Die Erkenntnis, dass die Integration von Nachhaltigkeit in alle Bildungsbereiche Deutschlands nicht ausschließlich über den Zweig der Umweltbildung erfolgen kann, zeigte sich Mitte der neunziger Jahre im Zuge der Debatte um Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Stattdessen ist der Versuch unternommen worden, durch Modellprogramme einen neuen und komplexen Ansatz der BNE in die Bildungsbereiche zu implementieren. Unter anderem aufgrund der Tatsache, dass sich die Ergebnisse nicht wie erhofft eingestellt haben, ist für den Zeitraum von 2005 bis 2014 die Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung von den Vereinten Nationen (UN) ausgerufen worden.
Auf nationaler Ebene ist im Zuge dessen in Deutschland ein Aktionsplan verabschiedet worden mit dem Ziel, „das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in allen Bereichen der Bildung in Deutschland dauerhaft zu verankern“. Die Ergebnisse dieser Dekade lassen sich insofern resümieren, als dass zwar „zahlreiche Initiativen und einige erfolgsversprechende, allerdings keine systematischen Ansätze ihrer strukturellen Verankerung“ zu erkennen sind.
Speziell auf den Bildungsbereich der Hochschule bezogen, konnten zwar ebenfalls vielfältige Projektbemühungen beobachtet werden, allerdings zeigte sich beispielsweise in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung, dass diese in den Hochschulen bis dato kaum vorhanden war. Von einer strukturellen Implementierung von Nachhaltigkeit konnte somit zu diesem Zeitpunkt nicht gesprochen werden.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich unmittelbar die für das Untersuchungsvorhaben dieser Arbeit zentrale Problemstellung: Sind durch die Fortführung der UN-Dekade in Form des Weltaktionsprogramms (WAP) Bildung für nachhaltige Entwicklung (2015-2019) strukturelle Verankerungen von BNE im Bildungsbereich der Hochschule erkennbar? Oder besteht weiterhin der überwiegende Projektcharakter, der bereits zum Ende der UN-Dekade im Jahr 2014 konstatiert wurde?
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Formelverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Fragestellung und forschungsmethodisches Vorgehen
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
2.1 Leitbild Nachhaltigkeit
2.1.1 Ursprung und Entwicklung des Leitbilds der Nachhaltigkeit auf globaler Ebene
2.1.2 Konkretisierung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf nationaler Ebene
2.1.3 Nachhaltigkeitsverständnis dieser Arbeit
2.2 Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
2.2.1 Umsetzung auf nationaler Ebene in Deutschland
2.2.2 Hochschulbildung für nachhaltige Entwicklung (HBNE)
2.2.3 BNE-Monitoring
3 Forschungsstand und zentrale Ergebnisse bisheriger Hochschulleitbilder- analysen
3.1 Relevanz von Hochschulleitbildern
3.2 Verankerung von Nachhaltigkeit in Hochschulleitbildern
4 Qualitative Inhaltsanalyse der Hochschulleitbilder
4.1 Bestimmung & Präzisierung des Ausgangsmaterials
4.1.1 Leitbilder - Grundlagen, Funktionen, Erwartungen und Anforderungen
4.1.2 Leitbilder in Hochschulen
4.1.3 Leitbilder deutscher Universitäten
4.2 Ablauf der Analyse
4.3 Kategorienbildung
5 Ergebnisse der Analyse der Hochschulleitbilder
5.1 Quantitative Ergebnisse
5.2 Qualitative Ergebnisse
6 Diskussion der Ergebnisse der Analyse der Hochschulleitbilder
7 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit
Abbildung 2: Beiträge von Hochschulen zu einer nachhaltigen Entwicklung (Rieck- mann, 2015, S. 7)
Abbildung 3: Phasen des BNE-Monitoringprozesses
Abbildung 4: Integrierendes Nachhaltigkeitsdreieck (Hauff & Kleine, 2014, S. 170)
Abbildung 5: Systematisierung der Hochschullandschaft in Deutschland in Anlehnung an Hubig (2009, S. 18)
Abbildung 6: Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) zur Darstellung des Auswahl- prozesses der Hochschulleitbilder
Abbildung 7: Ablaufschema der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016)
Abbildung 8: Qualitätskriterien der Inhaltsanalyse nach Krippendorff (1980, S. 158), zitiert nach Mayring (2015, S. 126)
Abbildung 9: Absoluter Anteil der Codierungen der Unterkategorien XXXIX
Abbildung 10: Häufigkeitsverteilung der Codierungen nach Universitäten XLI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Absolute und relative Häufigkeitsverteilung der Hochschularten in Deutschland für das WS 2017/2018
Tabelle 2: Ergebnisse der Gütekriterien der Intracoderreliabilität, der Intercoder- reliabilität und des Cohens Kappa
Tabelle 3: Nachhaltige Entwicklung in Deutschland in Anlehnung an Rogall (2013, S. 131)
Tabelle 4: Tabellarische Übersicht der internationalen und nationalen Indikatoren für die Verankerung von BNE innerhalb des Bildungsbereichs Hochschule (Brock, 2018a, S.27-34; Etzkorn & Singer-Brodowski, 2018, S. 191
Tabelle 5: Synoptischer Vergleich der Analysen von Hochschulleitbildern
Tabelle 6: Liste der Universitäten in Deutschland
Tabelle 7: Notwendige Modifizierungen der ursprünglichen Universitätenliste
Tabelle 8: Deduktiv-induktives Kategoriensystem der qualitativen Inhaltsanalyse
Tabelle 9: Codierergebnis aller Leitbilder des Korpus
Tabelle 10: Codierergebnis für die Universitäten mit erfolgter Codierung
Tabelle 11: Absolute und relative Häufigkeiten der Codierungen
Tabelle 12: Text-Retrieval für die Unterkategorie Allgemeinsprachliche Verwendung von Nachhalt*
Tabelle 13: Text-Retrieval für die Unterkategorien nachhalt*, Nachhaltig* Entwick- lung und Sustain*
Tabelle 14: Text-Retrieval für die Unterkategorien Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und Bildung für nachhaltige Entwicklung
Tabelle 15: Anzahl übereinstimmender Codierungen je Unterkategorie LI
Tabelle 16: Intracoderreliabilität und Intercoderreliabilität je Unterkategorie LI
Tabelle 17: Inhalt des beigefügten Datenträgers LIV
Formelverzeichnis
Formel 1: Formel zur Berechnung der Intracoderreliabilität und der Intercoder- reliabilität (Kuckartz, 2016, S. 215)
Formel 2: Exemplarische Ermittlung der Intercoderreliabilität der Unterkategorie Nachhaltig* Entwicklung
Formel 3: Exemplarische Ermittlung der Intercoderreliabilität für die gesamte Analyse
Formel 4: Allgemeine Ermittlung des Cohens Kappa (Kuckartz, 2016, S. 216) LII
Formel 5: Ermittlung des Cohens Kappa (K) für die Analyse dieser Arbeit LIII
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Bedeutung der Bildung als Äunerlässliche Voraussetzung“ (Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED), 1992, S. 329) für eine substanzielle Verankerung von Nachhaltigkeit ist spätestens seit der Agenda 21 anerkannt. Die Er-kenntnis, dass die Integration von Nachhaltigkeit in alle Bildungsbereiche Deutschlandsnicht ausschließlich über den Zweig der Umweltbildung erfolgen kann, zeigte sich Mitteder neunziger Jahre im Zuge der Debatte um Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).Stattdessen ist der Versuch unternommen worden, durch Modellprogramme (beispiels-weise 21 oder Transfer 21) einen neuen und komplexen Ansatz der BNE in die Bildungs-bereiche zu implementieren (Haan, 2018a, S. 13). Unter anderem aufgrund der Tatsache,dass sich die Ergebnisse auf nationaler sowie auf globaler Ebene nicht wie erhofft einge-stellt haben, ist für den Zeitraum von 2005 bis 2014 die Weltdekade Bildung für nachhal-tige Entwicklung von den Vereinten Nationen (UN) ausgerufen worden. Auf nationaler Ebene ist im Zuge dessen in Deutschland ein Aktionsplan verabschiedet worden, mit dem Ziel Ädas Konzept der nachhaltigen Entwicklung in allen Bereichen der Bildung in Deutschland dauerhaft zu verankern“ (Deutsche UNESCO-Kommission (DUK), 2011, S. 12). Die Ergebnisse dieser Dekade lassen sich in Bezug auf den Erfolg der Verankerung von BNE in Deutschland insofern resümieren, als dass zwar Äzahlreiche Initiativen und einige erfolgsversprechende allerdings keine systematischen Ansätze ihrer strukturellen Verankerung“ (Haan, 2018a, S. 17) zu erkennen sind. Speziell auf den Bildungsbereich der Hochschule bezogen, konnten zwar ebenfalls vielfältige Projektbemühungen beobachtet werden, allerdings zeigte sich beispielsweise in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung, dass diese in den Hochschulen bis dato kaum vorhanden war (Sassen, Dienes & Beth, 2014). Von einer strukturellen Implementierung von Nachhaltigkeit konnte somit zu diesem Zeitpunkt nicht gesprochen werden.
1.1 Problemstellung
Auf Grundlage dieser Ergebnisse ist die Notwendigkeit gesehen worden, im Anschlussan die UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2015 das gleichnamige UNESCO-Weltaktionsprogramm (WAP) zu initiieren. Durch dieses WAP Bildung für nachhaltige Entwicklung, welches nicht mehr von den UN direkt, sondern von der Unter-organisation UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur) in die Wege geleitet wurde, sollte BNE Ävom zeitlich befristeten Pro-jekt hin zu einer dauerhaften strukturellen Einbettung“ (DUK, 2014a, S. 4) entwickeltwerden.1 Im Zuge dessen wird der Bildungsbereich der Hochschule als Einrichtung für Forschung und Wissens-, beziehungsweise Kompetenzvermittlung als zentral bei der Umsetzung der BNE angesehen (Michelsen, 2011, S. 49). Das Handlungsfeld 3 des WAP(Kompetenzentwicklung von Lehrenden und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren2 )zielt diesbezüglich explizit auf eine bedeutsame Funktion der Hochschulen ab: Die Aus-bildung von sogenannten Multiplikatoren. Damit wird beabsichtigt, Schlüsselkompeten-zen von Pädagogen, Führungskräften und zukünftigen Experten, die in der Regel an Hochschulen ausgebildet werden, nachhaltigkeitsorientiert zu fördern (Rieckmann, 2012, S. 128-130). Umso bedeutender erscheint daher, den Projektcharakter von BNE in eine strukturelle Verankerung im Bildungsbereich der Hochschule zu verändern.Die Frage, die sich an dieser Stelle anschließt, ist, woran lässt sich eine strukturelle Verankerung von BNE festmachen? Es wird im Rahmen dieser Arbeit diesbezüglich die These formuliert, dass Hochschulen, die sich intensiv mit dem Konzept der Nachhaltigkeit auseinandersetzen und versuchen, BNE in sämtliche Prozesse ihrer Organisation zu implementieren, im Rahmen ihres Selbstverständnisses von ebendiesen Implementierungsbemühungen berichten. Eine solche Kommunikation des Selbstverständnisses von Hochschulen nach innen und außen wird grundsätzlich über die Formulierung und Verabschiedung von Leitbildern realisiert (Brinckmann, 1998).
Aus diesen einleitenden Ausführungen ergibt sich unmittelbar die für das Untersuchungsvorhaben dieser Arbeit zentrale Problemstellung: Sind durch die Fortführung der UN-Dekade in Form des Weltaktionsprogramms (WAP) Bildung für nachhaltige Entwicklung (2015-2019) strukturelle Verankerungen von BNE im Bildungsbereich der Hochschule erkennbar? Oder besteht weiterhin der überwiegende Projektcharakter, der bereits zum Ende der UN-Dekade im Jahr 2014 konstatiert wurde?
1.2 Fragestellung und forschungsmethodisches Vorgehen
Aus den vorangegangenen Beschreibungen und der Entwicklung der zentralen Problemstellung lässt sich das Ziel dieses Untersuchungsvorhabens ableiten. Es besteht allen voran darin, einen Einblick hinsichtlich der strukturellen Verankerung von Nachhaltigkeit in den Leitbildern deutscher Universitäten zu gewinnen. Diesbezüglich ist insbesondere die konzeptuelle und weniger die inhaltliche Verankerung von Nachhaltigkeit von Interesse. Im Zuge dieser Zielsetzung ergibt sich folgende Forschungsfrage:
- Inwiefern ist Nachhaltigkeit in den Leitbildern deutscher Universitäten konzeptu-ell verankert?
-ei einer differenzierteren Betrachtung sind folgende Teilfragen für eine weiterführende Diskussion zielführend:
- Wie unterscheiden sich die Leitbilder deutscher Universitäten im Hinblick auf diekonzeptuelle Verankerung von Nachhaltigkeit?
- Wie ausdifferenziert wird Nachhaltigkeit in den Leitbildern deutscher Universitä-ten thematisiert?
Die Beantwortung dieser Fragen erfolgt durch eine empirische Untersuchung. Es wirdeine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) beziehungsweise Kuckartz (2016)durchgeführt, mit dem Ziel, die Leitbilder deutscher Universitäten regel- und theoriege-leitet sowie systematisch im Hinblick auf diese Fragestellungen zu analysieren (Mayring,2015, S. 11-13). Als Untersuchungskorpus dienen die Leitbilder derjenigen deutschen Universitäten, die eine wirtschaftswissenschaftliche Fakultät aufweisen. Mit dieser Rest-riktion werden der Untersuchung gewisse Grenzen gesetzt, die jedoch erforderlich sind,um den Fokus der Arbeit zu wahren.
Die empirische Untersuchung beschränkt sich ausschließlich auf den Bereich der Hoch-schulbildung. Diese Entscheidung ist jedoch kein Indikator für eine Herabstufung der üb-rigen Bildungsbereiche in Bezug auf die Relevanz für die Implementierung von Nachhal-tigkeit, sondern ergibt sich ausschließlich aus dem Forschungsinteresse dieser Arbeit. Zu-dem beschränkt sich die Untersuchung auf die Analyse von Leitbildern. Daraus folgt,dass die Untersuchung weiterer Dokumentengruppen wie Nachhaltigkeitsberichte oder Modul- respektive Studiengangsbeschreibungen außer Acht gelassen wird. Um eine Ver-gleichbarkeit der Ergebnisse zu wahren, werden die Leitbilder von Fachhochschulen so-wie Universitäten ohne wirtschaftswissenschaftliche Fakultät ex ante von der Untersu-chung ausgeschlossen. Darüber hinaus beschränkt sich die Analyse auf einen einzigen Betrachtungszeitpunkt, um einen punktuellen Einblick in die strukturelle Verankerungvon Nachhaltigkeit im Bildungsbereich der Hochschule zu erhalten. Entwicklungslinienkönnen somit nicht aufgezeigt und nachgezeichnet werden und stehen folglich nicht im Fokus dieser Arbeit.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Analyse der Leitbilder deutscher Hochschulen hinsichtlich der Verankerung von Nachhaltigkeit ist mit mannigfaltigen Herausforderungen verbunden. Auf der einen Seitezeigt sich, dass der Begriff der Nachhaltigkeit im deutschen Sprachgebrauch etabliert istund auf vielfältige Art und Weise verwendet wird (Brand, 2013; Müller-Christ, 2013).Auf der anderen Seite wird der Begriff des Leitbilds ebenfalls ambivalent verwendet,sodass hierzu ebenfalls eine begriffliche Präzisierung vorzunehmen ist (Giesel, 2007).Somit ist zunächst im Rahmen dieser Arbeit darzulegen, was unter Nachhaltigkeit ver-standen wird. Diesbezüglich erfolgt im Rahmen des Kapitels 2 eine differenzierte Be-trachtung des Nachhaltigkeitsdiskurses. Im Abschnitt 2.1 wird geklärt, welchen Ursprungund welche Entwicklung dem Leitbild der Nachhaltigkeit auf globaler Ebene zuzuschrei-ben ist und wie diese Entwicklung auf nationaler Ebene in Deutschland konkretisiertwurde. Aus diesen Ausführungen wird das dieser Arbeit zugrundeliegende Nachhaltig-keitsverständnis aufgebaut. Daran anknüpfend erfolgt im Rahmen des Abschnitts 2.2 eine Auseinandersetzung mit dem pädagogischen Konzept der BNE. Hier wird der Versuchder strukturellen Implementierung von BNE in Deutschland skizziert. Der Fokus dieses Abschnitts 2.2 liegt im Folgenden auf der Hochschulbildung für nachhaltige Entwicklung(HBNE), um mit Blick auf die Forschungsfrage nachvollziehen zu können, welchen Bei-trag Hochschulen bei der Implementierung von nachhaltiger Entwicklung leisten können.In diesem Rahmen werden zudem die wesentlichen Inhalte zentraler Erklärungen bezüg-lich dieses Bildungsbereichs aufgezeigt. Daran anschließend wird erläutert, welche Schritte bereits unternommen worden sind, um das Ausmaß und die Qualität der Veran-kerung von Nachhaltigkeit im Rahmen von Monitoringvorhaben systematisch zu erfas-sen.
Das Kapitel 3 konzentriert sich auf wesentliche Arbeiten und Studien, die systematisch Hochschulleitbilder analysiert haben. Diesbezüglich erfolgt eine Differenzierung in der Darstellung der Studien. Zunächst werden diejenigen Studien vorgestellt, die sich schwerpunktmäßig mit der Relevanz von Hochschulleitbildern auseinandersetzen (Ab-schnitt 3.1). Im Anschluss werden Studien dargelegt, die analog zum Forschungsvorhaben dieser Arbeit explizit das Hauptaugenmerk auf die Verankerung von Nachhaltigkeit in Hochschulleitbildern legen (Abschnitt 3.2).
Die Methodik dieser Arbeit ist Inhalt des Kapitels 4. Hier wird eingangs das Ausgangs-material, welches der qualitativen Inhaltsanalyse zugrunde liegt, präzisiert (Ab-schnitt 4.1). Damit ist die Bewältigung einer der eingangs skizzierten zentralen Heraus-forderungen dieser Arbeit verbunden. Dieses zeigt sich konkret in der Bestimmung des Leitbildbegriffs und den damit verbundenen Funktionen. Der Fokus wird an dieser Stelleauf die Bedeutung von Leitbildern von Hochschulen gelegt, um im Anschluss transparentdarzulegen, welche Leitbilder deutscher Hochschulen den Korpus für die Analyse dieser Arbeit bilden. Zudem erfolgt in diesem methodisch fokussierten Kapitel eine Erläuterungdes Ablaufs der durchgeführten Analyse (Abschnitt 4.2). In diesem Zusammenhang wirdinsbesondere die Bildung der für die Analyse maßgeblichen Kategorien herausgestelltund deren Relevanz innerhalb des Abschnitts 4.3 gewürdigt, indem der Entwicklungspro-zess der Kategorienbildung detailliert dargelegt wird.
Im Anschluss werden im Rahmen des Kapitels 5 die Ergebnisse der qualitativen Inhalts-analyse präsentiert. Diese Ergebnispräsentation dient unter Bezugnahme auf die theoreti-schen Vorüberlegungen dieser Arbeit als Grundlage für eine unmittelbar anschließendedifferenzierte Diskussion der Ergebnisse (Kapitel 6). Im Zuge dieser Diskussion werdendie wesentlichen Ergebnisse dieser Arbeit einer Überprüfung durch Gütekriterien derqualitativen Inhaltsanalyse unterzogen. Im Anschluss werden die Ergebnisse kontextua-lisiert und kritisch reflektiert. Eine Schlussbetrachtung, in der die Beantwortung der For-schungsfragen und ein Ausblick für weiteren Forschungsbedarf gegeben wird, schließtdiese Arbeit in Kapitel 7 ab.
2 Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Grober (2013) hält in Bezug auf das Wort Nachhaltigkeit fest, dass es Äin das mediale Feuerwerk der Reklamesprache geraten“ (S. 16) sei. Demnach hat dieser Begriff einenfesten Platz in den Medien, in der Politik und in der Wirtschaft eingenommen. Er Äläuft in unserer Gesellschaft auf vollen Touren“ (Müller-Christ, 2013, S. 89). Die Verwendungdieses Begriffs erfolgt jedoch teilweise allgemeinsprachlich und nicht im Sinne des nor-mativen Leitbilds der Nachhaltigkeit. Diese Tatsache entspricht der Befürchtung des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) (2002, S. 57). Dieser hat frühzeitig er-kannt, dass die willkürliche Verwendung des Begriffs der Nachhaltigkeit dafür sorgt, dietatsächliche Bedeutung in den Hintergrund zu rücken. Brand (2013) spricht diesbezüglichdavon, dass das Leitbild durch die häufige unpräzise und willkürliche Verwendung zueiner ÄLeerformel“ (S. 19) verkommt und als Äreine Rhetorik“ (ebd.) entlarvt werdenkann. Um das normative Verständnis dieses Begriffs im Rahmen dieser Arbeit zu schär-fen, folgt zu Beginn eine Darstellung des Leitbilds der Nachhaltigkeit (Abschnitt 2.1).Daran unmittelbar anknüpfend (Abschnitt 2.2) erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), die als pädagogisches Konzept des Leitbildsder Nachhaltigkeit aufgefasst werden kann (Grundmann, 2017, S. 26).
2.1 Leitbild Nachhaltigkeit
Die Ausführungen von Grober (2013) legen nahe, dass eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit zunächst einer inhaltlichen Klärung bedarf. Aus diesem Grund erfolgt zunächst eine Skizzierung der historischen Entwicklung des Leitbilds der Nachhaltigkeit auf globaler Ebene (Abschnitt 2.1.1). Im Anschluss wird eine Konkretisierung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf nationaler Ebene in Deutschland vorgenommen (Abschnitt 2.1.2). Das Nachhaltigkeitsverständnis dieser Arbeit (Ab-schnitt 2.1.3) beruht auf diesen Ausführungen.
2.1.1 Ursprung und Entwicklung des Leitbilds der Nachhaltigkeit auf globaler Ebene
Der Ursprung nachhaltiger Entwicklung3 im deutschsprachigen Raum wird in der Litera-tur, beispielsweise bei Di Giulio (2004) respektive Grunwald und Kopfmüller (2012) inder Forstwirtschaft angesiedelt und den Ausführungen von von Carlowitz (1713, Wieder-veröffentlichung von 2000) zugesprochen. Dessen Idee zur Bewirtschaftung des Waldes lässt sich insofern als nachhaltig beschreiben, als dass nur so viel Holz geschlagen werdendurfte, wie durch planmäßige Aufforstung wieder nachwachsen kann, damit die nachfol-genden Generationen den Wald ebenfalls nutzen können (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 18-19).
In Bezug auf vergleichsweise neuere Nachhaltigkeitsdiskussionen nehmen die internati-onalen Debatten über die Umweltentwicklung, die Anfang der 1970er Jahre insbesonderedurch einen Bericht des Club of Rome4 (Meadows, Meadows, Randers, & Behrens, 1972)initiiert wurden, eine besondere Rolle ein: ÄThe basic behavior mode of the world systemis exponential growth of population and capital, followed by collapse“ (Meadows et al.,1972, S. 142). Obwohl sich diese zum Teil verheerenden Zukunftsszenarien nicht be-wahrheitet haben und der Bericht darüber hinaus konzeptionelle und methodische Schwä-chen aufweist, ist durch diese Aussagen dennoch erreicht worden, dass die Reziprozitätenzwischen der Ressourcenknappheit, dem Bevölkerungswachstum und der Umweltver-schmutzung den Diskurs bestimmt haben (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 20-21). In Anlehnung an Haan et al. (2008) lassen sich die Überlegungen des Club of Rome insofernin Bezug zum Nachhaltigkeitsverständnis des Oberhauptmanns von Carlowitz (2000)bringen, als dass beiden Ansätzen eine Äplanungsrationale Nachhaltigkeit“ (Haan et al.,2008, S. 67) zugeschrieben werden kann.
Aspekte der Umweltbelastungen wurden nicht nur in Organisationen, wie dem Club of Rome, diskutiert, sondern fanden auch in der Politik und in den Medien intensivere Be-achtung. Im Zuge dessen wurde im Jahr 1972 im schwedischen Stockholm die United Nations Conference on the Human Environment (UNCHE) und somit die erste große Umweltkonferenz der UN ins Leben gerufen, die als ein Initiator der Idee der nachhalti-gen Entwicklung charakterisiert werden kann. Im Rahmen der UNCHE wurde das Um-weltprogramm der UN gegründet (UNEP). Aus diesem Programm heraus bildete sicheine erste konkrete Idee, Umwelt- und Entwicklungsfragen parallel anzugehen. Diesersynthetische Ansatz von Umwelt- und Entwicklungsaspekten wurde unter dem Schlag-wort Ecodevelopment diskutiert und insbesondere durch Sachs (1977) folgendermaßengeprägt: ÄEcodevelopment is an approach to development aimed at: harmonizing socialand economic objectives with ecologically sound management, in a spirit of solidarity with future generations“ (zitiert nach Kidd, 1992, S. 12). Bereits in dieser Definition findet sich eine Dreidimensionalität (Ökonomie, Ökologie und Soziales) der Nachhaltigkeit wieder, die es im Folgenden zu präzisieren gilt.
Im Jahr 1983 wurde die World Commission on Environment and Development (WCED)gegründet, um sich den wachsenden ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Heraus-forderungen, die beispielsweise durch die zweite Ölpreiskrise oder die internationale Schuldenkrise offensichtlich wurden, zu stellen. Dieser Schritt lässt sich insofern als Mei-lenstein5 beschreiben, als dass aus dieser WCED die sogenannte Brundtland-Kommissionhervorging, deren Abschlussbericht das heutige Verständnis von nachhaltiger Entwick-lung in besonderer Weise geprägt hat und häufig als Grundlage für die Ableitung von Nachhaltigkeitsstrategien dient: ÄDauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Be-dürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihreeigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (Hauff, 1987, S. 46). Bereits in dieser Definition wird der intra- und intergenerationale Gerechtigkeitsaspekt der nachhaltigen Entwicklung thematisiert. Grunwald und Kopfmüller (2012, S. 53) halten in Bezug aufden Abschlussbericht fest, dass dieser die zwei vordergründigen Leitgedanken der Nach-haltigkeit, Gerechtigkeit und Zukunftsverantwortung, fokussiert. Somit wird der Begriffder Nachhaltigkeit nicht nur im Sinne eines planungsrationalen Prinzips verstanden, wiees beispielsweise bei von Carlowitz (2000) oder dem Club of Rome der Fall ist, sonderner umfasst Aspekte der gerechten Verteilung von Ressourcen innerhalb und zwischen den Generationen (Haan et al., 2008, S. 110-111). Eine kritische Betrachtung dieses Brundt-land-Berichts zeigt, dass die umfassende Akzeptanz dieser anthropozentrisch orientierten Forderungen für mehr Gerechtigkeit und einer größeren Verantwortung des Menschenaus den wenig konkretisierten Forderungen resultierten (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 24-25). Die oben genannten Leitgedanken wurden durch die Agenda 21 konkretisiert,die im Rahmen der Rio-Konferenz im Jahr 1992 von den 172 teilnehmenden Staaten ver-abschiedet wurde. In deren Präambel lässt sich bereits ebenfalls die Dreidimensionalitätdes Nachhaltigkeitsverständnisses erkennen (UNCED, 1992, S. 1). Diese Dreidimensio-nalität wird aus Veranschaulichungsgründen häufig in Form eines metaphorischen
Drei-Säulen-Modells dargestellt (Abbildung 1).
Diese Art der Darstellung der drei Nachhaltigkeitsdimensionen lässt sich durchaus kri-tisch betrachten. Grunwald und Kopfmüller (2012, S. 53-56) zufolge besteht beispiels-
Abbildung 1: Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Pufé (2014, S. 17)
weise die Gefahr, einzelne Dimensionen singulär zubetrachten und somit andere Dimensionen oder so-gar die zentralen Grundgedanken, Gerechtigkeit und Zukunftsverantwortung, aus den Augen zu verlie-ren. Zudem lässt sich argumentieren, dass diese Dar-stellung suggeriert, dass das Dach der Nachhaltig-keit einzig und allein von der mittleren Säule, der Wirtschaft, getragen werden könne, wenn diesestark genug sei (Pufé, 2014, S. 17). Es handelt sichsomit lediglich um partiale Optimierungsversuche,die jedoch keine Integration der einzelnen Dimensi- onen vornehmen (Ott & Döring, 2004, S. 35). Dennoch dient dieses Modell häufig als Basis für die Ableitung von Nachhaltigkeitsstrategien. Beispielsweise orientiert sich der klassische Triple Bottom Line Ansatz nach Elkington (1997) an dieser grundsätzlich gleichberechtigten Berücksichtigung der drei Zieldimensionen der Nachhaltigkeit (Kleine, 2009, S. 5). Aufgrund dieser Kritikpunkte werden alternative Formen der Visualisierung der Nachhaltigkeitsdimensionen bemüht, um insbesondere die Interdependenzen zwischen den Dimensionen adäquat darstellen zu können.6
Eine inhaltliche Konkretisierung dieser drei Nachhaltigkeitsdimensionen findet sich unter anderem bei Burschel, Losen und Wiendl (2004) sowie bei Hauff und Kleine (2014). Mit diesen drei Dimensionen gehen die folgenden zentralen Ziele einher (Burschel et al., 2004, S. 23; Hauff & Kleine, 2014, S. 18 sowie S. 20):
- Ökologische Nachhaltigkeit: ÄErhaltung des ökologischen Systems als anthropogene Lebensgrundlage“,
- Ökonomische Nachhaltigkeit: ÄAufrechterhaltung einer ausreichenden bzw. gewünschten Lebensqualität im Zeitablauf“ und
- Soziale Nachhaltigkeit: ÄErhalt des Sozialkapitals“.
In Bezug auf das Verständnis der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsdi-mensionen finden sich inhaltlich differenzierte und breite Diskussionen, auf die im Fol-genden kurz eingegangen wird (Hauff & Schiffer, 2013, S. 18). Der sozialen Dimensionder Nachhaltigkeit hingegen mangelt es an entsprechenden Diskussionen und Ausdiffe-renzierungen (ebd.).
Daraus, dass das ökologische System die Grundlage des menschlichen Lebens darstellt,folgt, dass das ökonomische und soziale System nicht ohne das ökologische System nach-haltig sein können (Majer, 2003, S. 937). In den Zusammenhang der ökologischen Nach-haltigkeitsdimension lässt sich die Kontroverse der starken oder schwachen Nachhaltig-keit einordnen.7 Die zentrale Frage hinter dieser Kontroverse besteht in der Art der Sub-stitution natürlicher Ressourcen. Sie orientiert sich zunächst an einer prinzipiellen Eintei-lung derjenigen Ressourcen, die den Menschen zur Bedürfnisbefriedigung zur Verfügungstehen (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 65). Diese Ressourceneinteilung wiederumknüpft an die Unterscheidung von unterschiedlichen Kapitalarten an (Mohr, 1997, S. 13).Demnach setzen sich die Ressourcen einerseits aus natürlichen Anteilen (beispielsweisenatürliche Rohstoffe, Luft, Boden etc.) und andererseits aus menschlich hergestellten An-teilen (beispielsweise Maschinen, Wissen etc.) zusammen. Vertreter der starken Nach-haltigkeit postulieren, dass natürliches Kapital nicht durch menschlich hergestelltes Ka-pital substituiert werden kann, sodass beide Teile komplementär zueinander betrachtetund separat erhalten beziehungsweise entwickelt werden müssen (Ott & Döring, 2004, S. 138-140). Vertreter der schwachen Nachhaltigkeit, die einer volkswirtschaftlich-ne-oklassischen Position zuzuordnen sind, nehmen hingegen an, dass natürliches Kapitaldurch Sachkapital substituiert werden kann. Stiglitz (1974, S. 123), als einer der entschei-denden Vertreter dieses Ansatzes, weist darauf hin, dass die Begrenzung durch natürliche Ressourcen überwunden werden kann. Dieses kann durch den technischen Fortschritt, die Substitution des natürlichen Kapitals durch menschlich erschaffenes Kapital und durch positive Skalenerträge erfolgen (ebd.). Im Brundtland-Bericht und in den Abschlussdokumenten der Rio-Konferenz ist in Bezug auf diese Kontroverse festzuhalten, dass sich hier keine grundsätzliche Entscheidung für oder wider eine dieser beiden Extrempositionen wiederfindet (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 66-67).
Im Rahmen der ökonomischen Dimension existiert eine bedeutende Kontroverse in Be-zug auf die Aussage, dass steigende wirtschaftliche Wachstumsraten notwendig sind(Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 68-75; Hauff & Kleine, 2009, S. 18-20). Demnachwird, unter anderem von inter- und supranationalen Organisationen wie der Organisationfür wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (2011) durch Green Growth, postuliert, dass wirtschaftliche Entwicklung mit einer Reduzierung des Ressour-cenverbrauchs und den Belastungen der Umwelt einherzugehen hat. Da insbesondere dastatsächliche politische Handeln der Industrienationen, die wiederum einen wesentlichen Anteil (circa 80 %) des weltweiten Energieverbrauchs und der Kohlenstoffdioxid(CO2)-Emissionen8 ausmachen, nicht mit diesen übergeordneten Zielen eines intelligen-ten, grünen Wirtschaftswachstums in Einklang zu bringen ist, wird an dieser Art der Wachstumspolitik starke Kritik von Vertretern der Ökologischen Ökonomie geübt (Grun-wald & Kopfmüller, 2012, S. 72-73). Folglich wird von diesen gefordert, dass primär der Materialdurchfluss einer Gesellschaft und die absolute Umweltbelastung zu reduzierensind (Daly, 1999, S. 52-69). Diese Ziele sollen insofern durch eine Anpassung des wirt-schaftlichen Wachstums erreicht werden, als dass ein Nullwachstum beziehungsweise so-gar eine Verringerung des Wachstums angestrebt wird (Daly, 2009, S. 39-40). Anzumer-ken ist an dieser Stelle, dass Daly (1999, S. 52-53) durchaus die Möglichkeit des Wachs-tums durch technischen Fortschritt sieht. Allerdings handelt es sich bei dieser grundle-genden Annahme um kein exponentielles, sondern um ein partiell mögliches Wirtschafts-wachstum.
Nach Burschel et al. (2004) sind die Vorstellungen der sozialen Dimension hingegenÄhäufig sehr vage“ (S. 23). Um dieser Tatsache entgegenzuwirken, wird versucht, diesoziale Dimension über verschiedene Ansätze zu erfassen (Mutlak & Schwarze, 2007, S. 13). Einen prominenten Ansatz stellt das Konzept der Grundbedürfnisse dar. Dieses postuliert einen gerechten Zugang zu den sozialen Grundgütern und wurde von Sen (1993) weiterentwickelt.9
Auf die Entwicklung des Leitbilds der Nachhaltigkeit zurückkommend, ist festzuhalten, dass im Anschluss an die Rio-Konferenz in regelmäßigen zehnjährigen Abständen weitere Weltgipfel, die als ÄRio-Folgeprozesse“ (Rogall, 2012, S. 52) bezeichnet werden, stattfanden. In der Folgekonferenz in Johannesburg im Jahr 2002 sind die sogenannten Milleniumsziele der UN konkretisiert worden. Hinter diesen Zielen, die bis zum Jahr 2015 hätten erreicht werden sollen, standen konkrete Nachhaltigkeitsforderungen, die insbesondere die Beseitigung der Armut in den Blick genommen haben (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 28-29; UN, 2002, S. 10-14).10
Durch die Darstellung einiger zentraler Meilensteine der nachhaltigen Entwicklung undeiniger wesentlicher Kontroversen innerhalb der Dimensionen der Nachhaltigkeit wirdeine wesentliche Eigenschaft des Diskurses über Nachhaltigkeit deutlich. Die Inhalte, dieauf den entsprechenden Konferenzen thematisiert werden und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen oder Aktionsprogramme sind nur von kurzer Dauer und erfor-dern eine permanente Evaluation und Modifikation, um sich den Gegebenheiten der welt-weiten Entwicklung anzupassen und sich an diesen auszurichten. Aus diesem Grund wirdim Kontext der Nachhaltigkeit häufig von einer regulativen Idee gesprochen. Dahintersteht die hberlegung, dass ÄIdeen […] keine Begriffe [sind], die einen Erfahrungsgegen-stand festlegen, sondern praktisch-regulierende Prinzipien“ (Michelsen & Adomßent,2014, S. 26).
Die hier skizzierten Meilensteine, die im Zuge der Implementierung von nachhaltiger Entwicklung relevant sind, können nur als Ausschnitt des tatsächlichen Entwicklungsver-laufs angesehen werden.11 Zudem ist bei diesen Meilensteinen und den damit verbunde-nen global ausgerichteten Zielen grundsätzlich zu beachten, dass diese je nach Regionausdifferenziert werden müssen, da divergierende Aspekte von besonderer Wichtigkeit sein können. Um die globalen Ziele in Bezug auf die nationale Ebene zu konkretisieren, erfolgt im nachfolgenden Abschnitt 2.1.2 eine Darstellung der wichtigsten Meilensteine der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland.
2.1.2 Konkretisierung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf nationaler Ebene
In Bezug auf die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland lassen sich in Anlehnung an Rogall (2013, S. 131) vier zentrale Meilensteine identifizieren (Anlage 2).So wird die Verankerung des Umweltschutzes im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) im Jahr 1994 und die damit verbundene Definition des Umweltschut-zes als Staatsziel als erster zentraler Meilenstein angesehen: ÄDer Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen […]“(Art. 20a GG). Der politischen Auseinandersetzung mit Themen der Nachhaltigkeitwurde insofern weitere Bedeutung beigemessen, als dass im Jahr 1998 ein Staatssekre-tärausschuss und ein Nachhaltigkeitsrat von der Bundesregierung eingesetzt worden sind.Unter Mitwirkung dieser Institutionen ist im Jahr 2002 die deutsche Nachhaltigkeitsstra-tegie verabschiedet worden, zu der in regelmäßigen Abständen eine Berichterstattung er-folgte. Für die Ausgestaltung dieser Strategie sind einerseits sogenannte Enquete-Kom-missionen, die vom Deutschen Bundestag eingesetzt wurden und andererseits wissen-schaftliche Beratungsgremien von besonderer Relevanz. Das hat zur Folge, dass das heu-tige Verständnis der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland insbesondere durch zweiwissenschaftliche Beratungsgremien geprägt wurde. Während der SRU seine Perspektiveinsbesondere auf die Umweltsituation in Deutschland ausgerichtet hat, fokussiert der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU),wie aus der Bezeichnung deutlich wird, globale Umweltaspekte.12 Letzterer hat den Be-griff der ÄGroßen Transformation“ (WBGU, 2011) geprägt. Hinter diesem Begriff stecktdie Annahme, dass der Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung einen gesamtgesellschaft-lichen Prozess des Lernens, Verstehens und Gestaltens erfordert (WBGU, 2011, S. 380).Daraus folgt, dass Technologien zwar dabei helfen können, den Weg hin zu einer nach-haltigen Entwicklung zu bestreiten, allerdings bedarf es vielmehr einem alle Gesell-schaftsbereiche betreffenden kritischen Hinterfragen der bestehenden ökonomischen Strukturen sowie der individuellen Lebensstile (WBGU, 2011, S. 87-116). Dass dieser transformative Charakter der Nachhaltigkeit sich mittlerweile auch in den höheren Ebe-nen der Politik etabliert hat, wird beispielsweise an den Ausführungen der Bundeskanz-lerin Merkel im Zuge der Rede bei der 17. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) am 29. Mai 2017 in Berlin deutlich. Sie verweist unter anderem da-rauf, dass mit der Agenda 2030 Äein umfassender Auftrag zur Transformation für alle Staaten und letztlich […] für jeden Einzelnen von uns“ (Merkel, 2017, o. S.) verbundenist.
2.1.3 Nachhaltigkeitsverständnis dieser Arbeit
Für das Nachhaltigkeitsverständnis dieser Arbeit sind drei Aspekte ausschlaggebend, dieim Folgenden kurz dargelegt werden. In den vorangegangenen Abschnitten 2.1.1 und 2.1.2 wurden die Entwicklung des Verständnisses von Nachhaltigkeit auf globaler Ebene skizziert sowie auf nationaler Ebene am Beispiel Deutschlands konkretisiert. In diesem Zusammenhang ist deutlich geworden, dass einerseits planungsrationale und andererseits gerechtigkeitssensitive Konzepte der Nachhaltigkeit zu unterscheiden sind. Das Nachhaltigkeitsverständnis dieser Arbeit berücksichtigt beide Konzepte, da eine faire Verteilung der Ressourcen, die für die Bedürfnisbefriedigung notwendig sind, eine Grundvoraussetzung für intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit darstellt.
Ein zweiter Aspekt, der für das Nachhaltigkeitsverständnis dieser Arbeit von besonderer Bedeutung ist, stellt die globale Sichtweise dar. Nach Kopfmüller et al. (2001, S. 143-151) handelt es sich hierbei aus mehrfacher Hinsicht um eine tragende Säule der nachhaltigen Entwicklung. Diese Notwendigkeit der Globalität ergibt sich zwangsläufig aus der Bedeutung des Leitbilds der Nachhaltigkeit. Ein Streben nach Gerechtigkeit innerhalb einer Generation erfordert zwangsläufig, den Blick auf andere Regionen der Welt, in denen beispielsweise große Armut herrscht, zu richten. Herausforderungen, die sich im Zuge einer nachhaltigen Entwicklung ergeben, sind nicht ausschließlich regional oder national zu lösen. Vielmehr sind sich global erstreckende Anstrengungen notwendig, um sich diesen Herausforderungen zu stellen: ÄKeine Nation vermag dies allein zu erreichen, während es uns gemeinsam gelingen kann: in einer globalen Partnerschaft im Dienste der nachhaltigen Entwicklung“ (UNCED, 1992, S. 1).
Der dritte Aspekt, der für das heutige Verständnis von Nachhaltigkeit zentral erscheint,ist der von dem WBGU (2011) eingeführte Begriff der Großen Transformation. Hinterdiesem Begriff steckt die Annahme, dass der Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung einen gesamtgesellschaftlichen Prozess des Lernens, Verstehens und Gestaltens erfordert (WBGU, 2011, S. 380).
Inwiefern die BNE dazu beitragen kann, etwaige gesamtgesellschaftliche Reflexionspro-zesse in Gang zu setzen und Individuen dazu zu befähigen, sich an der Gestaltung dernachhaltigen Entwicklung beteiligen zu können, wird im folgenden Abschnitt 2.2 darge-stellt.
2.2 Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Hinter dem Kürzel BNE steht ein Verständnis von Bildung für nachhaltiger Entwicklung,welches versucht, das Denken und Handeln von Menschen zukunftsfähig auszurichten(Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung (NPBNE), 2017, S. 7). Fol-gende exemplarische Fragestellungen geben einen ersten Einblick in das Verständnis von BNE (ebd.):
- ÄWie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationenoder in anderen Erdteilen?
- Welche Auswirkungen hat es beispielsweise, wie ich konsumiere, welche Fortbe-wegungsmittel ich nutze oder welche und wie viel Energie ich verbrauche?
- Welche globalen Mechanismen führen zu Konflikten, Terror und Flucht?“
Das übergeordnete Ziel von BNE besteht folglich darin, dass sich jedes Individuum bewusst ist und versteht, welche Effekte das eigene Handeln mit sich bringt und daraus sinnvolle und verantwortungsvolle Entscheidungen ableiten kann (ebd., S. 8). Inwiefern versucht wurde, dieses Konzept auf nationaler Ebene in Deutschland umzusetzen (Abschnitt 2.2.1) und welche Rolle explizit die Hochschulbildung für nachhaltige Entwicklung (HBNE) diesbezüglich einnimmt (Abschnitt 2.2.2), wird in den folgenden Abschnitten dargelegt. Zudem erfolgt eine prägnante Darstellung der Monitoringbemühungen in Bezug auf BNE in Deutschland (Abschnitt 2.2.3).
2.2.1 Umsetzung auf nationaler Ebene in Deutschland
Das Konzept der BNE ist eng mit der in Abschnitt 2.1.1 skizzierten historischen Entwick-lung der nachhaltigen Entwicklung und den daraus resultierenden zentralen Grundgedan-ken verknüpft (Michaelis, 2017, S. 101). Bildung wird demnach als einer der ÄGaranten für die Zukunftsfähigkeit“ (Kutt, 2006, S. 35) und somit als äußerst relevant für die Um-setzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit angesehen. Manifestiert wurde diese Relevanzder Bildung allen voran bereits in der Agenda 21: ÄBildung ist eine unerlässliche Voraus-setzung für die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und die bessere Befähigung der Menschen, sich mit Umwelt- und Entwicklungsfragen auseinanderzusetzen“ (UNCED,1992, S. 329). Der Versuch, BNE in Deutschland auf Basis des Leitbilds der Nachhaltig-keit in Bezug auf die Agenda 21 umzusetzen, lässt sich in drei Phasen unterteilen (Mi-chelsen, 2006, S. 23-27):
- Die reflexive Phase (1992-1998),
- die konstruktive Phase (1999-2004) sowie
- die expansive Phase (2005-2014).
Die reflexive Phase beinhaltete die Implementierung der BNE als Instrument der natio-nalen Umsetzungsstrategie und stellte eine Weiterentwicklung der Umweltbildung dar(Michelsen, 2006, S. 24-25). Die Umweltbildung wurde im Jahr 1971 als Thema des for-mellen Bildungssystems eingeführt und diente der Umsetzung der Umweltpolitik der da-maligen Bundesregierung (Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und For-schungsförderung (BLK), 1998, S. 10). Der von der BLK veröffentlichte Orientierungs-rahmen zur BNE verfolgte den Zweck, das Leitbild der Nachhaltigkeit als eine der zent-ralen zukünftigen Bildungsaufgaben zu verwirklichen. Dieser Orientierungsrahmen be-inhaltete inhaltliche Kernpunkte, Schlüsselqualifikationen und didaktische Prinzipien zur Umsetzung der BNE (ebd., S. 4-5).
Der anschließende Zeitraum von 1999 bis 2004, stellte die konstruktive Phase der natio-nalen Umsetzungsstrategie dar. Diese war hauptsächlich auf das Modellversuchspro-gramm 21 ausgerichtet (Michelsen, 2006, S. 26). Dieses Modellversuchsprogramm zielteauf die Verankerung der BNE in der Schule ab und sah beispielsweise eine konstruktive Veränderung von Lehr- und Rahmenplänen vor (BLK, 2005, S. 7; Haan, 2007a, S. 18).Die sogenannte expansive Phase in der Entwicklung der BNE auf nationaler Ebene in Deutschland fiel in den Zeitraum der UN-Weltdekade (2005-2014) und umfasste das BLK-Programm Transfer 21 (Michelsen, 2006, S. 26-27). Dieses Programm diente dem Implementierungsprozess der BNE auf Basis des vorangegangen Modellversuchspro-gramms 21. Der Fokus lag hierbei auf dem Transfer, insbesondere durch eine curriculare Integration der BNE und dem Konzept der Nachhaltigkeit (Haan, 2007a, S. 18). Einen zentralen Aspekt von Transfer 21 und damit Teil der nationalen Umsetzungsstrategiestellt das Konzept der Gestaltungskompetenz13 dar (Haan, 2007b). Unter Gestaltungs-kompetenz wird die Fähigkeit, ÄWissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können“, (ebd., S. 12) verstan-den.14 Konkret bedeutet dieses, Äaus Gegenwartsanalyse und Zukunftsstudien Schlussfol-gerungen über ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungen in ihrer wechsel-seitigen Abhängigkeit ziehen und darauf basierende Entscheidungen treffen, verstehenund […] umsetzen zu können“ (ebd.). Gestaltungskompetenz beschreibt somit ein Zu-sammenwirken diverser15 Schlüsselkompetenzen, welches die Kooperationsfähigkeit des Lerners und den Mut, selbstbestimmt und reflektiert zu handeln, fördert (Stoltenberg &Burandt, 2014, S. 576).16
Das pädagogische Konzept der BNE zur Förderung ebendieser Gestaltungskompetenz ist dabei unter anderem an folgenden didaktischen Prinzipien und Lernformen ausgerichtet (Haan, 2007a, S. 21-23; Künzli David, 2007, S. 55-75; Weinert, 2001):
- Authentische, wirklichkeitsnahe Probleme und Lernsituationen als Ausgangs-punkt,
- Anwendung des erworbenen Wissens,
- Partizipation der Schülerinnen und Schüler (Su S),
- situiertes Lernen und kooperatives Problemlösen,
- Mehrperspektivität in Bezug auf die Probleme und Aufgabenstellungen sowie
- selbstbestimmtes Lernen.
Kritisch ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Entwicklung und Evaluation von Kom-petenzmodellen in der BNE als Forschungsdesiderat bezeichnet werden kann (Michaelis, 2017, S. 3). Problematisch erscheint zudem, dass es für den Bereich der BNE kein ein-heitliches Kompetenzmodell gibt (Haan & Bormann, 2008, S. 8; Kutt, Meyer & Toepfer,2016, S. 389).
Im Jahr 2015 haben die UN die Agenda 2030 und damit einhergehend 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung veröffentlicht, die als Sustainable Development Goals (SDGs) bekannt geworden sind (UN, 2015b, S. 15). Insbesondere das Entwicklungsziel 4.7 zielt dabei auf die Absicht, BNE strukturell zu implementieren, ab:
Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qua-lifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderemdurch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Men-schenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Ge-waltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt unddes Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung. (ebd., S. 18)
Im selben Jahr wurde das UNESCO-WAP Bildung für nachhaltige Entwicklung zur Erreichung ebendieses Ziels ins Leben gerufen (DUK, 2014b, S. 32-39). Dieses fünfjährige Programm (2015-2019) hat als Ziel, langfristig einen systematischen Wandel der Bildungssysteme zu erreichen. BNE soll folglich nicht mehr als singuläres Projekt verstanden, sondern strukturell in den Bildungssystemen verankert und gewissermaßen vom Projekt in die Struktur gebracht werden (DUK, 2014a).17 Der Fokus liegt diesbezüglich auf fünf prioritären Handlungsfeldern (DUK, 2014b, S. 15):
- ÄHandlungsfeld 1 Politische Unterstützung: Integration des BNE-Konzepts in die Politik in den Bereichen Bildung und nachhaltige Entwicklung, um ein günstiges Umfeld für BNE zu schaffen und eine systemische Veränderung zu bewirken
- Handlungsfeld 2 Ganzheitliche Transformation von Lern- und Lehrumgebungen:Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in Bildungs- und Ausbildungskontexte
- Handlungsfeld 3 Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Multiplikatoren:Stärkung der Kompetenzen von Erziehern und Multiplikatoren für effektivere Er-gebnisse im Bereich BNE
- Handlungsfeld 4 Stärkung und Mobilisierung der Jugend: Einführung weiterer BNE-Maßnahmen für Jugendliche
- Handlungsfeld 5 Förderung nachhaltiger Entwicklung auf lokaler Ebene: Aus-weitung der BNE-Programme und -Netzwerke auf der Ebene von Städten, Ge-meinden und Regionen.“
Durch das BMBF ist eine Nationale Plattform, die wiederum im Jahr 2017 einen Natio-nalen Aktionsplan erstellt hat, errichtet worden, um sich diesen Herausforderungen aufnationaler Ebene zu stellen und die damit verbundenen Ziele erreichen zu können(NPBNE, 2017). Die DUK hält in Bezug auf den Wirkungsgrad der BNE fest, dass BNEÄgrundsätzlich alle Bereiche des formalen Bildungssystems wie auch der non-formalen Bildungsangebote und des informellen Lernens: das Lernen in Kindertageseinrichtungen,Schulen, Hochschulen, beruflichen Aus- und Weiterbildungsstätten sowie Kultureinrich-tungen oder Forschungsinstituten“ (DUK, 2011, S. 9-10) betrifft. Dementsprechend wer-den in diesem Nationalen Aktionsplan BNE alle oben genannten Bildungsbereichegleichrangig in den Fokus genommen und durch entsprechende Fachforen unterstützt(NPBNE, 2017).
Da in dieser Arbeit der Fokus auf der Analyse der Leitbilder deutscher Hochschulen hin-sichtlich der Verankerung von Nachhaltigkeit liegt, ist der Bildungsbereich der Hoch-schule bei der Umsetzung von BNE aus forschungspragmatischen Gründen von beson-derer Bedeutung. Aus diesem Grund wird im folgenden Abschnitt 2.2.2 der Bereich der Hochschule aus dem Aktionsplan extrahiert und dessen Rolle bei der Umsetzung der BNEin Deutschland skizziert.
2.2.2 Hochschulbildung für nachhaltige Entwicklung (HBNE)
Der Hochschule wird ebenso wie den Bildungsbereichen der frühkindlichen Bildung, der Schule und der beruflichen Bildung eine besondere Bedeutung bei der Umsetzung der BNE zuteil (Fadeeva & Mochizuki, 2010, S. 250; Michelsen, 2011, S. 49).18 Schneide-wind und Singer-Brodowski (2014) zeigen, dass sich Hochschulen dieser Bedeutung ge-wiss sind und sich als ÄKatalysator“ (S. 227) und somit als eine transformative Kraft hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft wirken. Gleichzeitig stellt das Konzept der Nachhal-tigkeit allerdings eine besondere Herausforderung für die Hochschulen, insbesondere in Fragen der Integration in Fragen der Lehre, dar (Otte, Prien-Ribcke & Michelsen, 2014, S. 183). Hochschulen wird aufgrund folgender Funktionen grundsätzlich die Fähigkeitzugeschrieben, diese Leistungen erfüllen zu können (Michelsen, 2011, S. 49; NPBNE,2017, S. 51):
- Vermittlungsinstanz für Kenntnisse, Kompetenzen und Werte die für die künftigeberufliche Tätigkeit eine wichtige Rolle spielen,
- Kompetenzentwicklung von Multiplikatoren,
- Wissens- und Innovationsgenerierung durch Forschung sowie
- Repräsentationsfunktion als Institution.
Die Entwicklung und Förderung der Gestaltungskompetenz von Multiplikatoren steht ne-ben der reinen Wissensvermittlung im Vordergrund (Barth, Michelsen, Rieckmann &Thomas, 2016, S. 1; Michelsen & Wells, 2017, S. 10).19 Für diesen Kompetenzaufbau ist,wie im vorangegangenen Abschnitt 2.2.1 gezeigt wurde, im Rahmen des WAP Bildungfür nachhaltige Entwicklung eigens ein Handlungsfeld eingerichtet worden, um struktu-relle Fortschritte erzielen zu können (DUK, 2014b, S. 20-21). Hierunter wird die nach-haltigkeitsorientierte Förderung von Schlüsselkompetenzen von Pädagogen, Führungs-kräften und zukünftigen Experten verstanden, sodass diese in der Lage sind, einen Beitragzur nachhaltigen Entwicklung zu leisten (Barth et al., 2007, S. 418-421; Bernecker, 2014, S. 9; Rieckmann, 2012, S. 128-130; Wiek, Withycombe & Redman, 2011, S. 205-206).Die Relevanz dieser Multiplikatoren wird dadurch untermauert, dass Führungskräfte inder freien Wirtschaft, die in der Regel an Universitäten ausgebildet werden, zentrale Wir-kungsfaktoren für das Lernen ihrer Mitarbeiter darstellen (Euler, 2010, S. 83). Aus die-sem Grund wird den Führungskräften die Aufgabe zugeschrieben, ihre Mitarbeiter per-sönlich zu entwickeln und zu schulen. Diese Relevanz wird durch empirische Studien (Kauffeld, 2006) belegt, sodass Nachhaltigkeit von Müller (2010) als Führungsaufgabe verstanden wird. Damit geht einher, dass eine Implementierung von Nachhaltigkeit in Unternehmen in denjenigen Fällen scheitert, bei denen es an einer entsprechenden Überzeugung der Führungskräfte fehlt. Um diesen Zirkelschluss zu vervollständigen, kann diese Überzeugung wiederum nur dann vorhanden sein, wenn die Führungskräfte in ihrer universitären Ausbildung die notwendigen Kompetenzen zur Nachhaltigkeit erworben haben (Müller, 2010, S. 327). Als Zwischenfazit hinsichtlich der Stellung der Hochschulen lässt sich festhalten, dass sie als Vermittlungsinstanz eine wichtige Funktion für die Kompetenzentwicklung von Multiplikatoren einnehmen.
Die Umsetzung nachhaltiger Entwicklung lässt sich durch die Entwicklung von Innova-tionen und neuen Technologien vorantreiben, sodass der Bereich der Forschung innerhalbder Hochschulen die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung darstellt. (Michelsen,2011, S. 49). Diesbezüglich zeigt sich, dass die Anzahl der Studien, die sich dem Bereichder HBNE zuordnen lassen, über die letzten Jahrzehnte signifikant zugenommen haben:HBNE Ähas become a diverse, significant and stable field of research“ (Barth & Rieck-mann, 2016, S. 111). Dennoch ist diesbezüglich einschränkend festzuhalten, dass vieledieser Studien rein deskriptiv und qualitativ nicht hochwertig sind und sich somit nichtals Anknüpfungs- und Orientierungspunkte für die Integration der nachhaltigen Entwick-lung in andere Hochschulen eignen (Barth & Thomas, 2012, S. 751).
Die Repräsentationsfunktion der Universität äußert sich dahingehend, dass Hochschulen,dem ganzheitlichen Ansatz der Nachhaltigkeit folgend, ihre eigenen Strukturen ebenfallsnachhaltig ausrichten (Müller-Christ, 2013, S. 97). Im Sinne eines ganzheitlichen Ansat-zes können Hochschulen dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung folgend organisiertsein, indem sie beispielsweise bei Entscheidungen in den Bereichen der Beschaffung, der Betriebsführung und dem Personalwesen Aspekte der Nachhaltigkeit maßgeblich einbe-ziehen (Michelsen, 2011, S. 49). Dadurch, dass Hochschulen dementsprechend mit einemguten Beispiel vorangehen, werden Spillover-Effekte auf andere Institutionen und Orga-nisationen erwartet (BMBF, 2004, S. 31).
Durch diese Vielzahl an unterschiedlichen Funktionen gelten Hochschulen als Äeiner der wichtigsten Hebel […], um den gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit zu befördern“ (NPBNE, 2017, S. 51). Die folgende Übersicht (Abbildung 2), fasst die verschiedenen Beiträge, die Hochschulen zu leisten haben, um die nachhaltigen Entwicklung zu fördern, prägnant zusammen (Rieckmann, 2015, S. 7):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Beiträge von Hochschulen zu einer nachhaltigen Entwicklung (Rieckmann, 2015, S. 7)
Im Folgenden wird kurz die Bedeutung der Institution der Hochschule für die Veranke-rung von Nachhaltigkeit herausgestellt, indem eine Reihe von nationalen und internatio-nalen Erklärungen und Programmen20, die die Relevanz der Hochschulen für die Imple-mentierung von Nachhaltigkeit herausstellten und hervorhoben, dargelegt wird (Michel-sen, 2011, S. 49). Auf Grundlage der im Zuge der in Rio verabschiedeten Agenda 21 istbeispielsweise die im Jahr 1994 in Genf verabschiedete Copernicus-Charta21 von zentra-ler Bedeutung für die Akzentuierung der Relevanz der Hochschule (UNCED, 1992, S. 329). Die Charta stellt eine Selbstverpflichtung der Hochschulen dar und konkretisiertals Aktionsprogramm die Forderungen der UNCED für den Hochschulbereich. In dieser Charta wird die Rolle der Hochschulen im Prozess der nachhaltigen Entwicklung be-stimmt. Aus dieser Rolle werden zehn konkrete Handlungsprinzipien, wie beispielsweisedie Weiterbildung von Beschäftigten, die Errichtung von Programmen zur Umweltbil-dung oder die Förderung der Interdisziplinarität abgeleitet (Copernicus, 1994). Mit diesen Handlungsprinzipien gehen vier prioritäre Ziele einher (Adomßent, Godemann & Michel-sen, 2005, S. 21; Copernicus, 1994):
- Die Integration von nachhaltiger Entwicklung in das gesamte System der Hoch-schule,
- die Initiierung interdisziplinär ausgerichteter Forschungsprojekte,
- die Ergebnisse der Forschungsprojekte den Entscheidungsträgern der Gesellschaft(Wirtschaft und Politik) zu präsentieren und
- Universitäten mit anderen Sektoren der Gesellschaft zusammenzubringen (lokal,national sowie gesamteuropäisch).
Eine weitere Erklärung, die die Rolle der Hochschulen bei der Umsetzung der nachhalti-gen Entwicklung unterstreicht, stellt das Bergen-Kommuniqué aus dem Jahr 2005 dar(Michelsen, 2010, S. 560). In diesem gemeinsamen Kommuniqué der europäischen Bil-dungsminister ist in Bezug auf die Einführung der europaweiten Bachelor- und Master-programme zur besseren Vergleichbarkeit der Abschlüsse festgelegt worden, dass nach-haltige Entwicklung ein zentrales Merkmal der als Bologna-Prozess bekannt gewordenen Reform darzustellen hat. So heißt es dem Wortlaut nach: ÄOur contribution to achievingeducation for all should be based on the principle of sustainable development” (Commu-niqué of the Conference of European Ministers Responsible for Higher Education, 2005, S. 4).
Die Bonner Erklärung aus dem Jahr 2009 ist auf der UNESCO-Weltkonferenz Bildungfür nachhaltige Entwicklung - Startschuss für die zweite Halbzeit der UN-Dekade verab-schiedet worden und knüpft an das Bergen-Kommuniqué an. Mit dieser Erklärung gehtein Appell an die Hochschulen einher, das Studienangebot im Sinne der nachhaltigen Entwicklung zu reformieren und den Weg für Innovationen22 in der Lehre zu bereiten(Michelsen, 2010, S. 557). Konkret heißt es, dass BNE Äeine neue Richtung für das Ler-nen und die Bildung aller Menschen“ (DUK, 2009, o. S.) vorgibt. Diese Erklärungen las-sen sich dahingehend zusammenfassen, dass eine intensivere Beschäftigung der Hoch-schulen mit Fragen der nachhaltigen Entwicklung angestrebt wird, wobei der Fokus jenach Erklärung divergiert (Michelsen, 2011, S. 49).
Die Relevanz der Hochschulen in Deutschland für die Umsetzung der BNE ist bereits im Jahr 1998 im Rahmen des BLK Orientierungsrahmens hervorgehoben worden (BLK, 1998, S. 55-59). In Anlehnung an die Copernicus Charta von 1994 ist für die deutschen Hochschulen anerkannt worden, dass diese an der Realisierung des Leitbilds der nachhal-tigen Entwicklung als Einrichtung der Forschung und Bildung mitzuwirken haben (ebd., S. 7). Im Jahr 2010 und somit innerhalb der UN-Dekade 2005-2014 erfolgte durch die Erklärung Hochschulen für nachhaltige Entwicklung, die in Zusammenarbeit der DUKund der deutschen Hochschulrektorenkonferenz (HRK) verabschiedet wurde, eine Kon-kretisierung dieser Aufgabe (DUK & HRK, 2010). Diese Erklärung enthält explizit die Aufforderung an die deutschen Hochschulen, die, in den vorherigen internationalen Er-klärungen herausgestellten, Ansätze Äweiter zu vertiefen, um Bildung für nachhaltige Entwicklung zu einem konstitutiven Element in allen Bereichen ihrer Tätigkeit zu entwi-ckeln“ (ebd., S. 3). Somit sollten sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wer-den (ebd.). Durch eine ganzheitliche Orientierung an dem Leitbild der NachhaltigkeitÄkönnen Hochschulen ihre tragende und leitende Rolle unter Beweis stellen und ihre Stel-lung als Zukunftswerkstätten für die gesellschaftliche Entwicklung weiter stärken“ (ebd., S. 3). An diese Erklärung knüpft das Memorandum Wissenschaft für Nachhaltigkeit. Der Durchbruch muss gelingen des Vorstands der DUK aus dem Jahr 2012 an (DUK, 2012).In diesem Memorandum wird die Wissenschaft unter anderem dazu aufgefordert, Äinter-und transdisziplinäre Forschung und Lehre durch Einführung entsprechender Indikatorenund regelmäßige Berichterstattung auf der Ebene von Fakultäts- und Hochschulleitungenzu stärken“ (ebd., o. S.). Zudem wurde im Jahr 2012 mit dem Agendaprozess Nachhal-tigkeit in der Wissenschaft (SISI) (Anlage 2) des BMBF die nachhaltigkeitsorientierte Umgestaltung der Hochschulen in Deutschland weiter forciert (Bassen, Schmitt & Ste-cker, 2017, S. 140).
Aktuelle Entwicklungen im Bereich der HBNE äußern sich in Bezug auf einen hochschulspezifischen Nachhaltigkeitskodex, der vom deutschen RNE initiiert wurde. Dieser Kodex, der sich aktuell in einer Testphase (Beta-Version) befindet, hat das Ziel, die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu simplifizieren und die Vergleichbarkeit und Transparenz in Bezug auf die Verankerung von nachhaltiger Entwicklung an deutschen Hochschulen zu erhöhen (RNE, 2016, S. 1-2).
Wie im Abschnitt 2.2.1 gezeigt wurde, werden die verschiedenen Bildungsbereiche im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung des WAP Bildung für nachhaltige Entwicklung durch entsprechende Fachforen unterstützend ausgearbeitet (NPBNE, 2017). Das Fachforum für den Bildungsbereich der Hochschule wiederum erarbeitet konkrete Ziele und Strategien, wie die Umsetzung der BNE in diesem Bildungsbereich erfolgreich vollzogen werden kann. In diesem Zusammenhang werden Best-Practice Beispiele23 herangezogen, um Anregungen zur weiterführenden Umsetzung zu vermitteln. Konkret sind diesbezüglich fünf Handlungsfelder für den Bereich der Hochschulbildung eröffnet worden (ebd., S. 51-67):
- ÄFinanzierungs- und Anreizsysteme der Hochschulen auf inhaltliche undstrukturelle Nachhaltigkeit und BNE ausrichten,
- Forschung und BNE systematisch anhand von Qualitätskriterien verknüp-fen,
- Eine diversifizierte Hochschullandschaft mit unterschiedlichen BNE-Pfaden sowie BNE-Pioniere und ‚Second Follower‘ fördern,
- Studierende und Absolventinnen und Absolventen als zentrale Gestalte-rinnen und Gestalter nachhaltiger Entwicklung ermutigen, unterstützenund ernsthaft partizipieren lassen [und]
- Transformative Narrative für BNE entwickeln.“
Inwiefern Versuche unternommen werden, Fortschritte in Bezug auf die strukturelle Implementierung von BNE systematisch in Form eines BNE-Monitorings zu überprüfen, wird im folgenden Abschnitt 2.2.3 skizziert.
2.2.3 BNE-Monitoring
Mit Bildungsmonitoring wird grundsätzlich das Ziel verfolgt, möglichst genaue Informa-tionen über die Makro- und Meso-Ebene des Bildungssystems zu generieren und den Akteuren der Bildungspolitik sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen (Döbert& Weishaupt, 2012, S. 158). Auf Grundlage dieser Informationen, sollen bildungspoliti-sche Prozesse geplant und gesteuert sowie fundierte gesamtgesellschaftliche Diskussio-nen zu entsprechenden Fragen der Bildung angestoßen werden (Seeber, 2017, S. 3).
In Bezug auf die strukturelle Verankerung von BNE ist ein Monitoring-Verfahren konzi- piert worden, dass systematisch den Grad dieses Implementierungsprozesses für die di-versen Bildungsbereiche in Deutschland untersucht. Anlass für diese Entwicklung ist dasübergeordnete Ziel, BNE substanziell im deutschen Bildungssystem zu implementierenund von zahlreichen Projekten hin zu einer strukturellen Verankerung zu gelangen (DUK,2014a; Haan, 2018a, S. 16-17). Zur Begleitung und Steuerung dieses Prozesses dient einumfängliches indikatorbasiertes Monitoring der BNE-Aktivitäten, welches vom Institut Futur der Freien Universität (FU) Berlin initiiert und durchgeführt wird (Haan,2018a, S. 19). Die Orientierung an Indikatoren zur Evaluation folgt dabei einem Trendim Bereich des Bildungsmonitorings, der im Folgenden in gebotener Kürze skizziert wird(Fitz-Gibbon, 2002; Motivans, 2005). Hinsichtlich der Verwendung von Indikatoren im Rahmen von Monitoringvorhaben ist zwischen quantitativ messbaren und qualitativen Indikatoren zu differenzieren (Haan, 2018a, S. 19-20). Im Rahmen von Veröffentlichun-gen zahlreicher nationaler und internationaler Bildungsmonitoringvorhaben werdenhauptsächlich quantitative Indikatoren herangezogen (ebd.). So finden sich beispiels-weise in den offiziellen Bildungsberichten der OECD Hinweise, dass eine der ÄHaupt-aufgaben [der OECD-Direktion Bildung und Kompetenzen] in der Entwicklung und Ana-lyse international vergleichbarer, quantitativer Indikatoren“ (OECD, 2017, S. 3) angesie-delt wird. Ein weiteres Beispiel für die Verwendung quantitativer Indikatoren stellt der Ländermonitor berufliche Bildung 201524 dar (Baethge et al., 2016). Die Indikatoren, diespeziell für den Bereich der BNE entwickelt wurden, sind vorrangig qualitativer Natur.25 Tilbury (2007) versteht diese qualitativen Indikatoren als Ädata in the form of observati-ons or descriptions” (S. 241). Konkret bedeutet dieses, dass Ävague indices, signs andsymptoms“ (Frønes, 2007, S. 8) als qualitative Indikatoren dienen können. Mit diesenqualitativen Indikatoren wird das Ziel verfolgt, kontextbezogen Auskünfte in Bezug auf Fragen nach der Art und Weise sowie der Ursache des Implementierungsgrads von BNE zu erlangen (Adomßent, Bormann, Burandt, Fischbach & Michelsen, 2012, S. 82; Mi-chelsen, Adomßent, Bormann, Burandt & Fischbach, 2011, S. 40). Bei dem Indikatoren-set, dass der Analyse dieser Arbeit26 zugrunde liegt (Anlage 3), handelt es sich nach Haan(2018a) um eine ÄNeuerung“ (S. 19-20) im Bereich der BNE-spezifischen Indikatoren-berichte, da erstmalig ein bildungsbereichsspezifischer Zuschnitt der Indikatoren vorge-nommen worden ist.27 Auch wenn mit Blick auf dieses Indikatorenset erkennbar ist, dassdie Leitbilder von Hochschulen nicht ausdrücklich als ein nationaler Indikator für den Bildungsbereich der Hochschule expliziert werden, bietet sich die Analyse der Leitbilderdeutscher Hochschulen dennoch an.28 Wie in den Abschnitten 4.1.1 und 4.1.2 deutlichwerden wird, dient das Leitbild als Instrument der internen und externen Kommunikationdazu, das Selbstverständnis und die Grundprinzipien einer Organisation zu verdeutlichen.Somit lässt sich die Analyse von Leitbildern dem Bereich des Whole Institution Ap-proach29 (WIA) zuordnen.
Das Erfordernis, das Bildungsmonitoring auf ein nachvollziehbares Set an Indikatoren zufußen, lässt sich durch zwei prioritäre Aspekte legitimieren (Brock, 2018a, S. 25). Einer-seits ist es notwendig, die Komplexität im Zuge der Implementierung von BNE zu redu-zieren (Braun-Thürmann, 2012, S. 19). Konkret bedeutet dieses, das Monitoring auf be-stimmte Dokumententypen und Merkmale zu fokussieren, um anhand dieser den kom-plexen Sachverhalt nachvollziehen zu können (Brock, 2018a, S. 25). Andererseits wirddurch die indikatorenbasierte Bildungsberichterstattung die Möglichkeit eröffnet, eine in-tertemporale Vergleichbarkeit herzustellen. Damit einhergehend können die Untersu-chungen repliziert werden und den Ansprüchen zentraler Gütekriterien30 der qualitativen Forschung wie beispielsweise der Reliabilität genügen (Döring & Bortz, 2016, S. 82-106;Kuckartz, 2016, S. 201-222; Lamnek, 2016, S. 141-180; Mayring, 2015, S. 123-129).Diese Notwendigkeit ist von politischer Seite insofern anerkannt worden, als dass bereits in der Zusammenfassung des Berichts der Bundesregierung zur BNE im Jahr 2005 artikuliert wurde, dass es Äfür die Fortführung und Weiterentwicklung der Berichterstattung erforderlich [ist], einen Satz von praktikablen Indikatoren zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung zu entwickeln, wie es auch die UNECE in ihrer Strategie zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung einfordert“ (Deutscher Bundestag, 2005, S. 45).31 Nicht zuletzt aus diesen Gründen sind klare Bemühungen erkennbar, die Berichterstattung in diesem Bereich auf transparenten Indikatoren aufzubauen.
Der unmittelbar vor diesem kurzen Exkurs zu den Indikatoren des BNE-Monitorings ein-geführte indikatorgestützte Monitoringprozess zur BNE setzt sich aus vier Phasen zusam-men, die anhand der folgenden Abbildung (Abbildung 3) nachvollzogen werden können:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Phasen des BNE-Monitoringprozesses
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Haan (2018a, S. 21-23)
In der ersten Phase ist in den Jahren 2016 und 2017 von Seiten des Instituts Futur der FUBerlin eine Dokumentenanalyse, eine sogenannte Desk Research durchgeführt worden.In diesem Zusammenhang sind bildungsbereichsspezifische Dokumente, die für BNE be-sonders relevant erscheinen, indikatorbasiert qualitativ inhaltsanalytisch untersucht wor-den (Haan, 2018a, S. 21). Auf die Ergebnisse dieser Phase, die bereits abgeschlossen undveröffentlicht worden sind, wird in Bezug auf den Bildungsbereich der Hochschule32 in Kapitel 6 eingegangen, wenn die zentralen Ergebnisse der Analyse dieser Arbeit disku-tiert und kontextualisiert werden.
Unmittelbar an die Dokumentenanalyse schloss eine zweite Phase, die von der qualitati-ven Befragung von Experten33 der BNE in Deutschland im Jahr 2017 geprägt war, an.Der Hintergrund dieser Befragungen lag in der Vermutung zentraler Hebelpunkte (le-verage points)34 innerhalb des Bildungssystems Deutschlands (ebd.). Durch diese Schlüs-selstellen soll möglichst effektiv eine systematischere und breitere Verankerung der BNEermöglicht werden. Zusätzlich wurde mit den Befragungen die Intention verbunden, Fak-toren zu identifizieren, die die Verankerung von BNE hemmen und diesen Hemmnissenentsprechend gezielt entgegenzuwirken (ebd.). Vorläufige Ergebnisse sind im Rahmeneines Workshops des zweiten Agendakongresses im November 2017 veröffentlicht unddiskutiert worden (DUK, 2017a). Die Veröffentlichung der abschließenden Ergebnissezu dieser Phase des BNE-Monitoringprozesses ist zeitnah auf der Homepage der DUKzum Monitoring der BNE angekündigt (DUK, 2018a).
Der Fokus der dritten Phase, an der im Frühjahr 2018 gearbeitet wird, liegt in einer quantitativen Studie von Lehr-Lern-Arrangements (Haan, 2018a, S. 21-22). Anhand repräsentativer Stichproben wird versucht, das Verbreitungsausmaß und die Güte der Verankerung von BNE bildungsbereichsspezifisch für alle Bildungsbereiche zu erheben. Zusätzlich zur quantitativen Erhebung wird qualitativ untersucht, wie BNE in den Bildungsbereichen praktiziert wird, um wiederum Aufschluss über förderliche und hemmende Faktoren für eine Implementierung von BNE geben zu können (ebd.).
Dieser BNE-Monitoringprozess wird durch eine erneute Desk Research im Jahr 2018 ab-geschlossen, um mithilfe eines Längsschnittes einen Entwicklungsprozess der Implemen-tation von BNE zwischen diesen beiden Phasen aufzeigen zu können (ebd., S. 22). Zudemwerden die Ergebnisse des gesamten Prozesses zusammengefasst und in Bezug auf wei-tere Verankerungsmöglichkeiten von BNE in Deutschland evaluiert (ebd.).Im Folgenden (Kapitel 3) liegt der Fokus auf der Darstellung des Forschungsstands undder zentralen Ergebnisse der Analyse von Hochschulleitbildern mit dem Schwerpunkt aufdie Verankerung von Nachhaltigkeit.
3 Forschungsstand und zentrale Ergebnisse bisheriger Hochschulleitbilderana-lysen
In diesem Abschnitt wird ein Überblick über den Forschungsstand der Analyse von Leitbildern an Hochschulen gegeben. Zunächst werden Studien angeführt, bei denen unterschiedliche Motivationen für die Untersuchung der Leitbilder von Hochschulen zugrunde liegen (Abschnitt 3.1). Im Anschluss werden neuere Studien skizziert, die das Hauptaugenmerk der Untersuchung auf die Frage nach der Verankerung von Nachhaltigkeit innerhalb der Hochschulleitbilder gelegt haben (Abschnitt 3.2).35
3.1 Relevanz von Hochschulleitbildern
Die analytische Auseinandersetzung mit der Relevanz von Leitbildern an Hochschulenhat zunächst in der englischsprachigen Forschungsliteratur Einzug gehalten. Eine erste Studie, die auf die Bedeutung von Hochschulleitbildern abzielt, stellt die Untersuchungvon Palmer und Short (2008) dar. In dieser Studie wurde der Zusammenhang zwischendem Inhalt der mission statements von 408 US-amerikanischen business colleges und der Performance dieser Wirtschaftshochschulen analysiert (ebd., S. 454). Aus methodischer Sicht erfolgte diese Untersuchung mithilfe der 8-item topology nach Pearce und David(1987).36 Demnach sind die jeweiligen mission statements strukturiert mithilfe einer Co-dierung von acht Schlüsselelementen (beispielsweise specification of target customersand markets) untersucht worden (Palmer & Short, 2008, S. 459-460). Die Untersuchunghat einerseits gezeigt, dass sich in Bezug auf den Inhalt der mission statements erhebliche Unterschiede erkennen lassen (ebd., S. 461). Andererseits konnte bezüglich der überge-ordneten Fragestellung regressionsanalytisch festgestellt werden, dass der Inhalt der mis-sion statements signifikant mit der Performance der business schools, die wiederum mit-hilfe einer quasi-balanced scorecard erhoben wurde, zusammenhängt (ebd., S. 462).
Eine andere methodische Herangehensweise, den Einfluss von mission statements von Organisationen auf die Performance analytisch zu untersuchen, findet sich in der eng-lischsprachigen Studie von Desmidt, Prinzie und Decramer (2011). In dieser Studie isteine Meta-Analyse in Form eines systematischen Literaturreviews durchgeführt worden (ebd., S. 468). Es sind alle empirischen Studien der letzten 20 Jahre, die den Zusammen-hang zwischen mission statements und der Performance von Organisationen untersuchthaben, identifiziert worden, um die Effektgröße dieses Zusammenhangs ermitteln zu kön-nen. Die Untersuchung hat ergeben, dass insgesamt ein geringer positiver Zusammenhangzwischen diesen Variablen festgestellt werden konnte (ebd., S. 476-480).In der deutschsprachigen Forschung ist die Auseinandersetzung mit Hochschulleitbildern Gegenstand jüngerer Vergangenheit. Im Folgenden werden exemplarisch vier deutsch-sprachige Studien vorgestellt. Kosmützky (2010) hat im Rahmen ihrer Dissertation so-wohl eine theoretische Betrachtung von Leitbildern als auch eine empirische Untersu-chung der Leitbilder von deutschen Hochschulen und Universitäten für die Jahre 2004und 2008 vorgenommen. Die Untersuchung erfolgte unter der übergeordneten Fragestel-lung, inwiefern sich Universitäten in die Richtung von unternehmerischen Organisatio-nen entwickelt haben. Aus quantitativer Sicht ist in Bezug auf die Leitbilder festgestelltworden, dass im Jahr 2004 etwa 50 % der staatlichen Fachhochulen Leitbilder veröffent-licht haben. Bei den Universitäten waren es für den gleichen Untersuchungszeitpunkt 38 % (ebd., S. 166-167). Für die qualitative Analyse dieser Leitbilder wurden für 2004insgesamt 98 Dokumente und für 2008 insgesamt 114 Dokumente herangezogen (ebd., S. 104). Aus methodischer Sicht orientierte sich Kosmützky (2010) an der induktiven Vorgehensweise der Grounded Theory nach Strauss und Corbin (1990) und an Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse und Typenbildung nach Kelle und Kluge (1999). Kosmützkys (2010) Erkenntnisse können insofern resümiert werden, als dass Ädie Leitbilder […] so allgemein formuliert [sind], dass sie die Hochschulbasis, also die einzelnen Mitarbeiter, nicht betreffen“ (Kuntz-Brunner, 2010, S. 17).
Im gleichen Jahr hat der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft37 die Ergebnisseeiner Studie veröffentlicht, die die Hochschulleitbilder in Deutschland verglichen hat(Meyer-Guckel & Mägdefessel, 2010). An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dasskeine Angaben zur methodischen Herangehensweise der Untersuchung gemacht werden.Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass für die Untersuchung die Leitbilder von allen Hochschulen in Deutschland für das Jahr 2010 herangezogen wurden.
[...]
1 Um dieses WAP Bildung für nachhaltige Entwicklung erfolgreich in Deutschland umsetzen zu können, ist vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Nationale Plattform als Steuerungselement dieses Implementierungsprozesses eingerichtet worden (Haan, 2018a, S. 17).
2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im folgenden Verlauf der Arbeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.
3 An dieser Stelle ist in Anlehnung an Michaelis (2017, S. 63-64) festzuhalten, dass bei genauer Betrach-tung zwischen den Begriffen Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung zu differenzieren ist. Währendmit Nachhaltigkeit ein Zielzustand angesprochen wird, beschreibt die nachhaltige Entwicklung den ent- sprechenden Prozess, der notwendig ist, um ebendiesen Zielzustand zu erreichen.
4 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass in dem Bericht des Club of Rome der Begriff Nachhaltigkeit be-ziehungsweise in der englischen Originalversion sustainability nicht explizit verwendet wird. Vielmehrwird ein global equilibrium, angeführt, dem ein ähnliches Grundverständnis zugesprochen werden kann wie dem heutigen Begriffsverständnis der Nachhaltigkeit (Meadows et al., 1972).
5 Um den Fokus dieser Arbeit nicht zu verlieren, werden an dieser Stelle ausschließlich die für das heutige Nachhaltigkeitsverständnis unverzichtbaren Meilensteine und deren zentrale Ergebnisse skizziert. Eineausführliche Schilderung der Etappen der nachhaltigen Entwicklung findet sich unter anderem bei Mi- chelsen (2006, S. 17-32), Michelsen und Adomßent (2014) oder Grunwald und Kopfmüller (2012, S. 18-30) und darüber hinaus in Form einer tabellarischen Übersicht bei Günther (2008, S. 41-44).
6 Bei Hauff und Kleine (2014, S. 159-180) finden sich entsprechende Systematisierungsansätze, beispiels-weise in Form des Integrierenden Nachhaltigkeitsdreiecks (Anlage 1). Dieser Ansatz versucht, die drei Dimensionen zusammenzuführen, um so den zuvor genannten Anforderungen nach Integration gerecht zu werden.
7 An dieser Stelle erfolgt eine prägnante Darstellung des wesentlichen Verständnisses der Extrema derstarken beziehungsweise schwachen Nachhaltigkeit. Eine umfassende Darstellung dieser Kontroversefindet sich unter anderem bei Grunwald und Kopfmüller (2012, S. 65-68) oder bei Hauff und Kleine (2009, S. 15-40).
8 An dieser Stelle ist anzumerken, dass bei einer ökologischen Bewertung nicht einzig und allein CO2 zubeachten ist. Andere Gase, wie beispielsweise Methan (CH4) oder Lachgas (N2O), wirken sich teilweisestärker auf die Treibhausbelastung aus, werden jedoch häufig in der öffentlichen Wahrnehmung vernach- lässigt (Lüdeke-Freund & Opel, 2014, S. 435).
9 Weitere Zugänge orientieren sich am Sozialkapital in Anlehnung an Bourdieu (1983), Coleman (1988)und Putnam (1993), am Transaktionskostenansatz im Rahmen der Neuen Institutionenökonomik (Scott,2006) oder an der Glücksforschung (Frey & Luechinger, 2007, S. 219-223). Eine ausführliche Konkreti- sierung dieser Zugänge findet sich beispielsweise bei Hauff und Kleine (2009, S. 20-23).
10 Inwiefern diese Ziele erreicht worden sind, ist diskutabel und im Rahmen dieser Arbeit nicht abschlie-ßend zu beantworten. Die UN (2015a) selbst sprechen einerseits von Ägroßen Erfolgen“ (S. 4) bei der Erreichung der Milleniumsziele, weisen aber andererseits daraufhin, dass Ädie Ärmsten und Schwächs- ten“ (S. 8) dennoch zurückbleiben, sodass beispielsweise bei der Beseitigung von Armut, insbesondere in den Entwicklungsländern weiterhin erheblicher Handlungsbedarf zu konstatieren ist.
11 Weiterführende und differenziertere Ausführungen würden den Fokus dieser Arbeit verschieben, können daher aber beispielsweise bei Burschel et al. (2004, S. 15-44) nachvollzogen werden.
12 Diese beiden Gremien unterscheiden sich de facto kaum noch, da die ausgesprochenen Handlungsemp-fehlungen in beiden Fällen auf lokales und globales Handeln ausgerichtet sind (Michaelis, 2017, S. 60).
13 Zu den unterschiedlichen konzeptionellen Ansätzen im Rahmen der BNE findet sich eine Übersicht bei Kastrup, Kuhlmeier, Reichwein und Vollmer (2012, S. 2-3).
14 Eine weiterführende und detaillierte Ausführung zur Gestaltungskompetenz findet sich bei Haan (2007b)oder Müller-Christ (2014, S. 53-56) und eine gezielte Aufarbeitung der Gestaltungskompetenz im Ver-hältnis der beruflichen Handlungskompetenz bei Michaelis (2017, S. 101-122) und Schreiber (2016, S. 84-110).
15 Nach Haan et al. (2008) werden diesbezüglich zwölf Schlüsselkompetenzen angeführt.
16 Es finden sich je nach Bildungsbereich unterschiedliche Schwerpunksetzungen der einzelnen Kompe-tenzausprägungen. Für den Bereich der frühkindlichen Bildung finden sich entsprechende Ausführungenunter anderem bei Stoltenberg und Thielebein-Pohl (2011), zur Grundschulbildung unter anderem bei Bertschy, Gingins, Künzli, Di Giulio und Kaufmann-Hayoz (2007), zur Hochschulbildung bei Barth, Godemann, Rieckmann und Stoltenberg (2007) oder Burandt und Barth (2010).
17 Michelsen und Rode (2012, S. 91) zeigen anhand einer empirischen Untersuchung, dass grundsätzlichein großes Potential besteht, diese Projekte für eine strukturelle Diffusion von BNE zu nutzen. Die Grund-lage dieser Untersuchung stellt die Gesamtheit derjenigen Projekte dar, die im Zeitraum der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung ins Leben gerufen wurden.
18 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass grundsätzlich kein Bildungsbereich im Rahmen der BNE explizithervorzuheben ist (Bernecker, 2014, S. 9). Zur Bedeutung der übrigen Bildungsbereiche finden sich ent-sprechende Ausführungen unter anderem bei Davis (2015) zur Frühkindlichen Bildung, KMK und DUK (2007) zur Schule, Mohoric (2014) zur Beruflichen Bildung und Hamborg (2018) zur non-formalen, informellen Bildung.
19 Müller-Christ (2014, S. 55) weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass dafür ein Wandelder Fokussierung der Lehre der Hochschule erforderlich ist. Damit geht einher, dass das Hauptaugenmerkbislang auf der Wissensvermittlung lag und ein Wandel hin zur Implementierung der Gestaltungskom- petenz erforderlich ist. Gleichzeitig wird angemerkt, dass es sich diesbezüglich um ein Unterfangen mit sehr hohem Anspruch handelt (ebd.).
20 Eine ausführliche Darstellung der internationalen Erklärungen und Programme zur BNE im Bereich der Hochschulbildung findet sich bei Michelsen (2016, S. 42-43). Zusätzlich finden sich hier Übersichtender existierenden Netzwerke von Hochschulen und Studierenden in Bezug auf BNE (ebd., S. 46-49).
21 Das CO-operation Programme in Europe for Research on Nature and Industry through Coordinated University Studies (Copernicus) stellt ein europäisches Hochschulnetzwerk für Nachhaltigkeit dar und ist1988 von der Conference of European Rectors ins Leben gerufen worden (Copernicus, 1994, o. S.). Mi- chelsen (2010) beschreibt dieses Vorhaben Äals Orientierung bei der Suche von Hochschulen nach Wegen der Integration von Prinzipien der Nachhaltigkeit in ihre Aufgabenbereiche“ (S. 558).
22 Exemplarische Innovationsmöglichkeiten für den Bereich der Lehre im Kontext nachhaltiger Entwick-lung finden sich unter anderem bei Arnold (2014), Hauff und Jörg (2017, S. 178-190), Isenmann und Zollner (2014), Michelsen und Burandt (2017), Schwinger (2014), Weißköppel (2014) sowie Wilde (2014).
23 Im Kapitel 6 wird die Orientierung an Best-Practice-Beispielen im Zuge der Umsetzung von BNE weiterausgeführt.
24 In diesem Bericht heißt es, dass Ädie Suche nach geeigneten Indikatoren […] am ehesten bei Indikatorenzum quantitativen Versorgungsgrad mit Ausbildungsangeboten zwischen den Ländern erfolgsverspre-chend“ (Baethge et al., 2016, S. 16) erscheint. Es ist an dieser Stelle bemerkenswert, dass in einem der nachfolgenden Berichte, dem Ländermonitor berufliche Bildung 2017 die ÄGrenzen des Konzepts der Konzentration auf indikatorisierte quantitative Daten“ (Seeber et al., 2018, S. 14) anerkannt werden. Aus diesem Grund erfolgt eine Erweiterung des methodischen Konzepts um qualitative Indikatoren, die beispielsweise aus empirischen Studien generiert werden (ebd.).
25 Adomßent, Bormann, Burandt, Fischbach & Michelsen (2012, S. 82) weisen diesbezüglich darauf hin, dass qualitative Indikatoren im Rahmen des BNE-Monitorings nicht substituierend, sondern komplementär zu quantitativen Indikatoren zu verstehen sind.
26 Eine tabellarische Übersicht des gesamten bildungsbereichsübergreifenden Indikatorensets zur Verankerung von BNE findet sich bei Brock (2018a, S. 27-34).
27 Die Aussage, dass es sich um eine Neuerung handelt, ist insofern zu relativieren, als dass sich bereits bei Michelsen et al. (2011) bildungsbereichsspezifische Ausführungen zu den jeweiligen Indikatoren für BNE finden.
28 Wie in den Abschnitten 3.2 und 4.3 näher ausgeführt wird, sind die Leitbilder deutscher Hochschulen im Rahmen dieses BNE-Monitoringprozesses explizit ein zentrales Dokument des Bildungsbereichs der Hochschule (Etzkorn & Singer-Brodowski, 2018, S. 191-192).
29 Dieser Ansatz steht für ein Konzept, welches die gesamte Bildungsinstitution, in diesem Fall die Hochschule, in den Bildungsansatz einbezieht und eine umfassende an BNE orientierte Reorganisation der entsprechenden Bildungseinrichtung vorsieht (Erben & Haan, 2014, S. 26).
30 Ausführungen zu den Gütekriterien qualitativer Forschung in Bezug auf die qualitative Inhaltsanalyse dieser Arbeit finden sich in Kapitel 6.
31 Die Gründe für diese Schlussfolgerung sind darin zu sehen, dass diejenigen Berichte der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung, die bis zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht worden sind, nicht auf der Verwendung von Indikatoren basieren (Adomßent et al., 2012, S. 82).
32 Für die frühkindliche Bildung finden sich die Ergebnisse dieser Phase bei Singer-Brodowski (2018), für den Bildungsbereich der Schule bei Brock (2018b), für die duale berufliche Ausbildung bei Otte und Singer-Brodowski (2018) und für die Kommunen bei Brock (2018c).
33 An dieser Stelle ist anzumerken, dass lediglich angeführt wird, dass Experten ein systematisches undprofessionelles Überblickswissen in einem speziellen Handlungsfeld aufweisen, aber nicht expliziertwird, wer beispielsweise als Experte in einem spezifischen Bildungsbereich gilt und wer dementspre- chend befragt wurde.
34 Der Begriff leverage-Effekt stammt ursprünglich aus der Finanzwirtschaftslehre und beschreibt in An-lehnung an das physikalische Gesetz der Hebelwirkung die Steigerung der erwarteten Rendite auf daseingesetzte Eigenkapital durch Verschuldung (Schmidt & Terberger, 1997, S. 244). Verallgemeinert be- deutet dieser Effekt, dass marginale Veränderungen einer unabhängigen Variable zu erheblichen Auswirkungen der abhängigen Variable führen.
35 Im Anhang (Anlage 4) findet sich ein synoptischer Vergleich der wesentlichen Aspekte der in diesem Kapitel 3 angeführten Studien zur Analyse von Hochschulleitbildern.
36 Diese ist vergleichbar mit der in dieser Arbeit herangezogenen Methode der qualitativen Inhaltsanalyse(Kapitel 4).
37 In Bezug auf die Ergebnisse der Studie des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft ist anzumer-ken, dass das entsprechende Dokument derzeit nicht auf der Website des Stifterverbands für die Deut-schen Wissenschaft zum Download angeboten wird. Um im Rahmen dieser Arbeit dennoch auf die Er- gebnisse dieser Studie zurückgreifen zu können, findet sich das entsprechende Dokument (Meyer-Guckel & Mägdefessel, 2010) auf dem beiliegenden Datenträger (Anlage 22). Das Dokument wurde auf Anfrage vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft zur Verfügung gestellt.
- Citation du texte
- Jens Rakers (Auteur), 2018, Analyse der Leitbilder deutscher Hochschulen im Hinblick auf die Verankerung von Nachhaltigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/431798
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