Kolumbien ist, schaut man die Ressourcenmenge, die demokratische Verfassung und die geringe Einwohnerdichte an ein Land, in dem die Gegebenheiten für einen dauerhaften Frieden gegeben sind. Doch die Realität sieht anders aus. Es herrscht seit Jahrzenten ein grausamer Bürgerkrieg. Kolumbien weist die höchste Mordrate der Welt auf. Seit den 90er Jahren werden jährlich 25.000 Menschen erschossen. Die Mordrate liegt damit fast zwanzigmal über der Deutschlands. Über die Ursachen dieses extrem hohen Gewaltniveaus wird in der Literatur heftigst diskutiert. Immer öfter wird von einer eigenen Gewaltkultur gesprochen. In dieser Arbeit sollen jedoch nicht die Ursachen des Konflikts thematisiert werden, sondern der Blick ist auf die Aussichten für eine Beendigung der Gewalt gerichtet.
Viele Menschen in Kolumbien sind des Kriegzustands müde, und so häufen sich in den letzten Jahren die Stimmen, die eine Beendigung der Gewalt und den Frieden fordern. Unter dem jetztigen Präsidenten, Andrés Pastrana, ist sodann auch ein Friedensprozess in Gang gekommen, dessen Erfolg oder Mißerfolg jedoch noch ungewiß ist.
Hier soll nun untersucht werden, ob die Bedingungen zur Einrichtung und Konsolidierung eines stabilen Friedens in Kolumbien überhaupt gegeben sind. Dies geschieht anhand der Bedingungen, die Krumwiede in seinem Buch über Regulierungsmöglichkeiten von Bürgerkriegen aufzählt. Wobei vom traditionellen Bürgerkriegsbegriff, der einen bewaffneten Konflikt zwischen den regulären Streitkräften und militärisch ausgerüsteten Gruppen oder Gliedstaaten bezeichnet, abgewichen werden muß. Fischer folgend, wird “die spezifisch kolumbianische Situation gewaltsamer Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Organisationen und sozialen Gruppen [...]als Bürgerkrieg bezeichnet”, in der der Staat nicht mehr den alleinigen Referenzpunkt darstellt. Im Gegensatz zu Krumwiede definiert Fischer einen “modernen” Bürgerkrieg.
Bevor jedoch die Bedingungen besprochen werden können, ist es notwendig, kurz über das Konfliktgeschehen, die Hauptakteure und den Friedensprozess zu informieren.
Die Schlußfolgerungen sollen dann nochmals kurz die Ergebnisse zusammenfassen, einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung wagen und Vorschläge für die Einflußnahme externer Akteure vorstellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Konfliktgeschichte und Konfliktakteure
2.1 Das Konfliktgeschehen
2.2 Die Hauptakteure
2.3 Der Friedensprozess
3. Bedingungen für Einrichtung und Konsolidierung eines stabilen Friedens
3.1 Zustimmung aller relevanten Gewaltakteure zum Friedensabkommen
3.2 Staatliches Gewaltmonopol
3.3 Rechtsstaatliche Strukturen
3.4 Gewährleistung demokratischer Partizipation
3.5 Soziale Gerechtigkeit?
3.6 Kein Veto eines wichtigen externen Akteurs
4. Schlußfolgerungen
5. Literatur:
1. Einleitung
Kolumbien ist, schaut man die Ressourcenmenge, die demokratische Verfassung und die geringe Einwohnerdichte[1] an ein Land, in dem die Gegebenheiten für einen dauerhaften Frieden gegeben sind. Doch die Realität sieht anders aus. Es herrscht seit Jahrzenten ein grausamer Bürgerkrieg. Kolumbien weist die höchste Mordrate der Welt auf. Seit den 90er Jahren werden jährlich 25.000 Menschen erschossen. Die Mordrate liegt damit fast zwanzigmal über der Deutschlands.[2] Über die Ursachen dieses extrem hohen Gewaltniveaus wird in der Literatur heftigst diskutiert.[3] Immer öfter wird von einer eigenen Gewaltkultur[4] gesprochen. In dieser Arbeit sollen jedoch nicht die Ursachen des Konflikts thematisiert werden, sondern der Blick ist auf die Aussichten für eine Beendigung der Gewalt gerichtet.
Viele Menschen in Kolumbien sind des Kriegzustands müde, und so häufen sich in den letzten Jahren die Stimmen, die eine Beendigung der Gewalt und den Frieden fordern. Unter dem jetztigen Präsidenten, Andrés Pastrana, ist sodann auch ein Friedensprozess in Gang gekommen, dessen Erfolg oder Mißerfolg jedoch noch ungewiß ist.
Hier soll nun untersucht werden, ob die Bedingungen zur Einrichtung und Konsolidierung eines stabilen Friedens in Kolumbien überhaupt gegeben sind. Dies geschieht anhand der Bedingungen, die Krumwiede in seinem Buch über Regulierungsmöglichkeiten von Bürgerkriegen[5] aufzählt. Wobei vom traditionellen Bürgerkriegsbegriff, der einen bewaffneten Konflikt zwischen den regulären Streitkräften und militärisch ausgerüsteten Gruppen oder Gliedstaaten bezeichnet, abgewichen werden muß. Fischer folgend, wird “die spezifisch kolumbianische Situation gewaltsamer Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Organisationen und sozialen Gruppen [...]als Bürgerkrieg bezeichnet”, in der der Staat nicht mehr den alleinigen Referenzpunkt darstellt. Im Gegensatz zu Krumwiede definiert Fischer einen “modernen” Bürgerkrieg.
Bevor jedoch die Bedingungen besprochen werden können, ist es notwendig, kurz über das Konfliktgeschehen, die Hauptakteure und den Friedensprozess zu informieren.
Die Schlußfolgerungen sollen dann nochmals kurz die Ergebnisse zusammenfassen, einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung wagen und Vorschläge für die Einflußnahme externer Akteure vorstellen.
2. Konfliktgeschichte und Konfliktakteure
2.1 Das Konfliktgeschehen
Die gewaltsamen Auseinandersetzungen, die in Kolumbien in dieser Form schon seit dem kolumbianischen Bürgerkrieg (ab 1948) schwelen, lassen sich in drei verschiedene Typen einteilen.[6] Zum ersten die sozialen und politischen Konflikte, die v.a. auf dem Land ausgetragen werden. Hierbei geht es in erster Linie um die Verteilung von Land und um die Nutzung von Bodenschätzen, wie z.B. Erdöl. Die verschiedenen Guerillagruppen vertreten die Interessen der armen Landbevölkerung sowie der städtischen Unterschichten. Die andere Seite, die Großgrundbesitzer, Bauern mit mittlerem Landbesitz und Wirtschaftsunternehmen, werden von paramilitärischen Organisationen vertreten.
Die zweite Ursache der vielen Toten ist der Konflikt zwischen den marginalisierten städtischen Unterschichten und den mestizischen und weißen Oberschichten. In der 50er Jahren setzte eine starke Urbanisierung ein, weil zunehmend Kleinbauern und Landarbeiter durch die Paramilitärs von ihrem Land vertrieben wurden und ihnen nur noch der Weg in die Städte blieb. Die Städte konnten jedoch nicht genug Arbeit bieten und der informelle Sektor, das Betteln und die Straffälligkeit nahm rasant zu. Bei den mittleren- und oberen Schichten löst dies Angstreaktionen aus. Soziale Säuberungen (limpieza social)[7] in den armen Vierteln der größeren Städte sind nur eine, der dadurch ausgelösten Gewaltreaktionen.
Der dritte Konfliktherd ist der Konflikt zwischen dem organisierten Verbrechen, in Kolumbien v.a. in Verbindung mit Drogenhandel, und dem Staat. Diese Auseinandersetzung, die Ende der 80er begann, wird auch als “Drogenkrieg” bezeichnet. Die Drogenbosse/-kartelle schaffen sich den rechtsfreien Raum, den sie brauchen, mit Hilfe eigens dafür ausgebildeter, paramilitärischer Gruppen und bezahlter Killer.
2.2 Die Hauptakteure
Die Guerilla:
Die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo, dt.: Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens - Volksarmee)ist die größte der kolumbianischen Guerillaorganisationen und wurde 1966 gegründet. Sie hat ihre Wurzeln in den liberalen bäuerlichen Selbstverteidigungsgruppen während der “Violencia”[8], d.h. die FARC ist als Selbstschutzorganisation entstanden. Ideologisch orientierte sie sich an der Kommunistischen Partei in Moskau und ist der bewaffnete Arm der moskautreuen Partei UP (Unión Patriótica). Sie ist v.a. im Süden des Landes von der Landbevölkerung als schützende Autorität anerkannt und finanziert sich aus Steuererhebung[9] und durch Entführungen. Anfangs legte die FARC den Schwerpunkt auf den politischen und legalen Kampf, aber 1991 gab sie die moderate Politik auf, da sie glaubte ihre Ziele nur noch durch den illegalen Kampf zu erreichen. Ab 1996 ging sie zu Angriffen in Bataillonsstärke über. Ihre Forderungen sind “überraschend moderat” und ganz in sozialdemokratischer Linie.
Die ELN (Ejército de Liberación Nacional, dt.: Nationales Befreiungsheer) ist wie die FARC im bäuerlichem Widerstand verankert und in den 60er Jahren entstanden. Ihrer Ideologie nach ist die ELN ein Kind der kubanischen Revolution. Sie vertritt den “Fokismus”[10]. Sie finanziert sich, wie die FARC, aus Entführungen und Steuererhebung, lehnt jedoch, im Gegensatz zur FARC, den Drogenanbau in ihrem Gebiet völlig ab. Sie betrieb von Anfang an eine offene Radikalisierung, indem der politische dem militärischen Kampf untergeordnet wurde. Sie gilt als die radikalste Guerilla. Eine Besonderheit ist die starke Präsenz der Befreiungstheologen (z.B.Camilo Torres).
Zusätzlich muß noch die Existenz einiger kleinerer Guerillagruppen erwähnt werden, z.B. die indianische Gruppe Quintín Lame.
1985 schlossen sich die noch bestehenden Guerillas, d.h. v.a. FARC und ELN als die größten Organisationen, zu der Dachorganisation “Coordinadora Guerrillera Simón Bolívar[11] ” zusammen. Trotzdem gehen ELN und FARC heute meist getrennte Wege. Doch zumindest wurden die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Guerillagruppen durch den Zusammenschluß beendet.
[...]
[1] Auf einer Fläche von 1 138 914 Quadratkilometer leben nur ca. 40 Millionen Menschen
[2] Zur Statistik: vgl.: Fischer, Thomas: Krieg und Frieden in Kolumbien, in: Krumwiede, Heinrich W./Waldmann, Peter: Bürgerkriege: Folgen und Regulierungsmöglichkeiten, Baden-Baden 1998, S.295ff
[3] zur Ursachendebatte vgl.: Chernik, Marc: Negotiating Peace amid Multiple Forms of Violence: The Protracted Search for a Settlement to the Armed Conflicts in Colombia, in: Arnson, Cynthia J.(hrsg.): Comparative Peace Processes in Latin America, Stanford University Press 1999, S.168ff
[4] mehr zu Gewalt vgl.: Ziss, Roland: Gewalt in Kolumbien: eine Gesellschaft im Notstand, in: Altmann, Werner u.a.(hrsg.): Kolumbien Heute – Politik, Wirtschaft und Kultur, Frankfurt am Main 1997, S.213-234
[5] vgl.: Krumwiede, Heinrich W.: Regulierungsmöglichkeiten von Bürgerkriegen: Fragen und Hypothesen, in: Krumwiede, Heinrich W./Waldmann, Peter: Bürgerkriege: Folgen und Regulierungsmöglichkeiten, Baden-Baden 1998, S.37-60
[6] Einteilung vgl.: Fischer, Thomas: Krieg und Frieden in Kolumbien, in: Krumwiede, Heinrich W./Waldmann, Peter: Bürgerkriege: Folgen und Regulierungsmöglichkeiten, Baden-Baden 1998, S.300f
[7] Killerbanden und paramilitärische Truppen töten auf Auftrag gezielt Bettler, Straßenkinder und Obdachlose, um sie von der Straße “zu entfernen”.
[8] Bürgerkrieg zwischen Anhängern der liberalen und der konservativen Partei, von 1948 an, tobte er fast zehn Jahre lang und forderte fast 250.000 Menschenleben.
[9] Die Guerillas (beide großen Organisationen) fordern eine Art Schutzgeld von den, in ihrem Gebiet ansässigen Bauern und Unternehmen.
[10] Fokismustheorie von Che Guevara: “Brandherde(focos) legen” durch Aufbau bewaffneter Truppen
[11] Simón Bolívar, der sog. “Liberador”(Befreier), er befreite die heutigen Länder Ecuador, Kolumbien und Venezuela von der spanischen Herrschaft und verhalf ihnen zur Unabhängigkeit.
- Citation du texte
- Désirée Kleiner (Auteur), 2000, Aussichten auf stabilen Frieden in Kolumbien? Internationale und nationale Bedingungen für einen erfolgreichen Friedensprozess, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43136
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