Gerhart Hauptmanns ‚novellistische Studie’ Bahnwärter Thiel ist zuerst im Jahre 1888 in der Zeitschrift ‚Die Gesellschaft’ erschienen. Erst mit diesem Werk begann ein neuer Abschnitt in Hauptmanns Leben, mit dem er als ‚Dichter in die Welt’ trat und wenige Jahre später schon zum bedeutendsten Dramatiker des Naturalismus geworden war.
Da Hauptmann für sein Werk Bahnwärter Thiel den Begriff der novellistischen Studie favorisiert, ist zunächst eine Unterscheidung zwischen dieser und der Novelle vorzunehmen.
Das Wort Novelle bedeutet zunächst ‚Neue Begebenheit’ oder auch ‚Nachricht’ und tritt in der romanischen Welt recht früh als Bezeichnung von Kurzerzählungen auf. Die Novelle hat einen geringen Umfang und behandelt meist auch nur einen kleinen Personenkreis, sowie ein wahres oder als wahr gestaltetes Ereignis. Dieser geringe Umfang zwingt die Novelle sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Geschichte zu verdichten.
Mit dem Begriff ‚novellistische Studie’ nimmt Hauptmann jedoch offensichtlich Abstand von der schon klassisch gewordenen Formbindung, er löst sich nicht völlig von ihr, nimmt aber ein Neues herein, das in zwei Richtungen weist. Vermutlich kam Hauptmann der Begriff „Studie“ aus der zeitgenössischen impressionistischen Malerei entgegen, mit der einmal der Versuch, das Experiment gemeint ist – nicht im Sinne des Unvollendeten, aber doch des Wagnisses in ein noch nicht Endgültiges und Festgelegtes hinein. Vor allem aber liegt in diesem Begriff [...] der Akzent auf der unmittelbaren konkreten Beobachtung vor der Natur, d.h. vor der Wirklichkeit des Lebens. Es will also eine am realen Objekt genau beobachtete und erkannte Wirklichkeit aussprechen, welche die Wahrheit des Lebens bedeutet.
Der geringe Umfang der Novelle zwingt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Geschichte zu verdichten. Hierbei gewinnt die symbolische Bildgestaltung an enormer Bedeutung für die Novelle und verleiht bestimmten Situationen einen tieferen Sinn.
Liest man Bahnwärter Thiel bewusst und wiederholt, fällt dem Leser auf, dass es Hauptmann nicht vorrangig um eine detailgetreue Nachahmung der Wirklichkeit ging, sondern vielmehr darum, eine symbolhafte Darstellung, die der Geschichte eine über das Messbare hinaus, tiefere Bedeutung verleiht.
Im Folgenden soll die symbolhafte Darstellung genau analysiert werden, um das tragische Gewicht, welches die Symbole bestimmten Situationen verleihen, aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Idee der Hinführung
2. Symbole
2.1. Die Ungeheuer
2.2. Farbige Erscheinungen
2.3. Eisenbahn vs. Thiel
3. Die Symbiose der Symbole
4. Schluss
Literaturverzeichnis
- Citation du texte
- Simona Cukerman (Auteur), 2017, Symbole in Gerhart Hauptmanns "Bahnwärter Thiel", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/441258
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