„Wenn wir auch so ziemlich zu allen Zeiten die Gorgiasse und Hippiasse oben auf sehen, das Absurde in der Regel kulminiert und es unmöglich scheint, daß durch den Chorus der Bethörer und Bethörten die Stimme des Einzelnen je durchdränge; - so bleibt dennoch jederzeit den ächten Werken eine ganz eigenthümliche, stille, langsame, mächtige Wirkung, und wie durch ein Wunder sieht man sie endlich aus dem Getümmel sich erheben, gleich einem Aerostaten, der aus dem dicken Dunstkreise dieses Erdenraums in reinere Regionen emporschwebt, wo er, ein Mal angekommen, stehen bleibt, und Keiner mehr ihn herabzuziehen vermag.“
Dieses Zitat, welches Schopenhauer an den Schluss der Vorrede zur zweiten Auflage seines Hauptwerkes „Die Welt als Wille und Vorstellung“gesetzt hatte, verdeutlicht selbstreflektorisch und eindringlich das Schicksal, welches Schopenhauers philosophisches Gesamtwerk durchleben sollte. Der ausbleibende Erfolg von „Die Welt als Wille und Vorstellung“und weiterer Schriften, vor allem aber auch die nicht zu unterschätzende fehlende Akzeptanz in den akademischen Kreisen, ließen Schopenhauer zu Lebzeiten als gescheiterten Philosophen erscheinen. Erst die Neuauflage seines um einen zweiten Band erweiterten Hauptwerks, ließ ein steigendes Interesse an seinem philosophischen Arbeit erkennen. Einem breiteren Publikum wurde er mit den beiden Bänden der „Parerga und Paralipomena“(1851) bekannt. Schopenhauer war sich, wie auch aus dem vorangestellten Zitat zu entnehmen ist, durchaus bewusst, dass es schwer werden würde seine Philosophie einem breiten öffentlichen Kreis zugänglich zu machen. Es wäre sogar das natürliche Schicksal eines jeden Werkes von Größe welches die Wahrheit in sich trägt, zuerst vernachlässigt zu werden, um dann, von geeigneten Köpfen entdeckt und anerkannt, zu einem unlösbaren Bestandteil und Gut der Geistesgeschichte zu werden. Vor allem von Seiten der akademischen Philosophie, die ihm zuwider war, erhoffte er sich wenig Unterstützung. Die „Professorenphilosophie“ war für ihn der Inbegriff geistiger Unfreiheit, beruhend auf einem Leben nicht für die Philosophie, sondern von der Philosophie. Er schreibt: „Daß in kurzem die Würmer meinen Leib zernagen werden, ist ein Gedanke, den ich ertragen kann, - aber die Philosophieprofessoren meine Philosophie! - dabei schaudert´s mich.“
In meiner Arbeit werde ich die Preisschrift über die Freiheit des Willenseinträglich besprechen, und am Ende die Position Schopenhauers mit der von Kant vergleichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Leben und Werk
3. Hauptteil
3.1 Über die Freiheit des menschlichen Willens - eine Einleitung
3.2 Begriffsbestimmungen
3.3 Der Wille vor dem Selbstbewußtseyn
3.4 Der Wille vor dem Bewußtseyn anderer Dinge
3.5 Schluß und höhere Ansicht
4. Nachbemerkung: Schopenhauer-Kant
1. Einleitung
„Wenn wir auch so ziemlich zu allen Zeiten die Gorgiasse und Hippiasse oben auf sehen, das Absurde in der Regel kulminiert und es unmöglich scheint, daß durch den Chorus der Bethörer und Bethörten die Stimme des Einzelnen je durchdränge; - so bleibt dennoch jederzeit den ächten Werken eine ganz eigenthümliche, stille, langsame, mächtige Wirkung, und wie durch ein Wunder sieht man sie endlich aus dem Getümmel sich erheben, gleich einem Aerostaten, der aus dem dicken Dunstkreise dieses Erdenraums in reinere Regionen emporschwebt, wo er, ein Mal angekommen, stehen bleibt, und Keiner mehr ihn herabzuziehen vermag.“1
Dieses Zitat, welches Schopenhauer an den Schluss der Vorrede zur zweiten Auflage seines Hauptwerkes „Die Welt als Wille und Vorstellung“ gesetzt hatte, verdeutlicht selbstreflektorisch und eindringlich das Schicksal, welches Schopenhauers philosophisches Gesamtwerk durchleben sollte. Der ausbleibende Erfolg von „Die Welt als Wille und Vorstellung“ und weiterer Schriften, vor allem aber auch die nicht zu unterschätzende fehlende Akzeptanz in den akademischen Kreisen, ließen Schopenhauer zu Lebzeiten als gescheiterten Philosophen erscheinen. Erst die Neuauflage seines um einen zweiten Band erweiterten Hauptwerks, ließ ein steigendes Interesse an seinem philosophischen Arbeit erkennen. Einem breiteren Publikum wurde er mit den beiden Bänden der „Parerga und Paralipomena“ (1851) bekannt.2 Schopenhauer war sich, wie auch aus dem vorangestellten Zitat zu entnehmen ist, durchaus bewusst, dass es schwer werden würde seine Philosophie einem breiten öffentlichen Kreis zugänglich zu machen. Es wäre sogar das natürliche Schicksal eines jeden Werkes von Größe welches die Wahrheit in sich trägt, zuerst vernachlässigt zu werden, um dann, von geeigneten Köpfen entdeckt und anerkannt, zu einem unlösbaren Bestandteil und Gut der Geistesgeschichte zu werden. Vor allem von Seiten der akademischen Philosophie, die ihm zuwider war, erhoffte er sich wenig Unterstützung. Die „Professorenphilosophie“ war für ihn der Inbegriff geistiger Unfreiheit, beruhend auf einem Leben nicht für die Philosophie, sondern von der Philosophie.3 Er schreibt: „Daß in kurzem die Würmer meinen Leib zernagen werden, ist ein Gedanke, den ich ertragen kann, - aber die Philosophieprofessoren meine Philosophie! - dabei schaudert´s mich.“4
In meiner Arbeit werde ich die Preisschrift über die Freiheit des Willens einträglich besprechen, und am Ende die Position Schopenhauers mit der von Kant vergleichen.
2. Leben und Werk
In dem folgenden Abschnitt werde ich kurz auf einige biographische Eckdaten eingehen um einen besseren Gesamteindruck über Schopenhauer, sowohl als Mensch als auch als Philosoph zu bekommen.
Schopenhauer selber war gegenüber einer biographischen Sezierung seines Lebens bis in die letzte Kammer wenig aufgeschlossen. Vielmehr sollten die Menschen Artur Schopenhauer mit seinem philosophisches Werk und der Grundsteinlegung einer neuen Denkweise in Verbindung bringen. Sein erster Monograph Wilhelm Gwinner schreibt, dass er nicht wollte, „dass die äußeren Züge seines Lebens zu seinem Gedächtnisse ins Einzelne hinein verfolgt würden“ weil „das Alles fremder Stoff“ sei, „aus dem höchsten der Rock gemacht gewesen sei, den er eine Weile getragen und dann gegen einen anderen abgelegt habe“, während er in Wirklichkeit der sei, „welcher die Welt als Wille und Vorstellung geschrieben und vom großen Problem des Daseins eine Lösung gegeben, welche vielleicht die bisherigen antiquieren, jedenfalls aber die Denker der kommenden Jahrhunderte beschäftigen werde“.5 An mangelnde Selbstbewusstsein und fehlender Überzeugung von seiner philosophischen Arbeit, schien er jedenfalls nicht gelitten zu haben.
Arthur Schopenhauer wurde am 22. Februar 1788 in Danzig geboren. Sein Vater entstammte einer Danziger Kaufmannsfamilie, die es mit den Jahren zu einem beträchtlichen Wohlstand gebracht hatte. Inwieweit der Vater schon zur Zeit der Geburt an die kaufmännische Laufbahn des Sohnes Dachte, zeigt die berechnende Wahl des Vornamens, Arthur, der in allen gebräuchlichen Sprachen der gleiche bleibt.6 Er zeichnete sich durch eine starke republikanische Gesinnung aus, so dass er nachdem Danzig preußisch wurde, unter dem Verlust eines Zehntel seines Vermögens in die freie Hansestadt Hamburg übersiedelt. Die Mutter stammte ebenfalls aus einer Kaufmannsfamilie und zeichnete sich durch ein großes Temperament, mit einem Bedürfnis nach Abwechslung und Vergnügen7 aus. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Le Havre sprach er fließend Französisch und wurde von dem hoffnungsfrohen Vater auf die „Rungsche“ Privatschule, ein Hamburger Institut für kommende Kaufleute, geschickt.8. 1805 begann Schopenhauer als Siebzehnjähriger seine Kaufmannslehre. Am 20. April des selben Jahres verunglückte der Vater. Schopenhauer schreibt über seinen Vater: „daß, wenn Heinrich Floris Schopenhauer nicht der Mann gewesen wäre, der er war, Arthur Schopenhauer hundertmal zugrunde gegangen wäre“.9 Seiner Mutter gegenüber fiel das Urteil weniger vorteilhaft aus: „Meine Frau Mutter gab Gesellschaften, während er in Einsamkeit verging, und amüsierte sich, während er bittere Qualen litt. Das ist Weiberliebe“10
Nachdem Tod seines Vaters folgte er der Mutter und der Schwester, die sich Weimar niedergelassen hatten. Die Mutter schreibt über ihren Sohn:
„..., was mich von Dir zurückscheucht,“ liegt „nicht in Deinem Gemüt, nicht in Deinem innern, aber in Deinem äußern Wesen, Deinen Gewohnheiten - kurz, ich kann mit Dir in nichts, was die Außenwelt angeht, übereinstimmen...“11
Und tatsächlich schien Schopenhauer an der Welt zu leiden. All die Eindrücke während der Reisen, die Gefühllosigkeit der Menschen in Lyon, wenn sie an den Schreckensorten der Revolution vorbeigingen oder der Anblick der Galeerensklaven in Toulon hatten auf den Jungen einen starken Eindruck hinterlassen.12 1809 begann Schopenhauer, nachdem er einen beträchtlich Teil des väterlichen Erbes erhalten hatte, das Studium der Medizin in Göttingen. Im Herbst 1811 zog es Schopenhauer nach Berlin um sein Hauptziel, das Studium der Philosophie, zu verwirklichen. Hier lehrten gerade Fichte und Schleiermacher.13 Durch erneute Kriegsunruhen veranlasst, ging er zurück nach Thüringen, und schrieb dann in Rudolstadt seine Dissertation Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, mit der er sich am 18. Oktober 1813 den Doktorgrad der philosophischen Fakultät zu Jena erwarb14. Auch Goethe hatte nun die Bekanntschaft Schopenhauers gemacht und fand Interesse an dem „merkwürdigen und interessanten Mann“15. Für Schopenhauer folgten vier Jahre in Dresden. Vier Jahre der intensivsten Selbstentäußerung und des lebendigsten Schaffensphase seines philosophischen Denkens. Hier entstanden unter anderem seine Farbenlehre und sein Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung.16 Doch der Erfolg blieb aus. Innerhalb von anderthalb Jahren verkauften sich kaum mehr als hundert Exemplare seines Werkes. Schopenhauer schreibt: „Mein Leitstern ist ganz ernstlich die Wahrheit gewesen: ihm nachgehend durfte ich zunächst nur nach meinem eigenen Beifall trachten...“17.
Er ging wiederum 1820 nach Berlin, und hielt fünfmal wöchentlich von 5-6 Uhr, zu den gleichen Stunden wie Hegel, seine Vorlesung. Hegel der zu jener Zeit bereits eine gewaltige Popularität genoss, war ein Magnet für die Studenten. Folglich war der Zulauf für Schopenhauer, der noch wenig bekannt war, sehr gering.18 Seine Dozentur war somit zum Scheitern verurteilt. Mit vereinzelten Unterbrechungen lebte Schopenhauer bis 1831 in Berlin. Erst die Furcht vor der Cholera veranlasste ihn Berlin zu verlassen.19 1833 ließ er sich endgültig in Franfurt nieder. Dieses Jahrzehnt gilt als das der höchsten Schaffenskraft Schopenhauers, nicht im Sinne der Hervorbringung neuer Ideen, sondern in der Auswertung und Vollendung in seiner Jugendzeit hervorgebrachten. Auch die Anzeichen einer vermehrten Zustimmung und Bewunderung waren nun endlich zu vernehmen.20 1836 erschien die Schrift Über den Willen in der Natur. Auch dieser Schrift ereilte das gleiche Schicksal wie Die Welt als Wille und Vorstellung, wenn man die Absatzeffizienz betrachtet. Im Jahre 1841 erschienen unter dem Titel Die beiden Grundprobleme der Ethik mit den Untertiteln: Ueber die Freiheit des menschlichen Willens und Ueber das Fundament der Moral.21
Der Durchbruch zu einem größeren Erfolg, ja zum Anfang einer gewissen Popularität, führte die Veröffentlichung der Parerga und Paralipmena. Als Hauptstück sind hier die Aphorismen zur Lebensweisheit zu nennen.
Die steigende Popularität, die man auch an der Veröffentlichung der zweiten Auflage von Die Welt als Wille und Vorstellung ablesen kann, ließ auch die Zahl derjenigen steigen die mit Schopenhauer in Verbindung traten, sich um ihn scharrten und aktiv für den Philosophen warben. Darunter befanden sich viele „unabhängige Selbstdenker“22 vielfach jedoch Juristen und Künstler.23 Der Enthusiasmus und Verkündungsgeifer seiner Verehrer, sowie der Populärerfolg seiner Parerga und Paralipmena führten dazu das Schopenhauer nach seinem Tode zu einem der meistgelesenen Autoren seines Jahrhunderts avancierte. Schopenhauer starb am 21. 1860 September in Frankfurt.
3. Hauptteil
3.1 Über die Freiheit des menschlichen Willens - eine Einleitung
Im Jahre 1841 erschien unter dem Titel, Die beiden Grundprobleme der Ethik, zusammengefasst, folgende zwei Schriften:
1. Über die Freiheit des menschlichen Willens, gekrönt von der K. Norwegischen Societät der Wissenschaften, zu Drontheim, am 26. Januar 1839
2. Über das Fundament der Moral, nicht gekrönt von der K. Dänischen Societät der Wissenschaft, zu Kopenhagen, am 30. Januar 1840
Beide Arbeiten sind Gelegenheitsschriften, deren Grundthematik die Ethik, und hier im speziellen das Problem der Willensfreiheit ist, sowie die Konstituierung eines Fundamentes von dem aus sich die Moral bestimmen lässt. Schopenhauer wollte beide Abhandlungen als Ergänzung zu dem vierten Buch seines Hauptwerkes Die Welt als Wille und Vorstellung wissen. Natürlich werden in beiden Schriften auch Gedanken angesprochen, die bereits in früheren Werke ausgeführt wurden, aber dennoch betont Schopenhauer die Unabhängigkeit der Schriften. Das soll heißen, sie müssen beide, sich ergänzend, unabhängig von einander und losgelöst zu vorangegangenen Arbeiten zu lesen sein. Er schreibt in der Vorrede zur ersten Auflage:
[...]
1 Abendroth, Walter, Schopenhauer, S. 8.
2 Vgl.: Röd, Wolfgang, Der Weg der Philosophie, Band, S. 247.
3 Vgl.: Abendroth, Walter, Schopenhauer, S. 8.
4 Abendroth, Walter, Schopenhauer, S. 8.
5 Vgl.: Ebenda, S. 10.
6 Vgl.: Ebenda, S. 12.
7 Vgl.: Abendroth, Walter, Schopenhauer, S. 12.
8 Vgl.: Ebenda, S. 13.
9 Ebenda, S. 18.
10 Ebenda, S. 17.
11 Ebenda, S. 21.
12 Vgl.: Ebenda, S. 21.
13 Vgl.: Ebenda, S. 28.
14 Abendroth, Walter, Schopenhauer, S. 30.
15 Ebenda, S. 33
16 Vgl.: Ebenda, S. 33 ff.
17 Ebenda, S. 41.
18 Vgl.: Ebenda, S. 66.
19 Vgl.: Ebenda, S. 76.
20 Vgl.: Ebenda, S. 78 ff.
21 Vgl.: Ebenda, S. 87.
22 Abendroth, Walter, Schopenhauer, S. 105.
23 Vgl.: Ebenda, S. 105.
- Citar trabajo
- Stephan Haas (Autor), 2004, Arthur Schopenhauer: Über die Freiheit des Willens, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44185
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