Als Johann Beckmann 1811 nach 45-jähriger Lehrtätigkeit an der Universität Göttingen starb, hatte er davon 41 Jahre lang den Lehrstuhl für Ökonomie und Kameralwissenschaften besetzt. Diese Wissenschaft diente im absolutistischen Staat als Ausbildungsstätte, die Staatsbeamte zur Lenkung der staatlich kontrollierten Wirtschaft befähigen sollte.
Nach der Wende zum 19. Jahrhundert wurde dieses Wirtschaftssystem längst von fortschrittlicherem Denken vor allem aus England abgelöst, wo die Industrialisierung bereits seit einigen Jahrzehnten in Gang war. Dennoch gilt Johann Beckmann als Teil einer damals rückschrittlichen Wirtschaftsideologie auch im Ausland als einer der wichtigsten Vordenker auf den Gebieten der Technologie, der Warenkunde und der Technikgeschichte in unserem heutigen Verständnis.
Diese Arbeit will die Rolle Beckmanns für die Entwicklung der bereits genannten Wissenschaften als eigenständige Fächer beleuchten und ermitteln, ob das landläufige Urteil, dass er als „Vater“ dieser Fächer gelten kann oder nicht, richtig ist.
Im ersten Teil der Arbeit wird ein Überblick über seinen Lebenslauf bis zum Beginn seiner Lehrtätigkeit in Göttingen gegeben und erarbeitet, was Beckmann in dieser Zeit prägte und welche Auswirkungen seine persönliche Biographie auf seine Methodik im zweiten Lebensabschnitt hatte.
Im zweiten Teil der Arbeit soll dann das theoretische Gedankengebäude Beckmanns erörtert werden und seine Ansätze und Methoden in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen herausgearbeitet werden. Dies wird mit der Schlussbetrachtung der entscheidende Teil dieser Arbeit für die oben genannte Fragestellung sein.
Die Literatur über Beckmann ist vielfältig. Die erste beachtete, auch heute noch von fast allen Beckmann-Forschern gelesene und angegebene Biographie Beckmanns stammt von Wilhelm Franz Exner , die für diese Arbeit leider nicht vorliegt. Die biographischen Angaben, die für die vorliegende Arbeit wichtig sind, stammen zum großen Teil aus der Biographie von Manfred Beckert.
Der methodische Teil stützt sich auf verschiedene Arbeiten unter anderem von Ulrich Troitzsch, Wolfhard Weber und Focko Eulen, um nur einige zu nennen. Diese Arbeiten sind zum überwiegenden Teil aus wissenschaftllichen Fachpublikationen wie den Zeitschriften „Technikgeschichte“ oder „Forum Ware“ entnommen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Biographischer Teil
2.1 Kindheit Beckmanns
2.2 Studium in Göttingen
2.3 Bildungsreisen und Auslandstätigkeit
2.3.1 Braunschweig
2.3.2 Niederlande
2.3.3 St. Petersburg
2.3.4 Schweden
3. Theoretisch-methodischer Teil
3.1 Landwirtschaft
3.2 Warenkunde
3.3 Technologie
3.4 Technikgeschichte
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Als Johann Beckmann 1811 nach 45-jähriger Lehrtätigkeit an der Universität Göttingen starb, hatte er davon 41 Jahre lang den Lehrstuhl für Ökonomie und Kameralwissenschaften besetzt. Diese Wissenschaft diente im absolutistischen Staat als Ausbildungsstätte, die Staatsbeamte zur Lenkung der staatlich kontrollierten Wirtschaft befähigen sollte.
Nach der Wende zum 19. Jahrhundert wurde dieses Wirtschaftssystem längst von fortschrittlicherem Denken vor allem aus England abgelöst, wo die Industrialisierung bereits seit einigen Jahrzehnten in Gang war. Dennoch gilt Johann Beckmann als Teil einer damals rückschrittlichen Wirtschaftsideologie auch im Ausland als einer der wichtigsten Vordenker auf den Gebieten der Technologie, der Warenkunde und der Technikgeschichte in unserem heutigen Verständnis.
Diese Arbeit will die Rolle Beckmanns für die Entwicklung der bereits genannten Wissenschaften als eigenständige Fächer beleuchten und ermitteln, ob das landläufige Urteil, dass er als „Vater“ dieser Fächer gelten kann oder nicht, richtig ist.
Im ersten Teil der Arbeit wird ein Überblick über seinen Lebenslauf bis zum Beginn seiner Lehrtätigkeit in Göttingen gegeben und erarbeitet, was Beckmann in dieser Zeit prägte und welche Auswirkungen seine persönliche Biographie auf seine Methodik im zweiten Lebensabschnitt hatte.
Im zweiten Teil der Arbeit soll dann das theoretische Gedankengebäude Beckmanns erörtert werden und seine Ansätze und Methoden in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen herausgearbeitet werden. Dies wird mit der Schlussbetrachtung der entscheidende Teil dieser Arbeit für die oben genannte Fragestellung sein.
Die Literatur über Beckmann ist vielfältig. Die erste beachtete, auch heute noch von fast allen Beckmann-Forschern gelesene und angegebene Biographie Beckmanns stammt von Wilhelm Franz Exner[1], die für diese Arbeit leider nicht vorliegt. Die biographischen Angaben, die für die vorliegende Arbeit wichtig sind, stammen zum großen Teil aus der Biographie von Manfred Beckert.[2]
Der methodische Teil stützt sich auf verschiedene Arbeiten unter anderem von Ulrich Troitzsch, Wolfhard Weber und Focko Eulen, um nur einige zu nennen. Diese Arbeiten sind zum überwiegenden Teil aus wissenschaftllichen Fachpublikationen wie den Zeitschriften „Technikgeschichte“ oder „Forum Ware“ entnommen. Vor allem letztere hat sich als „Kristallisationskern“ der Beckmann-Forschung erwiesen, was nicht zuletzt dem großen Engagement ihres leitenden Redakteurs Otto Gekeler zu verdanken ist.[3]
Die Literatur, die Grundlage für diese Arbeit ist, stammt fast ausschließlich aus den 1970-er und 1980-er Jahren. Dieser Zeitraum war in Westdeutschland von einem Wandel der Technikgeschichte als Randdisziplin zu einer anerkannten, eigenständigen Strömung innerhalb der Geschichtswissenschaft geprägt, die es erlaubte, in größerem Rahmen nach den Wurzeln des Faches zu forschen. Damit einher begann sich das Technikbild in dieser Zeit zu verändern. Der Fortschrittsoptimismus, den Wirtschaftswunder und technische Revolutionen wie die Kernenergie geschaffen hatten, wich einer Skepsis in der Gesellschaft, die sich auch der Gefahren der neuen Technik bewusst wurde. Dies forderte vertiefte Kenntnisse der Technik und ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen. Daher war es auch von diesem Standpunkt aus betrachtet notwendig und gewollt, sich mit Johann Beckmann zu beschäftigen, der einen maßgeblichen Einfluss auf diesem Gebiet unter anderem der Technologie hatte und viele Gedanken, die zu dieser Zeit wieder aufgekommen sind, bereits vor 200 Jahren gedacht hatte.
2. Biographischer Teil
2.1 Kindheit Beckmanns
Bevor auf das Werk Beckmanns und sein Einfluss auf die akademische Welt seiner Zeit und späterer Generationen eingegangen wird, soll im ersten Teil der Arbeit eine Skizze des Lebens von Johann Beckmann Aufschluss über den Menschen geben, der mit seinen Gedanken die Gelehrtenwelt des ausgehenden 18. Jahrhunderts maßgeblich geprägt hat.
Die Erkenntnisse über Johann Beckmanns Kindheit in der für diese Arbeit vorliegenden Literatur sind nicht sehr umfangreich. Lediglich Manfred Beckerts Biographie widmet diesem Lebensabschnitt Beckmanns vier Seiten.[4] Ein tabellarischer Lebenslauf Beckmanns findet sich auf der Internetseite der 1987 in Hoya gegründeten Johann-Beckmann-Gesellschaft.[5] Der folgende Abschnitt stützt sich hauptsächlich auf die Ausführungen Beckerts.
Johann Beckmann wurde am 4. Juni 1739 in Hoya an der Weser geboren. Seine Eltern, der Kontributionseinnehmer Nicolaus Beckmann und Dorothea Magdalena Beckmann, hatten noch zwei weitere Kinder. 1741 wurde Anne Marie Beckmann geboren, 1743 der jüngste Bruder, Nicolaus Beckmann. Als Kontributionseinnehmer war Nicolaus Beckmann zwar nicht wohlhabend, aber er bot seiner Familie ein gesichertes Auskommen.
Als Beckmann gerade sechs Jahre alt war, 1745, starb sein Vater unerwartet im Alter von 45 Jahren. Die Mutter, „(...) allgemein als tüchtige und kluge Frau geschildert“[6], schaffte es aber leidlich, die Familie zu ernähren. Johann Beckmann sah sich aber auch selbst für die schlechte Situation der Familie in der Schuld, da er oft krank wurde und somit die Familie noch mehr belastete. „Nicht weniger bin ich hieran selbst (...) Schuld gewesen. Ich meine wegen meines beständigen Kränkelns. Denn wie ich meinem Vater in den beständigen Ohnmachten nachgeahmt, so ist auch fast kein Frühjahr vorbeigegangen, in dem ich nicht die Brustkrankheit gehabt.“[7]
Bildung genoss Johann Beckmann schon seit seinen frühesten Jahren. Sein Schulfreund Georg Ludwig Hansen erinnerte sich daran, dass Beckmann bereits als Kind regen Gebrauch von der Bibliothek seines Vaters machte und sogar erste Versuche machte, Bücher zu schreiben. Damit wollte er seinen Willen zum Studium unterstreichen.[8]
Unterrichtet wurden Johann Beckmann und seine Geschwister anfangs von der Mutter. Später besuchte er die öffentliche Lateinschule in Hoya, die aber offensichtlich nur ein unbefriedigendes Maß an Bildung vermittelte. Denn bald darauf wurde der junge Beckmann von einem Privatlehrer unterrichtet, der ihm wesentlich mehr Wissen vermitteln konnte.
Sein weiterer akademischer Weg schien bereits im Kindesalter vorgezeichnet zu sein. Beckmann unterstrich, wie bereits erwähnt, schon als Junge seinen Willen zu studieren. „Es stand frühzeitig, schon zu Lebzeiten des Vaters, fest, daß Johann Beckmann einmal Theologie studieren würde.“[9] Im 18. Jahrhundert war Theologie – noch – neben Jura das beherrschende Fach an den europäischen Universitäten. Aber seit der wissenschaftlichen Revolution im 17. Jahrhundert und den Gedanken der Aufklärer im 18. Jahrhundert, die den Gebrauch des Verstandes und der Vernunft propagierten, wurde diese Fächer in ihrer Bedeutung immer weiter von den Naturwissenschaften verdrängt. Dennoch schien sie für Johann Beckmann und vor allem für seine Mutter, Tochter eines evangelischen Geistlichen, eine gute Wahl für das weitere Leben Beckmanns zu sein.
Vor dem Studium besuchte Beckmann jedoch zuerst ab 1754 das Gymnasium in Stade. Beckmann war hier während der nächsten fünf Jahren ein Musterschüler, der sich durch seinen Fleiß und seine Fortschritte von seinen Mitschülern abhob. Auch die Wahl dieser Schule war für die Entwicklung der Geisteshaltung Beckmanns prägend. „Die am Gymnasium in Stade erworbene Bildung war für das Studium an der jungen, vom Geist der Aufklärung durchdrungenen Universität zu Göttingen eine gute Vorbereitung.“[10]
2.2 Studium in Göttingen
1759 begann Johann Beckmann sein Studium der Theologie an der Universität Göttingen, die –1734 gegründet, 1737 eingeweiht – trotz ihrer jungen Existenz eine herausragende Stellung in den Staats- oder Kameralwissenschaften im Vergleich zu anderen deutschen Universitäten besaß.[11] Kameralbeamte hatten im absolutistischen Staat die Funktion, nach dem Vorbild des französischen Merkantilismus unter Ludwig XIV. die Wirtschaftspolitik im Sinne des Fürsten zu lenken und zu koordinieren. Im Mittelpunkt ihres Handelns stand dabei immer das Wohl des Staates. Diese Ausführungen sind an dieser Stelle deshalb wichtig, weil Johann Beckmann nach Beginn seines Theologie-Studiums bald zu dieser Disziplin wechselte. Die Kameralwissenschaften hielten bereits 1727 Einzug als akademisches Lehrfach an den Universitäten Frankfurt/Oder und Halle.
„Oeconomia et cameralia“, so der zeitgenössische Begriff, “(…) dienten (…) – auch in anderen Territorien – ganz der landesherrlichen (Polizei-) Verwaltung.”[12] Aber bereits nach wenigen Jahrzehnten überholte die Universität Göttingen die beiden „Pionieruniversitäten“ in den Kameralwissenschaften. Neben dieser Wissenschaft studierte er außerdem Physik, Mathematik und Naturlehre.[13] Warum Beckmann die Studienfächer wechselt, wird zumindest in der Biographie von Beckert nicht ganz geklärt. In den anderen für diese Arbeit vorliegenden Schriften zu Beckmann wird der Fachwechsel nicht weiter erwähnt. Beckert vermutet, dass es vor allem die Professoren Abraham Gotthelf Kästner und Samuel Christian Hollmann waren, die Beckmanns Interesse für die Naturwissenschaften geweckt hatten.[14]
Im Jahr 1762 beendete Johann Beckmann sein Studium.
2.3 Bildungsreisen und Auslandstätigkeit
Nach seinem Studium bereiste Johann Beckmann mehrere Monate lang verschiedene Länder und Universitäten. Bildungsreisen waren im 18. Jahrhundert eine gängige Methode, um seine Kenntnisse zu vertiefen.
[...]
[1] Exner, Wilhelm Franz: Johann Beckmann, Begründer der technologischen Wissenschaft. Wien 1878.
[2] Beckert, Manfred: Johann Beckmann (= Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner, Bd. 68). Leipzig 1983.
[3] S. dazu: Troitzsch, Ulrich: Landwirtschaftslehre, Technologie, Warenkunde und Technikgeschichte als neue Wissenschaften im späten 18. Jahrhundert: Neuere Forschungen zu Johann Beckmann (1739-1811). In: Bestmann, Uwe u.a. (Hrsg.): Hochfinanz, Wirtschaftsräume, Innovationen: Festschrift für Wolfgang von Stromer. Band 3. Trier 1987. S. 1156.
[4] Beckert: Johann Beckmann. S. 9-13.
[5] www.Johann-Beckmann-Gesellschaft.de, 29.08.04.
[6] Ebd. S. 10.
[7] Hansen, Georg Ludwig: Beitrag zur Biographie des Hofraths und Professors Johann Beckmann. In: Neues Hannoversches Magazin, 17tes und 18tes Stück. O.O. 1811. Zitiert nach: Beckert: Johann Beckmann. S. 10.
[8] Ebd. S. 11.
[9] Ebd.
[10] Ebd.
[11] Ebd. S. 16.
[12] Weber, Wolfhard: Technik zwischen Wissenschaft und Handwerk. Die Technologie des 18. Jahrhunderts als Lenkungswissenschaft des spätabsolutistischen Staates. In: Jäger, Eckhard; Schmidchen, Volker (Hrsg.): Wirtschaft, Technik und Geschichte: Beiträge zur Erforschung der Kulturbeziehungen in Deutschland und Osteuropa; Festschrift für Albrecht Timm zum 65. Geburtstag. Berlin 1980. S. 142.
[13] Troitzsch, Ulrich: Zu den Anfängen der deutschen Technikgeschichtsschreibung um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. In: Technikgeschichte. Bd. 40. 1973. S. 37.
[14] Beckert: Johann Beckmann. S. 18f.
- Citation du texte
- Thorsten Mohr (Auteur), 2004, Johann Beckmann. Leben, Werk, Wirkung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42608
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