Ein wichtiges Entscheidungskriterium für Investoren an den Kapitalmärkten ist neben der erwarteten Rendite das künftige Risiko der jeweiligen Anlage. Für die Bestimmung des Risikos kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Während bei der Ermittlung des Risikos von Aktien häufig die Varianz der Renditen der vergangenen zweihundert Tage herangezogen wird, so geschieht dies bei festverzinslichen Wertpapieren häufig mit Hilfe von Ratings. Dabei ist es für den Anleger interessant zu wissen, mit welchem Ausfallrisiko zu rechnen ist. Dazu werden u. a. historische Ist-Ausfälle ähnlicher Emissionen als Vergleichsobjekte genutzt.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist nun, herauszufinden, ob bei der Bewertung des Risikos von Aktien die Informationen, die sich durch das Rating offenbaren, nicht korrekt berücksichtigt werden.
Nachfolgend wird nun zuerst erklärt, was Risiko ist und welchen Einfluß es auf Entscheidungen von Investoren hat. Die unterschiedlichen Risiken, die auf Anlageformen, wie Aktien oder Anleihen, einwirken, werden ebenso diskutiert. Im 2. Kapitel werden Verfahren zur Risikobeurteilung von Aktien untersucht. Es wird hierbei auf häufig genutzte Risikomaße, wie die Standardabweichung und den Betafaktor, eingegangen. Neuere Ansätze zur Bestimmung des Risikos, wie z. B. Lower Partial Moments, werden daraufhin behandelt.
Im darauf folgenden 3. Kapitel werden Verfahren zur Risikobeurteilung von Anleihen betrachtet. Insbesondere das Ratingverfahren als Beurteilungsinstrument und dessen besondere Bedeutung bei der Analyse festverzinslicher Wertpapiere steht hierbei im Brennpunkt. Dazu wird vorab das Bonitätsrisiko als eine titelspezifische Risikoart erläutert. Daraufhin wird die Erstellung von Ratings beschrieben und auf deren Aussagekraft und Probleme eingegangen. Diesen Abschnitt wird die Darstellung anleihespezifischer Risikoarten abschließen.
Inhaltsübersicht
1 EINFÜHRUNG
1.1 Überblick
1.2 Begriffsbestimmung
1.2.1 Risiko
1.2.2 Risikoarten
1.2.2.1 Systematisches Risiko
1.2.2.2 Unsystematisches Risiko
2 VERFAHREN ZUR RISIKOBEURTEILUNG VON AKTIEN
2.1 Renditen
2.2 Risikomaße
2.2.1 Volatilität
2.2.1.1 Die Ermittlung von Standardabweichung und Varianz
2.2.1.2 Interpretation der Volatilität
2.2.2 Betafaktor
2.2.2.1 Die Ermittlung des Betafaktors
2.2.2.2 Interpretation des Betafaktors
2.2.3 Alternative Ansätze zur Identifikation von Risiko
2.2.3.1 Risikoverständnis in bezug auf die erwartete Rendite
2.2.3.2 Lower Partial Moments
2.2.3.2.1 Shortfall Risk
2.2.3.2.2 Erwarteter Ausfall
2.2.3.2.3 Ausfallvarianz
3 VERFAHREN ZUR RISIKOBEURTEILUNG VON ANLEIHEN
3.1 Rating
3.1.1 Bonitätsrisiko als Objekt des Rating
3.1.2 Ratingklassen
3.1.3 Durchführung des Rating
3.1.3.1 Erstrating
3.1.3.2 Fortlaufende Prüfung
3.1.4 Aussagekraft des Rating
3.1.5 Möglichkeiten und Grenzen des Rating
3.1.6 Bedeutung von Ratings
3.1.6.1 Kapitalmarkteffizienz
3.1.6.2 Informationseffizienz
3.1.6.3 Rating und Informationseffizienz
3.1.6.4 Empirische Analysen
3.2 Anleihespezifische Risikoarten
3.2.1 Quantifizierung des Bonitätsrisikos
4 RATINGÄNDERUNGEN UND AKTIENKURSREAKTIONEN
4.1 Bisherige Ergebnisse
4.1.1 Untersuchungen des US-amerikanischen Anleihemarktes
4.1.2 Untersuchungen des deutschen Anleihemarktes
4.1.3 Untersuchungen des US-amerikanischen Aktienmarktes
4.1.3.1 Durch Ratings gewonnene Erkenntnisse
4.1.3.2 Methodologie der Untersuchungen
4.2 Eigene empirische Untersuchungen
4.2.1 Datenbasis
4.2.2 Berechnungsmethodik
4.2.3 Ergebnisse
5 SCHLUßBETRACHTUNG
5.1 Zusammenfassung
5.2 Fortgang
ANHANG A - RISIKOBEURTEILUNG VON AKTIEN
Renditen und Volatilität
Betafaktor
Lower Partial Moments
ANHANG B - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG
Unternehmen des HDAX
Anleihenemittierende Unternehmen des HDAX
Unternehmen der Stichprobe
In die eigene Untersuchung eingehende Ratings
Ratingaktionen
LITERATURVERZEICHNIS
STICHWORTVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Risiko
Abbildung 2 - Verlauf des DAX während der Anschläge des 11. September 2001
Abbildung 3 - Verlauf einer argentinischen Anleihe während der Währungskrise dieses Staates
Abbildung 4 - Kursverlauf Medion AG im Sommer 2004
Abbildung 5 - Diversifikation verringert das unsystematische Risiko, aber nicht das systematische, das Markt-Risiko
Abbildung 6 - VDAX
Abbildung 7 - Darstellung der Standardabweichung
Abbildung 8 - Volatilitätskennzahlen der DAX-Unternehmen
Abbildung 9 - Punktziel
Abbildung 10 - Risikoverständnisse
Abbildung 11 - Idealtypischer Ablauf eines Erstrating
Abbildung 12 - „ expected-loss “ -Isoquanten
Abbildung 13 - Informationseffizienz nach FAMA
Abbildung 14 - Einordnung des Bonitätsrisikos
Abbildung 15 - Zinsstrukturkurve 31.12.1993 - 30.09.2004
Abbildung 16 - Bonitätsrisikoprämien und Rating
Abbildung 17 - Tagesrenditen des DAX (29.08.03 - 23.08.04)
Abbildung 18 - Verteilung der Tagesrenditen des DAX (29.08.03 - 23.08.04)
Abbildung 19 - Berechnungsbeispiel des Shortfall Risk (LPM0), des Erwarteten Ausfalls (LPM1) und der Ausfallvarianz (LPM2)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Mindestrenditeforderungen
Tabelle 2 - Aussagekraft der Ratingsymbole bei der Bewertung langfristiger Verbindlichkeiten, insbes. Anleihen
Tabelle 3 - Informationseffizienz und Rating
Tabelle 4 - nach den Agenturen aufgegliederte Ratingaktionen
Tabelle 5 - Test der Renditen nach Downgrades
Tabelle 6 - Test der Renditen nach Upgrades
Tabelle 7 - Berechnungsbeispiel Beta
Tabelle 8 - im HDAX notierte Unternehmen
Tabelle 9 - Emittenten langfristiger Anleihen
Tabelle 10 - Übersicht der analysierten Unternehmen und je einer ihrer emittierten Anleihe
Tabelle 11 - Übersicht der in die Untersuchung eingehenden Ratings
Tabelle 12 - Ratingaktionen, gegliedert nach Emittent und Agentur
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung
1.1 Überblick
Ein wichtiges Entscheidungskriterium für Investoren an den Kapitalmärkten ist neben der erwarteten Rendite das künftige Risiko der jeweiligen Anlage. Für die Bestimmung des Risikos kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Während bei der Ermittlung des Risikos von Aktien häufig die Varianz der Renditen der vergangenen zweihundert Tage1 herangezogen wird, so geschieht dies bei festverzinslichen Wertpapieren häufig mit Hilfe von Ratings. Dabei ist es für den Anleger interessant zu wissen, mit welchem Ausfallrisiko zu rechnen ist. Dazu werden u. a. historische Ist-Ausfälle ähnlicher Emissionen als Vergleichsobjekte genutzt2.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist nun, herauszufinden, ob bei der Bewertung des Risikos von Aktien die Informationen, die sich durch das Rating offenbaren, nicht korrekt berücksichtigt werden.
Nachfolgend wird nun zuerst erklärt, was Risiko ist und welchen Einfluß es auf Entscheidungen von Investoren hat. Die unterschiedlichen Risiken, die auf Anlageformen, wie Aktien oder Anleihen, einwirken, werden ebenso diskutiert.
Im 2. Kapitel werden Verfahren zur Risikobeurteilung von Aktien untersucht. Es wird hierbei auf häufig genutzte Risikomaße, wie die Standardabweichung und den Betafaktor, eingegangen. Neuere Ansätze zur Bestimmung des Risikos, wie z. B. Lower Partial Moments, werden daraufhin behandelt.
Im darauf folgenden 3. Kapitel werden Verfahren zur Risikobeurteilung von Anlei- hen betrachtet. Insbesondere das Ratingverfahren als Beurteilungsinstrument und dessen besondere Bedeutung bei der Analyse festverzinslicher Wertpapiere steht hierbei im Brennpunkt. Dazu wird vorab das Bonitätsrisiko als eine titelspezifische Risikoart erläu- tert. Daraufhin wird die Erstellung von Ratings beschrieben und auf deren Aussagekraft und Probleme eingegangen. Diesen Abschnitt wird die Darstellung anleihespezifischer Risikoarten abschließen.
Eine Betrachtung der bisherigen Untersuchungsergebnisse in bezug auf Reaktionen von Aktienrenditen nach Änderungen von Ratings bzw. deren Ankündigung wird das 4. Kapitel eröffnen. Dazu werden im ersten Schritt kurz Ergebnisse empirischer Untersu- chungen, welche die Auswirkungen von Bekanntgaben von Ratingänderungen auf An- leihen prüfen, dargestellt. Darauf folgend wird ein Überblick über Arbeiten geschaffen, welche sich weitestgehend mit den Effekten von Ratingmodifikationen auf Aktienrendi- ten auseinandersetzen. Zusammenfassend werden danach die ermittelten Ergebnisse aufgezeigt, um anschließend ein Untersuchungsdesign schematisch überblicken zu kön- nen. Anschließen wird sich daraufhin eine eigene empirische Untersuchung deutscher Emissionen.
1.2 Begriffsbestimmung
1.2.1 Risiko
In der Literatur gibt es viele verschiedene Auslegungen, die den Begriff Risiko be- treffen:
Gabler Wirtschafts Lexikon deutet den Begriff Risiko u. a. als Wagnis. Hierbei ergeben sich Verlustgefahren aus der Natur der Sache. Dieser Oberbegriff faßt Gefahren, Unsicherheits- und Zufälligkeitsfaktoren, die durch allgemeine oder branchenbedingte Unzulänglichkeiten des Marktes hervorgerufen werden, zusammen3.
Der Gesetzgeber beschreibt den Begriff Risiko in § 91 Abs. 2 AktG als eine den Fortbestand gefährdende Entwicklung und meint damit eine zukünftig ungünstige Ent- wicklung4.
Perridon/Steiner hingegen erweitern die Risikodefinition und orientieren sich an der Entscheidungstheorie5. Die ursprünglich aus der Theorie des Homo Oeconomicus weiterentwickelte Entscheidungstheorie6 grenzt die Dimension des Risikos mittels Sicherheit und Unsicherheit ab7. Je nach Kenntnisstand der künftigen Umweltzustände kann in drei kennzeichnende Fälle unterschieden werden:
- Ungewißheitssituation (es ist nichts anderes bekannt, als daß ein Zustand aus dem Zustandsraum [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] eintreten wird);
- Risikosituation (es sind persönliche oder tatsächliche Wahrscheinlichkeiten für das Entstehen verschiedener Zustände bekannt);
- Sicherheitssituation (der tatsächliche zukünftige Umweltzustand ist bekannt)8.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Risiko9
Im täglichen Sprachgebrauch wird Risiko hingegen meist synonym mit der Wahr- scheinlichkeit einer negativen Abweichung eines zukünftig zu erwartenden Umweltzu- standes benutzt. Im Gegensatz dazu wird ein positives Abweichen als Chance gedeu- tet10. Daher wird davon ausgegangen, daß das Risiko die Möglichkeit eines Verlustes bzw. die Möglichkeit einer negativen Abweichung vom zu erwartenden Gewinn be- zeichnet.
Aufbauend auf die letztangeführte Risikodefinition, soll in der Arbeit diese Auslegung des Risikobegriffs genutzt werden.
Letztlich muß festgehalten werden, daß es in der Praxis häufig sehr schwierig ist, unzweifelhafte Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt zukünftiger Ereignisse zu ermitteln. Daher ist es durchaus gebräuchlich, Wahrscheinlichkeitsverteilungen für den Eintritt solcher Ereignisse abzuleiten.
An diese Definitionen anknüpfend, ist eine weitere Klassifikation des Risikos in Risikoarten möglich. Darauf wird im nun folgenden Kapitel eingegangen.
1.2.2 Risikoarten
Zu Beginn sollen die das Risiko beeinflussenden Faktoren bestimmt werden. Der Kapitalmarkttheorie folgend, ist das Risiko einer Investition unterteilbar in das systematische und in das unsystematische Risiko11. Aus der Addition der beiden ergibt sich wiederum das Gesamtrisiko einer Anlage.
1.2.2.1 Systematisches Risiko
Systematische Risiken beruhen auf Veränderungen, die die Gesamtheit der Wertpa- pierart betreffen. Daher werden sie auch als Marktrisiken bezeichnet. Risiken dieser Art betreffen also nicht nur ein einzelnes Wertpapier, z. B. eine Aktie oder eine Anleihe. Systematische Risiken können daher auch nicht im Portfolio durch Risikostreuung be- seitigt werden12.
Doch wie kann nun das Marktrisiko am Beispiel des Aktienmarktes illustriert wer- den? Als eindrucksvolle Beispiele werden in der Literatur häufig politische Begebnisse, wie z. B. Wahlen, Unruhen, Staatsstreiche, angeführt. Erwähnenswert sind an dieser Stelle auch regulatorische Eingriffe von Regierungsseite in wirtschaftliche Belange, wie z. B. die Interventionen der russischen Staatsleitung in bezug auf die ökonomischen Aktivitäten im Bereich der Öl-Unternehmen13.
Nicht vergessen werden sollte an dieser Stelle die Wirkung von Naturkatastrophen auf den Handel an den Wertpapierbörsen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 - Verlauf des DAX während der Anschläge des 11. September 200114
Ebenso wie Aktien werden natürlich auch Anleihen von systematischen Risiken ge- lenkt. Die Ursache dafür findet sich u. a. im Zinsänderungsrisiko. Einerseits fallen die Kurse der Anleihen, wenn sich das Marktzinsniveau erhöht, et vice versa. Andererseits ist die Wiederanlage der erhaltenen Kuponzahlungen15 unsicherer16. Abbildung 3 zeigt deutlich die Einwirkung eines nicht anleihespezifischen Problems auf den Markt fest- verzinslicher Wertpapiere.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 - Verlauf einer argentinischen Anleihe während der Währungskrise dieses Staates17
Festzuhalten ist ferner, daß der Realgüterbereich ebenso systematischen Risiken, wie z. B. die Entscheidung über die Einstellung der Förderung von privatem Wohneigentum (Eigenheimzulage)18, unterliegt. Im angeführten Beispiel sind demzufolge alle Unternehmen, deren Zweck die Errichtung von privaten und förderungswürdigen Wohnhäusern ist, betroffen.
1.2.2.2 Unsystematisches Risiko
Als unsystematische Risiken werden im allgemeinen die Risiken genannt, die sich spezifisch auf einen Titel beziehen. Der Grund für die Änderung des Preises eines Wertpapiers unterliegt also nicht einer „höheren“ Begebenheit, sondern der Anlaß dafür findet sich in ihm selbst19.
Beispielhaft im Bereich Aktien können dafür folgende Gründe sein:
- Änderung im Bereich des Managements
- schlechtere zukünftige Ertragsaussichten
- neue Technologien usw.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 - Kursverlauf Medion AG im Sommer 200420
Unsystematische Risiken können im Rahmen der Portfoliobildung reduziert oder gar beseitigt werden. Dies wies Markowitz mit der durch ihn begründeten Portfolio- Selection-Theorie nach21. Dies bedeutet also, daß durch eine geeignete Zusammenstel- lung von Wertpapieren die unsystematischen Risiken der einzelnen Titel verringert werden können. Faßt man alle Wertpapiere einer Einheit22 zu einem Portfolio, in dem die in ihm enthaltenen Titel entsprechend ihrer Marktwerte gewichtet sind23, zusammen, so erhält man das für diese Einheit entsprechende Marktportfolio. Dieses Portfolio weist die Eigenschaft auf, daß dessen Risiko keinerlei unsystematischen Schwankungen un- terliegt. Aus der Abbildung 5 geht hervor, wie stark sich das unsystematische Risiko u.
U. bei einem Ein-Wertpapier-Portfolio (in der Abbildung links) auswirken kann. Andererseits wird auch ersichtlich, daß bei einem voll diversifizierten Portfolio (in der Abbildung rechts) nur noch das Marktrisiko eine Rolle spielt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 - Diversifikation verringert das unsystematische Risiko, aber nicht das systematische, das Markt-Risiko24
Gleichermaßen wie systematische Risiken beeinflussen auch unsystematische Risiken Anleihen und Realgüter.
Bei festverzinslichen Wertpapieren wird dies u. a. durch die Fähigkeit des Schuldners, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, bedingt. Im Falle der Insolvenz eines Unternehmens betreffen eventuell ausfallende Zins- und Tilgungszahlungen nur die durch dieses Unternehmen emittierten Anleihen.
Im Realgüterbereich können unsystematische Risiken demgegenüber durch z. B. unqualifizierte Arbeit eines Unternehmens erklärt werden25.
2 Verfahren zur Risikobeurteilung von Aktien
Für Aktieninvestoren ist es wichtig zu wissen, wie hoch die Rendite der Anlage sein wird. Im allgemeinen wird dabei die Entwicklung des Kurses dieser Aktie in der Vergangenheit in die Betrachtung einbezogen. Auf diese Weise läßt sich eine durchschnittliche Kursentwicklung ermitteln und für die Zukunft extrapolieren. Allerdings wird die Anlageentscheidung durch einen weiteren ebenso wichtigen Faktor determiniert - dem zu erwartenden Risiko26.
Dieses Kapitel wird sich insbesondere damit auseinandersetzen, wie die Rendite und das Risiko bestimmt werden.
Zunächst muß jedoch geklärt werden, weshalb bei Aktien von Risiko und nicht von Unsicherheit gesprochen wird. Vor einer Anlage in eine Aktie analysiert ein rational handelnder Investor die vergangene und zukünftige Entwicklung des Anlageobjekts. Somit hat der Investor eine gewisse Vorstellung über die Verteilung der Renditen. Da- mit sind ihm nicht gänzlich alle Parameter unbekannt. Er befindet sich also nicht in ei- ner Ungewißheitssituation. Aufgrund seiner Analyse kennt er die Parameter der Vertei- lung, den Mittelwert und die Standardabweichung, so daß es sich für ihn um eine Risi- kosituation handelt27.
2.1 Renditen
Um das Risiko von Aktienanlagen zu analysieren, ist es notwendig, die Entwicklung der Renditen solcher Investments zu betrachten. Renditen lassen sich allgemein so bestimmen:Equation Section 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zu unterscheiden sind bei genauerer Betrachtung zwei verschiedene Formen der Renditeberechnung, welche u. a. abhängig sind von der Entnahme bzw. Wiederanlage des erzielten Gewinns28. Die erste Form - die arithmetische Rendite - wird benutzt, wenn z. B. davon ausgegangen werden kann, daß der Anleger seine erzielten Gewinne am Ende eines jeden Jahres entnimmt. Die arithmetische Rendite bestimmt sich folgendermaßen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Gegensatz dazu berechnet sich die geometrische Rendite wie folgt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei der Untersuchung von mehr als einer Periode bietet sich die Berechnung der geometrischen Rendite an, da aus ihr hervorgeht, wie hoch die jährliche Rendite in eine Anlage gewesen wäre. Die Rendite auf Basis der geometrischen Kalkulation drückt so die durchschnittliche Verzinsung aus, die erzielt würde, wären die Erträge am Ende einer jeden Periode reinvestiert worden29.
Eine nicht unbeachtliche Bedeutung in der Kapitalmarkttheorie30 besitzen jedoch stetige Renditen. Sie werden deshalb gern genutzt, da Renditen dieser Art eher als nor- malverteilt angesehen werden können und sich demzufolge für statistische Berechnun- gen besser eignen31.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein weiterer Vorteil stetiger Renditen ist, daß sich absolute und relative Änderungen entsprechen32. Aufgrund dieser Tatsache ist es erkennbar, daß sich logarithmierte Renditen einfach addieren lassen33.
Für Aktieninvestoren ist aber nicht nur die (erwartete) Rendite von Interesse. Ein risikoscheuer Investor wird zusätzlich das mit der Anlage verbundene Risiko in seine Betrachtung einbeziehen. Diese Überlegung führt zum nachfolgenden Abschnitt, welcher sich mit gebräuchlichen Risikomaßen beschäftigt.
2.2 Risikomaße
In der Praxis haben sich verschiedene Verfahren zur Ermittlung des Risikos etabliert. Die bedeutendsten Maße zur Bestimmung des Risikos sind:
- Volatilität
- Betafaktor
- Lower Partial Moments.34
In den nachfolgenden Abschnitten werden diese Risikomaße näher erläutert. Allerdings wird bei dieser Darstellung kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Es soll lediglich eine Auswahl der gebräuchlichsten Maße aufgezeigt werden.
2.2.1 Volatilität
Bei der Volatilität handelt es sich um das in der Welt der Kapitalanlagen am meisten genutzte Risikomaß35.
Die Volatilität wird als annualisierte Standardabweichung36, welche wiederum auf dem Konzept der Varianzberechnung fußt37, berechnet. Die Standardabweichung identi- fiziert hierbei das Risiko mit der mittleren Abweichung der Rendite von ihrem Erwar- tungswert38. Anhang A, Abbildung 17, zeigt in diesem Zusammenhang die Variabilität des deutschen Aktienindexes.
Grundvoraussetzung dieses Konzeptes ist die Gültigkeit der Annahme der Normal- verteilung der Renditen. Vorteilhaft bei Annahme dieser Verteilung ist die Möglichkeit, Modelle, die auf dieser Annahme beruhen, durch lediglich zwei Einflußgrößen39 gänz- lich darzustellen40.
Fraglich ist dennoch, ob die Veränderung der Renditen als normalverteilt angesehen werden können. Dieses in der Literatur häufig diskutierte Thema kommt zu vielfältigen Ergebnissen.
Grundlage ist die Hypothese, daß die Veränderungen der Renditen normalverteilt sind. Bei der Betrachtung von täglichen Veränderungen wird diese Hypothese zumeist verworfen41. Gründe können hier besonders Marktineffizienzen und saisonale Einflüsse sein. Werden allerdings andere Zeiträume geprüft (z. B. auf Wochen- oder Monatsba- sis), so kann hier die Normalverteilungshypothese nicht verworfen werden42.
Um die tatsächlich erwartete Volatilität einer Aktie zu ermitteln, ist es notwendig, jeden einzelnen Investor über seine persönlichen Erwartungen zur mittleren Abwei- chungen der Rendite zu befragen. Die Ergebnisse dieser Befragungen sind zu aggregie- ren - die Markterwartung steht fest. Da dieses Verfahren praktisch nicht durchführbar ist, bedient man sich aufgrund der einfacheren Berechnungsmöglichkeiten der histori- schen Volatilitäten43.
Die historische Volatilität bezieht sich meist auf einen Zeitraum von 30 bzw. 250 Tagen. Ein Großteil der Banken nutzt ebenso wie verschiedene Zeitschriften44 und KursInformations-Anbieter diese beiden Zeitbasen, die einen kurzfristigen Zeitraum sowie einen Handelszeitraum von einem Jahr reflektieren45. Allgemein sollte der Zeitraum der Volatilitätsberechnung bei der Benutzung von Vergangenheitsdaten mit dem Anlagezeitraum in der Zukunft korrespondieren, da es zu unterschiedlichen Risikoeinschätzungen bei verschiedenen Basiszeiträumen kommen kann46.
Ein weiterer Weg, die erwartete Volatilität zu berechnen, führt über die implizite Volatilität, die sich aus den Börsenkursen von Optionen ableiten läßt47. Anhand dieser Preise läßt sich ermitteln, welche Schwankungsweite der Markt dem Underlying48 bei- mißt49. Nachteilig bei dieser Methode erweist sich aber, daß nur in einem geringen Teil der börsennotierten Titel ein liquider Optionsmarkt existiert50. Dem Informationsbedarf der Marktteilnehmer entsprechend, wurde mit der Veröffentlichung des Volatilitätsin- dexes (V-DAX) durch die Deutsche Börse AG ein weiterer Marktindikator, der u. a. die Stimmung der Marktteilnehmer wiedergeben soll, geschaffen. Eine hohe Volatilität soll auf eine relative Unruhe und ein niedriger Indexstand auf Ausgeglichenheit hinweisen51. Die Berechnung des V-DAX basiert auf den impliziten Volatilitäten von an der EUREX gehandelten DAX-Optionen verschiedener Laufzeiten52.
Abbildung 6 - VDAX53
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Bestimmung der historischen Volatilität wird nun im nachfolgenden Abschnitt erörtert.
2.2.1.1 Die Ermittlung von Standardabweichung und Varianz
Das statistische Maß der Streuung ist die Varianz und die von ihr ableitbare Standardabweichung. Die Varianz läßt sich durch Quadrieren der erwarteten Abweichungen vom Mittelwert berechnen.
Folglich kann die Gleichung der Varianz derart dargestellt werden:
wobei:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
− Varianz
− Rendite des Wertes i − mittlere Rendite.
Handelt es sich bei den Beobachtungen um eine Stichprobe einer Grundgesamtheit, insbesondere falls die Zahl der Werte gering ist, so ist der Divisor n durch n -1 zu erset- zen. Dadurch wird gewährleistet, daß der Verlust eines Freiheitsgrades beachtet wird54:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Um zur Standardabweichung zu gelangen, ist aus der Varianz die Quadratwurzel zu ziehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da die Volatilität wie oben aufgeführt ein annualisiertes Maß ist, muß bei der Berechnung, aufgrund monatlicher (täglicher) Renditen, die ermittelte Standardabweichung mit der Quadratwurzel von 12 (250) multipliziert werden55.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 - Darstellung der Standardabweichung
Diese doch recht theoretischen Betrachtungen finden in der Praxis jedoch rege An- wendung. Als Beispiel kann hier der Kursteil des Handelsblattes aufgeführt werden. Wie in der nachfolgenden Abbildung erkennbar ist, werden regelmäßig die Volatilitäten von DAX-Unternehmen veröffentlicht. Basis dieser Berechnungen sind die Verände- rungen der Renditen innerhalb der letzten 30 und der letzten 250 Handelstage.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8 - Volatilitätskennzahlen der DAX-Unternehmen56
2.2.1.2 Interpretation der Volatilität
Im vorhergehenden Teilabschnitt wurde die Berechnung der historischen Volatilität erläutert. Doch nun stellt sich die Frage, welche Aussagekraft die berechneten Werte besitzen. Eine Möglichkeit der Auslegung ist u. a., daß ein Investor die für ihn in Frage kommenden Titel nicht nur anhand der Rendite beurteilt, sondern auch das Risiko des entsprechenden Titels in seine Einschätzung einbezieht. Somit würde ein rational han- delnder Anleger bei gleichem Risiko den Titel mit der höheren Rendite bzw. bei glei- cher Rendite den Titel mit dem niedrigeren Risiko bevorzugen. Andererseits kann ein Investor, der eine Anlage in einen Titel in der Vergangenheit getätigt hat, überprüfen, ob das damals aufgrund des Risikoprofils der Anlage getätigte Investment noch immer seiner Risikoneigung entspricht.
Aber nicht nur der Vergleich mit Alternativanlagen bzw. intertemporale Gegen- überstellungen können mit Hilfe der Volatilität vorgenommen werden, sondern zum Vergleich kann hier auch ein Marktbarometer, wie z. B. der DAX, herangezogen wer- den.
Überdies kann vor einem Investment durch den Anleger eine Einschätzung vorgenommen werden, in welcher Bandbreite diese Anlage innerhalb eines bestimmten Zeitraumes schwanken wird57.
Da es sich bei der Volatilität um ein absolutes Risikomaß handelt, ist bei diesen Auslegungen zu beachten, daß sich die Volatilität immer auf das Gesamtrisiko der Anlage bezieht. Es werden also auch immer titelunspezifische, systematische Risiken in diese Betrachtungen einbezogen.
Trotz bzw. gerade wegen der oft genutzten Anwendung dieses Risikomaßes existie- ren eine Reihe weiterer Kritikpunkte. In der Literatur wird u. a. angeführt, daß die Vari- anz und somit auch die von ihr ableitbare Volatilität das Risiko, welches der Anleger eingeht, nicht entsprechend beschreibt, da der Anleger das Risiko als solches erst wahr- nimmt, wenn die Rendite einen bestimmten individuellen Wert (Referenzrendite) unter- schreitet. Bei Unterschreitung dieser spezifischen Mindestrendite wird vom „ Downside- Risk “ gesprochen. Außerdem erfaßt die Varianz alle Schwankungen, sowohl die nach unten als auch die nach oben. Die Schwankungen nach oben (= Veränderungen, bei denen die tatsächliche Rendite größer als die erwartete Rendite ist) besitzen für das Ri- siko aber keine Bedeutsamkeit58.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9 - Punktziel59
Wie aus der Abbildung 9 hervorgeht, mißt die Volatilität die Abweichung von der erwarteten Rendite. Daraus wird deutlich, daß sich für den Anleger, der dieses Risikomaß benutzt, Risiko als Gefahr, die erwartete Rendite zu verfehlen (die Rendite also zu unter- bzw. überschreiten), ausdrückt.
2.2.2 Betafaktor
Als weiteres gebräuchliches Risikomaß gilt neben der Volatilität der Betafaktor. Dieser Faktor repräsentiert im Gegensatz zur Volatilität nicht das gesamte Risiko, son- dern das systematische Risiko einer Anlage. Somit wird eine Verbindung zwischen der Veränderung der Rendite einer einzelnen Anlage und der Veränderung der Rendite des Gesamtmarktes bzw. Marktsegmentes geschaffen. Mit Hilfe des Betafaktors läßt sich ermitteln, wie stark der Einzeltitel auf eine Veränderung der Gesamtmarktrendite rea- giert. Bei einem Beta von eins reagiert der Einzeltitel genauso wie der Gesamtmarkt. Somit ist dessen Risiko genauso groß wie das Marktrisiko. Bei einem Beta größer eins reagiert der betrachtete Titel stärker als der Markt und hat somit ein höheres Risiko be- zogen auf das Marktrisiko. Gegenteilig verhält es sich bei einem Beta kleiner eins60.
Der Ursprung des Betafaktors findet sich in der modernen Kapitalmarkttheorie, die durch die Portfolio-Selection-Theorie von MARKOWITZ in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts begründet wurde. Darauf aufbauend, entwickelte SHARPE 1963 das Index- Model 61 . Durch Einbeziehung aller am Markt handelbaren Assets und weiteren Annah- men62 wurde durch SHARPE (1964), LINTNER (1965) und MOSSIN (1966) unabhängig voneinander das Capital Asset Pricing Model - CAPM entwickelt. Hier spielt der Betafaktor eine wichtige Rolle, da sich durch ihn bei gegebener Marktrendite und risikolosem Zinssatz die Rendite des einzelnen Assets ermitteln läßt.
2.2.2.1 Die Ermittlung des Betafaktors
Dem CAPM entsprechend, setzt der Betafaktor die Kovarianz des betrachteten Titels zum Gesamtmarkt in das Verhältnis zur Varianz des Gesamtmarktes63:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei dieser Berechnungsweise64 wird auch der Betafaktor, wie die Volatilität, mit Hilfe der Renditeveränderungen innerhalb eines vergangenen Zeitraums gemessen65.
ZIMMERMANN (1997) hat für die Beschreibung zur Ermittlung des Betafaktors die Erkenntnisse von u. a. SHARPE (1970) und FAMA (1976) in einer einfachen, aber dennoch präzisen Definition formuliert:
„ Der Betawert ist der Steigungskoeffizient der Zeitreihenregression der Assetrendite gegen die Rendite des ‚ Marktes ’ , die ü blicherweise durch die Rendite eines Aktienindexes gemessen wird. “ 66
Andere Ansätze gehen bei ihrer Ermittlung des Betafaktors von z. B. fundamentalen Daten des untersuchten Unternehmens aus.
Daneben existieren weitere Berechnungsmöglichkeiten. Die Deutsche Börse AG veröffentlicht z. B. Betawerte, die sich aus den täglichen Renditeänderungen der ver- gangenen 250 Handelstage ermitteln lassen. In CAPM-Tests hingegen werden meist monatliche Renditen über einen längerfristigen Zeitraum verwendet67.
2.2.2.2 Interpretation des Betafaktors
Der Betafaktor gilt als Meßgröße für das systematische Risiko68. Daher kann das Beta analog der Volatilität zur Einschätzung des Risikos und zur Entscheidung über ein Investment herangezogen werden. Allerdings muß auch hier beachtet werden, daß bei einer Anlageentscheidung die zukünftige Entwicklung des Betafaktors relevant ist. Die dafür benötigten Werte sind zu schätzen oder aus Vergangenheitswerten zu extrapolie- ren69. Dabei handelt es sich, wenn überhaupt, nur um Näherungswerte, die ex-post über- prüft werden sollten.
Außerdem weist der Betafaktor, wie oben beschrieben, auf die Stärke der Reaktion des Titels im Vergleich zum Markt hin.
Weiterhin bildet das Beta eine Grundlage für das CAPM und das Marktmodell, deren Risikomaß es darstellt70.
Im Gegensatz zur Volatilität ist der Betafaktor ein relatives Risikomaß. Es trifft al- so nur Aussagen im Vergleich zum gegenübergestellten Instrument, welches meist ein Index ist.
Ebenso muß beachtet werden, welcher Index gegenübergestellt wird. Die klassische Kapitalmarkttheorie nimmt als Grundlage das Marktportfolio, welches alle gehandelten Aktien enthält. Das Marktportfolio ist aber als solches nicht beobachtbar. Aus diesem Grund wird ein Stellvertreter, welcher meist ein Aktienindex ist, herangezogen. Nachteilig daran ist, daß im Gegensatz zum Marktportfolio ein Aktienindex nicht an die Effizienz des Marktportfolios heranreicht, da einerseits z. B. nationale Aktienindizes nicht vollständig diversifiziert sind und andererseits ein Index sich durch stets positive Gewichtungen der in ihm enthaltenen Assets auszeichnet71.
Darüber hinaus müssen mehrere Annahmen erfüllt sein, um eine realistische Schät- zung des Betafaktors zu gewährleisten. Einerseits müssen die zur Berechnung herange- zogenen vergangenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen auch für die zukünftige Ent- wicklung gelten. Andererseits müssen die Renditerealisationen stochastisch unabhängig sowie innerhalb einer Periode stationär sein72.
2.2.3 Alternative Ansätze zur Identifikation von Risiko
Trotz der mit diesen in den beiden vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Risikomaßen verbundenen Nachteile werden aufgrund der einfachen Berechnungsmöglichkeiten und des leichten Umgangs in der Praxis diese beiden Maße gern und häufig genutzt. Desgleichen ist davon auszugehen, daß einfache Modelle, wie diese beiden, schnell und klar erklärt und verstanden werden können.
Dennoch wurden weitere anwendbare Maße für das Risiko von Aktien entwickelt. Einige von ihnen werden nun nachfolgend aufgeführt und kurz beschrieben. Zunächst soll jedoch Klarheit über Verständnis von Risiko durch den Anleger geschaffen werden.
2.2.3.1 Risikoverständnis in bezug auf die erwartete Rendite
SCHMIDT-VON RHEIN (1998a) hat in seiner Analyse der Ziele privater Kapitalanle- ger eine sachgemäße Übersicht entwickelt, welche die Auffassung von Risiko durch Anleger aufteilt. Dazu wurden die möglichen Typen, wie in Abbildung 10, in vier Klas- sen eingeteilt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10 - Risikoverständnisse73
Für die Verfolgung der Ziele des Typs I eignen sich also Risikomaße, die die ge- samten Schwankungen betrachten. Als Beispiel läßt sich hier die schon eingangs be- schriebene Volatilität anführen. Diese Berechnungsweise läßt sich aber nicht problem- los auf die Ziele des Typs II überführen74. Außerdem werden durch Einsatz von Optio- nen im Portfoliomanagement nicht mehr annähernd normalverteilte Renditen erzielt, sondern es entstehen Schiefen, die durch Volatilität und Beta nicht mehr treffend be- schrieben werden können75. Zur Lösung dieses Problems bieten sich Downside- Risikoma ß e, welche u. a. auch als Lower Partial Moments (LPM) bezeichnet werden, an.
2.2.3.2 Lower Partial Moments
Diese Risikomaße ermitteln folglich das Risiko anhand einer vom Investor vorgegebenen Mindestrendite, deren Unterschreitung als negativ empfunden wird. Die Berechnung erfolgt derart76:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus dieser universellen Formel lassen sich nun verschiedene DownsideRisikomaße ableiten.
2.2.3.2.1 Shortfall Risk
Das Shortfall Risk, welches auch als Ausfallrisiko, Ausfallwahrscheinlichkeit bzw. LPM 0 bezeichnet wird, beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der eine geforderte Min- destrendite unterschritten wird77. Problematisch ist die alleinige Anwendung des Short- fall Risk, da es nicht den Umfang des zu erwartenden Verlustes wiedergibt. Allerdings kann es als Ergänzung bei der Portfoliooptimierung mit Hilfe der Varianz genutzt wer- den78. Hier ließe sich zum Beispiel durch Minimierung der Ausfallwahrscheinlichkeit das optimale Portfolio aus der Menge der effizienten79 Portfolios ermitteln80. In der Pra- xis hat sich als vorteilhaft erwiesen, daß der Anleger seine Mindestrendite selbst vorge- ben kann.
Formal kann das Shortfall Risk so ausgedrückt werden:
[...]
1 Vgl. Konno, H.; Waki, H.; Yuuki, A. (2002), S. 127.
2 Vgl. Sharpe, William F.; Alexander, Gordon J. (1990), S. 361.
3 Vgl. Gabler (1997), S. 4278.
4 Vgl. Gesellschaftsrecht (2000), S. 67.
5 Vgl. Perridon, L.; Steiner, M. (2002), S. 98 ff.
6 Vgl. Kirchgässner, G. (1991), S. 14.
7 Vgl. Bamberg, G.; Coenenberg, A. ( 2002), S. 17.
8
9 Vgl. Bamberg, G.; Coenenberg, A. ( 2002), S. 17. In Anlehnung an Perridon, L.; Steiner, M. (2002), S. 99.
10 Vgl. Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999), S. 18 und Neubürger, K. W. (1989), S. 29.
11 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 54 ff.
12 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 55 f.
13 Vgl. Brückmann, M. (2004).
14 Aus dieser Abbildung geht hervor, welchen Einfluß die Terroranschläge in den USA am 11. Septem- ber 2001 auch auf den deutschen Markt, der hier durch den Deutschen Aktienindex repräsentiert wird, hatten. Trotzdessen der Aktienmarkt schon im Fallen war, wurde dieser Effekt durch diese Ereignisse verstärkt (ca. -20 % vom 10. September 2004 bis 21. September 2004). Dieser Beeinflussung konnte sich die Mehrzahl der börsennotierten Titel nicht entziehen, so daß die Anschläge in diesem Fall die Ausprägung eines systematischen, den Gesamtmarkt betreffenden Risikos aufweisen. (Quelle der wö- chentlichen Kurse des DAX: Reuters-Terminal, 19.10.2004).
15 Zinszahlungen fallen natürlich nur bei Anleihen, in deren Bedingungen solche Zahlungen vorgesehen sind, an.
16 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 56.
17 Am Beispiel dieser Anleihe, welche als repräsentativ für den Gesamtmarkt angesehen werden kann, wird ersichtlich, welchen Einfluß gesamtwirtschaftliche Probleme auf den Anleihemarkt besitzen. Die Ursache für die systematische Schwäche des argentinischen Währungssystems ab 2001 findet sich u. a. in der seinerzeit hohen Verschuldung Argentiniens im Ausland, besonders in den USA. Vgl. Lachmann, W. (2002), S. 2 f., Quelle der Kursdaten: http://www.bond-board.de, 23.10.2004.
18 Vgl. Rödder, T.; Schumacher, A. (2003), S. 805.
19 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 55 und Brealey, R. A.; Myers, S. C. (2003), S. 168.
20 Anhand dieser Abbildung wird veranschaulicht, welche Wirkung eine Adhoc-Meldung einer börsen- notierten Unternehmung nach sich ziehen kann. In diesem Fall wurde berichtet, daß das EBIT und der Ertrag nach Steuern der Medion AG, bezogen auf das erste Halbjahr 2004, im Vergleich zum Vorjahr schlechter ausfallen (jeweils ca. 14 % weniger). Hinzukommen noch negative Aussichten für das Ge- samtjahresergebnis. Insofern änderte sich die Meinung der Investoren über den Wert der Medion AG und deren zukünftige Ertragsaussichten. Im Vergleich dazu ist der MDAX dargestellt, welcher in der Gegenüberstellung zur Medion AG einen wesentlich flacheren Verlauf aufweist. Um die Bewegung der beiden Verläufe vergleichbar zu machen, wurden die Daten per 1. Juli 2004 auf 100 % normiert und die darauf folgenden Kurse im Vergleich zum 1. Juli 2004 relativiert. Das unsystematische Risiko der Medion AG wird hierbei besonders deutlich. (Quelle der Adhoc-Mitteilung: Onvista AG (http://aktien.onvista.de/news-filter.html?ID_OSI=82680&ID_NEWS_TYPE=1&DATE_ RANGE=week vom 12.04.2004), Quelle der Kurse der Medion AG: http://finance.yahoo.com.).
21 Vgl. Markowitz, H. M. (1959).
22 Hierbei kann es sich z. B. um alle Unternehmen einer Branche oder auch einer Volkwirtschaft han- deln.
23 Vgl. Steiner, M.; Uhlir, H. (2001), S. 170.
24 In Anlehnung an Brealey, R. A.; Myers, S. C. (2003), S. 168.
25 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 55.
26 Vgl. Steiner, P.; Uhlir, H. (2001), S. 130.
27 Vgl. Bauer, Chr. (1992), S. 17 ff.
28 Allerdings ist hier zu beachten, daß der Gewinn bei Aktieninvestitionen nicht nur aus Kursänderun- gen, sondern auch aus möglicherweise gezahlten Dividenden resultiert.
29 Vgl. Dubacher, R.; Zimmermann, H. (1989), S. 68.
30 Eine anschauliche Übersicht zu den Forschungsansätzen der Finanzierungstheorie findet sich in Stei- ner, M.; Heinke, V. G. (1996), S. 582.
31 Vgl. Bauer, Chr. (1992), S. 14 f.; Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 53; Steiner, P.; Uhlir, H. (2001), S. 132.
32 Bei einem Anstieg von 1.000 auf 1.200 ergibt sich eine Änderung von +20 %. Bei einem Verlust von 1.200 auf 1.000 ergibt sich jedoch eine Änderung von -16,67 %. Werden diese Veränderungen aber logarithmisch berechnet, so ergeben sich für den Anstieg und den Verlust eine Veränderung von je- weils 18,23 %.
33 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 53.
34 Vgl. Wittrock, C.; Mielke, R. (2002), S. 610.
35 Vgl. Bruns, Chr.; Meyer-Bullerdiek, F. (1996), S. 8.
36 Durch Annualisierung der berechneten Standardabweichungen ergibt sich eine bessere Vergleichbar- keit der Werte untereinander als auch bei der Betrachtung verschiedener Zeiträume ein- und desselben Wertes.
37 Vgl. Spremann, K (1997), S. 866 f. und Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 57.
38 Vgl. Spremann, K. (1997), S. 866.
39 Bei diesen Parametern handelt es sich um den Mittelwert (µ) und um die Standardabweichung (σ).
40 Vgl. Brealey, R. A.; Myers, S. C. (2003), S. 160.
41 Vgl. Krämer, W. (2000), S. 10 f.; Tabak, B. M. (2003), S. 371; Krämer W. (1998), S. 638 und Fie- bach, G.; Dachtler, Chr.; Bothmer, H. v. (1997), S. 1003 f.
42 Vgl. Bauer, Chr. (1992), S. 91 ff. und Möller, H. P. (1986), S. 28 ff.
43 Vgl. Bauer, Chr. (1992), S. 19.
44 An dieser Stelle möchte ich Brigitte Vogel von der FZ-Börsenredaktion der Handelsblatt GmbH dan- ken, welche mir diese Einschätzung bestätigte.
45
365 Tage pro Jahr ergeben ungefähr 250 Handelstage an der Börse.
46 Vgl. Bauer, Chr. (1992), S. 34.
47 Die Ermittlung der impliziten Volatilität stellt SCHÄFER (1997) ausführlich dar. Vgl. Schäfer, K. (1997), S. 290 ff.
48 Dabei kann es sich z. B. um Aktien oder Indizes handeln.
49 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 354.
50 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 60.
51 Volatilität: So profitieren Sie in jeder Börsenphase (o. V.) (2004), S. 1 f.
52 Vgl. Volatilitätsindex VDAX - Kurzinformation (o. V.) (2004), S. 1.
53 VDAX, Quelle: http://www.deutscheboerse.de 26.08.2004.
54 Vgl. Brealey, R. A.; Myers, S. C. (2003), S. 161 und Luderer, B.; Nollau, V.; Vetters, K. (2000), S. 125.
55 Vgl. Perridon, L.; Steiner, M. (2002), S. 328.
56 Veröffentlichung der „DAX-Kennzahlen“ im Handelsblatt vom 17.08.2004, Vgl. DAX-Kennzahlen (2004), S. 30.
57 Vgl. Volatilität: So profitieren Sie in jeder Börsenphase (2004), S. 5.
58 Vgl. Zimmermann, P. (1997), S. 30; Keppler, M. (1990) S. 610 f.
59 Vgl. Schmidt-von Rhein, A. (1998a), S. 56.
60 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 64, Padgette, R. L. (1995), S. 175.
61 Neben Index-Model finden sich in der Literatur auch Bezeichnungen wie Marktmodell oder Faktor- modell. Die ursprüngliche Bezeichnung war jedoch Diagonal Model. Vgl. hierzu Sharpe, W. F. (1963), S. 281 ff.; Zimmermann, P. (1997), S. 14; Bauer, Chr. (1992), S. 21.
62 Diese Annahmen werden ausführlich beschrieben in Zimmermann, P. (1997).
63 Vgl. Steiner, P.; Uhlir, H. (1992), S. 174; Zimmermann, P. (1997), S. 17; Brealey, R. A.; Myers, S. C. (2003), S. 175; Schiereck, D., Weber,M. (2000), S. 276.
64 Ein Beispiel, wie sich der Betafaktor bestimmen läßt, zeigt im Anhang A die Tabelle 7.
65 Das Handelsblatt schätzt das Beta mit einer Basis von 250 Tagen - siehe Abbildung 8. Bauer, Chr. (1992), S. 34 schätzt das Beta mit einer Basis von 100 Handelstagen.
66 Vgl. Zimmermann, P. (1997), S. 1.
67 Vgl. Zimmermann, P. (1997), S. 2.
68 Vgl. Wittrock, C.; Mielke, R. (2002), S. 610.
69 Vgl. Steiner, M.; Bruns, Chr. (1996), S. 64 f.
70 Vgl. Bauer, Chr. (1992), S. 30. Darüber hinaus findet der Betafaktor u. a. Anwendung in der Unter- nehmensbewertung. Vgl. Schwetzler, B. (2000), S. 470.
71 Vgl. Zimmermann, P. (1997), S. 91 f.
72 Vgl. Maier, D. A. (2001), S. 300.
73 In Anlehnung an Schmidt-von Rhein (1998a), S. 56.
74 Vgl. Schmidt-von Rhein (1998a), S. 55.
75 Vgl. Wittrock, C.; Mielke, R. (2002), S. 618.
76 Vgl. Wittrock, C.; Mielke, R. (2002), S. 619, Ryan, J. M.; Garder, A. O. (1965), S. 208.
77 Vgl. Schmidt-von Rhein (1998b), S. 592 f., Lien, D.; Tse Y. K. (2002), S. 377, Strong, N.; Taylor, N. (2001), S. 269.
78 CUMOVA und THIEßEN (2003) stellen in ihrem Beitrag dar, wie mit Hilfe des Shortfall-Risk bessere Ergebnisse in der quantitativen Portfoliooptimierung erzielt werden können. Vgl. Cumova, D.; Thie- ßen, F. (2003), S. 844 ff.
79 Effizient hinsichtlich des (µ,σ ) - Kriteriums.
80 Vgl. Schmidt-von Rhein (1998b), S. 592 f.
- Arbeit zitieren
- Daniel Beckert (Autor:in), 2004, Risikobeurteilung von Aktien. Haben Ratingänderungen von Anleihen einen Einfluß auf den Aktienkurs?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43630
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