Zu Beginn werden kurz und knapp die Begriffe der „Lernstörung“ und der „Teilleistungsstörung“ erklärt.
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf der Teilleistungsstörung Dyskalkulie (Rechenstörung). Dazu wird sich mit den Ursachen, der Entwicklung und der Diagnostik der Dyskalkulie beschäftigt. Ziel dieser Arbeit ist es, ein gewisses Verständnis für dieses Gebiet zu entwickeln und Hilfen zum Umgang mit rechenschwachen Schülern zu geben. Besonders Mathematiklehrer sollten ein erweitertes Basiswissen in dieser Problematik besitzen, damit sie im späteren Berufsleben, nicht vor einem unlösbaren Problem stehen. Deshalb geht es in dieser Arbeit um die Frage, wie kann ich als Lehrer rechenschwachen Schülern helfen?
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Lernstörungen
1.1 Was sind Lernstörungen?
1.2 Teilleistungsstörungen
2. Dyskalkulie
2.1 Definitionen
2.2 Ursachen für Rechenschwächen
2.2.1 Entwicklungspsychologischer Ansatz
2.2.2 Neuropsychologischer Ansatz
2.2.3 Fehlerorientierter Ansatz
2.2.4 Affektiver Ansatz
2.2.5 Integrativ-systematischer Ansatz
2.3 Entwicklung von Rechenschwächen
2.3.1 Beispiel zur Entwicklung der Rechenschwäche
2.3.2 Möglichkeiten aus dem Teufelskreis
3. Diagnostik von Rechenstörungen
3.1 Definition: Diagnostik
3.2 Diagnostik im basalen Bereich
3.2.1 Hinweise zum basalen Bereich
3.2.2 Darstellung und Aspekte der Diagnostik bedeutsamer basaler Bereiche
3.2.2.1 Taktil-kinästhetischer Bereich
3.2.2.2 Körperschema, Lateralität
3.2.2.3 Grobmotorik
3.2.2.4 Feinmotorik
3.2.2.5 Visuelle Wahrnehmung
3.2.2.6 Raumlage und –orientierung
3.2.2.7 Verbal-akustische Fähigkeiten
3.2.2.8 Serialität
3.3 Diagnostik im pränumerischen Bereich
3.3.1 Klassifikation
3.3.2 Mengenauffassung, Mengenkonstanz
3.3.3 Menge-Ziffer-Zahlwort-Zuordnung
3.3.4 Eins-zu-Eins-Zuordnung
3.3.5 Mathematische Begriffe
3.3.6 Zeitbegriffe
3.4 Methodische Möglichkeiten zur Fehleranalyse
3.5 Informelle und formelle Diagnostik
3.5.1 Informelle Diagnostik
3.5.2 Formelle Diagnostik
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Im Rahmen der Veranstaltung „Grundlagen der pädagogischen Diagnostik“, arbeite ich das Thema „Diagnostik von Lernstörungen“, in Form einer schriftlichen Hausarbeit aus.
Zu Beginn werde ich kurz und knapp die Begriffe der „Lernstörung“ und der „Teilleistungsstörung“ erklären.
Mit dem Hintergrund, dass ich Mathematik auf Lehramt studiere, beschäftige ich mich in dieser Arbeit zum größten Teil mit der Teilleistungsstörung Dyskalkulie (Rechenstörung). Dazu werde ich mich dann mit den Ursachen, der Entwicklung und der Diagnostik der Dyskalkulie beschäftigen. Mein Ziel ist es, ein gewisses Verständnis für dieses Gebiet zu entwickeln und Hilfen zum Umgang mit rechenschwachen Schülern zu geben. Besonders Mathematiklehrer sollten ein erweitertes Basiswissen in dieser Problematik besitzen, damit sie im späteren Berufsleben, nicht vor einem unlösbaren Problem stehen. Deshalb geht es in dieser Arbeit um die Frage, wie kann ich als Lehrer rechenschwachen Schülern helfen?
Zum Ende dieser Arbeit werde ich ein persönliches Fazit mit meiner eigenen Meinung ziehen.
Materialien zu dieser Thematik habe ich mir überwiegend aus der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen besorgt. Doch auch da steht nur ein geringfügiger Teil zur Verfügung und viele dieser Bücher waren bereits vergriffen. Den Zugang zu Materialien aus dem Internet habe ich weitestgehend versucht zu vermeiden, da diese oft schwer zu belegen sind.
Ein weiterer Hinweis, diese Arbeit bezieht sich in keiner Weise auf die zu dieser Thematik gehörigen Seminarsitzung vom 08. Juni 2005.
1. Lernstörungen
1.1 Was sind Lernstörungen?
Nach Lauth und Holtz kann man zuerst die Lernstörungen im weitesten Sinne, also die Störungen von Lernen oder Lernprozessen, von den Lernstörungen im engeren Sinne, also den Störungen der Lernfähigkeit, unterscheiden. Als Lernfähigkeit bezeichnet man die interne Organisation von Wissen und informationsverarbeitende Strategien effektiv auf Problemsituationen anzuwenden (vgl. Lauth / Holtz 1993).
In der Pädagogik dagegen werden die Begriffe der Lernstörung und der Lernbehinderung für unterschiedlich schwerwiegende, umfängliche und langandauernde Beeinträchtigungen des Lernens verwendet.
1.2 Teilleistungsstörungen
Teilleistungsstörungen kennzeichnen Leistungsdefizite in begrenzten Funktionsbereichen, die trotz hinreichender Intelligenzleistungen, regelmäßiger Förderung sowie einer körperlichen und seelischen Gesundheit der Betroffenen auftreten und nicht aus einer entsprechenden Behinderung erklärt werden können. Solche Teilleistungsstörungen betreffen: einfache Artikulationsstörungen, expressive und rezeptive Sprachstörungen, Störungen des Lesens und Rechtschreibens, Rechenstörungen, Entwicklungsstörungen der motorischen Funktionen.
Die beiden bekanntesten und verbreitetsten Teilleistungsstörungen sind die Legasthenie (Lese-Rechtschreibstörung) und die Dyskalkulie (Rechenstörung).
Im folgenden Teil dieser Arbeit werde ich mich ausführlich mit der Teilleistungsstörung Dyskalkulie beschäftigen.
2. Dyskalkulie
2.1 Definitionen
Zum Begriff der Dyskalkulie (Rechenschwäche) gibt es bisher keine einheitliche wissenschaftliche anerkannte Definition. Deshalb verwende ich hier „nur“ drei verschiedene Definition, um die Vielfalt zu verdeutlichen.
So wird die Dyskalkulie im Fremdwörterbuch des Dudens, wie folgt beschrieben „Lernversagen im Rechnen bei besserem Intelligenz- u. übrigem Leistungsniveau; Rechenschwäche“ (Duden 1999, S.211).
Ortner und Ortner definieren die Rechenschwäche als „anhaltende Schwierigkeiten im Erfassen rechnerischer Sachverhalte, im Umgang mit Zahlen und in der Bewältigung von Rechentechniken“ (ebd. 1991, S. 264 ff.).
Eine sehr weit gefasste Definition von Lorenz/Radatz lautet, dass Rechenschwäche bei allen Schülern vorliegt, „... die einer Förderung jenseits des Standardunterrichts bedürfen“ (Lorenz, Radatz 1993, S.16).
An dieser Definition von Lorenz/Radatz, orientiere ich mich auch in meiner schriftlichen Hausarbeit.
2.2 Ursachen für Rechenschwächen
Für Rechenschwächen sind stets individuell gelagerte Ursachengeflechte verantwortlich. Begabungsmangel oder Teilleistungsschwächen sind nicht ausschließlich ursächlich für Rechenschwächen, es gibt ein weites Spektrum von Erklärungsansätzen. Doch bis heute wurde keine einheitliche Ursache für Rechenschwächen herausgefunden. Deshalb gebe ich hier einen kleinen Überblick verschiedener Vermutungen über das Ursachenfeld.
2.2.1 Entwicklungspsychologischer Ansatz
Der Aufbau und die Verinnerlichung von Zahlenbegriffen und mathematischer Operationen erfolgt in vier Phasen (vgl. Aebli).
1. Phase: Handlung mit konkretem Material:
Durch konkrete Handlungen mit wirklichen Gegenständen sollte eine Erfahrungsgrundlage für arithmetische Operationen entstehen. In dieser Phase sollte auch, mit Hilfe diverser Gegenstände, in die schriftlichen Grundoperationen eingeführt werden.
2. Phase: Bildliche Darstellung:
Die bildliche Darstellung soll Mengen zeichnerisch abbilden und Rechenoperationen durch graphische Zeichen veranschaulichen.
3. Phase: Symbolische Darstellung:
Mathematische Symbole (Ziffern, Rechenzeichen, usw.) können nur an Bedeutung gewinnen, wenn die ziffernmäßige Darstellung in Form von Gleichungen immer wieder auf die vorangegangenen Stufen zurückgeführt werden kann.
4. Phase: Automatisierung im Symbolbereich:
Um komplexe Probleme leichter erfassen zu können, dient die letzte Phase der Automatisierung im Zeichenbereich.
Wenn diese vier Aufbau- und Verinnerlichungsstufen mathematischer Operationen gestört wurden, kann dies nach Grissemann und Weber (1990) zu Rechenstörungen führen.
Radatz stellte eigens fest, dass schwachen Rechnern „... oft die Bindeglieder zwischen den einzelnen Repräsentationsebenen mathematischer Problemstellungen...“ fehlen. Und das bei rechenschwachen Schülern oft Probleme zwischen den konkreten Handlungserfahrungen, den vermeintlichen Veranschaulichungen und der formalen Mathematik bestehen.
2.2.2 Neuropsychologischer Ansatz
Als erstes wurden Leistungsdefizite beim Menschen von Neurologen untersucht. Das Augenmerk der Untersuchungen lag auf angeborene Leistungsdefekte und den Folgen von Schädel-Hirn-Verletzungen. Man wollte so Aufschluss über die Funktionsweise des Gehirns erhalten und gegebenenfalls eine Gehirnzone für komplexere und kognitive Fähigkeiten lokalisieren. Doch bis heute konnte ein solches Rechenzentrum im menschlichen Gehirn nicht ausfindig gemacht werden.
Um neurologische Prozesse verfolgen zu können, ist die Entwicklung der genetischen Anlagen erforderlich, d.h. Reifung als auch Lernen müssen erfolgen. Das mathematische Denken als Endprodukt dieser Reifungsprozesse erfordert die Integration vielfältiger Wahrnehmungsvorgänge, die gesammelte Informationen aufnehmen, verarbeiten und weitergeben. Basale Funktionen, wie z.B. die visuelle Wahrnehmung, haben eine große Bedeutung für das Rechenlernen. So kann eine mangelhaft ausgebildete Funktion der Augenmuskulatur schon Probleme auslösen. Die dadurch beeinträchtigte Auge-Hand-Koordination führt oft zu Problemen bei Aufgaben des Ordnens, Vergleichen und des Zählens, denn Einzelobjekte können mit dem Auge nur schwer fixiert werden. Dies führt dazu, dass kein räumliches Vorstellungsvermögen entwickelt werden kann. Viele Kinder haben bis zu diesem Stadium keine Probleme mit ihren Schulleistungen, doch sobald sie diese weitere Fähigkeit benötigen, scheitern sie kläglich.
Demnach werden Rechenstörungen als Störung neuropsychologischer Funktionen aufgefasst. Diese Problembereiche gilt es aufzuspüren und zu fördern, sofern es möglich ist.
2.2.3 Fehlerorientierter Ansatz
Gerster (1982) weist daraufhin, dass durch eine intensive Analyse von Schülerfehlern stoffliche Schwierigkeiten erkannt werden können, die im Anschluss gezielt gefördert werden können. Denn nicht wie vermutet, sind die meisten Fehler etwa Flüchtigkeitsfehler, sondern bei 80% der Schülerfehler lässt sich eine gewisse Fehlerstruktur feststellen. Für jede der vier schriftlichen Rechenverfahren gibt es eine Reihe von Fehlermustern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im ersten Beispiel ist zu erkennen, dass jeweils die Ziffern im Ergebnis vertauscht wurden, lässt auf ein Problem mit der Rechts-links-Orientierung schließen.
Beim zweiten Beispiel handelt es sich um den sog. Minus-Eins-Fehler, d.h. der Schüler hat jeweils um eins zu früh begonnen zu zählen (14, 15, 16 oder 8, 9, 10).
Diese Probleme entstehen, weil viele Schüler ihre eigenen Lösungsstrategien entwickeln. Nach Radatz sind Schülerfehler ein Zeichen für individuelle Schwierigkeiten; sie zeigen, dass bestimmte mathematische Begriffe, Techniken oder Zusammenhänge nicht „erwachsenengemäß“ verstanden wurden.
Eine noch bessere Fehleranalyse ist möglich, wenn man sich den Lösungsweg noch einmal vom Schüler erklären lässt. Denn so werden auch verborgene Fehlerstrategien erkennbar.
2.2.4 Affektiver Ansatz
Auch durch neurotische Persönlichkeitsentwicklungen können Rechenstörungen entstehen. Nach Dührseen (1974) treten Störung bevorzugt dann auf, wenn „Besitzfragen“ bei Kindern unzulänglich geregelt sind. So können z.B. Schwierigkeiten beim Erlernen von Division oder Subtraktion auftreten, als eine Folge genereller Probleme, mit anderen etwas teilen zu können. Auch kann eine ungünstige Sozialposition in der Klasse oder verschiedenste Konzentrationsstörungen, negative Auswirkungen auf das Rechnen haben.
Weinert (1965) konnte nachweisen, dass ängstliche Kinder etwas schlechtere Rechenleistungen erbringen.
Neurotisch bedingte Rechenstörungen stellen aber eher die Ausnahme dar.
2.2.5 Integrativ-systematischer Ansatz
Wie andere Lernstörung muss auch die Rechenstörung in verschiedenen Wechselbeziehungen gesehen werden. Sie kann nicht einfach personen-zentriert festgelegt werden, so muss auch z.B. das familiäre und schulische Umfeld mitreflektiert werden. Nach Wembers (1991) Feststellung haben auch die kulturell bedingten Leistungs- und Qualifikationsanforderungen mit der Rechenschwäche zu tun. Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund ist der Erfolg im Mathematikunterricht abhängig von der Persönlichkeit des Schülers und indirekt abhängig von seiner familiären und sozialkulturellen Situation.
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- Quote paper
- Kim-Christoph Jokel (Author), 2005, Diagnostik von Lernstörungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43523
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