Der Glaube an ein Leben nach dem Tode ist vielen Kulturen und Religionen gemeinsam. Der Mensch kann und will sich seine Nicht-Existenz nicht vorstellen. Der Tod ist für ihn ein Mysterium. Niemand weiß genau, was mit uns geschieht, wenn wir sterben, denn keiner ist zurückgekehrt, um davon zu berichten. Diese Ungewissheit ist beängstigend. Wieviel tröstlicher erscheint da die Erklärung, dass der Tod nicht nur unsere hiesige Existenz beendet, sondern gleichzeitig den Übergang in eine neue, andersartige Seinsform markiert. Und wie schön wäre es, könnte man diesen tiefen Einschnitt in das menschliche Leben schließlich ganz und gar umgehen, dem Tod ein Schnippchen schlagen und einfach ewig leben. Der Wunsch nach Unsterblichkeit ist verständlich, bekommt aber vor dem Hintergrund vieler Religionen geradezu ketzerische Züge und erscheint somit verwerflich. Dieses Verlangen, ebenso wie andere unterdrückte Sehnsüchte und der Glaube an die mystischen Kräfte des Blutes, vereinen sich in der Gestalt des Vampirs.
Ich möchte in meiner Arbeit zunächst die Entstehung des Vampir-Mythos aufzeigen und wie sich dieser Aberglaube, der sich durchaus auf logische Folgerungen aus der Lebenswirklichkeit unserer Vorfahren stützte, schließlich zu einer wahren Epidemie verselbständigte.
Das Betätigungsfeld des Blutsaugers wandelte sich jedoch endlich von der ärmlichen Bauernkate zur Literatur und der zombiehafte Untote aus dem Volksmärchen wurde zum Edelvampir des romantischen Romans und der „Gothic Literature“. Graf Dracula ist wohl der bekannteste Vertreter dieser Gattung und dass Bram Stoker mit seinem Werk und der Schöpfung dieses Erz-Schurken mehr gelungen ist als nur ein Schauerroman, wurde bereits von den Kritiker mehrer Jahrzehnte anerkannt und bestätigt.
Stoker benutzt in seinem Roman das Bild des Vampirs, um dem viktorianischen Publikum auf angemessen verschlüsselte Weise eine ganze Reihe anderer Themen nahe zu bringen. So lassen sich in seinem Roman, neben einem ausgeprägten sexuellen Potenzial auch die Anschauungen des Autors (und der viktorianischen Gesellschaft) zur Geschlechter- und Rollen-Problematik ablesen. Ebenso wie natürlich die Frage nach der Fluch oder Heil bringenden Unsterblichkeit. Stokers Roman verfehlt selbst heute, 103 Jahre nach seiner Veröffentlichung, nicht seine Wirkung, und der charismatische Bösewicht Dracula wurde verständlicherweise auch für ein anderes Medium entdeckt: den Film
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Macht des Blutes - Über die Wurzeln des Vampirglaubens
- Die Entwicklung des literarischen Vampirs bis hin zu Bram Stokers Dracula
- Die Erotik des Todes - Sexuelles Potential in Dracula
- Männlich oder weiblich? - Zur Geschlechterproblematik in Dracula
- Die Unsterblichkeit - Fluch oder Segen des Vampirs?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Bram Stokers "Dracula" und die gleichnamige Verfilmung von Francis Ford Coppola, um den Vampirmythos in seinen literarischen und filmischen Manifestationen zu untersuchen. Sie beleuchtet die Entstehung des Aberglaubens, die Entwicklung des Vampirs in der Literatur und den Einfluss des Werks auf die viktorianische Gesellschaft.
- Entstehung des Vampir-Mythos und seine Wurzeln in der Lebenswirklichkeit
- Entwicklung des literarischen Vampirs von Volksmärchen zum "Edelvampir" des Romantischen
- Sexuelle und geschlechtsspezifische Konnotationen des Vampirs in Stokers Roman
- Die Unsterblichkeit als Fluch oder Segen für den Vampir
- Vergleich zwischen Stokers Roman und Coppollas Verfilmung und deren unterschiedliche Interpretationen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel führt in die Thematik des Vampirs ein und beleuchtet den Wunsch nach Unsterblichkeit sowie die Rolle des Blutes im Vampirmythos. Es zeigt auf, wie der Vampir als eine Verkörperung unterdrückter Sehnsüchte und mystischer Kräfte gilt.
- Die Macht des Blutes – Über die Wurzeln des Vampirglaubens: Dieses Kapitel beleuchtet die mystische Bedeutung des Blutes in verschiedenen Kulturen und Traditionen und erklärt, wie die Angst vor Blut und der Tod zur Entstehung des Vampir-Aberglaubens führten.
- Die Entwicklung des literarischen Vampirs bis hin zu Bram Stokers Dracula: Dieses Kapitel zeichnet die Entwicklung des Vampirs in der Literatur nach, vom zombiehaften Untoten des Volksmärchens zum "Edelvampir" der romantischen Literatur. Es zeigt, wie der Vampir zum Symbol für gesellschaftliche Ängste und Tabus wurde.
- Die Erotik des Todes – Sexuelles Potential in Dracula: Das Kapitel analysiert die sexuelle Konnotationen des Vampirs in Stokers Roman und beleuchtet, wie das Werk die viktorianischen Ansichten über Sex und Erotik widerspiegelt.
- Männlich oder weiblich? - Zur Geschlechterproblematik in Dracula: Dieses Kapitel untersucht die Geschlechterrollen im Roman und die Frage, wie Stoker die Geschlechterkonflikte seiner Zeit in die Figur des Vampirs einfließen lässt.
- Die Unsterblichkeit - Fluch oder Segen des Vampirs?: Dieses Kapitel beleuchtet die ambivalenten Aspekte der Unsterblichkeit, die sowohl als Fluch als auch als Segen für den Vampir angesehen werden kann.
Schlüsselwörter
Vampir, Blut, Tod, Unsterblichkeit, Aberglaube, Dracula, Bram Stoker, Francis Ford Coppola, Viktorianismus, Sex, Erotik, Geschlechterrollen, Literatur, Film, Gothic Literature.
- Citation du texte
- Tanja Hamann (Auteur), 2000, Der Un-Tote - Eine Untersuchung anhand von Bram Stokers Dracula und der gleichnamigen Verfilmung von Francis Ford Coppola, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4318