Diese Arbeit beschäftigt sich zuerst mit dem Hinduismus, sowohl in seinen religiösen als auch in seinen philosophischen Aspekten, dann auch mit der indischen christlichen Theologie. Die Pioniere und einige wichtige Begriffe der indischen Theologie sind hier genannt. Die Dalit-Theologie wird in dieser Arbeit als eine Theologie der Unberuhbaren bezeichnet.
Inkulturation bezeichnet das Einbringen von Verhaltensmustern, Gedanken über Dinge oder Ansichten von einer Kultur in eine andere. Vor allem im Bereich der christlichen Mission bzw. Evangelisation wird diese Methode diskutiert und im Bereich der großen christlichen Kirchen teilweise als Grundlage genommen. Dies kann Auswirkungen zum Beispiel im Blick auf die Liturgie haben. Die Methode ist keineswegs neu; schon seit frühester christlicher Zeit wird in der Mission so verfahren.
Die Koexistenz des Christentums mit anderen Kulturen stammt aus der apostolischen Zeit. Vor seiner Himmelfahrt belehrte Jesus seine Jünger, seine Lehren bis zum Ende der Erde zu verbreiten (Mk 16,15), aber er sagte ihnen nicht, wie sie das machen sollten. Paulus Rede an die Griechen in Athen (Apg 17, 22-33) könnte als erster Versuch der Inkulturation betrachtet werden. Um das Jahr 50 beriefen die Apostel die erste Synode der Kirche ein, die Synode von Jerusalem, um zu entscheiden, ob die Kirche Heiden aufnehmen darf. Die Synode bestätigte, dass Heiden als Christen akzeptiert werden können, ohne vorher zum Judentum konvertiert zu haben.
Wie der heilige Paulus von einem unbekannten Gott der Griechen sprechen konnte, kann man auch vom ,,verborgenen Christus" der anderen Religionensprechen. Das Christentum ist heute ein ebenso globales wie interkulturelles Phänomen. Christliche Präsenz außerhalb Europas ist durch die kulturell-religiösen, sozialen und politischen Kontexte geprägt. Theologie wird irrelevant und unecht sein, wenn sie von der Lebenssituation der Menschen getrennt ist, für die sie erstellt ist.
Für die katholische Kirche war das Zweite Vatikanische Konzil eine deutliche Markierung. So betont die Pastoralkonstitution: ,,Denn so wird in jedem Volk die Fähigkeit, die Botschaft Christi auf eigene Weise auszusagen, entwickelt und zugleich der lebhafte Austausch zwischen der Kirche und den verschiedenen nationalen Kulturen gefördert“ (GS 44). Diese Aufforderung der Konstitution ist, in einer Weise, ein Aufruf, sich für eine kontextuelle Theologie zu engagieren und für den Glauben in Relevanz oder Kontext.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Typen kontextueller Theologie
2.1 Befreiungstheologie
2.2 Inkulturations- und Dialogtheologie
3. Kontextualisierung im indischen Kontext
3.1 Der Anfang indischer christlicher Theologie
3.1.1 Robert de Nobili (1577-1656)
3.1.2 Raja Ram Mohan Roy (1772-1833) und Keshab Chandra Sen (1838-1884)
3.1.3 Brahmabandhav Upadhyana (1861-1907)
3.2 Themen der indischen Theologie
3.2.1 Brahman
3.2.2 Bhakti
3.2.3 Shruti und Shraddha
3.2.4 Advaita und Tattvamasi
3.3 Interreligiöser Dialog in Indien
4. Raimundo Panikkar (1918-2010)
4.1 Die pluralistische Theologie
4.2 Die Begegnung zwischen dem Christentum und dem Hinduismus
5. Dalit-Theologie
5.1 Der Kontext
5.2 Inhalt der Dalit-Theologie
5.3 Die Rolle der Dalit-Theologie
6. Der Weg zu einer indischen Liturgie
7. Die römische Kritik
8. Resümee
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Inkulturation bezeichnet das Einbringen von Verhaltensmustern, Gedanken über Dinge oder Ansichten von einer Kultur in eine andere. Vor allem im Bereich der christlichen Mission bzw. Evangelisation wird diese Methode diskutiert und im Bereich der großen christlichen Kirchen teilweise als Grundlage genommen. Dies kann Auswirkungen zum Beispiel im Blick auf die Liturgie haben. Die Methode ist keineswegs neu; schon seit frühester christlicher Zeit wird in der Mission so verfahren.
Die Koexistenz des Christentums mit anderen Kulturen stammt aus der apostolischen Zeit. Vor seiner Himmelfahrt belehrte Jesus seine Jünger, seine Lehren bis zum Ende der Erde zu verbreiten (Mk 16,15), aber er sagte ihnen nicht, wie sie das machen sollten. Paulus Rede an die Griechen in Athen (Apg 17, 22-33) könnte als erster Versuch der Inkulturation betrachtet werden. Um das Jahr 50 beriefen die Apostel die erste Synode der Kirche ein, die Synode von Jerusalem, um zu entscheiden, ob die Kirche Heiden aufnehmen darf. Die Synode bestätigte, dass Heiden als Christen akzeptiert werden können, ohne vorher zum Judentum konvertiert zu haben.
Wie der heilige Paulus von einem unbekannten Gott der Griechen sprechen konnte, kann man auch vom ,,verborgenen Christus“1 der anderen Religionen sprechen. Das Christentum ist heute ein ebenso globales wie interkulturelles Phänomen. Christliche Präsenz außerhalb Europas ist durch die kulturell-religiösen, sozialen und politischen Kontexte geprägt. Theologie wird irrelevant und unecht sein, wenn sie von der Lebenssituation der Menschen getrennt ist, für die sie erstellt ist.
Für die katholische Kirche war das Zweite Vatikanische Konzil eine deutliche Markierung. So betont die Pastoralkonstitution: ,,Denn so wird in jedem Volk die Fähigkeit, die Botschaft Christi auf eigene Weise auszusagen, entwickelt und zugleich der lebhafte Austausch zwischen der Kirche und den verschiedenen nationalen Kulturen gefördert“ (GS 44). Diese Aufforderung der Konstitution ist, in einer Weise, ein Aufruf, sich für eine kontextuelle Theologie zu engagieren und für den Glauben in Relevanz oder Kontext.
Robert H. S. Boyd ist der Meinung: ,,Die theologische Formulierung des christlichen Glaubens neigt in der Regel dazu, sich entweder in positiver oder in negativer Weise auf ein bestimmtes philosophisches System zu beziehen.“2 Indien ist keine Ausnahme davon. Diese Arbeit beschäftigt sich zuerst mit dem Hinduismus, sowohl in seinen religiösen als auch in seinen philosophischen Aspekten, dann auch mit der indischen christlichen Theologie. Die Pioniere und einige wichtige Begriffe der indischen Theologie sind hier genannt. Die Dalit-Theologie ist in dieser Arbeit als eine Theologie der der Unberuhbaren bezeichnet.
2. Typen kontextueller Theologie
Kontextuelle Theologien haben das Interesse an den Geschichten, wegen der Tatsache, dass man in Geschichten versteckt ist. So definiert der schweizer katholische Theologe Giancarlo Collet die interkulturelle Theologie: ,,Unter interkultureller Theologie wird – allgemein gesagt – eine Theologie verstanden, die sich mit Fragen der Beziehung zwischen Christentum und unterschiedlichen Kulturen, von Evangelium und Kultur auseinandersetzt.“3 Deshalb können zwei große Schulen seit Beginn der Entwicklung der kontextuellen Theologien in der Dritten Welt unterschieden werden.
2.1 Befreiungstheologie
Kontextuelle Theologie entsteht vor allem dort und dann, wenn Christen unter Armut, Hunger, Unterdrückung und Diskriminierungen leiden. Die Befreiungstheologen beschäftigen sich mit der sozioökonomischen und politischen Dimension ihrer jeweiligen Kontexte. Sie versuchen, mit dem befreienden Evangelium zu befreien. Am bekanntesten ist die lateinamerikanische Variante mit dem Motto der ,,vorrangigen Option für die Armen "4, die gegen die Militärdiktaturen gerichtet war. Befreiungstheologien entstanden zugleich auch in Afrika und Asien. Die indische Dalit-Theologie, die den Protest gegen das Kastensystem des hinduischen Sozialsystems artikuliert, ist ihr Erbe, aber setzt ihre eigenen kontextuellen Akzente.
2.2 Inkulturations- und Dialogtheologie
Viel häufiger in Afrika und Asien sind aber die Inkulturations- und Dialogtheologien. Sie hängen von der kulturellen und religiösen Dimension des Kontextes ab und setzen auf eine Erneuerung bzw. Kontextualisierung der Großkirchen. Volker Küster unterscheidet die beiden Typen in dieser Weise:
Während die Inkulturationstheologien dem christlichen Glauben im Gefolge der kulturellen Renaissancen eine einheimische Gestalt geben und dabei teilweise auch Elemente der anderen Religionen integrieren, suchen die Dialogtheologien das interreligiöse Gespräch. Zumindest indirekt leisten sie damit aber auch einen Beitrag zur Inkulturation der christlichen Gemeinschaft in den jeweiligen Kontext.5
Während die Befreiungstheologien den Charakter theologischer Bewegungen haben, sind die Inkulturations- und Dialogtheologien Gedankengebäude Einzelner.
3. Kontextualisierung im indischen Kontext
Kontextuelle Theologie ist ein Sammelbegriff für eine Vielfalt von alten und modernen Ansätzen, den politischen, sozialen, kulturellen, religösen und ökologischen Problemen der jeweiligen Gesellschaften zu begegnen und sie im Licht des Glaubens zu betrachten.6 Die indische Theologie fördert Kontemplation, Mönchtum, Dimensionen der Anwesenheit, Integrität und Tiefe in der Spiritualität und christliche advaitische Erfahrung.
3.1 Der Anfang indischer christlicher Theologie
3.1.1 Robert de Nobili (1577-1656)
Bis vor kurzem hat westlichen Theologie die indischen theologischen Entwürfe dominiert, und das Christentum ist durch die Hindu-Denker dafür sehr stark kritisiert worden. Der erste Versuch, die so genannte indische Theologie zu fördern, wurde vom italienischen Missionar Robert de Nobili S. J. im 17 Jh. eingeleitet.7 Er folgte eine Methode der sozio-kulturellen Anpassung, weil er sich bewusst war, dass es wertvolle Elemente in den hinduistischen heiligen Schriften gibt. Auch versuchte er, ein brahmanisches Seminar zu eröffnen und bei der Gottesdiensten eine Sanskrit-Liturgie zu feiern.
3.1.2 Raja Ram Mohan Roy (1772-1833) und Keshab Chandra Sen (1838-1884)
Nach de Nobilis Zeit erschienen in Indien für etwa zwei Jahrhunderten fast nur von westlichen Missionaren veröffentlichte theologische Bücher, die die zeitgenössische westliche Theologie reflektierten. Der erste wirkliche Durchbruch zu einer echten indischen Formulierung der Bedeutung von Jesus Christus kam nicht von indischen Christen, sondern von einigen hinduistischen Reformern wie Raja Ram Mohan Roy und Keshab Chandra Sen.8
Sie waren stark durch das westliche Denken und Christentum beeinflusst. Diese erleuchteten Nationalisten wollten den Hinduismus und die indische Gesellschaft reformieren, wodurch christliche Missionstätigkeit in Indien ausglichen werden konnte. Deshalb gab es Versuche, das Christentum mit dem Hinduismus zu harmonisieren. Sen war einer der ersten Inder, der eine klar umrissene Christologie formulierte.
Sie interpretierten Jesus in den indischen Traditionen. Jesus wird als Asiat porträtiert. Seine ethischen Vorschriften, unabhängig von seiner Person, bieten die Möglichkeit, Glück und Frieden zu finden. Seine "Göttlichen Menschheit" wird im Rahmen der Traditionen der Hindu-Mystiker erklärt. Jesus Christus und die Tugenden des Christentums sind bequem unter dem weiten Dach des Hinduismus untergebracht. Wegen der Absorptionsfähigkeit des Hinduismus wird keine Spannung in dieser Erklärung erlebt.
3.1.3 Brahmabandhav Upadhyana (1861-1907)
Ein wichtiger Pionier der indischen christlichen Theologie ist Brahmabandhav Upadhyana. Er versuchte, christliche Theologie mit Hilfe von Ramanujas Philosophie und Shankaras Advaita-Philosophie zu interpretieren. Er verstand den Vedanta als eine Vorbereitung für das Evangelium. Er war der Meinung, dass ein Christ in Indien seine sozialen, kulturellen, philosophischen und religiösen Wurzeln im Hinduismus habe.9 Er versuchte, die Trinitäts- und Schöpfungslehren in indischen und hinduistischen Denkmustern zu erklären.10
3.2 Themen der indischen Theologie
Um die indische Theologie genau verstehen zu können, muss man Theologie in Verbindung mit indischer Kultur und Philosophie betrachten. Die christliche Theologie in Indien befindet sich in der Mitte der temperamentvollen und einflussreichen nichtchristlichen religiösen Systeme, vor allem des Hinduismus, der etwa vierundachtzig Prozent der Inder umfasst. Hindu-religiöse Faktoren haben daher eine entscheidende Rolle bei der Entstehung mehrerer wichtiger Themen der indischen Theologie. Das Verständnis der hinduistischen Theologie hilft beim genauen und tiefen Verständnis der indischen Theologie.
Es gab eine Sorge für den Dialog zwischen der Theologie und der Tradition: Hinduistische Ausdrücke treten sehr häufig in der indischen Interpretation der Theologie auf. Ohne sich auf die damalige höhere Sankrit Literatur zu beziehen, war die Entwicklung einer indischen Theologie undenkbar. Hier werden einige wichtige Begriffe genannt.
3.2.1 Brahman
Viele indische Theologen interpretieren die Dreieinigkeit als den Treffpunkt aller spirituallen Dimensionen. Laut indischer Philosophie heißt Gott der ,,Brahman“. Dieser Begriff kann man als ,,Saccidanta“ beschreiben. Das bedeutet, er ist Sat, Cit und Ananda. In indischer Theologie ist der Vater das Wesen, Sat, der Sohn Logos, Cit, und der Heilige Geist der Tröster, Ananda.11
Shankara interpretiert Brahman als das absolute Mysterium. Das Göttliche oder der Brahman ist nicht ein Objekt, sondern ist mit dem Mysterium des Gottsuchers oder mit dem Selbst verbunden.12
3.2.2 Bhakti
Manche indischen Denker sehen das christliche Leben als ein Leben in ,,Bhakti“. Zum Beispiel kann man A. J. Appasamy nennen. Bhakti bedeutet Verehrung mit Liebe. Appasamy betont besonders das Einssein der Verehrer mit Gott durch Bhakti. Auch interpretiert er die Einheit der Gott-Sohn Beziehung in dieser Weise.13 Appasamys Theologie gewinnt eine Bedeutung mit seiner Betonung der personalen Natur Gottes und unseres Verhältnisses zu Gott. In diesem Sinn versteht ein Inder unter der Theologie eine tiefere ,,Anubhava“ oder Erfahrung mit Gott. Ohne die Elemente der Bhakti und Anubhava wird die Theologie nur ein Spiel mit Worten.
3.2.3 Shruti und Shraddha
In der indischen Tradition ist die wichtigste Offenbarung Gottes die Shruti. Sie lässt sich mit dem Wort Gottes der christlichen Tradition vergleichen. Die Offenbarung ist eine innere Wirklichkeit, die durch die Schriften (Shruti) ausgedrückt ist. Der Glaube, den die christliche Theologie als die Antwort auf die Offenbarung Gottes nennt, wird in der indischen Tradition als Shraddha bezeichnet. ,,Shravana“ ist der Gehorsam gegenüber der Offenbarung und ,,manana“ ist die Meditation und Kontemplation des Wortes Gottes.14
3.2.4 Advaita und Tattvamasi
Advaita ist ein indisches philosophisches System, das von Shankara eingeführt wurde. Beim Advaita handelt es sich um eine Lehre, die die Welt auf ein einziges Prinzip zurückführt. Advaita heißt ,,nicht mehr zwei“. Das bedeutet, dass es keine mehrere Realitäten gibt, sondern nur eine. Der Begriff ,,Tattvamasi“ besteht etymologisch aus drei Sankrit-Worten, nämlich ,,tat“, ,,tvam“ und ,,asi“. Dieser Begriff bedeutet etymologisch, dass das du bist. Das heißt, der Mensch selbst ist die absolute Realität. Die indischen Theologen benutzen diese beiden Begriffe, um die christliche Lehre, dass Gott im Menschen bleibt, zu erklären.
3.3 Interreligiöser Dialog in Indien
Bis zum II. Vatikanischen Konzil war das Verhältnis der indischen katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen zum größten Teil von dem damaligen theologischen Gedanken geprägt, dass diese Religionen in allen wesentlichen Punkten falsch waren; sie wurden als ein Hindernis für die Ausbreitung des einzig wahren christlichen Glaubens dargestellt.15 Ein neuer Ansatz im Bezug auf das Verhältnis zwischen Christentum und anderen Religionen kam durch das Konzil, das den interreligiösen Dialog förderte:
Aus Brauchtum und Tradition ihrer Völker, aus Weisheit und Wissen, aus Kunststil und Fertigkeit entlehnen sie alles, was beitragen kann, die Ehre des Schöpfers zu preisen, die Gnade des Erlösers zu verherrlichen, das Christenleben recht zu gestalten. Um dieses Ziel zu verwirklichen, muß in jedem sozio-kulturellen Großraum die theologische Besinnung angespornt werden, die im Licht der Tradition der Gesamtkirche die von Gott geoffenbarten Taten und Worte, die in der Heiligen Schrift aufgezeichnet sind und von Kirchenvätern und Lehramt erläutert werden, aufs neue durchforscht. (AG 22).
In Indien haben sich in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Dialogzentren etabliert, darunter mehrere in der Form der christlichen Ashrams. Die christlichen Ashrams sind durch ihre Arbeit und Existenzform ein Beitrag zu einer Ausweitung des religiösen Lebens der katholischen Weltkirche.
Die katholische Ashram-Bewegung versteht sich als Beitrag zu einer Indinisierung des katholischen Ordenslebens, die durch ihre Nähe zu indischen und hinduistischen Traditionen des Gemeinschaftslebens, der Meditation und eines ökologischen Lebensstils wichtige Beiträge für die interreligiöse Begegnung und den Dialog geben kann.16
Hinduismus und Christentum haben viele analoge Konzepte und Bestrebungen, mit denen man einen Dialog führt. Auch der Buddhismus hat viele Elemente ähnlich dem Christentum. Es gibt sogar buddhistische Mönche und katholische Theologen, die glauben, dass ein Treffpunkt zwischen dem Christentum und dem Buddhismus möglich sei.17
4. Raimundo Panikkar (1918-2010)
Ein wichtiger indischer Theologe des 20. Jahrhunderts ist Raimundo Panikkar, der von der Anwesenheit Christi im Hinduismus überzeugt war. In seinem Buch ,,Der unbekannte Christus im Hinduismus“ beschäftigt er sich damit, den gegenwärtigen Jesus im Hinduismus offenbar zu machen. Er glaubt, Christus sei in allen Religionen anwesend. ,,Mitten unten euch steht der, den ihr nicht kennt“ (Joh 1,26).
Er sprach sich für eine christliche Interpretation der hinduistischen heiligen Texte aus, unterschied zwischen christlichem Glauben und seinen soziologischen Formen und forderte eine gegenseitige Beziehung der Religionen. Er befürwortete, Christus dem Hinduismus reformieren zu lassen und so Christus zu enthüllen, der bereits vorhanden ist, wenn auch versteckt und nicht bestätigt.
4.1 Die pluralistische Theologie
Raimundo Panikkar lässt sich als ein typischer Vertreter der pluralistischen Theologie verstehen. Der Kontext der Theologie Panikkars ist die Erfahrung des Pluralismus der Religionen, Kulturen und Denkweisen. In Indien ist die Religion keine offizielle Bühne eines Menschen, sondern seine Identität, zu der er gehört. Panikkar setzte sich ein, einen Raum für den Dialog zwischen dem Christentum und den religiösen, kulturellen und philosophischen Traditionen Indiens zu schaffen.
Seine pluralistische Theologie propagiert keine Religionsvermischung, aber hält fest, dass jeder Mensch in seiner Religion die Befreiung oder das Heil erlangen kann.18 Deshalb ist die Bekehrung zu einer anderen Religion für ihn nicht wichtig. Die Christianisierung des Hinduismus und die Hinduisierung des Christentums hält er für unbedeutend. Angesichts des Dialogs zwischen Christentum und Hinduismus versucht Panikkar ein gewisses gemeinsames Verständnis zu erreichen, ohne dabei spezifisch christliche und hinduistische Wahrheiten aufzugeben.19
4.2 Die Begegnung zwischen dem Christentum und dem Hinduismus
Panikkar hält Christus für den Ort der Begegnung zwischen dem Christentum und dem Hinduismus, obwohl es unmöglich sei, diese Aussage rational zu beweisen. Aber er meint nicht den Christus der Christen oder den Christus von Nazareth, sondern ,,die Realität, von der alles kommt, in der alles existiert, zu der all das, was dem Wandel der Zeit unterworfen ist, zurückkehren wird“20. Er betrachtet die beiden Religionen als das ,,theoretische Gewand für verschiedene historische Realitäten“21. Eine echte Begegnung von Christen mit anderen Religionen erfordere das Abstreifen aller externen und oberflächlichen Formen und einen unmittelbaren Kontakt mit Christus.
Panikkar findet, die Philosophiesysteme von Shankara und Ramanuja seien ebenso wichtig für die katholische Theologie, wie es die von Plato und Aristoteles für die frühere Kirche gewesen seien.
[...]
1 Panikkar, Raimundo, Der unbekannte Christus im Hinduismus, Mainz 21990, 162.
2 Boyd, Robert H. S., Theologie im Kontext indischen Denkens, in: Bürkle, Horst (Hg.), Indische Beiträge zur Theologie der Gegenwart, Stuttgart 1966, 77-103, 77.
3 Collet, Giancarlo, Interkulturelle Theologie als Wahrnehmung weltweiten Christentums, in: Hölscher, Andreas / Middelbeck-Varwick, Anja / Thurav, Markus (Hgg.), Kirche in Welt: Christentum im Zeichen kultureller Vielfalt, Frankfurt am Main u. a. 2013, 9-30, 10.
4 Küster, Volker, Einführung in die Interkulturelle Theologie, Göttingen 2011, 56.
5 Ebd., 57.
6 Vgl. Collet, Interkulturelle Theologie als Wahrnehmung weltweiten Christentums, 15.
7 Vgl. Boyd, Theologie im Kontext indischen Denkens, 78.
8 Vgl. Ebd., 79.
9 Vgl. Valluvassery, Clement, Christus im Kontext und Kontext in Christus: Chalcedon und indische Christologie bei Raimon Panikkar und Samuel Rayan, Münster 2001 (= Ökumenische Studien 19), 89.
10 Vgl. Ebd., 91-92.
11 Vgl. Boyd, Theologie im Kontext indischen Denkens, 81.
12 Vgl. Valluvassery, Christus im Kontext und Kontext in Christus, 92.
13 Vgl. Boyd, Theologie im Kontext indischen Denkens, 85.
14 Vgl. Valluvassery, Christus im Kontext und Kontext in Christus, 92.
15 Vgl. Gatz, Erwin (Hg.), Kirche und Katholizismus seit 1945, Paderborn u. a. 2003 (=Die Länder Asiens 5), 368.
16 Ebd., 370.
17 Vgl. Fox, Thomas C., Double belonging: Buddhism and Christian faith (Interview mit: Knitter, Paul, F.), New York 23.6.2010, in: http://ncronline.org/news/double-belonging-buddhism-and-christian-faith (zulezt besucht am 14.03.2016).
18 Vgl. Hock, Klaus, Einführung in die interkulturelle Theologie, Darmstadt 2011, 77.
19 Vgl. Panikkar, Der unbekannte Christus im Hinduismus, 13.
20 Ebd., 47.
21 Ebd., 47.
- Citation du texte
- Karel Joice Kalathiparambil Anson (Auteur), 2016, Indische Theologie. Hinduismus, indische christliche Theologie, Dalit-Theologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/427551
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