In einer Zeit des permanenten Wandels, in der die Komplexität der Umwelt ständig zunimmt, steht auch die öffentliche Verwaltung in der Pflicht, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen.
Sie muss sich vermehrt den steigenden Anforderungen von Bürgern oder Kunden an die Geschwindigkeit und die Qualität der Leistungserbringung stellen. Gleichzeitig nimmt der Kostendruck angesichts der dramatischen Haushaltslage zu. Daraus folgt, dass die öffentliche Verwaltung zugleich die Bürger-/ Kundenzufriedenheit erhöhen und Kosten reduzieren, Qualität verbessern und Effizienz steigern, Beschäftigungszufriedenheit erhöhen und Personal abbauen, neue Aufgaben wahrnehmen bzw. Aufgaben anders wahrnehmen und Aufgaben abgeben soll.
KÜHNLEIN/ WOHLFAHRT sprechen in diesem Zusammenhang auch vom Trilemma der öffentlichen Verwaltung, zugleich bürgerfreundlich, mitarbeiterorientiert und wirtschaftlich effizient agieren zu müssen.
Die angespannte Finanzsituation zwingt vor allem zu Einsparungen im Personalbereich, weil dieser den größten Kostenfaktor darstellt.
Die vorliegende Arbeit verfolgt daher zwei aufeinander aufbauende Zielsetzungen.
Es wird einerseits aufgezeigt werden, dass die öffentliche Verwaltung den Werteverwirklichungsbedürfnissen der Beschäftigten bedingt durch das von Max Weber geprägte Bürokratiemodell nicht gerecht werden kann, so dass ungenutzte Leistungspotenziale bestehen, die Ineffizienzen erkennen lassen.
Zur Aufdeckung und Nutzung dieser brachliegenden Leistungspotenziale wird darüber hinausgehend aufgezeigt werden, durch welche wertorientierten Maßnahmen der Personalentwicklung und Personalführung ein „fit“ zwischen den individuellen Tätigkeitsbedürfnissen und – bereitschaften der Beschäftigten – die maßgeblich durch den in diesem Zusammenhang dargestellten gesellschaftlichen Wertewandel geprägt sind - und den tatsächlichen verfügbaren Tätigkeitschancen hergestellt werden könnte.
Ergänzend wird ein auf diese Erkenntnisse aufbauendes Personalentwicklungsrahmenkonzept vorgestellt werden, welches die Beschäftigten einerseits unterstützt ihre Werteverwirklichungsbedürfnisse in Form von Tätigkeitschancen zu befriedigen und zudem durch die Freisetzung von brachliegenden Leistungspotenzialen die Effizienz und Effektivität der öffentlichen Verwaltung steigern könnte.
Gleichwohl darf es sich hierbei nur um ein Rahmenkonzept handeln, dessen konkrete Ausgestaltung von den jeweils vorliegenden situativen Bedingungen abhängen wird.
Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Veränderte gesellschaftliche Wertorientierungen als Ausgangspunkt der daraus resultierenden Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Die öffentliche Verwaltung – Bürokratie im
21. Jahrhundert
2.1 Einführung
2.2 Der Idealtypus der Bürokratie - Historische Grundlagen
2.3 Veränderte Anforderungen an die öffentliche Verwaltung (Bürokratiekritik)
2.4 Ausgewählte Problemfelder im Personalmanagement der öffentlichen Verwaltung
2.4.1 Leistungsmotivation
2.4.2 Anreiz- und Belohnungsstrukturen
2.5 Fazit
3 Die Beschäftigten als „kritischer“ Faktor in der öffentlichen Verwaltung
3.1 Einführung
3.2 Personalführung als Schwachstelle in der öffentlichen Verwaltung
3.2.1 Der Führungsbegriff – Charakterisierung
3.2.2 Der bürokratische Führungsstil
3.2.3 Werteverwirklichung durch zielorientierte Führung
3.2.4 Führung als Interaktionsprozess
3.2.5 Folgerungen für den Führungsprozess in der
öffentlichen Verwaltung in Bezug auf die Personalentwicklung
3.3 Personalentwicklung als Voraussetzung effizienten und effektiven Verwaltungshandelns
3.3.1 Begriffsbestimmung Personalentwicklung und Abgrenzung zur Organisationsentwicklung
3.3.2 Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung
3.3.3 Qualifizierung als zentrales Element der Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung
3.3.4 Chancen und Risiken ausgewählter Instrumente zur Ermittlung des Personalentwicklungsbedarfs in der öffentlichen Verwaltung
3.3.4.1 Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil
3.3.4.2 Leistungs- und Potenzialbeurteilung
3.3.4.3 Mitarbeiterbefragung
3.3.4.4 Mitarbeitergespräche
3.3.4.5 Assessment-Center
3.3.4.6 Weitere Instrumente zur Bestimmung des Personalentwicklungsbedarfs
3.3.5 Ausgewählte Instrumente zur Umsetzung eines ermittelten Personalenwicklungsbedarfs in der öffentlichen Verwaltung
3.3.5.1 Sonderaufträge und Stellvertretung
3.3.5.2 Projektarbeit
3.3.5.3 Rotation
3.3.6 Fazit
4 Ein praxisorientiertes Beispiel zur
Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung
auf der Basis eines Mentoring-Projektes
4.1 Konzeptionelle Grundlagen und Voraussetzungen
4.1.1 Begriffsbestimmung „Mentoring“
4.1.2 Auswahl der Projektteilnehmer
4.2 Inhalte
4.3 Wirkung
5 Schlussbetrachtung
Anhang
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Leistungsbereitschaft für „ganz besonders wichtig“ halten - Anteil der Zustimmung in %
Darstellung 2: Erziehungsziele im Wandel – Anteil der Zustimmung in %
Darstellung 3: Wertorientierungen der Jugend (Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren)
Darstellung 4: Wertorientierungen der Jugend 1987/88 und (Alte Länder: Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren; Mittelwerte 1-7)
Darstellung 5: Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Darstellung 6: Das „Geheimnis“ der Aktualisierung von Leistungsbereitschaften
Darstellung 7: Veränderte Anforderungen an den öffentlichen Sektor
Darstellung 8: Einschätzung der persönlichen Arbeitsbelastung im öffentlichen Dienst
Darstellung 9: Angaben zur gewünschten persönlichen Arbeitsbelastung im öffentlichen Dienst
Darstellung 10: Fragestellungen in verhaltensorientierten Ansätzen
Darstellung 11: Probleme der verhaltensorientierten Ansätze
Darstellung 12: Führung in Abhängigkeit von der spezifischen Situation
Darstellung 13: Inhalt und Reihenfolge der Fragen zur zielorientierten Führung
Darstellung 14: Personalentwicklung im wechselseitigen Spannungsfeld
Darstellung 15: Instrumente zur Ermittlung des Personalentwicklungsbedarfs
Darstellung 16: Mentoringkonzeption
Darstellung 17: Beeinflussbarkeit, Bedeutung und Maßnahmenbeginn in den Kompetenzbereichen
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Förderungsmöglichkeiten unternehmerischer Personalentwicklung 92
1 Einleitung
Der gesellschaftliche Wertewandel wirkt sich auf die Bedeutung der Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung und damit zugleich entscheidend auf die Rolle der Führungskraft in Bezug auf ein effizientes und effektives Verwaltungsmanagement aus.
Im nachfolgenden Kapitel 1.1 wird dieser Zusammenhang schrittweise erarbeitet werden.
Ausgangspunkt bildet ein Zitat nach WUNDERER, welches die Entwicklung gesellschaftlicher Werteveränderungen im Zeitablauf vereinfacht beschreibt. Dieses Zitat wird im weiteren Verlauf des Kapitels 1.1 einer kritischen Überprüfung hinsichtlich seiner Zustimmungsfähigkeit in unserer heutigen Zeit unterzogen. Zu diesem Zweck werden zunächst die elementaren Begrifflichkeiten „Wertewandel“ und „Werte“ definiert. Sie bilden eine Voraussetzung für das Verständnis der dann folgenden Ausführungen, die u. a. die grundlegenden Tendenzen in Bezug auf gesellschaftliche Werteveränderungen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsbereich behandeln. Zur besseren Verdeutlichung erkannter tendenzieller Entwicklungen werden in diesem Rahmen die Erziehungsziele der Jugend unter statistischer Einbeziehung der
14. Shell-Jugendstudie 2002 herangezogen. Unter dann folgendem Rückgriff auf bis dahin hergeleitete Erkenntnisse wird sodann das Eingangs im Kapitel 1.1 angeführte Zitat nach WUNDERER einer kritischen Betrachtung unterzogen und darauf aufbauend die Problemstellung formuliert werden, bevor Kapitel 1.2 die aus der Problemstellung hervortretende grundlegende Zielsetzung –nebst deren Grenzen- aufzeigen wird.
Das Kapitel 1 schließt mit einer Beschreibung der Vorgehensweise im Hinblick auf eine ganzheitliche Bearbeitung des Gesamtthemenkomplexes ab.
1.1 Veränderte gesellschaftliche Wertorientierungen als Ausgangspunkt der daraus resultierenden Problemstellung
„Klassische Arbeitstugenden wie Fleiß, Ordnung und Pflichterfüllung haben zugunsten von Werten wie Selbstständigkeit und Sinnerfüllung an Bedeutung verloren.“[1]
Der gesellschaftliche Wertewandel wird in der öffentlichen Diskussion zunehmend als Erklärungsansatz für erhebliche gesellschaftliche Veränderungen in den letzten Jahrzehnten seit den 50er bzw. 60er Jahren in Anspruch genommen. Von Wertewandel wird hierbei gesprochen, „wenn sich neue Werte in der Gesellschaft bilden, andere verschwinden oder wenn die Intensität einzelner Werte zu- oder abnimmt bzw. deren Rangordnung sich ändert.“[2]
Hierbei regulieren Werte die Wahrnehmung und das Verhalten von Personen oder Gruppen. „Sie beeinflussen die Auswahl der zugänglichen Weisen, Mittel und Ziele des Handelns und dienen als Ordnungskonzept für menschliches Verhalten.“[3]
Werte geben den Menschen somit einen grundlegenden Orientierungsrahmen.[4]
Das bedeutet letztendlich, dass der gesellschaftliche Wertewandel eine Veränderung der Orientierungen der Gesellschaft beschreibt und das Verhalten der Menschen maßgeblich beeinflusst.
Nach BECK kann der gesellschaftliche Wertewandel als eine Begleiterscheinung eines gesellschaftlichen Individualisierungsprozesses verstanden werden, der als fortschreitende Herauslösung des Menschen aus kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Bindungen hin in Richtung eines erweiterten Handlungsspielraumes mit der Tendenz zur Zunahme individueller Kompetenz, Eigenverantwortung sowie Selbstständigkeit beschrieben wird.[5]
Für den Arbeitsbereich weist KLAGES darauf hin, dass durch die Zunahme der Selbstentfaltungswerte, die Leistungsbereitschaft grundsätzlich nicht abgenommen habe, diese jedoch unter der Bedingung stehe als sinnvoll bzw. befriedigend erscheinen zu müssen. Unter diesem Aspekt möchten vor allem junge Mitarbeiter[6] über Handlungsspielräume und Entscheidungsspielräume verfügen und sich nicht nur entsprechend pflichtgemäßer Weisung verhalten.[7]
Insgesamt stellt KLAGES eine Pluralisierungstendenz fest, wonach der gesellschaftliche Wertewandel eine tendenzielle „autozentrische“ Mentalität begünstige.[8]
Charakteristisch für diese Mentalität ist eine
„weitgehende „Entnormativierung“ (…) des Denkens, Fühlens, Wertens und Verhaltens, die mit einem stark vermehrten Bedürfnis nach einer persönlichen Entscheidung und Gestaltung entspringenden Lebensführung auf allen Gebieten Hand in Hand geht. (…) Grob gesagt fühlt man sich grundsätzlich dazu berechtigt, das zu tun, was man selbst aufgrund eigener Einsicht für richtig hält und was einem im Sinne der Selbstverwirklichung befriedigt.“[9]
Ein leistungsorientiertes Verhalten wird unter der Prämisse dieser Wertorientierungen dann nur noch dort zu erwarten sein, wo Bedürfnisse nach Kreativität, nach der Verwirklichung individueller Sinnvorstellungen und nach der Auslebung eigener Fähigkeiten, Bedürfnisse und Neigungen innerhalb vorhandener situativer Rahmenbedingungen verwirklicht werden können.[10]
Dieser Anspruch erscheint jedoch in bürokratischen Organisationen –insbesondere in der öffentlichen Verwaltung- schwer zu verwirklichen zu sein, da die mit den autozentrischen Grundorientierungen ins Leben getretenen Erwartungen und Werteverwirklichungsbedürfnisse (z.B. Einräumung von Handlungsspielräumen sowie Übertragung weitgehender Entscheidungsbefugnisse u. a.) z. B. nicht mit dem streng hierarchischen Aufbau der öffentlichen Verwaltung in Einklang zu bringen zu sein scheinen. Fraglich bleibt zunächst auch, ob sich dies unbedingt zwingend auf die Leistungsbereitschaft der jeweiligen Mitarbeiter auswirkt. Diese Frage wird im Kapitel 2 erneut aufgegriffen werden.
Ungeachtet dessen haben entsprechend der Darstellung 1 Untersuchungen zur Bedeutung der Leistungsbereitschaft über einen Zeitraum von 1983 bis 1999 ergeben, dass nach einem kontinuierlichen Anstieg von 1986 bis 1995 zwar eine geringfügige Abnahme verzeichnet werden kann, die Leistungsbereitschaft im Jahr 1999 aber immer noch von fast 50% für „ganz besonders wichtig“ in der Arbeitswelt erachtet und somit als besonders erstrebenswert identifiziert wird.[11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 1: Leistungsbereitschaft für „ganz besonders wichtig“ halten –
Anteil der Zustimmung in %
Quelle: Düntgen, Alexandra 2002, S. 23.
Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass Leistungsbereitschaft für „ganz besonders wichtig“ halten nicht gleichbedeutend ist mit „leistungsbereit sein“.
DUNCKER weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass vor allem die jüngere Generation ab 20 Jahren dazu beigetragen habe, dass die Leistungsbereitschaft in den letzten Jahren wieder eine zentrale Rolle im gesamtdeutschen Wertespektrum eingenommen habe.[12] Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die Leistungsbereitschaft in Abhängigkeit zum Bildungsniveau steht: je höher der Bildungsgrad der Befragten ist, desto höher ist auch deren Leistungsbereitschaft. DUNCKER vermutet, dass eine höhere Bildungsstufe mit der damit in den meisten Fällen einhergehenden besseren beruflichen Stellung zu einer höheren Motivation führt.[13] Aus dieser Sichtweise wäre demnach zu vermuten, dass die Leistungsbereitschaft in der öffentlichen Verwaltung steigt, je höher ein Mitarbeiter hierarchisch eingegliedert ist.
Diese These wird im 2. Kapitel ebenfalls erneut aufgegriffen werden.
Nachdem an dieser Stellen nunmehr die „jüngere“ Generation als für den gesellschaftlichen Wertewandel relevant angeführt wurde, erscheint es sinnvoll sich mit Erziehungszielen sowie aktuellen Wertorientierungen der Jugend auseinanderzusetzen, um ein Verständnis für den Wertewandel im Zeitablauf zu erlangen.
Die Darstellung der Erziehungsziele kann als Indikator für die Entwicklung in Bezug auf den Wertaspekt „Arbeit“ herangezogen werden, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Angaben zu den jeweiligen Erziehungszielen nicht nur die tatsächlich beobachtbaren Erziehungspraktiken widerspiegeln, sondern vielmehr als projektiver Ausdruck für eigene Werthaltungen interpretiert werden können.[14]
Aus diesem Grunde eignet sich der in Darstellung 2 dargestellte Zeitreihenvergleich der Erziehungszielwerte, die allgemeine Tendenz des Wertewandels wiederzugeben, da sie zum einen Selbstständigkeit und freien Willen und damit auf das „Selbst“ gerichtete Werte abdecken und andererseits jedoch ebenso Werte wie Gehorsam und Unterordnung enthalten. Sie reflektieren somit auch traditionell kollektivorientierte Werte.[15]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 2: Erziehungsziele im Wandel – Anteil der Zustimmung in %
Quelle: Düntgen, Alexandra 2002, S. 43.
Untersucht wurde hierbei an Hand der dargestellten Zeitreihen, ob sich bestimmte Trends erkennen lassen, die den bisherigen (o. a.) Ausführungen zum gesellschaftlichen Wertewandel entsprechen. Hierbei ist auffällig, dass die Werte „Selbstständigkeit“ und „Gehorsam“ in den 50er und 60er Jahren relativ stabil waren, während in den späten 60er und frühen 70er Jahren ein entscheidender Wandel einsetzte. Der Erziehungswert „Gehorsam und Unterordnung“ verlor in dieser Zeit stark an Bedeutung, wobei zugleich „Selbstständigkeit und freier Wille“ nachhaltig an Bedeutung dazu gewann. In diesem Zusammenhang ist weiterhin auffällig, dass die Erziehungsziele „Gehorsam und Unterordnung“ sowie „Ordnung und Fleiß“ seit den 80er Jahren auf einem geringen bzw. mittleren Niveau stagnieren, während das Erziehungsziel „Selbstständigkeit und freier Wille“ nahezu stetig angestiegen ist.
Diese Veränderung lässt deutlich erkennen, dass in der Bevölkerung ein Wandel der Wertorientierungen stattgefunden hat. Traditionelle „restriktiv-autoritäre“ Werte haben abgenommen, während Autonomie und Selbstständigkeit an Bedeutung gewonnen haben.[16]
„Da davon ausgegangen wird, dass die Erziehungsziele die eigenen Werthaltungen reflektieren, ist zu vermuten, dass bei den Befragten selbst der Wunsch nach Selbstständigkeit und freiem Willen in den Vordergrund gerückt ist und dieser über den familialen Bereich hinaus z. B. auch in die Arbeitswelt hineinwirkt.“[17]
Dies wird im Wesentlichen auch durch die Ergebnisse der 14. Shell Jugendstudie 2002 bestätigt, welche die Wertorientierungen der Jugend untersucht. Darstellung 3 gibt nachfolgend einen Überblick über die Bedeutung verschiedener Wertorientierungen für die Lebensgestaltung bei Jugendlichen.
Es wird deutlich, dass die Wertorientierungen „Freundschaft“ „Partnerschaft“ und „Eigenverantwortung“ (addierte Werte 5-7 auf einer Skala von 1 <unwichtig> bis 7 <außerordentlich wichtig>) die übergreifenden Grundwerte der Jugend darstellen.[18] In der Bedeutung folgt sodann eine zweite Wertegruppe bestehend aus den Wertorientierungen „Wunsch nach Kreativität“, „Bereitschaft Gesetz und Ordnung“ zu akzeptieren sowie dem „Streben nach Unabhängigkeit“ und „Sicherheit“, welche mindestens ca. 80 % der Jugendlichen als wichtig erachten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 3: Wertorientierungen der Jugend
(Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren)
Quelle: modifiziert nach der 14. Shell Jugendstudie 2002 – Infratest Sozialforschung.
Auf Grund der Tatsache, dass „Kreativität“ und „Unabhängigkeit“ in etwa den gleichen Stellenwert einnehmen wie das Bedürfnis nach „Sicherheit“ und die Bereitschaft „Gesetz und Ordnung“ zu respektieren, verdeutlicht, dass das Negativszenario des gesellschaftlichen Wertewandels nicht eingetreten ist, da Aspekte der Selbstentfaltung im Einklang mit denen der Selbstzurücknahme stehen.[19]
Eine dritte Wertegruppe, die ca. 76% der Jugendlichen als wichtig erachten beinhaltet die Wertorientierung „Fleiß und Ehrgeiz“. Dies deckt sich mit der o. g. Erkenntnis bezüglich der Anerkennung der Wichtigkeit von „Leistungsbereitschaft“ für die Arbeitswelt (siehe Darstellung 1). Einen deutlichen Unwert stellt hingegen die Orientierung auf Konformität dar: „Das tun was andere tun“. Dies korrespondiert mit dem hohen Stellenwert persönlicher Eigenverantwortlichkeit.[20]
Die bisherigen Aussagen lassen jedoch insgesamt noch keinen Rückschluss auf die Entwicklung der Wertorientierungen der Jugendlichen im Zeitablauf zu. Die nachfolgende Darstellung 4 zeigt daher einen Vergleich der Jahre 1987/88 und 2002.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 4: Wertorientierungen der Jugend 1987/88 und 2002
(Alte Länder: Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren;
Mittelwerte 1-7)
Quelle: modifiziert nach der 14. Shell Jugendstudie 2002 – Infratest Sozialforschung.
Die Wertorientierungen Partnerschaft und Familie stehen weiterhin ganz oben in der Rangreihe. Bemerkenswert ist auch, dass „Fleiß und Ehrgeiz“ sich in der Rangreihe insgesamt von Platz 15 auf Platz 9 verbesserte. Dies lässt in Bezug auf die Arbeitswelt für die Zukunft vermuten, dass die o. g. Leistungsbereitschaft weiter ansteigen wird, da diese sich letztendlich aus der Wertorientierung „Fleiß und Ehrgeiz“ ableitet. Der Prioritätenwechsel der Jugend zu Gunsten der Leistungsorientierung, ist ein deutliches Zeichen der Umorientierung.[21]
Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die Veränderungen der Wertorientierungen der Jugendlichen sagen, dass leistungs-, macht- und anpassungsbezogene Wertorientierungen zu und engagementbezogene (ökologisch, sozial, politisch) tendenziell abnehmen.[22]
Die 14. Shell Jugendstudie 2002 spricht in diesem Zusammenhang von einer „Pragmatisierung“ in dem Sinne, dass eine Verschiebung der Prioritäten der Jugendlichen zur persönlichen Bewältigung konkreter und praktischer Probleme weg von übergreifenden Zielen der Gesellschaftsreform stattfindet.[23]
Unter Berücksichtigung der bisherigen Ausführungen erscheint das dieses Kapitel einleitende Zitat nach WUNDERER daher eher fraglich, da insbesondere die 14. Shell Jugendstudie 2002 den Nachweis führt, dass Wertorientierungen wie z. B. „Fleiß und Ehrgeiz“ eben nicht an Bedeutung verloren haben, sondern vielmehr wieder in den Fokus der beobachtbaren Veränderungen der Wertorientierungen rücken.
Auch die von KLAGES geprägte Formel (die eine Trendrichtung in Bezug auf den gesellschaftlichen Wertewandel beschreibt) „Von Unterordnungs- und Fügsamkeitswerten zu Selbstentfaltungswerten“[24] scheint die Bedeutung veränderter Wertorientierungen unter diesem Gesichtspunkt nur verkürzt darzustellen. Dem Begriff der „Selbstentfaltungswerte“ gelingt es nicht die Facetten des gesellschaftlichen Wertewandels vollumfänglich zu erfassen, so dass eine Beachtung der Auswirkungen auf die Arbeitswelt nur schwer möglich wird.
Insbesondere die Ausführungen zu den Erziehungszielen und zu den Wertorientierungen der Jugend haben gezeigt, dass die Beschäftigten
– und dies gilt sowohl für die Privatwirtschaft als auch für die öffentliche Verwaltung – von sich wandelnden Einstellungen zur Arbeitswelt und auch neuen Ansprüchen an sich selbst erfasst werden. Diese Veränderungen zeigen sich u. a. im Streben nach sinnhaften, verantwortungsvollen Aufgaben, nach persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten im Beruf und entsprechenden kreativen Handlungs- und Entscheidungsspielräumen. Dies schließt den Zugang zu den dafür zwingend erforderlichen Informationen mit ein.
„Es entsteht (…) vielfach eine neue Form der Leistungsbereitschaft, in welcher der Wunsch nach arbeitsinhaltlichen Bezügen, ganzheitlichen und problemorientierten Anforderungen sowie sozialer Kommunikations- und Interaktionschancen in eher kleinen teamartig-professionellen Organisationsstrukturen mit Entscheidungsrechten aller Mitglieder gegenüber instrumentellen Aspekten wie Status- und Einkommenszuwachs an Bedeutung zunimmt.“[25]
Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass Wertorientierungen wie „Partnerschaft“, „Freundschaft“ und „Familienleben“ auch (wie oben gezeigt) weiterhin einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft einnehmen, so dass die daraus resultierende Freizeitorientierung für den Bereich der Arbeitswelt Beachtung finden muss. Hier ist demnach ein hohes Maß an Arbeitszeitflexibilität gefordert.
Nach alledem stellt sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit die zentrale Frage, inwieweit die öffentliche Verwaltung den hier herausgearbeiteten Herausforderungen bezüglich eines veränderten gesellschaftlichen Werteklimas und dessen Berücksichtigung in der Arbeitswelt tatsächlich gewachsen ist. Es gilt daher einerseits zu klären, ob die öffentliche Verwaltung die hierfür erforderlichen strukturellen Voraussetzungen überhaupt erfüllt (vgl. Kapitel 2) und andererseits aufzuzeigen, durch welche wertorientierten Maßnahmen der Personalführung
(vgl. Kapitel 3.2) und Personalentwicklung (vgl. Kapitel 3.3) den Werteverwirklichungsbedürfnissen der Mitarbeiter innerhalb der vorhandenen bürokratischen Strukturen angemessen Rechnung getragen werden kann.
Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass es Ziel jeder Organisation sein muss, die Effizienz des Personals zu erhöhen, da ansonsten ungenutzte Mitarbeiterpotenziale brachliegen und somit für den Arbeitsprozess nicht nutzbar sind.
1.2 Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit verfolgt zwei aufeinander aufbauende Zielsetzungen.
Es wird einerseits aufgezeigt werden, dass die öffentliche Verwaltung den Werteverwirklichungsbedürfnissen (wie in Kapitel 1.1 dargestellt) der Beschäftigten bedingt durch das von Max Weber geprägte Bürokratiemodell nicht gerecht werden kann, so dass ungenutzte Leistungspotenziale bestehen, die Ineffizienzen erkennen lassen.
Zur Aufdeckung und Nutzung dieser brachliegenden Leistungspotenziale wird darüber hinausgehend aufgezeigt werden, durch welche wertorientierten Maßnahmen der Personalentwicklung und Personalführung ein „fit“ zwischen den individuellen Tätigkeitsbedürfnissen und – bereitschaften der Beschäftigten – die maßgeblich durch den dargestellten gesellschaftlichen Wertewandel geprägt sind - und den tatsächlichen verfügbaren Tätigkeitschancen hergestellt werden könnte.
Darauf aufbauend soll ein Personalentwicklungsrahmenkonzept erstellt werden, welches die Beschäftigten einerseits unterstützt ihre Werteverwirklichungsbedürfnisse in Form von Tätigkeitschancen zu befriedigen und zudem durch die Freisetzung von brachliegenden Leistungspotenzialen die Effizienz und Effektivität der öffentlichen Verwaltung steigern könnte (vgl. Kapitel 4).
Gleichwohl darf es sich hierbei nur um ein Rahmenkonzept handeln, dessen konkrete Ausgestaltung von den jeweils vorliegenden situativen Bedingungen abhängen wird, da zu vermuten ist, dass regional betrachtet z. B. erheblich Unterschiede in der Finanzmittelausstattung oder auch in der Schwerpunktsetzung bestehen (z. B. Ordnungs- oder Leistungsverwaltung).
Das zu entwickelnde Konzept richtet sich zudem vorwiegend an leistungsbereite Beschäftigte, da die ansonsten notwendige Auseinandersetzung mit materiellen und immateriellen Leistungsanreizen nicht expliziter Gegenstand dieser Arbeit sein soll.
1.3 Vorgehensweise
Nachdem in den vorhergehenden Kapiteln sowohl die Ausgangslage als auch die grundlegende Intention der vorliegenden Arbeit aufgezeigt wurde, vermittelt das nachfolgende Kapitel 2 nunmehr grundsätzliche Erkenntnisse in Bezug auf bürokratische Strukturen. Nach einer Einführung in das Thema (Kapitel 2.1) werden die wesentlichen historischen Wurzeln des Bürokratiemodells kurz im Kapitel 2.2 dargestellt, bevor im sich anschließenden Kapitel 2.3 eine kritische Würdigung des Bürokratiemodells in Bezug auf die öffentliche Verwaltung des 21. Jahrhunderts folgt. Aus dieser dort formulierten Bürokratiekritik lassen sich sodann vielfältige Problemfelder ableiten. Im Kapitel 2.4 werden daher beispielhaft zwei als durch die Öffentlichkeit wahrgenommene Problemfelder diskutiert. Das Kapitel 2 endet schließlich mit einem Fazit (Kapitel 2.5), welches die im Wesentlichen gewonnen Erkenntnisse resümiert.
Darauf aufbauend liegt der Schwerpunkt des 3. Kapitels auf den Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung, die in diesem Zusammenhang als „kritischer Faktor“ identifiziert werden. Im Rahmen der weiteren Vorgehensweise wird zunächst die Problematik der Personalführung in der öffentlichen Verwaltung behandelt (Kapitel 3.2). Dies umfasst sowohl die Charakterisierung des Führungsbegriffs an sich als auch die grundsätzliche Erörterung des in der öffentlichen Verwaltung vorherrschenden Führungsstils. In Abgrenzung zu diesem eher eindimensionalen und aufgabenorientierten bürokratischen Führungsstil wird anschließend die zielorientierte Führung nach ULLRICH & GEBERT als ein innovatives Konzept der Personalführung vorgestellt, das neben der sachgerechten Erfüllung der Arbeitaufgabe auch die individuellen Wertorientierungen der Beschäftigten aktiv in den Führungsprozess integriert. Darauf aufbauend wird zudem dargestellt werden, dass Führung nicht als ein einseitig ausgerichteter Prozess, sondern vielmehr als wechselseitiger Interaktionsprozess zwischen allen Beteiligten verstanden werden muss. Die insgesamt im Kapitel 3.2 gewonnenen Erkenntnisse werden zum Abschluss des Kapitels in Bezug auf die Auswirkungen auf den Führungsprozess in der öffentlichen Verwaltung unter Einbeziehung zielgerichteter Personalentwicklungsmaßnahmen zusammengefasst und ausgewertet.
Damit der wechselseitige Wirkungskreis zwischen Personalführung und Personalentwicklung letztendlich geschlossen werden kann, erfolgt daran anknüpfend eine Auseinandersetzung mit dem weiten Feld der Personalentwicklung (Kapitel 3.3). Diesbezüglich erfolgt zunächst eine Abgrenzung zur Organisationsentwicklung, der ein grundsätzliches Aufzeigen der besonderen Bedeutung der Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung und daran anknüpfend eine Erörterung der Notwendigkeit der Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung folgt. In diesem Kontext werden sodann ausgewählte Instrumente zur Bestimmung und Umsetzung des Personalentwicklungsbedarfs aufgegriffen. Das Kapitel 3.3 schließt im Anschluss daran mit einem kurzen Resümee ab.
Aus einem Teil der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse wird abschließend im Kapitel 4 ein Personalentwicklungsrahmenkonzept (Mentoring-Projekt) hergeleitet, welches sich an leistungsorientierte Potenzialträger der öffentlichen Verwaltung richtet. Im Kapitel 4.1 werden in diesem Zusammenhang sowohl die konzeptionellen Grundlagen eines „Mentoring-Projektes“ als auch die Problematik der Auswahl der Projektteilnehmer erarbeitet. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich dieses beispielhafte Personalentwicklungsrahmenkonzept ausschließlich an leistungsorientierte Potenzialträger der öffentlichen Verwaltung richten soll. Darüber hinaus werden im Kapitel 4.2 die wesentlichen Inhalte des Projektes geschildert. Dies umfasst im Besonderen die Zusammenstellung und wechselseitige Abstimmung verschiedener Personalentwicklungsinstrumente. Die im Ergebnis mit dem
Mentoring-Projekt erzielbaren positiven Auswirkungen für die öffentliche Verwaltung und die Projektteilnehmer werden sodann im Kapitel 4.3 dargelegt.
Im Kapitel 5 werden abschließend die wesentlichen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit im Hinblick auf deren Zielsetzung
(Kapitel 1.2) formuliert.
2 Die öffentliche Verwaltung – Bürokratie im 21. Jahrhundert
2.1 Einführung
In einer Zeit des permanenten Wandels, in der die Komplexität der Umwelt ständig zunimmt, steht auch die öffentliche Verwaltung in der Pflicht, sich an Veränderungsprozessen zu beteiligen.
Sie muss sich vermehrt den steigenden Anforderungen von Bürgern oder Kunden an die Geschwindigkeit und die Qualität der Leistungserbringung stellen. Gleichzeitig nimmt der Kostendruck angesichts der dramatischen Haushaltslage zu. Daraus folgt, dass die öffentliche Verwaltung zugleich die Bürger-/ Kundenzufriedenheit erhöhen und Kosten reduzieren, Qualität verbessern und Effizienz steigern, Beschäftigungszufriedenheit erhöhen und Personal abbauen, neue Aufgaben wahrnehmen bzw. Aufgaben anders wahrnehmen und Aufgaben abgeben soll.[26]
KÜHNLEIN/ WOHLFAHRT sprechen in diesem Zusammenhang auch vom Trilemma der öffentlichen Verwaltung, zugleich bürgerfreundlich, mitarbeiterorientiert und wirtschaftlich effizient agieren zu müssen.[27]
Die angespannte Finanzsituation zwingt vor allem zu Einsparungen im Personalbereich, weil dieser den größten Kostenfaktor darstellt.[28]
Dies wird insbesondere auch aus der nachfolgenden Grafik ersichtlich, die einen Überblick über die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im öffentlichen Dienst für den Zeitraum vom
30. Juni 1995 bis 30. Juni 2003 gibt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 5: Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Quelle: modifiziert nach Statistisches Bundesamt Deutschland 2004.[29]
Es wird deutlich, dass zumindest seit 1995 ein kontinuierlicher Stellenabbau im öffentlichen Dienst stattfindet und parallel dazu der Anteil der Teilzeitbeschäftigten kontinuierlich angestiegen ist. Dies bedeutet jedoch auch, dass auf Grund der gleichzeitigen Zunahme der Aufgabenkomplexität und -vielfalt zur Bewältigung derselben, zwingend eine Steigerung der Effizienz der vorhandenen Beschäftigten erforderlich wird.
Dies ist allerdings nicht nur von der latenten Leistungsfähigkeit der Beschäftigten abhängig, sondern zunächst vielmehr von einer möglichst weitgehenden Übereinstimmung von individuellen Tätigkeitsbedürfnissen und –bereitschaften mit den vorhandenen Tätigkeitschancen in der öffentlichen Verwaltung[30]. Dieser Zusammenhang wird in nachfolgender Darstellung 6 nochmals grafisch aufbereitet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 6: Das „Geheimnis“ der Aktualisierung von Leistungsbereitschaften
Quelle: modifiziert nach Klages, Helmut 1998, S. 84.
Je höher die Übereinstimmung ist, desto höher ist auch die tendenziell zu erwartende Leistung, da dadurch Realisationsmöglichkeiten in konkreten Tätigkeitsfeldern geschaffen werden, in denen sich ein motivierter Leistungsvollzug unter Berücksichtigung individueller Wertvorstellungen weitgehend ungehindert entfalten kann.[31]
Zu klären wäre nunmehr im Rahmen der Themenstellung, durch welche Maßnahmen der Personalentwicklung und Personalführung eine solche Übereinstimmung auch tatsächlich erzielt werden könnte.
Bereits im Rahmen der Formulierung der Problemstellung dieser Arbeit (vgl. Kapitel 1.1) wurde dargestellt, dass u. a. die Berücksichtigung der Werteverwirklichungsbedürfnisse der Beschäftigten maßgebliche Voraussetzung ist, um den dort aufgezeigten Herausforderungen bezüglich eines veränderten gesellschaftlichen Werteklimas gewachsen zu sein. Mithin müssen die entsprechenden Tätigkeitschancen zunächst zur Verfügung gestellt werde, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg sind.[32] Eine Erhöhung der Effizienz der Beschäftigten setzt somit zunächst die Realisierung bzw. zumindest eine Annäherung an deren Werteverwirklichungsbedürfnisse voraus.
Aus dieser Sichtweise wird daher nachfolgend zunächst aufgezeigt werden, inwieweit und ob überhaupt die vorherrschenden bürokratischen Strukturen der öffentlichen Verwaltung den genannten Herausforderungen gerecht werden können und zudem den Anspruch erheben können weiterhin zeitgemäß und sachgerecht zu sein.
Erst wenn dies geklärt ist, kann beurteilt werden durch welches Führungsverhalten und durch welche Maßnahmen der Personalentwicklung innerhalb vorhandener Strukturen ein Beitrag zur Werteverwirklichung der Beschäftigten, zum Schaffen von Tätigkeitschancen und letztendlich zur Steigerung der Effizienz der Beschäftigten und damit des Verwaltungshandelns geleistet werden könnten.
2.2 Der Idealtypus der Bürokratie - Historische Grundlagen
Als MAX WEBER zu Beginn des 20. Jahrhunderts sein idealtypisches Bürokratiemodell entwickelte, hatte er in erster Linie die Realisierung einer „legaler Herrschaftsordnung“ im Sinn, die ein hohes Maß an Rationalität aufweisen sollte.[33]
WEBER gab mit seinem Idealtypus der bürokratischen Verwaltung eine Antwort auf die Gesellschaftssituation seiner Zeit, die gekennzeichnet war durch einen stetig wachsenden Verwaltungsapparat. Die der Entwicklung des Bürokratiemodells zu Grunde liegende Leitidee war der damals neben Institutionen ebenfalls das gesellschaftliche Weltbild und praktischen Lebensalltag stark prägende Rationalismus.[34]
„Die Bürokratie ist rationalen Charakters: Regel, Zweck, Mittel, sachliche Unpersönlichkeit prägen ihre Gebaren.“[35]
Die bürokratische Verwaltung wird demnach nach national gesatztem Recht und rational erdachten Reglementen bestimmt.[36]
Das Verwaltungshandeln sollte allen ein Höchstmaß an Rechtmäßigkeit, Gleichbehandlung und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen garantieren. MAX WEBER hat daher auf der Basis verschiedener Prinzipien ein Organisationsmodell entwickelt, dass den genannten Anforderungen in besonderem Maße genügt. Zu diesen Prinzipien zählen im Wesentlichen fünf strukturelle Merkmale.
Hierzu gehören zunächst eine festgelegte Autoritätshierarchie als Grundlage eines festen Systems vertikaler Kommunikationslinien (Dienstwege) die eingehalten werden müssen. Ferner gibt es eine auf Spezialisierung beruhende Arbeitsteilung und ein System von Regeln und Richtlinien, welches die Rechte und Pflichten aller Organisationsmitglieder regelt. Letztendlich handelt es sich bei der Bürokratie um ein System genau definierter Verfahrensweisen für die Erfüllung der jeweils übertragenden Aufgaben.[37]
Diese Weber’schen Prinzipien prägten beinahe ein Jahrhundert lang die deutsche Verwaltung und haben auch heute ihre grundsätzliche Bedeutung nicht verloren. Gleichwohl ist das bürokratische Verwaltungshandeln in letzter Zeit zunehmend in das Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die dafür im Wesentlichen verantwortlichen Entwicklungen werden im unmittelbar nachfolgenden Kapitel dargestellt.
2.3 Veränderte Anforderungen an die öffentliche Verwaltung (Bürokratiekritik)
Es war nicht MAX WEBERS Ansinnen mit seinem Idealtypus der Bürokratie konkrete Handlungsempfehlungen an die Verwaltungspraktiker zu geben, sondern er versuchte mit seinem Bürokratiemodell die rationale Ausübung legaler Herrschaft zu erklären. Sein Ziel war es große Institutionen in der Verwaltung effizient zu steuern.[38]
Fraglich ist nunmehr, warum ein erfolgreiches Organisationskonzept, welches in einem demokratischen Rechtsstaat mit seinen Hoheits- und Ordnungsaufgaben immer noch seine Berechtigung besitzt, nicht mehr zeitgemäß und von einem neuen öffentlichen Management abgelöst werden sollte.
WEBERS Überlegungen haben sich am gesellschaftspolitischen Hintergrund zum Ende des 19. Jahrhunderts orientiert (vgl. Kapitel 2.2). Aus der selbigen Begründung heraus ist auch in der heutigen Zeit eine Reflexion der gewachsenen Verwaltungssysteme mit Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen vorzunehmen.
Auch wenn sich nicht alle öffentlichen Institutionen dem Idealtypus der Bürokratie verschrieben haben und in seltensten Fällen nur aus „Bürokraten“ bestehen, so überwiegen immer noch die Defizite der aus den Weber’schen Überlegungen entstandenen Verwaltungsstrukturen.[39]
Die öffentliche Verwaltung sieht sich aus diesem Gesichtspunkt neuen Anforderungen gegenüber. Diese wurden bezüglich eines veränderten gesellschaftlichen Werteklimas zum Einen bereits im Kapitel 1.1 umfassend dargestellt und können zum Anderen ergänzend und zusammenfassend der nachfolgenden Darstellung 7 entnommen werden.
[...]
[1] Wunderer, Rolf 2001, S. 176.
[2] Wunderer, Rolf 2001, S. 181.
[3] Widmaier, Sandra 1991, S. 12.
[4] Vgl. Klages, Helmut 1988, S.44.
[5] Vgl. Beck, Ulrich 1986, S. 198 ff.
[6] Alle Personenbezeichnungen, die in dieser Arbeit in der männlichen Sprachform gebraucht werden, gelten auch in der entsprechenden weiblichen Sprachform.
[7] Vgl. Klages, Helmut 1993, S. 33 ff.
[8] Vgl. Klages, Helmut 1991, S. 64.
[9] Klages, Helmut 1991, S. 64 f.
[10] Vgl. Klages, Helmut 1985, S. 57.
[11] Vgl. Düntgen, Alexandra 2002, S. 55 f.
[12] Vgl. Duncker, Christian 1998, S. 84.
[13] Vgl. ebenda.
[14] Vgl. Düntgen, Alexandra 2002, S. 42.
[15] Vgl. Feldkircher, Martin 1994, S. 179.
[16] Vgl. Pawlowsky, Peter 1986, S. 121.
[17] Düntgen, Alexandra 2002, S. 44.
[18] Vgl. Gensicke, Thomas 2003, S. 142.
[19] Vgl. Gensicke, Thomas 2003, S. 144.
[20] Vgl. Gensicke, Thomas 2003, S. 145.
[21] Vgl. Gensicke, Thomas 2003, S. 152.
[22] Vgl. Gensicke, Thomas 2003, S. 152.
[23] Vgl. Gensicke, Thomas 2003, S. 152.
[24] Klages, Helmut 2002, S. 31.
[25] Jäger, Wieland 1997, S. 7.
[26] Vgl. Hokkeler, Michael 2004, S. 36.
[27] Vgl. Kühnlein, Gertrud/ Wohlfahrt, Norbert 1994, S. 8.
[28] Vgl. Klages, Helmut/ Hippler, Gabriele 1991, S. 7.
[29] http://www.destatis.de/grafik/d/basis/fist/fistgra3.gif vom 12.01.2005.
[30] Vgl. Klages, Helmut 1999, S. 148 f.
[31] Vgl. Klages, Helmut 1998, S. 84.
[32] Vgl. Krutoff, Heike 2003, S. 15.
[33] Vgl. Hilbertz, Hans-Joachim 2004, S. 15.
[34] Vgl. Thom, Norbert/ Ritz, Adrian 2004, S. 17.
[35] Weber, Max 1976, S. 578.
[36] Vgl. Thom, Norbert/ Ritz, Adrian 2004, S. 17.
[37] Vgl. Weber, Max 1956, S. 128 ff.
[38] Vgl. Budäus, Dietrich 1998, S. 20.
[39] Vgl. Hill, Herrmann 1997, S. 5.
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