Kann die Existenz Gottes bewiesen werden? René Descartes zufolge ist diese Frage zu bejahen. So stellt er in seinen Meditationes de prima philosophia einen ontologischen Gottesbeweis vor, der Gottes Existenz in dessen Begriffsdefinition begründet sieht.
Immanuel Kant dagegen negiert den cartesianischen Beweis und formuliert im Rahmen seiner Kritik der reinen Vernunf die „Unmöglichkeit eines ontologischen Beweises vom Dasein Gottes“.
Dieser Widerstreit bildet das Thema meiner Arbeit und ihr liegen zwei Bestrebungen zum Grunde: Einerseits und zunächst die Rekonstruktion von René Descartes ontologischem Gottesbeweis in Kapitel 2, sowie Immanuel Kants Kritik an diesem in Kapitel 3.
Andererseits die Beantwortung der Frage: Ist Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis überzeugend? Mittel zu diesem Zweck ist eine Evaluation der kantischen Kritik am ontologischen Gottesbeweis in Kapitel 4, in deren Rahmen ich Einwände vorbringen und diskutieren werde, um schließlich in Kapitel 5 zu dem Fazit zu gelangen, dass Kants Kritik logisch stichhaltig ist und überzeugt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 René Descartes’ ontologischer Gottesbeweis
2.1 Gottesbeweis durch die Definition von Gott
2.2 Das Dreieck als Analogie zu Gott
3 Immanuel Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis
3.1 Wider Descartes’ Analogie
3.2 ,Gott existiert’ als synthetischer oder analytischer Satz
3.3 Sein – logisches oder reales Prädikat
4 Evaluation der kantischen Kritik
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
Siglenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Kann die Existenz Gottes bewiesen werden? René Descartes (1596 – 1650) zufolge ist diese Frage zu bejahen. So stellt er in seinen Meditationes de prima philosophia (zu dt. Meditationen über die erste Philosophie (1641)) einen ontologischen Gottesbeweis vor, der Gottes Existenz in dessen Begriffsdefinition begründet sieht.
Immanuel Kant (1724 – 1804) dagegen negiert den cartesianischen Beweis und formuliert im Rahmen seiner Kritik der reinen Vernunft (1781 / 87) die „Unmöglichkeit eines ontologischen Beweises vom Dasein Gottes“ (KrV, B620).
Dieser Widerstreit bildet das Thema meiner Arbeit und ihr liegen zwei Bestrebungen zum Grunde: Einerseits und zunächst die Rekonstruktion von René Descartes ontologischem Gottesbeweis in Kapitel 2, sowie Immanuel Kants Kritik an diesem in Kapitel 3.
Andererseits die Beantwortung der Frage: Ist Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis überzeugend?
Mittel zu diesem Zweck ist eine Evaluation der kantischen Kritik am ontologischen Gottesbeweis in Kapitel 4, in deren Rahmen ich Einwände vorbringen und diskutieren werde, um schließlich in Kapitel 5 zu dem Fazit zu gelangen, dass Kants Kritik logisch stichhaltig ist und überzeugt.
2 René Descartes’ ontologischer Gottesbeweis
Ich beginne meine Ausführungen mit der Rekonstruktion von Descartes’ ontologischem Gottesbeweis, wie er in dessen fünfter Meditation dargelegt ist.
2.1 Gottesbeweis durch die Definition von Gott
Descartes definiert Gott als ein höchstvollkommenes Seiendes. Ein Wesen, das über alle Vollkommenheiten (perfectiones) verfügt. Ein jedes Wesen aber, das nicht existiert, hat zugleich den Mangel der Nicht-Existenz und ist damit unvollkommen. Da die Existenz eine Vollkommenheit ist, muss Gott, als vollkommenstes Seiendes, gleichsam existieren. Wer die Idee Gottes hat, ist sich der objektiven Notwendigkeit bewusst, dass sie alle Vollkommenheiten, einschließlich der Existenz, zu einer untrennbaren Einheit verbindet (vgl. Wdt, S. 71).
Nach Descartes zeigt sich demnach klar, „daß die Existenz vom Wesen Gottes genausowenig abgetrennt werden kann wie […] die Idee des Tales von der Idee des Berges“ (Med, V, 66,2). Folglich ist die Aussage „Gott, also das vollkommene Wesen, existiert nicht“ in sich widersprüchlich und der Satz „Gott existiert“ ist wahr. Anders dargestellt:
P1: Gott ist definiert als Wesen, das alle Vollkommenheiten besitzt.
P2: Existenz ist eine Vollkommenheit.
K: Also existiert Gott.
“Denn was ist aus sich selbst heraus offenkundiger, als daß es ein höchstes Seiendes gibt, bzw. daß ein Gott existiert, dem Existenz allein schon deswegen zukommt, weil sie in seinem Wesen liegt?“ (Descartes, Med, V, 68,21)
2.2 Das Dreieck als Analogie zu Gott
Descartes stellt hervor, dass unzählige Ideen von Dingen sind, die zwar nirgends real existieren, aber doch nicht nur eingebildet / ausgedacht und nichts sein können, da sie „ihre wahren und unveränderlichen Naturen [haben] (Med, V, 64,6).
Eine solche Idee ist etwa die des Dreiecks. Denn die Vorstellung eines Dreiecks beinhaltet stets des Dreiecks „ganz bestimmte Natur, bzw. sein Wesen oder auch seine [bestimmte unveränderliche und ewige] Form (Med, V, 64,6). Diese Natur der Vorstellung des Dreiecks ist weder vom Menschen selbst ausgebildet, noch vom menschlichen Geist abhängig, da vielfältige Eigenschaften des Dreiecks als allgemein gültig bewiesen werden können. „Seine drei Winkel sind zwei rechten Winkeln gleich, seinem größten Winkel liegt die größte Seite gegenüber, und dergleichen“ (Med, V, 64,6). Daher ist die Figur des Dreiecks etwas, „und nicht ein bloßes Nichts“ (Med, V, 64,25). Sie ist nicht bloß erdacht, sondern existent.
Darin sieht Descartes eine gültige Analogie zu Gott. Denn wie die Vorstellung des Dreiecks, habe auch die Vorstellung Gottes eine ganz bestimmte Natur, nämlich die der Vollkommenheit, und diese erkennt Descartes ebenso klar, wie die allgemein gültigen Eigenschaften des Dreiecks. Er schlussfolgert: Wie es widersprüchlich ist, sich ein Dreieck ohne drei Winkel zu denken, so ist es auch widersprüchlich ein höchstvollkommenes Wesen, d.i. Gott ohne Existenz zu denken. Da Gott nur als Existierender gedacht werden kann, also die Existenz unabtrennbar von Gott ist, muss er tatsächlich existieren (vgl. Med, V, 66,26).
3 Immanuel Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis
3.1 Wider Descartes’ Analogie
Kant zufolge basiert Descartes’ Analogie auf einem Mangel an Differenzierung. Denn sie ist „nur von Urteilen, aber nicht von Dingen und deren Dasein hergenommen. Die unbedingte Notwendigkeit des Urteils aber ist nicht eine absolute Notwendigkeit der Sachen“ (KrV, A 594).
Das heißt: Obgleich das Urteil „Ein Dreieck hat drei Winkel“ notwendig ist, so ist deswegen aber nicht die Existenz des Dreiecks notwendig. Alleine für den Fall, dass ein Dreieck existiert, sind in ihm notwendig drei Winkel existent. „Einen Triangel setzen und doch die drei Winkel desselben aufheben, ist widersprechend; aber den Triangel samt seinen drei Winkeln aufheben, ist kein Widerspruch“ (KrV, A 594). Ebenso verhält es sich mit dem „absolutnotwendigen Wesen“. Im Falle der Aussage ,Gott existiert nicht’ ist weder Gottes Existenz, noch ein anderes seiner Prädikate gegeben, „denn sie sind alle zusamt dem Subjekte aufgehoben, und es zeigt sich in diesem Gedanken nicht der mindeste Widerspruch“ (KrV, A 595).
3.2 ,Gott existiert’ als synthetischer oder analytischer Satz
Bedeutender ist jedoch Kants weitere Argumentation. Während Descartes die Auffassung vertritt, dass Gott ein Begriff ist, „da das Nichtsein oder das Aufheben seines Gegenstandes in sich selbst widersprechend sei“ (KrV, A 596), sucht Kant Gegenteiliges aufzuzeigen; Nämlich, dass das Prädikat der Existenz problemlos aufzuheben ist.
Zu diesem Zweck will Kant wissen, ob der Satz "dieses oder jenes Ding [...] existiert" a) analytisch oder b) synthetisch ist.
a) Ist er analytisch, so wird dem Gedanken des Dinges durch die Existenz nichts hinzugefügt. Das Prädikat ist schon im Ding enthalten und der Satz fördert nicht mehr Erkenntnis zutage als der Ausspruch des Dinges allein. ,Gott existiert’ ist, verstanden als analytischer Satz, gleichbedeutend mit ,Gott’. Entsprechend ist keine Schlussfolgerung möglich, da der Begriff Gottes schon implizit voraussetzt, dass Gott existiert. In diesem Fall ist der Satz „nichts als eine elende Tautologie“ (KrV, A 597).
b) Ist er dagegen synthetisch, so wird dem Gedanken des Dinges die Existenz hinzugefügt. Das Ding beinhaltet die Existenz also nicht schon per definitionem. Sie kommt dem Ding als Prädikat hinzu und erweitert dieses. In diesem Fall entsteht kein Widerspruch, wenn ein beliebiges Prädikat, wie das der Existenz, aufgehoben wird. Folglich ist der Satz ,Gott existiert nicht’ ohne Widerspruch.
Damit gelangt Kant zu der Ansicht, „daß ein jeder Existenzialsatz synthetisch sei“ und stellt die rhetorische Frage „wie wollet ihr denn behaupten, daß das Prädikat der Existenz sich ohne Widerspruch nicht aufheben lasse? da dieser Vorzug nur den analytischen, als deren Charakter eben darauf beruht, eigentümlich zukommt.“ (KrV, A 598).
3.3 Sein – logisches oder reales Prädikat
Nach Kant begründet sich die Falschheit des ontologischen Gottesbeweises in einer "Verwechslung eines logischen Prädikats mit einem realen (d.i. der Bestimmung eines Dinges)" (KrV, A 598).
Während alles als logisches Prädikat dienen kann, da „die Logik (…) von allem Inhalte [abstrahiert]“ (KrV, A 598), fügt ein jedes reale Prädikat, d.i. eine Bestimmung, etwas zum Gegenstand hinzu und vergrößert diesen.
Der Satz ,Gott ist allmächtig’ setzt das Prädikat der Allmacht in Relation zum Subjekt Gott. Das „ist“ bildet kein weiteres Prädikat, sondern lediglich die Copula, d.i. das Bindeglied des Urteils. In Form von ,ist allmächtig’ liegt hier ein reales Prädikat vor, denn es bestimmt das Wesen Gottes.
Dagegen setzt der Satz ,Gott ist’ gar kein Prädikat. Hier kommt nichts zum Gegenstand hinzu. Es wird lediglich „das Subjekt an sich selbst mit allen seinen Prädikaten und zwar den Gegenstand in Beziehung auf meinen Begriff" (KrV, A 599) gesetzt. Das ,ist’, welches ,existiert’ bedeutet, bestimmt Gott nicht, sondern setzt nur das Subjekt.
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- Citation du texte
- Daniel Zimmermann (Auteur), 2018, Rekonstruktion und Evaluation von Immanuel Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis René Descartes’, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437391
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