In dieser Arbeit werden Konzepte und Modelle des Change Management vorgestellt. Dabei wird Change Management als Teil der Organisationsentwicklung betrachtet. Entsprechend dem institutionellen Organisationsbegriff nach Schreyögg wird der Blick auf die gesamte Institution als abgeschlossenes System, hier das Krankenhaus, gerichtet. Es unterscheidet sich von der Umwelt, muss jedoch permanent auf Umweltfaktoren von außen reagieren. Das bedeutet Veränderung (change) für das System.
Diese Abgrenzung macht auch deutlich, wer im System ist, also Organisationsteilnehmer – gemeint sind die Mitarbeiter und Führungskräfte, unter denen die anfallende Arbeit geteilt werden muss. Veränderung der Organisation, damit sie zu ihrem Ziel kommt, ist nicht zwingend im primären Interesse aller Mitarbeiter, was einer der Gründe für Widerstände ist.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Fragestellungen und Hypothese
1.2 Methodische Herangehensweise
1.3 Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen
1.4 Das Krankenhaus aus ökonomischer Sicht
1.4.1 Zielsystematik im Krankenhaus
1.4.2 Dienstleistungsunternehmen Krankenhaus
1.4.3 Klassische Organisationsstruktur im Krankenhaus
2 Veränderungsprozesse im Krankenhaus
2.1 Die Begriffe Veränderung, Wandel, Reorganisation
2.2 Krisen als Stimulus für Veränderung
2.3 Formen des geplanten Wandels
2.4 Besonderheiten im Krankenhaus
2.4.1 Einfluss der gesetzlicher und struktureller Rahmenbedingungen
2.4.2 Besonderheiten der Personalstruktur
3 Widerstand und Ambilvalenz bei Veränderungsprozessen
3.1 Die Begriffe Widerstand, Ambivalenz und Akzeptanz
3.2 Widerstand aus betriebswirtschaftlicher Sicht
3.2.1 Ausprägung von Widerstand
3.2.2 Ursachen von Widerstand
3.2.3 Positive Funktionen von Widerständen
3.3 Einstellungen und Widerstandskonzept
3.3.1 Das Konzept der Einstellungen
3.3.2 Das ambivalenzzentrierte Widerstandskonzept
4 Umgang mit Widerständen und Ambivalenzen
4.1 Beeinflussung der kognitiven Einstellungsdimension
4.1.1 Information und Kommunikation
4.1.2 Partizipation
4.2 Beeinflussung der affektiven Einstellungsdimension
4.2.1 Mitarbeiterbezogene Unterstützung
4.2.2 Verhandlungen
4.3 Beeinflussung der behavioralen Einstellungsdimension
4.3.1 Manipulation
4.3.2 Zwang
4.4 Kritische Beurteilung
5 Führung im Wandel
5.1 Definition von Führung als bewusster Einflussversuch
5.1.1 Führungseigenschaften
5.1.2 Führungsverhalten
5.1.3 Situationstheoretischer Führungsansatz
5.1.4 Das LMX-Modell
5.2 Die Rolle der Führungskräfte
5.2.1 Aufgaben von Führungskräften im organisatorischen Wandel
5.2.2 Hindernisse bei Führungskräften, den Wandel zu vollziehen
5.3 Kompetenzen neuer Führungskräfte
5.4 Forschungsstand - ausgewählte Studien
6 Diskussion und Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb.: 1 Das Drei-Säulen-Prinzip der Organisationsstruktur von Krankenhäusern
Abb.: 2 Revolutionäre und evolutionäre Perioden einer Organisation
Abb.: 3 Der Einfluss des Wandlungsprozess auf die Leistung einer Abteilung
Abb.: 4 Individuelle Reaktionen auf Veränderungen in Unternehmen
Abb.: 5 Mehrdimensionales Widerstandskonzept nach Piderit
Abb.: 6 Austauschprozess aus der Perspektive der LMX-Forschung
Tabellenverzeichnis
Tab.: 1 Aktuelle Zahlen im zeitlichen Verlauf
Tab.: 2 Ebenen der Veränderung
Tab.: 3 Merkmale von Wandel 1. und 2. Ordnung
Tab.: 4 Typologie organisatorischer Veränderung
Tab.: 5 Triadische Phasenmodelle in der Literatur
Tab.: 6 Beispiele für offene und verdeckte Widerstände
Tab.: 7 Differenzierung von passivem und aktivem Widerstand
Tab.: 8 Ausprägung von Widerstand nach Doppler & Lauterburg
Tab.: 9 Arten des Widerstands gegen Wandel
Tab.: 10 Ursachen von Widerstand und Trägheit wärend des Wandels
Tab.: 11 Ursachen von Widerständen differenziert nach individueller und organisatorischer Ebene
Tab.: 12 Fälle mit geringem Widerstand
Tab.: 13 Paradigmenwechsel im Denken und in den Wertvorstellungen
1 Einleitung
In dieser Arbeit werden Konzepte und Modelle des Change Management vorgestellt. Dabei wird Change Management als Teil der Organisationsentwicklung betrachtet. Entsprechend dem institutionellen Organisationsbegriff nach Schreyögg (1999, S. 9) wird der Blick auf die gesamte Institution als abgeschlossenes System, hier das Krankenhaus, gerichtet. Es unterscheidet sich von der Umwelt, muss jedoch permanent auf Umweltfaktoren von außen reagieren. Das bedeutet Veränderung (change) für das System.
Diese Abgrenzung macht auch deutlich, wer im System ist, also Organisationsteilnehmer – gemeint sind die Mitarbeiter und Führungskräfte, unter denen die anfallende Arbeit geteilt werden muss. Veränderung der Organisation, damit sie zu ihrem Ziel kommt, ist nicht zwingend im primären Interesse aller Mitarbeiter, was einer der Gründe für Widerstände ist.
1.1 Fragestellungen und Hypothese
Zuerst werden Gründe dargelegt, warum Wandel im Krankenhaus nötig ist (Kap.1). Dann wird der Veränderungsprozess aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet (Kap. 2). Widerstände bzw. ambivalente Einstellungen werden im Kap. 3 als ein Faktor vorgestellt, mit dem man im Change Management zu rechnen hat. Kap. 4 zeigt allgemeine Maßnahmen auf, die bei der Gestaltung von Veränderung zur Anwendung kommen können. Die spezielle Rolle der Führungskräfte wird im vorletzten Kapitel dargelegt (Kap. 5). Hier findet sich auch ein kurzer Abriss des internationalen Forschungsstandes. Die Fragestellungen dieser Arbeit leiten sich somit aus der Überschrift ab.
- Gestaltung von Veränderungsprozessen – Kapitel 1 und 2
- Warum ist Veränderung nötig?
- Was sind Veränderungsprozesse und wie sehen sie aus?
- bei Widerständen und Ambivalenzen - Kapitel 3
- Was sind Widerstände?
- Was ist Ambivalenz?
- Wie kommen sie zustande?
- Eine Führungsaufgabe – Kapitel 4 und 5
- Wie kann man mit Widerständen Umgehen?
- Was ist Führung?
- Welche neue Rolle hat Führung im Wandel?
- Die daraus folgende Hypothese : Die Gestaltung von Veränderungsprozessen (im Krankenhaus) insbesondere bei Widerständen und Ambivalenz ist eine Führungsaufgabe.
Im Letzten Kapitel (6) wird diskutiert, inwieweit die Fragestellung durch die gefundene Literatur beantwortet werden können und inwiefern die Hypotese die daraus folgt bestätigt werden kann.
1.2 Methodische Herangehensweise
Um die oben genannten Fragestellungen zu bearbeiten, wurde entsprechend der drei Schwerpunkte mit folgenden Suchbegriffen und deren englischen Entsprechungen gearbeitet:
- Veränderungsprozesse (change processes): Change Management, Restrukturierung (restructuring), Reorganisation (reorganization), Wandel (change)
- Widerstand (resistance): Opposition (opposition), Gegner/Opponent (opponent), Akzeptanz (acceptance), Trägheit (inertia)
- Ambivalenz (ambivalenc): Einstellungen (attitudes)
- Führung (leadership): führende Mitarbeiter (leading staff), Vorgesetzte (superiors)
Diese Begriffe wurden mithilfe von Bool`schen Operatoren auf verschiedenste Weise verknüpft und zu einer unstrukturierten Literaturrecherche verwendet. Dabei wurde auf folgende Quellen zurückgegriffen:
- Google (Websuche, Scholar und Googlebook) – Hier konnten Zeitschriftenartikel, Bücher in Auszügen oder weiterführende Webseiten gefunden werden.
- Deutsche Nationalbibliothek – Hier könnte auf nahezu die gesamte deutschsprachige Literatur in Buch- und Zeitschriftenform zurückgegriffen werden, aber auch elektronische Quellen waren verfügbar.
- Medline[1] - Über die Suchmaschinen von Pubmed[2] konnten einige Artikel aufgetan werden, wobei hier der Volltext-Zugriff nur teilweise möglich war.
- Handsuche – Desweiteren wurde durch Handsuche in Inhalts und Literaturverzeichnissen von Zeitschriftenjahrgängen, Artikeln und Büchern weiterführende Literatur gefunden.
Der Autor hat sowohl deutsche als auch englischsprachige Quellen genutzt, um ein relativ umfassendes Bild zu bekommen, dennoch muss von einem language bias ausgegangen werden. Die Studienlage zu Führungsverhalten wird kurz in Kap. 5.4, S. 61, in einem Auszug gezeigt.
Einschränkend muss angemerkt werden, dass der Überblick in dieser Arbeit nicht umfassend sein kann. Dazu hätte es mehr Zeit und mehr Seiten benötigt. Deswegen wurden Sachverhalte an mancher Stelle eher zusammenfassend und nicht erschöpfend dargelegt.
1.3 Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen
Durch die Gesundheitsstrukturreform sind im Gesundheitswesen einige Veränderungen notwendig geworden, die teilweise hochkomplex sind. Historisch gewachsene Hierarchien stellen hierbei eine besondere Herausforderungen dar{vgl. \Stubenvoll, 2007 #2`, 3;Stubenvoll, 2007 #2;Böcken, 2000 #9}. Veränderungsprozesse bringen auch immer Gewinner und Verlierer hervor, was zur Folge hat, dass Widerstände entstehen. Dies hängt besonders mit der Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen zusammen. Schlüsselrollen bei Veränderungsprozessen nehmen jedoch die Führungskräfte ein.
Um die Dynamik von Veränderung zu verstehen, muss man sich mit dem Kontext und der Historie beschäftigen, aus denen heraus die Veränderung gewünscht oder notwendig ist. Die herkömmlichen Systeme stllen sich als nicht zukunftsfähig heraus. Qualitätsmängel und Ökonomiedefizite sind in der deutschen Gesundheitsversorgung offensichtlich. Das zeigt auch die Lebenserwartung in Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt (GBE-Bund, 2014b) und im Gegensatz dazu einen Spitzenplatz bei den Gesundheitsausgaben. (vgl. Böcken, Butzlaff, & Esche, 2000, S. 19)
Die Reformbedürftigkeit des deutschen Gesundheitswesens ist seit den siebziger Jahren bekannt. Entsprechend hat der Gesetzgeber darauf reagiert (in Beispielen):
- Kostensenkende Maßnahmen:
- Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG, 1977)
- Gesundheitsreformgesetz (GRG, 1988)
- Strukturelle Maßnahmen:
- Gesundheitsstrukturgesetz (GStrukG, 1992)
- GKV-Gesundheitsreformgesetz (GKVRefG, 2000)
- GKV-Modernisierungsgesetz (GMG, 2003)
Mit dem GMG (2003) werden auch Maßnahmen wie die integrierte Versorgung und Kooperationen mit Wirtschaft und Industrie ermöglicht. Trotz dieses Potentials stehen Krankenhäuser immer wieder vor Herausforderungen, da Budgets gedeckelt sind bzw. kein Geld vorhanden ist. Das Problem dabei ist, dass einem ständig steigenden Qualitätsanspruch offenbar mit immer weniger finanzielle Recourcen gegenüberstehen. (vgl. Stubenvoll, 2007, 6)
Die Folge war ein konsequenter Bettenabbau bei verkürzter Verweildauer. Es konnten also mehr Patienten mit weniger Betten versorgt werden. In Tab. 1 wird an einigen Zahlen exemplarisch deutlich das ein klarer Aufwärtstrend in Richtung Wirtschaftlichkeit vorliegt.
Tab.: 1 Aktuelle Zahlen im zeitlichen Verlauf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (Damkowski, Meyer-Pannwitt, & Precht, 2000; GBE-Bund, 2014a; Sozialpolitik-Aktuell, 2014; StatistischesBundesamt, 2013, 2014)
Dieser Optimierung folgt eine Leistungsverdichtung, die die Mitarbeiter im Krankenhaus tragen müssen. Trotz der Kosteneinsparungspläne der letzten Jahrzehnte, die ja die Gesetze zur Folge haben sollten, sind die Ausgaben im Gesundheitswesen stetig gestiegen.
Die Gründe dafür sind vielseitig. Zum Beispiel sinkt in Deutschland die Geburtenrate wärend die Lebenserwartung steigt. Das führt schon seit Jahren zu einer verschiebung der Alterstruktur und zu einer Erhöhung der Pro-Kopf-Ausgaben. Interessant ist auch der Fakt, dass die Gesundheitsausgaben gemessen am Bruttosozialprodukt prozentual kaum gestiegen sind (siehe Tab. 1, Statista, 2014). Zudem kommt, dass seit der Gesundheitsreform im Jahr 2000 eine Reihe qualitätssichernder Maßnahmen im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) für Leistungserbringer, Krankenhäuser und Krankenkassen (z.B. §§ 135 a, 136 a, 137, SGB V etc.) und Leitlinienbezug (z.B. § 137 e, SGB V ) gefordert werden (SGB-V, 2013), die eine weitere Kostensteigerung zur Folge hatte.
Die strukturellen Veränderungen in der Vergangenheit und in der Zukunft müssen immer im Kontext ihrer gesellschaftlichen Bedingungen gesehen werden. Dennoch muss das System auch als träge angesehen werden. Und zwar in dem Sinne, dass erst dann etwas verändert wird, wenn es die äußeren Zwänge, die durch Politik und Gesellschaft vorgegeben werden, verlangen. Dabei kann es um Kosteneinsparungen, mehr Patientenrechte oder um Lohnanpassungen gehen, um nur einige zu nennen.
1.4 Das Krankenhaus aus ökonomischer Sicht
Das Krankenhaus ist einerseits eine Institution im öffentlichem Interesse und andererseit muss es wie ein Unternehmen geführt werden (vgl. Heusser, 1996, S. 35). Krankenhäuser müssen einerseits dem Sachziel Gesundheitsversorgung und andererseits dem Formalziel Wirtschaftlichkeit Rechnung tragen (vgl. Hoffmann, 2008, S. 11).
Seit Einführung der Diagnosis Reated Groups (DRGs) stehen die Kosten im Vordergrund. Einsparungen sind nur noch dann möglich, wenn die durchschnittliche Verweildauer gesenkt wird (vgl. Schulz, 2012, S. 3).
Da sich Krankenhäuser von anderen Unternehmen aus dem Handel unterscheiden, sind herkömmliche Managementkonzepte nicht einfach übertragbar. Die klassische Organisationsstruktur im Krankenhaus besteht aus der Verwaltung, dem Pflegedienst und dem ärztlichen Dienst. Alle drei agieren häufig noch relativ unabhängig voneinander. Auf der Verwaltungsebene erfolgt die Verteilung personeller und finanzieller Ressourcen, wärend durch den Pflegedienst und den ärztlichen Dienst die Arbeit am Patienten verrichtet wird (vgl. Lutz, 2004, S. 236).
1.4.1 Zielsystematik im Krankenhaus
Nach Mayntz (1963; zit. in Staehle, 1999, S. 437) gehört das Krankenhaus klar zu den Organisationen mit Leistungszielen. Diese werden meist mit hierarchischen Strukturen erreicht. Alle Regel und Vorschriften sollen dazu dienen, dass die Organisationsziele optimal erreicht werden.
Ziele haben einen normativen Charakter und beschreiben eine zukünftige Realität (vgl. Hauschildt, 1977; zit in Staehle, 1999, S. 440) . Neben Gewinnoptimierung und Leistungssteigerung gibt es auch die ethisch-moralischen Vorgaben, die Pflege und Therapie mit sich bringen. Dabei stellen beide Zielsetzungen nicht unbedingt einen Widerspruch dar, sie sollten komplementär sein (vgl. Straub, 1997, S. 42). In der Praxis steht jedoch oft der soziale oder politische Auftrag im Vordergrund. Auf der anderen Seite wird die Bedeutung der Formalziele durch weiteren Kostensenkungsdruck betont. Interessant ist, dass diese Ziele im Krankenhaus oft nicht klar formuliert sind und bewusst vage gehalten werden, weil die Ziel strukturen im Krankenhaus oft vieldimensional sind, besonders in freigemeinnützigen und öffentlichen Einrichtungen (vgl. Straub, 1997, S. 45).
Man kann die Ziele formal in drei Klassen unterscheiden: leistungswirtschaftliche Ziele, finanzwirtschaftliche Ziele und soziale Ziele. Ersteres wird vom Krankanhausträger, aber auch vom Versorgungsauftrag bestimmt. Dazu gehören das qulitative und quantitative, diagnostische und therapeutische Leistungsspektrum des Krankenhauses. Das zweite richtet nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leitungserstellung (vgl. Gutenberg, 1983, S. 465). Die soziale Zielsetzung kann in gesellschafts- und mitarbeiterbezogene Aspekte unterschieden werden. Damit sind z.B. Forschungsaktivitäten und die Sicherung des Personalbestandes gemeint (vgl. Kraus, 1998, S. 7).
Potentielle Zielkonflikte
Die Ausgestaltung des Zielsystems, hängt nach Lutz (vgl. 2004, S. 80) von der Rechtsform des Krankenhauses ab und schlägt sich in der typischen Aufbauorganisation im Krankenhaus nieder (siehe Abb.: 1, S. 16).
Die leistungswirtschaftlichen Interessen werden hauptsächlich vom ärztlichen Dienst vertreten und die finanzwirtschaftlichen Ziele, egal ob es sich um Gewinnmaximierung oder nur die Deckung anfallender Kosten handelt, werden durch die Verwaltung repräsentiert. Soziale Zielsetzungen werden eher durch den Pflegedienst wahrgenommen (vgl. Kraus, 1998, S. 9).
Daraus ergeben sich möglicherweise Zielkonflikte, die einmal aus den vorhandenen Hierarchien resultieren oder aber auf der selben Hierarchieebene stattfinden. Von einem Zielkonflikt spricht man, wenn die Erfüllung des einen Ziels zu einer Reduktion des Erfüllungsgrades des anderen Zieles führt (vgl. Fischer, 2004, S. 229).
Die Ausklammerung des Pflegedienstes und ärztlichen Dienstes aus der Ge-schäftsleitung kann dazu führen, dass bei bestmöglicher Versorgung die dabei entstehenden Kosten außer acht gelassen werden (vgl. Leuzinger & Luterbacher, 2000, S. 348 ff.).
1.4.2 Dienstleistungsunternehmen Krankenhaus
Fast das gesamte Gesundheitswesen gehört zum Dienstleistungssektor. Der Versorgungsprozess insgesamt ist als Dienstleistung zu betrachten. Versorgungsqualität ist somit eng mit dem Begriff Dienstleistung oder Dienstleistungsqualität verbunden
„ Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind [...] (um) nutzen-stiftende Wirkung zu erzielen.“ (Bruhn, 2011, S. 24)
Die Deutsche Gesellschaft für Qualität findet zwei Ansätze, wie Qualität beurteilt wird. Zum einen der produktbezogene Qualitätsbegriff (product-based), der sich auf objektive Maßstäbe bezieht und zum anderen der kundenbezogene Qualitätsbegriff (user-based), die die subjektive Berachtung des Kunden wiederspiegelt (vgl Bruhn, 2008, 34).
„ Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung gemäß den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen.“ (Bruhn & Stauss, 2012, S. 29)
Die Dienstleistungen im Krankenhaus werden hauptsächlich von Personen erbracht. Diese Aktivität soll bei dem Patienten zu einem verbesserten Gesundheitszustand führen (vgl. Zweifel, 1987, S. 7). Allerdings lässt sich der Behandlungserfolg nicht validieren, da verschiedene Berufsgruppen beteiligt sind und die Definition von Gesundheit individuell unterschiedlich ausfällt. Eine Verbesserung der Lebensqualität z.B. nach einer Operation lässt sich auch nicht rein finanziell ermessen.
Der Patient soll nach Sidamgrotzki (vgl. Sidamgrotzki, 1997, S. 151) im Zentrum der Leistungserbringung stehen. “Das Krankenhauspersonal ist für den Patienten da” (ebd., S. 151)
Obwohl die Patienten im Mittelpunkt stehen sollen, ist dies in der Praxis oft mangelhaft (vgl. Eiff, 2000, S. 266 f.). Gründe dafür sind, dass z.B. einzelne Leistungsbereiche mehr auf die Organisation der Arbeitsabläufe ausgerichtet sind, statt sich am Versorgungsprozess des Patienten zu orientieren (vgl. Eichhorn, 1993, S. 246).
Folgende Dienstleistungsspezifika im Krankenhaus können zusammenfassend abgeleitet werden (Kötter, 2008, S. 8; nach Schulz, 2012, S. 9; Straub, 1997, S. 54 f.; vgl. Zapp, Beckmann, Bettig, & Torbecke, 2010, S. 7 f.):
- Präsenz des Patienten ist Voraussetzung der Leistungserbringung (uno-actu-Prinzip) – Parallelität von Konsumtion und Produktion
- Nichtgreifbarkeit (Immaterialität) – Dienstleistungen im Krankenhaus sind nicht erfassbar; die Dokumentation stellt eine Form der Materialisierung dar
- Informationsunvollkommenheit – man ist auf die Informationen, die der Patient offenlegt angewiesen und man kann nicht jedes menschliche Detail dokumentieren
- Geringe Rationalisierbarkeit – personenbezogene Dienstleistungen können kaum durch z.B. Maschinen ersetzt werden
- Integration des externen Faktors – Die Leistungserstellung ist ohne den Kunden nicht möglich, den man sich jedoch auch nicht frei am Markt wählen kann. Die Individualität muss somit immer mit berücksichtigt werden. Das heißt, dass die Behandlungsleistungen nicht homogen sind.
- Der Ergebnis ist immer von der Konstitution des Patienten abhängig.
1.4.3 Klassische Organisationsstruktur im Krankenhaus
Das Krankenhaus ist in der Regel noch immer ein “hierarchisch und patriarchalisch geführtes Unternehmen mit drei relativ unabhängig von einander agierenden Leitungssträngen.” (vgl. 1997, S. 151). Der Krankenhausdirektion unterstehen in der Regel die ärztliche Leitung, die Verwaltung und der Pflegedienst (siehe Abb.: 1, unten). Zwar sind in der Direktion meist alle Bereiche enthalten, jedoch ist die Möglichkeit “querer” Einflussnahme aus unteren Ebenden eingeschränkt. Diese Tatasache macht ein Krankenhaus eher träge in seinen Entscheidungen und Reaktionen und erschwert die Zusammenarbeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 1 Das Drei-Säulen-Prinzip der Organisationsstruktur von Krankenhäusern
Quelle: (Stubenvoll, 2007, S. 12)
Mögliche Schwachpunkte der Krankenhausorganisation erkannte schon Fayol (vgl. 1929, S. 21) - das aus dieser Organisationen resultierende Einliniensystem. Hierbei entsteht das Problem, dass die Kommunikation eigentlich nur vertikal vorgesehen ist, der Hierarchie folgend. Zum Beispiel ist damit eine Kommunikation und Abstimmung der Fachbereiche ärztlicher Dienst mit dem Pflegedienst nur auf der Krankenhausleitungsebene möglich, damit kann es zu einem Eigenleben der drei Säulen kommen. Es sei jedoch auch an die häufig vorkommende informelle Kommunikation gedacht – was man Fayol’sche Brücken nennt. Dabei wird quer kommuniziert und der klassische Dienstweg umgangen. Das ist meist auch so gewollt. (vgl. G. Schreyögg, 1999, S. 174).
Das Eigenleben der drei Säulen geht auch auf Statusunterschiede, divergierenden Berufskulturen oder unterschiedliche Gesundheitskonzepte zurück (vgl. Schlüchtermann, 1998, S. 439). Dazu kommen jedoch auch Probleme in den Ablaufprozessen, die auf “Ressortegoismen” verschiedener Abteilungen zurückzuführen sind. Daraus ergeben sich Schnittstellenprobleme bei interdisziplinären Vorgängen (vgl. Kraus, 1998, S. 46). Darunter hat am meisten der Patient zu leiden, der dann eine unzureichende Versorgung ertragen muss oder zum Beispiel mehrfach dieselben anamnestischen Fragen beantworten muss. Dem versuchte man mit der Einführung von Behandlungspfaden zu begegnen (vgl. Schlüchtermann, 1998, S. 440). Durch diese Prozessoptimierungsmaßnahmen sollten diese Organisationsdefizite behoben werden.
2 Veränderungsprozesse im Krankenhaus
2.1 Die Begriffe Veränderung, Wandel, Reorganisation
Um Veränderungsprozesse im Krankenhaus näher zu erläutern, wird zunächst der Begriff der Reorganisation herangezogen. Andere Begriffe sind “Wandel” (Staehle, 1999, S. 579) oder Change Management (z.B. Damkowski, et al., 2000, S. 88 f.), die hier synonym für Veränderungsprozesse verwand werden.
Letzterer Begriff beschreibt einen “geplanten oder umgesetzten Wandel” (ebd., S. 88). Andererseits existiert in Organisationen auch ein Wandel im Sinne vom evolutionären Durchlaufen verschiedener Lebensphasen. Sie werden von typischen organisationsinternen Krisen ausgelöst (vgl. Staehle, 1999, S. 580).
Nach Picot, Freudenberg & Gassner (1999) ist Reorganisation “… die planvolle und tiefgreifende Umgestaltung des Gesamtunternehmens oder wesentlicher Teile davon.” (S. 4) Wandel kann sowohl geplant, als auch ungeplant ablaufen. Geplanter Wandel ist ein bewusster Akt der Entscheidung, aufgrund dessen ein System seine Arbeits- und Funktionsweise ändert (vgl. Staehle, 1999, S. 899).
Veränderungsprozesse können sehr unterschiedlich sein. Man kann jedoch eine Klassifizierung vornehmen. Danach kann es Veränderungen in der Aufbauorganisation, in der Ablauforganisation und im sozialen Gefüge oder dem persönlichen Arbeitsverhalten geben, die bewirkt werden sollen (vgl. Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 2, siehe Tab. 2). Meist laufen die Veränderungen auf mehreren Ebenen gleichzeitig ab.
Tab.: 2 Ebenen der Veränderung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (vgl. Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 3)
Dabei ist Ziel des Wandels die Anpassung der Organisation an Veränderungen der Umweltfaktoren und die Verhaltensmodifikation der Mitarbeiter (vgl. Robbins, 2001, S. 630). Man unterscheidet einen Wandel erster Ordnung, bei dem es um quantitative Veränderungen (z.B. mehr Mitarbeiter oder Abteilungen) geht, und einen Wandel zweiter Ordnung, bei dem die Veränderungen qualitativer Natur sind (vgl. Staehle, 1999, S. 900). In dem Fall spricht man von einer Transformation. Folgende Tabelle macht die Unterschiede deutlich:
Tab.: 3 Merkmale von Wandel 1. und 2. Ordnung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (vgl. Eggers, Ahlers, & Eichenberg, 2011, S. 177; vgl. Staehle, 1999, S. 901 & 931)
2.2 Krisen als Stimulus für Veränderung
Die meisten geplanten Veränderungsprozesse in Unternehmen sind meist eine Reaktion auf Krisensituationen. Krisen sind unbeabsichtigte Störungen von Systemen, so auch der Institution Krankenhaus, die dessen Überleben gefährden. Vor allem sind Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein Indiz für eine Krise, die den Fortbestand einer Unternehmung gefährdet (vgl. Staehle, 1999, S. 902 f.).
Krisen sind im ursprünlichem Sinne der “Bruch einer bis dahin kontinuierlichen Entwicklung … er kennzeichnet Zugleich eine Situation mit extremer Ambivalenz und Entwicklungsmöglichkeiten” (Fink, 1986, S. 15; zit. in Krystek & Moldenhauer, 2006, S. 24). Im heutigen Sprachgebrauch steht jedoch der negative Aspekt der Krise im Vordergrund (vgl. Thießen, 2011, S. 63).
Aufbauend auf der Systemtheorie Luhmanns, sind Systeme wie Organisationen desto komplexer sie sind, umso anfälliger für Krisen. Krisen sind nach dieser These sozusagen vom System selbst provoziert (vgl. Perrow, 2011, S. 78; vgl. Thießen, 2011, S. 63 f.). Zu Beginn einer Krise ist der Ausgang immer ungewiss, es kann nach Thießen (ebd., S. 65) zu vier Ausgängen kommen:
- Verbesserung des status quo
- Erhaltung des status quo
- Verschlechterung des status quo
- Katastrophe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 2 Revolutionäre und evolutionäre Perioden einer Organisation
Quelle: (vom Autor erstellt, modifiziert nach Greiner, 1972, 1998; Mindtools, 2014; Staehle, 1999, S. 585)
Greiner (1972, 1998) hat in seinem Phasenmodell der Entwicklung von Organisationen (Evolution) Krisen identifiziert, die mit der Zeit und mit dem Größerwerden von Organisationen in Zusammenhang stehen. Die folgende Abbildung zeigt diese Phasen. Ein Unternehmen sollte ihm zufolge unbedingt alle Phasen durchlaufen, um gesund zu wachsen. Die Krisen stehen hierbei für einen revolutionären Schritt, der das Unternehmen wandelt, aber immer um eine Verbesserung des status quo zu erreichen (vgl. Staehle, 1999, S. 584).
Es geht darum, Krisen in Unternehmen zu verstehen und zu antizipieren. In Greiners Modell werden die Phasen beschrieben, die ein wachsendes Unternehmen durchläuft. Dabei wird hier deutlich, dass Krisen etwas durchaus positives sind und ein Unternehmen voranbringen können. Larry E. Greiner hat das Modell ursprünglich 1972 mit 5 Phasen vorgestellt. Im Jahr 1998 hat er eine sechste Phase hinzugefügt (siehe Abb.: 2, S. 20).
Phase 1: Wachstum durch Kreativität
Diese Phase ist geprägt von wenigen Mitarbeitern, informelle Kommunikationsstrukturen herrschen vor und funktionieren perfekt. Mit der Einstellung neuer Mitarbeiter, dem Ausbau der Produktion und dem Zufluss von Kapital (Fremd- oder Eigenkapital) entsteht ein Bedarf an formeller Kommunikation. Die Phase endet mit der Führungskrise. Man benötigt professionelles Management, die Gründer müssen ihren Stil ändern und in eine neue Rolle schlüpfen. Oft stößt eine neue Person zum Management dazu .
Phase 2: Wachstum durch Führung
Formelle Kommunikation, die Einführung von Budgets und Aufteilung der einzelnen Zuständigkeiten wie Marketing oder Produktion auf Einzelpersonen prägen diese Phase. Irgendwann kommt der Moment, an dem die Produkte und Prozesse so zahlreich und komplex werden, dass eine Person alleine das Marketing, die Produktion oder die Finanzen nicht mehr bearbeiten kann. Diese Phase endet mit der Autonomiekrise in der neue Strukturen für das Delegieren erforderlich werden.
Phase 3: Wachstum durch Delegation
Die Abteilungsleiter haben in das Unternehmen Einzug gehalten. Viele Unternehmen bleiben in dieser Phase stecken, da die Manager bis dato als Problemlöser im operativen Prozess aufgetreten sind und nun diese Verantwortung abgeben müssen, loslassen müssen. Die Abteilungsleiter kämpfen mit der neu gewonnenen Verantwortung und ihrer Führungsrolle. Diese Phase endet mit der Kontrollkrise. Die Aufgaben der Geschäftsleitung werden anspruchsvoller, müssen neu definiert werden, die Abteilungen müssen sich spezialisieren und kooperieren.
Phase 4: Wachstum durch Koordination
Das Wachstum geht weiter mit reorganisierten Abteilungen. Es kann in dieser Phase passieren, dass die Bürokratie im Unternehmen das Arbeiten erschwert und so das Wachstum ins Stocken gerät. Diese Phase endet mit der Bürokratiekrise. Das Unternehmen braucht eine neue Kultur und Struktur.
Phase 5: Wachstum durch mehr Teamgeist
Die formelle Kontrolle und Steuerung in den Phasen 1-4 wird durch eine Matrix-Organisation ersetzt. Die Phase endet mit der Wachstumskrise. Weiteres Wachstum kann nur über Partnerschaften und komplementäre Organisationen erfolgen.
Phase 6: Wachstum durch Allianzen
Die erst später hinzugefügte sechste Phase deutet an, dass weiteres Wachstum nur über Firmenzusammenschlüsse, Outsourcing und Networking möglich wird.
Es wurde jedoch angemerkt, dass diese Krisen nicht zwingend im Spannungsfeld zwischen Alter und Größe einer Institution liegen müssen (vgl. Oechsler & Schormair, 1983, S. 3, zit. in Krystek & Moldenhauer, 2006, S. 48). Darüber hinaus gibt es auch andere Erklärungsansätze, wie sich Unternehmen durch Krisen entwickeln (z.B. in Albach, Bock, & Warnke, 1985; Wohlgemuth, 1984).
Thom (vgl. Thom & Ritz, 2007, S. 93) nennt drei Arten von Unternehmenskrisen:
- Liquiditätskrise – Drohende Zahlungsunfähigkeit führt zu Handlungsdruck, da sonst eine Insolvenz erfolgt.
- Erfolgskrise – Stellt eine Abweichung der IST-Werte von den SOLL-Werten dar, die z.B. aufgrund von Fehlentscheidungen im Management zustandekamen.
- Strategische Krise – Hier besteht mittel- und langfristig die Möglichkeit einer Unternehmensgefährdung. Wenn ein Handeln ausbleibt, dann führt diese Krise zu einer Erfolgs- oder Liquiditätskrise.
Zusammenfassend kann gesagt werden, das die Krise ein Ereignis darstellt, welches Veränderungen in Organisationen provoziert oder diese zum Handeln bringt.
2.3 Formen des geplanten Wandels
Organisationen verändern sich permanent, ohne dass dies bemerkt wird, es ist ungeplant. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem geplanten Wandel von Organisationen und wie man ihn gestalten kann. Dabei kann man zwei Dimensionen betrachten. Zum einen die Wandlungsintensität und zum anderen die zeitliche Komponente (vgl. Mohr, 2010, S. 9).
Hinsichtliche der Wandlungsintensität unterscheidet man den Wandel erster und zweiter Ordnung (vgl. Freiling, 2001, S. 48 f.; Levy & Merry, 1986, S. 3 f.). Bei ersterem vollzieht sich der Wandel innerhalb der vorgegebenen Organisationsstrukturen. Bei zweiterem wird dieser Rahmen verlassen (siehe Kap. 3.1, Tab.: 3, S. 18). Beide Formen sind als Extreme auf einem Kontinuum zu Verstehen. In der Praxis wird sich die Veränderung dazwischen wiederfinden (vgl. Egan, 2013, S. 325).
Dazu kommt eine zeitliche Komponente. Also das Verhältnis zwischen Durchführungszeitpunkt der Veränderung und dem Stimulus, z.B. der Krise (vgl. Spengler, 2009, S. 78). Im Normalfall kommt es zu einer Reaktion. Allen Beteiligten ist klar, dass die Notwendigkeit eines Wandels besteht. Es kann auch ein proaktiver Wandel sein, also ein vorbeugendes Handeln. Hier ist es jedoch notwendig, die Beweggründe zu verdeutlichen damit der Wandel Nachhaltig stattfindet (vgl. Mohr, 2010, S. 9).
Die folgende Kreuztabelle (Tab.: 4) bringt beide Dimensionen zusammen, sowohl die zeitliche, als auch die Verortung nach Intensität:
Tab.: 4 Typologie organisatorischer Veränderung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (nach D. A. Nadler & Tushman, 1995, S. 27; Wiesner, 2014, S. 22)
- Beim Tuning geht es darum eine Veränderung einzuleiten, ohne dass ein konkreter Auslöser vorhanden ist. Die Effizienz des Unternehmens soll dabei erhöht werden.
- Anpassungen – Sie treten als Reaktion ein, wenn sich die Umweltbedingungen bereits geändert haben, so dass ein Unternehmen mit potenziell negativen Folgen rechnen muss.
- Neuausrichtungen passieren normalerweise vor Beginn einer Veränderung. Die Organisation wird neu definiert, was Auswirkung auf die Vision, die Strategie usw. haben wird, weil eine zukünftige Umweltveränderung vermutet wird. Allerdings braucht es dafür einen visionären Führer, der diese Sicht für die Organisation vorwegnehmen kann.
- Neuaufbau – Im Gegensatz zur Neuausrichtung muss hier in relativ kurzer Zeit auf eine Krise reagiert werden.
(vgl. Jones, 2010; und D. A. Nadler & Tushman, 1995, S. 27 f.)
Reiß (vgl. 1997, S. 7 f.) findet eine andere Einteilung von Veränderungsprozessen. Er spricht von Strategiewandel, wenn es zu einer strategischen Neuorientierung kommt und von einem Ressourcenwandel, wenn es Veränderung in der Personalbesetzung oder den technischen Ressourcen gibt. Wenn Veränderungen auf der Ebene der der Aufbau- oder Ablaufstruktur vorliegen, spricht er von einem Strukturwandel. Aber in der Regel werden sich diese Veränderungen nicht auf diese Sektoren des Unternehmensgeschehens beschränkt sein, sondern sich auf das gesamte Unternehmen auswirken (ebd.).
Folgende Übersicht zeigt die in der Literatur gefundenen Phasenmodelle des Wandels (siehe Tab.: 5, S. 24). Sie weisen eine typische Dreiteilung auf, die erstmals bei Kurt Levin zu finden ist. Die späteren Autoren übernehmen diese Form, variieren jedoch in den Begrifflichkeiten (vgl. Siebert, 2006, S. 135).
Tab.: 5 Triadische Phasenmodelle in der Literatur
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.Schritt: Auftauen
Kurt Lewin (1942) stellte als Begründer der Aktionsforschung und Organisationsentwicklung (vgl. Staehle, 1999, S. 589) fest, dass es für Veränderungsprozesse notwendigerweise zunächst eine Phase der Destabilisierung bedarf, unfreezing / auftauen, damit die Veränderung überhaupt erst möglich werden. Dabei werden bis dahin gültige Gleichgewichte aufgelöst. Das heißt, der Leidensdruck wird erhöht, zum Beispiel durch eine Fehleranalyse oder öffentliche Kritik. Die Bereitschaft zur Veränderung soll geschaffen werden. (vgl. Siebert, 2006, S. 135)
2.Schritt: Ändern
In Phase zwei wird der Übergang gestaltet. Die Betroffenen sollen sich möglichst schnell dem neuen Status anpassen (moving). Unsicherheiten in diesem Prozess müssen eliminiert werden, damit Schritt drei möglich wird und es nicht zu einem Rückfall in alte Strukturen gibt (vgl. Siebert, 2006, S. 137).
3. Schritt: Verfestigen/ Stabilisieren
Das neu erreichte Gleichgewicht muss nun “eingefroren” (refreezing) werden. Es müssen Instrumente der formellen und informellen Belohnung und Bestrafung bei Abweichung vom neuen Konzept geschaffen werden (vgl. ebd.).
Weitere Vorstelllungen von Formen des geplanten Wandels, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann, zeigen Becker & Langosch (2002, S. 47 f.) mit ihrem Zyklus der Organisationsentwicklung bestehend aus einem Kreislauf von Diagnostik, Planung, Aktion und Auswertung.
Die fünf logischen Ebenen der Veränderung nach Dilts (1990), auch genannt “different levels of thinking and being”, zeigen die sich verändernde Umwelt (1), das Verhalten (2), die Fähigkeiten (3), das Wertesystem (4) und letztlich die Identität (5), wo Veränderung stattfinden muss.
Die fünf Disziplinen der Lernenden Organisation sind die individuelle Selbstverbesserung (1), Mentale Wahrnehmung (2), die gemeinsame Vision (3), Gruppenlernen (4) und das systemische Denken (Senge, 2010).
Zu guter Letzt schlägt Kotter (1996) folgende Vorgehensweise vor (zit. in JPConsulting, 2014):
1. Bewusstsein für die Dringlichkeit der Veränderung schaffen.
2. Verantwortliche mit Veränderungsbereitschaft gewinnen und zusammenbringen.
3. Die Zukunftsvision ausformulieren und eine Strategie entwickeln, wie sie dahin kommen.
4. Die Zukunftsvision bekannt machen.
5. Handeln im Sinne der neuen Vision und der Ziele ermöglichen.
6. Kurzfristige Erfolge planen und gezielt herbeiführen.
7. Erreichte Verbesserungen systematisch weiter ausbauen.
8. Das Neue fest verankern.
[...]
[1] Medical Literature Analysis and Retrieval System Online
[2] http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed
- Quote paper
- Jens-Uwe Knorr (Author), 2014, Gestaltung von Veränderungsprozessen bei Widerständen und Ambivalenzen. Eine Führungsaufgabe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439326
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