In dieser Hausarbeit versuche ich, Parallelen und Gegensätze zwischen Platos Symposion und Heinrich Heines Gedicht „Sie saßen und tranken“ aufzuzeigen.
Dabei gehe ich zunächst Zeile für Zeile auf Heines Gedicht ein und interpretiere es unabhängig von Platons Werk. Grundlage der Interpretation sind das Hauptseminar „Heines Prosa“ im SS 2003 bei Prof. Dr. Jan Knopf sowie eigene Ansätze. Anschließend wird das Symposion kurz zusammengefasst und einzelne Gesprächsteile genauer untersucht. Zudem werden der Umgang mit Sexualität in der Antike und das Prinzip der Enkrateia sowie der Begriff Aphrodisia kurz vorgestellt. Im dritten Teil sollen die auffälligsten Parallelen und Gegensätze der beiden Texte herausgearbeitet werden. Dabei spielen hauptsächlich inhaltliche Merkmale eine Rolle, da die beiden strukturell nicht oder nur unzureichend vergleichbar sind.
Es ist nicht gesichert, dass überhaupt eine Verbindung zwischen beiden Werken besteht. Allerdings versuche ich in dieser Hausarbeit darzustellen, wieso es zumindest sehr wahrscheinlich ist, dass aus dem Wissen über Platos Symposion das Gedicht von Heine entstanden ist. Inhaltlich kann „Sie saßen und tranken“ als Parodie auf die adlige Gesellschaft zu Heines Zeit und deren Verständnis von Sexualität und Liebe im Vergleich zum antiken Gespräch über den Eros bei Plato verstanden werden.
Die Literaturliste im Anhang ist aufgrund vieler eigener Interpretationsansätze und der Arbeit aus dem genannten Hauptseminar nicht so umfangreich wie gewöhnlich; eine genauere Beschäftigung mit der zahlreichen Sekundärliteratur zu Heine und Plato hätte den Rahmen dieser Hausarbeit gesprengt oder kaum Platz für eigene Interpretationsansätze gelassen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Heinrich Heine: Sie saßen und tranken. Interpretationsansätze
1. Strophe
2. Strophe
3. Strophe
4. Strophe
5. Strophe
Das lyrische Ich
Plato: Das Symposion
Griechische Symposien
Platos Symposion
Die Redner
Aphrodisia und Enkrateia
Parallelen und Gegensätze Heine – Platon
Schluss
Literaturliste
Einleitung
In dieser Hausarbeit versuche ich, Parallelen und Gegensätze zwischen Platos Symposion und Heinrich Heines Gedicht „Sie saßen und tranken“ aufzuzeigen.
Dabei gehe ich zunächst Zeile für Zeile auf Heines Gedicht ein und interpretiere es unabhängig von Platons Werk. Grundlage der Interpretation sind das Hauptseminar „Heines Prosa“ im SS 2003 bei Prof. Dr. Jan Knopf sowie eigene Ansätze. Anschließend wird das Symposion kurz zusammengefasst und einzelne Gesprächsteile genauer untersucht. Zudem werden der Umgang mit Sexualität in der Antike und das Prinzip der Enkrateia sowie der Begriff Aphrodisia kurz vorgestellt. Im dritten Teil sollen die auffälligsten Parallelen und Gegensätze der beiden Texte herausgearbeitet werden. Dabei spielen hauptsächlich inhaltliche Merkmale eine Rolle, da die beiden strukturell nicht oder nur unzureichend vergleichbar sind.
Es ist nicht gesichert, dass überhaupt eine Verbindung zwischen beiden Werken besteht. Allerdings versuche ich in dieser Hausarbeit darzustellen, wieso es zumindest sehr wahrscheinlich ist, dass aus dem Wissen über Platos Symposion das Gedicht von Heine entstanden ist. Inhaltlich kann „Sie saßen und tranken“ als Parodie auf die adlige Gesellschaft zu Heines Zeit und deren Verständnis von Sexualität und Liebe im Vergleich zum antiken Gespräch über den Eros bei Plato verstanden werden.
Die Literaturliste im Anhang ist aufgrund vieler eigener Interpretationsansätze und der Arbeit aus dem genannten Hauptseminar nicht so umfangreich wie gewöhnlich; eine genauere Beschäftigung mit der zahlreichen Sekundärliteratur zu Heine und Plato hätte den Rahmen dieser Hausarbeit gesprengt oder kaum Platz für eigene Interpretationsansätze gelassen.
Heinrich Heine: Sie saßen und tranken. Interpretationsansätze
Das Gedicht von Heine ist größtenteils im Präteritum geschrieben. Das Präteritum wird im Deutschen für Erzählungen und allgemein Fiktion verwendet, hauptsächlich in der geschriebenen Sprache. Wenn wir persönlich etwas erzählen das wir zum Beispiel gestern getan haben, benutzen wir im gesprochenen Deutsch das Perfekt, wir sagen also nicht „ich schwamm gestern“, sondern „ich bin gestern geschwommen“, weil wir berichten und mitteilen. Perfekt (und Präsens) werden nicht zum schriftlichen Erzählen sondern zum Besprechen von Sachverhalten und Tatsachen verwendet. Die Verwendung des Präteritums würde im Gespräch künstlich wirken, ist aber in Heines Gedicht angemessen.
1. Strophe
Sie saßen und tranken am Teetisch
Die Formulierung „Sie saßen und tranken“ deutet auf eine Distanz zwischen dem lyrischen Ich und der Teegesellschaft hin. Betrachtet man das Gedicht als Ganzes so bestätigt sich diese Vermutung: Das lyrische Ich tritt erst in der letzten Strophe auf, es bringt sich nicht in die Runde ein und beteiligt sich zu keiner Zeit an dem Gespräch. Die zweite Auffälligkeit an der ersten Zeile ist der Satzbau, wir würden sagen: „Sie saßen am Tisch und tranken Tee“. Der Satz wirkt holperig, es ist aber unwahrscheinlich dass Heine durch den Reim zu diesem Satzbau gezwungen wurde; auch die Worte saßen und tranken passen nicht wirklich zusammen, sie saßen und aßen oder sie aßen und tranken wären flüssigere, üblichere und sinnigere Kombinationen.
Die genauere Bestimmung des Tisches als “Teetisch“ definiert die Gesellschaft, die sich dort befindet. Sie haben einen Tisch nur um Tee zu trinken, womit zum einen Rituale und eine bestimmte Tageszeit verbunden sind, zum anderen ist dies aber vor allem ein eindeutiger Hinweis auf eine reiche Gesellschaft, entweder reiches Bürgertum oder Adel. Durch diese Klassifizierung wiederum ist die Art der Gespräche relativ festgelegt, geht man von den üblichen Konversationsschemen zu Heines Zeit aus.
An einem Teetisch wird Tee getrunken. Was bedeutet Tee, was zeichnet ihn aus? Nach Wasser ist Tee das wässrigste Getränk von allen – im Prinzip handelt es sich lediglich um vertrocknete Blätter oder Kräuter und Wasser, damit ist der Tee an sich ziemlich gehaltlos. Eventuell ist dies eine Andeutung auf das Gespräch, denn die Gesellschaft führt eine wässrige Unterhaltung über das gehaltvollste Thema überhaupt: es geht um Liebe, Leidenschaft und Sexualität. Die wässrige Unterhaltung scheint wiederum ein Hinweis auf die Art zu sein, in der die Anwesenden ihre Liebe und Sexualität tatsächlich ausleben: den Gesprächsbeiträgen im weiteren Gedicht nach zu urteilen, ist diese Art den gesellschaftlichen Normen und Zwängen angepasst und kaum leidenschaftlich zu nennen.
Wein scheint als Getränk bei einem solchen Thema geeigneter. Er wirkt sowohl körperlich als auch sinnlich anregend und enthemmend. Wenn die Gesellschaft Wein trinken würde, wäre sie wohl eher in der Laune ihr Gesprächsthema zu praktizieren anstatt darüber zu reden. Liebe ist kein Thema das man bereden sollte, sondern ein auszulebendes Gefühl. Im wohl bedeutendsten Gespräch über Liebe und Leidenschaft, dem Symposion Platos, tranken die Anwesenden Wein im Überfluss, ihr Gespräch war um einiges gehaltvoller als das von Heines Teegesellschaft.
Andererseits ist Tee für Gespräche über das gesellschaftliche Dauerthema rein geistiger – platonischer - Liebe wiederum geeigneter als Wein. Man bewahrt einen kühlen Kopf, durch die erregende Wirkung von Wein, und Alkohol im Allgemeinen, reduzieren sich die Gedanken über Liebe nach einiger Zeit auf die Sexualität.[1]
Und sprachen von Liebe viel.
Dass sie `viel´ von Liebe sprachen, könnte eine Anspielung darauf sein, dass sie oft über die Themen Liebe und Sexualität sprechen, wenn sie zusammensitzen. Diese Themen stehen für die Gesellschaft stark im Zentrum, obwohl sie zu Heines Zeit noch tabuisiert und mit gesellschaftlichen Normen versehen sind. Trotz ihres gesellschaftlichen Standes sind die Teilnehmer der Teerunde Menschen, die sich hauptsächlich für die menschlichsten aller Dinge interessieren: Essen, Sex, Schlaf.
`Sprachen von Liebe viel´ bedeutet wahrscheinlich auch, dass ihr Gespräch nicht sehr tiefsinnig ist, sondern lediglich viel Ballast ohne Wert. Am auffälligsten an dieser Aussage ist aber die Tatsache, dass es gar nicht stimmt: es wurde tatsächlich sehr wenig gesprochen, niemand sagt mehr als einen kurzen Satz in dem Gedicht, das Fräulein sagt nur „Wie so“, die Hofrätin bringt es gerade mal auf ein „Ach“.
Die Teerunde betreibt Konversation, sie führt ein leichtes Gespräch der - gebildeten - Unterhaltung wegen. Die gesellschaftliche Form wird gewahrt; es wird nicht offen gesprochen, sondern vordergründig und ohne Inhalt und Lehre, keiner der Gesprächsteilnehmer gibt wörtlich preis was er meint. Sie verwenden Umschreibungen ohne etwas von sich selbst oder ihren Erfahrungen zu erzählen.
Die Herren, die waren ästhetisch,
In dieser Zeile fällt vor allem auf, dass der Artikel wiederholt wird, „die Herren, die“, was die Distanz zu den Herren verstärkt und wie mündliche Rede wirkt. Diese Mündlichkeit passt nicht zur genannten Ästhetik, sie wirkt ironisch. Es entsteht zudem der Effekt des Hinzeigens, wie mit einem rügenden Zeigefinger beispielsweise.
Dass die Herren `ästhetisch´ waren, bedeutet auch, dass sie über ihre Sinne qualifiziert werden, nicht über ihren Verstand. Das Wort ästhetisch kommt vom griechischen „aisthanesthai“, durch die Sinne wahrnehmen. Banalisiert könnte es auch bedeuten, wenn die Herren beim Thema Liebe und Sex ästhetisch sind, kommt es ihnen dabei nur auf die äußerliche Schönheit der Frauen an. Oder es bedeutet, dass sie versuchen in schöne Worte zu kleiden, was sie tatsächlich empfinden, denn hinter den Beiträgen der Männer steckt in Heines Gedicht immer ein sexueller Gedanke.
Die Wörter ästhetisch und Teetisch werden über den Klang verbunden, sind aber ohne Sinnzusammenhang, ihre Verknüpfung entspricht einer ironischen Brechung. Einerseits der banale Tisch, andererseits die Ästhetik – das Gedicht spielt mit Kontrasten, folgt damit Heines Strukturprinizp.
Die Damen von zartem Gefühl.
Das „zarte Gefühl“ entspricht der angeblich typisch weiblichen Gefühlsduselei, während die Herren Sinn für Ästhetik besitzen sollen. In Heines Gedicht reden aber die Herren im Prinzip nur von Sex, die Gräfin spricht dagegen von Passion, was sich wiederum mit zarten Gefühlen nicht vereinbaren lässt. Wenn die Herren ästhetisch und die Damen von zartem Gefühl waren, sind die genannten Aussprüche im Gedicht dafür nicht repräsentativ; in diesen beiden Zeilen steckt bereits erste Ironie.
2. Strophe
"Die Liebe muß sein platonisch",
Platonische Liebe benennt im modernen Sprachgebrauch eine nicht körperliche Liebe. Dies ist missverständlich, denn bei Plato wird der Eros sehr wohl gefeiert, er verweist lediglich darauf dass es außer der Sexualität vor allem einen Trieb zum Höheren geben muss. Aus diesem platonischen Hinweis wurde der Begriff der platonischen Liebe geformt.
Die Zeile steht im Präsens, da die direkte Rede des Hofrats wiedergegeben wird. Dies macht einen allwissenden Erzähler wahrscheinlicher als einen Zuhörer und Beisitzer; er kann direkte Rede wiedergeben ohne dazu zu gehören.
[...]
[1] Darauf deutet wohl auch die Redewendung „sich jemanden schön trinken“ hin, und der moderne „One-night-stand“ hat selten mit Liebe und Tee aber dafür um so öfter mit Alkohol zu tun.
- Citation du texte
- Julia Krknjak (Auteur), 2004, Heinrich Heines Gedicht 'Sie saßen und tranken' im Vergleich zu Platos 'Symposion', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43410
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