Einleitung
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Osterweiterung der Europäischen Union gewinnt die Frage nach den Auswirkungen dieses Prozesses auf die europäischen Institutionen zunehmend an Relevanz. Es wird deutlich, dass das politische System der Europäischen Union durch die Verträge nicht festgeschrieben ist, sondern als ein System im Wandel zu verstehen ist. Seit Mitte der achtziger Jahre wurden mehrere Verträge unterschrieben, die die Aufgaben und Kompetenzen der Europäischen Union festlegten und die Rolle der europäischen Institutionen in den einzelnen Politikbereichen definierten. Dabei gewann die Europäische Union permanent an Bedeutung und das Entscheidungssystem innerhalb der Union wurde zunehmend komplexer. Ein Mitgestalter des europäischen Entscheidungssystems ist das Europäische Parlament. Dieses Parlament ist ein Phänomen, das in manchen Aspekten eine Nachbildung westeuropäischer Parlamente zu sein scheint. Ein genauer Blich in seinen Zuständigkeitskatalog lässt aber erkennen, dass seine Kompetenzen nur mäßige Ausdehnung erfahren haben. Demzufolge verfügt das Europäische Parlament über eine schwache Stellung im Institutionengefüge der europäischen Organe.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Frage nach den Gründen für die begrenzten Kompetenzen des Europäischen Parlamentes. In Anlehnung an den von Eberhard Grabitz entwickelten Teufelskreis der Machtlosigkeit, der eine analytische Verbindung zwischen der Wahlbeteiligung der Bürger und den Kompetenzen des Europäischen Parlamentes darstellt, möchte ich die Stellung des Parlamentes näher untersuchen.
Im ersten Teil der Arbeit erfolgt eine Darstellung des Modells von Grabitz, das im Allgemeinen auf den Interdependenzen zwischen der niedrigen Wahlbeteiligung der Bürger und den beschränkten Kompetenzen des Europäischen Parlamentes basiert. Mein Erkenntnisinteresse gilt im zweiten Teil dieser Arbeit der Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung. Dabei werde ich bestimmte Modalitäten der Europawahl zum Vorschein bringen, die das Wahlverhalten der europäischen Bürger in hohem Maße beeinflussen. Im dritten Abschnitt werde ich anhand der typischen für Westeuropa parlamentarischen Funktionen, die Wahl- und Abwahlfunktion, die Legislativfunktion und die Kontrollfunktion, die eigentlichen Kompetenzen des Europäischen Parlamentes untersuchen.
Inhaltsverzeihnis
Einleitung
1. Der Teufelskreis der Machtlosigkeit
2.1.Unproportionale Mandatskontingente
2.2. Fixe Mandatskontingente bei unterschiedlicher Wahlbeteiligung
2.3. Verzerrung bei der parteipolitischen Zusammensetzung
2.4. Second-order national elections
3. Die Kompetenzen des Europäischen Parlamentes
3.1. Die Parlamentsfunktionen in westlichen Demokratien
3.1.1. Wahl- und Abberufungsfunktion
3.1.2. Legislativfunktion
3.1.2.1. Das Verfahren der Anhörung
3.1.2.2. Verfahren der Zusammenarbeit
3.1.2.3. Das Verfahren der Zustimmung
3.1.2.4. Das Verfahren der Mitentscheidung
3.1.3. Kontrollfunktion
3.1.3.1. Interpellationsrecht
3.1.3.2. Gerichtliche Kontrollmöglichkeit
3.1.3.3. Informative Kontrollrechte
4. Fazit
Literaturliste
Einleitung
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Osterweiterung der Europäischen Union gewinnt die Frage nach den Auswirkungen dieses Prozesses auf die europäischen Institutionen zunehmend an Relevanz. Es wird deutlich, dass das politische System der Europäischen Union durch die Verträge nicht festgeschrieben ist, sondern als ein System im Wandel zu verstehen ist. Seit Mitte der achtziger Jahre wurden mehrere Verträge unterschrieben, die die Aufgaben und Kompetenzen der Europäischen Union festlegten und die Rolle der europäischen Institutionen in den einzelnen Politikbereichen definierten. Dabei gewann die Europäische Union permanent an Bedeutung und das Entscheidungssystem innerhalb der Union wurde zunehmend komplexer. Ein Mitgestalter des europäischen Entscheidungssystems ist das Europäische Parlament. Dieses Parlament ist ein Phänomen, das in manchen Aspekten eine Nachbildung westeuropäischer Parlamente zu sein scheint. Ein genauer Blich in seinen Zuständigkeitskatalog lässt aber erkennen, dass seine Kompetenzen nur mäßige Ausdehnung erfahren haben. Demzufolge verfügt das Europäische Parlament über eine schwache Stellung im Institutionengefüge der europäischen Organe.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Frage nach den Gründen für die begrenzten Kompetenzen des Europäischen Parlamentes. In Anlehnung an den von Eberhard Grabitz entwickelten Teufelskreis der Machtlosigkeit, der eine analytische Verbindung zwischen der Wahlbeteiligung der Bürger und den Kompetenzen des Europäischen Parlamentes darstellt, möchte ich die Stellung des Parlamentes näher untersuchen.
Im ersten Teil der Arbeit erfolgt eine Darstellung des Modells von Grabitz, das im Allgemeinen auf den Interdependenzen zwischen der niedrigen Wahlbeteiligung der Bürger und den beschränkten Kompetenzen des Europäischen Parlamentes basiert.
Mein Erkenntnisinteresse gilt im zweiten Teil dieser Arbeit der Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung. Dabei werde ich bestimmte Modalitäten der Europawahl zum Vorschein bringen, die das Wahlverhalten der europäischen Bürger in hohem Maße beeinflussen.
Im dritten Abschnitt werde ich anhand der typischen für Westeuropa parlamentarischen Funktionen, die Wahl- und Abwahlfunktion, die Legislativfunktion und die Kontrollfunktion, die eigentlichen Kompetenzen des Europäischen Parlamentes untersuchen.
1. Der Teufelskreis der Machtlosigkeit
Der Teufelskreis der Machtlosigkeit stellt ein Modell von Interdependenzen dar, das mit dem Ziel entwickelt wurde, die wechselseitige Beeinflussung zweier Akteure nämlich das europäische Parlament und die Wählerschaft zu veranschaulichen. Dabei spielen das Wahlverhalten der Wähler und das Kompetenzgefüge des Europäischen Parlaments eine wichtige Rolle. Dieses Modell kann man wie folgt beschreiben:
Die lückenhaften und unzureichenden Kompetenzen des Europäischen Parlaments, die dadurch zum Vorschein kommen, dass es nicht in der Lage ist Politik selbstständig zu gestalten oder zumindest in Kooperation mit anderen Akteuren mitzubestimmen, haben ein mangelndes Interesse der Wählerschaft und der intermediären Interessengruppen am Europäischen Parlament zur Folge. Dieses Desinteresse von den europäischen Bürgern und intermediären Gruppierungen bedingen die Schwäche des Europäischen Parlamentes, d.h. das Europäische Parlament verfügt über eine schwache Position im Netzwerk der europäischen Institutionen, was eine äußerst unstabile und unzureichende Ausgangslage für die Mobilisierung politischer Kräfte bei der Politikgestaltung darstellt. Da das Institutionensystem der Europäischen Union nicht auf Kooperation, sondern auf politischen Wettbewerb und Auseinandersetzungen beruht, ist es für die anderen Akteure im europäischen Institutionennetzwerk rational, die Ausstattung an Befugnissen des Europäischen Parlaments so gering wie möglich zu halten. Nur ein starkes Parlament kann sich in diesem Wettbewerb durchsetzen und zu einem Agenda-Setter werden. Da ihm aber die nötige Unterstützung seitens der Wählerschaft, aufgrund seines beschränkten Kompetenzkataloges, fehlt, ist ihm die politische Grundlage entzogen eine hervorgehobene Stellung oder zumindest eine Gleichstellung im Prozess der Politikgestaltung mit den anderen Institutionen der Europäischen Union zu erlangen(Grabitz, 1988: 641f).
Seit 1976 ist die rechtliche Grundlage der Wahl des Europäischen Parlaments die Direktwahl.Allerdings dauerte es noch drei Jahre bis zur ersten Abhaltung einer direkten Wahl. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die europäischen Parlamentarier von den nationalen Regierungen bestimmt.
Der Direktwahlakt erwies sich letztendlich als eine große Enttäuschung, da die Wahlbeteiligung für das Europäische Parlament weit hinter der Wahlbeteiligung für die nationalen Parlamenten blieb. Im Jahre 1994 nahmen an der Europawahl in Deutschland 60,1% und an der nationalen Parlamentswahl 84,3% der Wahlberechtigten teil. Im Vergleich dazu war das Verhältnis Europawahl-nationale Parlamentswahl in Dänemark 52,5% zu 84,3%, in Großbritannien 57,6% zu 77,7%, in Schweden 41,6% zu 86,8%( Hartmann, 2001). Die Hintergründe dieses Wahlproporzes kann man nur dann gut verstehen, wenn man die Gründe für das Wahlverhalten des Unionbürgers näher untersucht. Dabei werde ich voraussetzen, dass der Wähler auf der Grundlage rationalen Handelns und Kosten-Nutzen-Maximierung handelt. Als Grundlage für sein Handeln dient das rationale Abwägen von Alternativen. Der rational abwägende Wähler ist sich über den Wert seiner Stimme durchaus bewusst. Wenn er merkt, dass seine Stimme bei der Wahl irrelevant ist, dann wird er sich der Wahl enthalten.
1.1.Unproportionale Mandatskontingente
Im Europäischen Parlament werden die Bürger der einzelnen Mitgliedstaaten durch die Abgeordneten repräsentiert. Im Gegensatz zum Europäischen Rat sollen dabei die Völker und nicht die Nationalstaaten der Europäischen Union vertreten werden. Diese Tatsache könnte man als ein Argument gegen eine territoriale Repräsentation auffassen. Doch die Festlegung nationaler Mandatskontingente im Europäischen Parlament führt zur deutlichen Überpräsentation kleinerer Mitgliedsstaaten gegenüber bevölkerungsreichen(Lutter, 2000: 90).Wenn man sich die Wahlberechtigten von 1989 vor Augen führt, so war für 100 Luxemburger dieselbe parlamentarische Vertretung festgelegt wie für 448 Iren, 672 Dänen, 810 Belgier, 926 Portugiesen, 953 Griechen, 1219 Niederländer, 1297 Franzosen, 1337 Spanier, 1479 Briten, 1549 Deutsche und 1575 Italiener(Lenz, 1995: 33f). Die Verzerrung gegenüber der Bevölkerungsverteilung durch die unproportionale Mandatskontingente wurde noch zusätzlich verstärkt durch die deutsche Wiedervereinigung. So wurden die Deutschen von der Wiedervereinigung am 3.10.1990 bis zur vierten Direktwahl 1994 extrem unterrepräsentiert( gleiche Repräsentation von 2000 Deutschen und 100 Luxemburger). Aufgrund der deutschen Wiedervereinigung wurden die Mandatskontingente von neun Mitgliedstaaten aufgestockt. Abgesehen von Deutschland, wo die Zahl der für ein Mandat Wahlberechtigten angestiegen ist, wurde die bestehende Verzerrung zwischen Bevölkerungsverteilung und Mandatskontingente in den übrigen acht Mitgliedsstaaten
(Niederlande ausgenommen, da in dem Fall eine zusätzliche Überpräsentation zustande kam) leicht gemildert( Lenz, 1995: 34).
1.2. Fixe Mandatskontingente bei unterschiedlicher Wahlbeteiligung
Das Verhältnis Wähler zu Mandaten gestaltet sich in folge der festen Mandatskontingente unterschiedlich. Eine durch die Mandatskontingente bedingte Überpräsentation eines Mitgliedstaates kann durch eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung das Verhältnis abgegebene Stimmen zu Mandaten so umgestalten, dass sich die Überpräsentation in eine Unterpräsentation verwandelt. Dies wird am Beispiel Griechenlands aus dem Jahr 1989 anschaulich(Lenz, 1995:35). Umgekehrt ist die kontingentbedingte Unterpräsentation des Vereinigten Königreichs durch die traditionell niedrige Wahlbeteiligung überproportional repräsentiert. Die im Wege eines politischen Kompromisses zustande gekommenen Mandatskontingente haben eine Verzerrung im Bereich der Wahlbeteiligung zur Folge. Selbst eine Bemessung der Mandatskontingente der Mitgliedstaaten nach der Zahl der Wahlberechtigten könnte durch die Tatsache der Fixierung der Kontingente nicht verhindern, dass die Stimme eines Bürgers in einem Mitgliedsland mit überdurchschnittlicher Wahlbeteiligung weniger wert ist als in einem Land mit unterdurchschnittlicher Wahlbeteiligung.
1.3. Verzerrung bei der parteipolitischen Zusammensetzung
Die ersten drei Direktwahlen zur europäischen Parlament haben gezeigt, dass bei dem derzeit praktizierten System mit fixen und unproportionalen Kontingenten eine Tendenz zu verzerrenden Wirkungen auf die parteipolitische Zusammensetzung des Europäischen Parlaments besteht. Im Vorfeld der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament kam es zu regelrechten Parteienbünden. Sowohl die Sozialdemokraten wie die Liberalen und Christlichen Demokraten begannen sich auf die Herausforderung der Europawahl durch die Errichtung von europäischen Organisationsstrukturen vorzubereiten. Dabei entstanden die folgende Zusammenschlüsse: die Europäische Volkspartei(EVP), die Sozialdemokratische Partei Europas(SPE), die Europäische Liberale und Demokratische Reformpartei(ELDR)(Janssen, 2002:396).
Als Gewinner aus der ersten Direktwahl kamen die Parteien der Europäischen Volkspartei mit 32,8 Millionen Stimmen gegenüber 29,5 Millionen für die Sozialdemokraten. Bei insgesamt 110,8 Millionen abgegebenen Stimmen konnten die Christdemokraten 29,6% davon für sich entscheiden, die Sozialisten 26,6%.Der deutliche Vorsprung von 3 Prozentpunkten bei den abgegebenen Stimmen konnte sich nicht auf die Mandatsverteilung im Europäischen Parlament auswirken, so dass die Sozialdemokraten mit 112 gegenüber 108 Abgeordneten mehr Sitze hatten(Lenz, 1995:36f).
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- Citation du texte
- Georgi Iliev (Auteur), 2003, Der Teufelskreis der Machtlosigkeit - das Europäische Parlament in der Sackgasse?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42481
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