Wilhelm von Ockham ist einer der großen Denker des Spätmittelalters und Autor zahlreicher Schriften zum Armutsstreit, zum Papsttum, zum Verhältnis von Kirche und Kaiser. Mit seiner Flucht vom Papsthof in Avignon an den kaiserlichen Hof zu Ludwig dem Bayern, wo er als Berater tätig wird, enden jedoch die theoretischen und beginnen Ockhams sozial-politische Texte. Allerdings setzt keine prinzipielle Veränderung, sondern vielmehr eine Wende in der Zielsetzung der Schriften ein. Die theoretischen Thesen, für ein gelehrtes Publikum bestimmt, werden übertragen auf praktisch-politische Fragen sowohl kirchenrechtlicher als auch sozialer Natur.
Ein Gutachten aus dieser Zeit ist die „Consultatio de causa matrimoniali", mit der Ockham auf die sogenannte „Maultaschaffäre“ am Hofe Ludwigs des Bayern reagiert. Es behandelt die Frage, ob der Sohn des Kaisers mit der Herzogin Margarethe von Tirol vermählt werden darf. Der Text bietet ein exzellentes Beispiel für die Beratertätigkeit des Franziskaners am Hofe Ludwig des Bayern, auch wenn der Vorschlag letztendlich nicht umgesetzt wird. Eine Analyse dieser Schrift zeigt, wie sehr Ockham auch in sozialpolitischen Texten seinen Thesen treu bleibt und wie es ihm gelingt, Theorie in die Praxis zu übertragen. Mit der „Maultaschaffäre“ eröffnet sich dem Forscher ein konkret belegbarer, tagespolitischer Fall, der relativ gut dokumentiert ist – abgesehen davon, dass sein Ende nicht wirklich bekannt ist –, an dem sich die Vermischung von politischer Theorie und Praxis ablesen lassen. Sie stellt beispielhaft dar, wie das Bedürfnis des Spätmittelalters, Legitimität zu konstruieren, umgesetzt worden ist.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine angemessene Darstellung des Gutachtens von Ockham zu erarbeiten. Nachdem die Ausgangssituation um die „Maultaschaffäre“ genauer erläutert worden ist, wird die "Consultatio" ausführlich besprochen, da sich in der Forschung bislang keine wirklich intensive Textanalyse findet. Daran anschließend ist zu untersuchen, inwieweit die verbreitete Deutung dem eigentlichen Schriftstück gerecht wird, denn in den meisten Fällen erfolgt keine eingehende Auseinandersetzung mit dem Original. Ockhams Lösungsvorschlag, den er in seinem Gutachten entwickelt, verdient eine eingehendere Betrachtung, als sie ihm bislang widerfahren ist, zumal die von ihm unterbreitete Antwort nicht so eindeutig ist, wie sie meist dargestellt wird.
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
2) Die Eheaffäre der Margarete „Maultasch“
3) Die Gutachten über die „Maultaschaffäre“
4.1) Ockhams Gutachten: Consultatio de causa matrimoniali
4.2) Einordnung der Consultatio in die Theorie Ockhams
4.3) Ergebnis der Consultatio
4.4) Die „Lösung“ der Ehefrage durch Kaiser Ludwig den Bayern
5) Schluss
6.1) Quellenverzeichnis
6.2) Literaturverzeichnis
1) Einleitung
Wilhelm von Ockham[1] ist einer der großen Denker des Mittelalters. Sein Werk durchzieht ein bemerkenswerter Schnitt, denn mit der Flucht von Avignon an den kaiserlichen Hof zu Ludwig dem Bayern[2] enden die theoretischen und beginnen Ockhams sozial-politische Schriften.[3] „Schnitt“ jedoch darf nicht verstanden werden als radikaler Einschnitt. Keine prinzipielle Veränderung, sondern vielmehr eine Wende in der Zielsetzung der Schriften setzt ein. Die theoretischen Thesen, für ein gelehrtes Publikum bestimmt, werden übertragen auf praktisch-politische Fragen sowohl kirchenrechtlicher wie sozialer Natur.[4]
Die vorliegende Arbeit macht eine dieser späteren, sozialpolitischen Schriften zu ihrem Mittelpunkt. Eine Schrift, die weniger Beachtung findet, untersucht man das Werk Ockhams auf die „großen“ Streitfragen der Zeit hin, nach seinen Texten zum Armutsstreit, zum Papsttum, zum Verhältnis von Kirche und Kaiser. Die Consultatio de causa matrimoniali[5] entstand als Gutachten für Ludwig d.B. über den Ehestreit der Margarete „Maultasch“[6]. Wie sehr Ockham aber auch in dieser Schrift seinen Thesen treu bleibt und wie es ihm gelingt, Theorie auf Praxis zu übertragen, will diese Arbeit herausarbeiten. Zugleich wird auch Einblick gewonnen in die Arbeit Ockhams als kaiserlicher Gutachter, dessen Vorschlag letztendlich aber nicht umgesetzt wird.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, eine angemessene Darstellung des Ockhamschen Gutachtens und der mit diesem verbundenen Fragen zu erarbeiten. Bevor aber auf das Gutachten selbst eingegangen werden kann, gilt es, die Ausgangssituation genau unter die Lupe zu nehmen, die sogenannte „Maultaschaffäre“. Gründe, Ablauf und Folgen sind vorzustellen. Von den Zeitgenossen als äußerst skandalös empfunden, findet sich breite Resonanz des Ehestreits in den Quellen, die so eine recht gute Dokumentation des Geschehens ermöglichen.[7] Ein besonderer Vorteil für die Erörterung eines mittelalterlichen Gutachtens.
Für die Darstellung werden einige der wichtigsten Quellen im Original hinzugezogen, weitere werden besonders nach Nehlsen[8] und Wegner[9] zitiert werden.
Im Anschluss daran schließlich soll das Gutachten selbst ausführlich interpretiert und dargestellt werden, da sich in der Forschung bisher keine wirklich intensive Textanalyse findet. Mit den damit gewonnenen Einsichten in die Schrift kann untersucht werden, wie sehr Ockhams Theorie darin zum Ausdruck kommt. Zuletzt gilt es zu untersuchen, in wie weit die in der Forschung verbreitete Deutung der Consultatio dem eigentlichen Schriftstück gerecht wird, da in den meisten Fällen keine Auseinandersetzung mit dem Original erfolgt. Ockhams Lösungsvorschlag, den er in seinem Gutachten entwickelt, verdient allerdings eine eingehendere Betrachtung, als sie ihm bislang widerfahren ist, zumal die von ihm unterbreitete Antwort nicht so eindeutig ist, wie sie meistens dargestellt wird.
2) Die Eheaffäre der Margarete „Maultasch“
Margarete von Tirol wurde, kaum hatte sie mit dem Alter von zwölf Jahren ihre Ehefähigkeit erreicht, im Jahre 1330[10] mit dem vier Jahre jüngeren Johann Heinrich von Böhmen-Luxemburg[11] vermählt[12]. Beide waren zu diesem Zeitpunkt schon sechs Jahre verlobt, seit 1324[13], und vermutlich schon längere Zeit gemeinsam aufgewachsen.[14]
Mit dem Tod von Margaretes Vater Heinrich[15] aber, dem Herzog von Kärnten und Tirol, 1335 fünf Jahre nach der Heirat, begannen die Probleme. Während Margarete sich bemühte, ihre Herrschaft durchzusetzen und zu behaupten, was ihr allerdings nur zum Teil gelang[16], kümmerte sich ihr Gatte überhaupt nicht um die Regierungsgeschäfte.[17] Beide waren zu diesem Zeitpunkt siebzehn und dreizehn Jahre alt – das Alter der beiden sollte man stets im Hinterkopf behalten, kann man in ihm doch eine gewisse Erklärung für die folgenden Geschehnisse sehen.
An Stelle Johann Heinrichs griff immer wieder sein älterer Bruder Karl[18] in die Politik ein. Durch sein energisches Vorgehen jedoch machte er sich und überhaupt die luxemburgischen Böhmen im Lande unbeliebt. Die Stimmung war gespannt.[19]
Margarete schließlich war sicherlich ebenfalls nicht einverstanden mit Karls eigenmächtigem Eingreifen in ihrem Herrschaftsgebiet und fühlte sich übergangen.[20] Hinzu kamen für sie – und vielleicht noch gewichtiger – Probleme in ihrer Ehe: Margarete unternahm ganz offensichtlich Versuche, einen Erben für das Land zu zeugen[21], jedoch erfolglos, da sie bei ihrem Gatten auf wenig Gegenliebe stieß.[22] Schließlich warf Margarete ihrem Mann offen Impotenz vor.[23] Verwiesen sei an dieser Stelle auf den psychologischen Erklärungsansatz Nehlsens, der in den Reaktionen Johann Heinrichs ein typisches Abwehrverhalten eines überforderten Kindes gegen die an es gestellten Erwartungen sieht.[24]
Um aus ihrer Ehe zu kommen[25], schloss sich Margarete den Unruhen im Lande an. Nach einem missglückten Versuch im Frühjahr 1340[26], gelang der Aufstand im November 1341.[27] Margarete setzte ihren Mann im wahrsten Sinne des Wortes vor die Tür – nach einem Jagdausritt fand dieser das Burgtor verschlossen und musste, da die verbündeten Adligen ihre Tore ebenfalls verschlossen hielten, das Land verlassen.[28]
Schon beim ersten gescheiterten Versuch ist als relativ sicher anzunehmen, dass Ludwig der Bayer maßgeblich beteiligt war, beim zweiten Aufstand gegen die Luxemburger lässt sich „eine gestaltende Rolle“[29] des Kaisers auch sicher belegen.[30] Die wohlvorbereitete Aktion der Aussperrung Johann Heinrichs hätte kaum so erfolgreich verlaufen können, hätten nicht die Adligen Tirols geschlossen mitgewirkt.[31] Diese wiederum hätten sicher nicht gewagt, sich gegen Luxemburg zu erheben, hätten sie nicht ein eben so mächtiges Haus, das sogar den Kaiser stellte, auf ihrer Seite gewusst.[32] Nach geglücktem Vorgehen wurden zudem von Ludwig d.B. Belohnungen an die Tiroler verliehen.[33] Nicht ganz klar ist allerdings, wer letztlich die entscheidende treibende Kraft gewesen ist.[34]
Anschließend bot Margarete ihre Hand dem Sohn des Kaisers, Ludwig von Brandenburg[35]. Für Ludwig d.B. ergab sich durch diese Angelegenheit ein besonderer „Leckerbissen“, den er sich kaum entgehen lassen konnte, zumal er schon lange Absichten auf Tirol hegte.[36] Tirol war aufgrund seiner geografischen Lage ein bedeutender Gewinn[37], nicht allein durch seine Ausdehnungen[38], sondern vor allem auch wegen des Alpenpasses[39] nach Italien.[40] Für Bayern bedeutete dieses Gebiet also die Vergrößerung des Herrschaftsgebietes inklusive des direkten Zugangs nach Reichsitalien.[41] Durch die Heirat Margaretes mit einem Wittelsbacher wäre die dynastische Einverleibung gesichert.
Dieser Verbindung standen jedoch einige Probleme im Weg.[42] Die reichsrechtlichen Fragen sollen in dieser Arbeit außer Acht gelassen werden.[43] Wichtig sind zwei formelle Hindernisse, die es auch vorstellbar machen, dass sich der Bräutigam in spe zunächst wohl gegen diese Verbindung sträubte[44]. Zum einen nämlich bestand ja rechtlich gesehen noch die erste Ehe Margaretes[45] mit Johann Heinrich. Zum anderen kam erschwerend hinzu, dass die beiden künftigen Eheleute im dritten Grad verwandt waren, da ihre Großeltern Geschwister waren.[46]
Für beide Probleme musste im Normalfall eine päpstliche Dispens eingeholt werden, die das jeweilige Ehehindernis zu übergehen erlaubte. Obwohl mit der Gewährung einer solchen durchaus zu rechnen und die Praxis der Dispenserteilung keinesfalls unüblich, ja vielmehr sogar gang und gebe war[47], konnte sie im konkreten Fall dennoch kaum erwartet werden. Nicht nur die Krisensituation zwischen Ludwig d.B. und der Kurie in Avignon, sondern auch der Einspruch der Luxemburger machten die Hoffnungen auf diesen üblichen Lösungsweg zunichte.[48] Es musste eine andere Möglichkeit gefunden werden.
Bereits wenige Monate nach dem spektakulären Vorfall in Tirol kam es am (10.2.)1342[49] auf unkonventionelle Weise, nämlich ohne päpstliche Erlaubnis, zur Hochzeit.[50] Ludwig d.B. reiste persönlich nach Meran und veranlasste die Trauung von Margarete und Ludwig. In welcher Form dies allerdings geschah, ist ebenso unbekannt, wie kein Dokument überliefert ist, etwa ein Ehevertrag, das konkret die gewählte Lösung auf die zuvor beschriebenen Ehehindernisse nennen würde. Die erste Ehe Margaretes mit dem Böhmen wurde offenbar als nicht vollzogen angesehen und galt damit als nichtig. Sie war daher keiner Erwähnung wert und wurde mit Stillschweigen übergangen. Aber auch das Vorgehen wegen Blutsverwandtschaft wurde nicht urkundlich festgehalten.[51]
Dass Ludwig allerdings ein Interesse daran haben musste, diese Heirat vollkommen zu legitimieren, ergibt sich von selbst, bedenkt man den großen, zuvor schon genannten dynastischen Gewinn, der dem Hause Wittelsbach durch die Nachkommen aus der Verbindung Margaretes mit Ludwig winkte. Diese künftigen Erben mussten rechtmäßig sein.[52] Daher ist anzunehmen, dass, auch wenn in den Quellen keine Hinweise auf kaiserliche Rechtserlasse in dieser Angelegenheit überliefert sind, dies nicht als das Fehlen solcher überhaupt ausgelegt werden sollte.[53] Möglicherweise fand lediglich ein mündlicher Erlass statt.[54] Zudem wurde aller Wahrscheinlichkeit nach der Versuch unternommen, doch eine kirchliche Legitimierung – welcher Art auch immer – der zweiten Ehe zu erhalten, denn der Bischof von Freising[55] sollte die Trauung vornehmen.[56] Dessen tödlicher Sturz vom Pferd kurz vor der Hochzeit machte diesen Weg allerdings zunichte.[57] Wie jedoch der Plan, der auf die Unterstützung des Freisinger Bischofs rechnete, ausgesehen hat und wie man auf seinen Tod reagierte, ist unbekannt. Die Quellen schweigen hierzu ebenso, wie es keinerlei rechtliche Zeugnisse gibt, die beschreiben, wie die Trauung tatsächlich vonstatten gegangen ist.[58] Fest steht nur, was nicht vorhanden ist – es gibt weder eine kirchliche Trennungsentscheidung, noch eine weltliche.[59]
[...]
[1] Wilhelm von Ockham, *~1285/86-~1347-49 (Datierung unsicher, vgl. Beckmann, J.P., in: LThK10, Freiburg u.a. 2001, Sp.1186-1191; Leff, G., Leppin, V., in: TRE 30, Berlin, New York 1995, S.6-18).
[2] Ludwig IV. der Bayer, *~1281/82-11.10.1347 (vgl. Schütz, A., in: NDB 15, Berlin 1987, S.334-347). Im folgenden Text abgekürzt „Ludwig d.B.“.
[3] Zur Biografie Ockhams vgl. z.B. Leppin, V.. Wilhelm von Ockham. Gelehrter, Streiter, Bettelmönch, Darmstadt 2003 (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance); Beckmann, J. P.: Wilhelm von Ockham, München 1995 (=Beck’sche Reihe; 533: Denker).
[4] Beckmann, Ockham, S.34.
[5] Consultatio de causa matrimonialis , hrsg. v. Offler, H.S., in: Sikes, J.G. (Hg.): Guillelmi de Ockham, Opera politica, hg. v. Offler, H.S., Bd.1, Manchester 21974, S.278-286.
[6] Margarete, Gräfin von Tirol, *1318-1369 (vgl. Riedmann, J., in: NDB 16, Berlin 1990, S.163-164).
[7] Wegner, U.: Die Eheangelegenheit der Margarethe von Tirol. Überlegungen zur politischen und kulturhistorischen Bedeutung des Tiroler Eheskandals, Berlin 1996 (Akademische Abhandlungen zur Geschichte), S.12-80.
[8] Nehlsen, H.: Die Rolle Ludwigs des Bayern und seiner Berater Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham im Tiroler Ehekonflikt , in: ders., Hermann, H-G. (Hg): Kaiser Ludwig der Bayer. Konflikte, Weichenstellungen und Wahrnehmungen seiner Herrschaft, Paderborn u.a. 2002 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte; N.F., H.22).
[9] Vgl. Anm.7.
[10] Das genaue Datum ist ungesichert. Für 1330 spricht ein Aufenthalts des Königs von Böhmen in Tirol (vgl. Nehlsen, S.291).
[11] In den Quellen wird nur von Johann von Böhmen gesprochen; der zweite Namen Heinrich wurde ihm erst später gegeben, wohl um ihn genauer von seinem Vater, Johann „dem Blinden“ zu unterscheiden. Vgl. Nehlsen, S.291.
[12] Zum genaueren Ablauf der Hochzeit vgl. Nehlsens Verweis auf Veldtrup, S.291: Es ist anzunehmen, dass die Rechtsgültigkeit der Verbindung durch kirchliche Segnung und Vollzug eines symbolischen Beilagers erreicht worden ist.
[13] Vertragsabschluss am 2.7.1324 (Nehlsen, S.290).
[14] Vgl. Nehlsens Verweis auf die Chronik des Peter von Zittau, Nehlsen, S.291. Petra Žitaveskeho Kronika Zbraslavská, Emler, Josef (Hg.) Fontes rerum Bohemicarum 4, Prag 1894, S.287, 1.Sp.: Johannes...filius secundogenitus de Praga versus Chrorinitam deducitur(...)
[15] Heinrich VI., *~1270-2.4.1335, Herzog von Kärnten, Graf von Tirol, König von Böhmen (1307-1310) (vgl. Wiesflecker, H., in: NDB 8, Berlin 1969, S.362-363).
[16] Wie schon ihr Vater ist Margarete nur in Tirol, nicht aber in Kärnten erfolgreich (Nehlsen, S.292). Kärnten wurde 1335 vom Kaiser an Habsburg verlehnt, in Tirol dagegen sprechen sich die Stände für die Erbin Margarete und ihren Gemahl aus (Stolz, S.464f.). Hinzu komm noch Gefahr „von außen“ - Habsburger, Luxemburger und Wittelsbacher versuchen schon länger, diese Länder in ihren Machtbereich zu bekommen (Nehlsen, S.292; Grundmann, H., Wahlkönigtum, Territorialpolitik und Ostbewegung im 13. und 14. Jahrhundert (=Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte, 5), Stuttgart 1970, S.204f.).
[17] Nehlsen, S.292.
[18] Karl von Mähren, der spätere Kaiser Karl IV., *1316-+1378 (Grundmann, S.207ff.).
[19] Vgl. Nehlsen, S.292.
[20] Schon aus dem Jahre 1336 überliefert das Liber certarum historiarum Margaretes Widerspruch gegenüber Plänen des Böhmenkönigs: ... non velle per regem Bohemie exheredari... (Iohannis Abbatis Vicotiensis Liber certarum historiarum, hg. v. Schneider, F. (MGH SS rer.Germ. i.u.s.; XXXVI,2) Hannover u.a.1910, S.168, Z.13; Liber certarum historiarum: Übersetzung nach Friedensburg, Walter, Das Buch gewisser Geschichten von Abt Johann von Viktring (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit; 2.Gesamtausgabe, Vierzehntes Jahrhundert, 8), Leipzig 1888, S.261); Miethke, J., De potestate papae. Die päpstliche Amtskompetenz im Widerstreit der politischen Theorie von Thomas von Aquin bis Wilhelm von Ockham, Tübingen 2000 (Spätmittelalter und Reformation; N.R.,16, S.243; ders., Wirkungen politischer Theorie auf die Praxis der Politik im Römischen Reich des 14.Jahrhunderts. Gelehrte Politikberatung am Hofe Ludwigs des Bayern, in: Canning, J., Oexle, O.G., Politisches Denken und die Wirklichkeit der Macht im Mittelalter, Göttingen 1998, S.196.
[21] Die Ansicht, die sich auch in der früheren Forschung gehalten hat und die in Margarete gern so etwas wie – modern gesprochen – einen mannstollen Vamp gesehen hat, ist an dieser Stelle als Erklärung für Margaretes Vorgehen und ihren Vorwurf der Impotenz mit Sicherheit nicht haltbar. Viel entscheidender ist die Tatsache, dass die Herzogin als letzte ihres Geschlechts und als Landeshaupt auf eine gesicherte, legitime Nachfolge bedacht sein musste (vgl. Veldtrup, D.: Johann Propst von Vyšehrad. Illegitimer Sohn eines „impotenten“ Luxemburgers, in: Fahlbusch, F. B., Johanek, P. (Hg.): Studia Luxemburgensia. Festschrift Heinz Stoob zum 70.Geburtstag, Warendorf 1989, (Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit, Bd.3), S.57f.; Nehlsen, 287). Wäre es allein um Lustbefriedigung gegangen, wäre eine Trennung wohl kaum nötig gewesen.
[22] Mathias v. Neuenburg berichtet in seiner Chronik, Johann Heinrich habe seiner Frau in die Brüste gebissen (Mathias von Neuenburg: Übersetzung nach Brandaur, G. Die Chronik des Mathias von Neuenburg (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit; 2.Gesamtausgabe, Vierzehntes Jahrhundert, 6), Leipzig1899, S.103f.); dasselbe bei Johann v. Winterthur (Iohannis Vitodurani Chronica. Die Chronik Johanns von Winterthur, hg. v. Baethgen, F., in Verbindung mit Brun, C., (MGH SS rer. Germ. H.S.;3), Berlin 1924, S.187; Johann von Winterthur: Übersetzung von Freuler, B., hg. v. Convente der Bürgerbibliothek Winterthur, Winterthur 1866, S.237).
[23] Vgl. z.B. Liber certarum historiarum, S. 222f.,Z.21ff ..: ...quod causa fuerit in eo impotencia coeundi, ispaque sua consors Margareta, cupiens esse mater, hoc sepius familiaribus patefecit et heredem ardenter desideravit, quod per eius consorcium fieri penitus desperavit. (Übersetz. S. 292) Allerdings ist unklar, wie verlässlich diese Aussagen sind. Einige Chroniken betonen, dass zumindest ein entsprechendes Gerücht umgegangen sei, so etwa Johann v. Winterthur: ...saltem ob famam et oppinionem impotencie coeundi..., Johann v. Winterthur, S.187 (Übersetz. S.236). In einer späteren Ehe hat Johann Heinrich mehrere Kinder gezeugt, eines davon sogar kurz nach der spektakulären Aussperrung, während also rechtlich noch die Ehe mit Margarete bestand. Zu diesem unehelichen Sohn, namens Johann vgl. bes. Veldtrup, S.61ff.
[24] Nehlsen, S.293.
[25] Beachte Nehlsens Überlegungen zum herkömmlichen Weges einer Ehescheidung, auf dem für Margarete rein (kirchen)rechtlich gesehen durchaus Erfolgschancen bestanden. Tatsächlich aber war diese Frage jedoch politisch so brisant, dass dieses Vorgehen aussichtslos erscheinen musste. Es war mit höchstem Protest der Luxemburger zu rechnen, die den Vorwurf der Impotenz – zumindest zu diesem Zeitpunkt – nicht akzeptierten (Nehlsen, S.294f.).
[26] Vita Caroli Quarti, Die Autobiographie Karls IV.. Einführung, Übersetzung und Kommentar von Hillenbrand, E., Stuttgart 1979, S.174-177; Benesch von Weitmül: Kronika Beneše z Weitmile, Emler, Josef (Hg.), Fontes rerum Bohemicarum 4, Prag 1894, S.508f.; vgl. auch Nehlsen, S.296, Veldtrup S.8f.
[27] z.B. Liber certarum historiarum, S.221; 10f.
[28] Benesch von Weitmül, Kronika, S.490-492; vgl. auch Nehlsens Verweis auf Quellen, die den Verlauf der Ereignisse schildern: Nehlsen, S.285, Anm.1; Grundmann, S.205; Miethke, De potestate papae, S. 243; Nehlsen, S.297.
[29] Nehlsen, S.298.
[30] Nehlsen nennt wahrscheinliche Quellen, die für eine Beteiligung Ludwigs d.B. schon 1340 sprechen: Neben einem Eintrag in Karls IV. Autobiografie, der Vita Caroli Quarti, nennt er noch eine Urkunde, die jedoch nur als Kopialnotiz erhalten ist (Nehlsen, S.296).
[31] Das Liber certarum historiarum nennt sogar vielmehr den Adel als eigentlichen Strippenzieher, S.221, Z.10f.: ...de comitatu expellitur Tyrolensi... (Übersetz. S.290)
[32] Vgl. Liber certarum historiarum, S.221, Z.12f.: ... cum imperatore, cuius consiliarii hoc ad provinciam venientes... (Übersetz. S.290). Aus eben diesem Grund musste Margarete auch nach einem Verbündeten suchen, der sie gegen Luxemburg unterstützen würde. In Frage kamen hierzu nur Wittelsbach und Habsburg, die den Böhmen ebenbürtig waren. Nachdem Habsburg jedoch schon Kärnten in seine Macht bekommen hatte (vgl. Anm.16), blieb Margarete kaum eine Wahl blieb, als sich mit den Bayern zu verbünden, wenn sie ihr Land Tirol so eigenständig wie möglich erhalten wollte.
[33] Nehlsen, S.298.
[34] Wegner, S.137: Die Quellen nennen in Unterschiedlicher Gewichtung Margarete, die Tiroler Räte und Ludwig d.B. als Urheber.
[35] Ludwig der Brandenburger, *Mai 1315-18.9.1361 (vgl. Schütz, A., in: NDB 15, Berlin 1987, S.382-385).
[36] Für einen groben Überblick über Ludwigs d.B. Expansionsbestrebungen vgl. Grundmann, S.204f.
[37] Johann v. Winterthur beschreibt Tirol in seiner Chronik als „dominatum gloriosum “, S.187 (Übersetz. S.236).
[38] Zu den Ausdehnungen Tirols im 14.Jahrhundert vgl. Karten in Großer Historischer Weltatlas. Zweiter Teil. Mittelalter, hrsg. v. Schulbuch Verlag, München 21979 München, S.66-67.
[39] Es handelt sich um den heutigen Brennerpass.
[40] Miethke, J.: Ockhams Weg zur Sozialphilosophie, Berlin 1969, S.129.
[41] Ludwig seit 1327 auch König der Lombardei und seit 1328 gekrönter Kaiser (Grundmann, S. 179).
[42] Vgl. z.B. Mathias von Neuenburg, Übersetz., S.104. Die Frage, warum Margarete ein so kompliziertes Bündnis eingegangen ist, dessen Probleme mit Sicherheit vorauszusehen waren, lässt sich wohl durch die Konkurrenz mit Habsburg erklären, vgl. Anm.32.
[43] Vgl. hierzu etwa Nehlsen, S.301; Miethke, De potestate papae, S.243; Stolz, O.: Geschichte des Landes Tirol. 1.Bd. Quellen und Literatur. Land und Volk in geschichtlicher Betrachtung. Allgemeine und politische Geschichte in zeitlicher Folge, Innsbruck 1955, S.466: Ludwig der Brandenburger erhält die Grafschaft Tirol als Reichslehen. Zugleich erhalten die Tiroler ein „Privileg über ihre Befugnisse gegenüber dem Landesfürsten“.
[44] So sagt zumindest das Liber certarum historiarum, S.223, Z.10f.: Qui dum reniteretur totis viribus et horreret, sermo patris prevaluit. (Übersetz. S.292f.); Mathias v. Neuenburg, Übersetz., S.104; Nehlsen 298.
[45] Ludwig der Brandenburger dagegen war seit 1340 verwitwet.
[46] Vgl. z.B. Nehlsen S.297; Miethke, Ockhams Weg, S.129.
[47] Nehlsen S.295f..
[48] Nehlsen 295., Miethke, De potestate papae, S. 243f.; es mag angesichts dieser Probleme vielleicht überraschend anmuten, dass Margarete ein solches kompliziertes Bündnis eingegangen ist, da mit den Habsburgern immerhin noch eine zweite Alternative offengestanden wäre. Dass sie dieses dennoch nicht gewählt hat, lag sicherlich an der direkten territorialpolitischen Konkurrenz mit Habsburg. Vgl. hierzu Anm. 16; 32.
[49] Zur Datumsfrage vgl. Nehlsen, 285, bes. ebd. Anm.2.
[50] Für Beschreibungen der Hochzeit vgl. Nehlsens Verweise auf z.B. die „Bozner Chronik“, Nehlsen, S.299.
[51] Nehlsen S.300 ff.
[52] Nehlsen, S.301; 314f.
[53] Ausführliche Überlegungen finden sich hierzu bei Nehlsen, ab S.314ff.
[54] Offler, H. S.: Introduction [Wilhelm von Ockham, Consultatio de causa matrimonialis], in: Sikes, J.G. (Hg.): Guillelmi de Ockham, Opera politica, Bd.1, Manchester 21974, S.271.
[55] Ludwig von Kamerstein, Bischof von Freising, als solcher allerdings nicht vom Papst anerkannt (Nehlsen, S.300; Wegner, S.140).
[56] Vgl. Nehlsen, S.299ff.; Leppin, Ockham, S.264f.
[57] Johann v. Winterthur, S.188 (Übersetzung, S.237); Liber certarum historiarum, S.221f. (Übersetz. S.293). Beachte auch negative Symbolik, die diesem Vorfall beigemessen wird (vgl. etwa Miethke, De potestate papae, S.246).
[58] Überlegungen zu einem möglichen Ablauf der Hochzeit finden sich z.B. bei Nehlsen, S.301; Miethke, Wirkungen, S.199.
[59] Vgl. Nehlsen, S.300f.
- Citation du texte
- M. A. Simone Kraft (Auteur), 2003, Die "Maultaschaffäre" - Wilhelm von Ockham als Gutachter am Hofe Ludwigs des Bayern. Ockhams Schrift "Consultatio de causa matrimoniali", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43774
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