Knapp fünfzehn Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, was auch fünfzehn Jahre marktwirtschaftlicher Wettbewerb bedeutet, bietet sich in Mecklenburg-Vorpommern ein Bild der Ernüchterung. Die versprochenen blühenden Landschaften sind wie in ganz Ostdeutschland auch in Mecklenburg-Vorpommern ausgeblieben, stattdessen beherrschen Massenarbeitslosigkeit und Abwanderung das Bild. Dem stehen kaum wirtschaftliche Erfolgsmeldungen gegenüber, mit Ausnahme vielleicht den Erfolgen der Tourismus- und der Schiffbaubranche.
Wirtschaftliche Erfolg und internationale Wettbewerbsfähigkeit sind primär von unternehmerischer Initiative, von einer Unternehmenskultur und dem herrschenden Unternehmergeist abhängig, was auch Entrepreneurship, oder zu Deutsch Unternehmertum, genannt wird. Röpke versteht darunter auch, dass der schöpferische Geist Kapital, Arbeit und Rohstoffe mobilisiert und nicht umgekehrt. Aus diesem Grund wird das Unternehmertum im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Es wird ein Blick darauf geworfen werden, wie es in Mecklenburg-Vorpommern um das Unternehmertum heute steht und welche historischen Entwicklungen dazu geführt haben. Wo liegen die Chancen einer zukünftiger wirtschaftlichen Entwicklung im nord-östlichsten deutschen Bundesland? Um dieser Frage besser nachgehen zu können, wird ein kurzer Blick auf das Unternehmertum in Dänemark geworfen, ein ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommern traditionelles Agrarland, das den Schritt zur Wissensgesellschaft vollzogen hat.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Mecklenburg-Vorpommern ‚Peripherie der Peripherie’
2.1. Aktuelle Lage des Standortes MV
2.2. Traditionelle Rückständigkeit Mecklenburg-Vorpommerns
3. Unternehmertum in Mecklenburg-Vorpommern
3.1. Transformation
3.2. Gründungsaktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern
3.3. Gründungen nach Sektoren
3.4. Betriebe nach Branchen und Betriebsgrößen
3.5. Chancen Mecklenburg-Vorpommerns
4. Vorbild Dänemark?
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Knapp fünfzehn Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, was auch fünfzehn Jahre marktwirtschaftlicher Wettbewerb bedeutet, bietet sich in Mecklenburg-Vorpommern ein Bild der Ernüchterung. Die versprochenen blühenden Landschaften sind wie in ganz Ostdeutschland auch in Mecklenburg-Vorpommern ausgeblieben, stattdessen beherrschen Massenarbeitslosigkeit und Abwanderung das Bild. Dem stehen kaum wirtschaftliche Erfolgsmeldungen gegenüber, mit Ausnahme vielleicht den Erfolgen der Tourismus- und der Schiffbaubranche.
Wirtschaftliche Erfolg und internationale Wettbewerbsfähigkeit sind primär von unternehmerischer Initiative, von einer Unternehmenskultur und dem herrschenden Unternehmergeist abhängig, was auch Entrepreneurship, oder zu Deutsch Unternehmertum, genannt wird.[1] Röpke versteht darunter auch, dass der schöpferische Geist Kapital, Arbeit und Rohstoffe mobilisiert und nicht umgekehrt.[2] Aus diesem Grund wird das Unternehmertum im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Es wird ein Blick darauf geworfen werden, wie es in Mecklenburg-Vorpommern um das Unternehmertum heute steht und welche historischen Entwicklungen dazu geführt haben. Wo liegen die Chancen einer zukünftiger wirtschaftlichen Entwicklung im nord-östlichsten deutschen Bundesland? Um dieser Frage besser nachgehen zu können, wird ein kurzer Blick auf das Unternehmertum in Dänemark geworfen, ein ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommern traditionelles Agrarland, das den Schritt zur Wissensgesellschaft vollzogen hat.
Der Begriff Entrepreneurship oder Unternehmertum ist ein sehr umfangreicher Begriff, bei dem eine empirische Herangehensweise für das Verständnis von großer Bedeutung ist. Aus diesem Grund werden Tabellen und Schaubilder ein maßgeblicher Teil dieser Arbeit sein.
Der Forschungsstand zum Unternehmertum im Ostseeraum ist eher dürftig. Nur wenige Wissenschaftler forschen intensiv zu diesem Thema, und wenn dann meist regional begrenzt. Aus diesem Grund ist die zu diesem Thema zu findende Lektüre recht dünn. In der Entrepreneurship-Forschung in Mecklenburg-Vorpommern ist Prof. Dr. rer. pol. Gerald Braun führend. Auf seine Forschungsergebnisse bezieht sich ein Großteil dieser Arbeit.
2. Mecklenburg-Vorpommern ‚Peripherie der Peripherie’
2.1. Aktuelle Lage des Standortes MV
Die Veränderungen die sich in den letzten zehn Jahren im Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern vollzogen haben, sind enorm. Mit der Wirtschafts- und Währungsunion im Jahr 1990, war das Land schlagartig dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt und gezwungen, um in diesem Wettbewerb zu bestehen, aus der jahrzehntelang andauernden planwirtschaftlichen Lethargie schnellstmöglich zu erwachen, um sich fit für die neue wirtschaftliche Herausforderung zu machen. Um diesen Prozess zu beschleunigen und zu unterstützen, wurde von der Bundesregierung ein großer Teil der 1250 Mrd. Euro Aufbau Ost nach Mecklenburg-Vorpommern transferiert. Große Summen aus diesem Topf sind in die Verbesserung der Infrastruktur geflossen, so dass diese heute besser ist als in Teilen Westdeutschlands, was vor allem auf die hochmodernen Kommunikationssysteme zutrifft.
Trotz dieser Milliardentransfers und der Modernisierung der ostdeutschen Infrastruktur ist es bis heute nicht gelungen, den Aufschwung-Ost nachhaltig in Gang zu setzen, denn seit 1997 ist das Wachstum im Osten Jahr für Jahr kleiner als das im Westen (West: 11 Prozent [(1997-2002)]; Ost: 9 Prozent).[3] „Von einem Zusammenwachsen dessen, was da zusammenwachsen soll, keine Spur. Im Gegenteil: Der Abstand in der Leistungskraft zwischen Ost- und Westdeutschland wird prozentual größer und größer.“[4] Ostdeutschland, und damit Mecklenburg-Vorpommern, ist also noch lange nicht so konkurrenzfähig, wie es die Politik gerne hätte. Dies beweist ein vergleichender Blick auf das Bruttoinlandsprodukt der einzelnen Bundesländer.
Abbildung1: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 2003 nach Bundesländern (in Euro)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Wirtschafts-Daten Neue Länder, April 2004, S. 2.
Abbildung 1 macht deutlich wie groß, trotz der Milliardeninvestitionen, der Abstand zwischen Ost- und Westdeutschland immer noch ist. Mecklenburg-Vorpommern liegt dabei abgeschlagen an letzter Position. Eine Position an die man sich im Nordosten Deutschlands langsam gewöhnt, denn auch bei der Arbeitslosigkeit liegt man mit Werten jenseits der Zwanzig-Prozent-Marke mittlerweile hinter Sachsen-Anhalt an letzter Stelle. Dennoch ist das Problem der Massenarbeitslosigkeit und der geringen Wirtschaftskraft kein rein mecklenburgisches, sondern ein gesamtostdeutsches Problem.
Gerald Braun spricht in diesem Zusammenhang von einer Koexistenz zweier Standorte auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland: „Der Standort West und der Standort Ost, die sich in nahezu allen Indikatoren signifikant voneinander unterscheiden.“[5] Diese Unterschiede beziehen sich nicht alleine auf die Punkte Bruttoinlandsprodukt und Arbeitslosenquote. Hinzu kommen die, im Vergleich zum Westen, höheren Lohnstückkosten und das damit verbundene geringe Investitionsniveau.
Grund für diese hohen Lohnstückkosten ist ein Missverhältnis zwischen Lohnniveau und Produktivität. Das Lohnniveau in den ostdeutschen Unternehmen hat sich in den letzten fünfzehn Jahren stärker an das Westniveau angeglichen, als deren Produktivität. So lagen die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten im Jahr 2003 7 Prozent über denen der alten Bundesländer.[6] Grund für diese negative Entwicklung ist der politische Druck, durch den die Ostlöhne kurz nach der Wende schlagartig stiegen, um die Lebensbedingungen im Osten Deutschlands schnellstmöglich anzugleichen. Einige Wirtschaftswissenschaftler sehen genau in dieser starken Erhöhung der Lohnkosten, in einem solch kurzen Zeitraum, die zentrale Ursache der ostdeutschen Probleme.[7]
Hohe Lohnstückkosten sind gleichzeitig ein Hauptgrund für das geringe Investitionsniveau im Osten, das im Jahr 2000 gerade mal 90 Prozent des Westniveaus erreichte.[8] Investoren lassen sich, wenn, dann überhaupt nur noch durch hohe Subventionen in den Osten locken, ansonsten investieren sie lieber in den Standort West, oder es zieht sie gleich in Länder mit geringeren Lohnstückkosten, wie Polen, Tschechien oder Ungarn.
Ein weiterer Standortnachteil Ostdeutschlands und in besonderem Maße auch Mecklenburg-Vorpommerns ist der starke Bevölkerungsrückgang. Dieser Effekt zementiert den wirtschaftlichen Rückstand Ostdeutschlands. Der Osten Deutschlands steht bei einer anhalten geringen Geburtenrate und einer anhaltenden Ost-West-Migration vor einem demographischen Niedergang.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2: Bevölkerungsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern bis 2020 (Prognose)
Quelle nach: Statistisches Landesamt Mecklenburg-Vorpommern: Bevölkerungsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern bis 2020, 3. Landesprognose, Mai 2003, S. 3.
Aus der Tabelle ist zu entnehmen, welche Ausmaße diese Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern nehmen wird. Das Problem für den Standort Mecklenburg-Vorpommern ist dabei der anhaltende brain-drain (Auswanderung der Gehirne), die Abwanderung vor allem jüngerer und gut qualifizierter Menschen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Karrierechancen, dem Land den Rücken kehren. Der Nordosten Deutschlands droht zu Vergreisen. Das Zusammenspiel von Abwanderung, Geburtenarmut und Alterung verringert das Wissens- und Innovationskapital des Standortes Ost nachhaltig, da es durch die Abwanderung hauptsächlich besser Qualifizierter, nicht nur zu einer Verringerung, sondern auch zu einer Verschlechterung des Humankapitals kommt.[9]
Von einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Ost sowie Mecklenburg-Vorpommerns kann also noch keine Rede sein. Selbst zu den ostdeutschen Bundesländern droht der Anschluss verloren zu gehen. Bildet Ostdeutschland, von wenigen Wachstumsinseln abgesehen, die Peripherie der deutschen Volkswirtschaft, so kann man Mecklenburg-Vorpommern gewissermaßen als die ‚Peripherie der Peripherie’ verstehen.[10]
[...]
[1] Braun, Gerald/Diensberg, Christoph: Entrepreneurship in Mecklenburg-Vorpommern: Vom Gründerboom zur Stagnation?, in: Braun, Gerald/Diensberg, Christoph (Hrsg.): Entrepreneurship im Ostseeraum, Unternehmertum als Motor von Wachstum und Integration, Berlin 2002, S. 119.
[2] Röpke, J.: Die entwickelte Freiheit, Göttingen 1982, S. 36.
[3] Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Wirtschafts-Daten Neue Länder, April 2004.
[4] Sinn, H.-W.: Ist Deutschland noch zu retten?, München 2003, S. 220f.
[5] Braun, Gerald (1): Wüsten oder Oasen: Konzepte einer Regionalpolitik für Mecklenburg-Vorpommern., im Druck befindliches Manuskript, S. 2.
[6] Ebd. S. 4.
[7] Sinn, S. 237.
[8] Ebd., S.222.
[9] Braun (1), S. 6f.
[10] Ebd. S. 7.
- Arbeit zitieren
- Carsten Socke (Autor:in), 2005, Unternehmertum im Ostseeraum: Blickpunkt Mecklenburg-Vorpommern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43415
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