In der aktuellen Diskussion über die Zukunft im Gesundheitswesen werden diverse Ansätze verfolgt. So sollen sowohl Kosten, als auch Qualität gesteigert werden, um das Gesundheitssystem in Deutschland zukunftsfähig aufzustellen. Es sollen Effizienzgewinne, durch eine Streichung von Zuschüssen zur Notfallversorgung in bis zu 628 Krankenhäuser, generiert werden (KMA online, 2018) oder eine verstärkte Regulierung des Staates für positive Änderungen sorgen (Mihm, 2018). Ein anderer Ansatz verfolgt das populationsbezogene Konzept der integrierten Versorgung im Kinzigtal. Durch eine Netzwerkbildung und Schaffung von gemeinsamen Interessen der Kinzigtaler Akteure im Gesundheitswesen sollen so die oben beschriebenen Probleme angegangen und gleichzeitig die Patientenzufriedenheit und damit ggf. die Compliance gesteigert werden (Hildebrandt, 2017). Ob diese drei Probleme durch das Konzept der integrierten Versorgung im Kinzigtal gelöst werden können und somit die selbstgesteckten Ziele der verantwortlichen Gesellschaft „Gesundes Kinzigtal GmbH“ erreicht werden, ist Thema dieser Arbeit. Demnach wird folgender Forschungsfrage nachgegangen: Dient das integrierte Versorgungskonzept „Gesundes Kinzigtal“ zur Verbesserung der Salutogenese und Patientenzufriedenheit, sowie zu einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit?
Um die gestellte Forschungsfrage zu beantworten soll hierzu zunächst ein kurzer Über-blick über die Strukturen, Prozesse und Besonderheiten des Gebietes und der Organisation „Gesundes Kinzigtal GmbH“ gegeben werden, bevor das tradierte Versorgungssystem im Vergleich zum Kinzigtaler Konzept dargestellt wird. Nachfolgend werden die drei Kernziele der Organisation, das Triple Aim, und die davon ausgehenden Maßnahmen näher beschrieben. Dem folgend sollen die Auswirkungen und Folgen der Implementierung des Versorgungskonzeptes „Gesundes Kinzigtal“ auf die Salutogenese und Patientenzufriedenheit der Populationsgruppe, als auch auf die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens im Kinzigtal dargestellt werden, bevor ein Fazit, bezogen auf die Forschungsfrage, gezogen wird.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Gesundes Kinzigtal
2.1 Gesundes Kinzigtal GmbH
2.2 Tradierte Versorgungsstrukturen
3 Ziele von „Gesundes Kinzigtal“
3.1 Salutogenese fördern
3.2 Patientenzufriedenheit steigern
3.3 Wirtschaftlichkeit sichern
4 Auswirkungen von „Gesundes Kinzigtal“
4.1 Auswirkungen auf die Salutogenese
4.2 Auswirkungen auf die Patientenzufriedenheit
4.3 Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit
5 Zusammenfassung/Fazit
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Geografische Einordnung „Gesundes Kinzigtal“
Abbildung 2: Triple Aim „Gesundes Kinzigtal“
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Programme im „Gesunden Kinzigtal“
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In der aktuellen Diskussion über die Zukunft im Gesundheitswesen werden diverse Ansätze verfolgt. So sollen sowohl Kosten, als auch Qualität gesteigert werden, um das Gesundheitssystem in Deutschland zukunftsfähig aufzustellen. Es sollen Effizienzgewinne, durch eine Streichung von Zuschüssen zur Notfallversorgung in bis zu 628 Krankenhäuser, generiert werden (KMA online, 2018) oder eine verstärkte Regulierung des Staates für positive Änderungen sorgen (Mihm, 2018). Ein anderer Ansatz verfolgt das populationsbezogene Konzept der integrierten Versorgung im Kinzigtal. Durch eine Netzwerkbildung und Schaffung von gemeinsamen Interessen der Kinzigtaler Akteure im Gesundheitswesen sollen so die oben beschriebenen Probleme angegangen und gleichzeitig die Patientenzufriedenheit und damit ggf. die Compliance gesteigert werden (Hildebrandt, 2017). Ob diese drei Probleme durch das Konzept der integrierten Versorgung im Kinzigtal gelöst werden können und somit die selbstgesteckten Ziele der verantwortlichen Gesellschaft „Gesundes Kinzigtal GmbH“ erreicht werden, ist Thema dieser Arbeit. Demnach wird folgender Forschungsfrage nachgegangen: Dient das integrierte Versorgungskonzept „Gesundes Kinzigtal“ zur Verbesserung der Salutogenese und Patientenzufriedenheit, sowie zu einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit?
Um die gestellte Forschungsfrage zu beantworten soll hierzu zunächst ein kurzer Überblick über die Strukturen, Prozesse und Besonderheiten des Gebietes und der Organisation „Gesundes Kinzigtal GmbH“ gegeben werden, bevor das tradierte Versorgungssystem im Vergleich zum Kinzigtaler Konzept dargestellt wird. Nachfolgend werden die drei Kernziele der Organisation, das Triple Aim, und die davon ausgehenden Maßnahmen näher beschrieben. Dem folgend sollen die Auswirkungen und Folgen der Implementierung des Versorgungskonzeptes „Gesundes Kinzigtal“ auf die Salutogenese und Patientenzufriedenheit der Populationsgruppe, als auch auf die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens im Kinzigtal dargestellt werden, bevor ein Fazit, bezogen auf die Forschungsfrage, gezogen wird.
2 Gesundes Kinzigtal
Im Einzugsgebiet des Versorgungsnetzwerks „Gesundes Kinzigtal“ leben ca. 70000 Menschen, hiervon sind ca 33000 Personen bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg oder der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), früher Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) Baden-Württemberg, versichert (EKIV, o. J.). Das Versorgungsgebiet liegt im Südbadischen Kinzigtal und ist eindeutig durch Postleitzahlen abgegrenzt (Hildebrandt, 2017). Der dunkelgrüne Bereich in nachfolgender Abbildung zeigt dieses Gebiet zur geographischen Einordnung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Geografische Einordnung Gesundes Kinzigtal
(Quelle: EKIV, o. J., S. 1)
Im Versorgungsnetz Gesundes Kinzigtal sind, Stand 31.12.2016, 9726 Mitglieder und 950 Freunde eingeschrieben. Diese gliedern sich zu 55 % in Männer und 45 % in Frauen. Mitglied kann werden, wer im Versorgungsgebiet wohnt und entweder der AOK Baden-Württemberg oder der SVLFG angehört. Alle anders versicherten Personen können Freunde des Netzwerks werden (Hildebrandt, 2017). Das Konzept der integrierten Versorgung im Kinzigtal ist eines der wenigen populationsbezogenen Modelle in Deutschland. Die Mehrzahl der anderen Konzepte konzentriert sich auf medizinische Indikationen und nicht auf die Gesundheitsentwicklung der Bewohner eines Gebietes (Hölzel, Vollmer, Kriston, Siegel & Härter, 2012).
Die Mitgliedschaft für Versicherte ist kostenlos und die meisten Gesundheits- und Versorgungsprogramme stehen diesen kostenfrei oder gegen geringe Zuzahlung zur Verfügung. Ebenso werden klassische Disease Management Programme (DMP) für Versicherte bereitgestellt. Neben einem Gesundheitscheck für neue Mitglieder mit einem Gesundheitsrisiko, erhalten alle neu angemeldeten Personen einen Nudge zur Gesunderhaltung in Form eines einmaligen Zuschusses zum Jahresbeitrag bei einem teilnehmenden Sportverein (Hildebrandt, 2017).
2.1 Gesundes Kinzigtal GmbH
Eine Gesundheitsversorgung soll nicht durch Grenzen von Praxistüren determiniert werden. Somit versteht sich die, im Jahr 2006 gegründete, „Gesundes Kinzigtal GmbH“ als Netzwerker für unterschiedliche Leistungserbringer im und um das Gesundheitswesen im Kinzigtal. Hierzu zählen neben den Hausärztinnen und Hausärzten und Fachärztinnen und Fachärzten auch z. B. Pflegedienst, Rehabilitationssport und Physio- und Psychotherapie. Hierdurch ist es jedem Player möglich einen Beitrag sowohl zur Steigerung der Salutogenese, als auch zur Bekämpfung der Pathogenese der teilnehmenden Mitglieder zu leisten. Weiterhin sind auch Vereine und Organisationen, welche nicht klassisch in der Gesundheitsbranche verortet sind, Teil dieses Netzwerkes. Somit werden sportliche Aktivitäten ebenso unterstützt, wie weitere, für die Gesunderhaltung der Kinzigtaler und Kinzigtalerinnen förderliche, Aktivitäten und Maßnahmen (Hildebrandt, 2017). Von den im Versorgungsgebiet niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind ca. 60 % Leistungspartner von „Gesundes Kinzigtal“ und haben sich im „Medizinischen Qualitätsnetz – Ärzteinitiative Kinzigtal e. V.“ (MQNK) organisiert (Busse, Schreyögg & Stargardt, 2017). Das MQNK ist zu zwei Dritteln Gesellschafter der „Gesundes Kinzigtal GmbH“ und zu einem Drittel ist die OptiMedis AG aus Hamburg vertreten. Die OptiMedis AG führt in Person von Dr. h. c. Helmut Hildebrandt die Geschäfte der „Gesundes Kinzigtal GmbH“ (Hildebrandt, 2017).
Dieses Konzept der integrierten Versorgung fußt auf Paragraph 140a ff im Sozialgesetzbuch V und auf dieser Grundlage wurden, die mittlerweile, unbefristeten Verträge mit den Krankenkassen AOK Baden-Württemberg und SVLFG geschlossen. Eine projektbezogene Zusammenarbeit findet zudem mit der Barmer Ersatzkasse und der Techniker Krankenkasse statt. Nach einer Anschubfinanzierung der beiden erstgenannten Krankenkassen in Höhe von 4,5 Millionen Euro, die zum Aufbau der Strukturen und Qualitätssicherung genutzt wurden, finanziert sich das Unternehmen durch den Erfolg der teilnehmenden Krankenkassen. Erzielen die teilnehmenden Krankenkassen, durch eine verbesserte Salutogenese und niedrigeren Krankheitskosten (z. B. weniger Krankenhausbehandlungen, niedrigere Arzneimittelkosten usw.), Gewinne, werden diese z. T. an die „Gesundes Kinzigtal GmbH“ im Nachgang ausgezahlt. Weitere Einnahmen werden durch Drittmittel und Projektmittel der Europäischen Union und von Bundesministerien für z. B. Forschungsprojekte und Kurs- und Teilnahmegebühren für Workshops und Dienstleistungen generiert (Hildebrandt, 2017).
Um eine möglichst effektive Gesunderhaltung und Therapie der Kinzigtaler und Kinzigtalerinnen zu ermöglichen wurde das bestehende System der Versorgungsabläufe, Informationsweitergabe und Vernetzung der Leistungserbringer neu strukturiert und reorganisiert. Es lassen sich sieben Kernänderungen beschreiben, die durch die „Gesundes Kinzigtal GmbH“ umgesetzt wurden. Die Behandlung von chronisch Kranken wurde, statt, nur symptombezogen zu intervenieren, mehr an eine ganzheitliche Versorgung ausgerichtet. Weiterhin wird die Subsidiarität der Beteiligten durch Anleitung zur Selbsthilfe gestärkt, um nachhaltige positive gesundheitliche Effekte zu erzielen. Ebenso wird der Patient oder die Patientin auf Augenhöhe mit in die Entwicklung einer maximalen Salutogenese eingebunden. Es wurde eine zentrale Patientenakte eingeführt und die entsprechenden Leistungserbringer digital vernetzt. Darüber hinaus wurden Schnittstellenprobleme und Sektorübergangsprobleme durch eine Vernetzung und Kommunikationszusammenführung beseitigt. In gemeinsamen Fallkonferenzen und Qualitätszirkeln werden so sektorübergreifende Behandlungspfade und gemeinsame Kommunikationsstandards erarbeitet und umgesetzt. Ebenso wurden Gesundheitsprogramme für spezielle Erkrankungen aufgelegt, um sowohl das Selbstmanagement des Patienten zu fördern, als auch die Behandlung sektorübergreifend bestmöglich zu gewährleisten (Busse, Schreyögg & Stargardt, 2017). Hierauf wird in Kapitel 3.1 näher eingegangen. Abschließend wurde die Prävention von Krankheit und Verletzung im Kinzigtal auf ein anderes Niveau gehoben. Hierbei wurden diverse präventive Angebote erstellt und auch eine Zusammenarbeit mit Unternehmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung etabliert (Busse, Schreyögg & Stargardt, 2017). Somit sollen vier zentrale Probleme der heutigen Gesundheitsversorgung begegnet werden. Eine auf Sektorgrenzen beschränkte Versorgungsverantwortung durch finanzielle Interessen, eine Leistungsmaximierung auf Grund von Einzelinteressen, ein Medikalisierungsinteresse der Leistungserbringer im Gegensatz zur Unterstützung der Selbstmanagementfähigkeiten der Betroffenen und eine kurzfristig ausgelegte Versorgung, werden als Kernprobleme angesehen (Hildebrandt, Schmitt, Roth & Stunder, 2011).
Nachdem das Konzept zur integrierten Versorgung im Kinzigtal dargestellt wurde, soll nachfolgend, im Vergleich, die klassische Versorgungsstruktur und deren Grenzen beschrieben werden.
2.2 Tradierte Versorgungsstrukturen
Die tradierten Versorgungsstrukturen und Leistungen im Gesundheitsbereich sind in Deutschland historisch gewachsen. Die Absicherung des Krankheitsrisikos über gesetzliche Krankenkassen und die korporatistische Systemausrichtung haben sich hieraus entwickelt. Ebenso bildeten sich im Verlauf Zuständigkeits- und Aufgabenbereiche der Leistungserbringer heraus und wurden gesetzlich verankert (Rosenbrock & Gerlinger, 2014). Weiterhin soll nicht näher auf die historische Entwicklung eingegangen werden, es wird an die angegebene Fachliteratur verwiesen und im Folgenden sollen diese Versorgungsstrukturen dargestellt werden.
Die medizinische Versorgung gliedert sich in Deutschland in verschiedene Bereiche. Zwischen den einzelnen Bereichen herrscht zum Teil ein Defizit beim Informationsaustausch, z. B. über die Krankengeschichte der Patienten. Ebenso können Probleme bei einer fortwährenden, gesundheitsorientierten und disziplinenübergreifenden Behandlung und Zuständigkeitsfragen ausgemacht werden. Hinzu kommen Abstimmungs- und Koordinationsprobleme, wenn der Patient oder die Patientin z. B. den stationären Sektor verlässt und eine Rehabilitation oder weiterführende Behandlung im ambulanten Sektor notwendig ist (Rosenbrock & Gerlinger, 2014). Es wird von einer „Abschottung des Krankenhauses von der ambulanten, aber auch von der rehabilitativen Versorgung und Pflege“ (Rosenbrock & Gerlinger, 2014, S. 246) gesprochen. Die Koordinationsfunktion des Hausarztes oder der Hausärztin ist stark unterentwickelt und der Leistungsempfänger oder die Leistungsempfängerin wird als passiv gesehen und in die Therapie selten anhand von Informationen, Schulungen und Partizipation eingebunden. Ebenso liegt der Fokus im tradierten System nicht auf einer verstärkten Prävention und Rehabilitation und somit nicht auf einer Maximierung der Salutogenese, sondern auf der Therapie der Pathogenese. Weiterhin ist eine Überversorgung an technisch-apparativer Diagnostik (z. B. Doppeluntersuchungen), auch auf Grund von Defiziten im Informationsnetzwerk, gegeben (Rosenbrock & Gerlinger, 2014). Ein weiterer Aspekt ist die sektorale Finanzierung und die damit einhergehende Aufteilung der Versorgungsverantwortung für einen Patienten oder einer Patientin (Hildebrandt, Schmitt, Roth & Stunder, 2011).
Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist, aufgrund von Gesetzesänderungen, ein Aufweichen der starren Sektorentrennung zwischen ambulantem und stationärem Sektor zu nehmend zu beobachten. Somit ist es für Krankenhäuser unter bestimmten Bedingungen möglich ambulante Leistungen zu erbringen (Rosenbrock & Gerlinger, 2014). Weiterhin sorgt der Gesetzgeber für eine stärkere Vernetzung der Leistungserbringer und weitere Möglichkeiten der intergierten Versorgung. Zudem wird vermehrt die Prävention zur Vermeidung von Krankheiten und Verletzungen gefördert (Rosenbrock & Gerlinger, 2014).
Diese dargestellten Grenzen und Probleme nimmt das Netzwerk „Gesundes Kinzigtal“ auf und formulierte nachfolgend beschriebene Ziele, um diese tradierten Versorgungsprobleme zu mindern.
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