Die Arbeit gründet sich auf eine qualitative Studie mithilfe zweier Experteninterviews. Befragt wurden eine Lehrerin und eine Theaterpädagogin, deren Erfahrungen mit einem theoretischen Modell aus der Verbindung von Eriksons Entwicklunspsychologie und den Big Five der Persönlichkeitsentwicklung abgeglichen wurden.
Es wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass Theaterspielen jugendlichen Laienschauspielern dabei hilft, eine stabile, positive Persönlichkeit zu entwickeln, die auch im Alltag den Jugendlichen dabei hilft, Herausforderungen zu bewältigen.
Um dies zu beurteilen, wird anhand von zwei Experteninterviews, die verschiedensten Persönlichkeitsmerkmale betrachtet und deren Wirkung auf Jugendliche im Einzelnen untersucht. Bei einer ersten Übersicht über die Darstellungslogik der vorliegenden Arbeit wird deutlich, dass hier unterschiedliche Ansätze und Theorieformen miteinander in Zusammenhang gebracht werden. Diese Vorgehensweise ergibt sich aus der Eigenart des Untersuchungsgegenstands. Die Fragestellung die sich mit der Frage nach der Bedeutung des Theaterspielens im Entwicklungsprozess der Persönlichkeit von Jugendlichen beschäftigt, lässt sich zwar im Allgemeinen im Bereich der Theaterpädagogik verorten, bezieht aber eine Vielzahl anderer Disziplinen in die Untersuchung mit ein.
Um sich an den Untersuchungsgegenstand anzunähern, wird im zweiten Kapitel ein kurzer Überblick über den Forschungsstand der Theaterpädagogik hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung geboten. Im darauffolgenden Kapitel folgt eine Darstellung des Handlungsfeldes der Theaterpädagogik, um einen ersten Überblick über das Themenfeld zu geben. Hierbei werden auch ein Bezug von Theater im schulischen Kontext und die damit verbundenen Bildungserwartungen hergestellt. Im vierten Kapitel wird auf Modelle der Persönlichkeitsentwicklung und der Persönlichkeit sowie auf eine Studie von Romi Domkowsky und eine Ergebniszusammenfassung mit Maik Walter zurückgegriffen um geeignete Untersuchungskategorien für den anschließenden empirischen Teil der Arbeit zu entwickeln. Die Empirie beginnt im sechsten Kapitel der vorliegenden Arbeit. Um in den empirischen Teil einzuleiten, wird zunächst die Vorgehensweise und die methodische Herangehensweise geschildert.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Forschungsstand und Kontroversen
2. Das Handlungsfeld der Theaterpädagogik
2.3. Theaterspielen als Chance für Jugendliche
3. Persönlichkeit und Identität
3.1. Erik H. Erikson: Das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung
3.1.1. Das Jugendalter: Identität gegen Identitätsdiffusion
3.2. Big Five- Das FünfFaktoren-Modell der Persönlichkeit
3.3. Grundlagen der Kategorienbildung: Die Longitudinalstudie Romi Domkowskys
4. Theaterspielen beeinflusst die Persönlichkeit
5. Methodisches Vorgehen
5.1. Kategoriebildung auf der Basis des Theorieteils
5.2. Qualitative Sozialforschung anhand von Experteninterviews
5.3. Konzeption des Interviewleitfadens und Fragen
5.4. Besonderheiten in der Transkription der Interviews und innerhalb der Analyse
6. Einstellungen der Interviewpartner zum Theaterspielen von Jugendlichen
6.1. Offenheit: Theaterspielen fördert Experimentierfreude, Offenheit und Kreativität
6.2. Leistungsbereitschaft: Theaterspielen fördert das Zutrauen zur eigenen Leistung und weckt Leistungsbereitschaft
6.3. Extraversion: Theaterspielen fördert den Umgang mit anderen und deren Sozialverhalten
6.4. Gruppe und Individuum: Theaterspielen fördert Empathie und Verantwortung
6.5. Selbstbewusstsein und Reflexion: Theaterspielen weckt Selbstbewusstsein und Reflexivität
6.6. Transfereffekte und Kompetenzen: Theaterspielen verursacht Transfereffekte und vermittelt vielfältige Kompetenzen und damit Bildung
6.7. Jugend und Krise: Theaterspielen erleichtert die Rollenfindung in der Adoleszenz
6.8. Kunst und Pädagogik: Beide Disziplinen sind vereinbar und wirken bei der Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen gemeinsam
7. Diskussion der Ergebnisse
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhang
Einleitung
Seit Aristoteles stellt sich bereits die Frage nach der bildenden Wirkung von Theater. Diese und andere Fragen, die sich mit den Effekten für zunächst Zuschauer und später auch Spielende beschäftigen, durchzieht die Theatergeschichte wie ein roter Faden und scheint ein untrennbarer Teil derselben zu sein. „Bürgerliches Theater war im deutschsprachigen Raum seit der Aufklärung stets darum bemüht, seinen Charakter als „Bildungsanstalt“ und Instrument moralischer und sittlicher Erziehung hervorzuheben.“ (Primavesi 2014: 20). Die Untersuchung von „Temperament“ und „Charakter“, wie die früheren Bezeichnungen für eine Persönlichkeit hießen, füllt eine Reihe von philosophischen und theaterwissenschaftlichen Beiträgen.1 Dies zeigt, dass Persönlichkeit nicht so einfach zu erfassen ist. Immer wieder geht es darum, wie bestimmte Wirkungen durch Theater hervorgebracht werden können, anders gesagt, welchen Zweck Theater außer dem der künstlerischen Darbietung noch erfüllen kann. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ebenfalls mit dem Bildungscharakter von Theater. Im Vordergrund steht hierbei die Entwicklung der Persönlichkeit in der Phase der Adoleszenz. Durch einen Perspektivenwechsel steht nicht mehr die Bildung des Zuschauers, sondern die Entwicklung des jugendlichen Laienschauspielers im Fokus der Untersuchung:
Die Spielenden geraten damit als Subjekte und gleichzeitig Objekte theatraler Wirkung in den Blick. Mit anderen Worten, es geht um eine Analyse der Bildungsbewegungen, die sich im künstlerisch produktiv Tätigen, in diesem Falle theaterspielenden Subjekt, vollziehen. (Hentschel 2010: 17)
Durch gesellschaftliche Veränderungen kommt besonders für die Phase der Jugend und Pubertät die Frage auf, wie sich persönlichkeitsbildende Entwicklungsgänge im Spannungsfeld von Individuum und Gemeinschaft arrangieren lassen. Neben der anfänglichen Sozialisationsinstanz der Familie spielen hierbei besonders Netzwerke, Peer- und soziale Gruppen eine entscheidende Rolle. Diese dienen dazu den Jugendlichen Räume zur Verfügung zu stellen, in denen sich Anerkennung und Selbsterfahrung finden lassen (vgl. Honer 2011). Aus pädagogischer Sicht ist zu fragen, wie auf eine widerstandsfähige Persönlichkeit hingewirkt werden kann und ob Theaterspielen den Jugendlichen dabei hilft, sich hinsichtlich ihrer Persönlichkeit zu entwickeln und zu verändern.
Selbstbewusstsein, Offenheit, Leistungsbereitschaft, Reflexionsfähigkeit und vielerlei mehr: Persönlichkeit ist individuell und lässt sich, zumindest zu einem Teil, durch äußere Faktoren mitbestimmen. Ein Zusammenspiel mehrerer Persönlichkeitsmerkmale definiert unsere einzigartige Persönlichkeit und besonders in der Jugendzeit testen wir uns aus und versuchen unsere Eigene zu finden. Ein Merkmal des Theaterspielens ist das Hineinschlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen. Kann Theaterspielen in all seinen Facetten dabei behilflich sein eine Persönlichkeit zu finden und diese auch zu stabilisieren? Da eine Persönlichkeit aus mehreren Persönlichkeitsmerkmalen besteht muss man auch alle anderen die durch das Theaterspielen beeinflusst werden betrachten. Außerdem könnte eine Wechselwirkung der Merkmale eine genaue Untersuchung erschweren. Das Individuum erwartet in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr Spielräume der Selbstdarstellung und des eigenen Erlebens. Grund dafür sind die rasch voranschreitende Industrialisierung, Globalisierung und Pluralisierung (vgl. Hagedorn 2014: 167). Die Berufswahl erscheint als nie abgeschlossenes Experimentierfeld. Auf der anderen Seite scheint die Auflösung aller Halt gebenden Strukturen dazu zu führen, dass es zu einer Überforderung des Individuums kommt. Die Anpassung an zu viele Rollen führt zur Verwirrung und zur Selbstauflösung des Individuums (vgl. Conzen 2010: 390). Deshalb soll jeder Jugendliche versuchen eine Balance mit sich selbst und seiner Umwelt finden. Damit jeder einzelne gestärkt in die Zukunft schauen kann und sowohl „handlungs- und überlebensfähig“ ist (Grau/Klingauf 1998: 36).
Es wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass Theaterspielen jugendlichen Laienschauspielern dabei hilft, eine stabile, positive Persönlichkeit zu entwickeln, die auch im Alltag den Jugendlichen dabei hilft, Herausforderungen zu bewältigen. Um dies zu beurteilen, wird anhand von zwei Experteninterviews, die verschiedensten Persönlichkeitsmerkmale betrachtet und deren Wirkung auf Jugendliche im Einzelnen untersucht. Bei einer ersten Übersicht über die Darstellungslogik der vorliegenden Arbeit wird deutlich, dass hier unterschiedliche Ansätze und Theorieformen miteinander in Zusammenhang gebracht werden. Diese Vorgehensweise ergibt sich aus der Eigenart des Untersuchungsgegenstands. Die Fragestellung die sich mit der Frage nach der Bedeutung des Theaterspielens im Entwicklungsprozess der Persönlichkeit von Jugendlichen beschäftigt, lässt sich zwar im Allgemeinen im Bereich der Theaterpädagogik verorten, bezieht aber eine Vielzahl anderer Disziplinen in die Untersuchung mit ein (vgl. Hentschel 2010: 27). Um sich an den Untersuchungsgegenstand anzunähern, wird im zweiten Kapitel ein kurzer Überblick über den Forschungsstand der Theaterpädagogik hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung geboten. Im darauffolgenden Kapitel folgt eine Darstellung des Handlungsfeldes der Theaterpädagogik, um einen ersten Überblick über das Themenfeld zu geben. Hierbei werden auch ein Bezug von Theater im schulischen Kontext und die damit verbundenen Bildungserwartungen hergestellt. Im vierten Kapitel wird auf Modelle der Persönlichkeitsentwicklung (vgl. Erikson 1975, 19803,19806) und der Persönlichkeit (Big Five: Asendorpf/Neyer 2012, Stemmler u.a. 2011) sowie auf eine Studie von Romi Domkowsky und eine Ergebniszusammenfassung mit Maik Walter (Domkowsky 2011, Domkowsky/Walter 2012) zurückgegriffen um geeignete Untersuchungskategorien für den anschließenden empirischen Teil der Arbeit zu entwickeln. Die Empirie beginnt im sechsten Kapitel der vorliegenden Arbeit. Um in den empirischen Teil einzuleiten, wird zunächst die Vorgehensweise und die methodische Herangehensweise geschildert. Daran anschließend werden aufgrund der entwickelten Kategorien des theoretischen Teils die Interviews zweier Expertinnen, hinsichtlich der für die Entwicklung der Persönlichkeit durch Theaterpädagogik, relevanten Kriterien untersucht und interpretiert. Untersuchungsleitend sind zunächst entwickelte Hypothesen, die anhand der Kategorien interpretativ überprüft werden sollen. Die Basis hierfür stellen die Experteninterviews, die mit einer Lehrerin und einer Theaterpädagogin geführt worden sind. An die einzelnen Untersuchungskategorien schließt jeweils eine kurze Diskussion der Ergebnisse im Hinblick auf die gesamte Arbeit an. Die Arbeit endet mit einer Schlussbetrachtung, welche einen Ausblick auf weitere Untersuchungen liefert.
1. Forschungsstand und Kontroversen
Der Großteil der bisher geleisteten Forschung versucht mithilfe von qualitativen und quantitativen Studien die Faktoren des Theaterspiels, die persönlichkeitsbildend sind anhand von Individuen aufzuzeigen (vgl. Güttes 2014). Die meisten von Theaterpädagogen durchgeführten Studien sind qualitativ. Dies ist darauf zurück zu führen, dass Theaterpädagogen zumeist aus den künstlerischen Disziplinen kommen und keine Forschungsmethoden erlernt haben (vgl. Güttes 2014: 3). Oftmals lässt sich sogar eine Ablehnungshaltung gegenüber der empirischen quantitativen Wirkungsforschung verzeichnen. Theaterpädagogen lehnen zuweilen das Bedürfnis ab, Theaterpädagogik hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu überprüfen (vgl. Güttes 2014: ebd.). Ute Pinkert urteilt beispielsweise, dass durch die Pilotstudie von Raimund Finke und Hein Haun aus dem Jahr 1999 „zum ersten Mal pauschalisierte und übersteigerte Wirkungserwartungen an das Theaterspielen korrigiert wurden“ (Pinkert 2010: 143). Finke und Haun haben sich mit den psychosozialen Effekten des Theaterspielens auf Jugendliche beschäftigt. Elisabet Güttes bemerkt, dass „Forschung im Bereich der Theaterpädagogik […] mit Recht als schwierig angesehen“ wird (Güttes 2014: 3). Dies ist wahrscheinlich auch der Tatsache geschuldet, das sich Theaterpädagogik verschiedenster Disziplinen bedient und deshalb „in Bezug auf die Wissenschaft, die Praxis der Pluralität anstrengend ist“ (vgl. Welsch 1993: 322). Dennoch plädiert Güttes dafür quantitative Forschung zu betreiben, um die Skeptiker der recht jungen Disziplin der Theaterpädagogik von ihrer Arbeit zu überzeugen. Deshalb gilt es in der quantitativen Forschung primär „diejenigen Wirkungen herauszufiltern, die bei einer Mehrzahl der teilnehmenden Individuen entsteht, um dadurch spezielle Angebote zu formen und verbessern zu können“ (Güttes 2014: 4).
Auch Romi Domkowsky geht auf eine der Grundfragen der Theaterpädagogik ein, „welche Wirkungen Theaterspielen auf junge Menschen hat“ (Domkowsky 2011: 9). Bereits Mitte der 1990er Jahre führt die Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung eine Pilotstudie zu den Wirkungen von Kunst und Kulturpolitik sowie zu ihrer Evaluierung durch (Fuchs/Liebald 1995). Ergebnis dieser Studie ist, dass die Wirkungen von Kunst auf die Persönlichkeitsentwicklung wie sie in der Psychologie dargestellt werden, unbestreitbar seien (vgl. Domkowsky 2011: 26). Dennoch ist Domkowsky keine Studie bekannt, die sich mit der Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen im Zusammenhang des Theaterspiels aus einem anderen Blickwinkel beschäftigt. Im Zentrum der Untersuchungen stehen stets die Jugendlichen selbst und deren eigene Einschätzung bzw. Reflexionsfähigkeit. Aufgrund dessen werden immer mehr Ansprüche formuliert, die sich an die aktuelle theaterpädagogische Fachwissenschaft wenden. Die Theaterpädagogik habe der Didaktik fachwissenschaftlich nachzugehen (vgl. Sack 2011: 10). Auch Mira Sack stellt bezüglich der Forschung fest, „dass ein Mangel hinreichender Forschung an systematischer Praxisreflexion und eine differenzierte Evaluation von Lehr- und Lernprozessen weiterhin vermisst wird“ (Sack 2011: ebd). Güttes untersützt die Aussage Sacks. Der Übergang zum Fachbereich Psychologie, und nicht zur Pädagogik, kann dagegen Ergebnisse liefern, die für die Theaterpädagogik Relevanz besitzen (vgl. Güttes 2014: 18).
Wie sich aus der Darstellung des Forschungsstands ergeben hat, existieren insgesamt zwar mehr qualitative Studien, diese dienen jedoch dazu, weitere Forschung zu begünstigen. Damit quantitative Studien durchgeführt werden können, müssen zuvor Hypothesen aufgestellt werden, welche die qualitative Forschung liefern kann. Die Studien die bisher vorgenommen wurden orientieren sich an der Perspektive der Jugendlichen und untersuchen diese hinsichtlich des Theaterspielens (vgl. Domkowsky 2011). Die Problematik dabei ist, dass Jugendliche oftmals noch nicht fähig sind sich selbst angemessen zu reflektieren. Die vorliegende Arbeit möchte einen Perspektivenwechsel vornehmen und die Spieleiter nach ihren Erfahrungen befragen. Die vorliegende Arbeit hat den Anspruch durch den Perspektivwechsel von Spielern zu Spielleitern weitere Ergebnisse zu liefern und vorliegende aus einer einem anderen Blickwinkel zu bestätigen.
Auf jeden Fall ist es wichtig die Forschung ein Stück weit weiter zu bringen. Damit in Zukunft eventuell heranziehbare Ergebnisse vorliegen, die die Persönlichkeitsentwicklung von jugendlichen Theaterspielern bestätigen oder widerlegen können. Damit in einem weiteren Schritt auch eventuelle Bildungsbemühungen an die Erkenntnisse der Forschung angepasst werden können.
2. Das Handlungsfeld der Theaterpädagogik
In diesem Kapitel steht die Verbindung von Theater und Pädagogik im Vordergrund. Es wird darauf eingegangen, worin sich die Disziplinen ergänzen und wo sie sich unterscheiden. Außerdem soll ein kurzer Einblick in die theaterpädagogische Arbeit zum Thema hinführen und wichtige Hintergrundinformationen bereitstellen. Ein erster Einblick in die Experteninterviews mit der Theaterpädagogin (Kürzel Sb.) und der Lehrerin (Kürzel Wr.) zeigen bereits die Nähe zu den theaterpädagogischen Fachrichtungen auf. Diese werden ebenfalls kurz erläutert. Ein weiter Punkt ist der Zusammenhang von Theater und Bildung. Betrachtet werden die schulischen Vorgaben und Annahmen die hierzu bereits für das Unterrichtsfach Darstellendes Spiel vorhanden sind, und zum Teil angewendet werden. Im Anschluss hieran wird explizit auf die Untersuchungsgruppe der Jugendlichen eingegangen und diskutiert, welche Vorteile Jugendliche durch das Theaterspielen eventuell bekommen können.
2.1 Theaterpädagogik als zusammenfassender Begriff von Theater und Pädagogik
Nach Mira Sack ist „die Handlungslogik der theaterpädagogischen Praxis […] entsprechend begründet zwischen gedanklichen Entwürfen und konkreten Prozessen zwischen Konzept und Spiel“ (Sack 2011: 9). Anhand dieser Definition wird deutlich, dass Theaterpädagogik eine Schnittstelle zwischen Kunst und Pädagogik darstellt, die beide Teilbereiche harmonisch miteinander zu verbinden versucht. Nach Sack erschließen sich
Theaterpädagogische Praxis-Haltungen […] entlang der Schnittstellen von künstlerischen und pädagogischen Handlungsstrategien. Nur in der Überschneidung beider Aspekte ist theaterpädagogische Qualität zu formulieren und der spezifische Wert gewählter Arbeitsverfahren auszumachen. (Sack 2011: 13f.)
Was aber stellt nun den Unterschied zur Pädagogik dar? Nach Christel Hoffmann erzeugt das Theater ein Kommunikationsfeld, das es ermöglicht, sich zu einer Sache, gewissermaßen in ihr zu verhalten. Die Vermittlung von Inhalten und Verhalten zum Ganzen erfolgt durch unmittelbare Beziehung und in der Begegnung gleichwertiger Subjekte. Die Pädagogik hingegen erwartet, dass sich die Schüler ein Verhalten zum Gegenstand, zur Sache aneignen, gewissermaßen über der Sache stehen lernen. Hier dominiert also die Vermittlung von Lern- und Erziehungsinhalten auf der Basis von Autoritäts-, man kann auch sagen Machtbeziehungen zwischen den Subjekten. (Hoffmann 1999: 16)
Theaterpädagogik ist an den Universitäten eine recht junge Disziplin. Diese gewinnt jedoch zunehmend an Bedeutung: sogar von einem „Bildungsboom“ bezüglich des Theaters ist im Jahrbuch „Theater heute“2 die Rede (vgl. Hentschel 2010: 9). Theaterpädagogik wird zunehmend bedeutungsvoll und reicht in die unterschiedlichsten Praxisfelder hinein, dadurch entstehen aber auch zunehmend Diskussionen um die Legitimation des Faches. Das Berufsfeld der Theaterpädagogik verändert sich stetig, womit auch der Kanon eventueller Arbeitsfelder eine Erweiterung erfährt (Arbeit in Schulen und pädagogischen Einrichtungen). Die Vielfalt der Arbeitsfelder der Theaterpädagogik wird durch die Aufnahme des Berufstandes in die Blätter zur Berufskunde der Bundesanstalt für Arbeit verdeutlicht (vgl. www.berufskunde.com). Bereits 1987 widmet sich der Bundesverbund der Theaterpädagogik der Erforschung des Berufsfeldspektrums und des Aufkommens eines Bildungskonzeptes (vgl. Koch/Streisand 2003: 29).3 Problematisch erweist sich dabei, dass nicht die „Möglichkeiten ästhetischer Bildung thematisiert“ werden, sondern vor allem die mit „theaterpädagogischen Methoden zu erreichenden sozialen Kompetenzen und zu vermittelnden Inhalte“ im Vordergrund stehen (Hentschel 2010: 10). So lautet das Motto, das Eva Berendt treffend formuliert: „…mit Schiller zu mehr social skills und besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt“ (Behrend 2006: 20). Seit den 1980er Jahren existieren zunehmend qualifizierende Aus- und Fortbildungsstrukturen, die durch Hochschulen und theaterpädagogischen Zentren bzw. Fortbildungsinstituten ausgeführt werden.
2.2 Theaterspielen und Bildung: Ästhetische Kompetenz und Persönlichkeitsbildung
Noam Chomsky, der den Begriff der Kompetenz 1965 einführte meinte damit zunächst lediglich die Fähigkeit eine Sprache zu sprechen (vgl. Koch/Streisand 2003: 11). Heute ist der Kompetenzbegriff in aller Munde und hat sich hinsichtlich seiner Bedeutung um ein Vielfaches erweitert. Die zurzeit gültigen Lehrpläne unterscheiden bezüglich der anvisierten Lernziele zwischen der ästhetischen Kompetenz, die durch das fachliche Curriculum vermittelt werden soll und sozialer und persönlicher bzw. Ich-Kompetenz als auch zwischen der methodischen Kompetenz. Hentschel versteht in diesem Zusammenhang die „ästhetische Bildung […] als Auseinandersetzung des Subjekts mit sich selbst im Medium der Kunst“ (Hentschel 2010: 19).
Es wird in der Didaktik des Faches Theaterpädagogik davon ausgegangen, dass alle der genannten Kompetenzen durch die ganzheitliche Arbeit an einem Theaterprojekt erworben werden können (vgl. Koch/Streisand 2003: 68). Besonders beachtenswert ist hierbei, dass die Vermittlung der ästhetischen Kompetenz und die Persönlichkeitsbildung nicht als gegensätzlich zu interpretieren sind, sondern jeweils Teile von Bildung darstellen, die sich gegenseitig ergänzen und sich harmonisch zusammenfügen (vgl. Koch/Streisand 2003:12, Sting 2003: 12) Die folgende Definition des Unterrichtsfaches Darstellendes Spiel aus dem „Wörterbuch der Theaterpädagogik“ hinsichtlich des Gegenstandes dieses Faches verdeutlicht im besonderen Maße die Entwicklung der Persönlichkeit:
Es geht zwar primär um eine Auseinandersetzung mit dem Theater als Kunstform, aber Darstellendes Spiel ist immer auch gleichzeitig ein wesentliches Handlungs- und Erlebnisfeld zur Einübung sozialer Verhaltensweisen und zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit[…] Die moderne Theaterpädagogik geht davon aus, dass Menschen die Theater spielen, ihre eigene Lebenssituation, ihr Verhalten und ihre gesellschaftlichen Rollen in der Auseinandersetzung mit den fremden Rollen spielerisch reflektieren, sich diese Rollen anverwandeln. (Koch/Streisand 2003: 68)
Auch Domkowsky gelangt zu dem Ergebnis, „dass Theaterspielen eine besondere Form von Bildung sein kann“ (Domkowsky/Walter 2011: 99). Besonders in Deutschland existiert ein Zusammenhang von Bildungsprozessen und Theaterspielen, generell werden durch Kultur und Kunst weitreichende Zielsetzungen anvisiert. Dies ist zurückzuführen auf den bildenden Charakter in der Aufklärungszeit von Gottsched über Lessing bis zu Schiller (vgl. Domkowsky 2011:9).
Durch das Proben entsteht eine „Befreiung von der frag-losen Gefangenheit im Gewohnten“ (Schulz 1993: 17). Es entstehen neue Handlungsmuster, die nicht auf gewohnte alltägliche Weise zu verarbeiten sind. Theaterpädagogische Probenpraxis muss Kontexte schaffen, die eine Selbstbewegung in Gang setzen; sie muss Erlebnisse provozieren, in Suchbewegungen verwickeln, zu Erfahrungen anstacheln, die in der Begegnung mit dem Gegenüber, mit Fremdheit und Andersartigkeit zu Differenzierungsvermögen gelangen. (Seitz 1996: 62; zitiert nach Sack 2011: 15)
Um dies zu erreichen sind Reize von außen notwendig. Die erforderliche Stärke des äußeren Reizes hängt unter anderem von der individuellen Persönlichkeitsstruktur ab. Extrovertierte und introvertierte Menschen haben nach Untersuchungen einen unterschiedlichen Erregungszustand. Deshalb müssen introvertierte Menschen nicht so stark durch äußere Einflüsse stimuliert werden wie extrovertierte Menschen (vgl. Spitzer/Bertram: 2010, 50f).
Selbst in der pädagogischen Aus- und Weiterbildung erhält die Persönlichkeitsentwicklung von angehenden Lehrern eine entscheidende Bedeutung. Bereits während des Studiums stellt diese Komponente einen entscheidenden Anteil dar (vgl. Journal für Lehrerinnen und Lehrerbildung, 2/2002). Offen ist hier jedoch die Frage, wie und mit welchen Wegen sich dieses anvisierte Ziel erreichen bzw. auf welche Weise es sich unterstützen lässt.4 Wenn der Blickpunkt bereits auf Lehrerinnen und Lehrer liegt und dies mit theaterpädagogischen Mitteln5 versucht wird einzuüben, kann dies nicht auch ähnliche Effekte bereits bei Jugendlichen hervorrufen, die sich in der heutigen Zeit auch in den verschiedensten Rollen (Schüler, Sohn, Bruder, Fußballer, Migrant etc.) üben oder diese sogar bereits ausüben. Am Ende der 1970er Jahre werden an zahlreichen Schulen Theatergruppen tätig und die Diskussion in Lehrergruppen keimt neu auf. Dadurch entstehen Schultheaterfestivals auf Länderebene. Zusätzlich sorgen spezielle Angebote in der Lehrerfortbildung für eine Qualifikation als Spielleiter. Hamburg, Bremen und Berlin versuchen sogar über spezielle Modellversuche das Fach Darstellendes Spiel im literarisch-künstlerischen Aufgabenfeld der Sekundarstufe II zu verankern (vgl. Koch/Streisand 2003: 68). Das Unterrichtsfach des Darstellenden Spiels unterstützt die traditionellen Unterrichtsfächer der ästhetischen Bildung und der Kunst- und Musikerziehung (vgl. Koch/Streisand 2003: 67)
Bildungsprozesse vollziehen sich durch die Beschäftigung des Individuums mit seiner „subjektiven, sozialen und natürlichen Wirklichkeit“, innerhalb dieser Wirklichkeiten werden „Kompetenzen erworben, die- verstanden als habitualisierte Fähigkeiten zur Erzeugung von Verhalten und damit als Persönlichkeitspotenziale es dem Menschen erlauben, mit neuen und/ oder problematischen Situationen umzugehen“ (Grunert 2007: 16). Nach Burkhard Hill veraltet Fachwissen immer schneller, weshalb Bildungsprozesse nun stärker auf die Vermittlung von Fähigkeiten abzielen, die auf die Anwendung von Wissen, Problemlösen und Kommunikation hinarbeiten (vgl. Hill 2010: 79). Auch aktuelle internationale Vergleichsstudien wie die „ Pisa Studie“ der OECD orientieren sich an Kompetenzen (vgl. Deutsches Pisa Konsortium 2001, Deck 2014: 47, ). Die Frage steht im Raum, was die Schüler können müssen, nachdem sie die Schule verlassen haben (vgl. Domkowsky 2011: 12). Thomas Lang von Wins kritisiert dieses einseitige Erkenntnisinteresse. Die Prozesse und auch die individuellen Erfahrungen treten damit in den Hintergrund und erhalten keine Beachtung. Nach Lang von Wins sei jedoch die Erfahrung in entsprechenden Handlungskontexten ein wesentlicher Faktor für das Entstehen von spezifischen Kompetenzen (Lang von Wins 2003: 587). Kritisiert wird also die einseitige Konzentration auf sogenannte Schlüsselkompetenzen. Lediglich die nützlichen Fähigkeiten erhalten damit eine Funktion und werden als „verwertbare Fähigkeiten“ (Domkowsky 2011: 12) bezeichnet.
Hentschel formuliert treffend die Probleme, vor die sie sich als praktizierende Theaterpädagogin gestellt sieht und zeichnet damit ein Bild aus dem Praxisalltag:
Die Diskussion darum, ob Prozesse oder Produkte in der theaterpädagogischen Arbeit wichtiger seien, ob Eigenproduktion der Arbeit mit (Text-) Vorlagen vorzuziehen seien, letztlich, ob die pädagogische Absicht oder der künstlerische Anspruch im Vordergrund der theaterpädagogischen Arbeit zu stehen habe, ist ein Dauerbrenner in der Fachdiskussion. (Hentschel 2010: 15)
Auch Domkowsky bemerkt in ihrer Studie, dass beobachtbare Phänomene beim Theaterspielen von der jeweiligen Situation abhängig sind (Domkowsky 2011:19).
2.3. Theaterspielen als Chance für Jugendliche
Nach Asendorpf kommt es innerhalb der allgemeinen Entwicklung, die vielschichtige Umbrüche in der Gesellschaft und stetige Neuprägungen beinhaltet, zu einer Tendenz der Stabilität hinsichtlich der Persönlichkeit. Jedoch muss bezüglich dieser Arbeit der Tatsache Beachtung geschenkt werden, dass es während der Pubertät, aufgrund mannigfaltiger Veränderungen, zu einer zeitlich begrenzten Destabilisierung kommen kann (vgl. Asendorpf 2007: 321). Wie können Prozesse der Persönlichkeitsbildung sich zwischen den Extremen Individualität und Kollektivität überhaupt bewerkstelligen lassen? Nach Kira Nierobisch sind außerhalb von sozialen Netzwerken und auch informellen Kontakten, besonders bürgerschaftliche Engagements und organisierte Jugendarbeit und deren Kontexte behilflich bei der Identitäts- und Persönlichkeitssuche. Durch die dortige Projektarbeit erschließen sich für die Jugendlichen nicht nur gemeinschaftliche, sondern auch individuelle Bildungsgelegenheiten. Die Jugendlichen erwerben „Anerkennung und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit“ durch das Ausprobieren und Lernen in der Gruppe und als Individuum (vgl. Nierobisch 2016: 2). Das Lernen funktioniert also je nach Kontext unterschiedlich und hilft bei der Persönlichkeitsentwicklung. Der Mensch kann nicht „Nicht-Lernen“; wir lernen ständig und überall. Beim Lernen kommen mehrere Faktoren, wie Neugierde, Aufmerksamkeit, Emotion und Motivation, zusammen, die dieses positiv beeinflussen. Generell verändert sich der Mensch zwangsläufig durch Lernprozesse. Manfred Spitzer bringt dies auf den Punkt: „Wer lernt, riskiert seine Identität“ (Spitzer 2007: 12), da neue Erkenntnisse zu einer Veränderung des bestehenden Weltbildes führen. Dieser Vorgang kann manchen Menschen Angst bereiten, da Veränderungen meist bedeuten, unbekanntes, unsicheres Terrain zu betreten: „Theaterpädagogische Arbeit schließt mit ein, ihm (dem Spieler) die Angst vor dem Feuer zu nehmen und nach Wegen zu suchen, die das Spiel mit den Flammen reizvoll machen“ (Sack 2011: 19). Diese kurze Darstellung zeigt, was sich der Mensch eigentlich bewahren sollte. Kinder, die laufen lernen, fallen immer wieder hin, lassen sich dadurch aber nicht beirren, sondern versuchen ihr Anliegen immer wieder in die Praxis umzusetzen. Teil einer theaterpädagogischen Strategie ist es, den Probenden absichtlich ins Leere laufen zu lassen und ihm Hindernisse zu schaffen. Der Probende lernt durch das „Trial and Error“-Prinzip und findet eine eigene Lösung für die Umsetzung eines Problems (vgl. Sack 2011: 17). Patrick Primavesi spricht zeitgenössischen Theaterreformen (vgl. Primavesi/Deck 2014) Potentiale zu: Diese können dabei behilflich sein die alltäglichen Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen auf spielerische Art mit beispielsweise Erwachsenen zu be- und verarbeiten (vgl. Deck 2014: 55).6 Theaterspielen kann, Primavesi zufolge, sogar Generationskonflikte durch spielerische Bearbeitung besänftigen:
Anstelle der üblichen Filter und Rahmungen eines konventionell pädagogisch motivierten Theaters, das oft noch an der Konstruktion und Illusion einer kindgerechten Welt festhält, bieten experimentelle Formen von Theater auch für Konflikte zwischen Generationen neue Spielräume. (Primavesi 2014: 19f.)
Außerdem werden auch negative Gefühle wie Angst, Misstrauen, Leistungsdruck und dergleichen, welche Jugendliche beschäftigen (vgl. Nierobisch 2016: 21), durch spezielle neue Erfahrungen als weniger negativ empfunden (vgl. Psychodrama in der Psychologie und deren Methoden z.B. Biegler-Vitek 2014).
Theater und Pädagogik sind voneinander zu unterscheiden ergänzen sich aber durch gewisse Schnittstellen. Das Fach Theaterpädagogik gewinnt zunehmend an Bedeutung und kristallisiert sich zu einer eigenständigen Disziplin. Es entwickeln sich zunehmend neue Anwendungsmöglichkeiten. Im Bereich der Bildung avanciert die Theaterpädagogik zur Vermittlerin gewünschter Kompetenzen und findet bereits ihren Niederschlag in dem eigenständigen Fach des Darstellenden Spiels. Künstlerische Erfahrungen treten in den Vordergrund und man erkennt deren Potential auch hinsichtlich von Bildung und Kompetenzen für andere Fachbereiche. Gerade im Jugendalter scheint Theater ein Anker für problematische Krisen darzustellen. Die Veränderungen in der Pubertät und deren Bewältigung verlangen nach Gemeinschaften, Selbstbewusstsein und dem Austesten von Rollenbiografien, damit ein Weg gefunden werden kann die Spannungen zwischen Individuum und Kollektiv aufzuheben. Dies ist möglich durch das Anerkennen der eigenen Identität mit der Aussicht auf eine selbstentwickelte Persönlichkeit.
3. Persönlichkeit und Identität
Der Personenbegriff als solcher steht in einer vielseitigen Tradition von Theologie, Alltagsprache Philosophie und Psychologie (vgl. Rogers 1991: 17). Üblicherweise wird der Begriff der Person aus dem Theater abgeleitet und beruft sich etymologisch auf die Wörter Maske und Rolle, dies ist aber nur zum Teil richtig (vgl. Rogers 1991: 24). Bemerken muss man jedoch, dass diese Deutung zu einem eigenwilligen Bedeutungsgehalt geführt hat, der bis heute seine Nachwirkung besitzt. Der heutige Begriff der Person stammt ursprünglich aus der Theologie und ist dort vor allem in Glaubensfragen gebräuchlich. Durch die Säkularisierung des Begriffes wird er zusätzlich in der philosophischen Anthropologie angewendet (vgl. Rogers 1991: 24f.). Der Unterschied zwischen Person und Persönlichkeit ergibt sich aus der Entwicklung. Durch die individuelle Entwicklung gewinnt die Person an Gestalt: „Person ist jeder Mensch von Anfang an, Persönlichkeit muß [sic.] er erst werden“ (Rogers 1991: 28). Nach Asendorpf hat sich Persönlichkeitsentwicklung, verstanden als die Gesamtheit aller Persönlichkeitseigenschaften, vollzogen, wenn sich bereits einzelne Eigenschaftswerte einer Person geändert haben (vgl. Asendorpf 2007: 316). Damit eine Entstehung von Person zu Persönlichkeit stattfinden kann, ist der Einfluss der sozialen Umwelt unabdinglich. (Rogers 1991:28). Eine ähnliche Definition verwendet Nierobisch für den Begriff der Identität: „Im Aushandeln eines Passungsverhältnisses bildet sich Identität in der Schnittmenge eines untrennbar miteinander verwobenen subjektiven Inneren und gesellschaftlichen Außen“ (Nierobisch 2016: 1). Natürlich sind entscheidende Unterschiede zwischen den Begriffen Persönlichkeit und Identität zu verzeichnen. Obwohl diese in der Literatur oftmals synonym verwandt werden (vgl. Wegener 2008: 40). Identität und Persönlichkeit erscheinen im Duden aber keineswegs als Synonyme.7 Persönlichkeit ist dem Duden zufolge die „Gesamtheit der persönlichen (charakteristischen, individuellen) Eigenschaften eines Menschen“ (vgl. Duden online: Persönlichkeit).Während Identität die „Echtheit einer Person oder Sache [die] völlige Übereinstimmung mit dem, was sie ist oder als was sie bezeichnet wird“ (vgl. Duden: Identität). Im Rahmen dieser Arbeit ist besonders eine Definition von Zierfas und Jörissen von Bedeutung, die Identität als einen Begriff definieren, der in seinen wechselnden Lesarten aber auch einen zentralen Bezugspunkt der Diskurse über Individualität und Subjektivität, über Zugehörigkeit und Gemeinschaft und nicht zuletzt auch über Sozialisation und Bildung darstellt. (Jörissen/Zierfas 2007: 7)
Auch wenn der Begriff der Identität sich im Laufe der Zeit immer mehr an den Begriff der Persönlichkeit angenähert hat (vgl. Eickelpasch/Rademacher 2012: 14) wird im empirischen Teil dieser Arbeit davon ausgegangen, dass Identität anhand von äußerlichen Merkmalen und dem Einfluss der Herkunftsfamilie bereits mit der Geburt festgelegt ist. Außerdem kann Identität auch ein Kollektiv gemeinsam besitzen. Davon abzugrenzen ist jedoch die Ich-Identität, der das Verständnis von Persönlichkeit sehr nahe kommt. Im Unterschied dazu ist Persönlichkeit definiert als etwas, dass sich individuell entwickeln muss und durch unterschiedliche Erfahrungen gebildet werden kann. Außerdem kann Persönlichkeit immer nur individuell auf eine Person ausgerichtet beschrieben werden. Genetische Voraussetzungen werden in dieser hinsichtlich des Untersuchungsgegenstands nur marginal beachtet. An dieser Stelle sei anzumerken, dass die Begriffe Identität und Persönlichkeit im Zuge dieser Arbeit teilweise auch synonym verwendet werden. Dies ist aber auf die unterschiedlichen Theorien zurückzuführen und beruft sich nicht auf das Verständnis der Begriffe Identität und Persönlichkeit. Die Vorstellung verschiedener Theorien der Persönlichkeitsentwicklung und der Beschreibung von Persönlichkeit werden im nächsten Kapitel auf ihre Relevanz für diese Arbeit in Ausschnitten erläutert und bezüglich ihres Informationsgehalts hinsichtlich der Untersuchung der Experteninterviews geprüft.
3.1. Erik H. Erikson: Das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung
Zahlreiche Experimente, die zur Neubelebung von individueller Freiheit und Kreativität dienen sollen, gehen in den Bereichen Pädagogik und Psychotherapie in Untersuchungen zur Gruppendynamik und sogar im Bereich der Seelsorge auf die Identitätspsychologie Erik H. Erikson zurück (vgl. Conzen 2010: 407). Die Verdienste Eriksons liegen in der Erweiterung der klassischen Psychoanalyse um eine psychohistorische und eine psychosoziale Komponente. Der Neofreudianer8 Erikson konzentriert sich in seinen Untersuchungen auf die Ich-Identität des Individuums.9 Als größten Einflussfaktor sieht er in der Entwicklung des Menschen dessen Umwelt und bezieht diese in seine Forschungen mit ein, die sich anhand von „klinischen und [kultur-] anthropologischen Erwägungen“ (Erikson 19806: 55f) ergeben haben. Anhand unterschiedlicher Erfahrungsberichte geht er damit der Gesellschaftsbildung und der des einzelnen Individuums auf den Grund. Geschichtliche Umbrüche und allgemein die Historizität sind in Eriksons Modell ein wichtiger Einflussfaktor hinsichtlich der Ich-Identität des Menschen. Damit gemeint ist ein subjektives Empfinden, ein Bewusstsein des eigenen Selbst aktiv und fähig zu eigenen Entscheidungen, abgegrenzt von allen anderen (vgl. Conzen 2010:392). Erikson hat den amerikanischen Menschen (auf den er stets hinweist) untersucht, weshalb die Identität auch eine landesspezifische Komponente erhält. Dies begründet sich aus seinem wissenschaftlichen Vorgehen, das lediglich das amerikanische System und deren Individuen studiert und Verallgemeinerungen nicht zulässt. Es wird aber von der Annahme ausgegangen, das jedes Kultursystem seine eigenen Regeln und Gegebenheiten besitzt, welche im Wechselspiel zum Menschen stehen (vgl. Erikson 19806: 65). Dies steht auch im Zusammenhang mit der Verwendung des Begriffes Identität, der Begriff ist im Wesentlichen ein psychosozialer und wird als Teil der psychoanalytischen Ich-Theorie behandelt. Das bedeutet, dass der Begriff auf die Verbindung von Individuum und Gesellschaft hinweist, die durch eine „einzigartige Geschichte“ und „geprägte Werte[n]“ miteinander wechselseitig in Beziehung stehen. (vgl. Erikson 19806: 123f.). Der Begriff der Identität steht bei Erikson im Hinblick auf sozialpsychologische Gesichtspunkte für die Gefühle der Partizipation, Übereinstimmungen mit Gruppen und anderen Gemeinschaften. Diese müssen ins Gleichgewicht zwischen der Individualität des Einzelnen und den Ansprüchen der Umgebung gebracht werden um eine Identität zu erlangen. Um Reflexion zu ermöglichen bedarf es grundsätzlich eines Gegenübers, damit Selbsterkenntnis und das Anerkennen der eigenen Person durch andere möglich wird (vgl. Conzen 2010: 397). Nach Conzen ist der Begriff der Identität bei Erikson ein „psychosozialer Mischbegriff, der den auf das Individuum zentrierte Ansatz der Psychoanalyse übersteigt und letztlich für die Verankerung des Menschen in der Außenwelt steht“ (Conzen 2010: 396). Erikson verwendet an anderen Stellen auch sparsam den Begriff der Persönlichkeit, um beispielsweise den Lebenslauf bzw. mit Eriksons Worten den Lebenszyklus von Thomas Jefferson zu erfassen (vgl. Erikson 1975:17), oder wenn von einer bestimmten Persönlichkeit die Rede ist, die sich erst entwickeln muss (vgl. Erikson 19806: 107). Diese intuitive Wortbedeutung Eriksons deckt sich sogar mit der aktuellen Definition des Dudens, die unter Persönlichkeit eine Person versteht, welche eine „führende Rolle im gesellschaftlichen Leben spielt“ (vgl. Fußnote 7, Persönlichkeit Punkt 3.). Erikson entwickelt ebenfalls eine Definition zu Persönlichkeitsentwicklung: diese entwickle sich gemäß einer Stufenfolge, wobei der Organismus zuvor dazu bereit sein muss, sich auf einen zunehmenden Einflussbereich von bedeutenden Individuen und Institutionen einzustellen. Dabei muss der Mensch sich seiner selbst bewusst werden und in Wechselwirkung zu diesen beiden Komponenten treten (vgl. Erikson 19803: 93). Diese Abgrenzung der beiden Begriffe legt die Vermutung nahe, dass dem Begriff der Persönlichkeit eine höhere Bedeutung zukommt während der
Begriff der »Identität«…also insofern eine wechselseitige Beziehung aus[drückt], als er sowohl ein dauerndes inneres Sich-Selbst-Gleichsein wie ein dauerndes Teilhaben an bestimmten gruppenspezifischen Charakterzügen umfaßt [sic.]. (Erikson 19806: 124)
Eine genaue und verständliche Abgrenzung10 der beiden Begriffe findet sich jedoch nicht und verschwimmt an manchen Stellen sogar (vgl. ebd). Vielleicht trägt der Begriff der Identität als Modethema der Sozialwissenschaften in den 1960er eine Verantwortung dafür (vgl. Conzen 2010: 391). Oftmals erscheint bei Erikson der Begriff der Persönlichkeit aber als etwas Wünschenswertes, wenn sie als „gesunde Persönlichkeit“ (Erikson 19803: 92) beim Erwachsenen bezeichnet wird. Im Zusammenhang der Entwicklung wird sie lediglich als Persönlichkeitsentwicklung (vgl. Erikson 19803: 93) bezeichnet. Persönlichkeit suggeriert damit in Eriksons Arbeiten etwas, das es zu erreichen gilt.
Insgesamt durchläuft der Mensch in Eriksons Modell acht verschiedene Entwicklungsphasen (siehe Anhang Modell Erikson), die jeweils durch Konflikte geprägt sind, die es zu überwinden gilt. Die Entwicklungsstufen erstrecken sich hierbei von der Geburt bis ins hohe Erwachsenenalter; dies impliziert, dass die Entwicklung des Menschen ein ganzes Leben lang andauert und nie abgeschlossen ist. Die Frage „welche Faktoren fördern eine kräftige, normale Ich-Identität?“ (Erikson 1980 6: 39) steht dabei im Fokus seiner Beobachtungen. Zusätzlich zur Untersuchung der Ich-Identität beachtet er auch die Gruppen-Identität11 die nach Erikson unterstützend für die Ich-Identität sein soll. Er untersucht das Verhältnis des Menschen zu sich selbst und auch zu anderen (vgl. Erikson 19806: 55). In diesem Zusammenhang spricht er auch von der „bewußten [sic.] Experimentierfreudigkeit“ (Erikson 1980 6: 44), in der jeder Mensch die Wahl haben sollte zu bleiben oder zu gehen oder gar einen ganz anderen Weg einzuschlagen. Demnach ist auch jede einzelne Fehlentwicklung eine Bedrohung für alle anderen (Erikson 19806: 53). Erikson gelangt von der Ich-Identität zu einer gesunden Persönlichkeit, die ein Erwachsener besitzen sollte. Seine Definition folgt dabei Marie Jahoda, „wonach die gesunde Persönlichkeit ihre Umwelt aktiv meistert, eine gewisse Einheitlichkeit zeigt und imstande ist, die Welt und sich selbst richtig zu erkennen“ (Erikson 19806: 57). Da im Fokus dieser Arbeit der jugendliche bzw. adoleszente Mensch steht, müssen alle anderen Entwicklungsstufen außer Acht bleiben, diese finden aber vereinzelt Anklang, wo dies zum besseren Verständnis angebracht scheint. An dieser Stelle sei jedoch bemerkt, dass Erikson alle Kriterien jeder Entwicklungsstufe, falls sich diese in der Kindheit entwickeln und in der Jugend integriert werden in einer gesunden Gesamtpersönlichkeit aufgehen (vgl. Erikson 1980 6: 62). Das Durchlaufen aller Entwicklungsstufen12 und das Überwinden der Krisen in diesen Stufen, stellt demnach die Grundvoraussetzung einer gesunden Persönlichkeit dar. Selbstverständlich gibt es diese von Erikson theoretisch angelegten Phasen nicht in natürlicher Form, da die Entwicklung des Menschen individuell verläuft und nicht exakt nachgezeichnet werden kann. Das theoretische Konstrukt dient demnach lediglich zur Beantwortung der Forschungsfrage. Erikson geht aber selbst von der Annahme aus, dass „das Wachstum der Persönlichkeit“ sich ebenso verhält „wie das Wachstum eines Organismus“ und sich in genau dem gleichen Tempo und derselben Aufeinanderfolge vollziehen muss13 (vgl. Erikson 19806: 58). Zudem bemerkt er, dass das menschliche Wachstum unter den Bedingungen der inneren und auch äußeren Konflikte dargestellt werden muss, welche eine gesunde Persönlichkeit zu durchlaufen hat (vgl. Erikson 19806: 56). Jedoch erkennt auch Erikson den theoretischen Charakter seines Modells und verweist darauf, dass die Reife des Individuums nicht immer mit den Anforderungen der Gesellschaft einhergeht. Erst am Ende eines Stadiums erhält das Individuum erst eine „dauerhafte Lösung“ (Erikson 19806: 149). Alle Stadien der menschlichen Entwicklung bleiben stets miteinander verbunden und stehen im Verhältnis zueinander, zudem hängen alle von der rechtzeitigen Entwicklung jedes einzelnen Stadiums ab. Dennoch hängt die „richtige Zeit und das Tempo der Entwicklung jeder einzelnen Komponente“ auch von der Individualität und der jeweiligen Gesellschaft ab, in der sich das Individuum entwickelt (vgl. ebd.).
3.1.1. Das Jugendalter: Identität gegen Identitätsdiffusion
In Eriksons Diagramm der Persönlichkeitsentwickelung enthält der Zeitraum der Adoleszenz die umfangreichsten Beschreibungen, obwohl die Persönlichkeitsentwicklung in der Kindheit vier Phasen enthält und die des Erwachsenenalters drei (vgl. Anhang Modell Erikson). Daraus ablesen lässt sich, dass auch Erikson diesem Entwicklungsstadium einen besonderen Raum zubilligt. Da das Modell die Krisen jeder Entwicklungsstufe anhand von Gegensatzpaaren, wünschenswerter Entwicklung und weniger wünschenswerter Entwicklung, veranschaulicht, kann angenommen werden, dass das Stadium der Adoleszenz ein besonders hohes Konflikt- und Entwicklungspotential besitzt. Mit insgesamt acht Krisen geht Erikson auf die Probleme in der Adoleszenz genauer ein. Die positive Entwicklung steht dabei jeweils der negativen gegenüber. Damit sich eine positive und gesunde Persönlichkeit heranbilden kann, muss sich der Jugendliche für eine Seite entscheiden (vgl. Graphik 1). Alle Krisen die Erikson hier erwähnt, könnten heutzutage, freilich mit einer moderneren Formulierung ebenfalls auf die Entwicklungsphase der Jugend zutreffen. Erst in der Adoleszenz ist der Mensch hinsichtlich seines körperlichen Wachstums und seiner geistigen Reife und hinsichtlich seiner sozialen Verantwortung dazu in der Lage, die Vorbedingungen für eine Krise der Identität zu erfahren und durchzustehen. Die Identitätskrise dieser Entwicklungsphase stellt den psychosozialen Aspekt des Heranreifens dar und kennzeichnet damit diese Phase der menschlichen Identitätsentwicklung (vgl. Erikson 19803: 91):
Unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung würde ich sagen: in der Jugend findet man heraus, was man gern tun möchte und wer man gern sein möchte- und man probiert das in wechselnden Rollen. (Erikson 1975: 140)
Um diese Phase erfolgreich zu überwinden, muss es zuvor zu einer normativen Krise in der Adoleszenz kommen, die durch das bestimmt ist, was in der Kindheit vorausging und in vielerlei Hinsicht das bestimmen wird, was folgt (vgl. Erikson 19803: 19). Die Identität die dann entwickelt wurde, kann aber nicht als vollendet angesehen werden, sondern ist ihrerseits weiterer Entfaltung unterworfen - sie ist demnach weiterhin veränderbar (vgl. Erikson 19803: 20).
Erikson setzt Identität als einen wichtigen Faktor der frühen Entwicklung des Kindes in Beziehung zu Identifikation (vgl. Erikson 19806: 105). Die Ich-Identität entwickelt sich aus einer stufenweise erfolgenden Integration aller Identifikationen, dies ist jedoch auch erst in der Phase der Adoleszenz möglich:
In mehreren Arbeiten habe ich den Begriff der Ich-Identität verwendet. Es sollte damit ein spezifischer Zuwachs an Persönlichkeitsreife angedeutet werden, den das Individuum am Ende der Adoleszenz der Fülle seiner Kindheitserfahrungen entnommen haben muß [sic.], um für die Aufgaben des Erwachsenlebens gerüstet zu sein. (Erikson 19806: 123)
Diese „Abfolge subjektiver Ich-Synthesen“ (Erikson 19806: 144) verlangt von dem Individuum, trotz steigender Einflüsse im Inneren und Äußeren, eine eigene Identität mit einer individuellen Erfahrungswelt immer wieder von neuem in die Identität zu integrieren. Die eigentliche Identitätsfindung vollzieht sich im „psychosozialen Moratorium“ der Adoleszenz, man könnte dies als einen zeitlichen Aufschub gesellschaftlich und/oder individuell bezeichnen - eine Art Auszeit und Genesung von zuvor negativ verlaufenden Entwicklungsstadien, in der sich der Jugendliche ausprobiert, bevor er in das Stadium des Erwachsenen eintritt. Eine besondere Rolle gewinnt hierbei die Peer Group, in der sich der Jugendliche bewegt. Die Identität wird innerhalb der Peer Group definiert und findet in diesem Raum auch ihre eigene Darstellung. Nach Erikson ist ein weiterer Faktor der Entwicklungsstadien der identitätsbildende Einfluss der ersten Liebesbeziehung. Außerdem haben Erwachsene durch Anleitung und Bekräftigung des spezifischen Tuns Einfluss auf Jugendliche. Erikson bezeichnet da Jugendalter als eine „normative Krise […] d.h. eine normale Phase vermehrter Konflikte charakterisiert durch […] scheinbare Labilität der Ichstärke […] und ein hohes Wachstumspotential“ (Erikson 19806: 144). Das Jugendalter ist dementsprechend bestimmt von Reflexion und Ausprobieren mit individuellen Selbstvorstellungen im Wechselspiel von Begegnungen, Zukunftsvorstellungen, verschiedenen Rollen und der gegenseitigen Bespiegelung und damit einhergehend auch der Definition des eigenen Ichs (vgl. Conzen 2010: 403).
Identität ist dort am gesichertsten, wo sie in Aktivität begründet ist. Wenn wir einen neuen Menschen kennenlernen, wollen wir gewöhnlich zuerst wissen, was er tut, und dann, wie er tut, was er tut. Denn in unserer Entwicklung ist auch ein Bedürfnis nach Kompetenz verankert. (Erikson 1975: 119)
Insgesamt kreisen in der Adoleszenz die nach Erikson vom elften bzw. zwölften bis zum sechzehnten bzw. siebzehnten Lebensjahr andauert mehrere Krisen um den Jugendlichen, welchen er sich zu stellen hat:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Eigene Darstellung nach Erikson 19803: 95
Alle möglichen Krisen, die der jugendliche Mensch zu bewältigen hat, bewegen sich zwischen Identität und Identitätsdiffusion. Es scheint fast so, als ob das Individuum um die Vorherrschaft einer der beiden kämpfen muss. Dieser Kampf gegensätzlicher Faktoren zeigt sich auch in allen anderen Entwicklungsstadien - aber in wesentlich geringerer Intensität. Der Jugendliche ist nun in allererster Linie damit beschäftigt seine soziale Rolle zu finden und zu festigen (vgl. Erikson 19806: 106). Immer wenn der Mensch nicht im Stande ist etwas zu tun, trifft dies dessen „narzisstisches Gleichgewicht“: der Mensch kann diesen Zustand, indem die Souveränität des „Ich“ über einen längeren Zeitraum infrage gestellt wird, nicht ertragen (vgl. Conzen 2010: 394). Unter Identitätsdiffusion versteht Erikson die Zweifel an der eigenen Identität im geschlechtlichen als auch im ethnischen Sinne, die sich bis zur Adoleszenz gebildet haben. Nach Eriksons Ansicht kommen viele Jugendliche mit der ihnen auferlegten Rolle nicht zurecht und flüchten sich in kriminelle oder psychotische Zwischenspiele. Vornehmlich führt den Jugendlichen seine Unfähigkeit sich für eine Berufs-Identität zu entscheiden zu diesen Episoden. Vor dem Jugendlichen liegt eine Vielzahl unendlicher Möglichkeiten zwischen denen er für sich die richtige Wahl zu treffen hat (vgl. Erikson 19806: 111). Um sich nicht zu zerteilen, findet eine „Überidentifizierung“ statt, eine Identifikation mit Cliquen und anderen Gruppierungen. Zudem erlangt das Individuum dadurch anderen Gruppen gegenüber Exklusivität und erweist sich diesen hinsichtlich ihrer Andersartigkeit als intolerant und aggressiv. Dabei ist es nach Erikson jedoch wichtig, dass sich diese „Intoleranz als notwendige Abwehr gegen ein Gefühl der Identitätsdiffusion versteht “ (Erikson 19806: 110). Nach Conzen ist die Einführung der Begriffe Identitätsdiffusion bzw. Identitätsverwirrung in die Psychoanalyse der bedeutungsvollste klinische Beitrag Eriksons. Die Psyche des Jugendlichen bewegt sich in diesem Stadium zwischen kurzzeitigen Schock-Erlebnissen bis hin zu Psychose-ähnlichen Grenzerfahrungen und erklärt damit auch psychologisch diesen Zustand der Identitätssuche (vgl. Conzen 2010: 405). Dem gesunden Ich ist es möglich solche Identitätskrisen zu überwinden durch aktives Experimentieren, Austausch und zum Teil durch unbewusst ablaufende Regenerationsmechanismen wie Träumen, Fantasieren oder Spielen. Dadurch erlangt das Individuum dann Selbstvertrauen und Kompetenz (vgl. Conzen 2010: 394). Erikson bezeichnet den positiven Zustand des Menschen als „Agens-Zustand“, während der negative Zustand als „Patiens-Zustand“ bezeichnet wird. Demnach liegt es im Interesse des Individuums den „Agens-Zustand“ aufrecht zu erhalten um sich harmonisch, entschließungsfähig und aktiv zu fühlen, während der „Patiens-Zustand“ für Zerrissenheit, Passivität bzw. Ausgeliefertsein und Ängstlichkeit verspricht (vgl. ebd.). Darauf aufbauend stehen bei Erikson deutlich Merkmale der Selbstpsychologie im Vordergrund wie Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Willensstärke. Das primäre Ziel der Psychoanalyse, die Stärkung des bewussten Ich durch Reflexionsvermögen, Entscheidungsfähigkeit und Zivilcourage korrespondiert mit diesen Attributen (vgl. Conzen 2010: 395). Zur Bewältigung der Krise in der Adoleszenz gehören auch die experimentellen Versuche mit „negativen Identitäten“. Diese werden von Richtern, Eltern und Lehrern usw..definiert., können auch eine Verfestigung zur Folge haben. Dem Jugendlichen kann es schwerfallen dieses Urteil anderer wieder abzustreifen (vgl. Erikson 19806: 165ff.). Diese sozialen Grenzsituationen sind wichtig für die weitere Entwicklung des Jugendlichen, da sich die Identität gemäß einem günstigen Verlauf in der Adoleszenz heranbildet (vgl. Conzenz 2010: 404).
Die aus diesem Kapitel gewonnen Erkenntnisse dienen als eine von vier Grundlagen zur Kategoriebildung, mithilfe derer die Experteninterviews interpretiert werden sollen. Von besonderer Bedeutung ist Eriksons Erkenntnis, dass die Umwelt das Individuum hinsichtlich dessen Persönlichkeitsentwicklung beeinflusst. Von Bedeutung sind Partizipationsgefühle, Gruppenidentitäten und andere Gemeinschaften. Damit der Mensch sich entwickeln kann, muss er sich seines Selbst bewusst werden und in eine wechselseitige Beeinflussung durch Außenwelt treten. Demnach müssten auch andere Einflüsse, die sich innerhalb einer Theatergruppe heraus bilden auf den Jugendlichen einwirken. Außerdem bezieht Erikson auch die Entwicklung vor der Adoleszenz in seine zum Teil anthropologischen Beobachtungen mit ein. Was die Annahme bestätigt, dass jeder Mensch individuell ist und deshalb Theater auf verschiedene Jugendliche auch jeweils anders wirkt. Die problematische Phase der Adoleszenz hält für die Jugendlichen Krisen bereit, aber auch Chancen durch ein hohes Maß an Entwicklungsmöglichkeiten. Theaterspielen könnte bei den von Erikson formulierten Krisen ansetzen und dabei behilflich sein, diese positiv zu überstehen. Ein weiterer Punkt ist derjenige, dass Erikson bemerkt, dass jeder Mensch sich unterschiedlich schnell und auch zu einem anderen Zeitpunkt entwickelt. Er geht davon aus, dass die Individualität und auch die Gesellschaft die Intensität und den Zeitpunkt mitbestimmt. Dadurch, dass jedes Kultursystem auf gewissen Regeln aufbaut ist es interessant zu untersuchen welche Regeln sich in den „Kultursystemen“, in denen Theater gespielt wird finden lassen und wie diese auf die Persönlichkeit wirken. Obwohl die Theorie für die Untersuchung sehr ertragreich ist, vernachlässigt sie einen wesentlichen Punkt. Um die Interviews zu interpretieren bedarf es einem anerkannten Schema zur allgemeinen Persönlichkeitsbeschreibung, welches sich am geeignetsten auf lexikalische Unterscheidungen zurück führen lässt. Diese Lücke schließt das Big-Five-Modell.
3.2. Big Five- Das FünfFaktoren-Modell der Persönlichkeit
Bereits in der Temperamentlehre von Hippokrates werden Menschen nach ihren differierenden Persönlichkeitseigenschaften in verschiedene Typen vom Sanguiniker über den Choleriker, den Melancholiker bis hin zum Phlegmatiker eingeteilt (vgl. Adler 1927: Kap.I.5.). Auch heute noch werden in der differentiellen Psychologie Menschen hinsichtlich ihrer Persönlichkeit anhand von speziellen Merkmalen unterschieden: „situations- und kontextübergreifende Handlungs- und Reaktionsbereitschaften, aber auch Unterschiede der habituellen Gemütslage und Affektregulation“ (Brandstädter 2011: 37) lassen sich hierbei ausmachen. Die Entwicklung des Big Five - Modells beginnt bereits in den 1930er Jahren14 erreicht ihre aktuelle Bedeutung jedoch erst in den 1990er Jahren. Die Kürzel der englischen Fünf Faktoren ergeben den einprägsamen Namen OCEAN (Asendorpf/Neyer 2012: 107). Es existieren aber auch andere Akronyme die sich aus den Anfangsbuchstaben zusammen setzen z.B. Neo-Modell. (vgl. Stemmler u.a 269ff, Asendorpf/Neyer 2012: 108), welches zunächst auf nur drei Faktoren zurück geführt wurde. Auf metaphorischer Ebene kann das Fünf Faktoren-Modell auch als „ein Koordinatensystem für alltagspsychologische Persönlichkeitsbeschreibungen“ (Aspendorpf/Neyer 2012: 109) gelten. Den Ursprung der heutigen Fünf Faktoren-Taxonomie bilden zwei Personalforscher der amerikanischen Luftwaffe, Ernest C. Tupes und Raymond E. Christal. Die von ihnen durch Reanalysen von Korrelationsmatrizen gefundenen Faktoren durch acht Stichproben erhalten im Jahr 1981 durch Lewis R. Goldberg den Namen „ Big Five “.15 Der Name suggeriert bereits, dass diese fünf Faktoren dazu in der Lage sind, vielfältige Aspekte der Persönlichkeit auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau sprachlich zu umschreiben (vgl. Stemmler u.a. 2011: 268). In dieser Zeit kommt immer mehr die Erwartung und Gewissheit auf, „dass eine Konvergenz verschiedener faktorenanalytisch begründeter Gesamtsysteme der Persönlichkeit gefunden und in einem Modell aus fünf breiten Persönlichkeitsfaktoren höherer Ordnung beschrieben werden könnte“ (vgl. Stemmler u.a. 2011: 267). Wie der Name des Modells schon impliziert, handelt es sich hierbei um fünf Faktoren, auf deren Skalen sich jeder Mensch von niedriger bis hoher Ausprägung einordnen lässt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Eigene Darstellung nach Stemmler u.a. 2011: 267f. und www.swr.de
Der Faktor I) Extraversion (extraversion (Abk: E), auch Überschwänglichkeit, erfasst Aspekte der Persönlichkeit, die sich durch Geselligkeit, Aktivität, Tatendrang, Begeisterungsfähigkeit, Aufgeschlossenheit und ähnliches charakterisieren lassen. Man kann auch von extrovertiert im Gegensatz zu introvertiert sprechen, was in der Alltagssprache geläufiger ist. Alle Eigenschaften deuten auf eine leichte Beziehungsaufnahme und auf die Erleichterung sozialer Ressourcen hin (vgl. Brandstädter 2011: 37). Ein niedriger Wert dieser Dimension ist immer als Opposition der Beschreibung zu denken. So stehen sich in dieser Dimension beispielsweise freimütig und verschlossen gegenüber. Zudem sind Beziehungen erkennbar zu Optimismus und Selbstvertrauen, dies schlägt sich auch in einer hohen Risikobereitschaft nieder. IV) Emotionale Stabilität vs. Neurotizismus (neuroticism Abk: N): nach Brandstädter seien Menschen mit hohen Neurotizismuswerten16 häufiger in soziale Konflikte verwickelt und müssen damit kritische Lebensereignisse durchleben. Dieser Faktor kennzeichnet damit einen fast negativen Effekt der Persönlichkeit (vgl. Brandstädter 2011: 38). Der dritte Faktor III) Gewissenhaftigkeit (conscientiousness Abk: C) bezeichnet im Unterschied dazu vor allem konsistent positive Zusammenhänge; Besonnenheit, Pflichtgefühl und Leistungsorientierung sind diesem Faktor als Aspekt zuzuschreiben (vgl. Brandstädter 2011: 38). Die Faktoren II) Verträglichkeit (agreeableness Abk: A) und V) Offenheit für Erfahrungen (openness to new experience Abk: O) weisen in manchen Analysen Überschneidungen zum Extraversionsfaktor auf, sind aber auch im Hinblick auf das Wohlbefinden des Individuums als positiv zu bewerten, vorausgesetzt, dass ein hoher Wert vorliegt. Der Faktor Offenheit für Erfahrungen umschließt auch die Unterfacetten von Offenheit für Fantasie, für Ästhetik, sogar die Offenheit für Gefühle, Handlungen und Ideen mit ein. Auch die offene Einstellung gegenüber des herrschenden Werte- und Normensystems zählt zu diesem Faktor (vgl. Stemmler u.a. 2011: 270). Nach Asendorpf und Neyer bezieht sich der Faktor auch auf die intellektuelle Neugier insgesamt und auf ein Gefühl für Kreativität und auch Kunst, dies soll wiederum in einer positiven Korrelation zu Bildung und Intelligenz stehen (vgl. ders. 2012: 107). Der Faktor Verträglichkeit lässt sich mit den Gegensatzpaaren von gutmütig-grantig, wohlwollend-missgünstig, freundlich-starrköpfig und kooperativ im Gegensatz zu feindselig definieren (vgl. Stemmler u.a. 2011: 268). Allerdings gilt zu bedenken, dass bei vermeintlich wünschenswerten Persönlichkeitsfaktoren dennoch die Extreme nicht erstrebenswert sind. So weist Brandstädter darauf hin, dass extreme Werte z.B. beim Faktor Gewissenhaftigkeit auch in die Nähe von Perfektionismus und sogar Zwanghaftigkeit liegt (vgl. ebd.) Alle fünf Dimensionen der Persönlichkeit werden als weitgehend unabhängig voneinander beschrieben (vgl. Brandstädter 2011: 37). Das Fünf Faktoren-Modell ist ein lexikalischer Ansatz, welcher den Versuch unternimmt von Beschreibungsbegriffen aus der natürlich vorkommenden Sprache zu einer „Taxonomie der Persönlichkeit zu gelangen“ (Stemmler u.a. 2011: 267). Grundlage ist dabei die Hypothese, dass Persönlichkeitsmerkmale sprachlich repräsentiert sind. In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass die bedeutungsvollsten Merkmale der Persönlichkeit auch die meisten repräsentativen Wörter für dieses Merkmal finden lassen. Deshalb geht der „lexikalische Ansatz“ auch davon aus, dass man innerhalb der natürlichen Sprache durch das Zusammenspiel der wichtigsten Persönlichkeitsausdehnungen zu einer Gesamtpersönlichkeit gelangen kann, die sich aus diesen sprachlichen Merkmalen zusammensetzt (vgl. ebd.). Besondere Bedeutung besitzen hierbei Adjektive, die zur Beschreibung der Persönlichkeit herangezogen werden. Im deutschen als auch im englischsprachigen Raum hat sich das Modell als gewinnbringend erwiesen. Aus Selbst- und Fremdbeschreibungen, die zu unterschiedlichen Begrifflichkeiten gelangen, sind als gewinnbringend zu betrachten.17
[...]
1 Bereits in der griechischen Antike formuliert Horaz den Grundsatz der später in der Theaterdidaktik unübertroffene Geltung erlangt: Prodesse et delectare (Nützen und Erfreuen) (vgl. Horaz, ars poetica 11,3). Das aristotelische Drama, dass quasi die Urform des Theaters darstellt wird über Jahrhunderte an Bedeutung besitzen und dient bis heute in theaterwissenschaftlichen Abhandlungen als Grundlage (vgl. Aristoteles Poetik). In der Nikomachischen Ethik gibt Aristoteles Hinweise darauf, was ein guter Mensch ist und wie dieser ein glückliches Leben führen kann (vgl. Aristoteles Nikomachische Ethik) Im Zeitalter der Aufklärung konstruiert Gottsched Anleitungen, die dazu dienen aufzuzeigen, wie sich gute Charaktere durch das Theater heranbilden lassen (vgl. Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke VI/1, S. 218, 25.§ff.). Später verfasst Schiller „die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet“, bereits im Titel zeigt sich der gewünschte Bildungscharakter des Theaters (vgl. Schillers Sämtliche Werke, Vierter Band 1879).
2 Behrend, Eva: Bildung ist es! In: Theater heute, Jahrbuch 2006. S.18-24
3 Insgesamt werden bereits acht Kernarbeitsfelder der Theaterpädagogik unterschieden, die sich in bestimmten Anteilen überschneiden: 1) Theaterpädagogik an professionellen Theatern, 2) Arbeitsfeld der Theaterpädagogik in Kindergärten, Schulen und Volkshochschulen, 3) Arbeitsfeld der Theaterpädagogik an Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten, 4) In außerschulischen kulturellen Bildungseinrichtungen, 5) Im Freizeitbereich 6) Sozialer Bereich 7) Therapeutischer Bereich 8) Arbeitsfeld der Theaterpädagogik im wirtschaftlichen Bereich (vgl. Koch/Streisand 2003: 29f.).
4 Die Angaben hierzu sind offen gehalten und nicht genau definiert, dies bezeugt, dass hier noch ein Diskussions-bzw. Erfahrungsbedarf besteht (vgl. ebd).
5 Zu erwähnen sei hier auch der Profilstudiengang Playbacktheater (PBT) des Fachbereichs Erziehungswissenschaften/Humanwissenschaften der Universität Kassel. Teilnehmer sind Lehramtsstudierende, Masterstudenten und interessierte bereits berufstätige Gasthörer (vgl. Dauber 2002: 23).
6 2007 hat der britische Regisseur Tim Etchells in Zusammenarbeit mit dem belgischen Theater Campo eine Inszenierung erarbeitet in welcher 16 Kinder im Alter von acht und vierzehn Jahren mitspielen. Der Titel „ That Night Follows Day“ eröffnet einen völlig neuen Zugang und richtet sich an Erwachsene, denen aus kindlicher Perspektive der alltägliche Erziehungskampf vorgeführt wird. (vgl. Deck 2014: 55).
7 Der Duden definiert Persönlichkeit als „1.Gesamtheit der persönlichen (charakteristischen, individuellen) Eigenschaften eines Menschen; 2. Mensch mit ausgeprägter individueller Eigenart; 3. Jemand, der eine führende Rolle im gesellschaftlichen Leben spielt“. Synonyme sind beispielsweise „Charakter, Eigenart, Eigentümlichkeit, Natur, Wesen, Individualität“ (Duden online Persönlichkeit). Identität dagegen ist „1. A) Echtheit der Person oder Sache; völlige Übereinstimmung mit dem, was sie ist oder als was sie bezeichnet wird b) (Psychologie) als »Selbst« erlebte innere Einheit der Person; 2. Völlige Übereinstimmung mit jemandem, etwas in Bezug auf etwas; Gleichheit“ Synonyme sind: „Echtheit, Nämlichkeit, [eigenes Ich, Ichbewusstsein, Selbst. Subjekt, Gleichartigkeit“ (Duden online: Identität).
8 Erikson stützt sich auf die Psychoanalyse von Freud ohne die sexuellen Aspekte in den Vordergrund zu stellen (vgl. Erikson 19806: 56).
9 Auf diese Bezeichnung wird im darauffolgenden Kapitel näher eingegangen werden, da der Begriff in der Gedankenfolge am Ende der Adoleszenz von Bedeutung ist.
10 So bemerkt er selbst den unsauberen Gebrauch des Begriffes der Identität: „Bisher habe ich den Begriff der Identität fast mit Absicht –so denke ich gerne – in vielen verschiedenen Bedeutungen ausprobiert. Einmal schien er sich auf ein bewußtes [sic.] Gefühl der individuellen Einmaligkeit zu beziehen, ein andermal auf ein unbewußtes [sic.] Streben nach einer Kontinuität des Erlebens und ein drittes Mal auf die Solidarität mit den Idealen einer Gruppe“ (Erikson 19803: 216). Die Unschärfe der Begriffe Identität und Persönlichkeit brachte ihm immer wieder Kritik ein (vgl. Conzen 2010: 390). Missverständnisse könnten auch durch Übersetzungsprobleme verursacht worden sein (vgl. Noack 2005: 203ff.). „Eriksons Identitätsbegriff schwankt zwischen einem Prozess, der gelebt und erlebt wird, und einem Bild, das wir immer wieder aus diesem Bild herausgreifen, um uns über uns selbst zu vergewissern. Im Gegensatz zu allzu essentialistischen Konzepten der akademischen Psychologie möchte er „lieber, von einem Gefühl der Identität ̓ als von einer Charakterstruktur oder einem Grundcharakter sprechen“ (Conzen 2010: 392). An anderer Stelle spricht Conzen von Eriksons „sehr komplexen und unübersichtlichen Identitätsforschung“ (vgl. Conzen 2010: 407).
11 An anderer Stelle spricht Erikson sogar von einem „Gruppen-Ich“, das zur gegenseitigen Stärkung verhilft und sich sogar auf die nächste Generation übertragen lässt (vgl. Erikson 1980 6: 51).
12 Die Entwicklungsstufen sind: I. Vertrauen vs. Misstrauen; II. Autonomie vs. Scham und Zweifel;IIIInititaive vs. Schuldgefühl; IV. Tätigkeit vs. Minderwertigekeitsgefühle; V. Identität gegen Identitätsverwirrung; VI. Identität vs. Isolierung; VII. Schöpferische Tätigkeit vs. Stagnation; VIII: Integrität vs. Verzweiflung (vgl. Erikson 19803: 95, Tabelle im Anhang)
13 Aufgrund dieser Annahme entwickelt Erikson das , epigenetische Diagramm`, welches analog zu dem für die psychosexuellen Stadien Freuds veranschaulichten Diagramms ist (vgl. Erikson 19806: 58).
14 Allport und Odbert verwenden bereits eine Wortliste zur Klassifikation der Persönlichkeit im Jahr 1936, daraufhin gelangt Cattell auf der Grundlage des ersten Modells zu seinem 16-Faktoren Modell der Persönlichkeit (vgl. Stemmler u.a. 2011: 267).
15 Interessante Hinweise zur Vorgeschichte und Namensfindung liefert der Aufsatz Goldbergs: „An Alternative „Description of Personality“. The Big-Five Factor Structure (1990)
16 Der Neurotizismuswert ergibt sich aus den untergeordneten Facetten von Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Depression, Soziale Befangenheit, Impulsivität, Verletzlichkeit und beschreibt damit eine emotionale Instabilität bzw. eine niedrige Affektregulierung (vgl. Stemmler u.a. 2011: 270). Nach Norman beschreiben die Oppositionspaare ausgeglichen-nervös, entspannt-ängstlich, gelassen-erregbar, körperlich stabil-wehleidig den Neurotizismuswert (vgl. Stemmler u.a. 2011: 268).
17 Die Fremdbeschreibung ist für diese Arbeit wegweisend, da die Experten innerhalb der Interviews Fremdbeschreibungen anhand ihrer Erfahrungswelten vornehmen.
- Arbeit zitieren
- Marie-Christin Agyeman (Autor:in), 2015, Persönlichkeitsentwicklung durch Theaterpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/436214
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