Das Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist es, die wichtigsten theoretischen Konzepte zum Thema Computerunterstützung im Innovationsprozess (Computer-Aided Innovation) zusammenzutragen und empirisch zu überprüfen. Der Fokus wird dabei auf prozessuale Lösungen gelegt, die das Management von Innovationen unterstützen.
Für den empirischen Teil wurden 13 Experten in qualitativen Interviews befragt und ein allgemeiner Leitfaden entwickelt, der bei der Erstellung, Implementierung und dem Betrieb einer derartigen Software unterstützen kann.
Die Ergebnisse zeigten unter anderem, dass Innovationsmanager neben der Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Vorgehensmodelle aus dem Innovationsbereich das Augenmerk auf einen benutzerfreundlichen und effizienten Aufbau der Lösung legen sollten, damit auch fachfremde Mitarbeiter sich am Innovationsprozess beteiligen können.
Diese Masterarbeit richtet sich sowohl an Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Innovationsmanagement auseinandersetzen, als auch an Innovationsverantwortliche in Unternehmen, die sich mit Softwaresystemen zur Innovationsunterstützung beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Hintergründe von Innovationssoftware
2.1 Innovationsmanagement in der IT-Branche
2.2 Nutzenpotenziale für die Anwender
2.3 Entstehung und Entwicklung der Software
2.4 Kategorien und Zuordnungen des Softwarebereichs
2.5 Prozessmodelle als Grundlage von Management-Review-Software
2.5.1 Stage-Gate als Softwaregrundlage
2.5.1.1 Grundlegende Systematik des Modells
2.5.1.2 Aktuelle Modellgeneration - Stage-Gate 2.0
2.5.2 Softwareumsetzung des Modells
2.6 Unternehmensinterne Implementierung des Systems
2.6.1 Das NPD-CAI-Reifegradmodell
2.6.2 Einbindung in das soziotechnische System
3 Innovationsmanagement im Unternehmen United Planet
3.1 Das Unternehmen und seine Produkte im Überblick
3.2 Status quo der Managementprozesse
4 Empirische Untersuchung und deren Auswertung
4.1 Forschungsdesign
4.2 Erhebungs- und Auswertungsmethode
4.3 Ergebnisse
4.3.1 Beschreibung ausgewählter Interviewinhalte
4.3.2 Auswertung der Kategorien
5 Handlungsempfehlungen und Transfereffekte für Erstellung und den Betrieb der Software
5.1 Zusammenschluss der Ergebnisse aus Literatur und Experteninterviews
5.2 Ableitungen für das Unternehmen United Planet
5.3 Interpretation der Ergebnisse und kritische Auseinandersetzung
6 Schlussfolgerungen und Ausblick
6.1 Schlussfolgerungen
6.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang A
Anhang B
Gender-Erklärung
Zur besseren Lesbarkeit werden in der vorliegenden Arbeit personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen und Männer beziehen, generell nur in der im Deutschen üblichen männlichen Form angeführt, also z.B. „Wissenschaftlicher Mitarbeiter“ statt „Wissenschaftli- che MitarbeiterInnen“ oder „Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Dies soll je- doch keinesfalls eine Geschlechterdiskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheitsgrund- satzes zum Ausdruck bringen.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die mich im Rahmen dieser Masterarbeit begleitet haben.
Ein besonderer Dank gebührt den Interviewpartnern meiner empirischen Untersuchung, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Er gilt ihrer Informationsbereitschaft und ihren interessanten Beiträgen und Antworten auf meine Fragen.
Darüber hinaus möchte ich mich familienintern bei Angelika Eichler, Ingrid Eichler, Karin Eichler und Michael Hasenfratz bedanken, die mir durch ihre Unterstützung mein Studium ermöglicht haben, durch deren Anregungen meine Arbeit kontinuierlich verbessert wurde und die mich mit viel Geduld moralisch unterstützt haben.
Zudem bedanke ich mich recht herzlich bei Katrin Beuthner, Manfred Stetz und Axel Wessendorf († 2014), der Geschäftsführung von United Planet, die mir großes Vertrauen entgegengebracht und mich während des gesamten Schreibprozesses unterstützt haben.
Der Dank gilt auch meinen Kommilitonen und Freunden Maximilian Wertz, Alexis Hildebrandt, Till Mertens, Alfred Eckerle, Nora Peters und Katharina Selich; auch durch ihre Anregungen wurde meine Arbeit kontinuierlich verbessert.
Explizit möchte ich mich außerdem bei Herrn Dr. Cooper und Herrn Prof. Hüsig bedanken, auf deren Publikationen ich zurückgreifen konnte und durch deren persönliches Feedback und Hilfsbereitschaft meine Forschungsergebnisse optimiert werden konnten.
Nicht zuletzt möchte ich meinen Betreuern Frau Dr.in Ana Kuntaric und Herrn Prof. Schwarz danken, die meine Arbeit mit ihrer fachlichen und persönlichen Unterstützung begleitet haben.
Abstract
Das Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist es, die wichtigsten theoretischen Konzepte zum Thema Computerunterstützung im Innovationsprozess (Computer-Aided Innovation) zusam- menzutragen und empirisch zu überprüfen. Der Fokus wird dabei auf prozessuale Lösungen gelegt, die das Management von Innovationen unterstützen. Für den empirischen Teil wurden 13 Experten in qualitativen Interviews befragt und ein allgemeiner Leitfaden entwickelt, der bei der Erstellung, Implementierung und dem Betrieb einer derartigen Software unterstützen kann. Die Ergebnisse zeigten unter anderem, dass Innovationsmanager neben der Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Vorgehensmodelle aus dem Innovationsbereich das Augenmerk auf einen benutzerfreundlichen und effizienten Aufbau der Lösung legen sollten, damit auch fachfremde Mitarbeiter sich am Innovationsprozess beteiligen können. Diese Masterarbeit richtet sich sowohl an Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Innovationsmanagement auseinandersetzen, als auch an Innovationsverantwortliche in Unternehmen, die sich mit Softwaresystemen zur Innovationsunterstützung beschäftigen.
The aim of this thesis is to examine the main theoretical concepts about computer support in the innovation process (Computer-Aided Innovation) and to validate them empirically. Special emphasis was laid on procedural solutions that support the management of innovation. For the empirical part, 13 experts were interviewed in qualitative interviews and from that a general guidance arose, which can assist in the creation, implementation and operation of such a soft- ware. The results showed that innovation managers in addition to the consideration of current scientific process models from the innovation area should place the emphasis on a user-friendly and efficient design of the solution, so that non-specialist staff can participate in the innovation process. The thesis is aimed both at scientists, who deal with the topic of innovation manage- ment, as well as innovation managers in companies that deal with software systems, which support innovation.
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Nutzenpotenziale von CAI-Lösungen
Abbildung 2: Anwendung der TRIZ-Widerspruchsmatrix
Abbildung 3: Darstellung der TRIZ-Widerspruchsmatrix
Abbildung 4: Kategorien von CAI-Software
Abbildung 5: Idea-to-launch-System der nächsten Generation
Abbildung 6: Skalierte Stage-Gate-Prozesse
Abbildung 7: Überlappende Aktivitäten im Stage-Gate-Prozess
Abbildung 8: Implementierung des Stage-Gate-Modells in einer Software
Abbildung 9: Aktualisiertes CAI-NPD-Reifegradmodell
Tabelle 1: Kategorientabelle der empirischen Untersuchung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Unternehmen müssen sich heutzutage stetig wachsenden Herausforderungen stellen, die immer heterogener und dynamischer werden (Mai 2014, S. 17f.). Die zunehmende Komplexität der Gesellschaft sowie der Märkte, aber auch die wachsende Binnenkomplexität mit den sich än- dernden Strategien, Geschäftsmodellen, Managementprozessen und Organisationsstrukturen, führen zu enormen Anforderungen (Döring-Seipel & Lantermann 2015, S. 1). Diese Komple- xität und der immer schneller werdende wirtschaftliche Wandel, der durch die Globalisierung, neue Technologien, zunehmende Markttransparenz und immer anspruchsvollere Kunden vo- rangetrieben wird, führt dazu, dass Unternehmen sehr flexibel, adaptiv und strukturiert organi- siert sein müssen (Grant 2008, S. 471; Mai 2014, S. 16ff.). Damit sie unter diesen Gegebenhei- ten auch wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie unter anderem Kosten senken, Prozesse opti- mieren und neue Produkte auf den Markt bringen (Mai 2014, S. 16ff.).
Ein wichtiges Standbein, um diesen und weiteren Anforderungen gerecht zu werden, ist die Innovationsfähigkeit (Mai 2014, S. 11ff.). Innovationen können in verschiedensten Organisati- onsbereichen stattfinden und werden in den meisten Fällen an Produkten, Dienstleistungen oder bei internen Prozessen durchgeführt (Mai 2014, S. 40ff.). Dabei unterstützen sie die Wettbe- werbsfähigkeit und Nachhaltigkeit einer Organisation (Mai 2014, S. 40f.). Oftmals entstehen jedoch Probleme bei der Durchführung von Innovationen, weil deren Komplexität unterschätzt wird und infolgedessen eine mangelnde Steuerung und Organisation der zugehörigen Prozesse herrscht (Sharafi 2013, S. 2f.; Bunduchi et al. 2015, S. 563). Nicht selten führt dies zum völligen Scheitern des Innovationsvorhabens (Mai 2014, S. 82f.). Aus den zuletzt genannten Gründen stehen die Verantwortlichen im Innovationsmanagement vor der Herausforderung, die notwen- digen Bedingungen zu schaffen, um die Innovationsdurchführung nach aktuellen Standards und unter Beachtung ihrer jeweiligen Komplexität und Dynamik zu gewährleisten (Mai 2014, S. 73f.).
In den letzten Jahren haben Softwarelösungen an Bedeutung gewonnen, die den Innovations- prozess unterstützen und begleiten (Kohn & Hüsig 2008, S. 123; Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13f.). Diese Lösungen können den Schlüssel zur Bewältigung der enormen Komple- xität und Dynamik im heutigen Innovationsmanagement darstellen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13). Da das Innovationsmanagement ein weiträumiges Fachgebiet ist, gibt es mittler- weile auch ein breites Spektrum an Standardsoftwarelösungen und diversen Eigenentwicklun- gen von Unternehmen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 56). Einerseits wird Software ange- boten, die einen oder mehrere Teilbereiche des Innovationsprozesses abdeckt und andererseits gibt es ganzheitliche Lösungen, die darauf abzielen, das gesamte Innovationsmanagement ab- zubilden (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 56). Man spricht in diesem Zusammenhang von Innovationssoftware bzw. in Fachkreisen auch von „Computer-Aided Innovation“, kurz CAI (León & Cho 2009, S. 537f.; Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 14). Die existierenden Lösun- gen unterstützen entweder bei der eigentlichen Innovationsdurchführung oder bei deren Ma- nagement in Bezug auf die Organisation von Innovationen (Innovationsmanagementsoftware oder Management-Review-Software) (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136 und S. 143).1 Generell ist der Bereich des computergestützten Innovationsmanagements wissenschaftlich noch sehr unzureichend bearbeitet und es bedarf weiterer Beforschung der Thematik (León & Cho 2009, S. 537; Hüsig 2015, S. 17).
Bei der Vielzahl der Lösungen und den zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten stellen sich für Unternehmen unter anderem die Fragen, welche Software für welchen konkreten Anwendungs- fall am besten geeignet ist, welche Themengebiete sie auf welche Art und Weise unterstützten kann und ob sie zugekauft oder eigenentwickelt werden sollte (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 36). Da sich die Innovationsprozesse von Organisation zu Organisation sehr unterscheiden können, fällt die Wahl oft auf eine individuelle Eigenentwicklung. Dies ist zwar kostenintensi- ver, jedoch können die Lösungen in diesem Fall sehr spezifisch an das Unternehmen angepasst werden (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 33ff.). Auch ist es hier für Organisationen interes- sant, wie die Entwicklung und Implementierung einer solchen Software durchgeführt werden sollte. Dies führt zur zentralen Forschungsfrage dieser wissenschaftlichen Arbeit, die wie folgt lautet:
„Welche spezifischen Gegebenheiten sowie Herausforderungen sind bei der Erstellung, Implementierung und beim Betrieb einer Innovationsprozesssoftware für das Management von Organisationen zu beachten, wie grenzt sie sich von anderen Lösungen in diesem Bereich ab und welche Handlungsempfehlungen können dabei abgeleitet werden?“
Erörtert werden diese Fragestellungen am Praxisbeispiel des Softwareunternehmens United Planet, weshalb auch immer wieder auf diese Organisation bzw. ihre Branche Bezug genom- men wird. United Planet ist ein Softwarehersteller und vertreibt Lösungen, mit denen sich Intra- und Extranet-Portale erstellen lassen (Herzog 2015, o.S.). Der Autor dieser wissenschaftlichen Arbeit ist im Unternehmen beschäftigt und in der Praxis an der Konzeption einer internen Innovationsmanagementsoftware beteiligt.
Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist die Entwicklung eines allgemeinen Leitfadens, der Inno- vationsmanagern eine umfassende Einführung in die Thematik bietet, sie aber auch konkret bei Entwicklungs-, Einführungs- und Betriebsprozessen unterstützt. Außerdem soll das Themen- gebiet auf wissenschaftlicher Ebene geschärft und vorangetrieben werden. Im Laufe der Arbeit wird eine Fokussierung auf die Kategorie Management-Review-Software vorgenommen, die die Führungsebene des Innovationsmanagements bei der Planung, Steuerung und Kontrolle der Prozesse unterstützt (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136 und S. 143). Dabei wird ein Über- blick über die Funktionen, Besonderheiten, Möglichkeiten sowie Einführungsmaßnahmen und -voraussetzungen geschaffen. Außerdem sollen exzerpierte Handlungsempfehlungen aus der Theorie und eine empirische Erhebung bei der Erstellung, Einführung und dem Betrieb einer Innovationssoftware unterstützen. Um einen Praxisbezug herzustellen, werden Theorie und Handlungsempfehlungen mit der Organisation United Planet verknüpft. Die vorliegende Arbeit erhebt dabei nicht den Anspruch, alle zugehörigen Themen aus den Bereichen Softwareent- wicklung, Projektmanagement, Innovationsmanagement und Ressourcenmanagement abzude- cken, sondern sie soll als zusätzliches Unterstützungs- und Entscheidungsinstrument für ein derartiges Softwareprojekt dienen. Aus diesem Grund wird neben dieser Forschungsarbeit auch weitere Fachliteratur sowie das Einbeziehen von Experten aus den jeweiligen Bereichen emp- fohlen. Die Inhalte dieser Arbeit richten sich somit an alle Unternehmen und Wissenschaftler, die sich mit CAI-Lösungen auseinandersetzen sowie im Speziellen eine Software erstellen und einführen wollen, die das Management von Innovationen unterstützen soll, d. h. eine Manage- ment-Review-Software.
Die vorliegende Forschungsarbeit besteht aus einem theoretischen und einem empirischen Teil. Zu Beginn werden die theoretischen Hintergründe von CAI beschrieben (Kap. 2). Da im wei- teren Verlauf ein konkreter Bezug zu United Planet hergestellt werden soll, wird in Kapitel 2.1 das Innovationsmanagement der IT-Branche, der die Organisation zugehörig ist, dargestellt. In Kapitel 2.2 werden die generellen Nutzenpotenziale von CAI-Systemen in vier Kategorien be- schrieben und visualisiert. Viele bestehende Softwarelösungen basieren auf unterschiedlichen wissenschaftlichen Grundlagen, diese werden mit dem Fokus auf die zwei populärsten Modelle Stage-Gate und TRIZ in Kapitel 2.3 vorgestellt. In Kapitel 2.4 werden die verschiedenen Ka- tegorien einer Innovationssoftware beschrieben. Nach dieser allgemeinen Darstellung von CAI wird der Fokus auf die Unterkategorie „Management-Review-Software“ gelegt. Dabei wird dargestellt, wie das Innovationsmanagement prozessual bei der Organisation von Innovationen unterstützt werden kann (Kap. 2.5). In der Praxis hat sich das Stage-Gate-Modell als wissen- schaftliche Methode durchgesetzt (Verworn & Herstatt 2000, S. 4; Billing 2013, S. 38), das in diesem Zusammenhang auch aus zwei Perspektiven beschrieben wird (Kap. 2.5.1). Zuerst wird das grundlegende Konzept (Kap. 2.5.1.1) und im Anschluss die aktuellste Generation des Mo- dells (Kap. 2.5.1.2) veranschaulicht. Danach wird beispielhaft eine bestehende Software vor- gestellt, die Stage-Gate beinhaltet (Kap. 2.5.2). Kapitel 2.6 beschreibt, wie welche Art von Software je nach Reife des Innovationsmanagements im Unternehmen eingeführt werden sollte. Dazu werden das NPD-CAI-Reifegradmodell (Kap. 2.6.1) und die Softwareeinbindung in das soziotechnische System aus wissenschaftlicher Sicht (Kap. 2.6.2) erläutert. Beide Ansätze die- nen der Abstimmung von Software und seiner Umwelt. Im nächsten Kapitel (Kap. 3) werden das Unternehmen United Planet und dessen aktuelles Innovationsmanagement vergleichsweise genau beschrieben, da die Ergebnisse des empirischen Teils auf diesen Betrieb bezogen werden, wodurch eine Verknüpfung von Theorie und Praxis ermöglicht wird.
Der empirische Teil (Kap. 4) ist in die Beschreibung des Forschungsdesigns (Kap. 4.1) und der Erhebungs- und Auswertungsmethodik (Kap. 4.2) sowie die Ergebnisdarstellung (Kap. 4.3) ge- gliedert. Letzteres Unterkapitel umfasst die Illustration ausgewählter Interviewinhalte (Kap. 4.3.1) und die Kategorienauswertung (4.3.2). Die Handlungsempfehlungen und Transfereffekte für die Erstellung und den Betrieb der Software in Kapitel 5 bestehen aus der Zusammenfüh- rung von Theorie und Experteninterviews (Kap. 5.1), den Ableitungen für United Planet (Kap. 5.2) und der Interpretation der Forschungsergebnisse (Kap. 5.3), wobei zusätzlich sowohl die Ergebnisse als auch die Erhebungsmethode kritisch diskutiert werden. Die Arbeit endet mit zusammenfassenden Schlussfolgerungen (Kap. 6.1) und einem Ausblick auf die mögliche weitere Entwicklung des Forschungsfelds (Kap. 6.2).
2 Theoretische Hintergründe von Innovationssoftware
Der generelle Nutzen von Innovationen wurde in der Literatur bereits vielfach diskutiert. Ihr Ziel ist die Genese von neuen Problemlösungs-Anwendungsfeld-Kombinationen, was dazu führt, dass Kundenwünsche besser befriedigt werden können (Noé 2013, S. 1ff.). Aufgrund des ständigen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels müssen Organisationen immer neue Wege finden, um sich diesen Änderungen anzupassen und am Markt bestehen zu bleiben, denn durch „Innovationen werden Unternehmen den Anforderungen des ständigen Wandels entsprechen“ (Noé 2013, S. 6).
Der Softwarebereich „Computer-Aided Innovation“ (im Folgenden CAI) hat sich in den letzten Jahren in Hinblick auf Funktionalität und Anwendungsbereiche deutlich weiterentwickelt und bestehende Lösungen können inzwischen bei diesen komplexen und dynamischen Prozessen gute Unterstützungsarbeit leisten (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13). Auch der typische Produktentwicklungsprozess hat sich in den meisten Firmen sehr deutlich verändert. Früher waren Innovationen in Organisationen oftmals intuitiv und unstrukturiert, was eine vergleichs- weise geringe Effizienz zur Folge hatte (Hüsig & Kohn 2009, S. 551). Mittlerweile sind Inno- vationsprozesse meistens definierte und komplexe Prozesse, die durch Software unterstützt werden können (Hüsig & Kohn 2011, S. 407). Diese Prozesse sollten jedoch nicht lähmend und bürokratisch werden. Unternehmen stehen hier vor der Herausforderung, die Prozesse der Soft- ware den komplexen Anforderungen entsprechend und trotzdem flexibel und verständlich zu gestalten (León & Cho 2009, S. 537). Die steigende Anzahl dieses Lösungsangebots war der Ursprung der neuen CAI-Softwarekategorie (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 15). Damit kann auch das Innovationsmanagement durch Software unterstützt und professionalisiert wer- den, wie es schon längst in anderen betrieblichen Bereichen mit Lösungen wie CAD- (Compu- ter-Aided Design), PPS- (Produktplanungs- und Steuerungssystem) oder CRM-Systemen (Customer-Relationship-Management) Standard ist (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13; Planchard 2014, S. 28; Lerch 2015, S. 230f.).
In diesem Kapitel werden theoretische Zusammenhänge und Hintergründe von Innovations- software behandelt. Da in der vorliegenden Arbeit eine praxisnahe Verknüpfung mit United Planet hergestellt werden soll, wird zunächst das Innovationsmanagement in der zugehörigen IT-Branche abgehandelt (Kap. 2.1). Anschließend wird dargestellt, welchen Nutzen Innovati- onstools im Hinblick auf die Optimierung des Innovationsmanagements haben (Kap. 2.2). Au- ßerdem werden die ursprünglichen wissenschaftlichen Grundlagen von Innovationssoftware beschrieben, dabei geht es konkret um zwei Modelle, die als Auslöser für derartige Lösungen gelten (Kap. 2.3). Im Anschluss werden aus Gründen der Übersichtlichkeit und Abgrenzung bzw. Einordnung alle Kategorien von CAI-Software dargestellt und beschrieben (Kap. 2.4). Nach diesen einführenden Kapiteln, in denen Innovationsmanagementsoftware aus einer allge- meinen Perspektive behandelt wird, liegt der Fokus auf der Unterkategorie „Management-Re- view-Software“, die Lösungen beinhaltet, die das Management bei der prozessualen Durchfüh- rung von Innovationsprojekten unterstützt (Kap. 2.5). Abschließend wird gezeigt, wie ein der- artiges computergestütztes Innovationssystem im Unternehmen implementiert werden kann (Kap. 2.6).
2.1 Innovationsmanagement in der IT-Branche
Das Innovationsmanagement verknüpft den Innovationsbegriff mit organisationalen Manage- mentmethoden: „Es handelt sich hierbei um eine gesamtunternehmerische Funktion, die der Ausrichtung des Unternehmens auf die systematische Identifizierung und Umsetzung neuer Produkte, Prozesse und Geschäfte dient“ (Kaschny et al. 2015, S. 30). Somit umfasst der Begriff des Innovationsmanagements alle Planungs-, Entscheidungs-, Organisations- und Kontrollauf- gaben in Bezug auf die Generierung und Umsetzung neuer Ideen (Rüggeberg & Burmeister 2008, S. 19). Das Ziel ist es, marktreife Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu schaffen, um so die Profitabilität und Nachhaltigkeit der Organisation sicherzustellen (Kaschny et al. 2015, S. 32ff.). Die Unternehmensführung hat dabei die Aufgabe, Ziele, Strategien und Maß- nahmen der Innovationsprozesse zu steuern (Trott 2008, S. 76). Um den Innovationsprozess im gesamten Unternehmen zu implementieren, ist die Berücksichtigung der normativen, strategi- schen und operativen Innovationsmanagement-Ebene erforderlich (Kaschny et al. 2015, S. 30f.).
Das normative Innovationsmanagement betrifft die Unternehmensvision, -mission, -werte und -leitbilder (vgl. auch im Folgenden Kaschny et al. 2015, S. 30f.). Es hat die Aufgabe, diese Bereiche aktiv in den Innovationsprozess einzubeziehen. Dabei kann das Innovationsmanage- ment instrumentalisiert werden, um Kostenreduktion und Differenzierung zu erreichen. Letzte- res spielt besonders in Hochlohnländern eine zentrale Rolle, da sie sich von Ländern mit einem niedrigeren Lohnniveau abgrenzen müssen, um unter dem Wettbewerbsdruck zu bestehen. Beim strategischen Innovationsmanagement geht es um das Generieren von Wettbewerbs- vorteilen, was unter anderem durch die Bereitstellung von Technologien gelingt. Zudem wer- den die langfristigen Innovationsziele und -strategien definiert und ausgearbeitet. In der opera- tiven Ebene des Innovationsmanagements konzentriert man sich ausschließlich auf die Steu- erung, Planung und Umsetzung der Innovationen. Im Vordergrund stehen die Durchführung der Prozesse und das Management der Projekte. Durch die richtige Kombination von Leistung, Qualität und Kosten sowie weiterer betriebswirtschaftlicher Faktoren kann das Management eine optimale Wertschöpfung sicherstellen. Wenn alle drei Ebenen des Innovationsmanage- ments fokussiert und im Anschluss zu einer ganzheitlichen Unternehmensperspektive geformt werden, ist dies eine gute Basis, um den gewünschten Unternehmenserfolg zu erreichen.
Im betrieblichen Innovationssystem einer Organisation werden die verschiedenen Manage- mentaufgaben für die Umsetzung und Bereitstellung der Innovationen konkretisiert und damit ein ganzheitliches Innovationssystem geschaffen (Von Au 2011, S. 65f.). Bei der Planung und Steuerung von Innovationen existieren zwei wesentliche Ebenen, die Unternehmensebene und die Projektebene (vgl. auch im Folgenden Kaschny et al. 2015, S. 30f.). Das Innovationsma- nagement regelt auf Unternehmensebene unter anderem das langfristige Innovationsportfolio. Hier wird die richtige Kombination der zu verfolgenden Innovationsprojekte geplant und kon- trolliert. Auf der Ebene der einzelnen Projekte wird deren Ablauf geplant und gesteuert. Bei der Planung und Kontrolle eines Innovationsprojekts werden Themen wie Absatz-, Produkti- ons- oder Personalplanung organisiert.
Im Folgenden soll zu Abgrenzungszwecken der wissenschaftliche Zusammenhang zwischen Innovationsmanagement und den Bereichen des Technologie- sowie F&E-Managements erläu- tert werden. Das Technologiemanagement umfasst die angewandte Forschung sowie die Vor- entwicklung von neuen Technologien und ist dabei der initiale Treiber von Neuentwicklungen (vgl. auch im Folgenden Kaschny et al. 2015, S. 30ff.). Das Management der Forschung und Entwicklung (F&E) umfasst ebenfalls die beiden beschriebenen Bereiche (angewandte For- schung und Vorentwicklung), beschäftigt sich jedoch zusätzlich eingehend mit Innovationsfor- schung sowie mit der Entwicklung von Produkten bzw. Prozessen. Dem Technologie- und F&E-Management übergeordnet steht das Innovationsmanagement. Es schließt die beiden Be- reiche ein und umfasst zusätzlich die Produktion und folgende Markteinführung der Innovation. Es wird deutlich, dass das Innovationsmanagement viele wesentliche Prozesse eines Unterneh- mens beinhaltet, die für seinen Erfolg bzw. Misserfolg ausschlaggebend sind.
Nach der Definition und Eingrenzung des Innovationsmanagements soll nun die IT-Branche präzisiert werden. Die Branche stellt in Deutschland mittlerweile einen zentralen Bereich der gesamten Wirtschaft des Landes dar (Brüggemann et al. 2010, S. 185ff.). Laut einer Definition von Kleefeld handelt es sich bei diesem Industriesektor um „Produzenten elektronischer Bauelemente, die IT-Technik und Nachrichtentechnik sowie IT-Dienstleistungen und Telekommunikationsdienstleistungen [anbieten]“ (Kleefeld 2011, S. 14). „Der IT-Sektor weist in Bezug auf Unternehmensgröße, Organisationsstrukturen und Produktportfolio sehr heterogene Strukturen auf“ (Brüggemann et al. 2010, S. 187).
Es besteht jedoch keine einheitliche Definition des Begriffs und der Bereich stellt aus wirt- schaftsstatistischer Sicht keine eigenständige Branche dar (vgl. auch im Folgenden Kleefeld 2011, S. 14). Die zu diesem Sektor statistisch erhobenen Daten weisen verschiedene historische Bindungen an Systeme industrieller Beziehungen auf, was die Konsequenz hat, dass empirische Befunde oftmals von signifikanten Widersprüchen geprägt sind. Dies ist mitunter auch auf die fehlende Eingrenzung des Sektors zurückzuführen, was es letztendlich schwermacht, allge- meingültige Aussagen zu treffen. Dennoch gibt es diverse Erhebungen und Klassifizierungen: In Deutschland arbeiten aktuell etwa 800.000 Beschäftigte in der IT-Branche. Mit der Analyse der Organisationsgrößen lässt sich die Heterogenität des Industriezweigs veranschaulichen. Kleinstunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten stellen zwar fast zwei Drittel der Unterneh- men dar, beschäftigen jedoch nur etwa 9 % der Mitarbeiter des Segments. Mehr als ein Fünftel (21 %) der Beschäftigten arbeiten in Organisationen mit über 500 Mitarbeitern. Diese Unter- nehmensgrößengruppe macht jedoch nur 0,3 % der Gesamtunternehmen aus. Bei einer Betrach- tung der untergeordneten Wirtschaftsbereiche fällt auf, dass zwei Drittel der Unternehmen der Kategorie Softwarehäuser zuzuordnen ist. Mit großem Abstand folgen die Bereiche Fernmel- dedienste mit 11,5 % und Datenverarbeitungsdienste mit 10,4 %. Die restlichen Unternehmen verteilen sich auf fünf weitere Wirtschaftsgruppen. Bei einer genauen Analyse fällt zudem auf, dass die angebotenen Dienstleistungen und Produkte der Unternehmen sehr individuell und un- terschiedlich ausfallen. Auch die besonders ausgeprägte Bindung an die Kunden (Liefer- und Kooperationsbeziehungen) ist ein spezielles Merkmal der Branche. Die übliche Unternehmens- kultur ist durch flache Hierarchien und eine anpassungsfähige Arbeitsorganisation geprägt. Auch in Bezug auf die Arten der Anstellungen gibt es bei den Beschäftigten sehr flexible und individuelle Modelle. Ebenfalls kennzeichnend für den IT-Bereich sind das überdurchschnitt- lich hohe berufliche Qualifikationsniveau und die daraus resultierende überdurchschnittliche Gehaltshöhe der Angestellten. Die durchschnittlichen Jahresgehälter sind mit 63.591 € rund ein Drittel höher als die branchenübergreifenden Jahresgehälter in Deutschland (Jost 2014, o.S.).
Bei der Auswertung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Deutsch- land nach den organisationsdemografischen Merkmalen lässt sich ein typisches Profil eines
Mitarbeiters erstellen: Der durchschnittliche IT-Angestellte in Deutschland ist männlich und jung (29 Jahre), der Anteil der älteren Mitarbeiter nimmt mittlerweile jedoch deutlich zu (Dill & Straus 2015a, S. 399), und der Anteil der Frauen in klassischen IT-Berufen ist mit 20 % nach wie vor gering (Bednarz & Schmidt 2008, S. 215; Kleefeld 2008, S. 13ff.; Kleefeld 2011, S. 14). Diverse Studien belegen zudem, dass sich die beschriebenen Ausprägungen und Tendenzen größtenteils auch international widerspiegeln (Kleefeld 2011, S. 14).
Der IT-Markt ist durch einen besonders starken Wettbewerb gekennzeichnet (Fisch & Roß 2009, S. 228f.). Die Branche wird in Anbieter von Hardware, Software und IT-Dienstleistungen unterteilt (vgl. auch im Folgenden Fisch & Roß 2009, S. 229f.; Striewski 2015, S. 25). Außer- dem ist sie durch eine starke monopolistische Struktur geprägt, was dazu führt, dass nur wenige Unternehmen, wie IBM, SAP, Intel oder Microsoft, den Markt dominieren. Andere Organisa- tionen sind demzufolge stark von den Vorgaben der führenden Hersteller abhängig und beein- flussbar. Außerdem herrscht dadurch ein hoher Grad von Standardisierung. Die Vereinheitli- chung der IT-Architekturen führt zudem zu einer besonders intensiven Wettbewerbsstruktur. Auch die hohe Verhandlungsmacht der Partner und Zulieferer verstärkt diesen Effekt. Die IT- Branche bietet eine große Bandbreite an Infrastruktur-Produkten, -Lösungen und -Services so- wie Managed-Infrastructure-Angeboten und diverse Kombinationen daraus. Durch dieses um- fangreiche Angebot und vielseitige Einstellungsmöglichkeiten können Kunden trotz Standardi- sierung eine individuelle IT-Infrastruktur errichten, die an die jeweilige Marktsituation und in- dividuelle Bedürfnisse angepasst werden kann (Striewski 2015, S. 25).
Der IT-Sektor ist im Vergleich zum Branchendurchschnitt besonders dynamisch und innovativ (Dill & Straus 2015b, S. 52; Raghavendra & Krishna 2015, S. 389f.), aber ein stetiger Wandel war schon immer kennzeichnend für die Branche (Fisch & Roß 2009, S. 229f.). Dieses Phäno- men wird deutlich, wenn man sich die Entwicklung von Großrechnern bis zu den heutigen Smartphones vor Augen führt. Die Datenströme werden zunehmend größer und schneller und die dafür notwendige Hardware immer kleiner und ausgeklügelter (Dill & Straus 2015b, S. 52). Die Kehrseite dieses Prozesses ist, dass „aktuelle“ Technik und Technologien sehr schnell ver- alten (Dill & Straus 2015b, S. 52). Das macht den Sektor für die IT-Anbieter unsicher, da sich die Anforderungen für die angebotenen Produkte und Dienstleistungen rasch ändern können und es damit für die Anbieter enorm schwierig ist, Prognosen hinsichtlich der Technologieent- wicklung zu treffen (Dill & Straus 2015b, S. 52f.). Gerade aufgrund der genannten Umweltbe- dingungen sind in der IT-Branche regelmäßige Innovationen unumgänglich und sollten deshalb besonders stark in der strategischen Ausrichtung einer Organisation verankert sein (Talati & Bradley 2012, S. 1f.). Bei diesem außerordentlich schnelllebigen Industriezweig werden fort- während neue Lösungen von den Kunden verlangt (Talati & Bradley 2012, S. 1ff.), die Schinke jedoch vorwiegend positiv sieht: „Innovationen in der IT-Branche stellen nicht nur Neuerungen für das entwickelnde Unternehmen dar, sondern gleichzeitig auch immer eine Innovation, die beim Kunden implementiert werden muss. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bietet sich hier eine Vielzahl von Möglichkeiten und Chancen“ (Schinke 2009, S. 1). Ein effizientes Innovationsmanagement kann die Anwender bei diesen Aufgaben unterstützen (Schinke 2009, S. 2ff.; Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13ff.).
Die genannten Charakteristika und Anforderungen an die IT-Branche sollten bei der Planung und Durchführung von Innovationen beachtet werden. Für Organisationen ist es aus diesem Grund ratsam, sich damit auseinanderzusetzen, welche speziellen Anforderungen sie an ihr In- novationsmanagement haben und wie sie dieses praktisch umsetzen können (Raghavendra & Krishna 2015, S. 388ff.). Im Wirtschaftszweig der IT-Branche und zunehmend auch in anderen Bereichen wird in der Regel auf einen definierten, umfassenden Prozess zurückgegriffen, wenn Innovationsprojekte realisiert werden sollen (vgl. auch im Folgenden Raghavendra & Krishna 2015, S. 389). Dieser kann ein Unternehmen effizient von der originären Idee über die Ent- scheidung bezüglich der Realisierbarkeit bis hin zur Markteinführung unterstützen. Dennoch sollte er flexibel genug sein, um beispielsweise auf neue Anforderungen reagieren zu können. Als Grundlage dienen dabei verschiedene Modelle, die den Innovationsablauf abbilden. In den meisten Fällen basiert dieser Prozess auf dem sogenannten Stage-Gate-Verfahren, das im Laufe dieser Arbeit noch näher beschrieben wird (Cooper 2007, S. 67ff.; Fisch & Roß 2009, S. 231ff.; Maizlish & Handler 2010, o.S.). Dabei werden mit dem Modell oftmals Closed- und Open- Innovation-Ansätze verbunden (vgl. auch im Folgenden Fisch & Roß 2009, S. 231f.). Dies be- deutet, dass die Organisation nicht nur selbst auf den Innovationsprozess einwirken kann, son- dern auch Akteure wie Kunden, Anwender oder Forschungseinrichtungen aktiv am Prozess teilhaben können, insofern es das innovierende Unternehmen zulässt. Ein Beispiel für ein Un- ternehmen, das ein solches Innovationsmanagementsystem erfolgreich mit Softwareunterstüt- zung implementiert hat, ist Fujitsu Computers. Auch dort konnte das Stage-Gate-Modell als Basis für eine angewandte Innovationsmanagementsoftware dienen (Fisch & Roß 2009, S. 231ff.; Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13ff.).
Insbesondere wegen der stetigen Dynamik in der IT-Branche, die besonders viele Innovationen verlangt, kann der Open-Innovation-Ansatz dabei helfen, dem Innovationsdruck standzuhalten (Schinke 2009, S. 21). Open Innovation führt nicht selten zu kreativen und brauchbaren Ideen von unternehmensexternen Personen und ermöglicht so eine zusätzliche Unterstützung bei der Produktentwicklung und -evaluation (Picot & Doeblin 2003, S. 9ff.; Schinke 2009, S. 21ff.). Vernetzte Strukturen und Transparenz sorgen für eine rege Beteiligung an der Wertschöpfungs- kette eines Produkts oder einer Dienstleistung (Fisch & Roß 2009, S. 231f.). Auch Innovations- software fokussiert zunehmend die Öffnung des Innovationsprozesses und die damit zusam- menhängende Einbindung von externen Usern (Hüsig & Kohn 2011, S. 407). (Hüsig & Kohn 2011, S. 407). Es wird dabei deutlich, dass meist nicht ein einzelner Faktor, sondern eine Kom- bination aus mehreren Faktoren für den Innovationserfolg verantwortlich ist (Schinke 2009, S. 21f.). Beispielsweise hat die Verknüpfung von Produkt- und Prozesstechnologien in der Praxis meist den größten Innovationserfolg (Schinke 2009, S. 21). Eine exemplarische Kombination wäre die Steigerung des Kundennutzens (Produkttechnologie) bei gleichzeitiger Reduzierung der Herstellungskosten (Prozesstechnologie).
Das Innovationsmanagement ist in der IT-Branche durch eine hohe Komplexität geprägt, da es sich um ein verflochtenes System handelt, das durch eine große Anzahl von Elementen und eine hohe Verknüpfungsdichte zwischen den Elementen gekennzeichnet ist (Schoeneberg 2014, S. 94f.). Bei komplexen Systemen wie es beim Innovationsmanagement der Fall ist, ist das Auseinanderfallen des Zusammenhanges von Ursache und Wirkung typisch, was die Kom- plexität weiter erhöht (Schoeneberg 2014, S. 95ff.). Zudem wird deutlich, dass der IT-Markt sehr heterogen sowie schnelllebig ist und in den letzten Jahren eine rasante Wandlung durch- lebte (Schoeneberg 2014, S. 95). Diese Dynamik wird auch für die Zukunft prognostiziert und Organisationen müssen diesen hohen Anforderungen gerecht werden (Schoeneberg 2014, S. 95ff.). Die gängigsten Mittel der Komplexitätsreduktion im Innovationsprozess sind in der Praxis durchdachte und standardisierte Prozessmodelle, die sich sehr gut durch Software abbilden lassen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S.20ff.; Schoeneberg 2014, S. 95ff.).
2.2 Nutzenpotenziale für die Anwender
Neue Produkte ermöglichen Wettbewerbsvorteile und helfen bei der Erschließung neuer Kun- dengruppen (Khurum et al. 2015, S. 595f.). Um die Erfolgschancen von Produkteinführungen zu erhöhen, wird in der Praxis ein universelles Set von Determinanten und Aktivitäten empfoh- len, das Innovationen begleitet (Khurum et al. 2015, S. 595). Dabei ist zu beachten, dass be- stimmte Aktivitäten im Innovationsprozess nicht allgemeingültig für jede Branche implemen- tiert werden können, da die individuellen Eigenschaften der Unternehmen kontextbezogen an- gegangen werden müssen (Schoeneberg 2014, S. 96ff.). Dennoch gibt es grundlegende Pro- zesse, die bei den meisten Organisationen auf die gleiche Weise ablaufen, hierfür dienen allge- meingültige Ansätze, die bei der Bewältigung des Innovationsvorhabens helfen (Khurum et al. 2015, S. 595ff.).
Im Innovationsmanagement werden Innovationen geführt, gesteuert und kontrolliert (Rügge- berg & Burmeister 2008, S. 19). Dabei ist es hilfreich, grundsätzliche Prozesse zu standardisie- ren (Cugini et al. 2009, S. 632f.). Für die Umsetzung existiert zum einen Innovationssoftware, die bei der Durchführung von Innovationen unterstützt und zum anderen Lösungen, die das Management begleiten (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16ff.; Hüsig & Kohn 2009, S. 553f.; Chen et al. 2015, S. 235f.). Aufgrund der zunehmenden Popularität stellt CAI einen klaren Trend in der CAx-Technologiefamilie dar (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13). Innovati- onssoftware macht es möglich, den Nutzen von bestehendem Wissen und Ressourcen zu maxi- mieren und dient der Effizienzsteigerung von Innovationen unterschiedlichster Arten (Hüsig & Kohn 2009, S. 553). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welchen Mehrwert CAI- Software gegenüber der klassischen Vorgehensweise, nämlich die Durchführung von Innova- tionen ohne spezifische Software, hat. Auch wenn das Thema noch nicht ausreichend erforscht ist, lassen sich schon deutliche Mehrwerte erkennen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16f.). Diese wurden wissenschaftlich analysiert und in vier Kategorien unterteilt: Effizienzsteige- rung, Effektivitätssteigerung, Kompetenzsteigerung und Kreativitätssteigerung (Hüsig & Kohn 2009, S. 553f.). Sie stellen die positive Effekte dar, die durch den Einsatz spezieller Innovati- onssoftware erzielt werden können (Hüsig & Kohn 2009, S. 553f.; Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16).
Die Effizienzsteigerung macht sich besonders bei Informations- und Entscheidungsprozessen bemerkbar (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16f.; Hüsig & Kohn 2009, S. 553). Die Software führt zur Steigerung der Effizienz, weil sie die Integration, Modifikation und den Transfer von Daten und Informationen im Gegensatz zu klassischen, nicht-softwarebasierten Methoden er- leichtert und die Komplexität reduziert (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 553ff.). In der Praxis können dadurch beispielsweise hochqualifizierte und für den Arbeitgeber kosten- intensive Mitarbeiter entlastet werden, indem einfachere Aufgaben an weniger qualifizierte An- gestellte delegiert werden. Dies führt zu einer ökonomischeren betriebsinternen Aufgabenver- teilung. Da es sich um ein globales System handelt, das das gesamte Unternehmen mitsamt seiner Umwelt beachtet, müssen Daten, die auf herkömmliche Art und Weise mehrfach ange- legt werden, mit Unterstützung von CAI nur noch einmal erfasst werden. Durch die leichtere Pflege von Daten in einem Softwaresystem lassen sich die Transaktionskosten senken. Zudem sind solche Systeme weniger fehleranfällig und die Geschwindigkeit bei der Bearbeitung der Daten nimmt zu. Einige CAI-Lösungen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, automatisierte Reports, Dokumentationen und Analysen zu erstellen (Chen et al. 2015, S. 2335f.). Standardi- sierte Entscheidungsprozesse werden unterstützt, optimiert und teilweise völlig vom System übernommen. Dies alles erhöht die Produktivität in der Organisation und lässt den NPD-Prozess (New Product Development) effizienter werden (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16f.).
Das zweite Nutzenpotenzial von CAI ist die Effektivitätssteigerung (Hüsig & Kohn 2009, S. 553f.). Innovationssoftware ermöglicht es, relevante Informationen schnell zu identifizieren, um diese im Anschluss weiterzuverarbeiten (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16). Weniger erfolgsversprechende Innovationsideen können auf diese Weise frühzeitig herausgefiltert wer- den (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16f.). Allerdings muss das System so flexibel sein, dass vielversprechende Ideen im Innovationsprozess nicht verloren gehen (Hüsig & Kohn 2009, S. 553). Die möglichst frühe Identifikation und Förderung guter Ideen ist der größte erfolgskri- tische Faktor im NPD-Prozess (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 17f.). Dabei hat CAI das Potenzial, den Entscheidungsfindungsprozess zu optimieren, da eine Software mehr Informati- onen verarbeiten und dabei auch mehr alternative Szenarien abbilden kann, was schlussendlich zu einer Unsicherheitsreduktion im Innovationsprozess führt (Hüsig & Kohn 2009, S. 553f.). Außerdem fand man bei einer wissenschaftlichen Untersuchung heraus, dass CAI-Systeme da- bei helfen, Benchmarking in Bezug auf NPD-Projekte zu betreiben (Hüsig & Kohn 2009, S. 553).
Durch die Gegenüberstellung eines laufenden Projekts mit erfolgreichen, bereits durchgeführ- ten Innovationen lässt sich der gesamte Prozess zusätzlich optimieren und die Entscheidung für die richtigen Projekte erleichtern, was zu einem Effektivitätszuwachs führt. Des Weiteren kann ein entsprechendes System dabei unterstützen, Daten über Wettbewerber und Kunden besser zu analysieren und zu evaluieren (Hüsig & Kohn 2009, S. 553ff.). Somit kann CAI das Ma- nagement unterstützen und dabei helfen, die Qualität der Produkte zu verbessern, indem die Komplexität des Innovationsprozesses deutlich reduziert wird (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18). Komplexe Informationen können zudem aufbereitet und den Mitarbeitern, aber auch Partnern, Kunden oder Lieferanten verständlich und einfacher übermittelt werden (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 553ff.). Diesen Gruppen wird auf diese Weise das Front- End des Innovationsprozesses zugänglich gemacht und zusätzliche Informationsvielfalt gebo- ten. Das Front-End stellt dabei die vereinfachte Schnittstelle und Visualisierung des komplexen Innovationsprozesses dar; insbesondere geht es dabei um das Ideenmanagement. Besonders bei der Interaktion mit den Kunden bedeutet dies einen hohen Mehrwert, weil Ideen und Feedback eingeholt werden können. Dies kann durch die Software besonders früh geschehen und damit das Risiko einer Fehlentwicklung deutlich minimiert werden. Die Effektivität in Bezug auf die Entwicklung der richtigen Produkte wird dadurch ebenfalls unterstützt. Da der Innovationspro- zess mit einer limitierten Anzahl von Ressourcen auskommen muss, ist die Wahl der richtigen Arbeitsschritte erfolgsentscheidend (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 17f.). Eine Innovati- onssoftware kann dabei eine enorme Unterstützung darstellen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 17).
Die Kompetenzsteigerung ist ein weiteres Nutzenpotenzial einer CAI-Lösung (Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Die Innovationssoftware kann die Transparenz der Innovationsprozesse unter- stützen und innerhalb des Unternehmens für eine höhere Akzeptanz sorgen (Hüsig & Kohn 2009, S. 554f.). Sie unterstützt das Management auch bei der Verteilung des Wissens, indem die relevanten Informationen den betreffenden Mitarbeitern zugänglich gemacht werden, was zusätzlich den Austausch untereinander fördert (Hüsig & Kohn 2009, S. 554f.).
Außerdem ermöglichen viele CAI-Systeme mit simplen und übersichtlichen Benutzeroberflä- chen auch weniger versierten Anwendern die Beteiligung am Innovationsprozess (vgl. auch im Folgenden Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18). Auf diese Weise wird der komplexe Inno- vationsprozess für die entsprechenden Mitarbeiter deutlich greifbarer. Ein Beispiel für die Komplexitätsreduktion ist der Einsatz eines Szenario-Management-Systems. Der Anwender kann mit der Software produktiv arbeiten und muss dazu nicht die komplexen Algorithmen zur Berechnung der Szenarien verstehen. CAI ermöglicht zudem einen permanenten Wissenstrans- fer und fördert die Arbeit auf einem aktuellen wissenschaftlichen Niveau, da neue Erkenntnisse durch Updates bzw. Versionsneuerungen nahtlos eingespielt werden können (Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Somit wird die persönliche Weiterentwicklung der Angestellten und in der Folge auch das organisationale Lernen sowie die Zusammenarbeit gefördert (Waldmannstetter & Hü- sig 2009, S. 18).
Das vierte und letzte Nutzenpotenzial von CAI ist die Kreativitätssteigerung (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Für den Innovationserfolg ist eine ausgeprägte Krea- tivität unerlässlich, da sie der Schlüssel zum Erfolg des Innovationsvorhabens ist. Jede Innova- tion startet mit Ideen; somit muss in der Anfangsphase des Innovationsprozesses die Kreativität besonders gefördert werden. Es kommt primär auf eine möglichst hohe Anzahl von Ideen und erst sekundär auf deren Qualität an, denn die Beurteilung der Qualität wird erst in den späteren Phasen des Prozesses vorgenommen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Softwareeinsatz in In- novationsprojekten die Kreativität überhaupt fördern kann. Dies scheint der Fall zu sein, denn mehrere wissenschaftliche Studien zeigten, dass CAI den Kreativitätsprozess stimulieren und den Ideenfindungsprozess unterstützen kann (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18). Die Soft- ware wirkt sich bei den Anwendern durch die Kollaborationsmöglichkeiten und das hinterlegte Fachwissen positiv und stimulierend auf die Anzahl und die Qualität der Ideen aus und fördert dadurch die kollektive Intelligenz (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18f.; Flores et al. 2015a, S. 9343). Außerdem können den Anwendern durch CAI neue Informationskanäle zugänglich gemacht werden, wenn diese in der Lösung hinterlegt sind (Hüsig & Kohn 2009, S. 554f.).
Nicht zuletzt helfen entsprechende Lösungen auch beim Abbau von Barrieren, weil einer gro- ßen Anzahl von Anwendern ein direkter Zugang zum Innovationsprojekt ermöglicht werden kann (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Dies erlaubt zudem die leichte Integration von externen Interessengruppen wie Kunden, Partnern oder Lieferanten. Ein Bei- spiel für den Effekt der Kreativitätssteigerung ist der Einsatz von softwaregestützten „Electro- nic-Meeting-Technologien“. Diese haben einen positiven Effekt auf die Produktivität von Gruppen in kreativen Prozessen, indem sie Besprechungen über große Distanzen hinweg er- möglichen und dadurch mehr Diskussionen fördern. Zusammenfassend kann festgehalten wer- den, dass eine Software die Kreativität hinsichtlich Qualität und Quantität stimulieren kann (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18).
Die vier genannten Bereiche der Nutzenpotenziale sind voneinander abhängig und können sich gegenseitig begünstigen, aber auch schwächen (Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Es bestehen somit Interdependenzen zwischen den verschiedenen Potenzialen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18). Beispielsweise sorgt ein gutes Ideenmanagementsystem für die Verbesserung der Kre- ativität der Anwender und in der Folge für eine höhere Anzahl von Ideen, was wiederum sehr umfangreiche Datensätze erzeugt (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Eine Software für die Sammlung und Aggregation von großen Datenmengen fördert die Effizienz im Innovationsprozess. Jedoch kann die Effizienz nur erreicht werden, wenn genügend Daten erhoben werden, was zeigt, dass eine ausgeprägte Kreativität eine positive Wirkung auf die Effizienz in Innovationsprojekten hat. Derartige Beziehungen bestehen zwischen allen Berei- chen der verschiedenen Nutzenpotenziale und sollten beim Betrieb der Innovationslösung be- achtet werden (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 18; Hüsig & Kohn 2009, S. 554). Die fol- gende Grafik soll die vier verschiedenen Nutzenbereiche visualisieren und die Interdependen- zen verdeutlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Nutzenpotenziale von CAI-Lösungen (Quelle: In Anlehnung an Hüsig & Kohn 2009, S. 554)
2.3 Entstehung und Entwicklung der Software
Das Innovationsmanagement stößt in vielen Anwendungsbereichen auf großes Interesse, was zur Folge hat, dass sich auch Politik, Wirtschaft und Wissenschaft mit diesem Thema beschäf- tigen (Mai 2014, S. 73ff.). Man ist sich einig, dass Innovationen mehr als das bloße Erfinden und Entwickeln von neuen Produkten ist und es sich vielmehr um ein komplexes, multidimen- sionales System handelt, das sehr unterschiedliche Facetten hat (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 551). Innovationen betreffen daher unterschiedlichste Bereiche, wie Techno- logien, Märkte, Strukturen, Kulturen, Strategien, Systeme, Produkte oder Dienstleistungen (Mai 2014, S. 73ff.). Der Innovationsprozess ist dabei in der Regel iterativ, interaktiv, kontext- bezogen, multitaskingfähig, unsicher, pfadabhängig und das Resultat aus Kombinationen von Zwecken und Mitteln (Franke & Von Braun 2013, S. 95). Um diesen sehr komplexen und ver- flochtenen Prozess von der Ideenfindung bis zur Marktdiffusion zu strukturieren, können wis- senschaftliche Forschungsergebnisse Grundlagen und Leitlinien bieten (Franke & Von Braun 2013, S. 95f.). In der Praxis bestehende Innovationsprozesse wurden analysiert und Modelle für die Erklärung und Umsetzung von Innovationen geschaffen (Franke & Von Braun 2013, S. 95). Praktiker und Wissenschaftler arbeiten hier zusammen und bei der Innovationsfor- schung wird auf die entsprechenden Praxiserfahrungen und -gegebenheiten der Wirtschaft zurückgegriffen; diese wiederum profitiert von den Erkenntnissen der Forschung (Franke & Von Braun 2013, S. 95).
Für Unternehmen, die sich mit diesen komplexen Innovationsvorhaben auseinandersetzen und mehrere dieser Projekte parallel bearbeiten, ist es ebenfalls meist unerlässlich, Innovationen strukturiert und organisiert durchzuführen (Schinke 2009, S. 2). Diverse praxisorientierte Stu- dien belegen, dass ein professionelles Innovationsmanagement sowie ein strukturierter Pro- duktentwicklungsprozess eine Optimierung der Innovationsfähigkeit und einen höheren Inno- vationserfolg bewirken können (Schinke 2009, S. 2ff.). Für die Strukturierung und Visualisie- rung dieser Prozesse eignet sich der Einsatz von Softwarelösungen, da diese die nötige Über- sichtlichkeit gewährleisten können und sich schon in Bezug auf andere Unternehmensprozesse bewährt haben (Wölfe & Schubert 2007, S. 1f.). Aus diesem Grund wurde in letzter Zeit ein besonderes Augenmerk auf Innovationssoftware bzw. auf CAI gelegt (Waldmannstetter & Hü- sig 2009, S. 13f.).
Mit CAI ist Waldmannstetter und Hüsig zufolge ein völlig neuer Fachbereich von Unterneh- menssoftware entstanden (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13). Anfänglich wurde dieser noch stark kritisiert und bezüglich seiner Sinnhaftigkeit hinterfragt, doch die stetig steigende Nachfrage bestätigt die Notwendigkeit spezifischer Softwarelösungen für das Innovationsma- nagement (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13ff.). CAI konkurriert mit den herkömmlichen, bestehenden Methoden des Innovationsmanagements (z. B. Word, Excel, E-Mail-Kommunika- tion) und hat das Potenzial, diese völlig abzulösen (vgl. auch im Folgenden León 2009, S. 539; Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13ff.; Hüsig & Kohn, 2011, S. 407ff.). Bei den meisten großen Unternehmen hat sich CAI bereits durchgesetzt und auch kleinere und mittelständische Organisationen entdecken zunehmend die Sinnhaftigkeit von CAI-Lösungen. Die Vielseitigkeit von Innovationssoftware kann Innovationen auf ganz unterschiedliche Weise voranbringen. Beispielsweise kann sie bereits im ersten Schritt, der Kreativitätsphase, die Produktdesigner bei der Ideenfindung unterstützen. Dieses Stadium des Innovationsprozesses, auch „Fuzzy Front End of Innovation“ genannt, kann zwar nur schwer prozessual begleitet, aber durch strukturierte Ideensammlung und Aufbereitung unterstützt werden. Andere Lösungen führen den Anwender durch spätere Schritte des Innovationsvorhabens oder bilden den gesamten Prozess ab.2
Empirische Erhebungen zeigen zudem, dass innovationsunterstützende Software einen Schlüs- selfaktor für das Innovationsmanagement darstellt, da sie die Projektteams durch die Komple- xität der Entwicklung eines neuen Produkts führt und dadurch den Erfolg der Innovation ent- scheidend mitbestimmen kann (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 13). Auch verwandte Soft- warelösungen wie „Product Life Cycle Management Tools“ (PLCM) können in die Innovati- onssoftware integriert werden bzw. diese ergänzen (León 2009, S. 540). PLCM-Tools helfen den gesamten Produktlebenszyklus zu begleiten und durch optimierte Algorithmen lässt sich der Zeitraum bis zur Markteinführung erheblich verkürzen (León 2009, S. 540ff.). Dadurch werden die Entwicklungskosten gesenkt und die Wettbewerbsfähigkeit erhöht (Waldmannstet- ter & Hüsig 2009, S. 17). Weitere Vorteile von CAI sind die Erhöhung der Produktfunktiona- lität, die Verbesserung der Produktqualität und die Verringerung von Umweltbelastungen durch einen effizienteren Einsatz von Ressourcen (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16ff.). Auch für die nächsten Jahren wird prognostiziert, dass der Einsatz von Tools, die die einzelnen Pha- sen des Produktentwicklungsprozesses und somit das gesamte Innovationsmanagement unter- stützen, immer mehr an Bedeutung gewinnen werden (Hüsig & Kohn 2011, S. 557; Hüsig 2015, S. 18ff.).
Innovationssoftware basiert oftmals auf einem wissenschaftlichen Fundament (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 551f.; Reiß 2012, S. 9f.). Zum Tragen kommen dabei In- strumente, Methoden und Prozessmodelle, die den Innovationsprozess strukturieren und opti- mieren. Theoretische Grundlagen und Methoden wie TRIZ (Theorie des erfinderischen Prob- lemlösens), QFD (Quality Function Deployment) oder FMEA (Failure Mode and Effects Ana- lysis) helfen den Anwendern zu innovieren. Unterschiedliche Prozessmodelle, wie das Stage- Gate-Verfahren oder das Concurrent Engineering unterstützen dabei, Innovationen zu struktu- rieren und zu organisieren. Hier geschieht Managementunterstützung durch Führung, Steue- rung und Kontrolle der Organisation von Innovationen. Tools, die Bereiche wie CAD (Compu- ter-Aided Design), CAE (Computer-Aided Engineering) oder CAM (Computer-Aided Manu- facturing) abbilden, unterstützen den Innovationsprozess in spezifischen Bereichen zusätzlich durch ihre individuelle Logik bei der Produktentwicklung. In der Literatur werden die wissen- schaftlich fundierten Methoden-Modelle Stage-Gate und TRIZ im Zusammenhang mit CAI am häufigsten genannt (León-Rovira & Cho 2007, S. 2ff.; Cugini et al. 2009, S. 629ff.; Hüsig & Kohn 2009, S. 551; Grönlund et al. 2010, S. 106ff.; Hüsig & Kohn 2011, S. 408; Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 135ff.). Aus den beiden Ansätzen heraus entstanden auch die ersten Überlegungen, Innovationen durch eine Software abzubilden und auch heute sind sie in vielen Softwarelösungen eingebettet; es handelt sich somit um die Entstehungsgrundlage für Innova- tionssoftware (León-Rovira & Cho 2007, S. 2ff.; Cugini et al. 2009, S. 629ff.; Hüsig & Kohn 2009, S. 551; Grönlund et al. 2010, S. 106ff.). Aus diesen Gründen werden beide Modelle in diesem Kapitel genauer beschrieben. Mittlerweile sind in den Lösungen auch diverse andere wissenschaftliche, aber auch nichtwissenschaftliche Methoden und Ansätze hinterlegt.
In wissenschaftlichen Publikationen wird CAI-Software neben der Unterscheidung nach An- wendungsgebieten auch hinsichtlich der Anwendungstiefe unterschieden (Flores et al. 2015a, S. 9343f.; Flores et al. 2015b, S. 90ff.). Dieser Ansatz, der in der Literatur auf die Implemen- tierung von Open-Innovation-Tools bezogen ist, lässt sich übertragen und kann auf CAI-Lö- sungen im Allgemeinen generalisiert werden. Die Managementstrategie ist dabei der oberste Bereich von CAI und umfasst alle Lösungen, die das Management strategisch bei seinen Inno- vationsvorhaben unterstützt (vgl. auch im Folgenden Flores et al. 2015a, S. 9343f.). Die zuge- hörige Software gestaltet sich dabei nicht sehr detailorientiert, jedoch ist sie sehr umfassend ausgelegt, damit verschiedenste Unternehmensbereiche gesteuert werden können. Hierzu kön- nen beispielsweise Lösungen gezählt werden, die Stage-Gate abbilden. In den Bereichen For- schungsfeld sowie Mechanismus geht es einerseits um die zugrundeliegenden wissenschaftli- chen Methoden für die Durchführung von Innovationen und andererseits um konkrete Work- flows in der Software, die diese Methoden umsetzen können. TRIZ-Software wäre ein Beispiel für dieses Segment, da sie sich bereits mit der Innovationsumsetzung auseinandersetzt. Im letz- ten Bereich, den technologischen Elementen, wird CAI bis zu den einzelnen Unternehmens- prozessen heruntergebrochen. Software kann auf dieser Ebene bei einzelnen Arbeitsprozessen unterstützen, die zu den Innovationen beitragen. Hierzu lässt sich CAD-Software zählen, da diese einen konkreten Teilbereich einer Produktneuerung unterstützen.
Die erste wissenschaftliche Methode, die hier vorgestellt wird, ist die Erfindungsmethode TRIZ, die 1946 vom russischen Wissenschaftler Genrich Altshuller entwickelt wurde (Aze- vedo et al. 2014, S. 81; Klein 2014, S. 4). Die Abkürzung stammt aus dem Russischen (Teoria reschenija isobretatjelskich zadatsch) und steht für die Theorie des erfinderischen Problemlö- sens (Löhr 2013, S. 145). Das Modell ist sehr umfangreich und kann unterschiedlich eingesetzt werden (Löhr 2013, S. 145f.). Grundsätzlich handelt es sich um ein Instrument, das Ingenieure bei der Durchführung eines Innovationsvorhabens unterstützt (Löhr 2013, S. 145). Altshullers Ansatz geht davon aus, dass es möglich ist, den kreativen Erfindungsprozess zu systematisieren und dabei den Zufall weitgehend auszuschließen (Herstatt et al. 2014, S. 63). Durch eine opti- male Strukturierung des Problemlösungsprozesses soll die Ideenfindungszeit erheblich verkürzt und die Voraussetzung für ein Durchbruchsdenken geschaffen werden (Löhr 2013, S. 145). Die Methode beinhaltet hierzu eine Sammlung verschiedener Methoden und Werkzeuge (Herstatt et al. 2014, S. 63f.).
Die Grundlage von TRIZ wurde durch die Analyse von 200.000 russischen Patenten entwickelt (vgl. auch im Folgenden Altshuller et al. 1997, S. 15ff.; Livotov 2008, S. 3f.; Klein 2014, S. 1ff.). Mittlerweile ist der Umfang auf ca. 2,5 Mio. internationale Patente gewachsen. Bei der Abstraktion von Problemstellungen und deren Lösungen fand man gewisse Regelmäßigkeiten und erkannte, dass sich sowohl die Probleme als auch deren Lösungen in unterschiedlichsten technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen wiederholen. Außerdem verläuft die Evo- lution von technischen Systemen stets nach ähnlichen Mustern und man kam zur Erkenntnis, dass Inventionen oftmals auf der Nahtstelle unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen liegen. Auf dieser Grundlage wurden die Kernelemente für TRIZ geschaffen und ständig wei- terentwickelt. TRIZ setzt auf objektive Entwicklungsgesetze technischer Systeme und ermög- licht dem Anwender auf diese Weise die gezielte Suche nach speziellen Problemlösungen. Da- mit steht diese Methode als Gegenpol zu herkömmlichen Erfindungstechniken wie dem Brainstorming, der morphologischen Analyse oder der Synektik, die alle einen „Versuch-und- Irrtum“-Ansatz haben. Im Mittelpunkt des TRIZ-Verfahrens stehen die Identifikation, das Ver- stärken und die Elimination von technischen und physikalischen Widersprüchen. Bei der Ana- lyse des technischen Widerspruchs werden zwei kontroverse Eigenschaften eines technischen Systems gegenübergestellt und versucht, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Ein Bei- spiel hierfür ist die Verbesserung der Leistung eines Motors ohne Erhöhung des Treibstoffver- brauchs (Herstatt et al. 2014, S. 63).
Das klassische TRIZ besteht aus sieben verschiedenen Werkzeugen, die dabei helfen, gegebene technische Probleme zu analysieren und entsprechende Lösungen zu finden (vgl. auch im Fol- genden Binner 2015, S. 157). TRIZ besteht somit nicht aus einem einzelnen Verfahren, sondern aus einer Sammlung verschiedener Methoden. Im Folgenden werden die klassischen Ansätze aufgeführt:
1. Innovationsprinzipien und Widerspruchsmatrix
2. Separationsprinzipien zur Lösung physikalischer Widersprüche
3. Algorithmus bzw. Schrittverfahren zur Lösung der Erfindungsprobleme (ARIZ)
4. System von 76 Standardlösungen und Stoff-Feld-Analyse (SFA)
5. S-Kurven und Gesetze der Entwicklung von Systemen (Evolutionsgesetze der techni- schen Entwicklung, Gesetzmäßigkeiten der technischen Evolution)
6. Prinzip bzw. Gesetz der Idealität
7. Modellierung technischer Systeme mit Hilfe „Kleiner Männchen“ (Zwerge-Modelle) Zu diesen Methoden des klassischen TRIZ-Ansatzes kamen im Laufe der Zeit noch weitere Methoden, die von Schülern Altshullers entwickelt wurden (Binner 2015, S. 157f.). Sie werden in dieser Arbeit jedoch nicht näher erläutert.
Die Innovationsprinzipien der Widerspruchsmatrix sind das bekannteste TRIZ-Instrument (Pannenbäcker 2001, S. 97; Tan 2015, S. 1f.). Auch dieses basiert auf der Analyse von Patenten (vgl. auch im Folgenden Lunau 2013 S. 302ff.; Müller-Prothmann & Dörr 2014, S. 103f.). Da- raus entstanden 40 Innovationsprinzipien sowie 39 technische Parameter. Die Parameter stellen dabei annähernd alle existierenden technischen Probleme dar und helfen bei Problemlösungen und der Optimierung von Produkten und Systemen. Eine grundlegende Neuentwicklung ist mit diesem Instrument jedoch nicht möglich. Bei der Anwendung der Widerspruchsmatrix muss die Frage gestellt werden, welcher technische Parameter durch die Innovation verbessert wer- den soll und welcher andere Parameter darunter leidet. Das Ziel ist die Generierung von Lö- sungsansätzen, um mit Hilfe des jeweiligen Parameter-Paares eine geeignete Lösung zu finden. In der Praxis werden die technischen Widersprüche aus einem konkreten Problem abgeleitet und dienen im Anschluss als Grundlage für die Widerspruchsmatrix. Dort können an der ent- sprechenden Stelle Lösungen für die Widersprüche abgelesen werden. Insgesamt besteht das Instrument aus 40 Innovationsprinzipien und je nach Parametern werden unterschiedliche Lö- sungen für die Probleme vorgeschlagen. Diese abstrakten Lösungen können auf die konkrete Problemstellung angewendet werden und so zu einer praktischen Problemlösung verhelfen. Der Ablauf bei der Anwendung der TRIZ-Widerspruchsmatrix wird in der folgenden Grafik visua- lisiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Anwendung der TRIZ-Widerspruchsmatrix (Quelle: Lunau 2013, S. 303)
Die Widerspruchsmatrix besteht aus einer großen Tabelle mit zwei Achsen, wobei sich auf der vertikalen Achse die Parameter befinden, die verbessert werden sollen, und auf der horizontalen Achse diejenigen, die sich auf Grund der Optimierung verschlechtern (Gadd 2011, S. 109f.). Daraus ergeben sich zahlreiche Kombinationen und demzufolge auch Lösungsansätze (Löhr 2013, S. 145ff.). Mit einer konkreten Problemstellung kann man somit definierte Lösungsan- sätze ablesen, die auf Tausenden von ausgewerteten Patenten basieren (Gadd 2011, S. 109). Sollte der richtige Lösungsansatz nicht gefunden werden, können andere Lösungsmöglichkei- ten evaluiert werden (Gadd 2011, S. 109f.). Das Modell basiert auf der Annahme, dass sich Problemstellungen im Innovationsmanagement wiederholen und deswegen mithilfe von gene- ralisierten Lösungsstrukturen angegangen werden können (Lunau 2013, S. 303f.).
Die praktische Einsatzweise der TRIZ-Widerspruchsmatrix lässt sich am fiktiven Beispiel eines Bussitzes erklären, der innoviert werden soll, damit er diebstahlsicherer wird (vgl. auch im Fol- genden Lunau 2013, S. 303ff.). Unter der Optimierung der Sicherheit würde jedoch die Mon- tagezeit des Sitzes leiden (längere Einbauzeit wegen Sicherheitsmechanismen), wodurch sich gemäß der TRIZ-Widerspruchsmatrix vier Parameter, die verbessert werden können bzw. sich verschlechtern würden, ableiten ließen. Die zu verbessernden Faktoren wären im Beispiel Pa- rameter 16 und 30, das sind die „Haltbarkeit eines stationären Objekts“, im konkreten Fall die Diebstahlsicherheit, und „externe Einflussfaktoren“ (Diebstahl). Dadurch würden sich jedoch auch die zwei Parameter 25 und 34 verschlechtern, dies sind „Zeitverlust“ und „Reparatur- freundlichkeit“. Bei der Gegenüberstellung der Parameter ergeben sich verschiedene Lösungs- prinzipien, die das Innovationsteam analysieren könnte - im konkreten Beispiel insgesamt elf. In nächsten Schritt sollten die relevanten Lösungsansätze gewählt werden; am Beispiel des Bussitzes wären dies das Innovationsprinzip 2 (Abtrennung und Ausgliederung - Beschrän- kung auf notwendige Elemente oder Funktionen von Objekten) und Innovationsprinzip 10 (Vorgezogene Aktion - räumlich sinnvolle Anordnung zeitnah benötigter Objekte). Mit diesen beiden Ansätzen könnte in einem Brainstorming die Lösung des Widerspruchs erarbeitet wer- den. Als Lösung könnte eine durchgehende, von der Sitzkonstruktion getrennte Halterschiene konstruiert werden, in die alle Sitze des Busses hintereinander befestigt werden. Die Schiene wäre dabei fest mit dem Boden verbunden und könnte zentral geöffnet und geschlossen werden. Dies hätte den Vorteil, dass die Montagezeit der einzelnen Sitze sehr gering ist und trotzdem das Diebstahlrisiko erheblich reduziert würde. Die Widerspruchsmatrix kann somit dabei un- terstützen, Innovationen hervorzubringen, indem sie bewährte Lösungen aus der Vergangenheit für ein konkretes Problem darstellt. Die Anwendung ist jedoch relativ komplex, weil die Para- meter sowie die Lösungsprinzipien sehr abstrakt formuliert sind und richtig interpretiert werden müssen (Kang 2004, S. 3). In der folgenden Grafik wird die Widerspruchsmatrix für eine mo- dellhafte Illustration verkleinert dargestellt.3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Darstellung der TRIZ-Widerspruchsmatrix (Quelle: Lunau 2013, S. 303)
TRIZ ist in der Anwendung universeller und praxisorientierter als andere Innovationstheorien (Tao et al. 2015, S. 284f.). Die Widerspruchsmatrix ist nur ein Instrument von TRIZ, in der Praxis jedoch das relevanteste (vgl. auch im Folgenden Müller-Prothmann & Dörr 2014, S. 103f.; Binner 2015, S. 157). Oftmals wird unter TRIZ ausschließlich die Widerspruchsmatrix verstanden und auch viele Innovationssoftwarelösungen basieren auf dieser Methode. Die an- deren TRIZ-Ansätze bieten ebenfalls Unterstützung bei der Realisierung von Innovationsvor- haben; im Zusammenhang mit CAI sind sie jedoch weniger relevant und werden deshalb nicht näher erläutert. Da die Anwendung von TRIZ in der Praxis sehr komplex ist, sollte für die Durchführung ein erfahrener Experte beigezogen werden. Außerdem gibt es weitere, weniger strukturierte Methoden, wie die Versuch-und-Irrtum-Methode oder Brainstorming, die bei der Entwicklung von Innovationen helfen.
Eine in der Praxis etablierte Software für die Methodik ist die TRIZ Basic Software der TRIZ Consulting Group GmbH (vgl. auch im Folgenden Adunka 2016, o.S.). Neben der Wider- spruchsmatrix werden auch weitere Bereiche von TRIZ wie beispielsweise die Stoff-Feld-Ana- lyse oder das Neun-Felder-Denken abgebildet. In Bezug auf die Widerspruchsmatrix unterstützt das Tool zunächst bei der Definition von Projekten, Aufgaben sowie Ideen und leitet den An- wender anschließend hin zu den Lösungsprinzipien des Widerspruchs, die in der Software hin- terlegt sind. Außerdem können an verschiedensten Stellen Notizen vermerkt werden und der Benutzer wird durch eine prozessorientierte Vorgehensweise geleitet. Die Software kann auf der Internetseite des Unternehmens kostenlos heruntergeladen werden. Darüber hinaus gibt es erste Ansätze, die primär nach innen gerichtete TRIZ-Methodik mittels Software auch unter- nehmensübergreifend einzusetzen (Flores et al. 2015a, S. 9340ff.; Flores et al. 2015b, S. 90). Hierbei entstehen CAI-Lösungen, die einerseits TRIZ mit CBR (Case-Based Reasoning), einem maschinellen Lernverfahren zur Problemlösung durch Analogieschluss, kombinieren und an- dererseits durch kollaborative Ansätze die gesamte Belegschaft und die Unternehmensumwelt einbeziehen (Flores et al. 2015a, S. 9345f.).
Als Managementinstrumente für die Durchführung von Innovationen dienen in der Praxis Pro- zessmodelle, die einen ganzheitlichen Überblick in Bezug auf die Innovationsprozesse gewähr- leisten und Hilfestellungen bei der Führung, Steuerung und Kontrolle von Innovationsprojekten bieten (Verworn & Herstatt 2000, S. 4ff.). Der in der Praxis gängigste Ansatz ist dabei das Stage-Gate-Modell (Verworn & Herstatt 2000, S. 4; Billing 2013, S. 38). Es ist neben TRIZ bzw. der TRIZ-Widerspruchsmatrix die zweite hier beschriebene wissenschaftliche Methode als Grundlage von Innovationssoftware und wird in allen Unternehmensgrößen und auf sehr vielseitige Art und Weise eingesetzt (Leithold et al. 2015, S. 130). Viele internationale Groß- unternehmen wie IBM, 3M oder General Motors setzen auf Stage-Gate (Leithold et al. 2015, S. 130f.). In letzter Zeit wurde dieser Prozessablauf aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) interessant, weil er generell die Entwicklung eines betriebsinternen Verständnisses bezüglich des Innovationsprozesses fördert und den Beteiligten zusätzliche Klarheit und Transparenz bringt (Leithold et al. 2015, S. 130ff.). Mehrere empirische Untersuchungen belegen, dass Unternehmen, die gut eingeführte Stage-Gate-Prozesse nutzen, erfolgreicher innovieren als solche, die kein standardisiertes Instrument für Entwicklungsprozesse anwenden (Leithold et al. 2015, S. 130ff.). Der Ablauf und Aufbau von Stage-Gate wird im Laufe dieser wissenschaftlichen Arbeit noch näher definiert.
Neben den beiden beschriebenen Methoden existieren noch zahlreiche weitere wissenschaftli- che Konzepte, die in Innovationstools integriert werden; einige Anbieter kombinieren auch mehrere Methoden in einer Lösung (Hüsig & Kohn 2009, S. 551). TRIZ lässt sich in den Tools beispielsweise sehr gewinnbringend mit den Methoden Quality Function Deployment (QFD) und Taguchi kombinieren (Abresch 2007, S. 116f.). QFD ist eine Methode der Qualitätssiche- rung, die Kundenanforderungen in entsprechende Unternehmensanforderungen übersetzt (Ab- resch 2007, S. 116f.). Dabei werden die verschiedenen Phasen Forschung, Entwicklung, Pro- duktion, Distribution, Marketing und Service berücksichtigt (Vinayak & Kodali 2013, S. 825). Die Taguchi-Methode zielt darauf ab, dass Produkte, Prozesse oder Systeme so robust gestaltet sind, dass sie möglichst resistent gegen verschiedenste Störfaktoren sind und somit eine zuver- lässige Arbeits- bzw. Funktionsweise gewährleistet ist (Wang & Huang 2007, S. 1053f.). Wei- tere Methoden und Modelle sind beispielsweise die Failure Mode and Effects Analysis (FMEA), ein Instrument zur Fehlervermeidung, der von Kaizen geprägte kontinuierliche Ver- besserungsprozess (KVP), der die Produkt-, Prozess- und Servicequalität erhöht, die Manage- mentmethode Six Sigma (6σ), ebenfalls ein System zur Prozessverbesserung oder die Ideenfin- dungsmethode Brainstorming (Hüsig & Kohn 2009, S. 551; Biskup et al. 2016, o.S.; Fiebig & Olt 2016, o.S.).
2.4 Kategorien und Zuordnungen des Softwarebereichs
Innovationssoftware ist in der Praxis sehr vielseitig und unterschiedlich umfangreich (Wald- mannstetter & Hüsig 2009, S. 15). Die Produktpalette reicht von recht simplen Tools bis hin zu umfangreichen Gesamtlösungen, die den gesamten Innovationsprozess abdecken (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 551f.). Um eine Übersicht über die verschiedenen Arten von CAI-Lösungen zu bekommen, hilft die CAI-Kategorienübersicht von Hüsig und Kohn. Da das wissenschaftliche Feld der softwaregestützten Innovationen bisher noch sehr wenig untersucht ist, handelt es sich dabei um die erste Gegenüberstellung der verschiedenen Softwarearten. Für diese Klassifikation wurden insgesamt 115 CAI-Softwarelösungen analysiert und kategorisiert. Weil CAI-Produkte bislang noch nicht genau definiert und abgegrenzt wurden, ist es schwer, den gesamten Markt zu betrachten. Die Untersuchung erhebt somit auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, bietet jedoch einen fundierten Überblick über die gängigen Lösungen, die zur Verfügung stehen. Innovationssoftware lässt sich in insgesamt vier verschiedene Kategorien unterteilen: Strategiemanagement, Ideenmanagement, Patentmanagement und Produktentwick- lungsmanagement.
Die Produkte in der Gruppe Strategiemanagement unterstützen den Innovationsmanager bei der strategischen Planung von Innovationen, zu der Subkategorien wie das Portfolio- oder Sze- nariomanagement gehören (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Kohn 2009, S. 551ff.; Flores et al. 2015b, S. 90ff.). Die einzelnen Softwaretools dienen somit der Entwicklung, Planung und Umsetzung inhaltlicher Ziele, Zwecke und Ausrichtungen bezüglich des Innovationsmanage- ments. Die Softwareprodukte der Kategorie Ideenmanagement bilden das Front-End ab und stehen für die erste Phase des Innovationsprozesses. Es handelt sich dabei um den Umgang mit Ideen, aus denen spätere Innovationen entstehen. Das Ziel ist die Mobilisierung von Leistungs- reserven durch die gezielte Förderung eines kreativen Betriebsklimas, um unter Einbeziehung der Belegschaft die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation zu stärken. Die Subkategorien rei- chen dabei von der Ideengenerierung bis hin zur Ideenevaluation und zielen darauf ab, die Ge- nerierung, Sammlung und Auswahl geeigneter Ideen zu unterstützen. Die dritte Kategorie, das Patentmanagement, unterstützt bei der Organisation von Patenten. Obwohl dieser Bereich oft nicht in direktem Zusammenhang mit dem Innovationsmanagement gesehen wird, handelt es sich um ein wichtiges Themengebiet im Kontext von Produktentwicklungen. Die Software dient dazu, Erfindungen zu schützen und bereits bestehende Patentlösungen aufzuzeigen. Für das Innovationsteam wirkt dies oft stimulierend und es hilft dabei, sich durch gegenwärtige Patente inspirieren zu lassen. Auch Kreativitäts- und Erfindungstools wie TRIZ basieren auf bereits bestehenden Patenten, was zeigt, dass das Patentmanagement stark in Innovationspro- jekte eingebunden ist. Beispiele für die Subkategorien des Patentmanagements sind Patentsu- che, Patentanalyse oder Patentportfoliomanagement (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136). Die drei beschriebenen Kategorien wurden im Jahr 2013 durch eine weitere Kategorie ergänzt, die im nächsten Absatz beschrieben wird.
Im Laufe der Zeit nahm die Bedeutung der softwarebasierten Prozessmanagementsysteme zu (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 15; Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136f.). Hüsig und Waldmannstetter ergänzten deshalb im Jahr 2013 das klassische dreiteilige Modell der Katego- rien von Innovationssoftware und erweiterten es um den Bereich des Produktentwicklungs- managements (Product Development Management) (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136f.). Diese neue Kategorie beinhaltet Software, die sich mit allen organisatorischen As- pekten des Produktentwicklungsprozesses und der Definition von neuen Produkten auseinan- dersetzt (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136f.). Da sie für diese wissenschaftliche Arbeit besondere Relevanz hat, werden die untergeordneten Bereiche im Folgenden besonders detail- liert dargestellt.
Das Produktentwicklungsmanagement wird in sechs Subkategorien bzw. Felder segmentiert (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136). Das erste Feld ist der Management Review, der einen Überblick über die Produktideen und die Projektentwicklung geben soll (Hüsig & Wald- mannstetter 2013, S. 136 und S. 143). Außerdem werden damit die Managementphasen und zugehörige Entscheidungsprozesse abgebildet (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136). Als Grundlage dienen hierbei wissenschaftliche Modelle, die den gesamten Innovationsprozess transparent, übersichtlich und strukturiert darstellen (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136ff.). Hierzu eignet sich besonders der Stage-Gate-Prozess von Cooper, der in der Praxis auch am häufigsten Anwendung findet (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 137). Management- Review-Software kann als geschlossenes System oder in Form einer Social-Network-Plattform im Sinne von Open Innovation genutzt werden (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 137ff.). Im zweiten Fall hat eine Community Zugriff auf das System und die Organisation kann vom sozi- alen Austausch profitieren (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 137f.). Durch das Einbeziehen von Nutzerkreisen wie Mitarbeitern, Kunden oder Partnern ermöglicht es ein solches IT-Sys- tem, die kollektive Intelligenz der Community-Mitglieder zu nutzen, um auf diese Weise effi- zientere Arbeitsergebnisse zu erzielen (Blohm 2013, S. 2; Sixt 2014, S. 19f.; Flores et al. 2015a, S. 9341). Die zweite Kategorie ist die Vorentwicklung (vgl. auch im Folgenden Hüsig & Wald- mannstetter 2013, S. 137). Die zugehörigen Tools unterstützen die Anwender bei der Vorent- wicklung und der Konzept- und Plattformentwicklung, z. B. bei Machbarkeitsstudien für die Umsetzung eines bestimmten Produkts. Das Projekt-Portfolio-Management, die nächste Un- terkategorie, behandelt Ideen, die bereits eine gewisse Reife erlangt haben. Software soll an dieser Stelle dabei helfen, die Ideen zu vergleichen, Prioritäten zu setzen und die Entwicklungs- phase einzuleiten. Die vierte Kategorie setzt sich mit dem Road-Mapping und der Projektüber- sicht auseinander. Die zugehörige Innovationsmanagementsoftware gibt einen Gesamtüber- blick über alle parallel ablaufenden Innovationsprojekte sowie über zukünftig geplante. Hierfür eignen sich Zeitachsen, die den gesamten Projektverlauf visualisieren. Im Fokus stehen dabei die strategische Produktplanung und die übersichtliche Darstellung des Innovationsportfolios. Die nächste Subkategorie beinhaltet das operative Projekt- und Produktentwicklungsma- nagement. Lösungen in diesem Bereich unterstützen bei der Planung und Durchführung der operativen Projektplanung und dessen Management und auch hier lässt sich der Inhalt optimal durch Zeitachsen darstellen. Der letzte Bereich, die Business-Case- und Investmentanalyse beinhaltet Software, die die Projekte quantitativ auswertet. Hierzu gehören Instrumente wie die Wertanalyse, Kostenanalyse oder ROI-Szenarien. Alle Bereiche dieser neuen Softwarekatego- rie des Produktentwicklungsmanagements dienen der Planung, Steuerung und Kontrolle von Innovationsprojekten und nehmen somit einen weiteren wichtigen Teilbereich von CAI-Lösun- gen ein (Hüsig & Kohn 2009, S. 553; Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136ff.). In der folgen- den Grafik wird der aktuelle Stand mit allen vier Grundkategorien einschließlich deren Subka- tegorien dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Kategorien von CAI-Software (Quelle: In Anlehnung an Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136ff.)
Manche Softwarelösungen sind in der Praxis nur einer bestimmten Kategorie, andere mehreren Kategorien zugeordnet (Hüsig & Kohn 2009, S. 553f.). Sobald mehr als eine Überkategorie in der Software abgebildet ist, wird von einer ganzheitlichen Lösung gesprochen (Hüsig & Kohn 2009, S. 553). Ganzheitliche Lösungen stellen eine umfassende bzw. nahezu umfassende Un- terstützung des gesamten Innovationsmanagements dar (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136ff.).
2.5 Prozessmodelle als Grundlage von Management-Review-Software
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Innovationsprozess wissenschaftlich zu beschreiben (Rüggeberg & Burmeister 2008, S. 7ff.). Man unterscheidet zwischen linearen Modellen, die einen statischen Ablauf nach Phasen haben und Feedback-Modellen, die sich individuell an Marktgegebenheiten anpassen und keine statische Abfolge vorgesehen haben; zudem existieren hybride Modelle, die beide Eigenschaften vereinen (Rüggeberg & Burmeister 2008, S. 7f.). Die sequentielle Bearbeitung der einzelnen Prozessschritte im Innovationsprozess wird auch Wasserfall-Ansatz genannt (Bouncken 2003, S. 296).
Im Folgenden werden zunächst zwei Prozessmodelle für Innovationen vorgestellt, um einen Einblick in die Unterschiedlichkeit der Varianten zu geben. Dann wird das bekannteste Modell zur Visualisierung von Innovationsprozessen (Schoeneberg 2014, S. 94), das Stage-Gate-Mo- dell, detailliert beschrieben.
Die Prozessmodelle stellen eine gute Grundlage für die Erstellung einer prozessualen Innova- tionsmanagementsoftware (Management-Review-Software) dar (Hüsig & Waldmannstetter 2013, S. 136f.). Die Kombination aus bewährten Prozessschritten und den Visualisierungsmög- lichkeiten einer Software ermöglichen ein effizienteres Innovationsmanagement, da dadurch auch große Datenmengen besser verwalten werden können (Waldmannstetter & Hüsig 2009, S. 16ff.). Im Folgenden werden die Innovationsphasen nach Thom und der marktorientierte Geschäftsentwicklungsprozess von Schwarz et al. im Überblick und dann das Stage-Gate-Mo- dell von Cooper im Detail vorgestellt. Stage-Gate wird als Softwaregrundlage besonders detailliert beschrieben, da die Methode global anerkannt ist und sich in den meisten der weltweit innovativsten Unternehmen bewährt hat (Cooper 2008, S. 213ff.).
Nach Thom sind die Innovationsphasen in drei Schritte unterteilt: Ideengenerierung, Ideenak- zeptierung und Ideenrealisierung (vgl. auch im Folgenden Thom 1980, S. 53). Diese Phasen orientieren sich direkt am Prozess ihrer Durchführung im Innovationsmanagement und dienen zur groben Beschreibung des Innovationsablaufes. Der Prozess startet mit der Ideengenerie- rung. Hier sollen Einfälle erzeugt und gesammelt werden. Bei der anschließenden Phase der Ideenakzeptierung werden die Ideen bewertet und Entscheidungen über das weitere Vorgehen getroffen. In dieser Phase werden vielversprechende Gedankengänge aufgenommen und wei- terverfolgt und andere wiederum verworfen. Bei der letzten Phase, der Ideenrealisierung, wer- den die Ideen umgesetzt und es entsteht eine marktfähige Innovation. Die Phasen nach Thom bieten eine grobe Übersicht über den Prozessablauf von Innovationen (Thom 1980, S. 53f.). Fichter erweiterte das Modell zusätzlich um die Phase der Orientierung (Fichter 2005, S. 53).
Dieser Prozess setzt noch vor den von Thom beschriebenen Phasen ein und leitet schon in dieser frühen Phase vorbereitende Schritte zum strategischen Innovationsablauf ein (Fichter 2005, S. 53f.). Dies kann beispielsweise die erste Auseinandersetzung mit den Problemstellungen sein, die das Innovationsmanagement behandeln wird (Fichter 2005, S. 53). Eine Phase der Markt- diffusion, wie sie bei den folgenden Modellen existiert, ist in Thoms Ansatz nicht vorhanden.
Der marktorientierte Geschäftsentwicklungsprozess von Schwarz, Krajger und Dummer unter- teilt in Phasen und Checkpoints in Form von Ampeln (vgl. auch im Folgenden Schwarz et al. 2013, S. 22ff.). Es eignet sich primär für Entrepreneure, die sich mit einer innovativen Ge- schäftsidee selbstständig machen wollen, kann jedoch auch für bestehende Organisationen als Innovationsroadmap angewendet werden. In Phase 1 findet die Grobprüfung der Geschäftsidee statt, eine erste Analyse im Hinblick auf die Logik der Idee. Im Anschluss folgt der erste Check- point, bei dem die Frage gestellt wird, ob die Geschäftsidee plausibel erscheint. Die Ampel hat die Funktion, die Antworten zu klassifizieren. Das grüne Licht symbolisiert ein „Go“ in die nächste Phase und würde in der ersten Phase für eine plausible Idee stehen. Das gelbe Licht der Ampel signalisiert, dass ein grundsätzliches Potenzial vorhanden ist, aber eine Modifikation durchgeführt werden muss. Ein Beispiel hierfür wäre die Überarbeitung des Zielmarktes für ein spezifisches Produkt. Das rote Licht steht für den Abbruch eines Innovationsprojekts. Wenn das Projekt keinen Markterfolg verspricht und auch keine Modifikationen dazu führen können, muss das Projekt abgebrochen werden. In Phase 2 wird die Analyse des marktlichen und tech- nischen Potenzials durchgeführt. Dabei werden umfangreiche Recherchen durchgeführt. Am Ampel-Checkpoint wird die Frage gestellt, ob eine Attraktivität des Marktes und der Techno- logie gegeben ist. Wenn dies der Fall ist, gelangt die Idee in die Phase 3, in der das Geschäfts- modell ausgearbeitet wird. Hier sollen im Detail die Funktionsweise und Architektur der Idee geklärt werden. Am Checkpoint wird beurteilt, ob das Geschäftsmodell schlüssig ist, mit der Ampel kann wieder in grün, gelb und rot klassifiziert werden. Phase 4 steht für die Entwicklung des Businessplans. Nachdem dieser verfasst wurde, wird im letzten Checkpoint gefragt, ob das Unternehmen gegründet bzw. das neue Produkt vertrieben werden soll. Auch bei diesem letzten Schritt wird wieder anhand der Ampel entschieden, ob das Projekt umgesetzt, modifiziert oder abgebrochen wird.
Nach Meinung des Autors dieser Forschungsarbeit visualisiert das Modell durch die symboli- schen Ampeln sehr gut die einzelnen Entscheidungen über den Fortgang von Innovationspro- jekten und eignet sich somit gut für eine verständliche und benutzerfreundliche Abbildung in einer Software, wenn es mit dem tiefergehenden Stage-Gate-Modell verknüpft wird, das im folgenden Kapitel vorgestellt wird. Das Modell von Thom wird als grundlegende Einführung in die prozesshafte Visualisierung des Innovationsmanagements interpretiert und würde sich als übergeordnete, grobe Prozessgliederung bzw. als Einführung für fachfremde Benutzer eig- nen.
2.5.1 Stage-Gate als Softwaregrundlage
Der in der Praxis am häufigsten angewendete und zugleich auch fortschrittlichste Ansatz ist das von Cooper entwickelte Stage-Gate-Modell (Billing 2013, S. 38). Dieses existiert mittlerweile in unterschiedlichsten Ausprägungen und stellt einen Teilbereich des cooperschen Innovations- managements dar (Billing 2013, S. 38ff.). Das ganzheitliche Innovationssystem beschreibt Cooper mit dem sogenannten „Innovation Diamond“ (Cooper & Mills 2005, S. 9). Dieser be- inhaltet folgende vier Bereiche des Innovationsmanagements, die für den Erfolg eines neuen Produkts verantwortlich sind: Strategie (Produktinnovationen und Technologien), Ressourcen- management (Commitment- und Portfoliomanagement), weiche Faktoren (Unternehmens- klima, Kultur, Führung) und Prozessmanagement (Idea-to-Launch-System: Stage-Gate) (Cooper & Mills 2005, S. 9ff.).
Grundsätzlich basiert das Stage-Gate-Modell auf einem linearen Prozessablauf (Guimarães et al. 2014, S. 110). Es richtet sich in seiner Struktur nicht nach den Funktionen im Unternehmen, sondern legt den Fokus auf die einzelnen Prozessschritte im Innovationsmanagement (vgl. auch im Folgenden Rüggeberg & Burmeister 2008, S. 7). Es werden dadurch jeweils die Mitarbeiter am Innovationsprozess beteiligt, die in der konkreten Phase (Stage) zum Innovationserfolg bei- tragen können. Die Stages stehen in diesem Zusammenhang für Arbeitsphasen, in denen das Innovationsprojekt vorangebracht wird. Am Ende einer Phase hat ein zuvor definiertes Ent- scheidungsgremium die Möglichkeit, durch zentrale Entscheidungspunkte in Form von Mei- lensteinen (Gates) das Projekt für die nächste Phase freizugeben oder es auch abzubrechen. Dies geschieht auf der Grundlage von vorher definierten interdisziplinären Bewertungskriterien für Innovationsprojekte (Fisch & Roß 2009, S. 231).
Die Gates lassen zudem iterative Schleifen zu, bei denen Projekte überarbeitet werden können, falls sie noch nicht reif genug für die nächste Phase sind (Fisch & Roß 2009, S. 231f.). Im Falle einer Freigabe werden Ressourcen für den nächsten Prozessschritt bereitgestellt (vgl. auch im Folgenden Rüggeberg & Burmeister 2008, S. 7). Das Gremium entscheidet anhand bestimmter Kriterien und Rahmenvorgaben, die im Vorfeld definiert wurden. Die überwiegend sequentielle Bearbeitung kann zu Verzögerungen führen, wenn dem Gremium nicht genügend Informatio- nen bereitgestellt werden.
[...]
1 Die Begriffe Innovationssoftware und CAI sowie die Begriffe Innovationsmanagementsoftware und Management-Review-Software werden in dieser wissenschaftlichen Arbeit synonym verwendet.
2 Alle Bereiche werden im Kapitel „Kategorien und Zuordnungen des Softwarebereichs“ näher vorgestellt und voneinander abgegrenzt.
3 Die TRIZ-Widerspruchsmatrix im Original kann in einschlägiger Fachliteratur bzw. im Internet begutachtet werden.
- Quote paper
- Julian Eichler (Author), 2016, Innovationsmanagementsoftware in Theorie und Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429788
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