Nach biblischer Ansicht geht das Böse keinesfalls von Gott aus. Wie in Genesis 1 mehrfach erwähnt, schuf Gott die Erde gut und deshalb ist von einer rein guten Schöpfung auszugehen. Genauer betrachtet beschäftigt sich die Bibel auch gar nicht mit der Herkunft des Bösen, sondern vielmehr mit dessen Auswirkungen und dessen Beseitigung. Die Annahme, dass das Böse im Christentum verdrängt wird, ist nicht richtig, wird aber von vielen Nichtchristen angenommen. In der Bibel wird zwar überwiegend das Gute beschrieben, da der Mensch durch Gott zum Guten kommen solle, aber das Böse wird keinesfalls ausgeschlossen oder verleugnet.
In dieser Arbeit möchte ich darstellen, wie Carl Gustav Jung zum Bösen steht und dies anhand des Buches „Antwort auf Hiob“ näher beleuchten. Außerdem möchte ich mir ein Bild davon machen, ob Jung das Böse in seinen Büchern nicht verharmlost. Um die späteren Ansichten Jungs besser zu verstehen und deren Ursprünge zu erkennen, halte ich es für sinnvoll, zunächst eine Biografie dieser bedeutenden Person darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Definition des Bösen
1.1 Biblischer Ansatz
1.2 Eigene Ansicht und Definition für die Seminararbeit
2. Carl Gustav Jung
2.1 Biografie
2.2 Einige Werke und Thesen von C.G. Jung
2.3 Sein Bild vom Bösen
3. Das Buch Hiob
3.1 Zusammenfassung
3.2 Historisch-kritische Darstellung
3.3 Bedeutung für das Christentum und das Judentum
3.4 Auslegungen in Bezug auf das Böse
4. Antwort auf Hiob
4.1 Inhaltsangabe
4.2 Jungs Umgang mit dem Bösen in diesem Buch
4.3 Reaktionen auf das Buch und Jungs Lehren im Allgemeinen
5. Abschließende Bemerkungen
6. Abbildungen
6.1 Abbildungsverzeichnis
6.2 Abbildungen
Literaturverzeichnis
1. Definition des Bösen
1.1 Biblischer Ansatz
Nach biblischer Ansicht geht das Böse keinesfalls von Gott aus. Wie in Genesis 1 mehrfach erwähnt, schuf Gott die Erde gut und deshalb ist von einer rein guten Schöpfung auszugehen. Genauer betrachtet beschäftigt sich die Bibel auch gar nicht mit der Herkunft des Bösen, sondern vielmehr mit dessen Auswirkungen und dessen Beseitigung.[1] Die Annahme, dass das Böse im Christentum verdrängt wird, ist nicht richtig, wird aber von vielen Nichtchristen angenommen. In der Bibel wird zwar überwiegend das Gute beschrieben, da der Mensch durch Gott zum Guten kommen solle, aber das Böse wird keinesfalls ausgeschlossen oder verleugnet.
Das Böse hat in der Bibel fünf unterschiedliche Namen, denen teilweise auch eine jeweils andere Art des Bösen zugeordnet wird. So wird der Teufel z.B. häufig als Unruhestifter bezeichnet, der für Chaos sorgt und so versucht, den Menschen von Gott wegzubringen. Eine weitere Personifizierung des Bösen finden wir in Satan, der als Ankläger gilt. Er klagt den Menschen bei Gott an und lässt so Gott darüber urteilen, was Gut und was Böse ist. Durch Satan wird klar, dass die letzte Entscheidung nach biblischer Sicht immer bei Gott liegt. Teilweise wird das Böse auch als solches bezeichnet und kann dann vielen Arten des Bösen angehören (ein Beispiel, wo das Böse direkt genannt wird ist im „Vater unser“ zu finden: „Erlöse uns von dem Bösen“[2] ). Als Feind wird das Böse beispielsweise in Matthäus 13,39 bezeichnet, wobei dieses eindeutig dem Menschen gegenübersteht und ihn bei Gott anschuldigt. Die fünfte Bezeichnung für das Böse finden wir in Johannes 12,31. Hier bezeichnet man das Leid, welches auf Erden herrscht, als den Fürsten der Welt. Dadurch wird die Erde, die nicht dem Paradies entspricht, als böse charakterisiert.[3]
Interessanterweise kommt das Böse oder das als Satan personifizierte Böse im Alten Testament seltener vor als im Neuen Testament.[4] Da durch Jesu Auferstehung das Böse aber besiegt sein sollte, würde man doch das Gegenteil annehmen. Hierzu lässt sich nur vermuten, dass, von Jesus Zeiten bis zur Offenbarung hin, dem Menschen immer bewusster wurde, was das Böse ist und wie sehr es ihn von Gott trennt. Man könnte dies auch auf den Gesellschaftswandel durch Jesu Vorbild beziehen. Im Alten Testament war beispielsweise Rache noch ein legitimes Mittel, was nach Jesu Aussagen wie „Liebe deinen Nächsten“[5] als Böse angesehen wurde. Dies ist jedoch nur eine Annahme und kann nicht als Tatsache betrachtet werden.
Das Böse kam der Bibel nach keinesfalls, wie es viele Menschen denken, nur durch den Sündenfall in die Welt. Dieser beschreibt lediglich die Hauptsünde, aber in keiner Weise den absoluten Ursprung. Das Böse wurde durch eine ganze Anreihung von Grenzüberschreitungen durch den Menschen in dieser Welt verfestigt.[6] Das Ganze begann mit dem Sündenfall, bei dem der Mensch Gott misstraute und seine Gebote nicht befolgte. Als Kain Abel erschlug, wendete sich der Mensch gegen seine Mitmenschen, um seinen Willen zu erreichen. Die beiden weiteren Schritte in der großen Geschichte des Leids und der Sünde beschreiben das Streben nach Macht und den Willen nach übermenschlichem Sein, welche sich einmal in Genesis 6, 1-4 durch die Vermählung von Menschen und Engeln und in Genesis 11,1-9 in der Überschätzung der technischen Möglichkeiten durch den Menschen beim Turmbau von Babel zeigen.[7]
In der Bibel wird das Böse also als das Getrenntsein von Gott beschrieben. Es wird in mehreren Charakteren personifiziert und entwickelt sich im Laufe der Bibel, worauf ich später bei Hiob noch zurückkommen möchte. Dadurch, dass die Erde an sich als böse beschrieben wird, hat der Mensch in jeder Situation mit der Versuchung gegen Gott zu handeln, zu kämpfen.
1.2 Eigene Ansicht und Definition für die Seminararbeit
Da es in dieser Seminararbeit nicht um einen Menschen geht, dessen Tat bewertet werden soll, sondern vielmehr um den Versuch, Gott, sofern man die Existenz eines Gottes anerkennt, zu verstehen, ist es schwer, meine eigenen Ansichten zum Bösen nützlich einzubringen. Vielmehr werden meine Vorstellungen über die Herkunft des Bösen gefragt sein. Diese möchte ich in diesem Abschnitt genauer darstellen.
Zunächst möchte ich betonen, dass ich an die Existenz eines Gottes glaube, da ich mir nicht vorstellen kann, dass die Erde einfach so entstanden ist. Grundlegend kann ich mich bei den Gottesvorstellungen an Carl Gustav Jung anschließen, auf die ich später genauer eingehen möchte. Das Böse muss einen Ursprung haben und kann meiner Meinung nach genauso wenig wie die Erde selbst einfach da gewesen sein. Da ich Gott als den Schöpfer anerkenne, sehe ich auch den Ursprung des Bösen in ihm. Das bedeutet also, dass es meiner Ansicht nach keinen rein guten Gott gibt. Jedoch ist zu beachten, dass beim christlichen Gott das Gute überwiegt und das Böse ein kleiner Teil unter vielen guten Eigenschaften Gottes ist. Im Charakter der Menschen jedoch nimmt es einen häufig größeren Anteil ein, als in Gott selbst.
Was nun als Böse bewertet werden kann, hängt häufig von dem Schaden ab, den eine Tat bereitet und ob sich die Person bewusst über ihr Handeln und dessen Folgen ist. So kann man meiner Ansicht nach eine Person die unbewusst – beispielsweise wegen einer Krankheit – handelt, nicht als böse bezeichnen.
Bei dem Leid, das Gott Hiob in dem nach ihm benannten Buch antut, handelt es sich aber eindeutig um eine böse Tat, welche hier also von der bösen Seite Gottes erfolgt. Man sollte beim Bewerten von biblischen Geschichten immer darauf achten, dass Gott stets Eins ist. Ist von Engeln die Rede, so ist das Gott und ist von Satan die Rede, ist es ebenfalls Gott. Es gibt nicht die gute und die böse Seite im Himmel, die sich gegenüber stehen und gegen einander kämpfen, sondern es ist immer Gott, der eben zwei Charaktere aufweist.
Soweit meine Ansichten zu diesem Thema. Nun möchte ich darstellen, wie Carl Gustav Jung zum Bösen steht und dies anhand des Buches „Antwort auf Hiob“ näher beleuchten. Außerdem möchte ich mir ein Bild davon machen, ob Jung das Böse in seinen Büchern nicht verharmlost. Um die späteren Ansichten Jungs besser zu verstehen und deren Ursprünge zu erkennen, halte ich es für sinnvoll, zunächst eine Biografie dieser bedeutenden Person darzustellen.
2. Carl Gustav Jung
2.1 Biografie
Carl Gustav Jung wurde am 26. Juli 1875 in Kessewil am Bodensee als Sohn des evangelischen Pfarrers Johann Paul Achiles Jung und Emilie Jung geboren. Er war damit in einer sehr vielseitig interessierten Familie zur Welt gekommen.[8] Knapp sechs Monate nach Carl Gustavs Geburt fand ein Umzug nach Schaffhausen statt und vier Jahre später folgte ein weiterer Wohnsitzwechsel nach Klein-Hüningen. Im Jahre 1884 machte die Geburt seiner Schwester Gertrud die Familie Jung vollzählig.[9] Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Gymnasialschulzeit in Basel schwankte Jung bei der Entscheidung für ein Studium zwischen Natur- und Geisteswissenschaften. Er entschied sich letzten Endes für ein Medizinstudium und folgte damit dem Beispiel seines Großvaters Ignaz Jung, der von 1759 bis 1831 lebte und als Arzt tätig war. Als 1896 Jungs Vater starb, geriet die Familie in finanzielle Schwierigkeiten und Carl Gustav musste sich das Studium durch viele Nebenjobs selbst finanzieren. Jung beschrieb diese Zeit in Armut aber keinen Falls als negativ, im Gegenteil meinte er, dass man in Armut die einfachen Dinge zu schätzen lerne und sah diese Zeit deshalb als durchaus positive Erfahrung an.[10] Mit der Arbeit seines Vaters konnte sich Jung nie identifizieren, da er nicht dazu bereit war, einem Dogma zu folgen und, wie dies seiner Meinung nach in der Kirche geschah, unreflektiert Dinge zu predigen die man selber nicht verstand. Jung beschrieb sich selbst nie als ungläubig, er war nur der Überzeugung, dass man Glaube nicht predigen kann sondern ihn selber erleben müsse[11] („Das Gottesbild ist keine Erfindung, sondern ein Erlebnis“[12] ).
Durch das Buch „Lehrbuch der Psychiatrie“ von Krafft-Ebbing zum Beruf des Psychiaters inspiriert, startete Jung zu Beginn des Jahres 1900 als Assistent von Professor Eugen Bleuler an der Psychiatrischen Klinik „Burghölzli“ in Zürich. Er sah in diesem beruflichen Bereich sein Interesse an Natur- und Geisteswissenschaft mit seinem Studium der Medizin verbunden. Seine medizinische Doktorarbeit „Zur Psychologie und Pathologie sogenannter occulter Phänomene“ beendete Jung im Jahre 1902. Er legte nach zwei Jahren Arbeit eine Pause ein und begann einen einjährigen Aufenthalt in Paris, um dort mit Professor Pierr Janet zu arbeiten. Wieder zurück in Zürich wurde er 1905 als Oberarzt eingestellt. 1903 ging er eine Ehe mit Emma Rauschenbach ein und bekam mit ihr fünf Kinder, vier Mädchen und einen Jungen.[13]
Während seiner Kindheit hatte Jung viele Träume und Visionen, die zu einem Art Doppelleben führten. Auf der einen Seite gab es den nach außen sichtbaren Carl Gustav, der schwer mit Mathe und Turnen zu kämpfen hatte. Die jedoch für Jung selbst wichtigere Seite seiner Persönlichkeit war sein inneres Erleben, was sich in seinen späteren Lehren auch sehr deutlich abzeichnete. Diese geistige Seite C. G. Jungs trat auch bei einem Ohnmachtsanfall und einer schweren Kopfverletzung, bei denen er einige Visionen hatte, stark in Erscheinung.[14]
Ein weiteres Werk („Über die Psychologie der Dementia praecox“) erschien 1907. Noch im selben Jahr begann der persönliche Kontakt mit Sigmund Freud durch ein Treffen in Wien im Februar. Freud bekam für seine Thesen als Jude zur Zeit des Antisemitismus wenig Zuspruch. Dennoch hatten seine Lehren, vor allem das Werk zur Traumdeutung, Auswirkungen auf das Arbeiten Jungs, der sich sehr viele Gedanken über die Thesen Sigmund Freuds machte. Dies soll nicht bedeuten, dass er mit Freud stets einer Meinung war, eher im Gegenteil standen diese beiden Männer häufig im Kontrast.[15] Eine Meinungsverschiedenheit zu einer These Jungs führt im Jahr 1913 zum Bruch der Freundschaft. Dieser Verlust stürzte Jung in eine tiefe innere Krise.
1909 beendete Jung seine Arbeit an der Klinik in Zürich und eröffnete eine Privatklinik in Küsnacht. Um sich weiter über seine Theorie des kollektiven Unbewussten zu informieren, startete Jung mehrere Expeditionen nach Nord-Afrika, zu den Pueblo-Indianern, Kenia, Uganda und Indien, auf welchen er zu der Erkenntnis gelangte, dass es in der westlichen Welt einer Erweiterung der Wissenschaft bedürfe. Seine Gedanken zur Begegnung von Ost und West schrieb er in dem Aufsatz „Yoga und der Westen“ im Jahre 1936 nieder.[16] Jung beschrieb im Laufe seines Lebens immer wieder eine gewisse Einsamkeit, die ihn stets begleitete, da er das Gefühl hatte, etwas zu wissen, was andere Menschen nicht verstanden oder nicht verstehen wollten.[17] Seine Frau Emma starb 1955. Nach der Entwicklung vieler Theorien und der Veröffentlichung vieler Werke, welche, wie Jung selbst betonte, noch der Nacharbeit bedürfen („Die systematische Aufarbeitung meiner oft nur hingeworfenen Gedanken bedeutet eine Aufgabe für alle, die nach mir kommen, und ohne eine derartige Leistung wird es keinen Fortschritt in der Wissenschaft der analytischen Psychologie geben“[18] ), endete das Leben Carl Gustav Jungs am 6. Juni 1961 im Alter von 86 Jahren.
2.2 Einige Werke und Thesen von C.G. Jung
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Carl Gustav Jung so umfangreiche und vielseitige Gedanken verfolgte, dass es gar nicht möglich ist, diesen in einer Seminararbeit gerecht zu werden. Die von mir hier angeführten Werke und Thesen schienen mir als relevant in Bezug zum Thema des Bösen und sollen die für Jung typischen Gedanken darstellen.
Eine genaue Anzahl der von Carl Gustav Jung verfassten Werke ist nicht eindeutig festzustellen, da er viele seiner Gedanken nicht in einem Buch veröffentlichte, sondern in seinem Tagebuch oder anderen Aufzeichnungen für sich vermerkte. Demnach wurden auch nicht alle seiner Gedanken veröffentlicht. Zu seinen bekanntesten Werken gehört „Die Archetypen des kollektiven Unbewussten“, in dem er seine grundlegendste These beschreibt. Das kollektive Unbewusste stellt für Jung eine Art gemeinschaftliches Unterbewusstsein dar, das vom Individuum unabhängig ist.[19] In vielen weiteren seiner Werke vergleicht er die Psychologie mit anderen Lehren oder Wissenschaften: „Psychologie und Alchemie“ (1944); „Psychologie und Erziehung“ (1946) und „Psychologie und Religion“ (1937-1940).[20] In dem zuletzt genannten Werk beschreibt Jung die Selbstwerdung aus Sicht des Christentums. Die Selbstwerdung basiert im Allgemeinen auf der Unterscheidung von „Ich“ (Mensch) und „Selbst“ (übermenschliche Macht). Das Selbst ist in diesem Werk der Ort der Religion. Somit beschreibt die Inkarnation Gottes, also die Verwirklichung Gottes in einem Menschen, die Selbstwerdung im christlichen Sinn. In anderen Worten: Christen können sich durch die Inkarnation in Jesus besser mit Gott identifizieren. Außerdem beschreibt Jung in diesem Werk seine Vorstellung zur Trinität und die nach ihm benötigte Ergänzung zur Quaternität (vgl. Abbildung 1).[21]
Da ich viele von Jungs Werken später noch indirekt erwähnen werde, halte ich es nicht für sinnvoll, deren Inhalte hier schon vorweg zu nehmen. Wie bereits erwähnt, wurden nicht alle von Jungs Werken veröffentlicht und viele seiner Thesen kann man nur aus den Werken einiger seiner Schüler herausfinden. Der größte Teil seiner Thesen wurde von einer seiner Schülerinnen zusammengestellt und in dem Werk „Erinnerungen, Träume, Gedanken“ veröffentlicht.
2.3 Sein Bild vom Bösen
Dadurch, dass sich Carl Gustav Jung nie auf eine Meinung komplett festlegte, schwankt auch sein Bild des Bösen von Werk zu Werk. So beschreibt Jung beispielsweise ein zweifaches Verständnis des Bösen, was in seinen Werken jedoch nicht immer eindeutig unterschieden werden kann. Die eine Seite des Bösen ist für ihn die vorpersonale oder auch naturhafte Seite, diese steht dem moralischen beziehungsweise ethischen Bösen gegenüber. Primär beschreibt Jung das Böse aber auch als Macht, die aus dem Unbewussten kommt, wodurch er es nicht nur dem Menschen selbst zuschreibt sondern auch seiner Umwelt, die dem Menschen das Böse antut. Hierbei kann man jedoch nicht klar zwischen dem Bösen, das aus dem Menschen selbst oder besser gesagt aus dem Unterbewusstsein des Menschen kommt, und dem Bösen, das von außen auf die Person einwirkt, unterscheiden. Jung betont auch, dass das Unbewusste kein Gut und Böse kennt, sondern diese Wertfunktion jedem Menschen individuell zu kommt und es dadurch kein eindeutiges Böses gibt („quasi Böse“[22] ). Wie eine Person dies bewertet, kommt dabei auf das individuelle Entwicklungsstadium an.[23]
Carl Gustav Jung betrachtet das Böse häufig nicht als alleinige Antriebskraft, sondern er legt großen Wert auf die Gegensätzlichkeit von Gut und Böse. So vergleicht er Gut und Böse beispielsweise mit dem Chaos und der Ordnung oder auch mit dem Bewussten und dem Unbewussten. Betont werden muss hierbei, dass er diese jeweiligen Gegensätze grundsätzlich nicht der guten oder der bösen Seite zuschreibt, sondern nur einen Kontrast zum Ausdruck bringt. So kann das Böse als eigenständige Energie, die Eigenmacht und Dynamik besitzt und sich so dem Guten entgegensetzt, zusammengefasst werden.[24] Zur Entstehung des Bösen ist Jung der Überzeugung, dass das Böse auch Gotteswille ist, da – ganz im Gegensatz zur Privatio-Boni-Lehre – es keine böse Schöpfung von einem rein guten Gott geben kann. Jung stellt das Böse aber in keinem Fall als unbesiegbare Macht dar, er legt sogar größten Wert auf die Besiegung des Bösen, die für ihn zum Individuationsprozess eines jeden Menschen gehört beziehungsweise gehören sollte. Jung beschreibt darin das Böse als Schatten, den es in das „Selbst“[25] zu integrieren gilt. Gelingt diese Integration nicht, so tritt das Böse in Erscheinung. Genauso beschreibt Jung die „Libido“[26] – sofern sie nicht in das Selbst integriert werden kann – als zerstörerische Macht oder auch als „ungezähmte Libido“.[27]
[...]
[1] Vgl. Stubhann, Prof. Dr. Matthias u. A. (1985) S. 112f
[2] Hoffnung für alle (Bibel) Matthäus 6, 9-13
[3] Vgl. Jentsch, Werner; Jetter, Hartmut; Kießig, Manfred und Reller, Horst (Jahr unbekannt) S. 336 (bezieht sich auf gesamten Abschnitt)
[4] Vgl. Frei-Anthes, Henrike, Satan (AT), In: Bibelwissenschaften (https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/satan-at/ch/329f71e94f3863bd3896dca1528020a4/ Zuletzt: 17.04.2017) 2007, ohne Paginierung
[5] Hoffnung für alle (Bibel), Mt 5,43
[6] Vgl. Jentsch, Werner; Jetter, Hartmut; Kießig, Manfred und Reller, Horst (Jahr unbekannt) S. 255
[7] Vgl. Jentsch, Werner; Jetter, Hartmut; Kießig, Manfred und Reller, Horst (Jahr unbekannt) S. 257
[8] Vgl. Wehr, Gerhard(1.Auflage: 1969; 22.Auflage: 2013) S.9
[9] Vgl. Krapf, Pascal (2000) S.3
[10] Vgl. Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S.19; Wehr führt hierzu ein Zitat aus den „Erinnerungen, Träume, Gedanken“ an. Dieses Buch wurde von einer Schülerin Jungs (Aniela Jaffé) nach dessen Tot zusammengestellt und veröffentlicht.
[11] Vgl. Karpf, Pascal (2000) S.4
[12] Jung, Carl Gustav, Aion, Zürich 1951, S.281
[13] Vgl. Gawlick, Ramona, Carl Gustav Jung Biografie, in: Carl Gustav Jung.net (http://www.carl-gustav-jung.net/impressum.shtml Zuletzt: 15.04.2017) 2013, ohne Paginierung
[14] Vgl. Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S.12
[15] Vgl. Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S.26, 28, 31 oder auch Beck, Irene (1976) S. 26; hier werden die Ansichten Freuds und Jungs in Bezug auf den Libido Begriff gegenübergestellt
[16] Vgl. Krapf, Pascal (2000) S.3 und Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S.89, 97
[17] Vgl. Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S.15
[18] Aus Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S. 125; diese Zitat stammt aus einem Brief von Jung an seine Schülerin Jolande Jacobi, welches dem Werk „Der Weg zur Individuation“ (Zürich 1965 von Jolande Jacobi, S.7) entnommen wurde
[19] Vgl. Krapf, Pascal (2000) S.5
[20] Vgl. Wehr, Gerhard (22.Auflage: 2013) S.141ff
[21] Vgl. Rieländer, Maximilian; Silberer, Michael (1969) S.6, 8, 9
[22] Jung, Carl Gustav, Über die Archetypen des kollektiven Unbewussten, Zürich 1954, S.46
[23] Vgl. Beck, Irene (1976) S. 5, 17, 18, 22
[24] Vgl. Beck, Irene (1976) S. 22, 23
[25] Das Selbst beschreibt für Jung die göttliche Macht, der sich ein jeder Mensch unterordnen sollte. Im Selbst treffen unbewusste und bewusste Faktoren aufeinander. Jung erwähnt diese Konstellation von Ich (das Individuum) und Selbst und die Individuation (die Erkennung des Ichs im Selbst und die Integration des Bösen) in vielen seiner Werke.
[26] Die Definition der Libido war ein weiterer Kontrastpunkt zwischen Jung und Freud. Freud sah in der Libido ausschließlich den sexuellen Drang, wärend Jung es mit der Energie verglich: Es gibt verschiedene Formen, die einem empirischen Gesetz folgen aber an sich unbekannt bleiben. Vgl. hierzu Beck Irene (1976) S.26
[27] Beck, Irene (1976) S.30
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