Schulische Talentförderungen in Deutschland gibt es schon seit Jahren. Häufig kooperieren die Schulen dabei mit Vereinen, an die sie die Talentförderung zu einem großen Teil abgeben. Deshalb kann zurecht die Frage gestellt werden, weshalb Talentförderungen überhaupt an Schulen angeboten werden. Des Weiteren sind diese häufig mit einem sportspezifischen Training verbunden, bei dem der Trainer vorgibt, was wie zu tun ist. Der Bildungsauftrag der Schule stützt sich allerdings nicht auf das stumpfe Nachmachen bzw. Durchführen von Vorgaben. Vielmehr sollen die Schüler dazu befähigt werden, selbstständig zu lernen, sich zu bilden. Die Masterarbeit untersucht einen speziellen Fall einer Schule in Braunschweig, um herausfinden zu können, inwiefern die vorliegende Talentförderung im Basketball sich pädagogisch legitimieren kann und Bildungsziele verfolgt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Bildung, Bewegung und Schule
2.1 Bildungsbegriff
2.2 Bildung und Bewegung
2.3 Doppelauftrag des erziehenden Sportunterrichts
3 Talent und Talentförderung
3.1 Talentbegriff
3.1.1 Statischer Talentbegriff
3.1.2 Dynamischer Talentbegriff
3.1.3 Vollständige Talentdefinition
3.2 Talentsuche und Talentauswahl
3.3 Talentförderung
3.3.1 Wachsenlassen
3.3.2 Reduzierung der Freiheitsgrade
3.3.3 Intentionale Vielseitigkeit
4 Training in der Talentförderung
4.1 Training als ganzheitlicher Prozess
4.2 Training als Spezialisierungsprozess
4.3 Bedeutung der Allmählichkeit des Trainings
4.4 Fundamentalcharakter des Trainings
4.5 Trainingshäufigkeit, Trainingsumfang, Trainingsintensität
4.6 Enrichment statt Akzelerierung
4.7 Pädagogische Kritikam klassischen Training und Leistungssport
5 Talentförderung und Schule
6 Entwicklung der Fragestellung
7 Forschungsvorhaben
7.1 Vorstellung der Forschungsmethoden
7.1.1 Dokumentenanalyse
7.1.2 (narratives) Leitfadeninterview
7.1.3 Kodierung
7.1.4 Inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse
7.2 Durchführung der Forschung
7.2.1 Deduktiv gebildete Kategorien
7.2.2 Dokumentenanalyse des Schulprogramms
7.2.3 Induktiv gebildete Kategorien aus dem Schulprogramm
7.2.4 Zusammenfassung der Interviews
7.2.4.11nterview
7.2.4.2 Interview
7.3 Interpretation und Auswertung
8 Fazit
9 Ausblick
10 Nachbetrachtung
11 Literaturverzeichnis
12 Abbildungsverzeichnis
Einleitung
Sportliche Talentförderungen sind an deutschen Schulen keine Seltenheit und auch die Kooperation zwischen Vereinen und Schulen besteht schon seit etlichen Jahren (vgl. Baur & Brettschneider, 1990). Bundesweit gesehen wurde allerdings lange noch kein einheitliches Konzept für Talentförderungen an Schulen entwickelt (vgl. Kultusministerkonferenz, 1997, s. 16). Daher handelt es sich oft um regionale und örtliche Projekte, wie beispielsweise die Basketball-Talentförderung an der IGS Franzsches Feld in Braunschweig, die in dieser Arbeit untersucht wird.
Dabei existiert folgende Problematik, die die Grundlage dieser Arbeit bildet: die Schule hat einen Bildungsauftrag zu erfüllen und dementsprechend bestimmte pädagogische Ziele, während die Talentförderung einen leistungssportlichen[I] Fokus hat (vgl. Joch, 1997, Elflein, 2004, s. 191). Dieser war und ist in der Sportpädagogik allerdings einer gewissen Kritik ausgesetzt. Denn die Talentförderung beinhaltet ein leistungsorientiertes Training, eine Spezialisierung und Selektion und ist damit nicht primär als Veranstaltung zu sehen, die pädagogische Ziele verfolgt (vgl. Elflein, 2004, s. 192). Daraus ergibt sich die Frage, warum überhaupt Talentförderungen an Schulen existieren und wie sie legitimiert werden. Möglicherweise können sportliche Talentförderungen an Schulen einen Beitrag zur Bildung leisten und sich somit rechtfertigen. Ziel dieser Arbeit ist es, am Beispiel der IGS Franzsches Feld herauszufinden, wie sich die Basketball-Talentförderung dort pädagogisch gesehen legitimiert und inwiefern damit die Ziele der Schule verfolgt und Bildungsprozesse ermöglicht werden. Es geht also um die Vereinbarkeit der Ansprüche einer sportlichen Talentförderung mit dem schulischen Bildungsauftrag. Aus den Ergebnissen der Untersuchung können im Idealfall sowohl die Schule als auch die kooperierenden Vereine profitieren, indem Vorschläge für eine Anpassung oder gegebenenfalls Verbesserung der Zusammenarbeit gemacht werden. Es wäre außerdem wünschenswert, die Untersuchung von Talentförderkonzepten an Schulen in Deutschland weiter voranzutreiben, da auf diesem Gebiet sicherlich noch viele Möglichkeiten zur Optimierung bestehen, die bisher noch nicht untersucht wurden. Möglicherweise kann diese Arbeit zu weiteren Untersuchungen anregen und motivieren.
Um eine Vereinbarkeit der beiden Komponenten Bildung und Talentförderung feststellen zu können, wird im ersten Teil dieser Arbeit der theoretische Hintergrund dargestellt. Dazu gehört zunächst eine Erläuterung des Bildungsbegriffes. Anschließend wird beschrieben, warum Bewegung ein wichtiger Bestandteil von Bildungsprozessen ist. Denn im Schulsport geht es nicht nur darum, sportliche Fähigkeiten und Fertigkeiten zu schulen, sondern auch für Bildungsprozesse außerhalb des Sports zu sorgen, was sich im Doppelauftrag des Sportunterrichts widerspiegelt, der hierzu erläutert wird. Auch weitere Sportangebote im Rahmen von Schule, wie zum Beispiel die vorliegende Talentförderung im Basketball, haben sich an dieser Vorgabe zu orientieren. Zusätzlich wird definiert, was ein Talent überhaupt ist, wie es gesichtet und gefördert wird und wie die Förderung im Detail aussieht. Da eine Talentförderung immer ein Training beinhaltet, wird auch das Trainingskonzept und seine Rolle in einer Talentförderung erläutert. Training wird in der Sportpädagogik allerdings teilweise noch immer kritisch gesehen, da Vorgaben von Trainern und nachgeahmte Bewegungen nicht imstande sind, den Doppelauftrag des Sportunterrichts zu erfüllen und Bildungsprozesse zu ermöglichen. Daher wird auch ein Konzept vorgestellt, das pädagogisches Training beinhaltet. Ein Überblick über Bildung und Talentförderung beziehungsweise (bzw.) Talentfördertraining an Schulen wird dann für die Entwicklung einer Fragestellung genutzt, die in der Forschung untersucht wird.
Im zweiten Teil der Arbeit werden die qualitative Forschung und die dafür verwendeten Methoden erläutert. Für die Datenerhebung werden eine Dokumentenanalyse und Leitfadeninterviews verwendet. Da durch diese beiden Methoden nach der Datenerhebung eine Fülle an Datenmaterial vorhanden sein wird, bedarf es einer zusätzlichen Forschungsmethode zur Bündelung der Daten, der Kodierung, wobei sowohl die induktive als auch die deduktive Form der Kodierung erläutert und verwendet werden. Die Kodierung ist Teil der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse, die mit dem Material durchgeführt wird. Anschließend wird die Vorgehensweise der Forschung dargestellt. Nachdem die Ergebnisse analysiert, interpretiert und dargestellt wurden, bilden ein Fazit und ein Ausblick den Abschluss dieser Arbeit.
Zu erwähnen ist, dass während der Erstellung dieser Masterarbeit eine neue Kooperationsvereinbarung zwischen dem Niedersächsischen Kultusministerium und dem Landessportbund Niedersachsen entstanden ist, die Leistungssport und Schule in Niedersachsen thematisiert. Sie fließt mit in den Ausblick ein.
2 Bildung, Bewegung und Schule
Die Schule hat einen Bildungsauftrag zu erfüllen, der in den Schulgesetzen der Bundesländer verankert ist. Das Niedersächsische Schulgesetz beispielsweise sieht eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler durch die Schule vor (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, 1998). Doch was ist überhaupt Bildung? In diesem Kapitel wird zunächst der Bildungsbegriff definiert, bevor der Zusammenhang von Bildung und Bewegung erläutert wird. Anschließend wird ein Bezug zum Schulsport hergestellt, indem dessen Doppelauftrag dargestellt wird.
2.1 Bildungsbegriff
Um den Bildungsbegriff genauer zu erläutern, ist es zunächst nötig, diesen vom Erziehungsbegriff abzugrenzen. Denn unter Erziehung versteht Lassahn ״das Eingreifen von Menschen in den Prozess des Werdens der Person“ (Lassahn, 1993, s. 8). Erwachsene formen hierbei mit ihren Handlungen aktiv die Heranwachsenden (vgl. Lassahn, 1993, s. 8). Somit sei dieser Prozess auf die Lebensphase des Heranwachsens beschränkt. Gleichzeitig sei Erziehung nach Prohl aber auch verpflichtet, zur Selbsttätigkeit aufzufordern, was den Grundstein für Bildungsprozesse lege (vgl. Prohl, 2011, s. 166).
Bildung sei im Gegensatz zur Erziehung nicht auf eine Lebensphase beschränkt und reflexiv: der Mensch bildet sich. Dabei sind die potentielle Autonomie des Menschen und seine Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung die Grundvoraussetzung für ein Sich-bilden (vgl. Bietz, 2005, s. 87).
Unter Bildung wiederum versteht Lassahn den Prozess der Formung eines Menschen und die Herausbildung einer Gesamtverfassung nach Vorstellungen, die Menschen selbst entwickelt haben (vgl. Lassahn, 1993, s. 10). An diesen Prozessgedanken knüpft auch Hartmut von Hentig in seinem Buch ״Die Schule neu denken" in seiner ersten von drei Bestimmungen der Bildung an. Die Bildung ist seiner Meinung nach erstens mehr Vorgang (Prozess) als Besitz und das, was der ״sich bildende Mensch" aus sich zu machen versucht. Er betitelt diese Bestimmung als persönliche Bildung, die von der Kultur bestimmt wird, in der ein Mensch aufwächst, aber auch ohne diese Geltung habe. Zweitens beinhalte praktische Bildung Wissen, Fertigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen, die in der Welt zur Orientierung und zum ״überleben" in der Gesellschaft nötig seien. Drittens sei Bildung unabdingbar für das friedliche Miteinanderleben in der Gemeinschaft, für Freiheit und einen Anspruch auf Glück. Von Hentig betitelt dies mit dem Begriff der politischen Bildung (vgl. V. Hentig, 2003, s. 26f).
Prohls Auffassung nach beinhaltet der Begriff der Bildung den Prozess der Persönlichkeitsentwicklung, der nach Abschluss der Erziehungsmaßnahmen vom Individuum in eigener Verantwortung geschieht. Er bezieht sich dabei auf den bereits im 18. Jahrhundert von Wilhelm von Humboldt geprägten Begriff vom ״Gebildeten als Werk seiner selbst", bei der die ״Ich-Welt-Wechselwirkung" von entscheidender Bedeutung ist (vgl. Prohl, 2004, s. 12).
Auch Lehnerer greift diesen Prozessgedanken auf und bezeichnet Bildung als ״eine Tätigkeit, eine Produktivität, die zielgerichtet und organisch etwas von einem unvollkommenen, rohen, unentwickelten in einen entwickelten Zustand überführt. Bildung bezeichnet dabei sowohl den Prozess als auch das Resultat dieses Vorgangs und vollzieht sich somit in einer dialektischen Verschränkung von Prozess und Struktur der Persönlichkeitsentwicklung" (Lehnerer, 1988, s. 42).
Demnach gehe es also nicht nur um den Prozess, sondern Bildung beinhalte auch eine strukturierende Komponente. Der Begriff Erfahrung spiele hierbei laut Prohl eine entscheidende Rolle. Im Gegensatz zu kognitivem Wissen könne Erfahrung nicht weitergegeben oder gelehrt werden. Sie müsse am eigenen Leib gemacht werden (vgl. Prohl, 2004, s. 13). Dies geschehe meist, wenn ein herausfordernder, auffälliger oder auch störender Tatbestand wahrgenommen wird, der das bekannte und gewohnte Verhältnis zur Umwelt in Frage stellt (vgl. Prohl, 2004, s. 13). Voraussetzung für den Erwerb einer Erfahrung im Handeln sei also, dass sich selbstverständliche Umgänge mit einer neuen Situation nicht decken und die Vorerfahrungen ihre Gültigkeit verlieren. Das Subjekt würde dann herausgefordert, mit neuen Aktivitäten zu antworten. Diese neue Erfahrungsqualität stelle das Rohmaterial der Bildung dar und strukturiere das zukünftige Handeln (vgl. Prohl, 2004, s. 14). Demnach vollziehe sich der Bildungsprozess zu Beginn über eine Entfremdung, eine Distanzerfahrung, bis hin zu einer ״Heimkehr zu sich" (vgl. Gadamer, 1990, s. 20), welche in einem spezifischen Können subjektiv erfahrbar sei, den Bildungsprozess aber im Idealfall nicht abschließe.
Bildung sei auf ein zukünftiges Können orientiert und vollziehe sich im Prozess der Handlungsgegenwart auf der strukturellen Grundlage von Erfahrungen, die in der Vergangenheit erworben worden sind (vgl. Prohl, 2004, s. 15). Weiterhin vollziehe sich Bildung stets ״in der Begegnung, in der Auseinandersetzung, im Zusammenspiel, in der Wechselwirkung von Mensch und Welt" (Klafki, 2005, s. 23).
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird der Bildungsbegriff wie folgt verstanden: Bildung ist ein nicht endender, dynamischer Prozess, der sich über neue, unbekannte, herausfordernde Tatbestände in der Mensch-Welt-Beziehung übereine kritische Reflexion hin zu einer daraus resultierenden Erfahrung vollzieht, die das zukünftige Handeln strukturiert und entscheidend sowie nachhaltig zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Voraussetzung dafür sind die potentielle Autonomie des Menschen sowie seine Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung.
Nun finden sich in der Literatur oder im Sprachgebrauch häufig verschiedene, weitere Begriffe in Bezug auf Bildung, darunter der der Allgemeinbildung. Diese kann Klafkis Auffassung nach als Grundlage bzw. Voraussetzung für nachfolgende Vorgänge wie beispielsweise Berufsbildung gesehen werden, sei aber weiterhin der übergreifende Horizont, auf den Berufsbildung bezogen bleiben müsse (vgl. Klafki, 2005, s. 17). Eine Allgemeinbildung müsse nach Klafki eine Bildung für alle sein. Außerdem müsse sie als eine Aneignung nach der Auseinandersetzung mit Aufgaben, Problemen und Gefahren verstanden werden und ״als Bildung in allen bisher erkennbaren Grunddimensionen menschlicher Fähigkeiten und Interessen verstanden werden" (Klafki, 2005, s. 18). Demnach gehe es um
- kognitive Möglichkeiten,
- handwerkliche, hauswirtschaftliche und technische Produktivität,
- sittliche, religiöse und politische Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit,
- zwischenmenschliche Beziehungsmöglichkeiten,
- ästhetische Wahrnehmungs-, Gestaltungs- und Urteilsfähigkeit,
- lustvollen und zugleich verantwortlichen Umgang mit dem eigenen Leib und Entwicklung der individuellen Bewegungsfähigkeit.
Die kursiv hervorgehobenen Aspekte weisen auf einen Teilaspekt der Bildung hin, die Bewegungsbildung (vgl. Klafki, 2005, s. 18). Im Folgenden wird daher erläutert, wie Bewegung und Bildung Zusammenhängen.
2.2 Bildung und Bewegung
Seit Mitte/Ende der 1990er Jahre sei auch in der Sportpädagogik von einer regelrechten Renaissance bildungstheoretischen Denkens die Rede (vgl. Bietz, 2005, s. 85). Menschliches Bewegen wird dabei als der Teil der sinnstrukturierten Welt gesehen, der die Mensch-Welt-Beziehung auf der Ebene leiblicher Erfahrungen konstituiert (vgl. Bietz, 2005, s. 86). Die potentielle Autonomie des Menschen, seine Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung werden hier ebenfalls als Grundvoraussetzung für Bildung gesehen.
Bewegung sei in diesem Zusammenhang nicht nur als anthropologisches Grundbedürfnis zu verstehen, sondern auch als eine grundlegende Weise des Weltzugangs (vgl. Hildebrandt- stramann, 2010) bzw. als ״leibliche Konstituierung der individuellen Welt- und Selbstbezüge" (Bietz, 2005, s. 111), die seit der Geburt und somit bereits vor dem Spracherwerb vorhanden ist. Die Besonderheit dabei sei, dass Bewegung als sinnliche Erfahrung eine leibliche Resonanz erzeuge und das Handeln dabei nicht sprachlich, sondern ästhetisch reflektiert wird, wodurch sich der Sport- und Bewegungsunterricht von den anderen Unterrichtsfächern unterscheide (vgl. Laging, 2005a, s. 169). Hildebrandt-Stramann und Laging sehen Bewegung als ein eigenes Erkenntnis- und Bildungsmedium (vgl. Hildebrandt-Stramann, 2010; Laging, 2005a). Ferner sei Bewegung ein elementarer Bestandteil für die Entwicklung und Bildung von Jugendlichen (vgl. Böcker & Laging, 2010, s. 9). Sie sei nicht nur wichtig, ״um bewegungsgeschickt und mit guten körperlichen Fähigkeiten Bewegungsanforderungen im Alltag und im Sport bewältigen zu können, sondern auch und besonders, um die Welt leiblich-sinnlich zu erfahren, um an ihr vielfältig teilzuhaben und sie gestalten zu können“ (Böcker & Laging, 2010, s. 9).
Erfahrungen, die leiblich-sinnlich gemacht werden, zielen Lagings Auffassung nach auf grundlegende Bildungsprozesse ab, da die Lernenden dadurch darin bestärkt würden, die Herausforderungen der Welt auf der Grundlage von Wahrnehmen und Bewegen besser zu verstehen und somit ihre Persönlichkeit entwickeln, was den Gedanken der grundlegenden Bildsamkeit des Menschen aufgreife (vgl. Laging, 2005a, s. 174). Dabei seien die Lernenden als aktive Individuen anzusehen, die Lösungen von offenen Lern- und Bewegungsproblemen selbst gestalten und somit Wissen und Bewegungshandlungen erlangen, anstatt dass sie Fertigkeiten und geformte Bewegungen vorgegeben bekommen (vgl. Bietz, 2005, s. 113). Dies erfordere aber zum einen Bewegungen bzw. sportliche Handlungen, die Differenzerfahrungen zulassen, die Lernenden reflexiv am Werden von Bewegungslösungen beteiligen und somit leibliche und ästhetische Erfahrungen ermöglichen (vgl. Franke, 2005, s. 198; Scherer, 2005, s. 127f). Zum anderen erfordere es eine pädagogische Interaktion, die die Lernenden zur selbsttätigen Mitwirkung an ihrem Bildungsprozess auffordert.
Der Bildungscharakter von Bewegung zeigt sich also darin, dass der Mensch über Bewegungsabsichten und Bewegungsprobleme Subjekt-Welt-Bezüge vollziehen und gestalten kann und dann zugleich immer die von ihm selbst durch seine Bewegungen ausgelösten, erwarteten oder unerwarteten Rückwirkungen jener Wirklichkeitssektoren, auf die er bewegungshandelnd eingewirkt hat, erfährt (vgl. Klafki, 2005, s. 20; Laging, 2005b, s. 302f). So können (Differenz-) Erfahrungen gemacht werden, die über eine damit einhergehende Reflexion, die über eine bloße ״emotive und materiale Rahmung kognitiver Reflexionsprozesse" (Franke, 2000, s. 110) hinausgeht, das zukünftige Handeln beeinflussen und strukturieren.
In vielen Schulen ist Bewegung hauptsächlich im Sportunterricht aufzufinden. Der Bildungsbeitrag des Faches Sport wird auch im Kerncurriculum für das Land Niedersachsen thematisiert: der Sportunterricht leistet demnach ״einen spezifischen Beitrag zu einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung", der sowohl ״den motorischen, den kognitiven als auch den sozial-affektiven Bereich" (Niedersächsisches Kultusministerium, 2007, s. 7) umfasst. Er hat einen Doppelauftrag zu erfüllen, der folgend genauer erläutert wird.
2.3 Doppelauftrag des erziehenden Sportunterrichts
Der Sportunterricht sollte im Idealfall einen von Prohl genannten ״Doppelauftrag“ erfüllen (vgl. Prohl, 2012, s. 71), indem er zum einen zu Sport und Bewegung und zum anderen durch Sport und Bewegung erzieht und bildet.
Mit der Erziehung zu Sport und Bewegung ist gemeint, dass Schülerinnen und Schüler im Schulsport dazu befähigt werden sollten, an vielen sportlichen Handlungsfeldern teilnehmen zu können (vgl. Laging, 2014, s. 28) und eine Handlungsfähigkeit im Bewegungskönnen und im konditioneilen Bereich zu erwerben. Diese sollte auch dabei helfen, aktiv am Sport in der Freizeit teilnehmen zu können (vgl. Laging, 2014, s. 28). Die Bewegungsbildung sei in diesem Zusammenhang als ein qualitativ strukturierter Erfahrungsprozess zu verstehen, wobei der Fokus der Erziehungsabsichten auf der Qualität der der Gestaltung des SubjektWelt-Verhältnisses durch die Bewegung liege (vgl. Prohl, 2012, s. 71). Es sollen also sportspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten geschult werden. Hier kann tatsächlich von einer ״Erziehung" gesprochen werden.
Die Erziehung durch Sport und Bewsegung meint hingegen eine Erziehung, die die allgemeine Bildung fördert. Der Begriff ״Erziehung" ist in diesem Fall etwas irreführend, da damit im Prinzip nichts anderes als ״Bildung" gemeint ist. Laging fasst die ״Erziehung“ durch Sport und Bewegung wie folgt zusammen: Sport und Bewegung stellen eine Möglichkeit dar,
״Werte und Normen zu erfahren und zu internalisieren, die auf außersportliche Situationen transferiert werden können [...], etwa dann, wenn die gesundheitliche Bedeutung von sportlichen Aktivitäten für die Lebensführung wirksam werden soll oder Fairness und Sozialverhalten im Sport als Lerngelegenheit für soziales Verhalten in anderen privaten oder beruflichen Situationen des Lebens verstanden werden“ (Laging, 2014, s. 28).
Der Sportunterricht soll also auch außerhalb des Sports zu sozialem Leben und eigenverantwortlichem Handeln befähigen, wodurch der Bildungsauftrag der Schule aufgegriffen wird.
Auch weitere, außerunterrichtliche Bewegungsangebote (beispielsweise durch Kooperationspartner) gehören zum Schulsport dazu, bereichern das Schulleben und sind in der Lage, Kompetenzen in Bezug auf Gesundheit, Soziales und Freizeit sowie auf sportliches Können zu vermitteln (vgl. Laging, 2014, s. 28; Kultusministerkonferenz, 1997, s. 25). Sie seien im Idealfall in die Unterrichtsthematik eingebunden, ergänzen, erweitern oder vertiefen diese und müssten ebenfalls den Doppelauftrag erfüllen und somit Bildungsprozesse ermöglichen (vgl. Boßhammer, 2005, s. 72). Sie bieten den Schülern nicht nur die Möglichkeit, individuelle Interessen und Begabungen zu verfolgen, sondern darüber hinaus das eigene Sporttreiben selbstständig zu planen und durchführen zu können (vgl. Kultusministerkonferenz, 1997, s. 25).
Ein Beispiel für ein außerunterrichtliches Bewegungsangebot an einer Schule kann eine Talentförderung sein. Das folgende Kapitel behandelt daher den Talentbegriff und die Talentförderung.
3 Talent und Talentförderung
Um die Talentförderung genauer erläutern zu können, wird zunächst definiert, was ein Talent überhaupt ist. Die Talentsuche, Talenterkennung und Talentauswahl werden anschließend im Vergleich zur Talentförderung nur kurz ausgeführt, da die Förderung für diese Arbeit mehr Relevanz besitzt.
3.1 Talentbegriff
Allgemein wird unter einem Talent eine ״in eine bestimmte Richtung ausgeprägte, über das durchschnittliche Maß hinausgehende, noch nicht voll entfaltete Begabung“ (Hahn, 1982, S.85) verstanden. Weiterhin wird von Menschen mit hervorstechenden spezifischen Veranlagungen oder Fertigkeiten gesprochen, bei denen die Annahme vorhanden sei, dass sie bei einer geeigneten Förderung überdurchschnittliche Leistungen vollbringen können (vgl. Carl, 1988, s. 11). Der Begriff der Begabung wiederum lässt sich auch als ״die vorhandene komplexe Struktur von Fähigkeiten zu qualifizierten Leistungsvollzügen in verschiedenen Lebensbereichen“ (Röthig, 1992, s. 61) bezeichnen.
Stern bezeichnet ein Talent auch als eine domainspezifische Spezialbegabung, also eine Sonderform der allgemeinen Begabung, die sich beispielsweise im Gebiet Sport äußert (Stern, 1916, zitiert nach Feger, 1988, s. 57). Ein sportliches Talent hat eine überdurchschnittliche sportmotorische Begabung.
In der Literatur finden sich vielfach bestimmte Merkmalsbereiche und Voraussetzungen, die einen Einfluss auf das Talent zu haben scheinen. Hahn nennt beispielsweise einen ganzen Katalog solcher Merkmale:
- Anthropometrische Voraussetzungen: Körpergröße und -gewicht, das Verhältnis von Muskel- und Fettgewebe, der Körperschwerpunkt, die Harmonie der Proportionen etc.
- Physische Merkmale: sowohl aerobe und anaerobe Ausdauer, Schnelligkeits- und Kraftausdauer, statische und dynamische Kraft, Reaktions- und Aktionsschnelligkeit, Gelenkigkeit und Feinstkoordination von Bewegungen; also zusammengefasst die konditioneilen Fähigkeiten.
- technomotorische Bedingungen: Gleichgewichtsfähigkeit, Raum-, Distanz-,
Tempo- und Ballgefühl, Musikalität, Ausdrucksfähigkeit, rhythmische Fähigkeiten, Gleitvermögen etc.
- Lernfähigkeit: Auffassungsgabe, Beobachtungs- und Analysevermögen, Lerntempo
- Leistungsbereitschaft: Trainingsfleiß, körperliche Anstrengungsbereitschaft,
Beharrlichkeit, Frustrationstoleranz
- Kognitive Steuerung: Konzentration, motorische Intelligenz, Kreativität, taktisches Vermögen
- Affektive Faktoren: psychische Stabilität, Stressbewältigung, Wettkampfbereitschaft etc.
- Soziale Aspekte: Rollenübernahme, Mannschaftseinordnung etc.
(vgl. Hahn, 1982).
Seiner Ansicht nach lässt sich ein Talent ״als eine Gruppe unterschiedlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten aus unterschiedlichen Bereichen umschreiben, die der Athlet in höherem oder geringerem Maße besitzt“ (Hahn, 1982, s. 85).
Diesen Blick auf die gegebenen Voraussetzungen einer Person beschreibt Joch als statischen Talentbegriff (vgl. Joch, 1997, s. 90).
Zum statischen Talentbegriff nennt Joch vier Charakteristika, die diesen definieren:
- ״Dispositionen, die das Können betonen,
- Bereitschaft, die das Wollen hervorhebt,
- Soziales Umfeld, das die Möglichkeiten bestimmt und
- Resultate, die das wirklich erreichte (Leistungs-) Ergebnis dokumentieren“ (Joch, 1997, s. 90).
Wann diese Charakteristika auftreten sollen, damit ein Individuum als Talent gilt, sei nicht genau definiert. Jedoch wird häufig dann von Talenten gesprochen, wenn diese Charakteristika bereits im frühen Kinder- und Jugendalter auftreten (vgl. Joch, 1997, s. 90). Damit wird allerdings nur die Zustandsebene beschrieben.
Unter den Dispositionen für eine hohe sportliche Leistung versteht Joch individuelle Voraussetzungen somatischer, psychischer und motorischer Art (vgl. Joch, 1997, s. 91).
Da das Können alleine aber nicht ausreiche, um sportliche Leistungen zu erbringen und als Talent zu gelten, nennen Hahn und andere ebenfalls die Bereitschaft, hohe Leistungen erbringen zu können und zu wollen (vgl. Hahn, 1982, S.85). Zur Definition des Talentbegriffs gehöre demnach ein Zusammenhang zwischen den Dispositionen (dem Können) und der Bereitschaft (dem Wollen), hohe sportliche Leistungen zu erbringen (vgl. Joch, 1997, s. 91; Carl, 1988).
Das soziale Umfeld spiele dabei laut Joch ebenfalls eine Rolle. Er sieht einen Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Rahmenvoraussetzungen und der Talententfaltung (vgl. Joch, 1997, s. 92). Als sportliches Talent gelte deshalb jemand, der in einer Umwelt aufwächst, die dieses Talent auch akzeptiert und fördern möchte und die nötigen Ressourcen zu einer Entfaltung zur Verfügung stellen kann. Dazu gehören während oder für die Entwicklung die passenden sportlichen Ausbildungs- und Trainingsreize (vgl. Carl, 1988, s. 6; Joch, 1997, s. 92).
Letztendlich könne ein sportliches Talent ohne die Leistungsresultate nicht definiert werden. Die Leistungen müssten mindestens über dem Durchschnitt liegen und seien das Kriterium für den Begriff des Talents, da es Talent ohne Leistung nicht gebe. Dispositionen, Bereitschaft und Möglichkeiten der sozialen Umwelt seien demnach Bedingungen dafür, dass der objektive Leistungsnachweis möglich wird (vgl. Joch, 1997, s. 92f).
Joch formuliert unter Einbezug dieser Begrifflichkeiten eine Teildefinition des Talents, die statische Talentdefinition, die sich allerdings nur auf die Zustandsbeschreibung bezieht:
״Als (sportliches) Talent kann eine Person bezeichnet werden, die über (vorwiegend genetisch bedingte) Dispositionen zum Erreichen von hohen sportlichen Leistungen verfügt, die Bereitschaft mitbringt, solche Leistungen auch zu vollbringen, die Möglichkeiten dafür in der sozialen Umwelt vorfindet und letztlich mit den erzielten Leistungsresultaten den Eignungsnachweis dokumentiert“ (Joch, 1997, s. 93).
Eine in eine andere Richtung gehende Definition liefert der dynamische Talentbegriff.
3.1.2 Dynamischer Talentbegriff
Während der statische Talentbegriff auf eine Zustandsbeschreibung abzielt, so werden beim dynamischen Talentbegriff im Hinblick auf die mögliche Endleistung eines Individuums der Veränderungsprozess und der Entwicklungsvorgang betrachtet. Nach Joch sei ein aktiver und zielgerichteter Prozess nötig, damit sich das Talent ״strukturiert“. Er bezeichnet diesen auch als einen Veränderungsvorgang, der die ganze Persönlichkeit mit einbezieht (vgl. Joch, 1997, s. 93). Bezogen auf Kinder und Jugendliche müsse dieser Entwicklungsaspekt von höchster Priorität sein. Den dynamischen Talentbegriff definiert er schließlich wie folgt:
״Talententwicklung ist ein aktiver, pädagogisch begleiteter Veränderungsprozess, der intentional durch Training gesteuert wird und das Fundament für ein später zu erreichendes hohes (sportliches) Leistungsniveau bildet“ (Joch, 1997, s. 94).
Der aktive Veränderungsprozess knüpft hierbei an die motorische Entwicklung an. Dabei verlaufe die Veränderung allerdings keineswegs linear, sondern es werden auch unterschiedliche Tempi der Leistungsentwicklung sowie eine mögliche Verzögerung oder gar Stagnation in den Begriff des Veränderungsprozesses miteinbezogen. Bei Sporttalenten beziehe sich der Prozess hauptsächlich auf die Motorik und die sportliche Leistungsfähigkeit, wenngleich er sich auf alle Bereiche der Persönlichkeit auswirke (vgl. Joch, 1997, s. 94). Dazu sei es einerseits notwendig, dass das talentierte Individuum einen gewissen Antrieb, Interesse und Motivation, vor allem Leistung zu erbringen, besitzt. Andererseits habe Training eine große Bedeutung (dazu ausführlich: Kapitel 4).
Aus dem statischen und dem dynamischen Talentbegriff ergibt sich nach Joch eine vollständige Definition des (sportlichen) Talents, wobei sich die statische und die dynamische Komponente gegenseitig bedingen:
״Talent besitzt, oder: ein Talent ist, wer auf der Grundlage von Dispositionen, Leistungsbereitschaft und den Möglichkeiten der realen Lebensumwelt über dem Altersdurchschnitt liegende (möglichst im Wettkampf nachgewiesene) entwicklungsfähige Leistungsresultate erzielt, die das Ergebnis eines aktiven, pädagogisch begleiteten und intentional durch Training gesteuerten Veränderungsprozess darstellen, der auf ein später zu erreichendes hohes (sportliches) Leistungsniveau zielstrebig ausgerichtet ist“
(Joch, 1997, s. 97).
Für die Entwicklung eines Talents seien also sowohl eine Analyse des aktuellen Zustandes als auch eine Prognose für die Zukunft und eine zielgerichtete Förderung nötig, was sich in den Instanzen der Talentsuche, der Talentauswahl und der Talentförderung widerspiegelt (vgl. Carl, 1988) und in Abbildung 1 verdeutlicht werden soll.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Talentinstanzen und ihr Zusammenhang.
Sie bilden die Grundpfeiler der leistungssportlich orientierten Nachwuchsförderung (vgl. Hohmann & Carl, 2002, s. 3). Für die Talentauswahl seien insbesondere die Talentdiagnose und die Talentprognose von großer Bedeutung. Im Folgenden werden die Begriffe genauer erläutert.
Unter Talentsuche werden Maßnahmen verstanden, die eine hohe Anzahl an sportlichen Talenten ermitteln sollen, die dann zu einem leistungsorientierten Training geführt werden. Hohmann & Carl (2002, s. 3) bezeichnen die Talentsuche auch als eine eher sportpraktische und organisatorische Aufgabe, die bislang allerdings weniger zum Problem wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht worden ist.
Bei der Talentauswahl findet dann eine weitere Selektion statt: es gilt, diejenigen Talente herauszufiltern, die für eine Weiterführung des spitzensportorientierten Trainings auf der nächst höheren stufe geeignet sind. Die Talentauswahl beinhaltet sowohl eine Talentdiagnose als auch eine Talentprognose.
Für die Talentdiagnose werden häufig standardisierte Tests durchgeführt, um herauszufinden, ob und inwiefern die sportartrelevanten Merkmale ausgeprägt sind. Es werden Leistungsauffälligkeiten betrachtet. Diese Art der Diagnose beziehe sich jedoch auf einen ״Sichtungs-Punkt, auf ein Sichtungs-Ereignis, das ein Test oder eine Wettkampf beobachtu ng sein kann“ (Joch, 1997, s.64f). Der perspektivische Charakter im Sinne eines dynamischen Talentbegriffs bliebe dabei allerdings unberücksichtigt.
Die Talentprognose stellt eine Vorhersage für den individuell erreichbaren, höchstmöglichen Erfolg in einer Sportart dar, die begründet sein muss. Es wird aus wissenschaftlicher Sicht allerdings angezweifelt, ob diese prognostischen Aussagen überhaupt legitimiert werden können (vgl. Joch, 1997, s. 60). Seiffert erklärt, dass die Sachverhalte der Wissenschaft nur in der Gegenwart und der Vergangenheit existieren können, aber keine Aussagen über die Zukunft getroffen werden können. Er verweist darauf, dass solche prognostischen Aussagen praktisch getroffen und dem Handeln des Menschen entzogen werden müssten (vgl. Seiffert, 1970, s. 179). Auch hierfür sei ein längerfristiger Prozess nötig, um Aussagen über die Entwicklungsfähigkeit eines Talents treffen zu können. Joch ist deshalb der Auffassung, dass die Talenterkennung nicht von der Talentförderung zu trennen ist. Eine Diagnose- und Prognosesicherheit ist seiner Ansicht nach erst gewährleistet, wenn die Talenterkennung in langfristig geplante und trainingsmäßig organisierte Maßnahmen der Talentförderung integriert ist (vgl. Joch, 1997, s. 61).
3.3 Talentförderung
Die Talentförderung beinhaltet Maßnahmen, um spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten, vor allem bei jungen, talentierten Sportlern, zu entwickeln (vgl. Weineck, 2004, s. 120, Carl,
1988, Joch 1997). Es gibt verschiedene Methoden der Talentförderung: Joch (1997) nennt das Wachsenlassen, die Reduzierung der Freiheitsgrade und die intentionale Vielseitigkeit.
3.3.1 Wachsenlassen
Beim Wachsenlassen wird großer Wert auf die individuelle Entfaltung gelegt, weshalb diese Methode in der Pädagogik Tradition habe. Dabei werden pädagogische Interventionen dazu verwendet, um schädliche Einflüsse fernzuhalten, wobei sich die Begabung selbst ihren Weg suchen solle und auf die inneren Kräfte und den Eigenantrieb des Kindes vertraut wird (vgl. Joch, 1997, s. 68f). Dabei gilt es, möglichst wenig einzugreifen und auf die Anlagen und Fähigkeiten der Kinder zu vertrauen, während vorgegebene Normen gemieden werden.
3.3.2 Reduzierung der Freiheitsgrade
Die Vielzahl an Einwirkungen auf die individuelle Entwicklung wird bei dieser Methode als Störgröße angesehen. Gewünscht ist ein normierter, programmierbarer und prognostizierbarer Verlauf der Leistungsentwicklung hin zur sportlichen Karriere, welcher sich durch die Reduzierung der Freiheitsgrade und strenge, normative Trainingspläne sowie Selektionsverfahren und Planungsstrategien ermöglichen lassen soll.
Dabei soll ein frühestmöglicher Beginn gekoppelt mit der höchstmöglichen Belastung dazu führen, dass eine ״leistungssportliche Prägung“ (Joch, 1997, s. 71) eintritt, die hohe Belastbarkeit also während des gesamten Lebens zu einer Selbstverständlichkeit oder gar einem Bedürfnis wird. Weiterhin besteht das Ziel, den Trainingsumfang und die -Intensität zu steigern, während das motorisch beste Lernalter zur Aneignung disziplinspezifischer Techniken genutzt wird, was eine frühe Spezialisierung zur Folge hat. Eine individuelle Lebensgestaltung wird radikal eingeschränkt.
3.3.3 Intentionale Vielseitigkeit
Bei dieser Methode orientieren sich die Talentfördermaßnahmen am Grundsatz der Vielseitigkeit, um einerseits eine zu frühe Spezialisierung zu vermeiden und andererseits das Training in Bezug auf seine Mittel und Methoden sowohl vielseitig-variantenreich (bspw. Schulung der Bewegungserfahrung) als auch vielseitig-zielgerichtet (bspw. Lernen und Optimieren normierter Bewegungsabläufe) und somit motivationsfördernd zu gestalten (vgl. Joch, 1997, s. 73f). Von dieser Vielseitigkeit ausgehend, könne die sportliche
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[I] Leistungssport ist ein intensives, zeitaufwändiges Ausüben eines Sports mit dem Ziel, im Wettkampf die höchstmögliche Leistung sowie sportlichen Erfolg zu erreichen (vgl. zum Beispiel Krüger, 2001).
- Citar trabajo
- Magnus Düe (Autor), 2017, Zur Vereinbarkeit des Bildungsauftrags von Schulen mit dem Anspruch einer Talentförderung durch Schulen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429314
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