1. Einleitung
1.1 Allgemeines
Im Rahmen des längerfristig angelegten Hauptseminars „Hauptwerke der Theater-, Film- und Fernsehgeschichte“ verfolgen die Theater- und Medienwissenschaftsstudenten in Erlangen ein ehrgeiziges Projekt, das zum einen schlankweg den historischen Blick für problematische Fragestellungen innerhalb des eigenen wissenschaftlichen Studiums schärfen soll und zum anderen (darüber hinaus) nutzbringende Studienmaterialien erarbeiten will. Neben dem wissenschaftlichen Anspruch besteht das erklärte Hauptziel des Vorhabens darin, den vom Institut für Theater- und Medienwissenschaft aufgestellten Kanon bestimmter Werke der Theater-, Film- und Fernsehgeschichte, die es im Verlauf des Studiums zu rezipieren gilt, auf ihre Relevanz hinsichtlich der Geschichte des jeweiligen Mediums zu überprüfen. Dazu ist die Sichtung allgemeiner und spezieller Sekundärliteratur erforderlich, was einen gewissenhaften Umgang mit dem historischen Quellenmaterial bezüglich der Werksgeschichte inklusive seiner Rezeption und Produktion voraussetzt. Neben der Analyse geschichtlicher Fakten, mit der die grundsätzliche Problematik einhergeht, das spezifische Werk hinsichtlich der verschiedensten Ansätze in eine angemessene Relation zu stellen, kreist die Auseinandersetzung vor allem um die zentrale Fragestellung, warum das zu bearbeitende Werk als Hauptwerk der jeweiligen Einzelmediengeschichte im Sinne eines objektiv-begründbaren Kanons gilt. Die Schwierigkeit hierbei besteht darin, die subjektiven Einschätzungen von einem Werk innerhalb der Rezeptionsgeschichte aus der historischen Distanz heraus zu erfassen, objektiv zu beschreiben und somit ein möglichst wertfreies und umfassendes Bild des Hauptwerkes, seiner jeweiligen Zeit und deren Phänomene zu erhalten.
[...]
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
1.1 Allgemeines
1.2 Vorzüge und Nachteile einer Kanonisierung
1.3 Vier Filme Altmans als Hauptwerk im Gesamtzusammenhang
2. Der autorspezifische Kontext – über Robert Altman
2.1 Aufbruchsstimmungen in Hollywood
2.2 Altman als Erzählkünstler
2.3 Frühzeitiges Ende und verspätetes Comeback
2.4 Extensive Gesellschaftsporträts und intensive Psychogramme
2.5 Biographie bis 1970 (in Stichpunkten)
2.6 Filmographie (als Autor und/oder Regisseur und/oder Produzent)
2.7 Ausgewählte Fragen an Robert Altman . [OPTIONAL]
3. M*A*S*H (1970)
3.1 Produktion
3.1.1 Der (sozial-)historische Kontext: New Hollywood – Robert Altman und die 70er
[OPTIONAL]
3.1.2 Produktionsnotizen
3.1.3 Fragen an Robert Altman zu M*A*S*H . . [OPTIONAL]
3.2 Werk
3.2.1 Inhalt – Story
3.2.2 Plot – Interpunktion
3.2.3 Cast
3.3 Rezeption
3.3.1 Ökonomischer Kontext
3.3.2 Preise und Pressestimmen
3.3.3 Wirkungsgeschichtliche Dimension
4. NASHVILLE (1975)
4.1 Produktion
4.1.1 Der (sozial-)historische Kontext: New Hollywood - Altman und die 70er (siehe 3.1.1)
[OPTIONAL]
4.1.2 Produktionsnotizen
4.1.3 Fragen an Robert Altman zu Nashville. . [OPTIONAL]
4.2 Werk
4.2.1 Inhalt – Story
4.2.2 Plot – Interpunktion
4.2.3 Cast
4.3 Rezeption
4.3.1 Ökonomischer Kontext
4.3.2 Preise und Pressestimmen
4.3.3 Wirkungsgeschichtliche Dimension
5. THE PLAYER (1992)
5.1 Produktion
5.1.1 (New) Hollywood und das Kino im Wandel – Altman und die 90er Jahre (siehe 6.1.1) [OPTIONAL]
5.1.2 Produktionsnotizen
5.1.3 Fragen an Robert Altman zu The Player. . . [OPTIONAL]
5.2 Werk
5.2.1 Inhalt – Story
5.2.2 Plot – Interpunktion
5.2.3 Cast
5.3 Rezeption
5.3.1 ökonomischer Kontext
5.3.2 Preise und Pressestimmen
5.3.4 Wirkungsgeschichtliche Dimension
6. SHORT CUTS (1993)
6.1 Produktion
6.1.1 (New) Hollywood und das Kino im Wandel – Altman und die 90er Jahre [OPTIONAL]
6.1.2 Produktionsnotizen
6.1.3 Fragen an Robert Altman zu Short Cuts. . . [OPTIONAL]
6.2 Werk
6.2.1 Inhalt – Story
6.2.2 Plot – Interpunktion
6.2.3 Cast
6.2.4 Sequenzprotokoll
6.3 Rezeption
6.3.1 Ökonomischer Kontext
6.3.2 Preise und Pressestimmen
6.3.3 Wirkungsgeschichtliche Dimension
7. Gemeinsame Hauptmerkmale von M*A*S*H , Nahsville , The Player und Short Cuts – Altman als Begründer und Wegbereiter eines (Sub-)Genres
7.1 Altmans Stil/Handschrift: das Experiment mit offenen Erzählformen
7.1.1 Altmans Erzähltechnik: Bildmontage und Altmanscope
7.1.2 Offene Kompositionsformen (Eco)
7.1.3 Merkmale offener Formen (Pfister/Klotz)
7.1.4 Die offene Komposition – eine besondere Art der Kommunikation (Wuss)
7.1.5 Fragen an Altman zur Erzählstruktur und der Leidenschaft des Inszenierens
7.2 Altmans Arbeitsweise
7.2.1 Die Brechung des Buches
7.2.2 Dreharbeiten im Ensemble: Altman als Schauspielerregisseur
7.2.3 Der Kreativprozess im Schneideraum
7.3 Altman als Satiriker der Gesellschaft: Enthüllung von Sein und Schein
7.3.1 Gesellschaftskritik in Altman-Filmen
7.3.2 Fragen an Altman zur Thematik von Short Cuts und seiner Filme im Allgemeinen
8. Quellenverzeichnis
8.1 Filme
8.2 Filmdokumentationen
8.3 Literatur
8.4 CD-ROM-Quellen
8.5 Internetquellen
8.6 Bildquellen (chronologisch)
1. Einleitung
1.1 Allgemeines
Im Rahmen des längerfristig angelegten Hauptseminars „Hauptwerke der Theater-, Film- und Fernsehgeschichte“ verfolgen die Theater- und Medienwissenschaftsstudenten in Erlangen ein ehrgeiziges Projekt, das zum einen schlankweg den historischen Blick für problematische Fragestellungen innerhalb des eigenen wissenschaftlichen Studiums schärfen soll und zum anderen (darüber hinaus) nutzbringende Studienmaterialien erarbeiten will. Neben dem wissenschaftlichen Anspruch besteht das erklärte Hauptziel des Vorhabens darin, den vom Institut für Theater- und Medienwissenschaft aufgestellten Kanon bestimmter Werke der Theater-, Film- und Fernsehgeschichte, die es im Verlauf des Studiums zu rezipieren gilt, auf ihre Relevanz hinsichtlich der Geschichte des jeweiligen Mediums zu überprüfen. Dazu ist die Sichtung allgemeiner und spezieller Sekundärliteratur erforderlich, was einen gewissenhaften Umgang mit dem historischen Quellenmaterial bezüglich der Werksgeschichte inklusive seiner Rezeption und Produktion voraussetzt. Neben der Analyse geschichtlicher Fakten, mit der die grundsätzliche Problematik einhergeht, das spezifische Werk hinsichtlich der verschiedensten Ansätze in eine angemessene Relation zu stellen, kreist die Auseinandersetzung vor allem um die zentrale Fragestellung, warum das zu bearbeitende Werk als Hauptwerk der jeweiligen Einzelmediengeschichte im Sinne eines objektiv-begründbaren Kanons gilt. Die Schwierigkeit hierbei besteht darin, die subjektiven Einschätzungen von einem Werk innerhalb der Rezeptionsgeschichte aus der historischen Distanz heraus zu erfassen, objektiv zu beschreiben und somit ein möglichst wertfreies und umfassendes Bild des Hauptwerkes, seiner jeweiligen Zeit und deren Phänomene zu erhalten.
1.2 Vorzüge und Nachteile einer Kanonisierung
Ein Kanon oder Leitfaden hat den Vorteil, dass er einen Überblick über eine eigentlich unüberschaubare Masse von Werken verschafft, indem er Fallbeispiele zitiert, die zur Veranschaulichung bestimmter symptomatischer Fälle innerhalb bestimmter Entwicklungen und Strömungen dienen. Ein Kanon kann also eine wichtige Orientierungshilfe sein, weil er spezielle Diskurse stiftet, die es erlauben, Objekte überhaupt erst beschreibbar zu machen und somit auch eine vergleichende Analyse zulässt.
Auf der anderen Seite stößt jede Kanonisierung je nach Definition zwangsläufig recht schnell an ihre Grenzen, die beispielsweise von ihrem Umfang abhängt - der Anzahl der in den Kanon aufgenommenen Werke. Daher birgt jede Kanonisierung auch große Gefahren in sich. Eine wie auch immer gestaltete Auswahl an Werken kann niemals den Anspruch erheben, völlig objektiv oder vollständig zu sein, weil sie irgendwo eine (subjektive) Grenze ziehen muss. Gewisse Bereiche werden von vornherein ausgeklammert. So steht jedes Leitfaden-Konzept wie auch jedes Lexikon, das sich mit den Inhalten und Formen eines Mediums (zum Beispiel Film) beschäftigt, erst einmal vor einer Reihe wichtiger Vorabentscheidungen: Will es den Dokumentarfilm und/oder den fiktionalen Film erfassen? Avantgarde und/oder Publikumswirksamkeit? Lang- und/oder Kurzfilm? Westlichen und/oder Japanischen Film? Hollywoodkino und/oder das Kino der Dritten Welt? Die Kriterien messen sich daran, was mit der Filmauswahl erreicht werden will. Eine kanonische Auswahl, wie sie hier stattfinden soll, darf unter keinen Umständen eine bloße Film-Hitliste einiger weniger Fachleute, sondern muss möglichst breit gefächert sein. Dabei werden Übereinstimmungen in der Rezeptionsgeschichte hinsichtlich der Besonderheiten und des Innovationsgehalts eines Filmkunstwerkes beleuchtet. Neben künstlerischer Individualität und ästhetischen Standards fallen auch gegenläufige Tendenzen und Erneuerungsbewegungen ins Gewicht, die die Filmgeschichte maßgeblich beeinflusst haben. Auch die Produktionsgeschichte, der ökonomischer Kontext, Darstellungsstil und Erzählstruktur sollten eine angemessene Beachtung finden. So wie die Filmgeschichte ständig fort- und auch umgeschrieben wird, darf auch ein Kanon niemals starr, sondern muss immer theoretisch modifizierbar und erweiterbar sein. Er sollte sich stets selbst als andauernder Prozess sehen.
Die hier angestrebte Überprüfung des vorhandenen Kanons soll nicht nur dem wissenschaftlichen Selbstzweck dienen, sondern möglichst pädagogisch und verständlich aufgearbeitet werden. Schließlich sollen die evaluierten Ergebnisse effektiv als DVD/CD-ROM, also als zeitgemäße, multimediale Studienmaterialien für zukünftige Studentengenerationen Anwendung finden können und auch als Ergänzung zum Unterricht an Schulen dienen.
1.3 Vier Filme Robert Altmans als Hauptwerk im Gesamtzusammenhang
Bei der Beschäftigung mit Filmgeschichte ist es unumgänglich das jeweilige Werk in jeglicher Hinsicht zu kontextualisieren, um historische Zusammenhänge in aller Gänze erfassen zu können. Im Überblick zum filmhistorischen Kapitel im Standardwerk „Film Verstehen“ weist James Monaco auf die Tatsache hin, dass es
„nicht unser Ziel [sein kann], oberflächlich zu entscheiden, ‚was verursachte was’ in der
Filmgeschichte, sondern Verständnis dafür zu wecken, ‚was hängt womit zusammen’. Es ist
weniger wichtig festzulegen, welche dieser Erklärungen ‚wahr’ ist, als vielmehr zu
erkennen, wie sie untereinander zusammenhängen und auf ihr gesellschaftliches Umfeld
bezogen sind.“[1]
Gerade bei der vergleichenden Betrachtung bestimmter herausragender Filmkunstwerke Robert Altmans fällt es schwer, eine bestimmte Hierarchie hinsichtlich der Relevanz für die filmhistorische Entwicklung auszumachen. Innerhalb des umfangreichen Oeuvres an Kino- Fernseh- und auch Theaterproduktionen, das Altman über fast fünf Jahrzehnte hinweg geschaffen hat, gibt es natürlich gerade wirkungsgeschichtlich sowohl mehr als auch weniger bedeutende Beispiele. Während er sein Handwerk in den 50er und 60er Jahren vornehmlich durch Serienproduktionen für das amerikanische Fernsehen gelernt hatte und in den 80er Jahren (gezwungenermaßen) hauptsächlich fürs Theater und Fernsehen produzierte und nur in kleinerem Rahmen auch Filmproduktionen realisieren konnte, waren es besonders die 70er Jahre, in denen Altman seine lange Karriere als bedeutender Kinoregisseur durch Erfolge bei Kritik und Publikum begründete (und durch kommerziell weniger erfolgreiche Filme auch vorzeitig beendete). Erst in den 90ern, in denen er eines der furiosesten Comebacks der Filmgeschichte bewerkstelligte, unterstrich er seine Qualitäten als vielleicht bedeutendster und einflussreichster amerikanischer Filmsatiriker der jüngeren Gegenwart erneut. In diesem werk- und autorgeschichtlichen Kontext wird dem Filmhistoriker erst die eigentliche Leistung Robert Altmans bewusst. „Die Künstlerschaft Altmans, auch einiger seiner geringeren Werke, ist in der Filmwissenschaft längst nicht angemessen gewürdigt worden“[2], so wird in einem Kompendium über bedeutende Filmregisseure angemerkt.
Trotz der mittlerweile anerkannten künstlerischen Bedeutung einiger seiner wirkungsgeschichtlich weniger erfolgreichen Filme lassen sich einige herausragende Eckpunkte als „Meilensteine“ ausmachen, die in der Rezeptionsgeschichte eine dementsprechende Würdigung erfuhren. Während der ein oder andere Altman-Film in Filmlexika vereinzelt und meist nur am Rande als Beispiel für Genredekonstruktion (McCabe & Mrs. Miller) oder technische Innovation (California Split) – erwähnt wird, so finden vier Filme Altmans immer wieder besondere Berücksichtigung in Nachschlagewerken oder allgemeinen Filmgeschichten und machen dadurch auch auf eine Art Gesamtkonzeption innerhalb des Altmanschen Werkes aufmerksam. Dabei fungieren diese nicht nur im autorspezifischen Werkzusammenhang, sondern auch darüber hinaus als Paradebeispiele und Modelle eines bestimmten Entwurfs von Film und verdeutlichen besonders durch ihren wirkungsgeschichtlichen Einfluss in erzähltechnischer Hinsicht eine interessante Tendenz hin zum offenen Filmkunstwerk. Während die herausragenden Altman-Filme der 70er – die Kriegssatire M*A*S*H (1969/70) und das Gesellschaftsporträt Nashville (1975) – sowohl die inhaltlichen Charakteristika seiner Filme als auch den erzähltechnisch-formalen Stil Altmans innovativ begründeten und schon damals als Gegenentwurf zu klassischen Erzählformen gesehen wurden, bezeugen seine signifikantesten Filme der 90er – die Backstage-Satire The Player (1992) und das Gesellschaftsporträt Short Cuts (1993) – die konsequente Fortführung seiner Vorgehensweise, die für Altman keine „Methode“ im eigentlichen Sinne ist. Sie erklärt sich für ihn aus dem natürlichen Prozess des Filmemachen selbst. Die allgemeine Tendenz des moderneren Erzählkinos der 90er Jahre hin zu offeneren Erzählformen ist nicht zuletzt auch auf den Einfluss dieser Filme zurückzuführen. Daher wäre es ein Akt der Willkür, einen einzelnen dieser Filme herauszupicken und diesen gegenüber den anderen – nicht weniger bedeutenden Filmen – zu bevorzugen. Der Begriff des Hauptwerkes muss wohl nicht nur in diesem Fall „dehnbar“ verwendet werden können. Der Prozesscharakter, der sowohl in Altmans Filmen selbst, als auch in seiner improvisatorischen Herangehensweise evident wird, muss auch im Hinblick auf die eigentliche Leistung Altmans im Auge behalten werden. Zwar haben Nashville und Short Cuts sowie M*A*S*H und The Player bereits als einzelne Filme Hauptwerkcharakter, sie erhalten jedoch erst in ihrem gemeinsamen Kontext als übergreifendes Gesamtwerk eine zusätzliche filmgeschichtliche Dimension: beinhalten sie doch einen immer wieder modifizierten erzähltechnischen Gegenentwurf zum geschlossenen, „klassischen“ Filmkunstwerk und thematisieren inhaltlich auf unterschiedliche Art und Weise in aller Schärfe die Kehrseite des amerikanischen Traums.
2. Der autorspezifische Kontext – über Robert Altman
Seit mittlerweile fast 40 Jahren realisiert der 1925 geborene Robert Altman Filme fürs Kino. Im Laufe seiner langen Schaffensperiode, in der er auch viele Folgen für Serien des amerikanischen Fernsehens – außerdem Theaterstücke und Opern – inszenierte, übte er auf die Filmgeschichte einen besonderen Einfluss aus und wurde so zu einer nicht mehr wegzudenkenden Größe des amerikanischen Films.
Dabei kam Altman relativ spät und erst über einige Umwege zum Kino. Nachdem er schon in den 50er Jahren – während er seine frühen Erfahrungen mit dem Erstellen von Werbefilmen für die Industrie sammelte – erste, erfolglose Kinofilmversuche startete, diente ihm zunächst das Fernsehen als Experimentierfeld für die Ausbildung seines individuellen Stils. Vor M*A*S*H (1970), seinem ersten kommerziellen Kinoerfolg, hatte der zu diesem Zeitpunkt bereits 45 jährige Altman erst drei Spielfilme realisiert, konnte jedoch dafür durch seine ökonomische Arbeitsweise auf die Erfahrungen einer zehnjährigen, sehr produktiven TV-Karriere zurückblicken.
2.1 Aufbruchstimmung in Hollywood
Im Gegensatz zu vielen anderen, meist jüngeren Filmemachern, die wie er gegen Ende der 60er Jahre die Gunst der Stunde nutzten – die politische sowie kulturelle Aufbruchsstimmung in den breiten Massen machte letztlich auch vor den Toren Hollywoods nicht halt – schaffte Altman trotz seiner eigenwilligen Filme immer wieder den Spagat zwischen Kunst und Kommerz. Während eine halbe Generation talentierter Regisseuren binnen kürzester Zeit wieder in der Versenkung verschwand und die andere Hälfte sich an die Anforderungen eines wieder erstarkten Studiosystem anpasste, erwies sich der starrköpfige Nonkonformist Altman in den 70ern als einer der wenigen amerikanischen Autorenfilmer. Hollywood hatte ein Problem mit dem „enfant terrible“, das die Studios durch seine teils sehr unkonventionellen und persönlichen Filme mitunter in ernsthafte Schwierigkeiten brachte. Nicht umsonst wurde Altman auf Grund seines Durchsetzungsvermögens gegenüber den Anliegen der Produzenten als „Studiopyromane“ angesehen. Die grundsätzliche Auffassung Altmans über die fast unüberbrückbare Kluft zwischen der Massentauglichkeit von Film und seinem eigenen filmischen Anspruch wird klar, wenn er die Quotenpolitik der Film- und Fernsehindustrie mit allgemein-politischen Phänomenen vergleicht:
„Politik ist wie kommerzielles Fernsehen: wenn Sie die überwiegende Mehrheit aller
Menschen erreichen müssen, den kleinsten gemeinsamen Nenner, dann können Sie keine
hohen Ideale transportieren.[3]
In der Zeit des „New Hollywood“ erfuhr das Medium Film, das von der jungen Gegenkultur beinahe wie eine säkulare Religion gefeiert und vor allem durch eine leidenschaftliche (vorerst französische) Filmkritik aufgewertet wurde, eine gesteigerte Aufmerksamkeit und wurde durchaus als Möglichkeit künstlerisch-individuellen Ausdrucks rezipiert. Dieser soziokulturelle Hintergrund spiegelt auch das Filmverständnis Altmans wieder, der der Kunst, insbesondere der Musik und der Malerei in seinem Filmschaffen immer wieder eine gewichtige Rolle verlieh.
2.2 Altman als Erzählkünstler
Die Besonderheit seiner experimentellen und improvisatorisch-offenen Erzähltechnik ergibt sich weniger aus einem kalkulierten Innovationsgedanken gegenüber längst etablierter Erzählformen von Spielfilmen heraus, sondern vielmehr aus dem natürlichen Prozess des Filmemachens selbst, das für Altman sehr viele Gemeinsamkeiten mit gewissen Strömungen der modernen Malerei besitzt. Dies wird deutlich, wenn er sich erklärt: „Ich erzähle eigentlich keine Geschichten, sondern male vielmehr Bilder. (…) Mich interessiert mehr das Impressionistische.“[4]
Altmans Kommunikation mit dem Zuschauer besteht infolgedessen aus dem ständigen Versuch, viele einzelne Elemente so miteinander zu kombinieren, dass der Film erst durch die individuelle Zusammensetzung des Materials in einem (induktiven) Rezeptionsprozess seine Bedeutung gewinnt. Daraus ergeben sich Altmans typische Filmpanoramen, die weniger linear als vielmehr simultan und in die Breite gehend angelegt sind. Die episodische Struktur, die in vielen Altman-Filmen auffällig ist, ergibt sich aus seinem Umgang mit den „Rohstoffen“ für seine Filme und seiner Vorgehensweise bei den Dreharbeiten.
Die eigenwillige Erzähltechnik zieht sich wie ein roter Faden durch Altmans Werk. Der erste Film, in dem sich die Tendenz zum offenen Filmkunstwerk hin manifestiert ist M*A*S*H (1970). Vor allem der Einsatz einer neuartigen Bild- und Tonmontage veränderte die bis dato vorherrschenden Sehgewohnheiten. Nashville (1975), eine semi-dokumentarische Satire und weiterer Höhepunkt in Altmans Filmschaffen der 70er Jahre, treibt diese Kombinatorik auf die Spitze. Das außerordentlich komplexe Porträt der USA war abgesehen von seiner inhaltlichen Brisanz wohl gerade auch aufgrund seiner erzähltechnischen Offenheit der meistdiskutierte Film des Jahres 75.
Die offene, mosaikartige Struktur kann man in einigen weiteren Filmen Altmans wieder finden. So kann zum Beispiel auch Buffalo Bill und die Indianer (1976), Eine Hochzeit (1978) oder Der Gesundheits-Kongress (1980) in dieser Erzähltradition gesehen werden.
2.3 Frühzeitiges Ende und verspätetes Comeback
Nach einer Flut von interessanten, aber kommerziell erfolglosen Filmen schien seine Karriere in Hollywood jedoch endgültig beendet. Gerade in den USA verloren sowohl das Publikum als auch die Kritik das kurzzeitig aufgekeimte Interesse an schwerfälligerer zu konsumierender Filmkunst, die teils zu pessimistisch, teils zu eigenwillig und persönlich war. In einem Hollywood, das schon immer hochgradig abhängig von den Strukturen des Marktes war, gab es keinen Platz mehr für Robert Altman.
Nachdem sein Talent Anfang der 80er Jahre in Hollywood als erschöpft galt – Altman schien den Studios mehr denn je als immenser Risikofaktor – verkaufte er seine 1963 gegründete Produktionsfirma Lion’s Gate und widmete sich anderen Projekten. Der Routinier inszenierte weiterhin in gewohnter Regelmäßigkeit: er drehte Adaptionen verschiedener Bühnestücke, realisierte Theaterproduktionen, interessierte sich für den neu entstandenen Home-Video-Sektor und kehrte schließlich zum Fernsehen zurück, für das er erfolgreich mehrere Projekte – unter anderem die ausgezeichnete (Wahlkampf-) Miniserie Tanner `88 – verwirklichte.
Erst 1992 knüpfte Altman wieder an seine großen Kinoerfolge der 70er Jahre an. Mit der selbst-reflexiven Hollywood-Satire The Player bewerkstelligte er eines der spektakulärsten Comebacks der Filmgeschichte und erlangte so seine alte Stellung zurück, die er bereits nach Nashville innehatte. Wieder ist es die leicht modifizierte, tendenziell offene Erzählform und die gewaltige Anzahl lebendiger Charaktere, die den Film auszeichnet. Überdies liegt der Erfolg von The Player vor allem auch in der raffinierten Thematisierung des Films im Film und – wie auch in Nashville – in der Demaskierung einer korrupten Unterhaltungsindustrie begründet, in der sich Altman selbst zwangsläufig bewegen muss, sobald er Hollywoodfilme macht. Mit dem kompromissloseren Episodenfilm Short Cuts (1993), der nicht selten als Altmans Nashville der 90er Jahre bezeichnet wurde, wandte Altman erneut seine einzigartige Erzählmethode an. Durch die raffinierte, scheinbar zufällige Montage verwebt Altman die Schicksale eines gewaltigen Figurenensembles zu einem hoch komplizierten Erzählgeflecht, das erst durch die assoziative Zusammensetzung im Kopf des Zuschauers seinen Sinn erhält. Nicht zum letzten Mal erschuf Altman mit Short Cuts ein überaus lebendiges Gesellschaftsporträt. So beleuchten beispielsweise auch Pret-a-Porter (1995), Cookie’s Fortune (1999), Gosford Park (2002) oder The Company (2003) verschiedene Bereiche des sozialen Lebens auf ähnliche Art und Weise mit dem für Altman typischen scharfen Blick.
2.4 Extensive Gesellschaftsporträts und intensive Psychogramme
Natürlich werden auch andere Tendenzen in Altmans Gesamtwerk evident, die zum Teil sogar gegenläufig erscheinen. Den „extensiven“ Inszenierungen - komplexe Porträts, die durch eine Vielzahl von Charakteren auf die Demaskierung einer ganzen Kultur hinauslaufen - stehen Altmans „intensive“ Filme gegenüber, die oftmals kammerspielartig inszeniert und auf ein Minimum an Schauplätzen und Figuren beschränkt sind. „Altmans Werk lebt von der Spannung zwischen Weite und Enge, Fülle und Leere, Polyphonie und Monomanie.“[5] Altman selbst vergleicht die beiden verschiedenartigen Pole, zwischen denen sich seine Filme bewegen mit der Malerei:
The difference between those films with many, many characters and small films like
„Images“[1972] and „3 Women“[1977] is just the size of the canvas. Some are small
paintings, whereas others are big, broad murals.[6]
Die eigentliche filmgeschichtliche Leistung Altmans – gerade hinsichtlich seines Einflusses auf andere Filme – muss wohl dennoch hauptsächlich in seinen breit angelegten und komplexen Gesellschaftssatiren gesehen werden, deren spezifische Ausprägungen erst durch die über Jahrzehnte hinweg entwickelte offene Erzählstruktur evident werden. Während M*A*S*H den experimentellen Anfang einer neuen Ästhetik markiert, funktionalisiert Altman diesen Stil in Nashville viel gezielter für seine erzähltechnischen Zwecke. Mit Short Cuts transferiert Altman seinen fragmentarischen Erzählstil auf das Lebensgefühl der 90er Jahre, während er mit The Player eindrucksvoll demonstriert, welche inhaltlichen und formalen Kompromisse eingegangen werden müssen, um im Filmgeschäft kommerziell erfolgreich zu bleiben. Trotz der gemeinsamen Hauptmerkmale dieser herausragenden Altman-Filme, muss man sowohl zwischen den jeweiligen inhaltlichen Besonderheiten als auch zwischen den jeweils modifizierten Erzählstrukturen der Filme differenzieren – schließlich bedingt für Altman der Inhalt die Form. Dies kann nur schwer an einem einzigen Beispiel festgemacht werden.
2.5 Biographie bis 1970 (in Stichpunkten
1925: Geboren in Kansas City)[7]
1931 – 41: Schüler
1941: Absolvent der Wentworth Military Academy
1945: Freiwilliger Beitritt zur Air Force: dient in den letzten Tagen des 2. WK. als
Co-Pilot für mehr als 20 Missionen eines B-24 Bombers über Japan (erste Hörspiele, Drehbuchentwürfe verkauft) Gelegenheitsjobs in L.A.
1946: Erste Heirat
1947: Job bei PR-Abteilung einer Produktionsfirma in Kansas City: viele Werbefilme für Industrie; Erstes Kind (Christine); Drehbücher
1948: Gelegenheitsjobs in New York
1948 – 54: Drehbücher, Werbefilme fürs TV, erste Realisation einer TV-Serie
1955: erste eigene Low-Budget Produktion für kleinere Kinobetreiber im Mittleren
Westen: The Delinquents (schlechte Denn sie wissen nicht was sie tun –
Version) an UA verkauft
1956: Erneuter Aufbruch nach L.A. (unterstützt als Demokrat den Wahlkampf)
1957: The James Dean Story (pseudo-psychologische James-Dean-Doku, Flop)
1957-66: Beginn einer fast zehnjährigen (Hollywood-)TV-Karriere (inszeniert für ABC,
Warner, NBC, 20th Century Fox, Universal) [großer Teil der Arbeiten unbekannt, nicht mehr zugänglich]
- Ideen und Innovationen, ökonomische Arbeitsweise, späteres Kreativteam
- Begründung des Rufs eines Außenseiter auf Konfrontationskurs,
unkonventioneller Underground-Arbeiter ohne Blatt vor dem Mund, wird
oft gefeuert (Drehbuch-Veränderungen)
1963: Gründung der ersten Produktionsfirma in L.A.: Lion’s Gate Films (Treffpunkt)
1964: Once upon a Savage Night (TV-Film) als Nightmare in Chicago im Kino
1966: Countdown (verblüffend prophetisch-dokumentarische Qualität drei Jahre vor
der Mondlandung)
1967 – 1969: frustrierende Zeit: warten auf eine Chance zum Kinoregisseur
1966 – 1967: The Party, Pot-au-Feu, This is my Wife (drei 16mm-Kurzfilme zur Übung)
1968/69 That Cold Day in The Park (wenig Kontrolle; aufgeblasenes Psychodrama)
1970 M*A*S*H à Erfolg bei Kasse und Kritik: Durchbruch als KinoregisseurHanaHan
2.6 Filmographie (als Autor und/oder Regisseur und/oder Produzent)
1955: The Delinquents
1957: (TV-Serie: Alfred Hitchcock Presents)
1957: (TV-Serie: The Whirlybirds)
1957: (TV-Serie: U. S. Marshall)
1957: (TV-Serie: Sheriff of Cochise)
1957: Die James Dean Story
1958: (TV-Serie: The Millionaire)
1959: Apachenschlacht am schwarzen Berge
(TV-Serie: Oh! Susannah)
1959: (TV-Serie: The Gale Storm Show)
1959: (TV-Serie: The Troubleshooters)
1959: Lawman (TV-Serie: Lawman)
1959: (TV-Serie: Sugarfoot)
1959: (TV-Serie: Bronco)
1959: (TV-Serie: Hawaiian Eye)
1959: (TV-Serie: The Detectives)
1960: Maverick - Den Colt am Gürtel, ein As
im Ärmel (TV-Serie: Maverick)
1960: (TV-Serie: The Roaring Twenties)
1960: (TV-Serie: Surfside Six)
1960: Bonanza (TV-Serie: Bonanza)
1961: (TV-Serie: M Squad)
1961: (TV-Serie: Route 66)
1961: Peter Gunn (TV-Serie: Peter Gunn)
1961: Bus Stop (TV-Serie: Bus Stop)
1962: (TV-Serie: The Gallant Men)
1962: (TV-Serie: Combat)
1962: (TV-Serie: Kraft Mystery Theatre)
1963: (TV-Serie: Kraft Suspense Theatre)
1965: (TV-Serie: The Long Hot Summer)
1967: Countdown: Start zum Mond
(Countdown)
1969: Nightmare in Chicago (v. 63)
1969: Ein kalter Tag im Park
(That Cold Day in the Park)
1970: M*A*S*H (M*A*S*H)
1970: Nur fliegen ist schöner
(Brewster McCloud)
1971: McCabe & Mrs. Miller
(McCabe and Mrs. Miller)
1972: Spiegelbilder (Images)
1973: Der Tod kennt keine Wiederkehr
(The Long Goodbye)
1974: Diebe wie wir (Thieves like US)
1974: California Split (California Split)
1975: Nashville (Nashville)
1976: Buffalo Bill und die Indianer
(Buffalo Bill and the Indians or Sitting
Bull's History Lesson))
1977: Drei Frauen (Three Women)
1977: Willkommen in L. A. (Welcome To L.A.)
1977: Die Katze kennt den Mörder
(The Late Show)
1978: Du wirst noch an mich denken
(Remember My Name)
1978: Eine Hochzeit (A Wedding)
1979: Nicht von schlechten Eltern (Rich Kids)
1979: Quintet (Quintett)
1979: Ein perfektes Paar (A Perfect Couple)
1980: Der Gesundheits-Kongress (Health)
1980: Popeye - Der Seemann mit dem harten
Schlag (Popeye)
1982: (Two by South)
1982: Komm zurück, Jimmy Dean
(Come Back to the Five and Dime,
Jimmy Dean)
1983: Secret Honor (Secret Honor)
1983: Black Cats (O. C. And Stiggs)
1983: Windhunde (Streamers)
1985: Der Waschsalon (The Laundromat)
1985: Fool for Love (Fool for Love)
1987: Basements - Der stumme Diener - Das
Zimmer (TV: Basements - The
Dumb Waiter - The Room)
1987: Therapie zwecklos (Beyond Therapy)
1987: Aria (Aria)
1988: Die Caine - Die Meuterei vor Gericht
(The Caine Mutiny Court-Martial)
1988: Tanner ’88 (TV-Serie: Tanner)
1990: Vincent und Theo (Vincent and Theo)
1992: The Player (The Player)
1992: McTeague (TV)
1992: Black and Blue (TV)
1993: The Real McTeague (TV)
1993: Short Cuts (Short Cuts)
1994: Mrs. Parker und ihr lasterhafter Kreis
(Mrs. Parker and the Vicious Circle) [P]
1995: Pret-a-porter (Pret-a-Porter)
1996: Kansas City (Kansas City)
1996: (Robert Altman’s Jazz `34 –
Remembrances of Kansas City Swing)
1997: Liebesflüstern (Afterglow) [P]
1997: Gun - Kaliber 45 (TV: Gun)
1998: The Gingerbread Man
(The Gingerbread Man)
1999: Cookies Fortune –Aufruhr in Holly
Springs (Cookie’s Fortune)
2000: Dr. T and the Women (Dr. T & the
Women)
2002: Gosford Park (Gosford Park)
2003: The Company - Das Ensemble (The
Company)
2004: Tanner on Tanner (TV-Serie)
2005: Paint (in Vorproduktion)
2.7 Ausgewählte Fragen an Robert Altman
Do you think the improvisatory methods you later developed in features grew out of your long experience of rapid-fire, spontaneous TV work?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Everything you do today forms what you do tomorrow. In TV, I was working constantly with such dreadful scripts that I just found it was better to change them, or let the actors change them – at least make these ridiculous lines that they had to say more palatable.[8]
[B1]
Being for the most part an independent filmmaker, how do you think the nature of filmmaking has changed?
I don't know what's going to happen to independent filmmaking in the future, but it's not ever going to be as open as it was. So many aspects are dictated by distributors from actors to ad campaigns. The arbitrary length limit that we put on, for instance. Why does a film have to be
an hour and 45 minutes or an hour and 50 minutes? Why not more? Because the audience doesn't want to sit there that long? Because we can't have enough showings? Whatever the reasons, we cut to this "standard." Now I subliminally think in those terms; and I hate it. It shouldn't be a consideration. As an artist, you should be able to paint a picture this wide or this tall or not. But when you depend on others for the wherewithal to do it, you're going to have to accommodate those people. The ultimate example is what television has come down to. Some guy that sells cheese says, "I want this to appeal to the people who eat cheese. I don't care what the people who don't eat cheese think. The hell with them. So when you're serving many masters, it's very tough. This came up in conversation last night as an anecdote. A painter tells an art dealer, "I'm going to let you have my paintings, but don't you dare tell me what to do, because I paint what I want. If you say one word about that, I'm out of here." The painter brings over a small personal painting; and the dealer says, "That's beautiful. Here, I'll write you a check." The check is for $7. The painter asks, "Is this all you think it's worth? $7?" The dealer answers, "Well, if it were another size and subject matter, I could pay you more”. So nobody's clean, nobody's pure, compromise is part of this process and we all fall into it. And, in fact, what is the point of making a picture, if you can do exactly what you want, but nobody sees it? There are better ways to waste your time.[9]
Based on your feelings about actors and collaboration, what do you think of the auteur theory of filmmaking? Is the director the author of the film, the creator of its vision? [B2]
Well, pretty much. I'm the one that decides. I do have the vision of how I want this thing to look, how I'm going to present it; but there's no such thing as doing it alone. I think the auteur concept countered the tradition in American films of a producer who could turn around and fire the director in the middle of a project, hire somebody else, and say, "I want it done this way." Or even just ordering the director to reshoot something or cut something else. So when you don't tolerate that, I guess you're an auteur. You're protecting the artistic package, which is your obligation to the actors and the others who have worked with you; or else you've lied to them. When I hire an actor, I say, "Listen, this is going to be terrific." But if I come back and say, "I can't play the scene that way because the producers don't like it," that actor is going to be just as unhappy with me as with them. So if I'm going to take the heat, I want control of the kitchen. [10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
You seem to have consistently addressed yourself to a debunking of American myths.
It’s just another look at them. They’ve become rigid. They don’t move enough those myths. They all become imitated to the point where they become like granite, and they’re not interesting. I just want to say. “Suppose it could have happened this way”. It’s not debunking.
probably isn’t true. I’m just moving to a place where I can look at it from a different angle.[11]
It’s been said that you are not interested in character. Looking at your films and examining the way you make them, it seems you are profoundly interested in character, but not prepared to analyze what this character is or is going to be until the actors have discovered it for themselves and let it unfold in front of the camera.
When I look at a film and I see somebody behaving in a certain way, that’s what interests me. And I think the audience wants to see something that they haven’t seen before, something that they don’t know why. That’s what thrills me.
So in “Short Cuts”, I still don’t know what behavior will lead to this suicide. (…) Something will happen in other scenes with other actors that don’t connect at all, that don’t link with that, but will still form a link.[12]
3. M*A*S*H (1970) [B3]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als einer der originellsten
Filmemacher des New Hollywood
gilt Robert Altman (*1925).
Er nutzt die Konventionen des
Genre-Kinos, um sie gewissermaßen
gegen sich selbst und damit die
ideologischen Grundfesten
Amerikas zu wenden: [...]
‚M*A*S*H*’(1969) [ist] eine
bitterböse Kriegsfilmparodie [...][13]
Sein Kino ist voller Abenteuer: ‚M*A*S*H*’ (1970) definierte
die Stimmung einer Generation
(und sicherte zugleich Altmans künstlerische Freiheit) [...][14]
3.1 Produktion
3.1.1 Der (sozial-)historische Kontext: New Hollywood - Robert Altman und die 70er
Hollywood verzeichnete bereits gegen Ende der 40er Jahre einen drastischen Zuschauerrückgang. Mit der endgültigen Etablierung des Fernsehens als Massenmedium der Bequemlichkeit veränderte sich auch das Freizeitverhalten einer ganzen Generation von Kinogängern. Wie eh und je reagierte die amerikanische Filmindustrie jedoch sehr langsam und eher verhalten auf die ökonomischen und kulturellen Veränderungen.
In den 50ern und den beginnenden 60er Jahren setzte Hollywood zunächst hauptsächlich auf altbewährte Rezepte. Was an den Kinokassen über Jahrzehnte hinweg wunderbar funktionierte – monumentale Historienfilme, aufwendige Musicalverfilmungen und erfolgreiche Komödienmuster – stieß in dieser Zeit beim Publikum auf immer weniger Interesse. Während die von ökonomischen Strukturen hochgradig abhängige Traumfabrik versuchte, die Markterfolge einer verflossenen, goldene Ära zu recyceln und zu imitieren, wuchs eine neue Generation von Kinozuschauern heran, die schon bald nach neuen Inhalten und Formen des filmischen Ausdrucks hungerte.
Die alten Männer, die die Studios leiteten, hatten keinen Draht zu dem riesigen Publikum
aus Baby-Boomern, das in den Sechziger Jahren erwachsen wurde, ein Publikum, das sich
zunehmend von der Generation seiner Eltern entfremdete und zu radikalen Ansichten neigte.[15]
Hollywood bewegte sich allerdings nach wie vor hauptsächlich auf den abgesteckten Pfaden lang erprobter Genres, alter Mythen und der perfektionierten Illusion. Das klassische, amerikanische Erzählkino, das sich seit David W. Griffiths Systematisierung der Montageregeln für den Langspielfilm über mehrere Jahrzehnte bewährt hatte, befand sich spätestens zu Beginn der 60er Jahre in einer seiner ernsthaftesten Krisen. Die Armut an innovativen Filmstoffen und -formen führte zwangsläufig auch zur finanziellen Krise, die einen schleichenden Prozess finanzieller Transaktionen und somit einen langsamen Macht- und Generationswechsel innerhalb der Führungsriege der Studios einleitete.
Das einstmals so stolze Studiosystem war [...] ein leckgeschlagenes Schiff, das sich mit
schwerer Schlagseite über den Ozean quälte, während die großen Mischkonzerne gierig
unter der aufgewühlten Meeresoberfläche kreisten und Ausschau nach Futter hielten. [..] ein
Studio nach dem anderen [wurde] zu einer Art Appetithappen für irgendwelche Firmen [..],
die ihr Geld mit Versicherungspolicen, Zinkminen oder Bestattungsinstituten verdienten.[16]
Erst durch eine neue Managergeneration wurden die Studios hinsichtlich der Vertragsauswahl der Regisseure und dem Innovationsgehalt der Filme risikofreudiger. Schließlich war die Zeit mehr als reif für eine Erneuerung des amerikanischen Mainstreamkinos und so machte die kulturelle Gegenbewegung mit einiger Verspätung auch vor den Toren Hollywoods nicht halt.
Vor dem Hintergrund der politischen Turbulenzen der späteren 60er Jahre war vor allem das junge Kinopublikum brennend an liberalen und antiautoritären Themen interessiert. Man protestierte gegen Militarismus und Imperialismus – das Scharmützel in Vietnam hatte sich für die USA zu einem langwierigen und blutigen Krieg entwickelt – gegen den Kalten Krieg und die Atombombe und engagierte sich zunehmend für Minderheiten und die Überwindung alter, überkommener Werte. Die amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen gegen Krieg, Diskriminierung und Rassenhass fanden gegen Ende der 60er Jahre ihren politischsten Ausdruck in den Studentenrevolten der jugendlichen Gegenkultur.
Nach den ersten, überwältigenden Publikumserfolgen von Bonnie and Clyde (Arthur Penn, 1967), The Graduate (Mike Nichols, 1968), und dem Low-Budget-Film Easy Rider (Dennis Hopper, 1969), der unbestritten als Schlüsselfilm der „New Hollywood“-Bewegung gehandelt wird, zeichnete sich auch innerhalb des amerikanischen Mainstream-Kinos ein filmischer Neuanfang nach europäischem Vorbild ab. Die anfänglichen Erfolge bescherten den jungen Regisseuren zunehmend künstlerische Freiheiten und bessere Gewinnbeteiligungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Plötzlich gab es einen Moment, wo es schien, als wollten sie genau die Filme machen, die du machen wolltest.“, so Robert Altman zu den Anfängen des New Hollywood.
[B4]
Die erste Welle der jungen, „wilden“ Filmemacher orientierte sich einerseits an dem breiten Feld unabhängiger ‚Anti-Hollywood-Produktionen’ der beginnenden 60er Jahre, das vom politischen Dokumentarfilm bis zum ästhetisch orientierten Experimentalfilm reichte. Andererseits bekannte man sich leidenschaftlich zum Einfluss des europäischen Autorenkinos. Durch das Ende des alten Studiosystems und der kurzfristigen Öffnung des amerikanischen Marktes wurden (unter anderem) die Filme von Bergman und Fellini, der französischen Nouvelle Vague und des englischen Free Cinema verstärkt von einem breiteren Publikum rezipiert. Gemäß diesen Vorbildern sollten nun auch in Hollywood relativ unabhängig produzierte Filme entstehen, die sich nicht nach der Zensur richteten und von ihrer Ästhetik her realitätsnah und lebendig waren. Die Filme der neuen Generation sollten endlich das von der Aufbruchsstimmung geprägte Lebensgefühl der Zeit und damit die Bedürfnisse des Kinopublikums widerspiegeln.
[...] Filme, die eher von den Charakteren als von der Handlung lebten, sich nicht um tradi-
tionelle Erzählkonventionen scherten, das Gebot der technischen Makellosigkeit ignorierten,
sprachliche Tabus brachen, allgemein anerkannte Verhaltensnormen sprengten und es wag-
ten, auf ein Happy-End zu verzichten. Häufig waren es Filme ohne Helden, ohne Romantik
und ohne Protagonisten, die der Zuschauer [...] ‚anfeuern’, denen er die Daumen drücken
konnte.[17]
Im Gegensatz zu den Filmen des alten Hollywoods wurden die Themen angegangen, die bisher unausgesprochene blieben – meist war dies die Kehrseite des amerikanischen Traums. Entsprechend der europäischen Autorentheorie versuchten die Filmemacher ihren jeweils eigenen, persönlichen Stil zur Geltung zu bringen, um das konventionelle Massenkino der langweiligen Übergangszeit hinter sich zu lassen.
Georg Seeßlen streicht heraus, dass „[d]ie Filmemacher des New Hollywood [..] zur ersten Generation [gehörten], die in der Bilderwelt der populären Kultur aufgewachsen waren.“[18] Vor allem die zweite Welle der „New Hollywood“-Regisseure, die so genannten „Movie-Brats“, gehörten einer durch und durch kinobegeisterten Filmhochschulgeneration an, die über ein breites filmgeschichtliches Hintergrundwissen verfügten. Fernsehen und Popmusik waren bereits feste Bestandteile ihrer Lebenswelt und fanden so auch zunehmende Verwendung in ihren Filmen.
Das amerikanische Kino erlebte um 1970 [..] eine Explosion neuer Talente, aber im Gegen-
satz zum neuen Kino in Frankreich und der Bundesrepublik blieb es höchst kommerziell.[19]
Robert Altman entwickelte sich am Anfang der 70er Jahre zu einem der originellsten Regisseure des „New Hollywood“. Im Gegensatz zu anderen wichtigen Vertretern der neuen Welle von Filmemachern wie zum Beispiel Scorsese, Coppola, Lucas und Spielberg, die ihr Handwerk hauptsächlich an der Filmhochschule erlernten, konnte der 20 Jahre ältere Altman auf eine lange Karriere als Fernsehregisseur zurückblicken, in der er sich durch unkonventionelle Vorgehensweisen bereits den Ruf eines starrköpfigen Nonkonformisten eingehandelt hatte. Somit war Altman wie geschaffen für eine Zeit des Umbruchs, in der das Studiosystem kurzzeitig kleine Nischen abseits der filmischen Normen zuließ. Wie kaum ein anderer Filmemacher dieser Zeit thematisierte Altman in seinen Filmen immer wieder den Geist einer Zeit, die nicht mehr an alte Ordnungen glauben wollte. So waren es vor allem auch die Filme Robert Altmans, die dem amerikanischen Kino der 70er Jahre das typische Gesicht verliehen.
Altman hielt der amerikanischen Gesellschaft konstant einen satirischen Spiegel vor Augen. Mit M*A*S*H näherte er sich zum ersten Mal einem Genre auf völlig ungewohnte Weise und wurde dadurch zum Inbegriff des „New Hollywood“-Regisseurs. Der Film, der schwarzen Humor mit schockierendem Realismus paarte, traf durch seinen aktuellen Bezug zu Vietnam und die antiautoritäre Darstellung von Militarismus und Sexualität den Nerv der Zeit.
McCabe and Mrs. Miller setzte die Art der Genredekonstruktion fort, indem Altman einmal mehr die filmischen Konventionen (des Westerns) nutzte, um sie gegen gegen die verlogenen amerikanischen Ideale zu verwenden. Auch The Long Goodbye, Thieves Like Us, Nashville und Buffalo Bill and the Indians waren raffinierte Abwandlungen typischer und lang etablierter Filmgattungen - des Kriminalfilms, des Gangsterfilms, des Musicals und des Westerns - die ihren oberflächlichen Rahmen nur dazu benutzen, um einen subtilen Bezug zu den Schattenseiten der Gegenwart herzustellen.
Altman bewährte sich also schon in den 70er Jahren als Meister der Entmystifizierung, indem er Genres aufbrach und den amerikanischen „way of life“ als Irrweg enttarnte. Bereits in California Split setzt Altman seine seit M*A*S*H bewährte Porträtierung eines bestimmten Bereichs der Gesellschaft fort. Altmans Neigung zur Improvisation, überlappenden Dialogen und einem realistischem Kamerastil gipfelte schließlich in Nashville, dem Höhepunkt seines Filmschaffens in den 70ern. Durch die außergewöhnliche Verschmelzung von Dokumentarischem und Fiktiven gelang ihm eine weitere satirische Collage der amerikanischen Gegenwart. Auch Eine Hochzeit und Der Gesundheitskongress sind anspruchsvolle Darstellungen einer komplexen Welt zwischen Schein und Sein.
Bereits ab der zweiten Hälfte der 70er Jahre rückten die gesellschaftlichen Anliegen und künstlerischen Aspekte der neuen Filmbewegung durch ein abermals verändertes Zuschauerverhalten zunehmend in den Hintergrund. Parallel zu den persönlicheren „Autorenfilmen“ zeichnete sich ein Trend zu immer teureren Blockbustern ab, die sich nach bestimmten Erfolgsmustern richteten und sich am wieder erstarkten Markt orientierten. Zu Beginn der 80er Jahre wurde auch Altman – wie viele andere Filmemacher des „New Hollywood“ bereits vor ihm – auf den Boden der Filmwirklichkeit zurückgeholt. Die Zeit des frühen Umbruchs war vorbei und somit auch die erste große Schaffensperiode des konsequentesten Filmsatirikers Amerikas, dessen Filmkunst den kommerziellen Strukturen der Filmindustrie mittlerweile im Wege stand.
In seiner ambitioniertesten Form war das New Hollywood doch eine Bewegung, die das
Kino von seinem bösen Zwilling, dem Kommerz, befreien wollte, um es in den Olymp der
Kunst aufsteigen zu lassen.[20]
3.1.2 Produktionsnotizen[B5/6]
Kurz nach der Veröffentlichung des Romans M*A*S*H (R. Hornberger & W. Heinz alias Richard Hooker) sicherte sich der Filmproduzent Ingo Preminger für angeblich 100.000 Dollar die Filmrechte .[21]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Satiriker und Drehbuchautor Ring Lardner Jr., der im Zuge der US-Maßnahmen gegen die Bedrohung der öffentlichen Sicherheit durch antiamerikanische, subversive Personen viele Jahre auf der Schwarzen Liste des FBIs stand – er verweigerte bereits 1947 mit 19 anderen Schriftstellern, Drehbuchautoren und Regisseuren die Aussage vor dem (illegalen) Tribunal der HUAC-Komission (House Un-American Activities Committee) und bezahlte dies mit letztlich einem Gefängnisaufenthalt und Berufsverbot – war seit den 60er Jahren rehabilitiert und der geeignete Mann für den zynischen Ton der Drehbuchversion von M*A*S*H. Der schwarze Humor des Filmes war schon durch Lardners Script als gesellschafts- und regierungskritische Satire angelegt, die sich durch den aktuellen Bezug zum Vietnamkrieg mit der Make-Love-Not-War -Generation solidarisierte. Die heikle Thematik führte zu anfänglichen Schwierigkeiten bei der Wahl des richtigen Regisseurs.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der relativ unbekannte Robert Altman, der höchstens den Ruf eines innovativen und konfrontationsfreudigen Fernsehregisseurs innehatte wurde erst mit dem Projekt betraut, nachdem 14 renommiertere Regisseure abgelehnt hatten.
Die zweimonatigen Dreharbeiten zu M*A*S*H begannen am 14. April 1969. Um das für einen Hollywoodfilm mit 3,5 Mio. Dollar eher geringe Budget nicht überzustrapazieren, inszenierte Altman den Film (mit einem Gehalt von 75 000 Dollar) mit 30 fast ausschließlich unbekannten Schauspielern, von denen 14 mit M*A*S*H ihr Kinodebüt feierten.
Für Donald Sutherland, Elliot Gould und Sally Kellerman bedeutete der Film den Durchbruch in Hollywood. Bis zum Ende des Drehs, der von vielen Schauspielern als ungewöhnlich bis chaotisch beschrieben wurde – Elliot Gould und Donald Sutherland hatten kein Vertrauen in Altmans unorthodoxe Vorgehensweise und forderten beim Studio sogar seine Entlassung – gelang es Altman dennoch, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sein Projekt zu lenken. So wurden die Produzenten von 20th Century Fox, das gleichzeitig zwei andere, größere Kriegsfilmproduktionen (Tora! Tora! Tora!, Patton) im Auge behalten musste, erst beim Schnitt auf die Brisanz des Films aufmerksam.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Obwohl M*A*S*H drei Drehtage weniger benötigte als vorgesehen und Altman um mehr als 500 000 Dollar unter dem geplanten Budget blieb, war das Studiomanagement mit dem respektlosen Inhalt des sehr zusammenhanglos erscheinenden Materials alles andere als zufrieden. Altman erschuf seinen Film gerade durch die episodenhafte Montage und die nachträgliche Einfügung der kommentierenden Lautsprecher im Schnittstudio und erregte dadurch immer mehr Anstoß. [B7/8]
Vor allem die realistischen, blutigen Operationsszenen, der in starkem Kontrast zum indifferenten Tonfall der Chirurgen schien den Studiobossen der Komödie nicht angemessen und sollten unter allen Umständen herausgeschnitten werden. In ihren Augen war M*A*S*H respektlos, zu blasphemisch und blutig. Auch Ring Lardner Jr. war mehr als entsetzt von Altmans frei-improvisatorischer Umsetzung der Dialoge, die nicht mehr seinem Buch entsprachen. Es war nicht zuletzt das Verdienst von Ingo Preminger und wenigen anderen Fürsprechern, dass der Director’s Cut des Films doch noch einem erfolgreichen Testscreening unterzogen wurde. So wurde M*A*S*H unter Vorbehalt schon im September 1969 als Kino-Preview in San Francisco gezeigt, wo die Zuschauer den kontroversen Film mit Begeisterungsstürmen aufnahmen. Spätestes nach der Premiere von M*A*S*H am 25. Januar 1970, bei der eine lauffeuerartige Mundpropaganda für enormen Andrang an der Kasse sorgte, war ein Publikumserfolg vorprogrammiert. Die provokative Art des Films traf genau den Nerv einer Zeit der politischen und kulturellen Gegenbewegung, die eine militärische Autorität grundsätzlich anzweifelte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Trotz des Vorwurfs Lardners, seine Autorschaft wäre durch Altmans eigene Filmfassung bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden, nahm er schließlich seinen zweiten Oscar für das beste Drehbuch entgegen.
3.1.3 Fragen an Robert Altman zu M*A*S*H
That [Altman’s documentary] style is fully fledged by the time of M*A*S*H (1970) […][22][B9]
[…] Originally, it had only eight characters who had speaking lines, and I just filled it in with people who had never been on screen before. I got them from a improvisational theatre group in San Francisco, and I had to write a line in for each one in order to get them hired. If there wasn’t a line of dialogue in the script, twentieth Century-Fox wouldn’t hire them as actors. So I did a little rewrite and I was able to put all these people in as actors. I’m sure that had everything to do with the success of ‘M*A*S*H’. I had started the same kind of thing in television. […] By that time I was seeing Italian films, and I was striving toward that kind of neorealism. It seemed to me these things should be done that way. […]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[…] [t]here were two bigger war films going on at Fox, ‘Patton’ and ‘Tora! Tora! Tora!’, and the whole studio machinery was very busy on those. ‘M*A*S*H’ was this little $3.5 million film that was heading for the drive-ins. Nobody had any high hopes for it; there were no stars in it. I got away from the Fox lot out in the country and they didn’t pay too much attention to us. I did that by staying under budget – I never let any red flags come up and so we really snuck that film through the studio system.
It’s also a very cynical film. It’s set during the Korean War, but in making it so bleak were you trying to deflate the official position of Vietnam?
Probably. I went through this whole thing without ever mentioning Korea, thinking I could slip it by. But the studio made me put that disclaimer on the front; they said, “You’ve got to say this is Korea”
M*A*S*H has been described as anti-Christian, anti-gay, and anti-women. Certainly, the humiliation of the Hotlips (Sally Kellerman) and Frank Burns (Robert Duvall) characters by Hawkeye (Donald Sutherland) and Trapper (Elliot Gould) does seem needlessly cruel. What’s your take on this?
Certainly after M*A*S*H people said, “You’re a misogynist” And I looked that word up and found out what it meant. But au contraire – my answer was and is that I’m not showing you the way I see them. And this is the way women were treated; this is the way gays were treated. This is what went on. The reality of that film was a reality of attitudes. It wasn’t factual, but it was truthful. I was involved in all those decicions that made M*A*S*H seem cynical, but they had nothing to do with my own personal opinion.
3.2 Werk
3.2.1 Inhalt – Story [B10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Koreakrieg hinter der Front: Ärzte eines amerikanischen Feldlazaretts in Korea unterminieren als eingefleischte Zivilisten Disziplin und Moral, interessieren sich mehr für Sex und Zoten als für die Verwundeten. Amerikanische Ärzte sind damit beschäftigt, verwundete und verstümmelte Soldaten wieder zusammenzuflicken und sich das Leben so erträglich wie möglich zu machen. Kolleginnen, Alkohol und Sport sichern ihnen den Freizeitwert des Lazaretts. Hawkeye (D. Sutherland) und Trapper (Elliot Gould) profilieren sich dabei als Anführer – auch im Widerstand gegen alle offiziellen soldatischen Tugenden; einen chirurgischen Spezialauftrag nach Japan gestalten die beiden nach Kräften als Vergnügungsreise und sind nach ihrer Rückkehr maßgeblich an einem Football-Match beteiligt.
3.2.2 Plot – Interpunktion
In M*A*S*H gibt es keinen Plot im linearen Sinne. Der Film besteht aus vielen, kleineren Handlungsstränge um Hawkeye und Trapper, aus denen sich die unterschiedlichsten Perspektiven ergeben. Die Figuren handeln auch nicht im klassischen Sinne, denn ohne klare Ziele verändern sie die Situation nicht wirklich. Am Ende bleibt eine satirische Bestandsaufnahme des Campaufenthaltes, die wie jede schöne Zeit wehmütig verabschiedet wird. Altman löst sich bereits in diesem Film von dramaturgischen und hierarchischen Ordnungen und bietet nicht die typische Erzählstruktur mit Peripetie und einem offensichtlichen Höhepunkt. Durch den semi-dokumentarischem Kamerastil und die offenen Bildkompositionen entstand ein groteskes Porträt, das seinen Aussagegehalt eher durch seine Tiefenstruktur erhält, als durch die Aneinanderreihung von auslösenden Plot-Points.
[...]
[1] Monaco, James: Film verstehen. Rohwohlt TB Verlag, Reinbeck bei Hamburg 2000, S.228.
[2] Koebner, Thomas (Hg.): Filmregisseure – Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. Reclam
Verlag, Stuttgart 1999, S.30.
[3] Krill, Herbert: Die Lust am Risiko (Robert Altman Forum, ZDF), 45 Min. 1987, [min. 07].
[4] Die Lust am Risiko, a.a.O., [Min. 18].
[5] Etten, Manfred: Porträt des Künstlers als Kommunikator – Zehn Takes zu Robert Altman (film-dienst 26/93),
in: Lexikon des internationalen Films – CD ROM.
[6] Interview (Altman on Altman, 1992) mit Robert Altman geführt von Graham Fuller, in: Robert Altman –
Interviews, hrsg. v. David Sterritt, University Press of Mississippi, 2000, S. 194.
[7] Vgl. Pflaum, Hans Günther (u.a.): Robert Altman. Carl Hanser Verlag, Stuttgart/Weimar 1995 und Sterritt,
David (Hgs.): Robert Altman – Interviews (Chronology). University Press of Mississippi, 2000.
[8] Interview (Altman on Altman, 1992) geführt v. Graham Fuller, in: Robert Altman – Interviews, a.a.O., S. 191.
[9] http://www.dga.org/news/v25_5/Indie_altman.php3.
[10] ebenda.
[11] Interview (Altman on Altman, 1992) geführt v. Graham Fuller, in: Robert Altman – Interviews, a.a.O., S. 198.
[12] Interview, a.a.O., in: a.a.O., S. 202.
[13] Gronemeyer, Andrea: Schnellkurs Film. DuMont Buchverlag, Köln 1998, S.173 f.
[14] Film verstehen (Filmgeschichte), a.a.O., S.375 f.
[15] Biskind, Peter: Easy Riders, Raging Bulls. Rogner & Bernhard Verlag, Hamburg 2000, S.19.
[16] Biskind, Peter: a.a.O., S.20.
[17] Biskind, Peter, a.a.O., S.13.
[18] Seeßlen, Georg: Matrin Scorsese, Bertz Verlag, Berlin 2003 S.9.
[19] Film verstehen, a.a.O., S.368.
[20] Biskind, Peter: a.a.O., S.14.
[21] vgl. helmi.home.pages.at/mash/german/movie.html.
[22] Interview (Altman on Altman, 1992) mit Robert Altman geführt von Graham Fuller, in: Robert Altman –
Interviews, a.a.O., S. 192f.
- Citation du texte
- Roman Seda (Auteur), 2004, Hauptwerke der Filmgeschichte: Die Bedeutung der Filme "M*A*S*H", "Nashville", "The Player" und "Short Cuts" innerhalb eines filmgeschichtlichen Entwicklungsprozesses, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44167
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