Die hier vorliegende Arbeit hat es sich zur Aufgabe gestellt, ein Phänomen zu untersuchen, welches neben dem der Überalterung und des Rückgangs der Geburtenrate vielen westlichen Gesellschaften immanent ist und legt hierbei ein besonderes Augenmerk auf Japan. Angesprochene Erscheinung ist die der „Parasiten-Singles“1. Geprägt wurde der Begriff erstmals 1997 von Yamada Masahiro2 in einem Artikel in der Nihon Keizai Shimbun. Die „westliche Welt“ wurde 1998 auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht, als die U.S. News and World Report ihn mit „parasitic singles“ übernahm (Kondô 2001). Er soll auf seine Richtigkeit geprüft und auf seine Wurzeln hin erforscht werden.
Biologisch gesehen bezeichnet der Parasitismus die Ausnutzung eines Wirtes durch einen Nutznießer - den Parasiten. Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia erklärt den Begriff folgendermaßen: „Parasiten kommt von griechisch pa??s?t??, pará- für neben und sitos für gemästet - ursprünglich für Vorkoster bei Opferfesten, die dadurch ohne Leistung zu einer Speisung kamen. Das deutsche Wort Schmarotzer für einen Parasiten stammt von mittelhochdeutschen smorotzer ab, das soviel wie Bettler heißt“. Es wird sich zeigen, ob die Verwendung dieses Begriffs soziologisch gerechtfertigt ist. Der „ZEIT“-Redakteur Georg Blume (2002) meint zu dem Thema: „Ohne Berufsziel leben sie weiter auf Kosten der Eltern. Man nennt sie «Parasiten»: Es ist die Generation, der eines Tages die Qualifikation fehlen wird, um in einem Land, dessen Bevölkerung dramatisch altert, die Pensionen zu sichern. Ihre sprichwörtliche Faulheit aber sagt alles über die Zustände im Land der Arbeitsbienen: So viel Zukunftslosigkeit war in Japan noch nie.“ Die „Tagesspiegel“-Redakteurin Ulrike Haak (2002) urteilt vom wirtschaftlichen Standpunkt her nahezu entgegengesetzt: „fast die Hälfte aller japanischen Männer zwischen 30 und 34 ist Single - vor fünfzehn Jahren war nicht mal jeder Dritte im selben Alter noch allein stehend. Und während im Jahr 1985 gerade mal jede zehnte Japanerin über 30 noch ledig war, ist es heute jede dritte. Derweil hat ein krasser Imagewandel stattgefunden: Alleinstehende berufstätige Frauen im heiratsfähigen Alter gelten heutzutage als die freiesten und entspanntesten Menschen der Nation - vielleicht sogar die einzigen freien und entspannten Menschen in einem Land, in dem das Zusammenleben immer noch von starken Hierarchien geprägt ist. Und die ledigen Damen sind ein verlässliches Element des Binnenkonsums.“
Inhalt
1. Vorbemerkung
2. Demografische Anhaltspunkte
2.1. Zunahme der Singles 1985-2000
2.2. Wahrscheinliche Fülle an “Parasiten-Singles”
2.3. Überalterung und Geburtenrückgang
2.3.1. Überalterung
2.3.2. Tendenz zu Ein-Kind-Familien und Einpersonenhaushalten
3. Hintergründe
3.1. Die Eltern der „Parasiten-Singles“
3.2. Ein rein japanisches Thema?
3.3. Die japanische Mutter und ihr Kind
3.4. Phänomen der Jahrtausendwende?
4. Was, Wie und Warum sind „Parasiten-Singles“?
4.1. Wofür sind sie angeblich verantwortlich?
4.2. Warum sie nicht ausziehen...
4.3. „Parasiten-Singles“ und die Arbeitsmarktsituation
4.4. Warum sie nicht heiraten...
5. Warum funktioniert die Diffamierung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht?
6. Was muss sich ändern?
6.1. Yamadas Lösungsvorschläge
6.2. Andere Denkanstöße
7. Fazit
Literatur
1. Vorbemerkung
Die hier vorliegende Arbeit hat es sich zur Aufgabe gestellt, ein Phänomen zu untersuchen, welches neben dem der Überalterung und des Rückgangs der Geburtenrate vielen westlichen Gesellschaften immanent ist und legt hierbei ein besonderes Augenmerk auf Japan. Angesprochene Erscheinung ist die der „Parasiten-Singles“[1]. Geprägt wurde der Begriff erstmals 1997 von Yamada Masahiro[2] in einem Artikel in der Nihon Keizai Shimbun. Die „westliche Welt“ wurde 1998 auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht, als die U.S. News and World Report ihn mit „ parasitic singles “ übernahm (Kondô 2001). Er soll auf seine Richtigkeit geprüft und auf seine Wurzeln hin erforscht werden.
Biologisch gesehen bezeichnet der Parasitismus die Ausnutzung eines Wirtes durch einen Nutznießer - den Parasiten. Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia erklärt den Begriff folgendermaßen: „Parasiten kommt von griechisch παράσιτος, pará- für neben und sitos für gemästet - ursprünglich für Vorkoster bei Opferfesten, die dadurch ohne Leistung zu einer Speisung kamen. Das deutsche Wort Schmarotzer für einen Parasiten stammt von mittelhochdeutschen smorotzer ab, das soviel wie Bettler heißt“. Es wird sich zeigen, ob die Verwendung dieses Begriffs soziologisch gerechtfertigt ist.
Der „ZEIT“-Redakteur Georg Blume (2002) meint zu dem Thema:
„Ohne Berufsziel leben sie weiter auf Kosten der Eltern. Man nennt sie «Parasiten»: Es ist die Generation, der eines Tages die Qualifikation fehlen wird, um in einem Land, dessen Bevölkerung dramatisch altert, die Pensionen zu sichern. Ihre sprichwörtliche Faulheit aber sagt alles über die Zustände im Land der Arbeitsbienen: So viel Zukunftslosigkeit war in Japan noch nie.“
Die „Tagesspiegel“-Redakteurin Ulrike Haak (2002) urteilt vom wirtschaftlichen Standpunkt her nahezu entgegengesetzt:
„ fast die Hälfte aller japanischen Männer zwischen 30 und 34 ist Single - vor fünfzehn Jahren war nicht mal jeder Dritte im selben Alter noch allein stehend. Und während im Jahr 1985 gerade mal jede zehnte Japanerin über 30 noch ledig war, ist es heute jede dritte. Derweil hat ein krasser Imagewandel stattgefunden: Alleinstehende berufstätige Frauen im heiratsfähigen Alter gelten heutzutage als die freiesten und entspanntesten Menschen der Nation - vielleicht sogar die einzigen freien und entspannten Menschen in einem Land, in dem das Zusammenleben immer noch von starken Hierarchien geprägt ist. Und die ledigen Damen sind ein verlässliches Element des Binnenkonsums.“
Thema wird sein, eine Klärung zu versuchen, welche dieser beiden Aussagen die Treffendere ist oder ob gar beide Anspruch auf Richtigkeit haben können.
2. Demografische Anhaltspunkte
Es soll zwar um Singles gehen, die noch bei ihren Eltern wohnhaft sind, trotzdem soll hierzu auch die These Arthur Imhofs (1986) angeführt werden, in der er die Entwicklung Japans im Bezug auf Single-Haushalte mit der in Deutschland vergleicht. Seiner Meinung nach müsste Japan erst in „gut dreißig Jahren“ an dem Punkt angelangt sein, an dem sich Deutschland schon 1982 befand, als fast jeder dritte Bundesbürger in einem Haushalt lebte, der aus einer einzigen Person bestand. Japan befinde sich erst da, wo Deutschland schon im Jahr 1950 stand.[3]
2.1. Zunahme der Singles 1985-2000
Ausgehend von der Volkszählung durch das japanische Innenministerium im Jahre 1995 waren 50% der Frauen „um die 30“ Single. Im Vergleich zu den Jahren 1985 mit 30% und 1990 mit 40% bedeutet dies einen dramatischen Anstieg von 10% in jeweils fünf Jahren. Laut Ogawa Naohiro (1997) lag Japan damit zwar noch hinter Schweden, aber weit vor den USA. Nimmt man die Statistiken des japanischen Innenministeriums für das Jahr 2000 hinzu, so lässt sich ein Anstieg der weiblichen Unverheirateten auf 54% feststellen. Gleiches gilt für die männlichen Ledigen. Hier waren 43% noch nie verheiratet (Sômuchô 2001). In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass es mehrere Familienstände gibt, in denen man sich zu den Singles gehörend fühlen kann: ledig, geschieden, verwitwet. Im japanischen Sprachgebrauch wird oft der Status ‚ledig’ mit dem Wort Single gleichgesetzt. Yamada scheint allerdings zwischen den Statistiken, die teilweise alle drei Arten einschließen, hin- und herzuspringen.
2.2. Wahrscheinliche Fülle an “Parasiten-Singles”
Anzahl der “Parasiten-Singles” in Japan, 1995, laut Yamada (nach Takahashi/Voss 2000)
(in Millionen und Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3. Überalterung und Geburtenrückgang
2.3.1. Überalterung
Besonders in den letzten Jahren kommt es in Japan zu oben genannten Problemen wie Überalterung und Geburtenrückgang. Der Anteil der Personen über 65 Jahre stieg im Jahr 2000 auf 17%, und die durchschnittliche Lebenserwartung in Jahren erreicht die Marke von 81,5. Damit liegt Japan an der Weltspitze. Dies bedeutet für die japanische Gesellschaft und Wirtschaft starke Veränderungen, auf die sie dringend reagieren müssen.
2.3.2. Tendenz zu Ein-Kind-Familien und Einpersonenhaushalten
Im gleichen Atemzug sank die Zahl der Kinder, die eine Frau in ihrem Leben durchschnittlich gebärt, von 2,13 im Jahr 1970 auf 1,35 im Jahr 2000 (Schad-Seifert 2002:233).
Die Volkszählung des japanischen Innenministeriums aus dem Jahre 2000 förderte folgendes zutage: gegenüber der Abnahme der Eltern-Kind-Familien mit 32,2% legten die Einpersonenhaushalte (26,5%) deutlich zu. Gleichzeitig stieg die Zahl der kinderlosen Paare (19,1%) und die der alleinerziehenden Eltern (7,9%) an. „Sollte dieser Trend anhalten, wird laut Prognose im Jahr 2013 die Zahl der Einpersonenhaushalte die der Ehepaar-Kind-Haushalte überrunden“ (Schad-Seifert 2002:228).
[...]
[1] Jap.: parasaito shinguru, im folgenden wird die deutsche Bezeichnung verwendet werden.
[2] Professor Yamada ist an der Gakugei-Universität Tokyo tätig. Er beschäftigt sich unter anderem in seinem Buch „ parasaito shinguru no jidai “ (1999) mit dem Phänomen der Parasiten-Singles. Die Informationen zu seinen Thesen bauen aber auf seinem Artikel im „Japan Quarterly“ (2001) auf.
[3] Statistische Werte für die BRD nach Imhof: 1950-19,4%, 1970-25,1%, 1982-31,1%
- Citation du texte
- Sebastian Scheplitz (Auteur), 2005, Single-Gesellschaft - Das Phänomen Parasiten-Singles in Japan - Ökonomische Bremsen oder Wegbereiter eines neuen Gesellschaftssystems?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43006
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