Der europäische und auch der deutsche Erdgasmarkt befinden sich derzeit in einer gewaltigen Umbruchsphase. Grund hierfür ist die von der Europäischen Union angestrebte schrittweise Liberalisierung des EU-Marktes. Diese soll, wie auch im Strommarkt, zu sinkenden Endverbraucherpreisen führen. Die in vielen europäischen Ländern noch vorherrschenden staatlichen oder privaten Monopole sollen in diesem Zuge verschwinden und wettbewerblicheren Strukturen weichen.
Wie stark der Wettbewerb letztendlich ausfallen wird kann heute jedoch noch nicht abgeschätzt werden, da sich im Erdgasmarkt in letzter Zeit vielfältige Veränderungen in Form von Fusionen, Kapitalbeteiligungen und teils sinkenden Investmentkosten ergeben haben. Zudem herrscht derzeit noch ungenügender Wettbewerb im Transport von Erdgas in Deutschland. Der Grund hierfür sind die hohen Durchleitungspreise, die beim Benutzen von fremden Pipelines zu bezahlen sind. Vernünftige Durchleitungspreise sind aber ein essentieller Bestandteil der Deregulierung, wenn Wettbewerb entstehen soll. Die Entstehung von Wettbewerb oder das Bestehen bleiben des jetzigen Status hat Auswirkungen auf die ökonomischen Analysen, die in der Arbeit angesprochen werden.
Es wird zunächst der grundsätzliche Aufbau der Erdgasindustrie aufgezeigt. Anschließend wird kurz auf den europäischen Markt eingegangen. Der Schwerpunkt ist danach die Darstellung der derzeitigen Struktur des deutschen Erdgasmarktes unter Einbeziehung der angestrebten Liberalisierungsschritte der Europäischen Union. Zuletzt wird auf die Investmentkosten eingegangen, die in der Erdgasindustrie getätigt werden müssen. Darauf aufbauend wird auf das hinter den hohen Investmentkosten stehende Hold-up Problem eingegangen. Danach wird erläutert, wie sich eine vertikale Integration nutzbringend für alle Marktteilnehmer auswirkt. Anschließend wird gezeigt, wie durch langfristige Verträge, die bei den bisher vorgestellten ökonomischen Modellen entstehenden Probleme gelöst werden können. Zum Abschluss wird ein ökonomisches Modell vorgestellt, welches untersucht wie sich die Gasproduzenten verhalten werden, falls auf der Nachfrageseite ausreichend großer Wettbewerb entsteht. Zum Abschluss werden die vorgestellten ökonomischen Modelle kritisch betrachtet und mit den Marktgegebenheiten zusammengeführt. Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse nochmals zusammengefasst und ein kleiner Ausblick auf die zukünftige Erdgasindustrie gegeben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Erdgasindustrie
2.1 Die westeuropäische Erdgasindustrie
2.2 Die deutsche Erdgasindustrie
2.3 Die Besonderheiten des Erdgasmarktes
3. Die ökonomischen Modelle
3.1 Das Hold-up Problem
3.2 Vertikale Integration
3.3 Take or Pay-Verträge
3.4 Wettbewerb auf der Produzentenseite
3.4.1 Das Referenzszenario
3.4.2 Erhöhung der Produzentenanzahl
4. Kritische Würdigung der Modelle und Anwendung auf die Erdgasbranche
4.1 Kritische Würdigung des Hold-up Problems
4.2 Kritische Würdigung der vertikalen Integration
4.3 Kritische Würdigung der Take or Pay-Verträge
4.4 Kritische Würdigung des Wettbewerbs auf der Produzentenseite
5. Resümee
Anhangsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Auswirkungen von vertikaler Integration gegenüber fehlender Integration
Tab. 2: Auswirkungen von ToP-Verträgen
Tab. 3: Auswirkungen auf die Gewinne und die Produktionsmenge bei Erhöhung der Anzahl der norwegischen Produzenten
Tab. 4: Gewinn- und Konsumentenrenteveränderungen relativ zum Referenzszenario
1. Einleitung
Der europäische und auch der deutsche Erdgasmarkt befinden sich derzeit in einer gewaltigen Umbruchsphase. Grund hierfür ist die von der Europäischen Union angestrebte schrittweise Liberalisierung des EU-Marktes. Diese soll, wie auch im Strommarkt, zu sinkenden Endverbraucherpreisen führen. Die in vielen europäischen Ländern noch vorherrschenden staatlichen oder privaten Monopole sollen in diesem Zuge verschwinden und wettbewerblicheren Strukturen weichen.
Wie stark der Wettbewerb letztendlich ausfallen wird kann heute jedoch noch nicht abgeschätzt werden, da sich im Erdgasmarkt in letzter Zeit vielfältige Veränderungen in Form von Fusionen, Kapitalbeteiligungen und teils sinkenden Investmentkosten ergeben haben. Zudem herrscht derzeit noch ungenügender Wettbewerb im Transport von Erdgas in Deutschland. Der Grund hierfür sind die hohen Durchleitungspreise, die beim Benutzen von fremden Pipelines zu bezahlen sind.[1] Vernünftige Durchleitungspreise sind aber ein essentieller Bestandteil der Deregulierung, wenn Wettbewerb entstehen soll. Die Entstehung von Wettbewerb oder das Bestehen bleiben des jetzigen Status hat Auswirkungen auf die ökonomischen Analysen, die in der Arbeit angesprochen werden. Deshalb wird angenommen, dass die Liberalisierungsschritte prinzipiell zu mehr Wettbewerb führen. Auf etwaige Voraussetzungen hierfür wird in den einzelnen Fällen jeweils eingegangen.
In Kapitel 2 wird zunächst der grundsätzliche Aufbau der Erdgasindustrie aufgezeigt. Anschließend wird kurz auf den europäischen Markt eingegangen. Der Schwerpunkt ist danach die Darstellung der derzeitigen Struktur des deutschen Erdgasmarktes unter Einbeziehung der angestrebten Liberalisierungsschritte der Europäischen Union. Zuletzt wird auf die Investmentkosten eingegangen, die in der Erdgasindustrie getätigt werden müssen. In Kapital 3 wird auf das hinter den hohen Investmentkosten stehende Hold-up Problem eingegangen. Danach wird erläutert, wie sich eine vertikale Integration nutzbringend für alle Marktteilnehmer auswirkt. Anschließend wird gezeigt, wie durch langfristige Verträge, die bei den bisher vorgestellten ökonomischen Modelle entstehenden Probleme gelöst werden können. Zum Abschluss wird ein ökonomisches Modell vorgestellt, welches untersucht wie sich die Gasproduzenten verhalten werden, falls auf der Nachfrageseite ausreichend großer Wettbewerb entsteht. In Kapitel 4 werden die vorgestellten ökonomischen Modelle kritisch betrachtet und mit den Marktgegebenheiten zusammengeführt. Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse nochmals zusammengefasst und ein kleiner Ausblick auf die zukünftige Erdgasindustrie gegeben.
2. Die Erdgasindustrie
Die Erdgasindustrie gliedert sich in drei Stufen. Zum einen gibt es die Produzenten, welche das Erdgas fördern und an Ferngasgesellschaften weiterveräußern. Diese vertreiben das Gas an lokale Verteilergesellschaften, welche ihrerseits die Endkunden beliefern. Die genannten Stufen lassen sich jedoch nicht immer so einfach abgrenzen. So ist in Frankreich immer noch der ehemalige Monopolist Gaz de France vorherrschend welcher seit jeher die Aufgaben einer Fern- und lokalen Verteilergesellschaft übernommen hat. Zudem können den lokalen Verteilergesellschaften noch regionale Verteiler vorgeschaltet sein, welche die selbe Aufgabenfunktionen, allerdings auf einer höheren Ebene, übernehmen. Ferngasgesellschaften wiederum beziehen teilweise kein Gas von den Produzenten selbst sondern von anderen Ferngasgesellschaften. Außerdem werden industrielle Verbraucher und Elektrizitätsunternehmen nicht nur von Verteilergesellschaften sondern auch von Ferngasgesellschaften mit Gas versorgt. Für die Arbeit ist die anfangs gemachte Unterteilung aber ausreichend.[2]
Im Folgenden wird allgemein auf die europäische Erdgasindustrie eingegangen, darauf aufbauend detailliert die deutsche Erdgasindustrie beschrieben und auf die hohen Investmentkosten eingegangen, welche die Erdgaswirtschaft beeinflussen.
2.1 Die westeuropäische Erdgasindustrie
Der westeuropäische Gasverbrauch konnte im Jahr 2003 zu ca. 2/3 aus eigener Produktion bedient werden. Das weitere Drittel wurde hauptsächlich von Russland und Algerien importiert. Die größten europäischen Erzeuger sind die Niederlande, Norwegen und Großbritannien. Es wird angenommen, dass die eigene Produktionsmenge im Laufe der nächsten Jahre drastisch abnehmen wird und die Importquote innerhalb der nächsten 20 Jahre auf 73% steigen wird. Gleichzeitig wird sich der prognostizierte Bedarf im selben Zeitraum um über 40% erhöhen. Knapp die Hälfte des dann vorhandenen Bedarfs ist derzeit noch nicht über langfristige Lieferverträge oder einheimische Produktion, die sicher abnehmen wird, abgesichert.[3]
2.2 Die deutsche Erdgasindustrie
Deutschland kann, ebenfalls wie Europa, den Gasbedarf nicht aus eigener Produktion decken. Die Importabhängigkeit ist sogar noch um einiges stärker ausgeprägt. Im Jahr 2003 wurden lediglich 18% werden selbst produziert, 32% von Russland, 26% von Norwegen, 17% von den Niederlanden und 7% von Großbritannien, Dänemark und sonstigen Produzenten importiert.[4]
Im deutschen Erdgasmarkt betätigen sich auf der ersten Stufe 16 erdgasfördernde Unternehmen. Auf der Stufe der Ferngasgesellschaften gibt es 15 Unternehmen, von denen allerdings nur sechs direkt Gas von anderen Ländern importieren. Auf der Ebene der lokalen Verteilergesellschaften sind über 700 Unternehmen tätig, welche Endkunden beliefern.[5]
Für die vorliegende Struktur der deutschen Erdgasindustrie ist es wichtig zu wissen, dass sich diese größtenteils nicht im Wettbewerb herausgebildet hat, da dieser erst in jüngster Zeit von der Europäischen Kommission gefordert wird. Um die Effekte der Liberalisierung auf die Struktur abschätzen zu können ist es notwendig Hintergrundwissen über die frühere Struktur des Marktes zu haben, da diese teils immer noch vorherrschen, sich aber im Umbruch befinden. Die Ferngasgesellschaften unterteilten Deutschland früher in verschiedene Demarkationsgebiete. Innerhalb dieser Grenzen waren sie für die exklusive Belieferung von den Verteilergesellschaften und Großkunden zuständig. Die lokalen Verteilergesellschaften wiederum hatten schon seit jeher ein Monopol auf die Belieferung eines bestimmten Gebietes auf Basis eines Konzessionsvertrages mit der jeweiligen Gebietskörperschaft. Der Wettbewerb war dadurch aber nicht vollkommen unterbunden. Ferngasunternehmen, die kein eigenes Demarkationsgebiet besaßen, konnten nach dem früheren Recht, unbeschadet auch lokale Verteilergesellschaften beliefern. Mit dem Markteintritt von Wingas im Jahre 1993 und dem Bau von einem eigenen Pipelinenetz in Deutschland begann das Unternehmen lokale Verteilergesellschaften und Großkunden mit Erdgas zu beliefern und die bisherigen Strukturen aufzubrechen. Allerdings ist der entstandene Wettbewerb vornehmlich auf die Gebiete beschränkt, wo Wingas ein Fernleitungsnetz aufgebaut hat.[6]
Die Vielzahl deutscher Produzenten sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass 2/3 der heimischen Förderung ausschließlich von einem dominanten Unternehmen, nämlich ExxonMobil, produziert wird.[7] Bei den Importländern steht man in Russland dem Monopolisten Gazprom gegenüber und in den Niederlanden der Gasunie. In Norwegen gibt es mehrere Produzenten, die ihr Gas seit 2002 auch einzeln vermarkten, allerdings wurden die wesentlichen Pipelines in eine unabhängige Gesellschaft eingebracht, welche das Kapazitätsmanagement übernommen hat.[8] Es ist deutlich erkennbar, dass das in Deutschland verbrauchte Erdgas von einigen wenigen Produzenten stammt.[9]
Die neun Ferngasgesellschaften, die kein Gas von den Produzenten erwerben, kaufen dieses von den anderen sechs Ferngasgesellschaften. Die größte Gesellschaft ist hierbei E.ON-Ruhrgas, die im Jahr 2000 für etwa 60% des Erdgashandels in Deutschland verantwortlich war. Darüber hinaus sind die weiteren relevanten Gesellschaften RWE/Thyssengas, BEB, Wingas, VNG und EWE. EWE ist außerdem zu 48% an VNG beteiligt.[10] Auf dieser Ebene gibt es demzufolge auch nur wenige Spieler mit nennenswertem Einfluss.[11]
Die über 700 Verteilergesellschaften werden in naher Zukunft in den Wettbewerb entlassen. Für die Kunden bedeutet dies, dass sie nunmehr, wie auch beim Strom, ihren Anbieter frei wählen können.
Primär durch die Liberalisierung des Gasmarktes sind so genannte Hubs entstanden, an denen kurz-, mittel- und langfristige Gasgeschäfte getätigt werden können. An diesen Handelsplätzen können alle Marktteilnehmer und reine Händler teilnehmen.[12]
Ein weitere Änderung ist durch das noch nicht verabschiedete Energiewirtschaftsgesetz geplant. Demzufolge müssten Unternehmen, die bisher Gastransport und -handel betrieben haben, diese Bereiche gesellschaftsrechtlich trennen.[13] Diese Maßnahme soll zum einen besseren Einblick in die wahren Kosten des Transports geben, um damit Erkenntnisse über mögliche festzulegende Durchleitungspreise zu bekommen und zum anderen für mehr Wettbewerb, sowohl im Transport, als auch im Handel sorgen.
Die Struktur, die sich bisher herausgebildet hat bzw. welche sich in Folge der Liberalisierung ergibt kann nun wie folgt beschrieben werden:
1. Stufe:
Anbieter: wenige Produzenten – Nachfrager: wenige Ferngasgesellschaften, unbestimmte Anzahl von Händlern
Da die Produzenten nicht ihre gesamte Transportkapazität für die vertraglich vereinbarte Lieferung von Erdgas vorhalten, sondern Überkapazitäten besitzen, können diese Teile der Förderung an einem Hub anbieten.[14] Gleichzeitig können auch Ferngasgesellschaften als Anbieter auftreten, wenn sie zuviel Gas erworben haben. Bspw. Kann E.ON-Ruhrgas derzeit, durch langfristige Verträge, über mehr Gas verfügen als sie benötigen.[15] Durch die geringe Anzahl von Produzenten sollte hier aber kein wirklicher Wettbewerb entstehen, außer die Überkapazitäten werden ausgeschöpft und es kommt zu einem Preiskampf.
2. Stufe
Anbieter: wenige Ferngasgesellschaften, unbestimmte Anzahl von Händlern – Nachfrager: viele Verteilergesellschaften, Großverbraucher, unbestimmte Anzahl von Händlern
Die Stärke des Wettbewerbs hängt davon ab wie viele Händler sich in Zukunft dauerhaft etablieren können. Dies hängt von den Durchleitungspreisen, die für die Benutzung von innerdeutschen und europäischen Pipelines bezahlt werden müssen und von Hubs die liquide sind, d. h. an denen ausreichend große Mengen an Gas gehandelt werden, ab. Die andere Möglichkeit ist der Aufbau eines eigenen Leitungsnetzes und der Eintritt als Ferngasunternehmen in den Markt. Dies war aber bereits früher möglich und wurde lediglich von Wintershall/BASF gemacht.
3. Stufe
Anbieter: viele Verteilergesellschaften, unbestimmte Anzahl von Händlern – Nachfrager: viele Haushalte
Damit herrscht auf dieser Stufe vollkommener Wettbewerb. Allerdings wieder unter der Einschränkung, dass die Durchleitungspreise effizient gewählt werden.
2.3 Die Besonderheiten des Erdgasmarktes
Prinzipiell können zwei Gasarten unterschieden werden. Zum einen Naturgas, welches in Pipelines transportiert wird und zum anderen Flüssiggas (Liquified Natural Gas), welches mit Transportschiffen von einem Ort zum anderen gebracht wird, wieder verdampft und wieder in eine Pipeline eingespeist wird. Deutschland bezieht das Erdgas aus Kostengründen derzeit noch aus Pipelines. Einzelne Ferngasgesellschaften, wie E.ON-Ruhrgas überlegen sich derzeit aber ebenfalls Flüssiggas aus Nordafrika und dem Mittleren Osten zu beziehen.[16]
Die Investitionen, die im Pipelinebereich getätigt werden müssen sind sehr hoch und die einzelnen Projekte bedürfen einer Vorbereitungszeit von mindestens sechs Jahren. Dies insbesondere deshalb weil die Erdgasfelder weit entfernt von den europäischen Nachfrageorten sind und deshalb der Bau langer Erdgaspipelines für den Transport notwendig ist. Für den Bau einer 4.000 km langen Pipeline wird bspw. geschätzt, dass er mindestens einem Kostenäquivalent von $ 15 je Barrel Öl entspricht. Die Pipelines, die Erdgas von den russischen Erdgasfeldern in Sibirien liefern, sind sogar 5.000 km von Deutschland entfernt.[17] Die durchgeführten Projekte werden ebenfalls oft mit Hilfe von Großkrediten finanziert, was voraussetzt, dass das Unternehmen als kreditwürdig eingestuft wird.[18]
Die Laufzeit über die sich die Investitionen amortisieren müssen betragen im Regelfall 20 bis 30 Jahre. Zudem handelt es sich um hochspezifische Investitionen, d. h. die getätigten Investitionen können lediglich für einen Zweck genutzt werden. Eine von A nach B gebaute Pipeline liefert z. B. ausschließlich Gas von A nach B und nichts anderes. Falls das Gas nun am Ort C benötigt ist der Bau einer neuen Pipeline erforderlich. Auch ein Bohrloch kann nur für die Förderung von Erdgas verwendet werden.[19]
Im Bereich von Flüssiggas fallen ebenfalls sehr hohe Investitionen an. Durch Flüssiggas bietet sich allerdings für Ferngasunternehmen eine größere Diversifizierung an, da Gas nun auch von weiteren Produzenten, z.B. aus dem Mittleren Osten und Afrika, bezogen werden kann. Die Kosten in diesem Bereich sinken derzeit ständig.[20] Durch die gesunken Kosten sind die Investitionen nicht so spezifisch wie im Pipeline-Geschäft.[21]
3. Die ökonomischen Modelle
Im Folgenden werden mehrere Modelle beschrieben, die bereits auf dem Erdgasmarkt angewendet wurden. Durch die Modelle wird vornehmlich Bezug auf das Verhältnis von Produzenten und Ferngasgesellschaft genommen.
3.1 Das Hold-up Problem
Durch die spezifischen Investitionen, die getätigt werden müssen, bevor Gas geliefert werden kann ergibt sich das Hold-up Problem. Dieses entsteht wenn ein Produzent und ein Käufer eine Geschäftsbeziehung eingegangen sind, aus der beide Parteien nachträglich nicht mehr so leicht aussteigen können, außer man nimmt einen Verlust in Kauf. Konkret nehmen wir an, dass der Produzent eine spezifische Investition vornimmt, die lediglich einem spezifischen Käufer Nutzen stiftet. Vorstellbar ist bspw. der Kauf einer Spezialmaschine, mit der man nur die Autokarosserie des Käufers bauen kann. Der Produzent hat also die Kostenfunktion Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, wobei F die Fixkosten darstellen, die für den Maschinenkauf anfallen,Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie variablen Kosten einer Karosserie und x die Anzahl der produzierten Teile. Nachdem die Investition getätigt wurde ergibt sich die Situation, dass sich die für die Produktionsentscheidung relevante Kostenfunktion verändert. F wurde bereits getätigt und stellt somit sunk costs, also Kosten die unwiderruflich verloren sind, dar. Demnach ergibt sich nun für den Handelsgewinn Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. R stellt dabei den Umsatz dar, welchen der Käufer erzielt. Der Handelsgewinn kann zwischen beiden Vertragsparteien aufgeteilt werden, wenn die Beziehung fortgesetzt wird. Die nächstbeste Alternative ist das Auflösen der Beziehung. Hierzu müssen die Quasirenten beider Parteien bestimmt werden. Diese ergeben sich aus der Differenz der Erlöse bei einem Nichtwechsel und einem Wechsel. Der Produzent kann die Maschine zum Schrottwert S veräußern, demnach beträgt dessen Quasirente F-S. Will der Käufer den Zulieferer wechseln muss er Transaktionskosten T und F (bzw. dem Produzenten vergüten) aufwenden, erzielt also einen Erlös von V-F-T. Behält er den Zulieferer bei hat er einen Erlös von V-F. Die Quasirente des Käufers ist also T.[22]
[...]
[1] Vgl. Gas Matters (2004)
[2] Vgl. Flakowski (2003, 35ff.)
[3] Vgl. Eurogas (2004, 28ff.)
[4] Vgl. Ruhrgas (2004, 20f.)
[5] Vgl. IEA (2002a, 78)
[6] Vgl. Neu (1999, 60ff.)
[7] Vgl. ExxonMobil (2004)
[8] Vgl. Ruhrgas (2004, 65)
[9] Vgl. Rechnungshof (2004, 16)
[10] Vgl. Handelsblatt (2004)
[11] Vgl. IEA (2002a, 74)
[12] Vgl. Eurogas (2003, 1)
[13] Vgl. Anhang I: Email von Ingo Neubert, Wingas
[14] Diese müssen sie besitzen, um Nachfrageschwankungen ausgleichen zu können. Wird nicht die gesamte Men- ge nachgefragt kann diese am Spotmarkt veräußert werden.
[15] Vgl. Monopolkommission (2002, 93f.)
[16] Vgl. Die Welt (2004); Ruhrgas (2004, 64)
[17] Vgl. Ruhrgas (2004, 38)
[18] Vgl. Shell (2002, 1)
[19] Vgl. Bolle (1989, 250)
[20] Vgl. Hirschhausen (2003, 23)
[21] Vgl. IEA (2002b, 100)
[22] Vgl. zu diesem Abschnitt Church, Ware (2000, 71f.)
- Arbeit zitieren
- Karlheinz Eichelmann (Autor:in), 2005, Ökonomische Analyse des Erdgasmarktes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42845
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