Zunächst möchte ich einen Einblick vermitteln, wie ich zu dem Thema dieser Hausarbeit „Mädchen und junge Frauen in der rechtsradikalen Szene“ gekommen bin: Im April des Jahres 2002 nahm ich zusammen mit den Mädchengruppen der Gladbecker Kinder- und Jugendeinrichtungen an einem Mädchen-Fest der FUMA (Frauen unterstützen Mädchenarbeit e.V.) in Köln teil. Dort fiel mir an einem Info-Tisch für Pädagogen und Betreuer die Dokumentation einer Fachtagung mit dem Titel „Rechts(d)ruck? Gegen(d)ruck!
- Mädchen und junge Frauen im Kontext von Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“ in die Hände. Nach dieser Lektüre erfuhr ich, dass eine mir bekannte Sozialarbeiterin an dieser Fachtagung teilgenommen hatte und befragte sie zu diesem Thema. Aufgrund der Lektüre und des Gespräches war ich ebenso interessiert wie erschrocken darüber, dass auch aktive rechte Gewalt von Mädchen und jungen Frauen ausgeübt wird und es nicht nur das „klassische rechtsextreme Bild“ eines kräftigen jungen Mannes mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln gibt, welches in meinem und auch in vielen anderen Köpfen vorherrscht, was wahrscheinlich auf die stärkere bzw. offensichtlichere Beteiligung der Jungen oder jungen Männern an rechtsextremen Übergriffen und Gewalttaten zurückzuführen ist. So wird dementsprechend der Blick der Öffentlichkeit verstärkt nur auf männliche Jugendliche gelenkt.
Ich versuche in dieser Hausarbeit herauszufinden, welche verschiedenen Formen von Rechtsextremismus von Mädchen ausgeübt werden und welche Rollen die Mädchen in den rechtsradikalen Gruppierungen spielen.
Außerdem möchte ich herausarbeiten, welche sozialarbeiterischen Maßnahmen angewendet und getroffen werden können, um die Mädchen aus dieser rechtsextremistischen Szene herauszulösen und von ihrem gewalttätigen Verhalten abzubringen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist Rechtsextremismus?
3. Rechtsextremismus unter Jugendlichen
3.1. Rechtsextreme Gesetzesverletzungen Mitte der 70er bis 2003
3.2. Ursachen rechtsextremer Gewalt
4. Mädchen und junge Frauen in der rechten Szene
4.1. Mädchen in rechtsextremen Jugendcliquen
4.2. Aussehen und Auftreten der Mädchen
4.2.1. Renees oder Skingirls
4.2.2. Weiblich betont wirkende Mädchen
4.2.3. „Sowohl-als-auch“ Mädchen
4.3. Gewaltverhalten der Mädchen
4.4. Politische Orientierungsmuster
5. Lösungsmöglichkeiten
5.1. Politische Lösungsansätze
5.2. Sozialarbeiterische Lösungsansätze
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Zunächst möchte ich einen Einblick vermitteln, wie ich zu dem Thema dieser Hausarbeit „Mädchen und junge Frauen in der rechtsradikalen Szene“ gekommen bin:
Im April des Jahres 2002 nahm ich zusammen mit den Mädchengruppen der Gladbecker Kinder- und Jugendeinrichtungen an einem Mädchen-Fest der FUMA (Frauen unterstützen Mädchenarbeit e.V.) in Köln teil. Dort fiel mir an einem Info-Tisch für Pädagogen und Betreuer die Dokumentation einer Fachtagung mit dem Titel „Rechts(d)ruck? Gegen(d)ruck! – Mädchen und junge Frauen im Kontext von Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“ in die Hände. Nach dieser Lektüre erfuhr ich, dass eine mir bekannte Sozialarbeiterin an dieser Fachtagung teilgenommen hatte und befragte sie zu diesem Thema.
Aufgrund der Lektüre und des Gespräches war ich ebenso interessiert wie erschrocken darüber, dass auch aktive rechte Gewalt von Mädchen und jungen Frauen ausgeübt wird und es nicht nur das „klassische rechtsextreme Bild“ eines kräftigen jungen Mannes mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln gibt, welches in meinem und auch in vielen anderen Köpfen vorherrscht, was wahrscheinlich auf die stärkere bzw. offensichtlichere Beteiligung der Jungen oder jungen Männern an rechtsextremen Übergriffen und Gewalttaten zurückzuführen ist. So wird dementsprechend der Blick der Öffentlichkeit verstärkt nur auf männliche Jugendliche gelenkt.
Ich versuche in dieser Hausarbeit herauszufinden, welche verschiedenen Formen von Rechtsextremismus von Mädchen ausgeübt werden und welche Rollen die Mädchen in den rechtsradikalen Gruppierungen spielen.
Außerdem möchte ich herausarbeiten, welche sozialarbeiterischen Maßnahmen angewendet und getroffen werden können, um die Mädchen aus dieser rechtsextremistischen Szene herauszulösen und von ihrem gewalttätigen Verhalten abzubringen.
2. Was ist Rechtsextremismus?
Rechtsextremismus soll hier verstanden werden als ein antidemokratisches politisches Konstrukt, das auf einem Zusammenschluss von unterschiedlichen, gewalthaltigen Ideologien basiert. Er kann, anders als Rassismus oder Nationalismus, nicht auf eine einheitliche Ideologie fixiert werden. Allerdings bilden Rassismus, mit dem alles Soziale und Kulturelle als naturwüchsig und unveränderbar dargestellt wird, und Nationalismus im Sinne einer organischen Staatsauffassung, in der das Volk als eine biologisch bestimmte Schicksalsgemeinschaft und die Frau als Reproduzentin eines solchen Volkes gilt, im Rechtsextremismus wesentliche Grundsteine. Von entscheidender Bedeutung ist des Weiteren ein sozialdarwinistisch geprägtes Menschenbild, das analog zum Tierreich vom Recht des Stärkeren und einer „natürlichen Ungleichheit“ des Menschen ausgeht.[1]
3. Rechtsextremismus unter Jugendlichen
3.1. Rechtsextreme Gesetzesverletzungen Mitte der 70er bis 2003
Seit Mitte der 70er Jahre wurde bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, meist im Alter zwischen 14 und 30 Jahren, eine anschwellende rechtsextremistisch orientierte Protestwelle insbesondere in den Großstädten und den industriellen Ballungszentren registriert, welche deutlich wurde durch „Hakenkreuzschmierereien“, ausländerfeindlichen und antisemitischen Parolen sowie militanten Stilausprägungen. Dass das hier noch überwiegend verbal artikulierte Protestverhalten Anfang der 80er Jahre zunehmend durch militante und gewalttätige Aktionsformen abgelöst wurde, wird deutlich durch die erfassten rechtsextremistischen Gesetzesverletzungen: Waren es 1974 noch 136 Straftaten, stieg die Zahl 1983 auf 2169 registrierte Verbrechen, was eine Steigerung von knapp 1600% bedeutet.[2]
Auch in den folgenden Jahren war ein konstanter Anstieg der Anzahl der Gewalttaten zu verzeichnen: 1991 wurden beim Bundesamt für Verfassungsschutz insgesamt 1483 Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland erfasst und 1992 stieg die Anzahl dann noch mal um das Doppelte auf 3884 Gewaltverbrechen. Allerdings muss hier angemerkt werden, dass in dieser Zeit eine zunehmende Sensibilisierung gegenüber rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Aktionen aufgrund der eskalierenden Gewalt im Herbst 1991 und 1992 stattfand und so die Angaben über die starke Zunahme von Gesetzesverletzungen, die als rechtsextremistisch motiviert eingestuft wurden, darauf zurückzuführen sind.[3]
1999 wurden 10037 (1998: 11049) Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund erfasst, davon 746 Gewalttaten (1998: 708) und 9291 sonstige Straftaten (1998:10341). Damit sank die Zahl der Straftaten insgesamt um 9,2%, die der Gewalttaten stieg dagegen um 5,4%. Zu den rechtsextremistischen Gewalttaten zählen u.a. fremdenfeindlich motivierte, antisemitische sowie Gewalttaten gegen den politischen Gegner. Der Anteil der Gewalttaten an der Gesamtzahl der Straftaten betrug 7,4% (1998: 6,4%).[4]
Auch 2002 bzw. 2003 sind die Zahlen relativ konstant geblieben: Insgesamt wurden in beiden Jahren etwa 10800 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund verzeichnet, wovon 2002 773 Gewaltverbrechen, 2003 759 Gewaltverbrechen waren.[5]
3.2. Ursachen rechtsextremer Gewalt
In der Rechtsextremismusforschung gibt es inzwischen eine Vielzahl theoretischer Ansätze. Die Ursachen für eine Neigung zu fremdenfeindlicher Gewalt werden aber vorrangig in gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, in Orientierungsproblemen sowie in der Auflösung traditioneller Milieus gesehen.
Auch im Erklärungsansatz von Heitmeyer macht dieser einen raschen sozialen Wandel sowie die daraus folgenden Gefühle der Desorientierung verantwortlich für rechte Orientierungen. Dieses Gefühl der Desintegration wird, wie auch die Entstehung von Zukunftsängsten, durch Veränderungen, wie z.B. die deutsche Wiedervereinigung, und Unsicherheiten bezüglich der ökonomischen Situation begünstigt.[6]
Ein zentrales Problem sieht Heitmeyer in den ambivalenten Lebenssituationen Jugendlicher. Diese Ambivalenz ergibt sich „aus dem Zuwachs vermehrter Handlungsmöglichkeiten auf der einen Seite und gleichzeitig einsetzenden Gefährdungslagen und Risiken durch den Zwang zu einer Bewältigung von immer komplexeren Lebensaufgaben ohne Rückhalt stabiler Vergemeinschaftungsformen.“[7] Diese Ambivalenz zeigt sich in vielen Facetten, z.B. nehmen die Chancen der Lebensplanung und die Vielfalt der Optionen zu, die Berechenbarkeit der Lebenswege allerdings nimmt gleichzeitig ab. Auch wird die Gleichheit in manchen Bereichen größer, aber dadurch steigt auch der individuelle Konkurrenzdruck zur sozialen Platzierung und Statussicherung.
Durch diese Ambivalenzen werden so erhöhte Forderungen an Jugendliche und insbesondere ihre Fähigkeiten zur Identitätsbildung gestellt. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass komplizierte Suchbewegungen den Sozialisationsprozess kennzeichnen, damit soziale Beziehungen entwickelt und gesichert werden können, Statuspositionen erworben werden, Lebensplanungskonzepte aufgebaut werden können und emotionale Sicherheit sowie identitätsrelevante Handlungskompetenzen gewonnen werden.
Es muss angesichts der Vielzahl dieser Ambivalenzen mit ganz unterschiedlichen Bearbeitungsweisen gerechnet werden, welche bei Problemlagen von passiven bis hin zu gewalthaltigen Verhaltensweisen reichen.[8]
In anderen Ansätzen wie dem von Hoffmann-Lange wird aus Analysen von Daten des Deutschen Jugendinstituts die Schlussfolgerung gezogen, dass das entscheidende Bindeglied zwischen der ökonomischen Situation und der Fremdenfeindlichkeit die Entstehung sozialer Desorientierung durch ungünstige ökonomische Lebensumstände darstellt. Hefler, Rippl und Boehnke entdecken in ihrer empirischen Untersuchung, dass jugendliche Ausländerfeindlichkeit durch, über familiäre Interaktion vermittelte, Deprivationslagen gesteigert wird.[9]
Zusammenfassend lässt sich sagen: „Eine schlechte ökonomische Lage führt (…) nur dann zu rechten Orientierungen, wenn die Situation von den Betroffenen als ungerecht im Vergleich zu anderen Personen eingestuft wird; (…) Damit verbunden sind Frustrationen von ökonomischen Statusansprüchen materieller und sozialer Art. Eine derartige Situation kann eine direkte Wirkung auf Fremdenfeindlichkeit haben, wenn Fremde oder Ausländer für diese Situation verantwortlich gemacht werden.“[10]
[...]
[1] Vgl. Siller, Getrud: Wie entwickeln Frauen rechtsextremistische Orientierungen? in Engel, Monika/Menke,
Barbara [Hrsg.]: Weibliche Lebenswelten – gewaltlos? Münster. 1995, S. 45.
[2] Vgl. Birsl, Ursula: Rechtsextremismus weiblich – männlich? Eine Fallstudie. Leske + Budrich. 1994, S. 33.
[3] Vgl. ebd., S.34.
[4] Vgl. Bundesministerium des Inneren: Verfassungsschutzbericht 1999. Berlin 2000, S.18.
[5] Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Extremismus in Deutschland – Ein Kurzlagebild. Köln 2004, S.22.
[6] Vgl. Rippl, Susanne/Seipel, Christian: Ökonomische Lage. Bildungsniveau und Fremdenfeindlichkeit in
Boehnke, Klaus/Fuß, Daniel/Hagan, John [Hrsg.]: Jugendgewalt und Rechtsextremismus. Weinheim und
München. 2002, S.81.
[7] Heitmeyer, Wilhelm: Gewalt. Schattenseiten der Individualisierung bei Jugendlichen aus unterschiedlichen
Milieus. Weinheim und München. 1995, S.50.
[8] Vgl. ebd. S.50f.
[9] Vgl. Vgl. Rippl, Susanne/Seipel, Christian. a.a.O. S.82.
[10] Ebd.
- Citation du texte
- Katja Ickowiak (Auteur), 2005, Mädchen und junge Frauen in der rechtsradikalen Szene, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44187
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