Judith Butler nimmt sich in ihrem Buch „Kritik der ethischen Gewalt“ der Frage an, was eigentlich ethische Gewalt ist und wie diese sich ausdrückt. Da Judith Butler, um diese Fragen zu klären, Ausführungen im Umfang eines Buches benötigt hat, ist es wohl kaum möglich diese Problemstellung in einer Hausarbeit abzuhandeln. Aus diesem Grund liegt dieser Arbeit ein Kapitel aus dem Buch „Platon zum Trotz“ zugrunde, dass von der italienischen Philosophin Adriana Cavarero verfasst worden ist. Das Kapitel, auf welches diese Arbeit Bezug nimmt, trägt den Titel „Die thrakische Magd“ und analysiert die Anekdote von Thales, der die Sterne beobachtend in einen Brunnen fällt und aufgrund dessen von einer thrakischen Magd verspottet wird. An dieser Anekdote und an den Ausführungen Cavareros versucht diese Ar-beit ethische Gewalt nachzuweisen und die bestehenden Zusammenhänge zu erläutern. Der Begriff der ethischen Gewalt muss zu Beginn erst einmal erläutert werden, ebenso die Überlegungen, die Adriana Cavarero anstellt und die zum größten Teil auf den Weltanschauungen der bedeutendsten antiken Philosophen beruhen. So muss neben dem Begriff der ethischen Gewalt auch der Sinnbegriff, wie ihn Platon und Parmenides behandeln, konkretisiert werden. Nur über diese Hinleitung kann es gelingen, ethische Gewalt bei Cavarero nachzuweisen und die Bedeutung plastisch darzustellen. So ist die Gliederung dieser Arbeit eigentlich strikt durch das Thema vorgegeben. Zu Beginn ist es erforderlich Definitionen für die im Folgenden gebrauchten Begriffe, wie „ethische Gewalt“, „Sinn“ und „Sein“ zu finden. Der zweite Schritt wäre dann der Transfer dieser Begrifflichkeiten auf die Anekdote des Thales selbst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Verknüpfung zwischen dem Begriff der ethischer Gewalt und des „Sinnbegriffs“
2.1 Was ist ethische Gewalt und wie drückt sie sich aus
2.2 Auslegungen des Sinnbegriffs
2.2.1 Thales von Milet
2.2.2 Parmenides von Elea
2.2.3 Platon von Athen
2.2.4 Abschließender Vergleich
2.3 Ethische Gewalt bei Cavarero
3. Fazit
4. Literaturübersicht:
1. Einleitung
Wie auch den Thales, o Theodoros, als er, um
die Sterne zu beschauen, den Blick nach oben
gerichtet in den Brunnen fiel, eine artige
und witzige thrakische Magd soll verspottet
haben, dass er, was am Himmel wäre,
wohl strebte zu erfahren, was aber vor ihm läge
und zu seinen Füßen, ihm unbekannt bliebe.
Platon, Theaitetos, 174a
Judith Butler nimmt sich in ihrem Buch „Kritik der ethischen Gewalt“ der Frage an, was eigentlich ethische Gewalt ist und wie diese sich ausdrückt. Da Judith Butler, um diese Fragen zu klären, Ausführungen im Umfang eines Buches benötigt hat, ist es wohl kaum möglich diese Problemstellung in einer Hausarbeit abzuhandeln. Aus diesem Grund liegt dieser Arbeit ein Kapitel aus dem Buch „Platon zum Trotz“ zugrunde, dass von der italienischen Philosophin Adriana Cavarero verfasst worden ist. Das Kapitel, auf welches diese Arbeit Bezug nimmt, trägt den Titel „Die thrakische Magd“ und analysiert die Anekdote von Thales, der die Sterne beobachtend in einen Brunnen fällt und aufgrund dessen von einer thrakischen Magd verspottet wird. An dieser Anekdote und an den Ausführungen Cavareros versucht diese Arbeit ethische Gewalt nachzuweisen und die bestehenden Zusammenhänge zu erläutern.
Der Begriff der ethischen Gewalt muss zu Beginn erst einmal erläutert werden, ebenso die Überlegungen, die Adriana Cavarero anstellt und die zum größten Teil auf den Weltanschauungen der bedeutendsten antiken Philosophen beruhen. So muss neben dem Begriff der ethischen Gewalt auch der Sinnbegriff, wie ihn Platon und Parmenides behandeln, konkretisiert werden. Nur über diese Hinleitung kann es gelingen, ethische Gewalt bei Cavarero nachzuweisen und die Bedeutung plastisch darzustellen. So ist die Gliederung dieser Arbeit eigentlich strikt durch das Thema vorgegeben. Zu Beginn ist es erforderlich Definitionen für die im Folgenden gebrauchten Begriffe, wie „ethische Gewalt“, „Sinn“ und „Sein“ zu finden. Der zweite Schritt wäre dann der Transfer dieser Begrifflichkeiten auf die Anekdote des Thales selbst.
2. Verknüpfung zwischen dem Begriff der ethischer Gewalt und des „Sinnbegriffs“
2.1 Was ist ethische Gewalt und wie drückt sie sich aus
Was bedeutet eigentlich Gewalt? Gewalt ist im Allgemeinen ein Zwang, den eine stärkere Person auf eine schwächere ausübt. Spricht man von Gewalt, so differenziert man im normalen Sprachgebrauch zwischen körperlicher (physischer) und seelischer (psychischer) Gewalt. Was aber ist nun ethische Gewalt? Judith Butler hat dieser Art von Gewalt ein ganzes Buch gewidmet, also ist es wohl kaum möglich die Frage „Was ist ethische Gewalt?“ in wenigen Sätzen zu klären.
Einige Aspekte und Merkmale der ethischen Gewalt sind jedoch klar nachvollziehbar und auch für die primäre Fragestellung dieser Arbeit passend. Mit Hilfe einiger elementaren Überlegungen zur Frage nach der ethischen Gewalt sollte es möglich sein aufzuzeigen, wo in der Anekdote von der thrakischen Magd und der Auslegung von Adriana Cavarero ethische Gewalt zutage tritt und wer sie wem gegenüber ausübt. Als zentrale Aussage lässt sich festhalten, dass ethische Gewalt entweder von einer Person gegen eine andere ausgeübt wird, oder von einer Person gegen sich selbst. Doch was ist ethische Gewalt jetzt genau? Eigentlich handelt es sich hierbei um eine Art Druck, den jemand basierend auf den eigenen ethischen Grundsätzen ausübt. Dies ist möglich, da die ethischen Grundsätze bei allen Menschen unterschiedlich sind. Ganz im Gegensatz zur Moral gibt es keine einheitliche Ethik innerhalb einer Gesellschaft. Jeder Mensch lebt in einer eigenen Welt ethischer Grundsätze. Dies führt dazu, dass im Umgang mit anderen Menschen diese unterschiedlichen Grundsätze miteinander kollidieren, was wiederum dazu führt, dass Konflikte entstehen. Aus diesen kann dann eben Gewalt resultieren, wenn die Toleranz der interagierenden Personen einander gegenüber nicht sonderlich hoch ist. Um diese Aussage etwas plastischer zu gestalten, bieten sich hier verschiedene Beispiele an. Ethische Gewalt kann sich in Kriegen ausdrücken, genauso wie in einem übertriebenen Sendungsbewusstsein. Die einzige Möglichkeit ethische Gewalt zu verhindern, ist Toleranz zu üben. Diese Toleranz gegenüber anderer Menschen Einstellungen muss aber von allen Mitgliedern einer Gemeinschaft geteilt werden. Hierauf basiert der so genannte Gesellschaftsvertrag von Rousseau, der vorsieht, dass innerhalb einer Gesellschaft keinerlei Konflikte mehr herrschen, und dass die Mitglieder dieser Gemeinschaft in perfekter Harmonie miteinander leben können. Problematisch wird diese Überlegung allerdings wieder, wenn man sich mit den Außenstehenden beschäftigt, mit denen, die nicht in diesen Gesellschaftsvertrag eingebunden sind. Sie haben sich den Normen in dieser Gesellschaft entweder anzupassen, oder sie müssen den Einflussbereich derselben verlassen. Somit übt eine in sich tolerante Gemeinschaft als Kollektiv Gewalt auf Außenstehende aus.
Es ist wohl klar, dass die absolute Toleranz, die die Gewalt auf Erden beenden könnte, nur in der Theorie existieren kann, da die Gesellschaft selber entscheidet, wie weit sie tolerant sein will und kann.
Ethische Gewalt ist also Gewaltausübung, die auf den unterschiedlichen ethischen Ideen der Einzelnen basiert. Sie drückt sich aus, wenn die persönliche Freiheit einzelner durch die Vorstellung anderer eingeschränkt wird oder allein dadurch, dass eine Person zu einer Selbstreflektion gezwungen wird und somit Überlegungen anstellen muss, ob die eigene Ethik vielleicht gegenüber einer anderen fehlerhaft ist. Dies ist in sich jedoch ein Widerspruch, da es „die“ Ethik gar nicht gibt.
Diese besondere Form der Gewalt kann eine Person allerdings auch gegen sich selbst ausüben. Dies geschieht in dem Moment, wenn es sich durch eigene Überlegungen zur Reflektion der eigenen ethischen Maßstäbe zwingt, oder gar versucht die totale Erkenntnis zu erlangen, wie dies die Philosophen tun, die sich eine eigene Welt kreieren, die sie nicht erreichen können, aber als einzige Realität ansehen. Dazu folgen jedoch Ausführungen im nächsten Abschnitt. Die totale Erkenntnis zu erlangen ist ein menschlicher Traum, der sich nie erfüllen wird, da es einfach unmöglich ist eine komplette Erkenntnis zu erlangen, da dies bedeuten würde eine Stufe zu erreichen, auf der man allmächtig oder gar (ein) Gott wäre.
Es steht also fest, dass ethisches Handeln Grenzen haben muss, da die Ethiken der Menschen sich voneinander unterscheiden und Konflikte unvermeidbar wären, wenn es keine Grenze für Handeln nach den eigenen ethischen Normen gäbe. Die Ethik trennt also die Menschen voneinander. Es vollzieht sich eine Trennung, aber auch eine Vereinigung der Menschheit, auf Basis einer Verhandlungssache, also quasi eines Gesellschaftsvertrags in abgeschwächter Form. Diese Theorie funktioniert aber nur insoweit, wenn die Menschen bereit sind, zumindest einen Teil ihrer eigenen Souveränität einzubüßen. Dies macht den Menschen menschlich und ermöglicht ein Zusammenleben, indem Konflikte nicht immer in Gewalt eskalieren. Damit wären wir bei der Hauptaussage von Judith Butler, dass man seine eigene Souveränität aufgeben muss, um menschlich zu werden.
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- Quote paper
- Tobias Meints (Author), 2003, Auf welche Weise drückt sich ethische Gewalt in dem Essay 'Die thrakische Magd von Adriana Cavarero' aus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42843
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