Bilder nehmen in der heutigen von Medien geprägten Gesellschaft eine wichtige Rolle ein. Bilder vermögen es durch ihre subjektive Aussagekraft die Gesellschaft zu beeinflussen. Sie sind zu einem ständigen Begleiter unseres Alltags geworden. Wir finden sie in Fernsehen, Tageszeitungen oder sonstigen Print- und Filmmedien wieder.
Das Medium Bild zählt mittlerweile auch zu einer festen Größe im Geschichtsunterricht aller Schultypen und Altersklassen. Zwar gilt das Bild im Geschichtsunterricht neben der Tafel und dem Lehrbuch als eines der ältesten Materialien, dennoch hat sich gerade in den letzten Jahren ihr Einsatz grundlegend gewandelt. Bilder nehmen im Unterricht hauptsächlich die Funktion der Illustration an. Ihr didaktischer Mehrwert wird auf eine attraktive, anschauliche und konkrete Darbietung von Geschichte reduziert.
Ein Problem ist, dass die didaktischen Möglichkeiten, die über diese Illustration hinaus bestehen, nicht komplett genutzt werden. Die Wichtigkeit von Textquellen wird höher angesehen als von Bildern. Dies steht jedoch auch im Widerspruch zur ausgeprägten Ausstattung der Schulbücher mit farbigen Bildern, die den Eindruck erwecken, das Bild sei zu einem zentralen Medium des Geschichtsunterrichts geworden.
Nach einem kurzen Überblick über die Möglichkeiten der Bearbeitung von Bildern als Quelle im Geschichtsunterricht und einer Betrachtung verschiedener Ansätze dazu, sollen in dieser Arbeit Möglichkeiten und didaktische Potentiale von Bildern für den Geschichtsunterricht aufgezeigt werden. Nach einer allgemeinen Erläuterung des Bildes wird eine Spezifizierung stattfinden. Diese Arbeit wird sich schwerpunktmäßig mit dem Comic im Geschichtsunterricht beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition Bild
3. Bilder in der Geschichtswissenschaft
4. Geschichte des Bildes im Geschichtsunterricht
5. Bildbetrachtung innerhalb des Geschichtsunterrichts
6. Definition Comic
7. Historische Comics
8. Narrative Logik des Comics
9. Typologie
10. Historische Themen in den Comics
11. Kriterien für die Bildinterpretation nach Pandel und Panowsky
12. Handlungsorientierte Methoden
13. Fazit
14. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Bilder nehmen in der heutigen von Medien geprägten Gesellschaft eine wichtige Rolle ein. Bilder vermögen es durch ihre subjektive Aussagekraft die Gesellschaft zu beeinflussen. Sie sind zu einem ständigen Begleiter unseres Alltags geworden. Wir finden sie in Fernsehen, Tageszeitungen oder sonstigen Print- und Filmmedien wieder. Das Medium Bild zählt mittlerweile zu einer festen Größe im Geschichtsunterricht aller Schultypen und Altersklassen. Zwar gilt das Bild im Geschichtsunterricht neben der Tafel und dem Lehrbuch als eines der ältesten Materialien, dennoch hat sich gerade in den letzten Jahren ihr Einsatz grundlegend gewandelt. Bilder nehmen im Unterricht hauptsächlich die Funktion der Illustration an. Ihr didaktischer Mehrwert wird auf eine attraktive, anschauliche und konkrete Darbietung von Geschichte reduziert. Sie sollen „affektiv ansprechen, die Aufmerksamkeit der Schüler stärken, zur Konkretisierung, Vergegenwärtigen und Verlebendigung abstrakter oder unbekannter Sachverhalte beitragen, Betroffenheit bei den Betrachtern auslösen und den Lernerfolg sichern.“[1]
Ein Problem ist, dass die didaktischen Möglichkeiten, die über diese Illustration hinaus bestehen, nicht komplett genutzt werden. Die Wichtigkeit von Textquellen wird höher angesehen als von Bildern. „Bilder werden also längst nicht mit jener Selbstverständlichkeit als historische Quelle betrachtet und behandelt, wie das[s] Historiker bei Texten gewohnt sind.“[2] Dies steht jedoch auch im Widerspruch zur ausgeprägten Ausstattung der Schulbücher mit farbigen Bildern, die den Eindruck erwecken, das Bild sei zu einem zentralen Medium des Geschichtsunterrichts geworden. „Historische Bilder sollen deshalb heute im Schulbuch nicht mehr als Illustrationen, sondern als Quellen fungieren. Schülerinnen und Schüler zu einem sinnvollen Umgang damit zu befähigen ist besonders wichtig und schwierig.“[3]
Nach einem kurzen Überblick, über die Möglichkeiten der Bearbeitung von Bildern als Quelle im Geschichtsunterricht und einer Betrachtung verschiedener Ansätze dazu, sollen in dieser Arbeit Möglichkeiten und didaktische Potentiale von Bildern für den Geschichtsunterricht aufgezeigt werden. Nach einer allgemeinen Erläuterung des Bildes wird eine Spezifizierung stattfinden. Diese Arbeit wird sich schwerpunktmäßig mit dem Comic im Geschichtsunterricht beschäftigen. Der Comic wird selten in dem Geschichtsunterricht verwendet. Der Comic ist eine „[…] Quelle, die die Wahrnehmungs- und Interpretationsmuster ihrer Zeit festhält, bis jetzt aber kaum als solche genutzt wird.“[4] Welches weitere Potenzial der Comic haben kann, wird in dieser Arbeit verdeutlicht.
2. Definition Bild
„Ein Bild ist eine zweidimensionale Fläche, die durch Linien, Farbabstufungen oder graduelle Helligkeitsabstufungen konturiert ist. Bedeutung haftet diesen Konturen nicht an sich an, sondern sie entsteht durch die Wahrnehmung des Betrachters. Die Bedeutung muss decodiert werden. Im Unterschied zu schriftlichen Symbolen, die nur als Zeichen entschlüsselt werden müssen (Semiotik), spiegelt ein Bild zusätzlich Phänomene der natürlichen Umwelt wider (Ikonizität).Was man im didaktisch-methodischen Bereich unter dem Terminus ͵Bildʹ versteht, ist unumstritten. Sinnvoll erscheint eine Unterteilung in Abbildungen und Bildquellen. Abbildungen können verschiedener Art sein (Gemälde, Fotografien, Plakate, Comics, Diagramme, Grafiken u.a.). Zu einer Bildquelle wird eine Abbildung, wenn sie in Analogie zu einer Textquelle als Repräsentation vergangener Wirklichkeit interpretiert werden muss.“[5]
Bevor eine Spezifizierung auf den Comic erfolgt, wird allgemein das Bild durchleuchtet.
3. Bilder in der Geschichtswissenschaft
Quellen dienen als „Brückenschläge zwischen Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik“.[6] Den Historikern ist es möglich durch Quellen die vorhandene Distanz zu vergangenen Geschehnissen zu überbrücken. „Quellen sind das Handwerkzeug des Historikers und der Historikerin – sie bilden damit aber auch die Grundlage für diejenigen, die sich um die Vermittlung von Geschichte bemühen, und sie stellen schließlich auch ein wichtiges Element geschichtskultureller Inszenierungen dar.“[7] Um die richtigen Quellen zu finden, müssen die Historiker und Historikerinnen sechs Aspekte beachten. Zuallererst muss die Suche im Hinblick auf eine wissenschaftliche Fragestellung erfolgen. Anschließend erfolgt die Wahl einer sorgfältigen Lektüre. Diese wird im Hinblick auf die Problemstellung untersucht. So kann ein Puppenhaus als Sachquelle unter anderem Antworten für die Bereiche Kindheits-, Geschlechter-, Bürgertums- oder Konsumgeschichte liefern. Außerdem sollten Quellen auf ihre Kontextualisierung überprüft und ihre Interpretation unter Nutzung von Erkenntnismöglichkeiten benachbarter Wissenschaften erschlossen werden. Zu guter Letzt ist die Einbindung in eine historische Erzählung wichtig.[8]
Das Bild ist eine besondere Art von Quelle. Die Interpretation dieser historischen Bildquellen ist normalerweise eine Domäne der Kunsthistoriker. Ihre interpretatorischen Ansätze dienten als Grundlage für die Historische Bildkunde, um methodische Verfahren zur Bildinterpretation zu entwickeln. Sie beschäftigt sich mit der Analyse von Bildern aus Sicht der Geschichtswissenschaft. Kunstgeschichtliche Analyseverfahren können ebenfalls als Orientierung für eine Bildanalyse im Geschichtsunterricht genutzt werden. Für den Historiker ist es wichtig kunsthistorisches Wissen zu besitzen, um sich vernünftig mit Bildquellen zu beschäftigen. Der Unterschied zum Kunsthistoriker besteht jedoch in der primären Fragestellung an das zu betrachtende Bild. Bei dem Kunsthistoriker ist zunächst die ästhetische Qualität des Bildes von Wichtigkeit. Ihn interessiert hauptsächlich das einzelne Kunstwerk und will dieses in seiner Aussage und seinem Gehalt erschließen. Für den Historiker hingegen spielt die Ästhetik keine Rolle, da das Kunstwerk als historische Quelle betrachtet wird. Wie vorher schon erwähnt, spielt das Bild als Quelle eine untergeordnete Rolle. Bei den Historiker ist deshalb auch oft die Forderung nach einer intensiveren Auseinandersetzung mit den Bildern als historische Quelle laut geworden. Die Historische Bildkunde hat sich dieser Herausforderung angenommen und dies zum Ziel gesetzt. Obwohl sie sich jedoch immer noch nicht so recht als Teildisziplin der Geisteswissenschaft durchgesetzt hat, sind zahlreiche konzeptionelle und methodische Anregungen von ihr ausgegangen, die jedoch oft aus anderen Bereichen übernommen wurden.[9]
Zusammenfassend kann also angemerkt werden, dass das Bild als historische Quelle für die Historiker und Historikerinnen unverzichtbar ist. Ein großes Manko ist aber, dass ihr noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Um sich mit dem Bild auseinander setzen zu können, muss vorher die Geschichte des Bildes geklärt werden. In diesem Fall speziell die Geschichte des Bildes im Geschichtsunterricht.
4. Geschichte des Bildes im Geschichtsunterricht
Das Bild zählt zu den ältesten Medien im Geschichtsunterricht. Johann Amos Comenius nutze bereits im Jahre 1654 das Medium Bild zur Steigerung der Reizwirkung, Motivationskraft und Einprägsamkeit der Schülerinnen und Schüler.[10] Die Erkenntnisse von Johann Amos Comenius setzten sich erst allmählich durch. Im 19. Jahrhundert war es unüblich an den Schulen irgendwelche Bilder zu sehen. Die Lehrbücher der Schülerinnen und Schüler waren frei von jeglichen Illustrationen. An den üblichen Schulen waren nur zwei Ladkarten zu entdecken. Die eine war die Landkarte von Palästina für den biblischen Geschichtsunterricht und die andere war eine Landkarte von Deutschland für den vaterländlichen Geschichtsunterricht. An den besser ausgestatteten Schulen gab es weiteres Anschauungsmaterial. Zu der Alten Geschichte gab es neben den Gipsabgüssen und den Tafeln von antiken Fundobjekten auch Bildtafeln des Landesherrn. Für den zeitgeschichtlichen Unterricht kamen später noch Bildtafeln des Kaisers hinzu. Im 19. Jahrhundert kam dann schließlich ein Wandel zu Gunsten des Bildes. Neue Erkenntnisse im Bereich der Didaktik führten dazu, dass immer mehr Lehrbücher mit reichhaltigen Illustrationen ausgestattet wurden. Zu der Zeit entwickelte sich die Technik für die Photographie rasant weiter, sodass die Lehrbücher kostengünstig mit qualitativen Veranschaulichungsbildern ausgestattet werden konnten. In den Geschichtsbüchern waren Abbildungen von den wichtigsten Persönlichkeiten der Zeitgeschichte und auch von den wichtigen Ereignissen zu sehen. Die Schülerinnen und Schülern hatten die Möglichkeit Bilder zu den Schlachten des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 oder der Einrichtung und dem Ausbaus der Kolonien zu betrachten. Die reformpädagogische Bewegung bekräftigte schließlich die Abkehr der „trockenen“ Schule. Sie forderte viel mehr eine Anregung der Vorstellungskraft durch eine Berücksichtigung der Psyche und der Phantasie des Kindes.[11] Um dies alles zu erreichen, ist die Integration der Bilder in den Geschichtsunterricht unausweichlich gewesen. Die Integration der Bilder hat sich immer weiter gesteigert, sodass die heutigen Geschichtsbücher üppig mit Bildern ausgestattet sind. Diese üppige Ausstattung stellt leider keine üppige förderliche Nutzung des Mediums Bild dar. Die Bildbetrachtung innerhalb des Geschichtsunterrichts ist nicht immer die sinnvollste Betrachtung.
5. Bildbetrachtung innerhalb des Geschichtsunterrichts
Das Potenzial der Historienbilder wird im Geschichtsunterricht kaum genutzt. Bilder dienen nicht als Quelle, sondern meistens als Layout beziehungsweise zur Illustration. Didaktische Abhandlungen und Thesen, sowie konkrete Unterrichtsvorschläge, konnten diese Betrachtung nicht verändern. Um ein Bild im wissenschaftlichen Sinn als historische Quelle zu nutzen, bedarf es eines wissenschaftlichen Instrumentariums.[12] Das Bild soll „[…]nicht nur personengeschichtliche, familienbezogene, soziale und realkundliche Aussagen“[13] vermitteln, sondern auch einen politischen und geistesgeschichtlichen Hintergrund aufzeigen. Über den historischen Dokumentensinn eines Kunstwerks können außerdem Informationen über den „[…]denkenden und fühlenden, handelnden und leidenden Menschen[…]“[14] erlangt werden. Der historische Dokumentensinn hilft bei der Vermittlung von sozialen Gegebenheiten, gesellschaftlichen Problemen und den Widersprüchen der jeweiligen Zeit. Bilder werden in drei Stufen erfasst. Diese wären die vorikonographische Beschreibung, ikonographische Analyse und die ikonologische Interpretation.
Bei der vorikonographischen Beschreibung werden Fragen zum Standort, Personen die Kontakt mit dem Bild hatten, worauf und womit das Bild gemalt wurde und die Maße des Bildes geklärt.
Die ikonographische Analyse untersucht die programmatische Absicht von der Komposition und dem Bildaufbau. In andere Worte gefasst, geht es um die Durchforstung der Kunstgeschichte nach Bildern, die die parallelen Themen des Bildes in irgendeiner Form behandelt haben. Um die Intention des Bildes zu erfassen, muss das historische Umfeld des Bildes geklärt werden. Nachdem die historischen Begebenheiten durchleuchtet wurden, kann überlegt werden, welche Auswirkung diese Begebenheit auf den Bildinhalt hat.
In der ikonologischen Interpretation wird das Bild in sein geschichtliches Umfeld eingeordnet und es werden Zusammenhänge zwischen seinem Bildprogramm, Entstehungsbedingung und Zielsetzung gesucht.[15] Im Laufe dieser Arbeit werden die Kriterien für die Bildinterpretation erneut aufgefangen und genauer erläutert.
Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass die Interpretation eines Bildes vom Erfassen der Form und des Inhalts ausgehend, als Voraussetzung für die Einordnung in ein größeres Umfeld dient. In diesem Zusammenhang wird von der synthetischen Deutung als Idealziel der Bildanalyse gesprochen.
„Sie versucht das Begreifen von Gesamtinhalten, stellt Zusammenhänge her, um vor diesem Hintergrund das Spezifische zu artikulieren. Erst wo erkennbar wird, welche Interessen eine Bildaussage bestimmen, welche Funktion dem Werk zugedacht war, wer es in Auftrag gab und welchen Bedingungen es unterworfen wurde, ist der volle Sinn eines Kunstwerkes erfahrbar.“[16]
In den Geschichtsbüchern der Schule wird viel Platz für Bilder eingeräumt. Diese beziehen sich jedoch zum Teil nur für ansprechende Layouts. Dass die Bilder nicht wie Quellen genutzt werden, wird durch die fehlenden Informationen unter den Bildern deutlich. „Bildausschnitte und –abschnitte werden ohne Kennzeichnung abgedruckt; vielfach fehlen die eigentlich selbstverständlichen quellenkritischen Informationen wie Entstehungs- bzw. Erscheinungsdatum, Künstlername bzw. Herkunftsort, Format und Technik.“[17] Die Geschichtslehrer und Geschichtslehrerinnen trauen sich die Arbeit mit Bildern als Quelle weniger zu, als mit Texten als Quelle. Es ist oft zeitauswendiger und mühsamer geeignete Materialen zu beschaffen. Ein Faktor dafür ist, dass es den Geschichtslehrern und Geschichtslehrerinnen an Kenntnisse zur Entstehung und Rezeption des Werkes fehlt. Außerdem ist ihre ästhetische Bewertung schwer einzuordnen. Ein weiteres Kriterium ist die Unwissenheit über einfache Hilfsmittel der Kunsthistoriker. Bei der Wahl der geeigneten Quelle müssen die Lehrkräfte ebenfalls darauf achten, dass die dargestellte Zeit und die Entstehungszeit eines Bildes richtig gewählt sind. Bei der Entstehungszeit ist zu beachten, dass das Bild Uralt ist und in einem völlig anderen Zusammenhang betrachtet werden muss. Jedoch wirken die Bildquellen motivierender als Textquellen. Durch die Tatsache, dass Bilder anschaulicher sind, können die Schülerinnen und Schüler bei der Betrachtung und Auswertung des Bildes viel mehr Details wahrnehmen und notieren. Diese entdeckten Details können schließlich im Plenum genannt und diskutiert werden. Das gibt den schüchternen Schülerinnen und Schülern die Chance sich ebenfalls bei der Besprechung zu beteiligen. Die Lehrkraft muss aber den Schülerinnen und Schülern klar machen, dass es einen Unterschied zwischen dem tatsächlich Geschehenem und der künstlerischer Gestaltung gibt. Den Schülerinnen und Schülern muss bewusst werden, dass ein Bild manipuliert oder verfälscht sein kann. Das Bild darf nicht als absichtslose Abbildung der Realität wahrgenommen werden, da der Künstler eine emotionale, politische oder ethische Botschaft vermitteln will.[18]
Bilder bieten für den Geschichtsunterricht eine Fülle von Vorteilen. Sie sind als Unterrichtsmaterial leicht verfügbar. Die Nutzung von Abbildungen setzt keine besondere technische Ausstattung im Klassenzimmer voraus. In theoretischer Hinsicht leisten Bilder im Rahmen der historisch-politischen Bilder dort Hilfe, wo die Schülerinnen und Schüle aufgrund ihres Alters und Erfahrung auf wenig Lernerfahrung zurückgreifen können. In inhaltlicher Hinsicht, können Bilder eine bessere optische Wahrnehmung vermitteln. Dies kann durch die Beschaffenheit des Werkes, seiner Farben, Größe, Ausdehnung und seines Erhaltungszustandes vermittelt werden.[19] Eine besondere Art von Bild ist der Comic. Der Comic ist nicht nur zum Lesen von lustigen und spannenden Geschichten von Superman, Batman etc. da, sondern kann auch für den Geschichtsunterricht genutzt werden.
6. Definition Comic
„Der ͵Comicʹ ist ein eigenständiges Medium, bestehend aus bildlichen oder anderen Zeichen (Bild, Schrift, Symbol), die zu räumlichen Sequenzen angeordnet sind und die Informationen vermitteln und eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen sollen.“[20]
Um Comics im Geschichtsunterricht nutzen zu können, muss erst die Frage nach ihrer Authentizität geklärt werden. Es gibt verschiedene Authentizitätstypen von Comics mit geschichtlichem Inhalt. Diese wären die Geschichtsparodie, historisierende Abenteuer-Imagination, Comic-Epochalepos, Comic-Nacherzählung, Comic-Autobiografie und der Comic-Journalismus. Jeder Comic ist eine kaum genutzte Quelle, die die Wahrnehmungs- und Interpretationsmuster ihrer Zeit festhält. Der Comic regt das Geschichtsbewusstsein durch Induktions- und damit Imaginationsleistungen an. Durch die visuelle Sprache wird das Motivations- und Überzeugungspotenzial angeregt.[21]
7. Historische Comics
Der Comic ist eine moderne und komplexe Form der Bildgeschichte. Der erste Comic erschien 1897 in einer amerikanischen Tageszeitung mit dem Namen „The Katzenjammer Kids“ von dem Deutschamerikaner Rudolph Dirks. Dieser Comic verwies auf die soziale Realität ihrer Entstehungszeit. Sie griff die nationalen Stereotype auf und zeigte die durch Migrationsströme entstandene ethnische Pluralität der amerikanischen Gesellschaft.[22] Der erste historische Comic war „Prinz Eisenherz“, welches 1937 erschien und Berühmtheit erlange. Ein besonderes Merkmal der Comics ist ihre Verbindung von Bild und Text. Der Text kann, wie bei Prinz Eisenherz, als Überschrift genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit ist der Text innerhalb der Zeichnung als Erzähltext oder direkte Rede. Bei den Geschichtscomics gibt es Unterscheidungen zwischen Faktizität und Funktionalität.[23] „Mal dient eine historische Situation nur als Kulisse, mal sind Comic-Handlung und historischer Hintergrund eng verzahnt; mal spielen historische Personen eine Hauptrolle, mal treten sie nur gleichsam als Merkzeichen für die historische Situierung auf.“[24] Die meisten Comics sind geschichtlich präzise verortet und der historische Kontext ist genau genommen. Diese Comics sind historisch triftig. Die Geschichten sind zwar nicht authentisch, aber die Handlung hätte in der Zeit an dem Ort so passiert sein können.
Wenn nun der Mehrwert der Comics für den Geschichtsunterricht betrachtet wird, wird erkannt, dass die Vermittlung von Geschichte im Unterricht oft stark begrifflich abstrakt ausgerichtet ist. Die historischen Comics hingegen setzen diese Begrifft in Bilder um und machen sie durch Konkretisierung an Fällen und Beispielen anschaulicher. Durch Individualisierung und Dramatisierung wird bei den Schülerinnen und Schülern Anteilnahme, Betroffenheit und Identifikation ausgelöst. Außerdem werden in den Bildern viele historische Details des alltäglichen Lebens gezeigt und die Vorstellungswelten angeregt, die ein reiner Text in der Form nicht hinbekommen würde.[25] Die Schülerinnen und Schüler sollten dazu gebracht werden, dass sie die historischen Inhalte in den Comics erkennen können. Außerdem sollten sie in der Lage sein den Unterschied zwischen historischer Fiktion und Realität zu erkennen. Das Erlangen der Erkenntnis von der Wirkungsabsicht von Verfasser und Produzenten in den unterschiedlichen historischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen ist ebenfalls ein wichtiger Punkt.[26]
Die Verwendung von Comics hat nicht nur Vorteile. Um von den genannten Vorteilen Gebrauch zu machen, muss eine historische Triftigkeit herrschen. Bei den Comics besteht die Gefahr der Suggestion und emotionalen Überwältigung. Die Schülerinnen und Schüler können die gezeigte Bilderwelt als realitätsnäher und glaubhafter auffassen, als die Quellen und Schulbuchdarstellungen. Historische Comics sollten von der Lehrkraft im Vorfeld genau analysiert werden, bevor Schülerinnen und Schüler damit arbeiten sollen. Bei der Analyse eines historischen Comics muss auf verschiedene Aspekte geachtet werden. Dazu zählt erst einmal der Inhalt mit der Frage, welche Geschichte erzählt wird. Danach werden die verschiedenen Personen aufgelistet und deren Funktion herausbekommen. Anschließend wird der historische Kontext geklärt. Dazu zählen Ort, Zeit, Ereignis, Personen, historische Gesamtkonstellation und bestimmte Sozialtypen. Wichtig ist auch die Dramaturgie zu ermitteln. Die Dramaturgie wird durch den Zeitablauf, Zeitsprünge, Rückblende, Vorausschau etc. analysiert. Als Letztes ist außerdem der Zeichenstil. Zu den künstlerischen Stilmitteln gehören Punkte wie, realistische Darstellung, Atmosphäre, Dynamik der Figurengestaltung, Paneelformate und Perspektiven.[27]
8. Narrative Logik des Comics
Die historischen Comics sind mehr als nur gezeichnete Geschichtsbücher. Der Comic bringt ein ästhetisch-rhetorisches Potenzial mit sich, welches genutzt werden muss.
Äußerlich ist der Comic eine Vielzahl von einzelnen Bildern. Das Bild wird auch als Panel bezeichnet. In den Comics kommt es nicht nur auf das einzelne Bild an, sondern auf die Sequenz. Die Sequenz ist eine Folge von Einzelbildern. Wenn man sich die Bilder im Zusammenhang anschaut, entsteht eine Handlungs- und Erzähleinheit. Zwei aufeinander folgende Bilder bilden die Grundeinheit eines erzählenden Comics. Der Zwischenraum zwischen zwei Bildern ist zeit- und erzähltheoretisch sehr wichtig. Dieser Zwischenraum wird auch als Hiatus bezeichnet. Der Hiatus zeigt dem Leser, dass zwischen den beiden Panels Zeit vergangen ist. Der Hiatus ist die Zeitspanne in der nicht-erzählte Handlungen passieren. Im Panel hingegen erscheint die narrative Zeit der Erzählung. Eine gute Aufgabe für die Schülerinnen und Schüler könnte die Arbeitsaufgabe sein, dass sie den Hiatus zwischen zwei Panels mit einem weiteren Panel füllen sollen. Der Bilderrahmen der einzelnen Panels wird als Habitus bezeichnet. Dieser Bilderrahmen reguliert die Ebene der erzählenden Zeit. Falls es rechteckig ist, handelt es sich um eine linear-sukzessive Zeit. Wenn es sich um einen kleinen kreisförmigen oder rechteckigen Habitus handelt, findet eine Gleichzeitigkeit statt. Der Wechsel des Habitus zeigt dem Leser den Rhythmus des Erzählens. Eine Folge von gleichgroßen Rechtecken strahlt Ruhe aus, wohingegen ein Wechsel der Größe für Dynamik sorgen soll. Eine von Filmen kopierte Methode ist die Veränderung der Einstellung. Ausschnitt, Perspektive, Montage, Handlungsdichte und Bewegung lassen sich zeichnerisch darstellen. Durch die Veränderung der Einstellung kann eine Handlung an Spannung gewinnen. Unterschiede gibt es außerdem bei der Halbtotalen und Totalen. Bei der Nahaufnahme geht es hauptsächlich darum, dass die Geschichte erzählt und die Handlung weitergetrieben wird. Bei der Großaufnahme findet eine Psychologisierung statt, indem die Seelenzustände gezeigt werden. Die Perspektive der Zeichnung ist ebenfalls wichtig. Ein weiteres Merkmal der historischen Comics ist die Integration von Text und Bild. Dieser Text wird meist als wörtliche Rede verfasst und in Blasen- und Blocktexten dargestellt. Comics, in denen die wörtliche Rede zu lesen ist, werden jedoch selten von den Historikern verwendet, da solche Reden selten quellenmäßig überliefert sind und auch keine narrativen Sätze enthalten. Die Denkprozesse der Protagonisten werden auch in dieser Form dargestellt. Bei diesen Gedanken wird der Text in eine Wolkenform geschrieben. Eine weitere Form der Textpräsentation ist der Blocktext. Der Text befindet sich in einem kleinen Kasten, der am oberen oder unteren Bildrand zu finden ist. In Blocktexten kann unteranderem Situationsbeschreibungen, Kommentare, Authentizitätsbeteuerung, und Metanarrationen stehen. Die Blocktexte sind jedoch ebenso wenig Narrativ, wie die Blasen. In den Blocktexten befinden sich keine narrativen Aussagen. Dafür sind allein die Bilder zuständig. Um eine Authentizität zu erlangen, werden in den Comics häufig Kunstwerke, bekannte Bauwerke und Stadtpanoramen gezeigt. Außerdem geben sie sich als Autobiographie einer empirisch belegbaren Person, zeigen die Entstehungsbedingungen der dargestellten Geschichte oder zeigen historische Dokumente.[28]
„Überblickt man die aufgezählten formalen Comicelemente, so zeigt sich, daß Sequenzen, Hiatus und Habitus naturale in narrative Zeit umsetzen und damit eine wichtige Voraussetzung für historisches Erzählen erfüllen. Dagegen enthalten weder die Beschreibungen der Blocktexte noch die wörtliche Rede narrative Aussagen. Narrativität ist beim Comic in erster Linie eine Funktion der Bilder.“[29]
9. Typologie
Es gibt viele verschiedene Arten von historischen Comics. In didaktischer Hinsicht stellen diese verschiedenen Arten keine Qualitätshierarchie dar. Die Wahl des Comictypen ist von der geschichtsdidaktischen Zweckmäßigkeit abhängig. Es gibt einmal die Funnies. Diese Comics nehmen in sehr unbestimmter Weise Bezug auf die Vergangenheit. Hauptsächlich finden sich dort Klischees wieder. So werden Metallrüstungen gezeigt, wenn man das Mittelalter darstellen will. Diese Comic Gruppe muss auf den Mehrwert für den Unterricht hinterfragt werden, da sie nur einen zeitlich begrenzen Motivationsimpuls setzen und kaum Spielraum für Diskussionen lassen. Eine weitere Kategorie bilden die Quellencomics. Diese Comics sagen etwas über die Zeit aus, in der sie entstanden sind. Es geht um die Herkunft und Entstehungszeit. Es gibt auch die Comicromane. In diesem Typ ist die Historie nur der Hintergrund, vor dem die Geschichte stattfindet. Die historische Zeit und der Ort sind erkennbar und spielen eine Rolle. Die Protagonisten sind fiktiv und begehen Handlungen, die historisch nicht belegt sind. Die nehmen jedoch an belegten Ereignissen teil. Die Vorder- und Hintergrundnarration ist verwoben, jedoch widerspricht die Narration nicht den historischen Umständen. Der vierte Typ ist der Epochencomic. In diesem Typ sind keine bekannten historischen Personen zu finden. Die Ereignisse und Personen sind erfunden, jedoch spiegelt die Art wie sie Handeln und Denken, die damalige Zeit gut wieder. Unteranderem werden Themen wie Schrecken und Beklemmung in Kriegszeiten oder Schmutz und Elend des Proletariats angesprochen. Der fünfte Typ ist die Comic-Historie. Dieser Comic will Historiographie im engeren Sinne bieten und ist eher ein gezeichnetes Geschichtsbuch. Die Personen und die Umstände sind belegt und historisch. Diese Art von Comics ist jedoch nicht homogen, denn hinter ihnen verbergen sich vor allem Biographien und Autobiographien.[30]
10. Historische Themen in den Comics
Jedes Thema kann in einem Comic behandelt werden. Die Comics sind jedoch wie gerade gezeigt, in verschiedene Kategorien mit verschiedenen Schwerpunkten unterteilt.
Eine weitere Kategorie bilden die Sachcomics. In den Sachcomics geht es um, in gezeichnete Bilder umgesetzte Sachbücher. In diesen werden historische Themen aufgegriffen, kritisch dargestellt und haben die Abicht, visuell Informationen zu vermitteln. Ein Beispiel für ein Sachcomic wäre das aus dem Schwedischen übersetzte „Geschichtsbuch“, welches 1974 im Berliner BasisVerlag erschienen ist. Dieser Comic hatte als Thema die Protestbewegung Ende der sechziger Jahre. In den achtziger Jahren erschienen die „Quercomics“ von Tschap und Wolfgang Wimmer. Diese behandelten die Themen Sklaven, Rüstung und Moneymaker. Diese Bände werden auch als Geschichtslerncomics bezeichnet. In der heutigen Zeit werden in den Sachcomics die verschiedensten Themen angesprochen. Diese reichen von der Visualisierung philosophischer Ideen bis hin zur gezeichneten Einführung der Medizin.[31]
Eine weitere Kategorie bilden die Autorencomics. Bei den Autorencomics, ist der Künstler bei der Darstellung von Geschichte, weniger an der vorrangigen Vermittlung von Fakten interessiert. Für die Unterrichtspraxis bieten sich eine Fülle von Comics an. In den folgenden Zeilen werden zu verschiedenen Epochen passende Comics vorgestellt.
Für das Mittelalter empfiehlt sich die Serie „Die Türme von Bos-Maury“, welches im Jahre 1987 von Hermann Huppen gezeichnet wurde. In diesem wurde anhand von verschiedenen ineinander verwobenen Handlungssträngen ein detailliertes Bild der feudalen Gesellschaftsstruktur gezeigt. Ein weiteres Beispiel ist die Reihe „Reisende im Wind“ von Francois Bourgeon, welche zwischen 1981-1984 erschienen ist. In dieser Reihe wurde der Alltag an Bord eines Kriegsschiffes am Ende des 18. Jahrhunderts geschildert. „Die Zeit der Aufklärung“ von Patrick Cothias und Christian Lax 1989 beschreibt die politische und sozialen Wandlungsprozesse Frankreichs vor der Französischen Revolution 1789. „Die Diva“ von Pierre Christin und Annie Goetzinger 1984 spielt im Frankreich der dreißiger Jahre und zeigt den Aufstieg einer Opernsängerin vor dem Hintergrund des Faschismus. „Hitler“, entworfen von Friedemann Bedürftig und Dieter Kallenbach 1989, stellt den Faschismus in Deutschland dar. Für dieses Werk wurden zumeist historische Bildvorlagen in Zeichnungen umgewandelt und in collageartiger Form verbunden, welche von Texten und Fotografien ergänzt wurden. In dem Werk „Maus. Die Geschichte eines Überlebenden“ von Art Spiegelman 1989 und 1992 zeigt die Lebensgeschichte seines Vaters Wladek während des Holocaust. Die Personen in diesem Comic werden als Tierfiguren dargestellt. Aktuellere Themen behandelt zum Beispiel „Treibjagd“ von Pierre Christin und Enki Bilal, welches die politische Verschwörung in Osteuropa verdeutlicht. Etwas weiteres Aktuelles zeigt das Werk „Jude – Araber“ von Farid Boudjellal 1992, welches in karikierender Form die ideologischen Hintergründe der Nahost-Problematik darlegt und die gegenseitigen Vorurteile zu entlarven versucht.[32]
11. Kriterien für die Bildinterpretation nach Pandel und Panowsky
Wie in den Zeilen zuvor erwähnt, müssen Bilder und eben speziell Comics dechiffriert werden, damit der Betrachter ihre Botschaft erkennen kann. Die Schülerinnen und Schülern müssen ebenfalls den Unterschied zwischen dem tatsächlich Geschehenem und der künstlerischer Gestaltung verstehen. Diese Bilder dürfen nicht als Tatsachen wahrgenommen werden, sondern nur ein Abbild, das einen Moment festhält. Wenn Bilder im Geschichtsunterricht genutzt werden sollen, gelten dafür die gleichen Regeln, die sich im Laufe der Zeit für die Arbeit mit schriftlichen Quellen herausgebildet haben. Pandel nennt diese Regeln editorische Kriterien.
„Für Bildquellen bedeutet das: Angabe des Titels oder des Bildthemas (viele Bildquellen haben keinen Titel, wie es für Gemälde der neueren Zeit üblich geworden ist). Angabe der Größe, Angabe des Materials und der Technik, die Entstehungszeit oder das Entstehungsjahr und die Angabe des Bildautors mit Lebensdaten. Bei Werken der bildenden Kunst ist das der Künstler oder die Künstlerin, die aufgrund der Signatur des Gemäldes oder des Stiches zu ermitteln sind. Bei älteren Werken ist der Bildautor oft unbekannt, da die darstellende Kunst bis weit in die Neuzeit hinein als Handwerk verstanden wurde. […]Schließlich muss auch angegeben sein, ob es sich um das vollständige Bild handelt oder ob dieses beschnitten wurde. Leider wird der Quellennachweis in den Geschichtsbüchern bei Bildquellen nicht immer beachtet.“[33]
Erwin Panowsky hat die Bildinterpretation in drei Stufen unterteilt. Diese wären die vorikonographische Beschreibung, ikonographische Analyse und die ikonologische Interpretation. Hans-Jürgen Pandel hat das dreistufige Interpretationsmodell als Vorbild genommen und dieses erweitert. Bei Pandel hat die Bildinterpretation vier Ebenen. Die erste Ebene ist der Erscheinungssinn. Die zweite Ebene ist Bedeutungssinn. Die dritte Ebene ist der Dokumentensinn. Die vierte Ebene ist der Erzählsinn.
Die erste und zweite Ebene sind die schon erläuterten vorikonographische Beschreibung und die ikonographische Analyse. Eine wiederholte Erläuterung ist in diesem Fall nicht notwendig.
Die dritte Ebene ist die historische Interpretation, die den Dokumentensinn herausarbeitet. Um den Dokumentensinn herauszuarbeiten, wird das Werk nicht mehr als singuläres Kunstwerk betrachtet, sondern als Quelle von etwas. In diesem Fall stellen sich die Historikerin und der Historiker die Fragen, wofür das Werk steht, wofür es ein Dokument ist und welchen historischen Zusammenhang dieses Bild besitzt. In der ikonografischen Analyse findet schon eine Interpretation statt. Diese Interpretation behandelt das Bild jedoch nicht als historisches Instrument. In dieser dritten Ebene wird erst aus einer kunstgeschichtlichen eine historische Interpretation. In dem Dokumentensinn werden die Grenzen der illustrativen und heuristischen Verwendungsweisen von Bildern gezeigt. Eine exakte Rekonstruktion des Kontextes ist von Wichtigkeit. Bei diesem Aspekt werden mehr Informationen gesucht, als nur eine allgemeine Epochenkennzeichnung. Vielmehr wird der spezifische Kontext gefordert. In dem Dokumentensinn wird aufgezeigt, wofür das Bild ein Dokument ist. Die Fragen der ersten beiden Ebenen können mit zeitgenössischen Quellen beantwortet werden, da das Bild und die Quelle aus der gleichen Zeit entstammen. Die historische Interpretation hingegen blickt vom Heute auf die Vergangenheit. Die Verknüpfung von der Vergangenheit mit der Gegenwart macht im Rückblick das Bild zu einem Dokument. Das Bild repräsentiert nicht nur sich selber, sondern viel mehr eine Epoche, Klasse und Mentalität.[34]
„Unterrichtspraktisch stellen sich hier wieder Deutungsprobleme ein. Das, wofür das Bild Dokument ist, ist den Schülern und Schülerinnen noch unbekannt: die Epoche, die Klasse, die Sozialformation, die Mentalität. Aus diesem (unbekannten) Kontext ist das Bild von Schülerinnen und Schülern nicht zu deuten. Vielmehr muss vom Dokumentensinn auf den Kontext geschlossen werden. Im Schulbuch und im Geschichtsunterricht erfolgt die Auswahl der Bilder bereits unter dem Gesichtspunkt, Dokument für etwas zu sein. Bilder in Schulbüchern sind […] insofern immer Dokumenten von etwas.[35]
Den Schülerinnen und Schülern muss klargemacht werden, dass solche Bilder für etwas stehen. Diese Bilder dürfen nicht ausschließlich als Illustration für bestimmte Ereignisse oder Person verwenden werden.
In der vierten Ebene findet die narrative Analyse statt, die den Zeit- bzw. Erzählsinn herausarbeitet. In diesem Schritt sollen die Schülerinnen und Schüler das Bild im Prozess des historischen Lernens interpretieren. Die Schwierigkeit liegt darin, dass das gezeigte Bild nur einen eingefrorenen Moment, eine stillgestellte Geschichte darstellt. Die Vergangenheit und Zukunft ist durch das Bild nicht zu sehen. Laut Pandel muss das Bild in einzelne Zeitdimensionen aufgelöst werden, wenn es im Geschichtsunterricht genutzt werden soll. Erst wenn diese Fragen in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler entstehen, kann die Bildinterpretation jene narrative Qualität entwickeln, die für die Geschichte typisch ist. Dem Maler ist bewusst, dass er mit seinem Kunstwerk nur einen Augenblick der Geschichte wiedergibt. Um das Geschichtsbewusstsein anzuregen, sucht sich der Maler einen fruchtbaren Augenblick aus, damit die Historikerinnen und Historiker diesen Augenblick wieder in den Fluss der Zeit stellen können. Der Zeitsinn weckt das Geschichtsbewusstsein beim Betrachter, indem eine Auflösung von dem Moment in Zeitverläufen stattfindet. Es findet eine Verschmelzung des Geschichtsbewusstseins von Künstler und Betrachter statt.[36] „Wir müssen die Vor- und Nachgeschichte der dargestellten Bildszene ergänzen, um den narrativen Prozess, in dem das zu interpretierende Bild steht, zu erschließen. Auf diese Weise hat das Einzelbild etwas mit Wissen und Imagination zu tun, Je mehr wir wissen, um so leichter fällt uns, uns die historisch korrekte Vor- bzw. Nachgeschichte vor zustellen.“[37]
12. Handlungsorientierte Methoden
Das kognitiv-systematische Verfahrender Bildinterpretation von Pandel und Panowsky bietet die Grundlage für die Bewertung und Interpretation der Bilder. Wenn man die Menge an Bildern in den Schulbüchern betrachtet, ist die praktische Anwendung dieses Verfahrens nicht immer vorteilhaft. Den Schülerinnen und Schülern sollten die vier Ebenen der Bildinterpretation bekannt sein. Das Nutzen dieser Schritte wäre jedoch zu zeitaufwendig für den regulären Geschichtsunterricht, mit der im Lehrplan geforderten Abarbeitung von einer Fülle von Themen. Die theoretische Herausforderung kann ebenfalls für die Schülerinnen und Schüler abschreckend wirken. Als Ergänzung zu diesem Verfahren, bietet sich ein handlungsorientiertes Verfahren an. Bei diesem Verfahren wird eine aktiv-handelnde Auseinandersetzung mit dem Bild gefördert. Die Schülerinnen und Schüler können die wichtigsten Informationen eines Bildes durch Rastern, Nachzeichnen oder Skizzieren herauskristallisieren. Die Interpretation kann durch handlungsorientierte Methoden, wie die Gestaltung eines Rollenspiels, das Schreiben einer Reportage oder das Anfertigen einer Collage erfolgen.[38] In den folgenden Zeilen werden unterschiedliche handlungsorientierte Methoden gezeigt, wie Schülerinnen und Schüler mit Bildern arbeiten können. Da sich diese Arbeit schwerpunktmäßig mit Comics beschäftigt, werden die verschiedenen Methoden einen Bezug auf Comics haben.
In der ersten Methoden geht darum, Bilder zum Sprechen zu bringen. Nicht jeder Schüler ist in der Lage einen Comic zu einem bestimmten Thema zu entwerfen. Diese erste Methode bietet den Schülern die Möglichkeit einen ersten Schritt für die Entwicklung des eigenen Comics zu gehen. Bei dieser Methode geht es um die abgebildeten Menschen auf einem Bild, die in bestimmten Situationen zu sehen sind. Diese Menschen können durch unterschiedliche Interventionen am Bild zum Leben erweckt werden und zum Sprechen gebracht werden. Diese Methode kann in der Einstiegsphase genutzt werden, um Leitfragen für die Unterrichtsstunde oder die Thematik zu entwickeln. Die Erarbeitung solcher Leitfragen und ihrer Beantwortung kann dann in Form einer arbeitsteiligen Gruppenarbeit geschehen, indem die unterschiedlichen Leitfragen von unterschiedlichen Gruppen bearbeitet werden. Dabei kommt es darauf an, die Menschen auf dem Bild wieder lebendig werden und sie zum Sprechen gebracht werden. Die Frage nach den möglichen Gedanken oder Aussagen der Menschen kann in Form von Sprech- oder Gedankenblasen in das Bild zu den einzelnen Personen eingefügt werden. Um die Sprechblasen der Lerngruppe zu erklären, bieten sich kurze Vorträge und Erklärungen zu den Texten an, die einen Überblick über die Quellen der Bearbeitung geben. Des Weiteren kann eine Perspektivübernahme durch die Gedanken und Meinungen der beteiligten Menschen auf dem Bild geschaffen werden. Ein weiterer Aspekt, der hinterfragt und beantwortet werden kann, ist die Wahrnehmung von Alterität und Berücksichtigung des Bezugsrahmens mit der Frage: Worin besteht die Andersartigkeit im Unterschied zur heutigen Zeit?[39]
Eine weitere Methode ist die Verfremdung von Bildern. Diese Methode kann als Abschluss des Themas genutzt werden. Die Schülerinnen und Schüler können durch diese Technik ihren Standpunkt und ihre Deutung des historischen Inhalts zum Ausdruck bringen. Diese Methode ist jedoch eher für höhere Jahrgangsstufen geeignet. Für die kleineren Jahrgangsstufen wäre es sehr anspruchsvoll, die Sachverhalte zu abstrahieren und in neue Zusammenhänge zu bringen. Die Schülerinnen und Schüler können mit der Hilfe dieser Methode ein besseres Bewusstmachen des eigenen Standpunktes erlangen. Dabei erleichtert das bildhafte Vergegenwärtigen des eigenen Standpunktes das mündliche Erklären und Vertreten seiner Meinung. Eine weitere Schwierigkeit, die bei dem Schreiben des eigenen Comics entstehen könnte, wird hier wieder aufgegriffen. Und zwar werden die Kreativität und die künstlerische Umsetzung der eigenen Meinung angeregt. Außerdem werden mit dieser Methode historische Deutungs- und Reflexionsprozesse in Gang gesetzt.[40]
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[1] Bergmann, K./ Schneider, G.: Das Bild. In: Pandel, H.-J./Schneider, G. (Hrsg.). Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach 2002, S.212f.
[2] Sauer, M.: Bilder im Geschichtsunterricht. Seelze-Velber 2003, S.7.
[3] Ebd., S.7.
[4] Mayer, U.; Pandel, H.-J.; Schneider, G. (Hrsg.): Wörterbuch Geschichtsdidaktik. Schwalbach 2009, S.39.
[5] Ebd., S.34.
[6] Reeken, D.: Geschichts-Quellen in Wissenschaft, Kultur und Unterricht. In: Budde, G.; Freist, D.; von Reeken, D. (Hrsg.): Geschichts-Quellen. Brückenschläge zwischen Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik. Berlin 2008, S.11.
[7] Ebd., S.11.
[8] Vgl. Reeken, 2008, S.12.
[9] Vgl. Sauer, M., 2003, S.11.
[10] Vgl. Gies, H.: Geschichtsunterricht. Ein Handbuch zur Unterrichtsplanung. Köln 2004, S.239.
[11] Vgl. Bergmann, Schneider, 2002, S.213.
[12] Vgl. Schädel, Y.-L.: Bilder erzählen Geschichte – Bilder als historische Quellen, ausgewählt aus der
Karlsruher Kunsthalle und ihr möglicher Einsatz im Geschichtsunterricht der Sekundarstufe I. Karlsruhe 1999, S.174.
[13] Ebd., S.174.
[14] Ebd., S.174.
[15] Ebd., S.175f.
[16] Schmitz, H. J.: Kunstwerke als historische Quelle. In: Andraschko, F. M.: Geschichte erleben im Museum. Frankfurt 1992, S.67.
[17] Schädel, 1999, S.178.
[18] Vgl. Schädel, 1999, S.180f.
[19] Vgl. Ebd, S.192f.
[20] Mayer, Pandel, Schneider, 2009, S.38.
[21] Ebd., 39.
[22] Vgl. Bergmann,K et. al.: Handbuch der Geschichtsdidaktik. 5. überarb. Aufl.. Seelze- Velber 1997, S.631.
[23] Vgl. Sauer, 2003, S.134f.
[24] Vgl. ebd. S.135.
[25] Vgl. ebd., S.135.
[26] Vgl. Pandel, H.-J./Schneider, G. (hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwann 1985, S.511.
[27] Vgl. Sauer, 2003, S.136f.
[28] Vgl. Pandel, H.-J./Schneider, G. (hrsg): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 2. Auflage. Schwallbach 2002, S.341ff.
[29] Pandel, Schneider, 2002, S.347.
[30] Vgl Ebd., S.350f.
[31] Vgl. Bergmann et. al., 1997, S.633.
[32] Vgl. Bergmann et. al., 1997, S.633f.
[33] Günther-Arndt, H. (hrsg.): Geschichtsdidaktik. Praxisbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin 2003, S.
95f.
[34] Vgl. Pandel, H-J.: Bildinterpretation. Die Bildquelle im Geschichtsunterricht. Bildinterpretation I.
Schwalbach 2008, S.128f.
[35] Ebd., S.131.
[36] Vgl. Pandel, 2008, S.131f.
[37] Ebd., S.133.
[38] Vgl. Günther-Arndt, 2003, S.100.
[39] Vgl. Völkel, B.: Handlungsorientierung im Geschichtsunterricht. 3. durch. u. aktual. Aufl.. Schwalbach 2012, S. 115ff.
[40] Vgl. Völkel, 2012, S.121ff.
- Citar trabajo
- S. D. (Autor), 2016, Comics als Medium im Geschichtsunterricht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/443085
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