Um die Titelfrage zu beantworten, ist es unabdingbar, die Seele und ihre Eigenschaften nach Aristoteles darzulegen. Aristoteles versucht in seinem Werk "Über die Seele", zu lateinisch "De anima", eine Definition über die Seele zu geben. Dabei ist festzustellen, dass die Seele als Prinzip des Lebens selbst meta-physisch nicht eindeutig definiert werden kann. Die Seele steht nach Aristoteles in direktem Zusammenhang zum Leben und zur Form.
Zunächst folgt die Beschreibung von Materie und Form (Kap. 2). Die Begriffe wer-den in den folgenden Ausführungen als unzertrennliche Einheit gedeutet. Dies ist wichtig, um ein Verständnis für das Grundgerüst der Seele zu schaffen.
Nachfolgend wird die Entelechie als Prozess (Kap. 3) erläutert, um aufzeigen zu können, welche große Bedeutung sie für den aristotelischen Seelenbegriff in Bezug auf Materie und Form hat. Hierfür muss der metaphysische Teil der Seele (Kap. 4) von Aristoteles betrachtet werden, bei dem er im Gegensatz zu anderen antiken Philosophen, wie z.B. Platon, eine Überleitung zur naturbiologischen Beschreibung der Seelenvermögen (Kap. 5) wagt. Denn bei Aristoteles gibt es weder eine unsterbliche Seele, noch einen Dualismus, da Körper und Seele nur zusammen vorkommen.
Abschließend wird die Fragestellung nach der Bedeutung der Form für das Leben behandelt (Kap. 6).
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Materie und Form
3 Die Entelechie als Prozess
4 Der metaphysische Teil der Seele
5 Die drei Seelenvermögen
5.1 Die vegetative Seele
5.2 Die Wahrnehmungsseele
5.3 Die Denkseele
6 Die Bedeutung der Form für das Leben
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
8.1 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedeutung die Form für das Leben hat. Um dieser Frage eine Antwort geben zu können ist es unabdingbar, die Seele und ihre Eigenschaften nach Aristoteles darzulegen. Aristoteles versucht in seinem Werk Über die Seele, zu lateinisch, De anima eine Definition über die Seele zu geben. Dabei ist festzustellen, dass die Seele als Prinzip des Lebens selbst metaphysisch nicht eindeutig definiert werden kann. Die Seele steht nach Aristoteles in direktem Zusammenhang zum Leben und zur Form.
Zunächst folgt die Beschreibung von Materie und Form (Kap. 2). Die Begriffe werden in den folgenden Ausführungen als unzertrennliche Einheit gedeutet. Dies ist wichtig, um ein Verständnis für das Grundgerüst der Seele zu schaffen.
Nachfolgend wird die Entelechie als Prozess (Kap. 3) erläutert, um aufzeigen zu können, welche große Bedeutung sie für den aristotelischen Seelenbegriff in Bezug auf Materie und Form hat. Hierfür muss der metaphysische Teil der Seele (Kap. 4) von Aristoteles betrachtet werden, bei dem er im Gegensatz zu anderen antiken Philosophen, wie z.B. Platon, eine Überleitung zur naturbiologischen Beschreibung der Seelenvermögen (Kap. 5) wagt. Denn bei Aristoteles gibt es weder eine unsterbliche Seele, noch einen Dualismus, da Körper und Seele nur zusammen vorkommen.
Abschließend wird die Fragestellung nach der Bedeutung der Form für das Leben behandelt (Kap. 6).
2 Materie und Form
Wie etwas beseelt wird, macht Aristoteles an der Wesenheit selbst fest. Diese besteht aus Materie und Form. Die Materie bildet die Hauptbestandteile für die Zusammensetzung des Körpers. Die Bestandteile sind stets die gleichen und daher unveränderbar für die Kombination der Materie. Die Form ist die Seele, wird aber auch als Gestalt bezeichnet. Bei näherer Betrachtung stellt die Gestalt das Urbild in Verbindung mit der Materie von der letztendlich verwirklichten Form dar.
Um es noch genauer zu fassen ist die Materie das endlose Potenzial aller vorstellbaren Formen. Die Form ist das tatsächlich verwirklichte Potenzial der Materie.[1]
Hierbei stellt sich folgende Frage „ Wie kommt es nun von dem Potential der Materie zu einer bestimmten Form?“
Um diese Frage beantworten zu können, ist es unabdingbar näher auf die Begrifflichkeiten von Materie und Form einzugehen. Die Materie ist potentiell alles Vorstellbare und die Form, das tatsächliche Resultat der unzähligen Möglichkeiten. Die Begriffe Materie/ Möglichkeit und Form/ vollendete Wirklichkeit lassen sich an folgendem Beispiel deutlicher klären.
Bei der Geburt eines neu geborenen Babys, stellt die Materie die Bestandteile dieses menschlichen Körpers dar. Konkret sind es die chemischen Elemente, aus denen der Körper besteht (kurz: Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff).
Die Potentiale der Materie sind dabei die unzähligen Möglichkeiten, wie aus der Zusammensetzung der Materie schlussendlich der Körper geformt wird. Die Bestanteile an sich sind aber unveränderbar. Das Vermögen [2] ist hierbei die Potenz, zu Griechisch (δύναμις) dynamis.[3] Die Potenziale sind im Beispiel die morphologischen Gegebenheiten der Eltern, um überhaupt ein Kind zeugen zu können, also die Möglichkeit Leben zu erschaffen.
Dynamis wird in passive Potenz und aktive Potenz differenziert. Im Beispiel existiert keine aktive Potenz, da von der Zeugung eines Kindes bis hin zur Geburt kein aktives Vermögen der Eltern vorhanden sein muss. Jeder Mensch der die körperlichen Vorrausetzungen erfüllt Kinder zeugen zu können, besitzt das Vermögen, also die Potenz dazu.
Die Form wird erreicht durch einen hoch energetischen Akt, zu Griechisch „ἐνέργεια, energeia “[4] genannt. Energeia bietet dabei die nötige Energie für die zielgerichtete Wandlung vom Spermium über Embryo zum Fötus bis hin zum Baby.
Demnach ist energeia in dieser Hinsicht vergleichbar mit einer Bauplananleitung, die sich zielgerichtet verselbstständigt. Man bezeichnet energeia deshalb auch als sich selbst verwirklichten Akt. Dies ist allerdings nur ein Versuch um reine Materie zu beschreiben. In der Realität gibt es keine Beispiele für reine Materie, da dies nur theoretisch beschrieben werden kann.[5]
3 Die Entelechie als Prozess
Die Entelechie stammt aus dem griechischen Wort ἐντελέχεια (entelecheia)[6] und bildet das Kernstück in der aristotelischen Lehre.
Das Wort entelecheia besteht aus drei Bestandteilen (en-tel-echeia), was so viel bedeutet wie, das Ziel in sich zu haben.[7] Entelecheia beschreibt den Prozess, bei dem energeia zielgerichtet wirkt, um Materie und Form zu einem beseelten Körper bzw. Lebewesen zu verwirklichen. Dabei wird eine bestimmte Form/ Seele in den Körper gebracht, die es Zeit seines irdischen Daseins einbehält. Die Materie umgibt die Form wie eine Hülle. In dieser Hinsicht stellt die Entelechie, die Rahmenbedingungen für den zuvor beschriebenen Akt (energeia) dar. Die Entelechie hält alle Informationen zur Verwirklichung von Materie und Form inne. Ohne die Entelechie kann es nicht zur Form und damit auch nicht zur vollendeten Wirklichkeit kommen.
Warum wird die Entelechie zur Verwirklichung verortet und warum ist die Seele die erste vollende Wirklichkeit ?
Dieses lässt sich an Hand des gewählten Beispiels wie folgt erläutern:
Die zielgerichtete Bewegung, demnach die Befruchtung der Eizelle, kann nur eine vollendete Wirklichkeit sein, da die Spermien die Information, sprich dem Wissen zur Zielerreichung, also die Befruchtung der Eizelle in sich trägt. Durch den Paarungsakt kommen die Spermien ins Innere des weiblichen Körpers und fangen unmittelbar an ihr passives Potenzial zu verwirklichen.
Doch erst nach der erfolgreichen Befruchtung der Eizelle kommt es zur wahren Verwirklichung, sprich dem Erkennen der verwirklichten Form (die Beseelung der Eizelle durch das Spermium). Das Wissen ist demnach stets vor dem Erkennen vorhanden und deswegen wird die Entelechie zur Verwirklichung verortet und deshalb stellt die Form/ Seele die erste vollende Wirklichkeit dar.[8] Was Aristoteles genauer unter dem Begriff Seele versteht, wird im anschließenden Kapitel behandelt.
4 Der metaphysische Teil der Seele
Die Seele gehört zur Kategorie des Seienden [9]. Als Seiendes ist sie Wirklichkeit und wohnt in allen Geschöpfen inne. Dabei entspricht die Seele der Wesenheit eines jeden Lebewesens.[10] Die Wesenheit besteht aus Materie und Form bzw. Gestalt. Die Materie ist endlos und wird ständig verwandelt. Die Entelechie bestimmt dabei, in was sich die Materie verwandelt. Da nur die Entelechie das Ziel in sich trägt, sprich die Schlüsselinformation Materie zu einem bestimmten Körper werden zu lassen.
Alle anderen Körper ohne natürliche Entelechie, kommen von außen und ihr Ziel ist somit fremdbestimmt.
Wie genau ist die Unterscheidung von außen und innen Entstandenem metaphysisch zu verstehen?
Ein Gegenstand der von Menschen erschaffen wurde, trägt weder das Ziel sich selbst zu verwirklichen, noch hat er die Möglichkeit dazu. Er wird nach der menschlichen Konstruktion geschaffen. Jedoch erfüllt ein solcher Gegenstand die Voraussetzungen einer Form, da er zum einen aus Materie besteht und zum anderen weil es eine Form hat, die Raum einnimmt. Diese Form ist allerdings fortwährend unbeseelt, da sie sich nicht selbst bewegen kann. Dies bedeutet, dass keine weitere Wandlung aus sich selbst heraus möglich ist.
Angenommen ein von Menschenhand geschaffener Tisch würde von selbst wachsen, sich reproduzieren können oder sich selbst ernähren bzw. Hunger sowie Durst verspüren, so könnte man nicht behaupten, dass er unbeseelt sei. Da aber ein Tisch weder Gefühle hat, noch sich aus eigener Kraft verändern kann, muss man sich eingestehen, dass er unbeseelt ist.
5 Die drei Seelenvermögen
Im folgenden Kapitel wird beschrieben, wie Aristoteles von einer metaphysischen Darstellung der Seele zu den drei verschiedenen Seelenvermögen kommt. Er zieht den Körper mit in die umfassende wissenschaftliche Darstellung hinzu. Aristoteles beschreibt den Körper als Einheit mit der Seele, exakter gesprochen als vollendete Wirklichkeit, die ohne einander irrelevant sind, da sie nur zusammen vorkommen können.[11]
Da die Seele eine Kategorie des Seienden ist, gehört der Körper ebenfalls zum Seienden dazu. Um diesen Verschmelzungsgrad näher zu beschreiben, wird der Kunstbegriff Hylemorphismus [12] verwendet. Dieses Wort ist ein Zusammenschluss aus zwei altgriechischen Wörtern und zwar hýlē [13] , was so viel heißt wie Materie und dem Wort morphḗ[14], was Form bzw. Gestalt bedeutet.
Der Begriff des Hylemorphismus hat eine große Bedeutung und bildet somit eine zentrale Rolle in der aristotelischen Leib-Seele Thematik. Denn genau hierdurch versucht Aristoteles das Seiende vom Nichtseienden zu unterscheiden und seine eigene Frage, Wie entsteht Leben und was bedeutet Werden und Vergehen, zu beantworten.[15]
Beim Hylemorphismus geht es darum, dass die Form sowie die Materie eine unzertrennliche Einheit bilden und dadurch lebendig werden bzw. Leben entsteht. Beides, Materie sowie Form, entstammt der endlichen Substanz.
[...]
[1] Aristoteles, Über die Seele, Stuttgart 2011, S. 59.
[2] Andreas Gasser, Form und Materie bei Aristoteles, Tübingen 2015, S. 217.
[3] Otfried Höffe, Aristotles Lexikon, Stuttgart 2005, S. 139 – 144.
[4] Hubertus Busche, Die Seele als System. Aristoteles’ Wissenschaft von der Psyche, Hamburg 2001, S. 104 – 105.
[5] Vgl.: Hubertus Busche, Die Seele als System. Aristoteles’ Wissenschaft von der Psyche, Hamburg 2001, S. 132.
[6] Andreas Gasser, Form und Materie bei Aristoteles, Tübingen 2015, S. 224 – 240.
[7] Andreas Gasser, Form und Materie bei Aristoteles, Tübingen 2015, S. 225.
[8] Vgl.: Aristoteles, Über die Seele, Stuttgart 2011, S. 61.
[9] Aristoteles, Philosophische Schriften in sechs Bänden. Aristoteles Metaphysik, Hamburg 1995, S. 131-133.
[10] Aristoteles, Über die Seele, Stuttgart 2011, S. 59.
[11] Aristoteles, Über die Seele, Stuttgart 2011, S. 61.
[12] Christoff Rapp, Aristoteles zur Einführung, Hamburg 2001, S. 179.
[13] Otfried Höffe, Aristotles Lexikon, Stuttgart 2005, S. 271-275.
[14] Otfried Höffe, Aristotles Lexikon, Stuttgart 2005, S. 369-370.
[15] Andreas Gasser, Form und Materie bei Aristoteles, Tübingen 2015, S. 214.
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- Driton Rizvanaj (Author), 2016, De anima. Welche Bedeutung hat die Form für das Leben?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437102
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