- Somatisches Syndrom
Sonderform der depressiven Episode. Typische Merkmale:
- Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten
- Mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung oder freudige Ereignisse emotional zu reagieren
- Frühmorgendliches Erwachen; zwei oder mehr Std. vor der gewöhnlichen Zeit
- Morgentief
- Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit
- Deutlicher Appetitverlust
- Gewichtsverlust, häufig mehr als 5% des Körpergewichts im vergangenen Monat
- Deutlicher Libidoverlust
Wird diagnostiziert wenn wenigstens vier 4 Symptome eindeutig feststellbar sind.
- Unterscheidung nach Schweregrad
Schweregrad richtet sich nach der Anzahl der vorliegenden Symptome.
- Leichte depressive Episode F32.0: gedrückte Stimmung, Interessenverlust, erhöhte Ermüdbarkeit. Für Diagnose Vorliegen mind. 2 dieser Symptome und mind. 2 Zusatzsymptome. Mindestdauer 2 Wochen. Betreffende leidet, aber gibt alltäglichen Aktivitäten nicht vollständig auf.
- Mittelgradige depressive Episode F32.1: Mind. 2 oder 3 Hauptsymptome und mind. 3 besser 4 Zusatzsymptome vorhanden. Symptome stark ausgeprägt oder viele vorhanden. Mindestdauer 2 Wochen. Erhebliche Schwierigkeiten in alltäglichen Aktivitäten (sozial, häuslich, beruflich).
- Schwere depressive Episode F32.2: erhebliche Verzweiflung und Agitiertheit oder Hemmung. Gefühle von Schuld oder Nutzlosigkeit sind hoch ausgeprägt. Hohes Suizidrisiko. Somatisches Syndrom fast immer vorhanden. Alle drei typischen Symptome (depressive Stimmung, Verlust von Interesse oder Freude und erhöhte Ermüdbarkeit) müssen vorhanden sein und mind. 4 Zusatzsymptome, von denen einige stark ausgeprägt. Mindestdauer 2 Wochen, außer wenn Symptome sehr schwer und schnell auftreten. Fast unmöglich für den Patienten alltägliche Aktivitäten auszuführen.
- Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen : zusätzlich treten Wahnideen, Halluzinationen oder depressiver Stupor auf. Wahn beinhaltet Ideen der Versündigung, Verarmung oder einer bevorstehenden Katastrophe, für die sich der Patient verantwortlich fühlt, Nicht-Existenz. Akustische Halluzination bestehen aus diffamierenden oder anklagenden Stimmen. Geruchshalluzinationen von Fäulnis oder verwesendem Fleisch.
Rezidivierende depressive Störung F33
- Wiederholte, depressiven Episoden
- Vorgeschichte ohne Episoden mit gehobener Stimmung und Überaktivität, die auf Manie zutreffen
- Wenigstens zwei Episoden die mind. 2 Wochen gedauert haben, beide sollten mehrere Monate auseinander liegen
- wird nach Schweregrad unterschieden
Dysthymia F34.1
- Chronische depressive Verstimmung
- Beginn frühes Erwachsenenalter, dauert mind. Mehrere Jahre, manchmal lebenslang
- Im höheren Lebensalter tritt meist nach Trauerfall oder anderer offensichtlicher Belastung auf
Manische Episode
Charakteristika: gehobene Stimmung, Steigerung der körperlichen und psychischen Aktivität. 3 Schweregrade:
- Hypomanie: leichte Form
- Manie ohne psychotische Symptome
- Manie mit psychotischen Symptomen
Bipolare affektive Störung
Manische und depressive Episoden treten im Wechsel auf.
DSM-IV unterscheidet 2 Typen: Bipolare Störung I- Eine oder mehrere manische oder gemischte Episoden, die gewöhnlich mit Episoden einer Major Depression einhergehen. Bipolare Störung II - Eine oder mehrere Episoden einer Major Depression und mindestens eine hypomanische Episode.
Zyklothymia
Andauernde Instabilität der Stimmung. Zahlreiche Perioden leichter Depression und leichter Manie. Tritt im frühen Erwachsenenalter auf und nimmt chronischen Verlauf. Patienten gelangen häufig nicht in Behandlung weil Stimmungsschwankungen leicht sind und Perioden mit gehobener Stimmung als angenehm empfunden werden.
Epidemiologie, Komorbidität, Risikofaktoren
Verbreitung
Ein-Jahres-Prävalenz für depressive Episoden für die EU derzeit auf 6,9% geschätzt. Lebenszeitrisiko von ca. 23%.
Geschlechtsunterschiede
Frauen doppelt so hohes Erkrankungsrisiko. Vor der Pubertät gleiche Häufigkeit. Frauen höhere Rückfallneigung. Im mittleren und höheren Lebensalter werden Geschlechterunterschiede geringer.
Erkrankungsalter
Durchschnitt um Mitte 20, Median bei Ersterkrankungen bei Anfang 30. 10% der Betroffenen erleben erste Episode schon bis zum 12. Lebensjahr.
Mortalität
Etwa 15% mit schwerer Depression sterben durch Suizid. Suizidrate 30-mal höher als bei Durchschnittsbevölkerung. Depressionen auch mit einer erhöhten unfall- und krankheitsbedingten Mortalität verbunden.
Komorbidität
Rate von 75 bis 90%. Körperliche Krankheiten: Koronare Herzkrankheit, vaskuläre Läsionen des ZNS, Asthma bronchiale, Heuschnupfen (Allergien), Ulcus pepticum, Diabetes mellitus und Infektionskrankheiten. Psychische Störungen: substanzinduzierte Störungen (USA 24%), Panikstörungen u. Zwangsstörungen (USA 59%), Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa oder Borderline (USA 31%).
Verlauf
Große interindividuelle Variabilität. In vielen Fällen rezidivierender Verlauf.
[...]
- Arbeit zitieren
- Aysun Yildirim (Autor:in), 2017, Allgemeine Störungslehre (Skript), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444375
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