Seit Tagen und Wochen ist in der deutschen Theaterlandschaft eine überregionale Debatte um die geplante Fusion des Weimarer Nationaltheaters mit der Bühne in Erfurt im Gange. Es ist nicht der erste Streit, der zeigt, dass „die Kulturdebatte sich seit langem nur noch um eines [dreht]: um Geld. (...) Wenn wir Kultur hören, denken wir automatisch an Sparauflagen, Schließungen, Kürzungen, Fusion, Effizienz.“ Der Ursprung dieser Entwicklung liegt in der Finanzkrise und der Frage, welches Theater als nächstes mit einer Subventionskürzung rechnen kann. Folglich suchte man nach Auswegen und gelangte zu dem Modell Theater als Unternehmen, das sich an der Praxis der freien Wirtschaft, darin dem Marketing, Sponsoring etc. orientiert. Auf diese Weise kommt der Suche nach einer geeigneten Rechtsform für das Theater eine zentrale Bedeutung zu. Doch auch hierbei besteht deutschlandweit keineswegs Einigung über die Frage, welche der drei häufigsten Rechtsformen (Regiebetrieb, Eigenbetrieb, GmbH) für die gegenwärtigen Verhältnisse zweckmäßiger erscheint. Die vorliegende Studie will sich daher eingehend mit diesem Problem befassen. Es soll untersucht werden, welche Vorteile eine Verselbständigung bietet und was für den Eigenbetrieb spricht. Ist die Differenzierung nach Rechtsformen im Entscheidungs-prozess die richtige Herangehensweise oder sollte nicht ein Umdenken erfolgen?
Um diese Fragen zu beantworten sollen im ersten Schritt zunächst alle drei Modelle in ihrer ursprünglichen Form vorgestellt werden, ohne dabei auf die jeweiligen Ausgestaltungsmöglichkeiten in den Satzungen einzugehen. Es sei darauf hingewiesen, dass dabei nicht jeder einzelne Punkt in aller Ausführlichkeit behandelt werden kann, sondern lediglich eine Beschreibung relevanter Aspekte erfolgt. Im zweiten Schritt resultiert schließlich eine Gegenüberstellung der drei Modelle unter Berücksichtigung ihrer angesprochenen satzungsgemäßen Variabilität. Darin versucht die vorliegende Studie schließlich zu erklären, weshalb eine Präferenz zwischen den drei Rechtsformen nicht auszumachen sei. Im letzten Schritt sollen die Ergebnisse dann zusammengefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die drei häufigsten Rechtformen im Überblick
1. Der Regiebetrieb
2. Der Eigenbetrieb
3. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
III. Variabilität der Rechtsformen
IV. Präferenz einer Rechtsform?
V. Zusammenfassung
VI. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Seit Tagen und Wochen ist in der deutschen Theaterlandschaft eine überregionale Debatte um die geplante Fusion des Weimarer National-theaters mit der Bühne in Erfurt im Gange. Es ist nicht der erste Streit, der zeigt, dass „die Kulturdebatte sich seit langem nur noch um eines [dreht]: um Geld. (...) Wenn wir Kultur hören, denken wir automatisch an Sparauf-lagen, Schließungen, Kürzungen, Fusion, Effizienz.“[1] Der Ursprung dieser Entwicklung liegt in der Finanzkrise und der Frage, welches Theater als nächstes mit einer Subventionskürzung rechnen kann. Folglich suchte man nach Auswegen und gelangte zu dem Modell Theater als Unternehmen, das sich an der Praxis der freien Wirtschaft, darin dem Marketing, Sponsoring etc. orientiert. Auf diese Weise kommt der Suche nach einer geeigneten Rechtsform für das Theater eine zentrale Bedeutung zu. Doch auch hierbei besteht deutschlandweit keineswegs Einigung über die Frage, welche der drei häufigsten Rechtsformen (Regiebetrieb, Eigenbetrieb, GmbH) für die gegenwärtigen Verhältnisse zweckmäßiger erscheint. Die vorliegende Studie will sich daher eingehend mit diesem Problem befassen. Es soll untersucht werden, welche Vorteile eine Verselbständigung bietet und was für den Eigenbetrieb spricht. Ist die Differenzierung nach Rechtsformen im Entscheidungs-prozess die richtige Herangehensweise oder sollte nicht ein Umdenken erfolgen?
Um diese Fragen zu beantworten sollen im ersten Schritt zunächst alle drei Modelle in ihrer ursprünglichen Form vorgestellt werden, ohne dabei auf die jeweiligen Ausgestaltungsmöglichkeiten in den Satzungen einzugehen. Es sei darauf hingewiesen, dass dabei nicht jeder einzelne Punkt in aller Ausführlichkeit behandelt werden kann, sondern lediglich eine Beschreibung relevanter Aspekte erfolgt. Im zweiten Schritt resultiert schließlich eine Gegenüberstellung der drei Modelle unter Berücksichtigung ihrer angesprochenen satzungsgemäßen Variabilität. Darin versucht die vorliegende Studie schließlich zu erklären, weshalb eine Präferenz zwischen den drei Rechtsformen nicht auszumachen sei. Im letzten Schritt sollen die Ergebnisse dann zusammengefasst werden.
II. Die drei häufigsten Rechtformen im Überblick
1. Der Regiebetrieb
Aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung und damit verbundenen Trägerschaft durch Kommunen und Länder basiert die Wirtschaftsführung der Regiebetriebe auf den Bestimmungen des Haushaltsrechts. Diese Einbindung in die öffentlichen Verwaltungen bezeichnet man als Kameralistik. Dabei sind organisatorisch zwei Ausprägungen möglich. Im Regelfall wird das Theater als selbständiges Amt geführt und somit dem jeweiligen Kulturdezernenten unterstellt. Dabei hat es Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen, um die zuständigen Querschnittsämtern zu entlasten. Diese Zusatzbelastung entfällt bei der Einordnung des Theaters als unselbständiges Institut. In diesem Fall übernimmt das übergeordnete Kulturamt die amtliche Verwaltungshoheit über einzelne Aufgabenbereiche der Querschnittsämter. Diese Lösung wird vorrangig bei kleinen Theatern bevorzugt.
Die Grundlage der kameralistischen Wirtschaftsführung bildet der Haushaltsplan, der von dem zuständigen Theaterträger prospektiv für das Wirtschaftsjahr erstellt wird und das Theater dazu ermächtigt, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen. Ihn kennzeichnet die strikte Trennung von Ausgaben und Einnahmen. Auf diese Weise soll der Haushaltsplan jederzeit einen Überblick über die Ausgabenansätze, getätigten Zahlungen und verfügbaren Mittel geben und dient damit vorrangig der externen Rechenschaftslegung der Theater gegenüber dem Träger. Daraus ergibt sich für den Theaterträger ferner eine Kontrollfunktion, da am Ende des Wirtschaftsjahres ersichtlich wird, ob das Theater die zur Verfügung gestellten Mittel plan- und zweckgemäß verbraucht hat.
Der Haushaltsplan umfasst einen Gesamtplan, Einzelpläne, den Stellennachweis und einen Stellenplan. Dem sind ferner eine Stellenübersicht und ein Finanzplan beizufügen. Der Verwaltungs- und Vermögenshaushalt ist im Rahmen des Gesamtplanes veranschlagt und dabei nach Einnahmen und Ausgaben gegliedert. Während sich der Vermögenshaushalt auf Positionen des Anlagevermögens bezieht, d.h. auf Vermögensgegenstände, die dem längerfristig erhalten bleiben, deckt der Verwaltungshaushalt die übrigen Einnahmen und Ausgaben ab. Sammelnachweise beinhalten Kosten, die allgemein in allen Verwaltungen anfallen[2] und daher an die zentrale Verwaltungsstelle abgetreten und nicht selbst verwaltet werden. Zusätzlich legt der Theaterträger zum einen den Stellenplan fest, der einen Überblick über die Besoldungs- und Vergütungsgruppen gibt, zum anderen entwickelt er die Stellenübersicht, die das Personal nach Lohngruppen aufgliedert, sowie den Finanzplan. Dieser gibt eine jährliche Übersicht über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Verwaltungs- und Vermögenshaushaltes.
Durch die Einbindung der öffentlichen Theater in den Verwaltungsapparat wird die eigenständige Handlungsfähigkeit der Intendanten durch verschiedene Vorschriften erheblich eingeschränkt.
Zunächst müssen, dem Prinzip der Einzelbewertung[3] im HGB folgend, auch im Haushalt die Beträge getrennt angesetzt werden; d.h. die Einnahmen sind nach ihrem Entstehungsgrund, die Ausgaben nach bestimmten Einzelzwecken einzeln zu veranschlagen. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn Ausgaben „sachlich eng zusammenhängen“[4] und zu Sammelnachweisen zusammengefasst werden dürfen. Die angesprochene Restriktion ergibt sich vor allem durch die enge Zweckbindung von Haushaltsmitteln. So darf die Mittelverwendung nicht frei gewählt werden, da für verschiedene Zwecke einzelne Etatansätze bestehen. Bei der prospektiven Sicht des Haushaltsplanes ist diese enge Zweckbindung jedoch praktisch schwer umsetzbar, da zukünftige Entwicklungen nur vage prognostiziert werden können. Aufgrund dessen besteht die Möglichkeit, einzelne Positionen als gegenseitig deckungsfähig zu erklären, d.h., dass „Gelder, die für einen gewissen Zweck festgelegt sind, auch für einen anderen haushaltsmäßig veranschlagten Zweck verwendet werden dürfen.“[5] Diese Regelung greift jedoch nur, wenn die einzelnen Positionen „sachlich eng zusammenhängen“[6]. Solch eine ungenaue Definition offenbart, dass dem Träger ein großer Handlungsspielraum überlassen wird.
Zusätzlich wird dem Theater kein Anreiz zum Sparen gegeben, denn die Theaterleitung hat kein Verfügungsrecht über eventuelle Mehreinnahmen, so dass diese ohne eigenen Vorteil direkt abgeführt werden müssen.
Die begrenzt zeitliche Verfügung über die Mittel im Wirtschaftjahr führt ferner dazu, dass das Theater bestrebt sein wird, diese vollkommen auszuschöpfen, damit die Gefahr der Kürzung nicht droht. So wird das wirtschaftliche Denken mehr gehemmt als gefördert.
Doch auch der festgelegte Stellenplan im Rahmen des Haushaltsplanes wirkt determinierend, da er die Anzahl der Stellen in den verschiedenen Betriebsbereichen fixiert. Entweder werden sie besetzt, oder die dafür vorgesehenen Mittel verfallen. Diese enge Zweckbindung der Haushaltsmittel verhindert demnach erneut eine Effizienzsteigerung im Personalbereich. Zudem liegt die Personalhoheit für nicht-künstlerische Arbeitskräfte bei den kommunalen Stellen. Auch dies wirft natürlich weitere Probleme auf, da ohne Einfluss der Theaterführung Kräfte eingesetzt werden, die möglicherweise ihrer Vorstellung widersprechen. Sinnvoller wäre ein Entscheidungsrecht für diejenigen, die einen genaueren Einblick über die konkreten Verhältnisse und Anforderungen an das Personal haben.
Auch die Vergaberegelungen sind haushaltsrechtlich streng kodifiziert und erweitern die Reihe der Beschränkungen für die Theaterführung. So ist nach dem Haushaltsrecht die Auftragsvergabe des Theaters mit einer vorangestellten öffentlichen Ausschreibung verbunden. Nur in Ausnahmefällen ist eine beschränkte oder sogar freihändige Ausschreibung zulässig. Der Zuschlag muss schließlich dem „wirtschaftlich günstigste[n] Angebot“[7] zugeteilt werden. Übersteigt die Investition eine gewisse Größenordnung, so müssen die entsprechenden kommunalen Beschlussgremien darüber entscheiden.
Das Kassenwesen unterliegt beim Regiebetrieb der Zuständigkeit der entsprechenden kommunalen Finanzveraltung. Da jedoch das Theater, als Teil der öffentlichen Verwaltung, Einnahmen zu verzeichnen hat, werden per Dienstanweisung die Kassengeschäfte diesem übertragen. Das bedeutet, die Berechtigung zu Ein- und Auszahlungen, Verwaltung der Kassenmittel, Aufbewahrung von Eintrittskarten, Mahnungen etc. liegt beim Theater selbst. Der übrige Teil der Kassenaufgaben wird weiterhin von der, für den Zahlungsverkehr zuständigen, Verwaltung durchgeführt. Die Buchführung richtet sich ebenso nach dem Haushaltsrecht und verfolgt das Ziel der lückenlosen Erfassung von Einnahmen und Ausgaben, um jeden Geschäftsvorfall retrospektiv nachvollziehen zu können. Aus diesem Grund werden in einem Zeitbuch alle Ein- und Auszahlungen in chronologischer Reihenfolge erfasst; das Sachbuch nimmt diese Positionen „in sachlicher, d.h. haushaltsplanmäßiger Ordnung“[8] auf. Zuletzt beinhaltet das Tagesschlussbuch die jeweiligen Kassenistbestände.
[...]
[1] Dresen, Adolf: In: Theater der Zeit Recherchen 3. Wieviel Freiheit braucht die Kunst? Berlin. S. 300
[2] Beispielsweise Portogebühren oder Telefonkosten
[3] Handelsgesetzbuch. Deutscher Taschenbuch Verlag. München. 2001. § 252 Abs. I Nr. 4.
[4] Kurz, Hanns: Praxishandbuch Theaterrecht. Beck. München. 1999. S. 59
[5] edb. S. 58
[6] edb. S. 58
[7] edb. S. 61
[8] edb. S. 62
- Arbeit zitieren
- Bogdan Büchner (Autor:in), 2002, Die Kunst der Freiheit. Eine Untersuchung der drei häufigsten Rechtsformen in der deutschen Theaterlandschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43465
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