Aufgrund der häufigen Fälle von Mangelernährung gewinnt die Auswahl der adäquaten Ernährungstherapie zunehmend an Bedeutung. Die Entscheidung über eine PEG bedarf ausführlicher Auseinandersetzung mit ethischen Aspekten.
Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist, die Auswirkungen einer langzeitigen enteralen Sondenernährung auf den Ernährungszustand, die Lebensqualität und die Lebenserwartung von Betroffenen zu untersuchen.
Es wurde eine systematische Literaturrecherche in Onlinedatenbanken und Suchmaschinen durchgeführt. Die gewonnene Literatur wurde anschließend hinsichtlich ihrer Qualität überprüft und in die Arbeit miteinbezogen.
Aufgrund unterschiedlicher Grunderkrankungen und Krankheitsphasen, sind die Ergebnisse heterogen. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass bei Patientinnen und Patienten, die sich nicht in der Terminalphase befinden, der Ernährungszustand durch eine PEG verbessert, und die Lebensqualität zumindest erhalten werden kann. Die Mortalität variiert in einzelnen Studien stark. Ist die Lebenserwartung nicht mehr hoch, sollte auf eine PEG verzichtet werden.
Die Resultate der Literaturrecherche unterstreichen die Wichtigkeit einer gut diskutierten und reflektierten Entscheidung über die Anlage einer Ernährungssonde im interdisziplinären Entscheidungsprozess.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel
2 Methodik
2.1 Forschungsfrage
2.2 Literaturrecherche
3 Ergebnisse
3.1 Bedeutung von Ernährung
3.1.1 Kulturelle und soziale Aspekte des Essens
3.2 Mangelernährung im Erwachsenenalter
3.2.1 Ätiologie
3.2.2 Folgen von Mangelernährung
3.3 Ermittlung des Ernährungszustands
3.3.1 Ernährungsscreenings
3.4 Ernährungstherapie
3.4.1 Stufen der Ernährungstherapie
3.4.2 Enterale Ernährungstechniken
3.4.3 Medizinische und pflegerische Aspekte der PEG
3.4.3.1 Indikationen und Kontraindikationen
3.4.3.2 Anlagetechnik
3.4.3.3 Verbandswechsel
3.4.3.4 Komplikationen
3.4.3.5 Verabreichung von Sondenkost
3.4.3.6 Energiebedarf
3.4.3.7 Medikamentenverabreichung
3.4.3.8 Ernährungstherapeutische Verlaufskontrollen
3.5 Auswirkungen der PEG-Sonde
3.5.1 Tabellarische Übersicht der eingeschlossenen Studien
3.5.2 Lebensqualität
3.5.2.1 Psychologische und emotionale Auswirkung
3.5.2.2 Körperliches Wohlbefinden
3.5.2.3 Sozialleben
3.5.3 Ernährungszustand
3.5.4 Morbidität und Mortalität
3.6 Häusliche Versorgung
3.6.1 Gastrostomie-Management
3.6.2 Unterstützungsmöglichkeiten
3.6.2.1 Entlassungsmanagement
3.6.2.2 Homecare Service
3.6.2.3 Patientenschulung
3.7 Ethische und juristische Aspekte
3.7.1 Rechtliche Grundlagen
3.7.1.1 Die Einwilligungsfähigkeit
3.7.2 Grundlagen und Prinzipien der Ethik
3.7.3 Ernährungstherapie bei fortgeschrittener Demenz
3.7.4 Ernährung am Lebensende
3.7.4.1 Palliative Care
3.7.4.2 Palliative Ernährungstherapie
3.7.5 Der interdisziplinäre Entscheidungsprozess
4 Diskussion
4.1 Ausblick und Limitation
5 Literaturverzeichnis
Vorwort
Bereits vor der Ausbildung für Gesundheits- und Krankenpflege wurde ich bei meiner Tätigkeit im Heim für körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen mit der enteralen Ernährung über die PEG-Sonde konfrontiert. Im Zuge meiner absolvierten Praktika im Laufe der Ausbildung sammelte ich weitere Erfahrungen, welche mein Interesse für dieses Thema zunehmend weckten. Besonders weil Pflegepersonen eine große Rolle in diesem Zusammenhang spielen, aber auch weil die Entscheidung über eine enterale Ernährungssonde häufig diskutiert und kritisiert wird, habe ich dieses Thema für meine zweite Bachelorarbeit gewählt.
Es ist mir ein großes Anliegen, mich an dieser Stelle bei all jenen Menschen zu bedanken, die mich in den drei Jahren meiner Ausbildung, sowie bei der Erstellung dieser Bachelorarbeit unterstützt haben.
In erster Linie gilt der Dank meiner gesamten Familie, die mir in jeder Lebenssituation zur Seite steht. Nicht nur mein familiäres Umfeld, auch meine Klassenkollegen und Freunde haben mich in den drei Jahren meiner Ausbildung immer wieder motiviert und mich auch in stressigen Zeiten zum Lachen gebracht. Weiters möchte ich mich bei meinem Betreuer für die Bachelorarbeit Mag. Peter Laudert für die gute und problemlose Zusammenarbeit bedanken.
Kurzfassung
Einleitung
Aufgrund der häufigen Fälle von Mangelernährung gewinnt die Auswahl der adäquaten Ernährungstherapie zunehmend an Bedeutung. Die Entscheidung über eine PEG bedarf ausführlicher Auseinandersetzung mit ethischen Aspekten.
Ziel
Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist, die Auswirkungen einer langzeitigen enteralen Sondenernährung auf den Ernährungszustand, die Lebensqualität und die Lebenserwartung von Betroffenen zu untersuchen.
Methodik
Es wurde eine systematische Literaturrecherche in Onlinedatenbanken und Suchmaschinen durchgeführt. Die gewonnene Literatur wurde anschließend hinsichtlich ihrer Qualität überprüft und in die Arbeit miteinbezogen.
Ergebnisse
Aufgrund unterschiedlicher Grunderkrankungen und Krankheitsphasen, sind die Ergebnisse heterogen. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass bei Patientinnen und Patienten, die sich nicht in der Terminalphase befinden, der Ernährungszustand durch eine PEG verbessert, und die Lebensqualität zumindest erhalten werden kann. Die Mortalität variiert in einzelnen Studien stark. Ist die Lebenserwartung nicht mehr hoch, sollte auf eine PEG verzichtet werden.
Schlussfolgerungen
Die Resultate der Literaturrecherche unterstreichen die Wichtigkeit einer gut diskutierten und reflektierten Entscheidung über die Anlage einer Ernährungssonde im interdisziplinären Entscheidungsprozess.
Schlüsselwörter: enterale Ernährung, perkutane endoskopische Gastrostomie, Lebensqualität, Ernährungszustand, Lebenserwartung
Abstract
Introduction
Due to the frequent cases of malnutrition, the selection of adequate nutritional therapy is becoming increasingly important. The decision concerning the PEG requires a detailed examination of ethical aspects.
Aim
The aim of this dissertation is to investigate the effects of long-term enteral tube feeding on the nutritional status, quality of life and life expectancy of person concerned.
Method
A systematic literature research was conducted in online databases and search engines. The obtained literature was subsequently checked in regard to its quality and included in the thesis.
Results
Due to different underlying diseases and disease stages, the results are heterogeneous. Generally, it can be adhered that in patients who are not in the terminal stage, the nutritional status can be improved by a PEG and the quality of life can at least be preserved. Mortality varies in single studies very much. If the life expectancy is not high any more, a PEG should be waived.
Conclusion
The results of the literature research highlight the importance of a well-discussed and reflected decision on the installation of a feeding tube in the interdisciplinary decision-making process.
Keywords: enteral nutrition, percutaneous endoscopic gastrostomy, quality of life, nutritional status
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Flow-Chart der Literaturrecherche
Abbildung 2: Stufenschema der Ernährungstherapie (Löser, 2013)
Abbildung 4: PAL-Werte (Al-Abtah et al., 2015, S. 716)
Abbildung 5: Grundprinzipien der Ethik (Müller-Busch et al., 2015, S. 357)
Abbildung 6: Multimodales Therapiekonzept (Aeberhard, Stanga, 2014)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Verwendete Suchbegriffe
Tabelle 2: Einteilung des BMI nach der WHO (Pirlich, Norman, 2011)
Tabelle 3: Trefferliste der Literaturrecherche
1 Einleitung
In allen Kulturkreisen stellt das Stillen von Durst und Hunger nicht nur ein Grundbedürfnis dar, sondern nimmt auch eine bedeutende soziale Rolle ein und manifestiert sich in religiösen und kulturellen Metaphern (Gaser, Meißner, 2012).
1.1 Problemstellung
Auch im Gesundheitswesen spielt das Thema Ernährung eine sehr große Rolle, weil sowohl Fälle pathologischer Unter- und Mangelernährung, als auch Überernährung vorkommen. Bedeutung findet die Ernährung insbesondere in den Bereichen der rehabilitativen, kurativen und palliativen Versorgung kranker und sterbender Menschen (Plauth, 2017). Die Häufigkeit von Mangelernährung nimmt mit steigender Lebenserwartung und steigendem Morbiditätsniveau zu (Kiesswetter et al., 2016). Eine prognoserelevante Mangelernährung wird speziell bei älteren, multimorbiden und stationären Patientinnen und Patienten oft unterschätzt, obwohl die Prävalenz bei dieser Gruppe 50% beträgt (Plauth, 2017). Menschen im hohen Alter haben aufgrund der physiologischen Veränderungen, kognitiver, psychischer und sozioökonomischer Faktoren ein großes Risiko für einen schlechten Ernährungszustand (Franz et al., 2017). Mehr als die Hälfte der mangelernährten Patientinnen und Patienten befinden sich in geriatrischen Abteilungen. Auch im onkologischen und gastroenterologischen Bereich kommt es häufig zu Mangelernährung (Plauth, 2017). Aufgrund der veränderten Ernährungssituation im Alter oder bei bestimmten Krankheiten, ist es in vielen Fällen erforderlich, die physiologische Nahrungsaufnahme mit ernährungstherapeutischen Interventionen zu unterstützen (Meißner, Pahne, 2016).
Die Folgen von mangelernährten Patientinnen und Patienten im Krankenhaus unterstreichen die Wichtigkeit adäquater Ernährungsversorgung. Diese sind neben längerem Krankenhausaufenthalt und verlängerter Rehabilitation auch höhere Kosten für das Gesundheitssystem. Bei Betroffenen führt Malnutrition zur verminderten Lebensqualität und Einschränkungen im Alltag (Plauth, 2017).
Als Voraussetzung für eine adäquate Ernährungsversorgung dient eine regelmäßige Erfassung der Ernährungssituation mittels Assessmentinstrumenten (Meißner, Pahne, 2016). Primär ist immer die physiologische orale Ernährung zu bevorzugen (Wallstabe et al., 2013). Wenn der physiologische Verzehr nicht ausreicht, um den Bedarf an Nährstoffen zu decken, stellt sich die Frage nach der passenden ernährungstherapeutischen Intervention (Plauth, 2017). Neben zusätzlicher oraler Trinknahrung und parenteraler Ernährung spielt die enterale Ernährung mittels Sonde eine wichtige Rolle. Als eine komplikationsarme Methode für den Langzeiteinsatz hat sich hier die perkutane endoskopische Gastrostomie etabliert (Steindl-Schönhuber et al., 2011). Die Versorgung der PEG-Anlage ist häufig mit Unsicherheiten und Ängsten der Betroffenen und deren Familienmitglieder verbunden. Durch Beratung und Schulung zu verschiedensten Themen der enteralen Ernährung können Pflegende ihre Unterstützung anbieten. Mit fachlicher Betreuung ist die Sondenernährung auch zu Hause möglich (Birkelbach, 2017).
Die Sondenernährung muss in regelmäßigen Abständen daraufhin überprüft werden, ob es noch gute Gründe dafür gibt und das angestrebte Ziel auch erreicht wird (Löser, 2014). Besonders am Lebensende, aber auch bei dementiell erkrankten Menschen, ist die Entscheidung über künstliche Ernährung mit komplexen ethischen Problemstellungen verbunden, welche interdisziplinär behandelt werden müssen (Haas, Kohlen, 2011). Neben medizinischer Indikation und ethischer Prinzipien müssen auch juristische Aspekte in diese Entscheidung einbezogen werden. Die zentrale Frage konzentriert sich auf die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität der Patientin oder des Patienten durch die supportive künstliche Ernährung (Löser, 2014). Für Betroffene und auch deren Angehörige stellt diese Situation eine besonders große Belastung dar. Mit der verminderten Nahrungszufuhr befürchten sie häufig eine unmittelbare Lebensbedrohung. In dieser Hinsicht ist es wichtig, Betroffene und deren Angehörige realistische Informationen zu vermitteln und Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten (Gaser, Meißner, 2012).
1.2 Ziel
Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es, die Auswirkungen einer langzeitigen enteralen Sondenernährung auf den Ernährungszustand, die Lebensqualität und die Lebenserwartung von Betroffenen zu untersuchen. Die Rolle der professionellen Gesundheits- und Krankenpflege sollte bei der Ermittlung des Ernährungszustands, sowie bei der Versorgung und Beratung nach der PEG- Anlage im Vordergrund stehen. Ebenfalls soll diese Arbeit wichtige ethische Faktoren aufzeigen, die den Entscheidungsprozess von Ernährungstherapien in der palliativen Pflege beeinflussen.
2 Methodik
Im folgenden Absatz wird sowohl die ausführliche Forschungsfrage genannt, als auch die Vorgehensweise zum Erlangen der notwendigen Literatur, um die Forschungsfrage zu beantworten.
2.1 Forschungsfrage
Welche Auswirkungen hat die Anlage einer langfristigen enteralen Sondenernährung auf den Ernährungszustand, die Lebenserwartung und die Lebensqualität von Betroffenen und wie kann das Pflegepersonal unterstützend wirken? Welchen Einfluss haben die Ergebnisse auf die ethischen Aspekte bei der Entscheidungsfindung von Ernährungstherapien?
2.2 Literaturrecherche
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde im Rahmen der Bachelorarbeit II eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Die Onlinedatenbanken Biomedcentral, PubMed und Cochrane, sowie die Suchmaschinen Springer Link und Thieme wurden verwendet. Die Studien wurden inhaltlich überprüft, anschließend hinsichtlich der Qualität bewertet und die Relevanz in Bezug auf die Forschungsfrage festgestellt.
Um die Literatur zu erlangen, wurden verschiedene Suchbegriffe in deutscher und englischer Sprache festgelegt. Die verwendeten Begriffe werden in Tabelle 1 dargestellt. Es wurden die Operatoren „UND“ und „AND“ für präzisere Ergebnisse verwendet. Um die Literaturrecherche nachvollziehbar darzustellen, befindet sich im Anhang dieser Bachelorarbeit ein Suchprotokoll mit der Trefferliste.
Tabelle 1: Verwendete Suchbegriffe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es wurden bestimmte Kriterien festgelegt, um das Thema der Bachelorarbeit II einzugrenzen. Einbezogen wurde Literatur, die im Zeitraum von 2003 bis 2018 veröffentlicht wurde. Sowohl deutsche als auch englischsprachige Publikationen wurden verwendet. Inhaltlich wurden nur Patientinnen und Patienten mit einem Alter über 16 Jahren eingeschlossen, bei denen eine Gastrostomiesonde als ernährungstherapeutische Intervention für die langzeitige enterale Ernährung angelegt wurde.
Als Übersicht über den Selektionsprozess wurde ein Flow-Chart erstellt. Die Ergebnisliste wird in Abbildung 1 dargestellt. Von 7.143 Treffern wurden 71 hinsichtlich des zusammengefassten Inhalts überprüft. In Bezug auf die Relevanz für die Forschungsfrage wurden schließlich 23 ausgewählt. Nach der Beurteilung der Volltexte auf inhaltlicher Ebene, sowie auf das Einhalten von Qualitätskriterien blieben 9 Studien, die in die Bachelorarbeit II eingeschlossen wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Flow-Chart der Literaturrecherche
3 Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt werden Grundbegriffe und Basiswissen zum Thema erklärt. Anschließend werden die Ergebnisse der Publikationen in Bezug auf die Forschungsfrage dargestellt.
3.1 Bedeutung von Ernährung
Die Voraussetzung für das Wachsen und den Erhalt des menschlichen Körpers ist die Zufuhr von Wasser und Nährstoffen. Stoffwechselvorgänge und alle Zellen sind abhängig von einer kontinuierlichen Versorgung mit Nährstoffen. Der gesamte Verdauungstrakt spielt eine lebensnotwendige Rolle bei der Aufnahme und Umwandlung der zugeführten Stoffe (Keller, Huhn, 2014, S. 417).
3.1.1 Kulturelle und soziale Aspekte des Essens
Die Esskultur beeinflusst das individuelle Essverhalten sehr stark. Das gilt sowohl für die Verfügbarkeit von Nahrung, als auch für die Gewohnheiten der Vorbilder, von denen Kinder lernen (Ellrott, 2013). In allen Gesellschaften und Kulturen hat die Ernährung auch emotionale und soziale Bedeutung. Das Symbol der stillenden Mutter verdeutlicht, dass durch die Nahrungsgabe Leben gespendet wird. Ernährung symbolisiert für viele Menschen auch Liebe, Fürsorge und Verbindung zu anderen. Das Teilen und Verabreichen von Nahrung hat ebenfalls eine große gesellschaftliche Bedeutung, welche nicht nur biologische, sondern auch psychisch-emotionale Bedürfnisse stillt (Weissenberger- Leduc, Frühwald, 2013). Neben dem Genusserlebnis und Wohlbefinden nimmt das Essen auch eine bedeutende soziale Rolle ein. Die geschmackliche Zusammensetzung der Speisen, aber auch die Räumlichkeiten und die Personen am Tisch wirken auf das Befinden des Menschen. So bieten gemeinsame Mahlzeiten die Möglichkeit der Entspannung und des geselligen Zusammenseins. Die Auswahl der Nahrung steht dabei auch in Verbindung mit verschiedenen religiösen Ansichten (Keller, Huhn, 2014, S. 417).
3.2 Mangelernährung im Erwachsenenalter
Ist die Zufuhr, Aufnahme oder Umwandlung der Nahrung aus verschiedensten Gründen verändert, wird dies in Form von Mangelernährung oder Adipositas sichtbar. Die Mangelernährung ist im Bezug zum Thema dieser wissenschaftlichen Arbeit ein wichtiger Aspekt. Mangelernährung zählt zu den Arten der Fehlernährung. Definiert wird die Malnutrition als Defizit an Nährstoffen und Energie im Sinne einer negativen Bilanz zwischen Aufnahme und Bedarf. Dieses Defizit ist verbunden mit Einbußen und Konsequenzen für den Ernährungszustand, Gesundheitszustand und physiologische Funktionen (Keller, Huhn, 2014, S. 430). Die DGEM definiert die Malnutrition für Erwachsene über 65 Jahre durch einen klinisch relevanten Gewichtsverlust von mehr als fünf Prozent innerhalb der letzten drei Monate oder einem Body Mass Index von unter 20kg/m². Zusätzlich sollte zur Erfassung von Ernährungsdefiziten bei kranken oder älteren Personen ein Ernährungsscreening durchgeführt werden (Franz et al., 2017).
Mangelernährung ist besonders im hohen Alter sehr häufig. Die Prävalenz reicht je nach Studienpopulation von 16 bis zu 50 Prozent. Pflegeheimbewohner betrifft es häufiger als gesunde Senioren, die zu Hause leben (Zeyfang et al., 2013, S. 46).
3.2.1 Ätiologie
Mangelernährung tritt bei vielen Erkrankungen und Therapiemaßnahmen als unspezifische Begleiterscheinung auf. Besonders im fortgeschrittenen Alter sind die Ursachen der Malnutrition vielfältig und umfassen physiologische und pathologische Geschehen, psychische und soziale Faktoren, sowie Medikamentennebenwirkungen. Bei physiologischen Altersveränderungen spielen vor allem die reduzierte Sinneswahrnehmung, das veränderte Durst- und Hungerempfinden oder Veränderungen der Sättigungsregulation eine Rolle in der Ernährung. Physische Einschränkungen ergeben sich aus der Beeinträchtigung von Extremitäten, verringerter Beweglichkeit und Kau- und Schluckbeschwerden. Neben schlechtem Zahnstatus kann auch ein schlechtsitzender Zahnersatz zu verminderter Nahrungsaufnahme führen. Besonders Depressionen, Vergesslichkeit oder Verwirrtheitszustände zählen zu den psychischen Faktoren, die zu einem schlechten Ernährungszustand beitragen können. Weitere Risikofaktoren sind gastrointestinale Krankheiten, wie Maldigestion und Malabsorption, oder Symptome wie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen. Soziale und sozioökonomische Aspekte können außerdem Gründe einer Mangelernährung darstellen. Vor allem im hohen Alter kann es zu Einsamkeit, sozialer Isolation oder unbefriedigender Wohnsituation, wie z.B. in einem Pflegeheim, kommen. In allen Altersklassen sind jedoch ein niedriges Einkommen, Armut, Trauer oder Verwahrlosung relevante Themen (Franz et al., 2017).
3.2.2 Folgen von Mangelernährung
Was Mangelernährung bewirkt und was dies für das Leben der Betroffenen bedeutet, wird folgend kurz erläutert. Mit dem Verlust der Muskelmasse kommt es zur Schwäche, wodurch sich das Sturz- und Frakturrisiko erhöht. Eine mögliche Folge davon sind Immobilität und Dekubitus. Auch auf die Atmung hat Mangelernährung schlechte Auswirkungen. Eine fehlerhafte respiratorische Funktion kann in Folge zur Pneumonie führen. Neben erhöhter Infektanfälligkeit, kann es auch zu kognitiven und neurologischen Störungen kommen. Eine Mangelernährung geht ebenfalls mit Antriebslosigkeit, beeinträchtigtem Allgemeinzustand und Müdigkeit einher. Durch verlangsamte Rekonvaleszenz und erhöhtes Komplikationsrisiko bei Malnutrition steigen die Wiederaufnahmen und die Liegedauer im Krankenhaus (Keller, Huhn, 2014, S. 431). Infolgedessen haben all diese Faktoren negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und das Allgemeinbefinden. Auch die Mortalität steigt bei Mangelernährung stark an (Löser, 2014).
3.3 Ermittlung des Ernährungszustands
Eine frühzeitige Erfassung eines schlechten Ernährungszustands zählt zu den zentralen Aufgaben von Pflegekräften und Ärzten (Löser, 2014). Allgemeine Hinweise auf eine schlechte Ernährungssituation sind eingefallene Augen oder markant hervorstehende Knochen, z.B. im Gesicht, am Becken, an den Rippen und an der Wirbelsäule. Neben Rissen oder offenen Stellen im Mundraum, wird die Hautfarbe zunehmend blass. Weitere Veränderungen des Hautzustands sind Trockenheit und schlaffe Falten, besonders am Gesäß, Bauch oder an den Armen. Bei Mangelernährung können auch Müdigkeit, Apathie und verminderte Leistungsfähigkeit auftreten (Keller, Huhn, 2014, S. 430).
Zur groben Einschätzung des Ernährungszustands wird häufig der Body Mass Index verwendet. Dieser wird mit den Parametern Körpergewicht und Körpergröße berechnet: Körpergewicht in kg/(Körpergröße in m)². Die Einteilung der Ergebnisse nach der WHO wird in der Tabelle 2 dargestellt (Pirlich, Norman, 2011).
Bei älteren Menschen wird ein höherer Grenzwert von < 20 kg/m² für Unterernährung empfohlen. Um die Diagnose einer krankheitsassoziierten Malnutrition zu stellen, ist die Aussagekraft des BMI jedoch zu gering. Aufgrund dessen nehmen zusätzliche Scores zum Screening oder Assessment- Untersuchungen eine wichtige Rolle in der Diagnostik und bei Verlaufskontrollen ein (Pirlich, Norman, 2011).
Tabelle 2: Einteilung des BMI nach der WHO (Pirlich, Norman, 2011)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.3.1 Ernährungsscreenings
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Screening- und Assessmentinstrumenten zur Bestimmung des Ernährungszustands und möglicher gefährdender Faktoren (Zeyfang et al., 2012, S. 49). Im Folgenden werden drei bekannte Varianten vorgestellt.
Das Mini Nutritional Assessment (MNA), welches die DGEM empfiehlt, wurde speziell für ältere Patientinnen und Patienten entwickelt, da die Risikofaktoren zur Entstehung einer Mangelernährung besonders berücksichtigt werden. Der Score beinhaltet eine Voranamnese und eine umfassende Anamnese. Erreicht die Punktezahl in der Voranamnese, welche sechs Fragen hat, weniger als zwölf, wird aufgrund des Risikos für Mangelernährung der zweite Teil mit zwölf Fragen durchgeführt. Der MNA behandelt Fragen und Messungen in den Bereichen Anthropometrie, Allgemeinzustand, Ernährungsgewohnheiten und Selbsteinschätzung zum Gesundheitszustand. Für die einzelnen Antworten werden verschiedene Punkte vergeben, welche eine Gesamtsumme von maximal 30 Punkten ergibt. Liegt die Summe unter 24 Punkten, ist der Ernährungszustand im Normbereich. Die Summe von 17 bis 23,5 Punkten legt bereits das Risiko für Mangelernährung fest. Bei einem Ergebnis unter 17 Punkten, besteht laut MNA eine Mangelernährung. Ein Vorteil dieses Assessmentinstruments ist der Hinweis auf mögliche Risikofaktoren oder Ursachen des schlechten Ernährungszustands durch die ausführliche Anamnese. Der Zeitaufwand, welcher auf zehn Minuten geschätzt wird, ist wesentlich höher als bei anderen Scores (Pirlich, Norman, 2011).
Ein weiteres Instrument ist das Subjective Global Assessment (SGA). Dieses wird vor allem für stationäre Ernährungsscreenings empfohlen. Es beinhaltet eine strukturierte Anamnese und eine körperliche Untersuchung. Der zentrale Punkt der Anamnese ist hierbei der Gewichtsverlauf. Auch gastrointestinale Symptome, Veränderungen der Nahrungsaufnahme und die körperliche Leistungsfähigkeit werden hinterfragt. Die Klassifizierung ergibt sich durch den subjektiven Gesamteindruck der körperlichen Untersuchung und der Anamnese (Plauth, 2017).
Als schnelles und einfaches Screeninginstrument wird der Malnutrition Universal Screening Tool (MUST) vor allem im ambulanten Bereich eingesetzt. Drei Schwerpunkte erfassen das Risiko für Mangelernährung: BMI, ungewollter Gewichtsverlust und akute Erkrankung mit zu erwartender Nahrungskarenz. Durch ein Punktesystem wird das Ergebnis in die Risikobereiche hoch, mittel und gering eingeteilt (Härlin, 2017).
3.4 Ernährungstherapie
Sobald Anzeichen eines Ernährungsrisikos vorliegen, sollten adäquate ernährungstherapeutische Interventionen erfolgen. Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege spielen neben der Durchführung von Ernährungsscreenings auch in der Ernährungstherapie eine zentrale Rolle, weil sie einen intensiven Patientenkontakt haben (Meißner, Pahne, 2016).
3.4.1 Stufen der Ernährungstherapie
Die Frage nach der geeigneten ernährungstherapeutischen Maßnahme stellt sich, sobald der Verzehr der Patientin oder des Patienten nicht ausreicht, ihren oder seinen Bedarf an Mikro- und Makronährstoffen zu decken (Plauth, 2017). Bevor über den Einsatz einer künstlichen Ernährung entschieden werden kann, müssen alle anderen zur Verfügung stehenden nicht invasiven diätischen, pflegerischen und ärztlichen Maßnahmen zur Optimierung des Ernährungszustandes ausgeschöpft werden. Ein therapeutisches Stufenschema bildet die Basis der Abfolge von Ernährungstherapien (Löser, 2014).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Stufenschema der Ernährungstherapie (Löser, 2013)
Mit dem gemeinsamen Ziel, Mangelernährung vorzubeugen, Nahrungsdefizite auszugleichen und das Sicherstellen eines adäquaten Ernährungsstatus, wird die künstliche Ernährung grob unterteilt in parenterale und enterale Ernährung. Der Begriff „enteral“ kommt aus dem griechischen Wort „enteron“, was „den Darm betreffend“ bedeutet. Patientinnen und Patienten mit enteraler Ernährung werden über den Magen-Darm-Trakt mit speziellen Nährstoffen in Form von Trinklösungen oder über eine Sonde versorgt. Bei der letzten Stufe der Ernährungstherapie, einer parenteralen Ernährung, erfolgt die Zufuhr von Nährstoffen unter Umgehung der Verdauungsorgane. Die Nährstofflösung gelangt durch Infusionen intravenös in den Blutkreislauf (Al-Abtah et al., 2015, S. 722).
3.4.2 Enterale Ernährungstechniken
Für eine kurzzeitige enterale Ernährung, die zwei bis vier Wochen andauert, wird meist eine naso- und orogastrale bzw. -jejunale Sonde angewendet (Al-Abtah et al., 2015, S. 725). Eine nasogastrale Sondenernährung sollte zunächst bei allen akuten Erkrankungen erfolgen (Wirth, 2018). Diese Ernährungssonde wird über den Mund oder die Nase eingeführt und endet im Magen oder im Jejunum (Al- Abtah et al., 2015, S. 725).
Wenn die voraussichtliche Liegedauer der Ernährungssonde über vier Wochen beträgt, stehen zur langfristigen Sondenernährung vier Methoden zur Verfügung (Al-Abtah et al., 2015, S. 725):
Durch einen minimalen chirurgischen Eingriff wird die Sonde bei der perkutanen endoskopischen Jejunostomie (PEJ) über die Bauchdecke in das Jejunum eingeführt.
Bei der Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) wird im Rahmen einer Operation eine Sonde ins Jejunum gelegt.
Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ist einer der häufigsten und bekanntesten Methoden und wird im nachfolgenden Kapitel genauer beschrieben.
Die Verlängerung der PEG-Sonde ins Jejunum wird als Jet-PEG bezeichnet.
3.4.3 Medizinische und pflegerische Aspekte der PEG
Die Methode der perkutanen endoskopischen Gastrostomie wurde erstmals von Ponski und Gauderer 1980 beschrieben und wird seitdem stets weiterentwickelt. Heute stellt sie die Standardmethode der langzeitigen enteralen Ernährung dar (Wirth, 2018). Al-Abtah et al. definieren die PEG als künstlichen Zugang zum Magen, welcher mithilfe eines Gastroskops von außen durch die Bauchdecke gelegt wird (Al-Abtah et al., 2015, S. 510).
3.4.3.1 Indikationen und Kontraindikationen
Laut den Empfehlungen der DGEM sollte die Sondenernährung grundsätzlich initiiert werden, wenn die physiologische orale Nahrungsaufnahme über drei Tage unmöglich oder über zehn Tage unzureichend ist. Zusätzlich sollte die Verlaufsprognose positiv sein und sich die Betroffenen nicht in der terminalen Phase befinden (Wirth, 2018).
[...]
- Quote paper
- Viktoria Kallinger (Author), 2018, Leben und Sterben mit einer langfristigen enteralen Sondenernährung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/432721
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