Diese Arbeit behandelt folgenden Themen: angeborener Zahlensinn, Begriffsdefinitionen von enaktiv, ikonisch, symbolisch, kardinaler und ordinaler Zahlenaspekt, Materialeinsatz bei der Bearbeitung von mathematischen Inhalten, didaktische Anforderungen an mathematisches Material und die Definition von der „Kraft der Fünf“. Anschließend werden Teilleistungsstörungen als Risikofaktoren und ihre Auswirkungen auf den Unterricht erläutert. Das Problem der Passung wird am Schluss der Arbeit diskutiert.
Lerncoaching: Rechenstörungen
zu Aufgabe 1 a – Angeborener Zahlensinn
Unter dem angeborenen Zahlensinn versteht man die intuitive, bereits bei Säuglingen zu beobachtende Fähigkeit zur Unterscheidung und Wahrnehmung von Mengen und Anzahlen sowie der Veränderung dieser. Der angeborene Zahlensinn dient als Basis für die Entwicklung der Rechenfähigkeiten und späterer mathematischen Kompetenzen sowie als Ausgangspunkt für die im Verlauf der Kindheit zunächst unsystematischen Erfahrungen im Umgang mit Zahlen. Da der intuitive Umgang mit Zahlen im Verlauf der schulischen Ausbildung an den angeborenen Fähigkeiten ansetzt und diese durch Rechenoperationen verfeinert, abstrahiert und in einen sukzessiv komplexeren Zusammenhang stellt, gilt der z.B. in Schuleingangsuntersuchungen getestete Erwerb von Zahlenvorstellungen in Bezug auf das Wissen um Mengen(-vergleiche), Relationen, Zahlen und Zählfähigkeit als Indikator für die Vorhersage späterer mathematischer Leistungen in der Schulzeit. Liegen z.B. bei derartigen Untersuchungen Störungen in Bezug auf den angeborenen Zahlensinn vor, so können diese Ursache für die Entwicklung von Rechenstörungen sein.
zu Aufgabe 1 b Enaktiv, ikonisch, symbolisch - Begriffsdefinitionen
Die Begriffe enaktiv, ikonisch und symbolisch bezeichnen Repräsentationsebenen für mathematische Inhalte und gehen auf die E-I-S-Theorie nach Bruner (1971) zurück. Ausgangspunkt dieser Theorie sind Forschungsergebnisse, die die Bedeutsamkeit von eigenen, konkreten kindlichen Erfahrungen für das Erlernen des Umgangs mit Zahlen und Rechenoperationen herausgestellt haben. Da mathematische Operationen sehr abstrakt sind, ist für diese geistige Tätigkeit viel Erfahrung vonnöten, die die Kinder auf verschiedenste Arten auf unterschiedlichen Repräsentationsebenen sammeln können und sollten, um die Grundlage für das Verständnis mathematischer Inhalte zu schaffen. Bruner unterscheidet dabei Erfahrungen auf enaktiver Ebene, die auf konkreten handelnden Tätigkeiten in Bezug auf mathematische Inhalte beruhen (z.B. das konkrete Subtrahieren: Von einer Menge von sieben Spielzeugautos werden drei weggenommen, so dass nur noch vier zum Spielen übrig bleiben.), Erfahrungen auf ikonischer Ebene, die auf der Deutung bildlicher Darstellungen beruhen und bereits einen im Vergleich zur enaktiven Ebene höheren Grad der Abstraktion aufweisen (z.B. die zuvor skizzierte Subtraktion findet nicht mit Hilfe konkreter, fassbarer Objekte, sondern anhand einer grafischen Abbildung von Spielzeugautos in einem Schulbuch statt, die das Kind nicht konkret vor sich sieht. Auf dem Bild sieht es sieben Spielzeugautos und muss in seiner Vorstellung davon drei wegnehmen.) sowie auf symbolischer Ebene. Letztere setzt den höchsten Grad an Abstraktion voraus, denn anders als in den vorherigen Beispielen wird auf dieser Repräsentationsebene nicht mit konkreten oder abgebildeten Objekten wie Spielzeugautos operiert, sondern mit Zahlen, Symbolen und Zeichen. Statt der zuvor bildlich dargestellten Anzahl an Spielzeugautos wird die Rechenoperation anhand von Zahlen und Symbolen durchgeführt (7-3=4), indem die Spielzeugautos symbolisch mit Zahlen, die Subtraktion mit Zeichen dargestellt werden.
Ziel dieses Prozesses, der auf wachsendem Abstraktionsvermögen beruht, ist, dass Kinder verstehen lernen, was unter einem mathematischen Inhalt zu verstehen ist, und sich darunter etwas vorstellen können. Verbunden damit ist auch der sukzessiv steigende Anspruch an das Gedächtnis, die Sprache und die Vorstellungskraft, wenn statt mit konkreten Objekten nur noch mit Symbolen und Zahlen zu operieren ist. Dennoch sieht die E-I-S-Theorie nach Bruner keinen sukzessiv verlaufenden Lernprozess vor, der ausgehend von Fähigkeiten auf der enaktiven Repräsentationsebene das Ziel des Operierens auf symbolischer Ebene erreicht, sondern ein stetigen Wechsel zwischen den verschiedenen Repräsentationsebenen, der das Kind dazu befähigt, auch von der symbolischen auf die enaktive oder ikonische Ebene zu wechseln, indem es bspw. zu einer symbolisch dargestellten Rechenoperation (7-3=4) ein Bild malt (ikonisch z.B. mit Spielzeugautos) oder diese konkret mit Hilfe von greifbaren Spielzeugautos enaktiv durchführt.
zu Aufgabe 1 c – Kardinaler Zahlenaspekt
Eine Kardinalzahl bezeichnet alle zu einer Menge gehörenden Objekte und gibt demnach die Mächtigkeit einer Menge an. Nimmt man als Beispiel acht Lehrgangshefte, so bedeutet dies, dass zu der Menge an Lehrgangsheften insgesamt acht Hefte gehören (=Mächtigkeit der Menge), deren Anzahl durch Zählen ermittelt werden kann, allerdings sich nicht nur das achte Lehrgangsheft selbst bezieht, sondern auf die Menge aller Lehrgangshefte, die gezählt wurden. Wichtig für den kardinalen Zahlaspekt ist die Einsicht, dass alle Mengen gleich viele Objekte umfassen, die der gleichen Kardinalzahl zugeordnet werden können, also entspricht die Menge von acht Lehrgangsheften der Menge von acht Stiften.
zu Aufgabe 1 d – Ordinaler Zahlenaspekt
Anders als eine Kardinalzahl bezieht sich eine Ordinalzahl nicht auf eine Menge, sondern nur auf einen Rangplatz eines Objekts und stellt somit gleichsam eine Nummerierung dar, die durch Zählzahlen benannt werden. Nimmt man z.B. das achte Lehrgangsheft, so ist mit dem ordinalen Zahlaspekt lediglich das achte Lehrgangsheft selbst gemeint, nicht aber die übrigen Hefte.
zu Aufgabe 2 a – Materialeinsatz bei der Erarbeitung von mathematischen Inhalten
Alltagsmaterialien eignen sich nur insofern nur bedingt für die Erarbeitung mathematischer Inhalte, dass sie auf der enaktiven oder ikonischen Repräsentationsebene zwar den Zugang und die Hinführung zu mathematischen Inhalten aufgrund der kontextualen Anschaulichkeit und der Möglichkeit der Anknüpfung an individuellen Präferenzen (Addition mit Lieblingsspielzeug etc.) erleichtern und auch den Aspekt der Gleichwertigkeit von Mengen visuell konkret veranschaulichen können, doch eignen sie sich oftmals nicht dazu, eine Einsicht in Strukturen und Gesetzmäßigkeiten zu vermitteln. Grund dafür ist einerseits die Individualität der einzusetzenden Alltagsmaterialien, die je nach Form, Farbe etc. variieren und somit von der eigentlichen mathematischen Rechenoperation ablenken können (z.B. verschieden geformte Kastanien), andererseits aber auch die Tatsache, dass mathematische Gesetzmäßigkeiten am besten mit universell einsetzbarem Material zu lernen ist, das bei verschiedenen Inhalten und Zahlenräumen unabhängig von äußeren Begebenheiten genutzt werden kann. Da der Fokus ja auf der Einsicht mathematischer Inhalte liegt, sollte zwar auf Anschaulichkeit geachtet werden, doch keineswegs sollte das Material so attraktiv erscheinen, dass das Kind zu einer Beschäftigung mit dem Material nur um des Materials willen angeregt wird.
Daher können Alltagsmaterialien zwar dabei genutzt werden, um Kindern handelnde, aktive Erfahrungen auf der enaktiven Repräsentationsebene zu schaffen, doch sollte in einem nächsten Schritt dabei auf Material wie bspw. Plättchen zurückgegriffen werden, die stellvertretend, äußerlich reduziert für die eingesetzten Alltagsmaterialien stehen und das Abstraktionsvermögen schulen. Die Einsicht darin, dass Plättchen, auf symbolischer Ebene auch Zahlen und Symbole, stellvertretend und abstrakt für Alltagsgegenstände gebraucht werden, ist die Voraussetzung für die Entwicklung mathematischer Kompetenzen.
zu Aufgabe 2 b – Didaktische Anforderungen an mathematisches Material
Wie bereits erwähnt, eignet sich zur Schulung mathematischer Kompetenzen vor allem mathematik-didaktisches Material, das äußerlich in Bezug auf Farbe, Form und Funktion auf das Nötigste reduziert ist, im Alltag keinerlei Relevanz hat und universell einsetzbar ist, um in den verschiedensten mathematischen Kontexten, Zahlenräumen oder Rechenoperationen genutzt werden zu können. Beispiele dafür sind einfarbige Plättchen, Steckwürfel etc., die eine Abstraktionsleistung und damit verbunden eine Einsicht in wesentlichen mathematische Strukturen und Gesetzmäßigkeiten ermöglichen, da sie diese strukturiert und einfach erfassbar darstellen können. Ziel sollte beim Einsatz derartiger Materialien immer eine Hilfestellung zum Umgang mit abstrakten mathematischen Symbolen sein. Es ist darauf zu achten, dass der Materialeinsatz stets reflektiert wird, um sicherzustellen, dass die Kinder bei der Arbeit mit dem Material wissen, was sie konkret tun, und es ihnen zunehmend gelingt, sich von dem Material zu lösen, wenn sie durch selbiges gelernt haben, mathematische Inhalte auf symbolischer Ebene zu betrachten. Nur wenn es Kinder schwerfällt, mit mathematik-didaktischem abstrakten Material umzugehen, sollte auf Alltagsmaterial zurückgegriffen und dabei auf einen individuellen Ansatzpunkt (Präferenzen in Bezug auf die individuellen Interessen) zurückgegriffen werden, um eine Einsicht in mathematische Grundlagen zu ermöglichen.
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- Citar trabajo
- Anna Kuhlmann (Autor), 2018, Rechenstörungen und Dyskalkulie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/436424
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