In dieser Arbeit sollen wesentliche Züge aus der Prospect-Theorie vorgestellt sowie einige der dieser Theorie zugrunde liegenden Heuristiken mittels Ergebnisse einer schriftlichen Befragung empirisch überprüft werden.
Nach einem kurzen Überblick über die Prospect-Theorie im Allgemeinen werden als zweiter Schwerpunkt die heuristischen Prinzipien erläutert, aus denen im Anschluss die Forschungshypothesen abgeleitet werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die heuristischen Effekte herauszustellen und zu prüfen, wie die Erkenntnisse auf das Marketing übertragen werden können. Daher lautet meine Forschungsfrage: Wie können Anbieter Einfluss auf das Entscheidungsverhalten von Konsumenten nehmen? Der wichtigste Schritt, um diese Frage beantworten zu können, ist es, den spezifischen Umgang der Konsumenten mit Entscheidungssituationen im Allgemeinen zu verstehen. Daher lautet meine Hilfsfrage zur Beantwortung der Forschungsfrage: Wie treffen Konsumenten Entscheidungen?
Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Tabellenverzeichnis
IV. Symbolverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten
2.1 Begriffsdefinition Entscheidung
2.2 Arten von Kaufentscheidungen
2.3 Die Prospect-Theorie
2.3.1 Editierphase
2.3.2 Evaluationsphase
2.3.3 Wertfunktion
2.3.4 Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion
3 Herleitung der Forschungshypothesen
3.1 Verlustaversion
3.2 Ankerheuristik
3.3 Besitztumseffekt
3.3.1 Virtueller Besitztumseffekt
3.3.2 IKEA-Effekt
3.4 Priming
3.5 Sicherheitseffekt
3.6 Möglichkeitseffekt
3.7 Repräsentativität
3.8 Gratisangebote
3.9 Decoy-Effekt
3.10 Kompromisseffekt
3.11 Herdeneffekt
3.12 Referenzpreis-Effekte
3.13 Taboo trade-off
4 Empirische Untersuchung
4.1 Grundlagen zur Datenerhebung und zu den Analysemethoden
4.1.1 Datengewinnung mittels Online-Befragung
4.1.2 Aufbau und Inhalt der Online-Befragung
4.2 Datenanalyse und Ergebnisse
4.2.1 Datenbereinigung
4.2.2 Detailanalysen zur Prüfung der Forschungshypothesen
5 Schlussbetrachtung und Ausblick
5.1 Zusammenfassung der Hauptergebnisse
5.2 Implikationen für das Marketing
6 Literaturverzeichnis
7 Anlagenverzeichnis
8 Anlagen
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verlauf einer typischen Wertfunktion in der Prospect-Theorie
Abbildung 2: Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der kumulativen Prospect-Theorie
Abbildung 3: Schematische Darstellung Decoy-Effekt
Abbildung 4: Schematische Darstellung Kompromisseffekt
III. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Symbolverzeichnis
Tabelle 2: Ergebnis Mc Nemar-Test (Entscheidungsrahmen)
Tabelle 3: Ergebnis ohne Anker
Tabelle 4: Ergebnis mit Anker
Tabelle 5: Ergebnis Mc Nemar-Test (Besitztumseffekt)
Tabelle 6: Ergebnis virtueller Besitztumseffekt
Tabelle 7: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test (virtueller Besitztumseffekt)
Tabelle 8: Ergebnis IKEA-Effekt
Tabelle 9: Ergebnis IKEA-Effekt - Kontrollfrage
Tabelle 10: Ergebnis Priming "Premium"
Tabelle 11: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test (Priming Preis)
Tabelle 12: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test (Priming Marke)
Tabelle 13: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test (Sicherheitseffekt)
Tabelle 14: Ergebnis Risikoreduzierung
Tabelle 15: Ergebnis Risikoausschaltung
Tabelle 16: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test (Repräsentativität)
Tabelle 17: Ergebnis Stichprobenumfang
Tabelle 18: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test ("Gratis")
Tabelle 19: Ergebnis Wechselverhalten bei Decoy-Effekt
Tabelle 20: Wechselverhalten Kompromisseffekt
Tabelle 21: Ergebnis Mc Nemar-Bowker-Test (Herdeneffekt)
Tabelle 22: Ergebnis Mc Nemar-Test (Referenzpreise)
Tabelle 23: Ergebnis Chi² goodness-of-fit-Test (Taboo trade-off)
IV. Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 : Symbolverzeichnis
1 Einleitung
Ein tiefgreifendes Verständnis des Zustandekommens und der Konsequenzen von Entscheidungen sind für das Marketing aus zwei Gründen von besonderer Bedeutung: Zum einen verfolgt das Marketingmanagement das Ziel, in den unterschiedlichen Funktionsbereichen, wie beispielsweise der Produkt- oder der Kommunikationspolitik, durch den Einbezug relevanter Informationen zu den in der jeweiligen Situation bestmöglichen Entscheidungen zu gelangen. Zum anderen ist es eine Kernaufgabe des Marketings, das Entscheidungsverhalten von Konsumenten zu verstehen, da nur so z. B. erklärt werden kann, warum sich diese für das Produkt der Konkurrenz und nicht für das eigene Produkt entscheiden. Die Entscheidungstheorie dient dabei als Grundlage, um die Entscheidungen von Konsumenten besser begründen und verstehen zu können (vgl. Decker et al. 2015,S. 15). Rommelfanger und Eickemeier (2002, S. 2) definieren die Entscheidungstheorie als logische oder empirische Analyse des rationalen oder des intendiert rationalen Entscheidungsverhaltens.
Diese Definition der Entscheidungstheorie weist bereits auf das Problem der Rationalität hin. In den Wirtschaftswissenschaften wurde tatsächlich lange Zeit mit dem Ideal des Homo oeconomicus gearbeitet. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass er stets über vollständige Information verfügt, eine unbegrenzte Informationsverarbeitungskapazität besitzt und seine Entscheidungen auf Basis wohldefinierter Präferenzen fällt. Diese Eigenschaften treffen jedoch nicht auf die Konsumenten zu, denn das würde bedeuten, dass diesen beim Kauf alltäglicher Produkte stets alle entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung stehen. Die eingeschränkten Ressourcen, wie beispielsweise die für eine Kaufentscheidung zur Verfügung stehende Zeit, führen jedoch dazu, dass die Konsumenten dem Ideal des Homo oeconomicus nicht entsprechen und daher die Entscheidungssituation vereinfachende kognitive Strategien (sog. Heuristiken) anwenden (vgl. Decker et al. 2015, S. 16).
Die Methoden und Modelle der deskriptiven Entscheidungstheorie untersuchen daher, wie und warum Entscheidungen in der Realität getroffen werden. Besondere Relevanz im Marketing hat die Prospect-Theorie von Kahneman und Tversky (1979) gefunden, die eine realistischere Alternative zum Homo oeconomicus darstellt (vgl. Decker et al. 2015, S. 33).
In der vorliegenden Arbeit sollen wesentliche Züge aus der Prospect-Theorie vorgestellt sowie einige der dieser Theorie zugrunde liegenden Heuristiken mittels Ergebnisse einer schriftlichen Befragung empirisch überprüft werden.
Nach einem kurzen Überblick über die Prospect-Theorie im Allgemeinen werden als zweiter Schwerpunkt die heuristischen Prinzipien erläutert, aus denen im Anschluss die Forschungshypothesen abgeleitet werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die heuristischen Effekte herauszustellen und zu prüfen, wie die Erkenntnisse auf das Marketing übertragen werden können. Daher lautet meine Forschungsfrage: Wie können Anbieter Einfluss auf das Entscheidungsverhalten von Konsumenten nehmen? Der wichtigste Schritt, um diese Frage beantworten zu können, ist es, den spezifischen Umgang der Konsumenten mit Entscheidungssituationen im Allgemeinen zu verstehen. Daher lautet meine Hilfsfrage zur Beantwortung der Forschungsfrage: Wie treffen Konsumenten Entscheidungen?
2 Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten
2.1 Begriffsdefinition Entscheidung
Für den Begriff des Entscheidens finden sich in der Literatur – in Abhängigkeit vom jeweiligen Forschungsfeld – unterschiedliche Definitionen. Mit Entscheidungen befassen sich neben der Psychologie auch die Ökonomie, Soziologie, Politologie. Die Forschungsfelder unterscheiden sich in ihren Forschungsmethoden und darin, was unter Entscheidung zu verstehen ist. Entsprechend werden unterschiedliche Disziplinen ihren Forschungsgegenstand auch unterschiedlich definieren (Betsch et al. 2011, S. 68).
Als Grundlage dieser Arbeit dient die Definition von Pfistner, Jungermann und Fischer (2017, S. 2), die als Gegenstand der Entscheidungsforschung Situationen betrachten, in denen eine Person zwischen mindestens zwei Optionen präferenziell entscheidet. Damit ist gemeint, dass sie eine Option gegenüber einer bzw. mehreren anderen präferiert, also vorzieht.
2.2 Arten von Kaufentscheidungen
Um das Entscheidungsverhalten von Konsumenten bei individuellen Kaufentscheidungen zu systematisieren, werden die Arten von Kaufentscheidungen in Abhängigkeit vom Grad der kognitiven Kontrolle strukturiert, wobei der Entscheidungsprozess vereinfacht als Einheit gedacht wird (vgl. Foscht, Swoboda und Schramm-Klein 2017, S. 167).
Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 369) unterscheiden folgende Arten von Kaufentscheidungen in der Reihenfolge abnehmender kognitiver Kontrolle: Entscheidungen mit stärkerer kognitiver Kontrolle, zu denen extensive und limitierte Kaufentscheidungen gehören und Entscheidungen mit schwächerer kognitiver Kontrolle, die sich in habituelle und impulsive Kaufentscheidungen differenzieren lassen.
Bei extensiven Kaufentscheidungen ist der Konsument noch unentschlossen und sucht daher aktiv nach Informationen (vgl. Felser 2015, S. 156). Die Merkmale einer extensiven Kaufentscheidung sind ein hoher Informationsbedarf, eine lange Entscheidungsdauer und die Wahrnehmung der Notwendigkeit, Bewertungskriterien zu erarbeiten (vgl. Foscht, Swoboda und Schramm-Klein 2017, S. 170). Diese Art der Kaufentscheidung findet man insbesondere in Entscheidungssituationen, die mit einem großen sozialen, funktionalen oder finanziellen Risiko verbunden sind (beispielsweise beim Kauf eines Autos oder eines Eigenheims) (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 107). Bei limitierten Kaufentscheidungen hat der Konsument bereits Erfahrungen mit dem Produkt gesammelt und durchläuft daher nicht alle Phasen des Kaufentscheidungsprozesses. Seine Entscheidungen basieren auf einfachen und unkomplizierten Entscheidungsregeln („Ich kaufe das Günstigste.“) und kommen oft bei geringer Motivation zum Einsatz (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 107). Durch diese Erfahrungen haben sich sogenannte Heuristiken gebildet, auf die im späteren Verlauf der Arbeit näher eingegangen wird. Beim Kauf genügen in der Regel kleine Argumente, die solche Heuristiken auslösen. Diese Argumente sind beispielsweise der Preis eines Produktes, denn oft machen Konsumenten die Erfahrung, dass im Schnitt die teuren Produkte auch die besseren sind. Selbst wenn die Qualität eines Produktes noch gar nicht erwiesen ist, würden Konsumenten vom Preis auf seine Qualität schließen (vgl. Felser 2015, S. 158ff.). Bei h abitualisierten Kaufentscheidungen kaufen Konsumenten das, was sie schon immer gekauft haben. Man spricht auch von einem Gewohnheitskauf. Typische Artikel für einen Gewohnheitskauf sind Nahrungs- und Genussmittel, die individuelle Tabak-, Kaffee- oder Biermarke (vgl. Felser 2015, S. 159). Bei impulsiven Kaufentscheidungen kaufen Konsumenten das Erstbeste, was ihnen begegnet bzw. entscheiden sich nicht erst großartig für eine Marke. Beispiele dafür sind ein Getränk im Kino oder ein Eis im Sommer. Der impulsive Kauf ist ein reaktives Verhalten und wird wesentlich von äußeren Bedingungen bestimmt (vgl. Felser 2015, S. 157). Unter reaktiv wird dabei das automatische Reagieren in der Handlungssituation verstanden (vgl. Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 369).
2.3 Die Prospect-Theorie
Das Verhalten des Konsumenten ist häufig das Ergebnis von Entscheidungsprozessen. Einem Kinobesuch gehen die Beurteilung von möglichen Freizeitalternativen (Kino, Theater, Bar) und die entsprechende Wahl einer Alternative (Kino) voraus. Entscheidungstheorien beschreiben, erklären und prognostizieren, wie Konsumenten ihre Entscheidungen treffen (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 108). Diese Entscheidungstheorien werden unterschieden in normativ-präskriptive und deskriptive Theorien. Die normativ-präskriptiven Entscheidungstheorien geben dabei vor, wie Konsumenten idealerweise ihre Entscheidungen treffen sollten. Die deskriptiven Entscheidungstheorien beschreiben hingegen, wie Konsumenten Entscheidungen tatsächlich fällen (vgl. Welling 2013, S. 10).
Ziel dieses Kapitels ist, das Entscheidungsverhalten der Konsumenten anhand einer deskriptiven Entscheidungstheorie – der Prospect-Theorie – zu beschreiben.
Die moderne normativ-präskriptive Entscheidungstheorie folgt dem Grundmodell des Erwartungsnutzens, welche basierend auf den Arbeiten von Neumann und Morgenstern (1947, 1953) durch diverse Axiome, wie beispielsweise Vollständigkeit, Transitivität und Unabhängigkeit, gekennzeichnet ist. Konsumenten maximieren ihren Erwartungsnutzen, indem sie die einzelnen Alternativen bewerten und mit der jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit multiplizieren. Der Nutzen einer Handlung ergibt sich damit aus der Summe der mit den jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichteten Handlungsalternativen. Daher wird diese Theorie auch als Erwartungsnutzentheorie bezeichnet (vgl. Bröder und Hilbig 2017, S. 625 ff.).
Diesem rationalen Ansatz zur Entscheidungsfindung stellten Kahneman und Tversky 1979 die Idee entgegen, dass Konsumenten nicht den erwarteten Nutzen der unterschiedlichen Wahlmöglichkeiten vergleichen, sondern jede Alternative als eine Abweichung von einem zuvor festgelegten Referenzpunkt betrachten, durch welchen determiniert wird, ob eine Alternative in ihrer Konsequenz als Gewinn oder Verlust empfunden wird (Kahneman und Tversky 1979, S. 274). Der Referenzpunkt wird in der Prospect-Theorie als „Zustand des unveränderten Wohlstandes“ interpretiert und nimmt einen Wert von Null an (Hermann und Bauer 1996, S. 679). In Folge ihrer Untersuchungen veröffentlichten sie im Jahr 1979 die Prospect-Theorie – auch Neue Erwartungstheorie genannt – in deren Fokus die Entscheidung von Individuen unter Unsicherheit steht. Die Prospect-Theorie gilt – einschließlich ihrer Erweiterung, die kumulative Prospect-Theorie aus dem Jahr 1992 – bis heute als wichtigste deskriptive Theorie zur Erklärung und Vorhersage von Entscheidungen (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 110).
In dieser Arbeit werden beide Versionen der Prospect-Theorie nicht separat behandelt, sondern einheitlich als Prospect-Theorie bezeichnet. Während die Annahmen zu den Editiermechanismen und zur Wertfunktion auf die ursprüngliche Prospect-Theorie aus dem Jahr 1979 zurückgehen, sind die Annahmen zur Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion Ergebnisse der kumulativen Prospect-Theorie aus dem Jahr 1992 (vgl. Pfistner, Jungermann und Fischer 2017, S. 184).
Die Prospect-Theorie basiert im Kern darauf, dass Konsumenten nicht auf Basis objektiver Werte und Wahrscheinlichkeiten entscheiden, sondern beides auf eine subjektive Weise beurteilen und gewichten (sog. Evaluationsphase), nachdem sie alle verfügbaren Informationen gesichtet und auf das Wesentliche reduziert haben (sog. Editierungsphase) (vgl. Fischer und Funke 2016, S. 221).
2.3.1 Editierphase
In der Editierphase werden zunächst alle Aspekte der Entscheidungsalternativen genau analysiert, um dann durch Umformulierung eine vereinfachte Darstellung dieser Alternativen zu ermöglichen. Gemäß Kahneman und Tversky ist der Sinn und Zweck dieser Phase „[…] to organize und reformulate the options so as to simplify subsequent evaluation and choice“ (Kahneman und Tversky 1979, S. 274). Das Ziel dieser Editierphase ist es demnach, die Auswahl zwischen den zur Verfügung stehenden Alternativen zu erleichtern, indem die Komplexität des Entscheidungsproblems reduziert wird. Diese gewünschte Komplexitätsreduktion wird durch insgesamt sechs Operationen erreicht: Coding (Kodierung), Combination (Kombination), Segregation (Abtrennung), Cancellation (Streichung gemeinsamer Bestandteile), Simplification (Vereinfachung) und Detection of Dominance (Eliminierung dominierter Alternativen) (vgl. Beck 2014, S. 126).
Die Prospect-Theorie nimmt an, dass Entscheider die Konsequenzen einer Alternative nicht absolut, sondern immer relativ zu einem individuell festgelegten Referenzpunkt wahrnehmen. Beim Coding werden Alternativen entsprechend ihrer Abweichung von diesem Referenzpunkt eingeordnet: Konsequenzen, die oberhalb des Referenzpunktes liegen, werden als Gewinne wahrgenommen und Konsequenzen, die unterhalb des Referenzpunktes liegen, als Verluste (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 111). Die Lage des Referenzpunktes kann durch Formulierung der Ergebnisse von Handlungsalternativen und durch Normen, Gewohnheiten und Erwartungen des Individuums beeinflusst werden. Tversky und Kahneman sprechen in diesem Zusammenhang von Framing (vgl. Tversky und Kahneman 1986, S. 257). Bei der Operation Combination wird die Entscheidungsfindung vereinfacht, indem die Wahrscheinlichkeiten von Alternativen mit gleichem Ergebnis addiert werden. Als Segregation wird das Abtrennen der sicheren von den unsicheren Komponenten bezeichnet. Diese Abtrennung findet dann statt, wenn eine sichere Komponente in allen Konsequenzen einer Lotterie enthalten ist (vgl. Kahneman und Tversky 1979, S. 274). Unter einer Lotterie wird dabei eine mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten definierte Verteilung von Gewinnen und Verlusten verstanden (vgl. Bröder und Hilbig 2017, S. 622).
Enthalten verschiedene Alternativen die gleichen Komponenten, so werden diese bei der Operation Cancellation ausgeklammert und für die Entscheidungsfindung ignoriert. „Unrunde“ Wahrscheinlichkeiten und Erwartungswerte werden bei der Simplification (Vereinfachung) zu runden Werten auf- oder abgerundet. Auch werden extrem unwahrscheinliche Ereignisse von Beginn an ausgeschlossen, da sich ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten auf 0% abrunden lassen. Gibt es eine Alternative, die von den anderen Alternativen dominiert wird, so wird diese bei der letzten Operation, der Detection of Dominance, für die Entscheidungsfindung unberücksichtigt belassen (vgl. Kahneman und Tversky 1979, S. 275).
Diese sechs Editierungsoperationen sind jedoch nicht formal festgelegt. Daher können in konkreten Ausgangssituationen auch unterschiedliche Editierungsergebnisse hergeleitet werden (vgl. Eisenführ und Weber 1994, S. 336). So weisen Kahneman und Tversky (1979, S. 275) darauf hin, dass einige Editierungsoperationen sich gegenseitig ausschließen und die Ergebnisse deshalb von der Reihenfolge ihrer Anwendung abhängen können.
Sind die verschiedenen Alternativen editiert, so folgt die Evaluierung dieser Alternativen (vgl. Felser 2015, S. 167).
2.3.2 Evaluationsphase
In der Evaluationsphase bewerten und gewichten die Entscheider die zuvor editierten Alternativen, um anschließend die Alternative mit dem für sie höchsten subjektiven Wert auszuwählen (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 111).
Der Wert einer Alternative wird mit V bezeichnet und setzt sich aus zwei Elementen zusammen: Einer Wertfunktion v (x), die jedem Ergebnis einer Alternative x einen subjektiven Wert zuordnet und einer Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion w (p), die jeder objektiven Wahrscheinlichkeit p, mit der eine Alternative eintritt, ein subjektives Entscheidungsgewicht zuweist. Der subjektive Gesamterwartungswert V einer Alternative x, deren Eintrittswahrscheinlichkeit p beträgt, ergibt sich, indem man den subjektiven Wert v (x) dieser Alternative mit der Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion w (p) multipliziert, deren Wert sich wiederum durch die Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der das Ereignis eintritt. Das Entscheidungsgewicht w stellt dabei keine Maßzahl für die Wahrscheinlichkeit dar, sondern sagt etwas über die subjektive Einschätzung des Entscheiders bezüglich dieser Eintrittswahrscheinlichkeit aus (vgl. Beck 2014, S. 127).
Liegt beispielsweise eine Lotterie vor, bei der sie mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit einen Euro gewinnen können (x = 1) und mit einer 50%-igen Wahrscheinlichkeit einen Euro verlieren können (x = -1), stellt sich diese Lotterie in der Prospect-Theorie wie folgt dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Wertfunktionen v (1) und v (-1) ordnen den beiden Eurobeträgen den subjektiven Wert zu, den der Entscheider aus den jeweiligen Geldbeträgen zieht. Da die Ergebnisse der Alternativen (in diesem Fall die ausgezahlten Eurobeträge) als Abweichungen von einem individuellen Referenzpunkt definiert werden, bestimmt v also den Wert dieser Abweichung vom Referenzpunkt – und nicht den absoluten Wert im Hinblick auf die Veränderung des Gesamtvermögens. Die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion w (p) bestimmt den Einfluss der Wahrscheinlichkeiten auf den Gesamtnutzen der Geldbeträge. Der Gesamtnutzen dieser Werte muss jedoch nicht notwendigerweise null sein, wie man es anhand der normalen Erwartungswerte ausrechnen würde: Schätzt der Entscheider den Verlust eines Euro höher ein als den Gewinn eines Euros, dann wird diese Wette für ihn unattraktiv. In der Tat zeigen Experimente, dass Konsumenten diese Art von Wetten eher ablehnen, was dafür spricht, dass Verluste anders bewertet werden als Gewinne (vgl. Beck 2014, S. 127- 128).
2.3.3 Wertfunktion
Die Wertfunktion v (x) ordnet jeder Alternative einen Wert zu, der den subjektiven Nutzen dieser Alternative angibt. Sie gibt nicht den Gesamtvermögenswert eines Entscheiders vor und nach der Entscheidung an, sondern bewertet eine Entscheidungssituation auf Basis von positiven oder negativen Abweichungen von einem vorher festgelegten Referenzpunkt, der als Nullpunkt bestimmt wird. Der Wert einer Alternative ist somit abhängig von zwei Elementen: dem Referenzpunkt und der Höhe der Abweichung vom Referenzpunkt (vgl. Beck 2014, S. 129). Abbildung 1[1] zeigt den typischen Verlauf einer Wertfunktion. Grafisch entspricht der Referenzpunkt dabei dem Ursprung des Koordinatensystems. Ergebnisse oberhalb des Referenzpunktes werden als Gewinne aufgefasst und Ergebnisse unterhalb des Referenzpunktes als Verluste. Der s-förmige Verlauf der Wertfunktion verdeutlicht eine abnehmende Sensitivität, der die abnehmende Empfindlichkeit für Gewinne und Verluste repräsentiert. Im Bereich der Gewinne kann diese mit dem abnehmenden Grenznutzen verglichen werden. Das heißt, dass der subjektiv empfundene Wert einer Differenz zwischen einem Gewinn von 100 und 200 Geldeinheiten viel größer ist als bei einer Differenz zwischen einem Gewinn von 1.100 und 1.200 Geldeinheiten (vgl. Tversky und Kahneman 1986, S. 258). Diese Idee spiegelt sich in der Krümmung der Kurve in Abbildung 1 im Bereich der Gewinne wider: Steigt der Gewinn von 10 auf 20 Geldeinheiten, so steigt die Wertschätzung von v (10) auf v (20). Steigt der Gewinn von 200 auf 210 Geldeinheiten, so steigt die Wertschätzung von v (200) auf v (210), wobei der Anstieg der Wertschätzung im zweiten Fall jedoch deutlich geringer ist als im ersten Fall. Die absolute Differenz zwischen zwei Gewinnen spielt daher eine umso geringere Rolle, je größer der Gewinn bereits ist. Analog wird die Differenz zwischen einem Verlust von 100 und 200 Geldeinheiten stärker bewertet als die Differenz zwischen einem Verlust von 1.100 und 1.200 Geldeinheiten. Demnach verläuft die Funktion im Gewinnbereich konkav und im Verlustbereich konvex (vgl. Beck 2014, S. 131).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Verlauf einer typischen Wertfunktion in der Prospect-Theorie
Zudem verläuft die Funktion im Verlustbereich steiler als im Gewinnbereich. Diese Eigenschaft wird als Verlustaversion bezeichnet und beschreibt die Tendenz, dass Konsumenten bei ihrer Entscheidung Verlusten ein höheres Gewicht beimessen als Gewinnen in gleicher Höhe. Die Verlustaversion erklärt, warum die meisten Konsumenten symmetrische Wetten nicht attraktiv finden, wie beispielsweise eine faire Wette auf einen Münzwurf, bei dem sie bei Kopf einen Betrag X gewinnen und bei Zahl den gleichen Betrag X verlieren. Wer Gewinnen und Verlusten den gleichen Wert beimisst, wäre dieser Wette gegenüber indifferent; wer diese Wette ablehnt, gibt den dabei mit gleicher Wahrscheinlichkeit auftretenden Verlusten ein höheres Gewicht. Diese Verlustaversion führt dazu, dass die Wertfunktion im Verlustbereich steiler sein muss, denn dadurch wird dem gleichen Geldbetrag im Verlustfall auf der Ordinate ein größerer Wert beigemessen als im Gewinnfall (vgl. Beck 2014, S. 131ff.). Das Bestreben der Konsumenten, einem Verlust zu entgehen, ist also viel größer als die Motivation, einen Gewinn in gleicher Höhe und mit gleicher Wahrscheinlichkeit zu erzielen (vgl. Felser 2015, S. 168).
2.3.4 Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion
Die Wertfunktion der Prospect-Theorie wird ergänzt um eine Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion w (p). Diese ordnet jeder Eintrittswahrscheinlichkeit p eines Ereignisses ein subjektives Gewicht w zu, wobei den Situationen im Gewinnbereich (w+) andere Wahrscheinlichkeitsgewichte zugeordnet werden als den Situationen im Verlustbereich (w-). Die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion ist, wie in Abbildung 2[2] zu erkennen, eine monoton steigende Funktion von p und hat einen invers s-förmigen Verlauf, d. h. sie ist konkav für kleine und konvex für große Wahrscheinlichkeiten (vgl. Eisenführ, Weber und Langer 2010, S. 429).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der kumulativen Prospect-Theorie
Das Prinzip der abnehmenden Sensitivität mit zunehmender Abweichung vom Referenzpunkt wird somit auch auf die Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion übertragen. Die Funktion ist an den Endpunkten fixiert, d. h. für Wahrscheinlichkeiten existieren zwei „natürliche“ Referenzpunkte: absolute Sicherheit (p = 1) und Unmöglichkeit (p = 0), so dass gilt: w (0) = 0 und w (1) = 1. Im Bereich dieser Endpunkte ist die Funktion gegen 0 und gegen 1 sehr steil und im mittleren Bereich vergleichsweise flach; kleine Änderungen in den vorgegebenen Wahrscheinlichkeiten wirken sich demnach knapp über 0 und knapp unter 1 besonders stark aus. Ändert sich die Wahrscheinlichkeit von p = 0 (unmöglich) zu p = 0,05, so führt das zu einem starken Anstieg im Entscheidungsgewicht. Man spricht vom sog. Möglichkeitseffekt. Analog gilt dies auch für den Fall, dass die Wahrscheinlichkeit von p = 1 (sicher) zu p = 0,95 abnimmt. Man spricht hier vom sog. Sicherheitseffekt, d. h, dass die Abnahme des Entscheidungsgewichts sehr stark ist, wenn ein Ereignis nicht mehr sicher, sondern nur noch wahrscheinlich ist. Eine weitere Implikation der Gewichtungsfunktion besteht darin, dass kleine Wahrscheinlichkeiten (in etwa zwischen 0 und 0,4) übergewichtet, mittlere und große Wahrscheinlichkeiten dagegen untergewichtet werden (vgl. Pfistner, Jungermann und Fischer 2017, S. 189).
Gemeinsam ergibt sich aus der Wert- und Gewichtungsfunktion der Prospect-Theorie ein Gesamtmuster, das empirisch sehr gut im Einklang mit den tatsächlichen Entscheidungen steht: Bei hohen Wahrscheinlichkeiten sind Konsumenten risikoavers, wenn es um Gewinne geht und risikofreudig, wenn es um Verluste geht (Sicherheitseffekt); bei kleinen Wahrscheinlichkeiten hingegen zeigt sich, dass Konsumenten risikoavers bei Verlusten und risikofreudig bei Gewinnen sind (Möglichkeitseffekt) (vgl. Bröder und Hilbig 2017, S. 630ff.).
3 Herleitung der Forschungshypothesen
Ausgangspunkt für die Entwicklung der Prospect-Theorie waren empirische Beobachtungen, in denen die Axiome der Erwartungsnutzentheorie systematisch verletzt wurden. Anstelle eines systematischen Entscheidungsprozesses wenden Menschen vereinfachende kognitive Strategien (sog. Heuristiken) an. Dies gilt insbesondere dann, wenn den Menschen keine hinreichende Zeit und genügend Informationen zur Verfügung stehen, um alle Optionen umfassend beurteilen zu können (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 114).
Aus Konsumentensicht sind viele Kaufentscheidungen so komplex, dass eine rationale, detaillierte Nutzenabwägung aller Möglichkeiten mit unverhältnismäßig hohem kognitivem Aufwand verbunden wäre. Daher setzen sie zur Entscheidungsfindung häufig Heuristiken ein. Diese reduzieren die Komplexität der Kaufentscheidung und ermöglichen bei geringem Aufwand eine hinreichend gute Entscheidung (vgl. Vöster 2015, S. 51). Heuristiken sind durch evolutionäre Prozesse gefestigt oder durch Erfahrungen erlernt worden (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 114).
Ziel dieses Kapitels ist es, einige ausgewählte Heuristiken vorzustellen, die im Rahmen der empirischen Untersuchung zum Konsumentenverhalten eine bedeutende Rolle spielen. Auf Basis dieser Ausführungen werden die zu überprüfenden Forschungshypothesen abgeleitet.
3.1 Verlustaversion
Die Verlustaversion bezeichnet und beschreibt die Tendenz, dass Konsumenten bei ihrer Entscheidung Verlusten ein höheres Gewicht beimessen als Gewinnen in gleicher Höhe (vgl. Felser 2015, S. 168). Die Höhe der Verlustaversion spiegelt sich in der Verlustaversionsrate wider. Diese stellt das Vielfache des Verlustes dar, welches Konsumenten mindestens als Gewinn in Aussicht gestellt bekommen möchten und liegt laut Novemsky und Kahneman (2005, S. 122ff.) in einem Bereich zwischen 1,5 und 2,5. Dabei handelt es sich um einen Mittelwert, denn einige Konsumenten haben eine viel stärkere Verlustaversion als andere . Somit soll die folgende Nullhypothese H0-1 und die dazugehörige Alternativhypothese H1 formuliert werden:
H 0-1: Konsumenten messen Gewinnen und Verluste das gleiche Gewicht bei.
Die Verlustaversionsrate liegt folglich bei 1,0.
H 1 : Die Verlustaversionsrate liegt in einem Bereich zwischen 1,5 und 2,5.
Das Verhalten der Konsumenten ist nach der Prospect-Theorie demnach grundsätzlich von einer risikoaversen Grundhaltung geprägt. Wahrgenommene Verluste wirken sich somit deutlich stärker auf das Entscheidungsverhalten aus als gleich hohe Gewinne: Kleine Verluste werden bereits als unangenehme Handlungskonsequenzen bewertet, während Gewinne erst mit größeren Beträgen für Konsumenten interessant werden (vgl. Schuckel und Wierich 2007, S. 401). Konsumenten verhalten sich demnach risikofreudiger, wenn es darum geht, Verluste zu verhindern, während sie bei Gewinnen Risiken eher scheuen. Demnach spielt es offenbar eine große Rolle, ob eine Entscheidungssituation als Gewinn oder als Vermeidung eines Verlustes dargestellt wird (vgl. Felser 2015, S. 167). Daher soll unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 folgende Null- und Alternativhypothese fomuliert werden:
H 0-2: Konsumenten treffen Entscheidungen unabhängig von der Darstellung der
Entscheidungssituation.
H 2: Konsumenten treffen Entscheidungen in Abhängigkeit davon, ob eine
Entscheidungssituation als Gewinn oder als Vermeidung eines Verlustes dargestellt
wird.
3.2 Ankerheuristik
Eine Ankerheuristik liegt vor, wenn sich Konsumenten bei der Nennung eines Zahlenwertes durch eine zuvor genannte Kontextinformation beeinflussen lassen (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 116). Dieser Zahlenwert fungiert als Anker. Die Schätzungen der Konsumenten beginnen bei diesem Anker und werden dann in Richtung der finalen Antwort angepasst. Diese Anpassung erfolgt allerdings unzureichend, sodass Schätzungen nahe an dem Anker verhaftet bleiben. Dabei ist es irrelevant, ob der Anker in einem inhaltlichen Zusammenhang zum Entscheidungsproblem steht (vgl. Felser 2015, S. 186). Verankerungseffekte finden sich in vielfältiger Form im Alltag und im Handel wieder. Sie treten überall dort auf, wo Konsumenten über Preise oder Konditionen verhandeln oder den Wert eines Gegenstands feststellen wollen. Der zuerst genannte Preis oder Wert beeinflusst als Anker das Ergebnis von Preisverhandlungen oder Schätzungen entscheidend. Unverbindliche Preisempfehlung, reduzierter Preis, Abgabemenge pro Person begrenzt – all diese Maßnahmen fungieren als Anker und beeinflussen die Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kunden (vgl. Beck 2014, S. 147). Auf Basis dieser Ausführungen soll unter Berücksichtung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 die folgende Null- und Alternativhypothese aufgestellt werden:
H 0-3 : Die Zahlungsbereitschaft von Konsumenten kann nicht durch die Vorgabe eines Zahlenwertes beeinflusst werden.
H 3 : Die Zahlungsbereitschaft von Konsumenten kann durch die Vorgabe eines Zahlenwertes beeinflusst werden.
3.3 Besitztumseffekt
Der Besitztumseffekt besagt, dass Konsumenten ein Gut für wertvoller halten, wenn sie dieses besitzen (vgl. Thaler 1980, S. 44). Dies wird als Folge einer irrationalen Verlustaversion interpretiert: Der Verlust eines Gutes wiegt schwerer als dessen Gewinn (vgl. Kahneman, Knetsch, und Thaler 1991, S. 194ff.). Der Besitztumseffekt ist bei Gütern des täglichen Bedarfs weniger ausgeprägt als bei langlebigen Gebrauchsgütern (vgl. Kahneman, Knetsch und Thaler 1990, S. 1341ff.). Dementsprechend soll unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 die folgende Null- und Alternativhypothese formuliert werden:
H 0-4 : Konsumenten messen Objekten mit einem Gebrauchswert keinen höheren Wert bei, wenn sie diesen besitzen.
H 4 : Konsumenten messen Objekten mit einem Gebrauchswert einen höheren Wert bei, wenn sie diesen besitzen.
3.3.1 Virtueller Besitztumseffekt
Besitztum hat noch zwei weitere Eigenschaften: Zum einen wächst das Gefühl, einen Gegenstand zu besitzen, je mehr Arbeit in diesen Gegenstand investiert wird (sog. IKEA-Effekt). Zum anderen können Konsumenten Besitzergefühle entwickeln, noch bevor sie einen Gegenstand ihr Eigen nennen. Dies gilt insbesondere für Internet-Auktionen (vgl. Heyman, Orhun und Ariely 2004, S. 7ff.). Dieser Effekt findet beispielsweise bei preisreduzierten oder kostenlosen Testprodukten, Probeabonnements oder Testzugängen, bei denen sich der Konsument erst nach einer gewissen Zeit für eine kostenpflichtige Nutzung entscheiden muss, Anwendung. Sobald die Konsumenten dieses Angebot in Anspruch genommen haben, wird ein Gefühl des Besitzes erzeugt und der Verlust, dieses Angebot aufzugeben, wiegt schwerer als die Kosten, die eine Weiterführung des Test-Angebotes mit sich bringt (vgl. Ariely 2015, S. 192ff., Felser 2015, S. 190). Aus diesen Darstellungen soll unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 somit folgende Null- und Alternativhypothese abgeleitet werden:
H 0-5: Konsumenten können keine Besitzergefühle entwickeln, bevor sie eine Sache ihr Eigen nennen.
H 5: Konsumenten können Besitzergefühle entwickeln, noch bevor sie eine Sache ihr Eigen nennen.
3.3.2 IKEA-Effekt
Der IKEA-Effekt besagt, dass Konsumenten Produkten, die sie selbst entwerfen oder zusammenbauen, im Vergleich zu fertig gekauften Produkten eine höhere Wertschätzung entgegen bringen (vgl. Norton, Mochon und Ariely 2012, S. 453ff.). Produkt-Konfiguratoren, wie sie beispielsweise von den Sportartikelherstellern Adidas und Nike angeboten werden, sind gute Beispiele, wie Kunden aus ihrer Perspektive entscheidend bei der Produktzusammenstellung mitwirken können. Durch die Individualisierung von Produkten erhöht sich zum einen die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten, zum anderen wird dadurch eine engere Bindung zu dem Produkt geschaffen. Der IKEA-Effekt verschwindet jedoch bei Misserfolg oder dreht sich sogar ins Gegenteil um. Daher ist bei der Umsetzung zu beachten, dass die von dem Kunden durchzuführenden Arbeitsschritte leicht, spielerisch und schnell zum Erfolg führen (vgl. Vöster 2015, S. 50). Die zu überprüfende Null- und Alternativhypothese soll daher unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 wie folgt formuliert werden:
H 0-6: Konsumenten haben keine höhere Zahlungsbereitschaft für Produkte, an deren Entstehung sie selbst beteiligt waren.
H 6: Konsumenten haben eine höhere Zahlungsbereitschaft für Produkte, an deren Entstehung sie selbst beteiligt waren.
3.4 Priming
Unter Priming versteht man, dass das Auftreten eines bestimmten Ereignisses (Prime) die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines bestimmten Folgeereignisses erhöht (vgl. Hoffmann und Akbar 2016, S. 118). Primes wirken als Hinweisreize „im Hintergrund“ und werden von den Konsumenten unbewusst aufgenommen und berücksichtigt (vgl. Kopetzky 2016, S. 31). Produktattribute und Entscheidungskriterien lassen sich beispielsweise mit Bildern, Wörtern aber auch Klängen oder Gerüchen als Hinweisreiz im Gedächtnis aktivieren (vgl. Heitmann und Lippuner 2007, S. 452). Dementsprechend soll die folgende Null- und Alternativhypothese formuliert werden:
H 0-7: Ein kleiner Hinweisreiz reicht nicht aus, um einen bestimmten Gedanken auszulösen.
H 7: Ein kleiner Hinweisreiz reicht aus, um einen bestimmten Gedanken auszulösen.
Die Aufmerksamkeit und Aktivierung von mental gespeicherten Informationen von Konsumenten kann mit Hilfe von gezielt gesetzten Reizen beeinflusst werden. Ein erstes Beispiel für einen Prime ist die Höhe des Preises. Laut Diller (2008, S. 32) stellt der Preis […] die Summe aller mittelbar oder unmittelbar mit dem Kauf eines Produktes verbundenen Ausgaben eines Käufers dar. Kann die Qualität eines Produktes nicht ohne weiteres beurteilt werden, tendieren Konsumenten dazu, eine Heuristik anzuwenden: Je höher der Preis, desto besser das Produkt. Diese Heuristik führt dazu, dass die Konsumenten tatsächlich erwarten, dass die Qualität des Produkts besser ist und nehmen es auch als besser wahr. Somit wirkt der Preis als Prime für die Bewertung des Preis-Leistung-Verhältnisses (vgl. Kopetzky 2016, S. 28). Aus diesem Sachverhalt soll unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 folgende Null- und Alternativhypothese abgeleitet werden:
H 0-8: Die Höhe des Preises hat keinen Einfluss auf die durch den Konsumenten wahrgenommene Qualität des Produktes.
H 8: Die Höhe des Preises hat einen Einfluss auf die durch den Konsumenten wahrgenommene Qualität des Produktes.
Weiter soll untersucht werden, ob Konsumenten die Qualität eines Produktes auch in Abhängigkeit einer von ihnen positiv wahrgenommenen Marke höher einschätzen.
Eine Marke wird dabei definiert als „[…] ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht der relevanten Zielgruppen nachhaltig differenziert“ (vgl. Burmann et al. 2005, S. 3). Nach der rechtlichen Markendefinition stellen Marken geschützte Zeichen, Wörter, Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen dar, die geeignet sind, Güter oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Hermann und Huber 2013, S. 317). Daher lautet unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 eine weitere Null- und Alternativhypothese wie folgt:
H 0-9: Konsumenten bewerten die Qualität eines Produktes unabhängig davon, ob die dazugehörige Marke von ihnen positiv wahrgenommen wird.
H 9: Konsumenten bewerten die Qualität eines Produktes höher, wenn die dazugehörige Marke von ihnen positiv wahrgenommen wird.
3.5 Sicherheitseffekt
Der Sicherheitseffekt besagt, dass Konsumenten Ereignisse, die fast sicher sind, im Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Eintrittswahrscheinlichkeit untergewichten. Beispielsweise präferieren Konsumenten in der Regel eine Lotterie A (gewinne 40 Euro mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von p = 20 %; sonst nichts) gegenüber einer Lotterie B (gewinne 30 Euro mit p = 25 %; sonst nichts), was konsistent mit Erwartungswertmaximierung ist. Nimmt man nun die gleichen Lotterien A und B und vervierfacht alle Gewinnwahrscheinlichkeiten, wodurch sich nichts am Verhältnis der Alternativen ändert, erhält man die Lotterie A´ (gewinne 40 Euro mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von p = 80%; sonst nichts) und B´ (gewinne 30 Euro sicher). Hier haben die Konsumenten eine klare Präferenz für den sicheren Gewinn, d. h. Lotterie B´; obwohl diese den geringeren Erwartungswert hat.
Dieses Muster (A > B und B´ > A´) ist paradox, da sich im Verhältnis der Alternative nichts geändert hat. Nach der in Abschnitt 2.3.4 beschriebenen Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion ergibt dieses Muster hingegen Sinn, da die Steigerung hin zur Sicherheit (in Lotterie B´) als besonders stark empfunden wird. Anders formuliert: Die 80%-ige Gewinnwahrscheinlichkeit in A´ wirkt relativ zu den 100 % in B´ viel kleiner als die 20% in A relativ zu den 25% in B – obwohl diese Verhältnisse identisch sind (vgl. Bröder und Hilbig 2017, S. 630ff.). Somit sei unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit
α = 0,05 die folgende Null- und Alternativhypothese abgeleitet:
H 0-10: Konsumenten entscheiden sich für die Alternative mit dem höheren Erwartungswert.
H 10: Konsumenten bevorzugen Alternativen mit einem geringeren Erwartungswert, aber mit höherer Sicherheit.
3.6 Möglichkeitseffekt
Die zweite Implikation aus der Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion besteht darin, dass kleine Wahrscheinlichkeiten übergewichtet, mittlere und große Wahrscheinlichkeiten dagegen untergewichtet werden. Man spricht vom sog. Möglichkeitseffekt. Daher neigen Konsumenten dazu, kleine Risiken überzubewerten und deutlich mehr als den Erwartungswert zu bezahlen, um sie auszuschalten (vgl. Bröder und Hilbig 2017, S. 631).
Schenken Konsumenten einer Bedrohung Aufmerksamkeit, sind sie besorgt – und in den Entscheidungsgewichten spiegelt sich das Ausmaß dieser Besorgtheit wider. Aufgrund des Möglichkeitseffekts ist diese Sorge nicht proportional zur Wahrscheinlichkeit der Bedrohung. Daher genügt es nicht, das Risiko zu verringern oder abzuschwächen. Um die Sorge zu beseitigen, muss die Wahrscheinlichkeit der Bedrohung auf null reduziert werden (vgl. Viscusi, Magat und Huber 1987). Aus diesem Sachverhalt soll unter Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls mit α = 0,05 die folgende zu überprüfende Null- und Alternativhypothese abgeleitet werden:
H 0-11: Die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für eine Risikoausschaltung ist nicht überproportional größer als für eine Risikoreduzierung.
H 11: Die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für eine Risikoausschaltung ist überproportional größer als für eine Risikoreduzierung.
[...]
[1] Quelle: Beck 2014, S. 130
[2] Quelle: Kahneman und Tversky 1992, S. 313
- Citar trabajo
- Claudia Schiefler (Autor), 2018, Empirische Untersuchung von Konsumentenentscheidungen auf Grundlage der Prospect-Theorie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/430990
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